1830 / 351 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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Warschau, 14. Dez. Der Fürst Lubecki (dessen Abreise nah St. Petersburg leßthin gemeldet worden) soll Willens seyn, auf seiner Reise wo möglih mit dem Großfürsten Ce- sarewits{ch Konstantin zusammenzutreffen. Anstatt des Land- boten_ Ostrowski ist, dem Kurier zufolge, der Graf Johann Jeziersfi, als zweiter Deputirter mit oben Genanntem nach Petersburg abgegangen.

Ueber den Marsch des Großfürsten Cesarewitsch melden unsere Blätter Folgendes: „Am Sten und Iten d. M. passirten die Russischen Truppen durch Kurow. Die Garde- Uhlanen, 540 Mann zu Pferde und etwa 60 zu Fuß, und Z unvollzählige S{hwadronen Kürasstere bildeten den Vor- trab. Das Haupt-Corps bestand aus einem unvollzähligen Re- giment der -Volhynischea Garde, der 5ten Batterie der Artil- lerie zu Fuß- mit 14 Stücken Geschüßes und den Ammuni:- tions- Wagen. Hinter diesem kamen 30 verschiedene Wa- gen, von denen einige mit Frauen beseßt , andere leer wa- ren. Jn bedeutender Entfernung folgte Se. Kaiserl. Hoheic der Cesarewitsh zu Pferde, begleitet von 14 Offizieren ver- schiedener Waffengattungen, unter welchen sich auch. General Rozniecki befand. Die Arrier-Garde bildeten Husaren und cine: fleine Abtheilung Artillerie zu Pferde, mit 4 Kano- nen. Der Großfürst wollte früher von Kurow sh nach Mi- how zu begeben, jeßt aber ist die Hauptstraße nah Marku- show gewählt worden.‘/ Dem Kurier zufolge befanden sich Se. Kaiserl. H. am 11ten d: mit Jhrem Heer in Miedzyrzycz. In Putawy hatten Höchstdieselben der Fürstin Czartoryska cinen Besuch abgestattet.

Zwei Tages-Befehle des Diftators vom 8. und 10. De- zember gebieten den Generalen , Regimentsbefehlshabern und Offizieren, auf die strengste Mannszucht unter den Truppen zu halten,“ da schon einige Widerseßlichkeiten stattgefunden

haben; auch sollen alle Militair - Gefangene, welche sich we-

gen geringerer Vergehen , vorzüglich aber wegen Desertion, in Festungen -des Königreichs befinden, sogleich in Freiheit geseßt werden.

Eine Vexordnung der provisorischen Regietung vom 10ten d. M. zufolge, soll die vom 1. Januar 1831 an zu erhebende

Zapfensteuer in der Stadt Warschau und Praga vorher der

Begutachtung des Reichstages vorgelegt worden, Bis zum 31. Dezember d. J. ist jedoch das bisher darüber bestehende Geseß noch in Kraft. Jn einer anderen - Verordnung vou demselben Datum wird bestimmt, daß allen denjenigen, welche aus irgend ciner Regierungs - Kasse eine Summe von 25,000

Guldeir, sey es unter dem Titel einer Pension, oder. einer

weltlichen oder geistlihen Kompetenz, oder einer Emeritur, jährli beziehen, der dritte Theil davon zum Besten des Staats abgezogen werden soll, die Hälfte aber, wenn sich die- Summe über 25,000 Gulden beläuft. Dieser Abzug wird vorläufig jedoch nur für diesen Monat statifinden, späterhin erst nah besonderen Verfügungen der Regierung. Eben so. sucht die provisorische Regierung dur Abschaffung von Behörden, oder Beschränkung ihres Personals, die größtmöglichste Ersparung zu erzielen. Sie hat daher durch eine. ebenfalls vom 10ten datirte. Verordnung verfügt, daß die legislative Deputation in ihrer ganzen Ausdehuung, zu- gleih mit der Kanzlei, aufgelöst werden joll. Alle Pensionen und Zusäbe zu denselben, welche in den Dereich jener De- putation fallen , hôren vom 1sten d. M. au auf und werden zum Besten. des Landes verwendet.

Der Gencral - Kriegs - Jutendant Wolicfi hat einen Auf- ruf an die Bewohner des Königreichs erlassen, worin er sie auffordert , so viel in ihren Kräften steht, mit Zufuhr von Lebensmitteln zur Unterhaltung des Heeres beizutragen. Für das. Dargebrachte -sollen sie entweder augenblickliche. Bezah- lung in baarem Gelde oder Bank-Assignationen erhalten.

Von allen. Seiten ‘her trefsen die Senatoren und Land- boteu zum. Reichstage hier ein.

Der Diktator bewohnt jeßt das neue Haus Mifkulski?s an der Senatoren - und. Bielansker:Straßen-Ecke, Das erste Linien - Infanterie - Regiment besorgt die Wache, vor seiner Wohnung. : A

Der Oberst v. Turno befindet sich bei Sr. Kaiserl. Ho- heit dem Großfürsten, hat aber ein Schreiben eingesandt, worin er erklärt, Höchstdenselben nur bis zur Gränze beglei- ten und alsdann eters zu wollen.-

Der Fürst Ludwig Radziwill ist in der Nacht vom 7ten zum 8ten d. M. gestorben. - H

__ Der Polizei, Vice, Präsident Lubowidzfki ist nicht in der Nacht vom 29ften v. M. geblieben, sondêrú nur verwundêt worden, und befindet sich gegenwärtig in Ujasdow.

Vorgestern ist das 4te Linien - Jnfanterie- Regiment und

gestern das Grenadier-Regiment aus Warschau ausgerüct. Die aus Varna hierher gekommenen Tärkischen Geschüße sollen eine eigene neu eingerichtete Batterie bilden.

__Die Papiere des E Secretairs der Justiz-Kom- mission, Hankiewicz, sind in Beschlag genommen und in der Bank niedergelegt worden.

Die provisorische Regierung hat auc) das Kuratorium

der Unterrichts - Anstalten , die Censur , das Gesinde- Bureau und die Abgabe aufgehoben, welche die in Warschau anfom- menden Juden zahlen mußten. ___ Am 7/ten d. M. haben die Bürger der Hauptstadt-aus ihrer Mitte die Herren Matuschkiewitsh, Ostrowski, Rein- berg und Pawentschkowsfi zu Mitgliedern des Municipal- Raths ernannt.

Heute gegen 8 Uhr Abends zeigte sih an der mitter- nächtlichen Seite unseres Horizonts ein Meteor, welches einem Brand so táuschend ähnlich war, daß man die Sturmglofen lâutete. Es dauerte ungefähr 5 Minuten.

In Kielce soll sich ein patriotischer Klub gebildet: haben.

Die Jnsurrection hat mehreren neuen. Blättern, selbst in Provinzialstädten , ihr Entstehen gegeben, Jn Kalisch er- scheint ‘jeßt ein politisches Blatt unter dem Titel: „„Groß- Polnisches Journal//, und ähnliche Blätter in Piock, und Lub- lin unter dem. Titel: „„Pkockischer und Lubliner Kurier.‘/

Frankrei.

Pairs-Kammer. Jn der Sißbung vom 10. Dez. beschäftigte diese Kammer sich mit dem Geseß-Entwurfe über bie National - Belohnuugen , die den an den drei Julitagen Verwundeten , sowie den Wittwen und Waisen der Geblie- benen, zuerkannt werden soilen. Der einzige Redner, der sch darúber vernehmen ließ, war der Marquis v. Dreux- Brézé. Er beschwerte sich einerseits, daß einer großen An- zahl von Soldaten der Garde und der Linie, die während der lebten Revolution verstümmelt worden, die Aufnahme ins Fnvalidenhaus verweigert worden sey, andrerseits, daß der

General Clausel, der dei sciner Abreise nah Algier mehrere

Offiziere mit sich genommen, nur diese, nicht aber die eigent- lichen Theilnehmer an dem Feldzuge, zu Auszeichnungen vorse geschlagea habe. Beide Angaben wurden indessen, da der

Kriegs-Minister nicht zugegen war, von dem Grafen Molé

_ und dem Marschall Jourdan für durchaus ungegründet er-

flärt. Ersterer versicherte, daß die den Militairs der Afffri- fanishen Armee zuerkannten Belohnungen lediglich dem Verdienste zu Theil geworden seyen, Leßterer, daß ihm zwei an den Julitagen verwundete Militairs persönlich befatnt

-wären, die im Junvalidenhause Aufnahme gefunden hätten,

und wovon sich - einer noch jeßt darin befinde. Die Beras thung wurde hierauf geschlossen. Kaum war dies geschehen, als der Kriegs - Minister. anlangte und, nachdem man ihm von der stattgefundenen Erörterung Kenntniß gegeben, sich bereit erflärte, nachträglih noch die gewünschten Aufs shlússe za geben. Der Präsident bemerkte inzwischen, daß dies gegen das Reglement der Kammer scy, indem die Ver- sammlung övereits den Schluß ‘der Diskussion verfügt habe. Der Eingangs erwähnte Geseß- Entwurf wurde hierauf mit 85 gegen 2 Stimmen angenommen. Jn diesem Augen- biícke trat der Präsident des Minister-Rathes in den Saal und bestieg sofort die Rednerbühne, um der Ver- sammlung den mittlerweile *) von der Deputirten - Kammer angenommenen Geset-Entwurf über die provisorische Forterhe- bung der Steuern und die Bewilligung eines Kredits von 300 Mill. auf das Budget von 1831 vorzulegen. Es wurde sofort cine Kommission zur unmittelbaren Prüfung desselben und mit der Aufforderung ernannt, noch im Laufe der Sißkung ihren Bericht darüber abzustatten. Die von dem Präsiden- ten bezeichneten 5 Kommissions - Mitglieder verließen zu die- sem Behufe sofort den Saal. Mittlerweile berichtete der Graf Molé über den Geseß -Entwurf wegen der Aushe- bung von 80,000 Mann von der Klasse von 1820 und er- flärte, daß die Kommission einmüthig für die Annahme des- selben stimme. Die Berathungen darüber begannen unmit- telbar. Der: Herzog von Fiß - James äußerte sich bei diee ser Gelegenheit in folgender Weije :

„So oft die Regierung von uns die Mittel verlangt, die

Unabhängigkeit unseres Gebiets und die Ehre des Landes zu ver-

theidigen, darf sie auch niht bloß guf die Zusiimmung. der -Kam=- mern, sondern auf dîe Bar Mitwirkung aller Franzose zählen. Wo es sih um Frankreichs Heil handelt, da schweigen die Meinungen und Meter B Erinnerungen, und man fühlt nur noch, daß” man Franzose is. Dies sind die Gefühle, die mich in diesem. Augenblicke bescelen, und ih betheure- daß sich

*) S. den weiter unten folgenden Bericht über die Sihung, der Deputirten - Kammer v. 10ten. :

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kein“ Falsh darein mischt. Sollten sie nichts desioweniger unrecht ausgelegt werden ? Mir pra g einigermaßen dafür, denn ih verhehle mir nicht die Ungunjt, worin ich siche, und das Schwierige meiner Lage... Einem beleidigenden. Argwohne Preis gegeben , zciht man mich feindseliger Herausforderungen / sobald ih den Mund dne; und schweige ih, #0 is sogar dieses Still- schweigen verdächtig. Da ich indessen, auf meinem Posten geblie- ben bin, so halte ih. es für meine Pflicht, nicht mich dem gegen- wärtigen Geseß-Entwurfe zu widerseßen, aber Wahrheiten zu \a- en, die ih von Nußen für- die Rathgeber der Krone halte. Frankreich will den Frieden und scheut den Krieg nit. Dies ist eine {dne Stellung, und ich danke den Ministern für die Zusicherungen, die sie. uns in dieser Beziehung gegeben haben. Die unermüdliche Thâtigkeit des Kriegs-Ministers bürgt mir dag- fúr, daß, wenn es zum Kriege käme, der Feind uns nicht unvorbercitet finden würde. Von dieser Seite also glaube ich , daß wir ganz ruhig seyn können. Aber Frankreich will den Fric- den, unter dessen Schuße allein sich unsere Institutionen befesti en können. Auch die Regierung mag ihn wollen; wcnîig- ens lehrt die Erfahrung, daß, wie sehr in dieser Beziehung ein Minister auch seine Vorgänger getadelt haben mag, er doch , #0- bald er selbst an das Staatsruder gelangt, einsehen lernt, daß die Ordnung und der Friede allein dem Lande wahrhafte Vor- theile gewähren können. Wenn ich mich aber umseche, wenn ich auf alle die Reden hôre, die um mich her geführt werden, vors züglich aber, wenn ich Alles lese, was gedruckt wird, so kann ich mich unmöglich überzeugett- daß diescs Bedürfniß des Friedens in Frankreich allgemein gefühlt wird; vielmehr muß ich glauben, daß Viele für den Ad stimmen, und daß die Regierung nicht alle thre Pflichten erfüllt, um sich den Frieden zu sichern. Man wird mich als einen Lärmbläser schelten, man wird mich viel- leicht gar beschuldigen, daß ich selbst sirafbare Plâne hege und nur die Aufmerksamkeit der Regierung von mir abwenden wolle. In dieser leßteren Bezichung bin ich bereit, mich jeder Untersuchung zu unterwerfen; nichts soll mich abex hindern , zu sagen, daß es in Frankreich eine mächtige Parket gicbt, die alle ihre Kräfte auf bietet, um einen hleg herbeizuführen, scy es, daß sie icden Mor- gen das Volk. durch ihre hundert Drgane bearbeitet, oder daß sie die Monarchen von Europa durch die gröbsten Beleidigungen herausfordert. Was ich hier sage, kann übrigens nicht? Neues für Sie scyn. Sie alle, m. H./, kennen diese Partet vielleicht besser als ih; wie groß mußte daher nicht mein Erstaunen seyn, als ich unlängst aus dem Munde des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten die Worte vernahm, daß nur die Feinde der Re- volution es wären, die dem Lande cinreden wollten, daß es cine verborgene Partei gebe, dic, mächtiger als die Regierung, die Ruhe von Earopa bedrohe. Ja, diese Ruhe wird bedroht, aber nicht von einer verborgenen Partci, denn nie is noch-eine Partei offener zu Werke gegangen, als gerade ste; sie zeigt sich überall, drängt und beherrscht uns und wird damit aufhören-unszu erdrücken. Sehen die Minister sh nicht selbs ihren Angriffen täglich blosgestellt? Schon if ihrc Popularität sehr gesunken; warum? weil sie den Frieden und dic Ordnung, ihre Gegner aber den Krieg und die Unordnung wollen. Was ich der Regterung vorzüglich zum Vorwurfe mache, is, daß sie nicht Vertrauen genug zu sich selbs bat; sie hat den König/ die Majorität beider Kammern - dîc Wähler, die National-Garden, die Provinz für sich, und doch ift fic uns{lússîg und will sich die Gefahr verhehlen, blos um ste nicht zu bekämpfen; ihr Gang zeigt von keinem Vertrauen, und die allmächtige Kraft des Gesehes wird vernachlässigt, verschmäht oder der Verachtung Preis gegeben. Dies allein ist das Uebel, woran wir in diesem Augenblicke leiden ; das Geseh wird nicht mehr geachtet und in dem größeren Theile Frankreichs ungestraft übertre- ten. Obgleich ich nicht zu den Vertrauten der Minister gehdre, so weiß ich doch schr wohl, was man ihnen sagt, um sie am Rande des Abgrunds cinzuschläfern; entweder läugnet man dic Existenz der kriegcrisch gesinnten Partei ganz, oder schildert sie als unbedeutend und yer- worfen von der großen Meno der Fránzosen. Jch kann die- ses Vertrauen nicht theilen. Auch im Jahre 1792 waren die Re- volutionnairs anfangs nicht zahlreicher als heute, und doch tru- gen sîc zuleßt den Sieg davon. Man verkennt die Zeiten, worin wir leben, und das Land, das wir bewohnen, ganz und gar, wenn man nicht einschen will, -daß zehn leidenschaftliche Männer, die mit Nachdruck, Eifer und beharrlichem Willen guf cin und das- selbe Ziel losgehen, mehr reelle Kraft besißen, als hundert Freunde der Ordnung und des Sei die die Ruhe allen politischen Skürmen vorzichen und sich in ihren Wohnungen einschließen, um den Lärm nicht zu hören, den Andere auf der Strafe machen. Die Megiebuu hat ofen den Grundsaß der Nichteinmischung verkündigt; sie hat erklärt, Frankreich werde nicht zugeben, daß diesex Grundsaß. in Europa verleßt werde. Wird diese Er- klärung aber auf die fremden Kabinette dieselbe Wirkung hervor- bringen, wird sie ihnen namentlich dasselbe Vertrauen einflößen, die wir uns im Lande selbs mit Recht davon versprechen? Fern von mir sey dex Gedanke, daß die Regierung das von ihr gege- bene Wort nicht halten werde ; wird aber die Partei, dic ich im Sinne habe, dieses Wort in gleichem Maaße chren? Wer ver- möchte zu zweifeln- daß sie d hon längst durch ihre Verbin=- dungen in alle Angelegenheiten Europas mischt und alle ihre Kräfte aufbietet, um dte Völker zum Aufstande aufzureizen ? Ha= ben aber, ‘dies vorausgeseßt, die fremden Souveraine nicht ein Recht, uns zuzurufen: -,-Wie können wir Euren friedfertigen Versprechungen trauen, wenn man uns unaufhörlich einen Krieg untex dex Hand bercitet und den Geist der Empörung

unter unsern Völkern fortzupflanzen firebt?" Wie dürfen wir hoffen, uns vor den Schlägen der Revolutionnairs zu bewahren, wenn Frankreich selbst sih unausgeseßt von ihnen bedroht fleht und nicht Kraft genug hat , sie unter das Jocch- der eignen Geseße zu beugen? //(/ Fch forrespondire nicht mit. dem Auslande, aber ich bin fest Überzeugt , daß. die Besorgnisse der Monarchen Europa's und die Zurüstungen im Norden gro= ßen Theils auf jenen Ansichten beruhen. Als sie sahen, daß Srarolen an den Unordnungen in Belgien Theil nahmen, muß= ten ste glauben, daß Frankreich , das jüngst ers selbst von einer Revolution bewegt worden , bei jenen Unordnungen die Hand im Spiele habe. Jh schließe diese Betrachtungen mit der An- führung eines Betjpiels, das meiner Rede vielleicht einiges Ge- wicht verleihen wird: - Frankreich besißt einen Mann, dessen Name weltkundig ist, der sich einer seltenen Popularität erfreut, auf unsre Regierung einen ungewöhnlichen Einfluß übt, und auf dessen Worte sonach, wenn sie auch an sich unbedeutend sthds Europa cinen großen Werth- legt. Dieser Mann nun âu=- gerte sh unlängst in der andern Kammer folgendermaßen: 77 ¡Wenn in einer freien und verfassungsmäßigen Regierung die heiligste der Pflichten darin besteht, den Geseßen mit Freuden zu gehorchen, so ist unter einer despotischen Regierung die Empörung die heiligste der Pflichten.//// Dem ersten Saße dieser Rede pflichte ich aus voller Ueberzeugung hei; wgrum mußte aber der zweite hinzugefügt werden? Man denke nur, welche Wirkung eine folche Aeußerung in cinem Augenblicke wie der jeßige hervorhrin-= gen mußte, wo Europa ohnehin schon mehr oder weniger Erschütte- rungen erlitten hat. Konnte man darin nicht eine Aufforderung zur

- Empdrung an alle Völker erblicken, die keine Verfassung wie die

unsrige habén? Wie großes Uebel fügt man doch durch derglei chen unvorsichtige Reden den Völkern wie der Freiheit selbs zuz und doch giebt man vor, beiden dadurch zu dienen: Der Himmel bewahre mich Übrigens, daß ih den Mann, der die obige Rede geführt, mit denjenigen vermengen sollte, gegen die ih die Wachsamkeit der Regierung in Anspruch nchme. Er war cinst ein Opfer dieser Männer und kann nicht vergessen haben, wessen sie fähig sind. Jch hoffe, daß die Regierung diese Betrachtungen nicht übel deuten wird. Einige Personen werden sie vielleicht für Überflüssig hal- ten, denn fast Jedermann sagt sih heutiges Tages im Stillen, was ich #o eben laut verkündigt habe; aber ich bin fiets der Mei= nung gewesen, daß man die Wahrheit nicht laut genug sagen fönne, und ich glaube dadurch eine Pflicht gegen mein Land er- füllt zu haben.

Der Vice- Admiral Graf Verhuell trat zu Guusteu des betreffenden Gesel - Entwurfes auf, den er den Umstän- den vollkommen angemessen fand, wenn gleich der Friede nicht gestört werden sollte. Der Redner gab bei dieser Ge- legenheit sein Bedauern zu erkennen , daß die Französischen festen Pläße, namentlih nach der Belgischen Gränze zu, sich in einem so erbärmlichen Zustande befänden, wovon er si{ch mehr als einmal durch den Augenschein überzeugt habe. Zu der Zeit, fügte er hinzu, wo noch der Rhein und die Schelde Frankreichs Gränze ausgemacht,“ sey die Befestigung jener rit von minder großer Wichtigkeit gewesen ; unverzeihlich ey es aber, daß man sie seitdem so habe verfallen lassen; er hoffe, daß man sih jeßt beeilen werde, sie in besseren Vers theidigungs - Zustand zu verseßen und zu diesem Be- hufe vorläufig mit denjenigen Arbeiten vorzuschreiten , die mit der jetzigen Jahreszeit verträglich wären. Der Reds ner {loß mit folgenden Worten: „„Wir wollen wün- schen, daß die Belgischen Angelegenheiten bald gütlih beigelegt werden mögen. Mittlerweile lassen Sie uns das Ministerium in allen geseßlichen Maaßregeln, wodurch der Thron Ludwig Philipps befestigt werden fêöiunte, unterstüßen, zugleich aber auch uns Allem widerseßen, wodurch die Kon- solidirung der neuen Ordnung der Dinge behindert werden föônnte. Verhehlen wir daher den Rathgebern der Krone die Wahrheit nicht, wenn sie sich aus Schwäche oder Nachgie- bigfeit den Umtrieben nicht widerseßen möchten, woodurch man die Nation von ihrem Könige trennen oder den Gan der Regieruag hemmen will. Noch nie hat eine Verw tung eine größere Majorität ais die jebige für sich gehabt. Die Minister mögen daher feinen Anstand nehmen, sich au die Nation zu wenden, die mit Vergnügen die Hände dazu bieten wird, sich Achtung nach außen hin zu verschaffen und die Ruhe und Ordnung im Junern aufrecht zu erhalten.“ Der Herzog v. Broglie trat hauptsächlich zur Widerlegung des Herzogs von Fißz - James auf. Es sey, behauptete er, vôllig ungegründet, daß die Geseke in Frankreich nicht vollzogen würden; fein Land habe jemals, nachdem es eben erst einen Búrgerfkrieg bestanden, so viel Ruhe und Sicher- heit dargeboten, als Frankreich. Was den möglicher Weise gemachten Versuch betreffe, die Fahtie des Aufruhrs im Aus- lande aufzupflanzen, so müsse man der Regierung den guten Willen für die That anrechnen. Sie kôune nicht füglich eis nem Unruhestifter verbieten, sich auf die Post zu seßen und außerhalb Frankreichs zu begeben ; eben so wenig fônne sie es verhindern, daß getisse Leute ihr Vermögen zu einem gewiß