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ging unmittelbar dem von 40 Personen der verschiedenen Stände gezogenen Leichenwagen voran; auf |dem höchst ein- fachen Sarge lagen Kränze von Lorbeeren, Jmmortellen und Eichenblättern; hinter demselben wurde ein großes schroarzes Sammttuch mit in Silber gestickten Juschriften und Kro- nen getragen; dann folgten mehrere.protestantishe Geistliche, der Stab des Generals Lafayette, sammtliche Minister, viele Pairs, die Deputirten-Kammer unter Vortritt ihrec Kammerbo- ten, die Maires der 12 Stadtbezirke mit dreifarbigen Schärpen, eine Deputation der in den drei Juli- Tagen Verwundeten, die Zöglinge der verschiedenen hiesigen Schulen und Gymna- sien, die sechs lebten Legionen und 2 Batterieen der Natio- nal-Garden. Vier lange Reihen von Trauerkutschen, unter ihnen ein Wagen des Königs und ein anderer des Herzogs von Orleans, \chlossen den Zug. Die Zipfel des Leichentuchs wurden von der Straße Anjou bis zur Straße Richelieu von dem General Lafayette, Herrn Laffitte, Herrn Cas. Périer und“ Herrn Odilon - Barrot; von dort bis zur Straße du Temple von den Herren Saglio, Deputirten des Nieder- Rheins, von Corcelics, Deputirten von Paris, dem Staats- rath Girod und dem ‘Polizei -Präfekten , Grafen Treilhard; von dort bis zur protestantischen Kirche von einem Studiren- den des Rechts, einem Studirenden der Medizin, einem Zdg- linge der Akademie der Künste und einem Arveirer ; von der Kirche bis zum Kirchhofe des Pater Lachaije von cinem Zôg- linge der polytechnischen Schule , einem Handlungsdiener, ci- nem jungen Elsasser und einem Arbeiter getragen. Die Leiche fam ers um 35 Uhr iu der protestautischen- Kirche in der Straße von Sr. Antoine an. Nach beendigtem Gebet wurde der Sarg wieder auf den Wagen geseßt. Mehrere Stimmen riefen jeßt: „„Nach dem Pantheon, nach dem Pautyzeon !/‘ Dieser Aufforderung wurde jedoch keine Folge gegebea, und der Zug seßte seinen Weg ruhig bis zum Kirchhofe fort, wo die Leiche um 5 Uhr bei Fackelschein anlangte und in einer Gruft zwischen Foy und. Manuel beige|bt-.wurde. General Lafayette, die Herren Odilon-Barrot, Eusèbe Saioruz», Tis- sot und der Graf Alex. von Laborde hielten jeder „eine Lei chen-Rede, worauf die zahlreiche Menge, welche den Kirchhof angefüllt hatte, ruhig aus einander ging.“
Ein Miethswagen , worin sich eine große Anzahl von Sábeln und Flinten befand, ist vorgestern hier aus dem Boulevard von der Polizei festgehalten worden. Man hat bisher noh nicht ermittelu können, für wen diese Sendung
immt war. i d der Normandie treiben die Brandstiifter noch immer ihr Unwesen; in Evreux und Bernay sind kürzlich wieder zwei bedeutende Feuersbrünste ausgebrochen. a
Aus Pau meldet man unterm ¡7ten d. M., daß die Gränze zwischen Frankreich und Spanien wieder vôllig frei sey, indem die Spanijchen Freiwilligen die vou ihnen desebb- ten Posten verlassen hätten und nach dem Junern des Lan- des zurückgekehrt wären. :
F des (gestern abgebrochenen) Berichts S des C es von Bastard. Während die Herrn v. Polignac, v.Ranville, v.Monthel, v. Haussez und v. Chantelauze im Hauptquartier der Garde etnen Zufluchtsort gegen die Erbitterung suchten, deren Opfer fie zu werden befürch-
teten, begaben sih die Herr v. Peyronnet und v. Capelle nach
St. Cloud, wo, wie sie glaubten, das Conseil sich versammeln
sollte. Dort sahen sie den Kdnig. Jn wie weit unterrichteten
sie ihn von dem beklagenswerthen Zustande der Stadt? Herr von Peyronnet behauptet, auch an diesem Tage, so wie am vorigen, von der Lage der Dinge nicht gengu unterrichtet gewesen zu seyn, weshalb er nur cinen schr unvollständigen Bericht darüber habe abstatten können. Waren aber die verdoppelten Schüsse, welche zu dieser Zeit in Paris fielen, nicht hinreichend, um alles auf der Hauptstadt lastende Unheil zu verkünden? Die in Paris anwe- senden Deputirten, die sich Tages zuvor bei Herrn Casimir Perier versamwelt hatten, kamen an diesem Tage bei Hrn. Audry de MUnrapeau usatumen, Drei von ihnen, die HH. Dupin, Guizot und Villemain, waren beauftragt worden, im Namen Aller cine Protestation zu verfassen. Dieser muthige und wichtige Aft brachte aber dem Unglück der Hauptstadt nicht schnell genug Ab- hülfe. Die Deputirten beschlossen daher, daß fünf unter thnen um Marschall gehen sollten, um zwischen das Volk und die rmee zu treten und dem Blutvergießen Einhalt zu thun. Die 9 Laffitte, Casimir Perier, General Gerard, Graf Lobau und auguin erhielten diesen Auftrag, der nicht ohne-Gefahr war. Sie, wurden bei ihrer Ankunft im Hauptquartier der Garde von dem Baron v. Glandèves, Pair von Frankreich und Gouverneur der Tuilericen, beim Marschall eingeführt. Hier äußerte sich leb- hafte Theilnahme fär sic, und Feder wünschte thnen an diesem mit treuen Offizieren Karls X. angefüllten Orte einen glücklichen Erfolg ihrer Sendung; Feder schien mit ihnen zu sympathisiren und ihre patriotischen Gesinnungen zu theilen. Alle fünf Depu-
tirte haben ausgesagt, daß sie den Marschall von dem Wunsche
durchdrungen fanden, einem fo beklagenswerthen Zustande ein
Ende zu machen, daß er aber zugleich von der Last eines Ver- hängnisses niedergebeugt war, das nach seiner Cg Acußerung thn unaufhörlich verfolge. Die Deputirten erklärten, fie kämen als treue Unterthanen für das Volk, für den Kdnig selbs und im Jn- teresse seiner Krone, um Einstellung des Gemepéls# um Rücknahme der Verordnungen und-Veränderung des Ministeriumszu bitten: Der
Marschall versagte seine Mitwirkung zu Maaßregeln , die cine glückliche Aussdhnung herbeiführen könnten, nit er verlangte“
aber vor Allem die Unterwerfung der Bürger und nahm, um diese zu erlangen, den Einfluß der fünf Kommissarien in Anspruch. Diese erwiedercten, daß, da der dfentliche Unwille allein den Aufs stand erregt habe, sie nicht hoffen könnten, auf das erbitterte Volk irgend einen Einfluß auszuüben, wenn fic uicht als Grundläge jeder Aussdhnung die Zurücknahme der verhängnifvollen Verordnungen und die Entlassung der Minister verkünden könnten. Der Mar- schall erklärte, er könne nichts auf sich nehmen, wolle aber“ det König von dem Schritte der Deputirten benachrichtigen und scine Bitten mit den ihrigen vereinigen; jedoch verhehlte er nicht, daß er cinen günstigen E nicht für wahrscheinlich halte. Zugleich versprach er, ihnen ‘die Antwort des Königs unverzüglich mitzu= theilen. Hierauf fragte er die Deputirten, ob sie abgencigt scyen- Herrn von Polignac zu sprechen; sie erwiederten, daß sie, mit einer Friedens - Mission beauftragt, nichts verabsäumen würden, was ein Gelingen derselben herbeiführen könnte, und daß sie also
Herrn von Polignac R wollten. “ Der Marschall begah sich /
in einen ansioßenden- Saal, wo sich der Präsident des Minister- Raths befand, fam jedoch ach cinigen Minuten mit der Nach=- rit zurück, daß er Herrn von Polignac von den R en unterrichtet habe- unter“ welchen die Deputirten ihren influß auf das Volk geltend machen wollten, und daß dieser darauf er=- wiedert habe, eine Unterredung mit ihnen würde nublos seyn,
weshalb man sie nicht länger aufhalten möge. Die Deputirten-
wollten eben fortgehen , als ein Offizier, der nicht wußte, was zwischen dem Marschall und Herrn von Polignae vorgegangen war, sie nochmals bei Lehterm ‘cinführen wolite, der jedoch aufs neue äußerte, er wünsche sie nicht zu sprechen. i
Wenige Augenblicke vor dieser Unterredung scheint der Mar- all, in dessen Händen alle Gewalten durch den Belagerungs- Zustand concentrict waren, den Befehl zur Verhaftung mehrerer Deputirten unterzeichnet zu haben. Unter den zu verhaftenden Personen befanden sich die Herren von Salverte, von Lafayette
Ullv 24e. (King dieser Befehl, der seiner Natur nach niht
vont der Militatt=WDegvecv wber roh Pry j a gehen mußte, aus dem freien Willen des 2 arschalls Ye | que ehorchte dieser bei Unterzeichnung desselben cinem höheren Ein-
asse? Man darf Leßteres annehmen, wenn man erwägt, mit welchem Eifer dec Marschall, ohne Zweifel gerührt durch das Vertrauen, womit die Deputirten in sein Hauptquartier gekom- men waren, es sich selbst schuldig zu seyn glaubte, den einige Augenblicke vorher von ihm unterzeichneten Verhafts-Befchl zu= rücfzunehmen. Sobald die Deputirten sich entfernt hatten, rich- tete der Herzog von Ragusa nachsichendes A W S König:
: m 3: Uhr.
1, Fch habe- meine verschiedenen Kolonnen um die angege- bene Stunde. in Bewegung gescht. General *** isi guf dem Greve-Plaße angekommen. eine Verbindung mit ihm habe ich durch ein Bataillon gesichert, welches das Debouché des a a beseßt hält. Dieser General marschirt über den Boulevard, um sih auf dem Plaße dex Bastille aufzustellen.
Der General ***, der vom Vendome- Plaße abmarschirt ist,
hält mit scinen Truppen den Plaß des Victoires bescht; dessen- ungeachtet ifi der ganze Rgum zwischen ihm und mir mit guf- rührerischen Haufen angefüllt, und wir können nur Über den Vendome-PVlayß mit cinander communiciren. Der General #*#* ist auf dem Playe des Fnnocens angekommen; nachdem er aber mehrere Barrikaden umgangen und zersidrt und Alles, was fich scinem Marsche widerseßte, in die Straße Saint - Denis zurückgeworfen hatte, bildeten sich neue. Haufen hinter ihm, und ich kann nur durch verkleidete Offiziere Nachrichten von ihm erhalten. Ueberall zerstreuten sich die Gruppen beim An- marsche der Truppen; aber fast in allen Straßen fielen Flinten- Schüsse aus den Fenstern jedes Hauses. Die angegriffenen Truppen schossen wieder, und ihr Marsch war ein fortwähren- der Kampf. Sie können nicht in die Gefahr kommen, gesun en zu werden, ihre Stellungen zu räumen; aber ich darf Ew. ajestät nicht verhehlen, daß die Lage der Dinge immer miß- licher wird. Jn dem Augenblicke, wo ich mein Schreiben schließen wollte, kamen die Herren Casimir Périer, Laffitte, Mauguin, General Gerard und General Lobau zu mir. Ste agten mir, sie kämen, um mich zu bitten , das Feuer cinstel= [es zu lassen. Jch erwiederte ihnen, daß ich dieselbe Bitte an sie zu richten hätte; sie machten aber das Versprechen der ZU- rucknahme der Verordnungen zur Peimaung ihrer beit Fch antwortete, daß ich keine politische ollmacht hâtte und also auch keine Verpflichtung in dieser Beziehung eingehen könnte. ach ciner langen Unterredung beschränkten ste sich darauf, mich zu bitten, Ew. Majestät von ihrem Schritte in Kenntniß zu sez- zen. Jch glaube, es is dringend, daß Ew. Majestät ohne Ver= zug die Fhnen gemachten Eröffnungen benußzen.“/
Dieses Schreiben, dessen Kopie uns von Herrn von Gulse,- i LGA und Adjutanten des Marschalls, der es ihm diï= tirte, ecingehändigt worden ist, wurde durh den Oberst- Lieute= nant Komierowsfi nach St. Cloud überbracht, dem der Mar=
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prechen, den in dem Schreiben enthaltenen Details neue, die er
chall Befehl ‘gab; sich möglichst zu beeilet, mit’ dem Könige zu sored wisse," hinzuzufügen und dringend um s{leunige Antwort
W bitten. - Dieser Offizier, welcher fühlte, wie kostbar die Zeit
ey, verloë-keinen Augenblick und fuhr soglcih ab. Jn Passy verwundeten drei Flintenschü}e mehrere Leute scines Gefolges. Ân St. Cloud angekommen, überreichte ex selbs dem Könige die epesche, erzählte die Ercignisse seines Weges und fügte hinzu, daf er nicht nur vom Voike beschimpft worden sey, sondern daß auch Personen hdheren Standes nach ihm geschossen hätten; der Aufstand sey allgemein, und man erwarte mit ängsilicher Span- nung die Antwort des Königs. Hat Herr von Polignac, dessen Schuldigkeit es doch auch war, den König von der Vermittelung, wozu d die Deputirten erboten hatten, 0 wie vom Zustande der Hauptstadt zu unterrichten, alle Pflichten erfüllt, roelche ihm scin Amt als Präsident des Minister= Raths und das hohe Ver- trauen, das er genoß, auferlegten? Hat er den König Über jene allgemeine Entfremdung aufgeklärt, die er auch bei denen wahr- nehmen mußte, welche dem Staats-Oberhaupte treu blieben und noch für dasselbe kämpften? Herr von Polignac sagt aus, zu der- selben Zeit dem Könige in cinem Schreiben die Lage der Dinge geschildert zu haben. Man weiß nicht, ob diesés Schreiben schon in St. Cloud angekommen war, als Karl X. das des Marschalls erhielt. Der König entließ den Oberst-Lieutenant Komieroroskt, nachdem er alle Details angehört, die dieser ihm bei Ueberret- chung des Schreibens des Herzogs von Ragusa erzählt hatte, um weiterer Befehle gewärtig zu seyn. Diese Befehle ließen aber lange auf sich warten. Der Oberst-Lieutenant, welcher ungedul- dig wurde- bat wiederholt die ersten Beamten des Köntgs/ sich ihm zu begeben und seine Antwort zu beschleunigen. Selost
in diesem Augenblicke legten, wie es scheint, die Vorschriften der Etiquette noch Hindernisse in den Weg,- die nicht leicht Überstie- en werden konnten. Endlich ließ der König, zu dessen Seite ih der Dauphin. und die Herzogin von Berry befanden, den Oberst-Licutenant Komiercwski eintreten und gab thm statt aller Antwort den mündlichen Auftrag an den Marichall: „Er möge {h gut halten, alle Truppen auf dem Caroussel-Plaßz, so wic auf lem Plaße Ludwigs XV., zusammenziehen und nur noch mit Mas xn agiren./ Diese R G TREE Antwort hielt der Herzog nicht r geeignet, den Deputirten, die bis um 10 Uhr Abends vergebens iarauf warteten, mitgetheilt zu werden. Einer der Kommissarien hat uns gesagt, daß. er jeßt erst, jede Hoffuung auf Versdhnung aa1fgbend,. fich seines Eides entbunden geglaubt und feine Au- slrexglng-n mit denen brr Einwohner von Paris veretliigt habe. Das Ministerium oder wenigsiens der Prästdent des Mint»
fe: -Raths, der nichts that, um zur Aussöhnung. und Annä- erung beizutragen, shickte am Abeud den Truppen, welche die Lager von Saint-Omer und Luneville bildeten, den Befehl, nach St. Cloud zu marschieren; densclven Befehl crhielt zu gleicher Zeit die Artillerie zu Vincennes. Die Verblendung des Herrn v. Polignac war bcî dieser Gelegenhcit so unbegreiflich groß, daß er, während der Marschall ihn von dem Schritte der Deputirten unterrichtete und man ihm meldete, eine Compagnie eines Linien- Regimentes habe sich geweigert, auf die Bürger zu schießen, und fraternisire mit ihnen, verlangte, man solle gegen diese neuen Re- bellen die Streiikräfte der noch gehorchenden Garde anwenden; exr dachte nicht daran, daß, wenn gleich die Linien-Truppen und die Königl. Garde durch engere Pflichten gebunden wären, als die D die Vaterlandsliebe doch zuleßt sicgen und sie zu einem Gefühl vereinigen würde. Die Stimmung der Armee war in der That nur dem Minifterium unbekannt, und in diesen für sie so unglücklichen Tagen bewies eine Menge hochherziger und patriotischer Züge, daß ste in ihren Gesinnungen nicht von der übrigen Ration getrennt sey. Die Herren von Peyronnet und Capelle waren nicht bei Herrn von Polignac, als die Deputirten zum Marschall kamen. Sie trafen erst kurze Zeit nachher dort ein und behaupteten einstimmig, daß seit dem 27sten Abends kein eigentliches Ministerium, kein Conseil mehr bestanden, sondern daß es nux noch Titular-Minister ohne Berathungen, ohne amt- liche Theilnahme an den Angelegenheiten gegeben habe, die, wenn sie noch hier und da ihr Gutachten abgaben, es nur als Privatmänner thaten. Sie sagen, der König habe nur noch mit dem Marschall und dem Präsidenten des Minister-Raths for- respondirt , thnen sey das Geheimniß dieser Mittheilungen nicht bekannt geworden, Herr von Polignac habe sie rwocder über die Antwort auf die den Deputirten gemachten Eröffnungen, noch Über die von ihm c Gi Truppen-Bewegungen, noch Über cine Maaßregel der Verwaltung um Rath befragt. Alle Mini- ster befolgen das Systein, daß sie sagen, von dem Augenblicke an, wo die Stadt în A A Q ertélärt worden sey, könn- ten sie nicht mehr für das Geschehene verantwortlich seyn, denn ihre Verantwortlichkeit sey gewissermaßen vor der des Marschalls verschwunden. Dennoch kann man unmöglich annehmen, daß sie dem an den els Gerichtshof ergangenen und vom Herzog von Ragusa unterzeichneten Befchle, fich nach den Tuilerieen zu begeben, um dort seinc Arbeiten fortzuseben, fremd gewesen seyen. Schwerlich kann man darin nux eine wohlwollende Füúür- sorge für die Civil -Juteressen der Parteien oder einen der Gerichtspflege in einem Augenblicke des Tumults und der Verwirrung bewilligten Schuß erblicken. Scheint es ‘nicht vielmehr, daß die Anhänglichkeit der Justiz - Beamten an die constitutionnellen Principien und ihr vermuthlicher Wi- derstand gegen die Landesgeseße den Verdacht des Ministeriums
Jerregten? Lehteres wollte sich gegen diesen Widerstand sicher n. Ein,
Umstand läßt ‘dies glauben; die Verordnung, wodurch die Haupt- ' stadt in Belagerungs =- Zujiand verseßt wurde, war dem General="
| Prokurator Überschickt worden. Dieser war abwesend, und feiner
sciner Substituten befand sich. gerade ‘im Justiz - Palaste; man trug die Verordnung zu dem Rath, ivelcher Präsident des Assisen- hofes war. Dieser durch seine constitutionnellen Gesinnungen be- kannte Justiz-Beamte nahm die Depesche ab und bescheinigte den Empfang dersclben. Der Minister scheint, als er auf dem Em- pfangscheine eincu andern Namen als den des General - Proku- rators fand, nicht daran gezweifelt zu haben, daß der Königliche Gerichtshof einen thätigen Antheil am Widerstande nehme und einstweilen cinem seiner Räthe die Functionen des dfentlichen Ministeriums Übertragen habe. Am 2)sten Morgens erstattete der General - Advokat, der den abwesenden General - Prokurator vertrat, den Ministern Bericht Über den Zustand von Paris, den sie noch so wenig kannten. Herr von Peyronnet, der mit seinen Kollegen die Nacht in den Tuilericen zugebracht hatte, fragte hastig, wer der neu ernannte General - Prokurator sey? Obgleich von scinem Frrthum zurückgekommen, ertheilte das Ministerium den- noch am Donnersaa früh um 8 Uhr durch den Marschall dem Kdö- nigl. Gerichtshofe den Befchl, fich nah den Tuilerieen zu ver- fügen. Auch jeyt noch fürchtete das Ministerium, das noch nicht alle Hoffnung aufgegeben hatte, die patriotische Unabhängigkeit des ersien Gerichtöhofes des Ses Bei #o vielen Ereig- nissen ist es schwierig, den Antheil der Minisier an jedem der- selben mit absoluter Genauigkeit anzugeben. Wir wissen L sen, daß Herr von Guernon den Marzchall aufforderte, den Prâä- feften von Paris, die Maires und deren Adjunkten zu sici zu rufen, um mit ihnen die Mittei zur Beschwichtigung des Auf- ruhrs zu überlegen. Nach sciner- Aussage woar er es, der für den Marschall die verschiedenen Proclamationen abfaßte, welche durch den Belagerungs-Zustand nöthig wurden. Dieselben wourden ge- druckt, aver es war unmöglich, ste anzuschlagen; Hecx v. Guer- noi fügt aber hinzu, aus diesen Privathandlungen lasse sich nicht folgern, daß er an den’ allgemeinen Masgßregeln Theil genommen habe, die man trefen zu müssen glaubte, seitdem die in- Belage- rungs-Zustand befindliche Stadt nur noch von dem kommandi- renden Marschall Befchle erhalten habe. Fnzwischen hattc der Herzog von Ragusa, den Anstrengungen der Bevölkerung nach- gebend und zugleich die Befehle des Königs“ vollziechend, seine Truppen um den Louvre, auf dem Caroussel- Plave 1nd in den anliegenden Straßen zusammengezogen. Gegen Mitternacht ver- ßKuminten die Kanonen, und Paris kehrte anscheinend zu seiner gewohnten Ruhe zurück. 5:
Aber ein neues und füx Minister, die nihts vorausgesehen hatten, vèliig unerwartetes Hinderniß war das plöpliche Érschei- nen -der Uniform der National-Garde, welche wieder anzulegen man sich seit dem 2ssten becilt hatte. Die ganze Bevölkerung begrüßte mit Beifall und Vertrauen diese im Fahre 1827 so un- klug aufgelòste Bürgergarde; das Volk sah in ihr das Vorzeichen des Sieges, #0 wie das Unterpfand der Freiheit und dentlichen Ordnung, welche seit diesem Tage das Feldgeschrei der bewaffne- ten Bürger wurde. Die Krone hatte ih durch Aufhebung der Pariser National-Garde ihrer lebten Stübe beraubt, und die Mit- nister konnten in dem Augenblicke, wo ste alle Rechte der Bür- ger verleßt hatien, den leßtern nicht erlauben, wieder unter die Waffen zu treten. Auch wies der Marschall den ihm gemachten Vorschlag, die National-Garde auf den Mairieen zu versammeln und ihr die Bewachung der einzelnen Bezirke anzuvertrauen, zu- rück. Sie organisirte sich also selbff|, und Alles verkündete, daß sie am nächsien Tage fast vollständig wieder auftreten werde, um die Fretheiten, das Eigenthum und das Leben der Einwohner zu vertheidigen und zu beschüßen. Alles ließ für den 29sen noch größercs Unglück befürchten, als an den vorigen Tagen. Die Bürger hatten sich der Pulver- Magazine und der in den dfent- lichen Depots befindlichen Wafsen bemächtigt; die ganze Bevdl- kerung schien, ohne Unterschied des Alters und Geschlechts, enut- schlossen, an dem Kampfe Theil zu nehmen. Das Ministerium war nicht gerüstet, um diesem cchchnell um sih greifenden Aufstande zu widerslchen; seine Sorglosigkeit war vielmehr so groß gewesen, daß es für die Truppen weder Lebensmittel noch Munition in Bereitschaft gescßt hatte. Man wollte daher wenigstens eine Gratification unter sie austheilen, und Herr von Montbel Über- nahm es am Donnerstag früh, ohne cine ordnungsmäßige An- weisung des Kriegs-Ministers, eine Summe von 421,000 Fr. gus den Staatskassen herbdeizuschafen. Wir wollen hier nicht die ruhmvollen Handlungen wiederholen, welche die drei Tage unse- rer leßten Revolution ausgezeichnet haben; sie werden im Ge- dächtniß des Französischen Volks fortleben, das nie vergessen wird , daß es die Befestigung seiner Freiheiten dem Muthe der Pariser verdankt. Alle Straßen , das Stadthaus, die Kasernen, das Louvre, das Jnstitut, die Tuilericen tragen noch die Spuren
jener denkwürdigen Känipfe. An diesem Tage, und inmitten des
Feuers, faßte der Groß - Referendarius, in Abwesenheit fast eller Mitglieder der Pairs-Kammer, die erst den 2. August sich wieder in Paris einfinden sollten, den edlen und muthigen Entschluß, im Namen sämmtlicher Pairs bei den Ministern den Tages zu= vor von den Deputirten vergebens gemachten Versuch zu er- neuern und Allcs aufzubieten, um bis zum Könige zu drin- en und ihn úber die Gefahren der Monarchie aufzuklären. lle entfernten Zugänge zu “den Tuilerieen waren von den be- waffneten Bürgern beseßt; das Gefecht hatte auf mehreren Punkten wieder begonnen, als der Marquis von Semonville, voi
rafe von Argout begleitet, im Hauptquartiex .anfam; wo er