1830 / 353 p. 3 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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den Baron von Glandèves, Gouverneur der Tuilerieen, und den Marschall - fand. Wir glauben, m. H., Herrn v. Semonville selbs sprechen lassen zu müssen :

„Gegen 74 Uhr Morgens im Hauptquartier angekommen,

t, traf ih den Marschall Herzog von Ragusa, den ich bat, Herrn von Polignac aus dem Conseil herauszurufen. ‘Der Marschall erzeigte mir diese Gefälligkeit, und Herr von Polignac, der #0- gleich erschien, redete mich mit den Formen ruhiger und fal- ter Höflichkeit an, die aber durch. cine lebhafte Zwischenrede von meiner Seite schnell unterbrochen wurden. Hier offenbarte sich nun ein tiefer Zwiespalt zwischen dem, der im Namen sci- ner Körperschaft die Rettung des Staates, die Einstellung der Feindseligkeiten, die Zurücknahme der Verordnungen, das Ab- treten der Minister verlangt, und dem, der die beklagenswer- then Umstände, deren Augenzeuge und Urheber er ist, noch vertheidigen will. Unsere Stimmen wurden so laut, daf von der cinen Seite die Generale und Adjutanten, welche sich im ersten Zimmer befanden und von der andern die Mini- fler aus dem Konferenz - Saal hereintraten. Ein neues Ge- \präch entspann sich, nachdem man die Gencrale gebeten hatte, sich zu entfernen. A i Argout, der Marschall, der in sichtbarer Verzweiflung war und mich aus allen Kräften unterstüßte, und Herr von Girardin (E O der geblieben war, nachdem die Generale sich ent- ernt hatten; auf der andern dié Minisier, deren Benehmen und Miene noch mehr, als ihre Zurückhaltung im Gespräch,

von ihrer Betrübniß und von dem Vorhandenscyn einer über

ihnen stehenden Macht zeugten. Herr von Polignac führte fast allein diesen ungleichen Kampf. fort und machte demselben ein Ende, indem er den Ministern vorschlug, sich in den Kon- ferenz - Saal zurückzuziehen, um zu berathen. Die Zeit, welche die Berathung der Minister uns übrig ließ, wendeten wir dazu an, den Marschall flchendlich zu bitten, erx selbsi möge dieser furhtbaren Tragbdie cin Ende machen. Wir wagten sogar die Bitte an ihn, die Minister unter der Obhut des Gouverneurs Mien der sih hochherzig. erbot, diesem Zwecke seinen Degen zu widmen. Herr von Argout wollte sich der Gefahr aussehen, den Aufstand zu stillen- indem er sich er- bot, diese Nachricht in die Mitte des Volks ‘zu bringen. Beit der Ausführung dieses äußersten Entschlusses, der die Dyna- stie noch retten konnte, -wollten der Marschall und ich nach St. Cloud eilen und unsere Häupter dem Könige als Unter- pfänder unserer Gesinnungen anbieten. Der Marschall, der Thränen der Verzweiflung und des Unwillens vergoß, schwankte zwischen seinen militairischen Pflichten und scinen Gefühlen; er befand sich in ciner fast krampfhaften Bewegungz wix \a- hen, wie er zweimal mit He die an ihn ergaugene- Auf- forderung zurückwies , mit dartätschen schießen zu lassen, um die Angriffe gegen dîe Straße St. NRicaise zurückzuwerfen. Endlich schien er nnsern Bitten nachzugeben, und ich glaube, sein Entschluß war nicht mchr zweifelhaft, als Herr von Pey- ronnet zuer aus dem Kabinet herauskam, hinter mich an das ofene Fenster trat, wo ih mit dem Marschall und Herrn von Argout stand, und zu mir sagte: 7, ¿Wie? Sie sind noch nicht fort ?//// Diese wenigen Worte waren nach dem von Herrn von SIUgn geäußerten Wunsche, daß wir uns nicht nach St. Cloud begeben möchten, von großer Bedeutung. In dem- selben Augenblicke stürzt der Marschall nach einem Tische, schreibt in Eile einige dringende Zeilen an, den König und händigt sie Herrn von Girardin cin, der es übernimmt, ste ¿u überbringen. Wir eilen nach unserm Wagen und fahren durch die Tuilerieen ab; hier wurde es mir, #9 wie Herrn von Ar- out, unmdglich, uns Über folgenden Umstand klar zu werden. ls wir durch die große Allee mit reißender Schnelligkeit an einem zu Fuße gehenden Mann vorüberfuhren, der beinahe Schaden genommen hätte, erkannten wir in ihm Herrn von Peyronnet, der uns zweimal zurief: ,,,, Fahren Ste schnell! //// indem er mit der einen Hand nah St. Cloud, mit der andern auf den uns folgenden Wagen zeigte. Seine Auf- forderung war vergeblich; die Pferde des leßtern giagen im starken Galopp und behielten his in den Hof des Schlosses von St. Cloud einen Vorsprung, wo die Wagen fast zu gleicher Zeit anfamen. Wir stiegen zuerst aus und wurden auf der Freitreppe von einer Menge von Wachen und Neugierigen umgeben. Es war uns daher leiht, den Ministern, und na- mentlich Herrn von Póölignac/ der voran ging,- den Weg zu versperren. Jch erklärte ihm. laut, ich sey nicht gekommen, um auf eine Ehre- Anspruch zu machen, die ich jeßt noch den Mt- nistern lassen wolle; ihnen bleibe nur eine Pflicht zu erfüllen übrig, diese nämlich, den König aufzuklären, die Zurücknahme der R zu unterzeichnen und ihr Amt niederzulegen. eh würde, fügte ich hinzu, das Resultat des Conseils heim erzoge von Luxembourg erwarten , die Augenblicke seyen kost- bar, und nichts werde mih, wenn sie (die Minisier) unsere Hoffnungen täuschen sollten, abhalten, bis zum Könige zu drin- gen. ach dieser Anrede wurde Herrn von Polignac, de:

nichts antwortete, und seinen Kollegen der Durchweg ged}net.

Herr von Polignac kam zuleßt von den Ministern und drückte mir, als er an mir vorüberging- stumm und heftig die Hand. Kaum war ih beim Herzoge voi Luxembourg, als ein Kammer- bote mich rief. Herr von Polignac erwartete mich an der Thüre des

Kabinets des Kbnigs. Erstgunt Über diese Eile, machte ich thm bee |

merklich, daßder Minister-Rath noch nicht Zeit zur Versammlung, geschweige denn zur Berathung gehabt haben könne; er erwie-

uf der einen Seite standen der Graf von L

derte mir mit Kälte: Sie: wissen , mein Herr, welche t

Sie zu: erfüllen glauben- indem Sie ten den s fans Umständen hierher kommen. Fch habe den: Kbuig Anwesenheit benachrichtigt; Ste klagen mich an, an Jhnen s es, zuerst einzutreten. Jch bin weder als“ Zeuge verpflichtet, noch erlaubt mir das SFicklichkeitsgefühl; Über cine lange und schmerzliche Unterhaltung Bericht zu erstatten, in. der ich ein nur zu treues Bild von so großem Unglúck und dessen ‘unmit-

telbaren Folgen entwarf, ohne daß der Name eines Ministers auch nur cin einziges Mal genannt oder seine Dazwischenkunft in Anregung gebracht worden wäre. Meine flehentlichen Bits ten, meine unheilvollen Weissagungen verliehen. dieser Scene einen Charakter der Lebhaftigkeit, welche die bedeutendsten Per- sonen, denen die Bewachung des Königl. Zimmers anvertraut war, beunruhigte. Die Thüre wurde, ich glaube zweimal, vom Herzoge v. Duras gedfnet; er hat schen können, daß ich mich ganz hingab, um cinen Beschluß herbeizuführen , dessen Verzögerung {o schreckliche Wirkungen- gehabt hat. Dies sind die cinzigen Beziehungen, in denen ih in Betreff der Verord= nungen mit den Ministern gesianden habe.-/

__ Dee Anstrengungen des arquis v. Semonville dfneten end-

lih dem Könige die Augen; Karl K. hielt einen lehten Minister=-

Rath; die Minister legten thr Amt nieder; es war zu spät - der

Sieg hatte entschieden, und die Nationalfahne wehte auf den

Thürmen von Paris. Alle späteren Ercignisse gehdren dem Ge- biete der Geschichte an und sind dem Prozesse (rend, dessen Haupt-=

Elemente der- Pairs-Hof nunmehr vorliegen hat. Die Geschichte i

wird einst sagen, ‘wie für die Verwaltung, an deren Spipe Hr.

v. Polignac stand, weniger als ein Jahr hinreichte, um einen

Thron umzustürzen, den zu unterstüßen und zu befestigen er, von

Täuschungen geblendet, sich berufen glaubte. : (Fortseßung folgt.)

Großbritanien und Jrland.

London, 10. Dez. Zwei von den Brandstiftern, welche die heiden vor kurzem bei Carlisle stattgchabten Feuersbrünste ver- ursacht haben, sind, dem Vernehmen nach, entdeckt und ciner der- selben verhaftet worden. Auch will man in der Nähe von Cam-

ridge zwei ARN erkannt haben , die eben im Begriffe stan- den, einen Getreide - Schuppen Aden Da fie e ‘entdeckt sahen, warfen sie sich in ein Kabrio :

ren, und entkamen, wie man vermuthet, nach London. Man haf

eine schr gengur Beschreibung ihrer Persynen bekannt: gemacht -

und hundert Pfund für die Berhaftutty etnes 1éden derselben an=' geboten. Wenn W sich wirklich fe verhält, so müßte man (e cher an das Daseyn eincr Ver hrer glauben, indem ie Personen in der Gegend fremd waren un dem heschricbe- nen Anzuge na þ

oder Handwerker gehörten. Jm Unterhause is auf Antrag des Lord Althorp etn Ausschuß, Bchufs der Herabseßung der Gehalte erwählt worden. Lord Althorp und Alle, die bei der Gelegenheit spra- chen, waren der Meinung, daß man hierbei nicht zu schr auf Sparsamkeit schen müsse, weil sons Niemand die Stellen über- nehmen könne, der nicht cin cigenes großes Vermögen hbesiße; auch fônne man dadurch feinen großen Steuer-Erlaß hoffen/ aber da der bewiesene gute ille dem Volke Freude machen würde, so sey das schon Gewinn genug. Der von der Regierung 61- enoinmene Grundsaß scy: in Allem, wo es bloß um minifteriel=

en Einfluß zu thun wäre, die Besoldung ohne Gnade abzuschnci= .

den, wo es aber der Dienst erfordere,/ mit großer Vorsicht zu ver= fahren. Einige von den ausgetretenen ministeriellen Beamten der unteren Klasse und deren Freunde haben die Regierung in bciden Häusern der Verschwendung zeihen wollen, weil sie Lord Plunfett zum Frländischen Kanzler ernannt und damit dem Lände wiederum cine Pension von 4000 Aue für den austretenden Kanzler aufgebürdet hätten. Der

Veränderungen o einrichten, daß ste dem Lande nicht mehr kosten würden. Lord Wynford, ein alter Rcchtsgelehrter, der nachdem er viele Jahre Richter gewesen, während der Canning'schen Ver= waltung in den Adelstand erhoben worden, hat seit kurzem viele Thätigkeit im Oberhaus bewiesen, und zwar dem Anscheine nach, als wolle ex der neuen Verwaltung ihr Amt ershweren. So trug er gestern Abend, nicht zufrieden mit dem bereits ernannten und schr thätigen Ausschuß zur Untersuchung Über den Zustand der Armen und Arbeiter, auf eine allgemeine Untersuchung der

Lage des Landes an, bei welcher durchaus nichts Übersehen- wer= -

den sollte, was auf dessen Jndustrie, Gesche, Verwaltung und Besteuerung Bezu h

Arbeit von wenigstens 10 Fahren seyn. roUrde/ ¿fanden sich doch mehrere Lords, welche den Vorschla unterstüßten, der indeß schließlich zurückgenommen wurde... Gegen Lord Brougham hôrt man nicht die geringste Klage mehr ; scin festes, wÜrdevolles Be=- nehmen und seine unermüdliche Thätigkeit in seinem neuen Amte

scheint alle seine Gegner entwaffnet zu haben.- Man versichert,

die Mitglieder des vorigen Ministeriums hätten vor der and beschlossen, der neuen Regierung keine systematische Opposition entgegenzuséßen, sondern nur dann ihr entgegenzussimmen, wenn sie etwas gegen ihre Grundsäße vorschlagen sollte. Bei dem jeßigen Zustande des Landes und den Schwierigkciten- welche die Wellington’ sche Verwaltung der jeßigen vererbt hat, wäre ein

Beilage

von Fhrer

et, in dem sie gekommen wa=

ch zu einer höheren Klasse als die der Tagelöhner

: : : chabkanzler aber. brachte sie für jeßt damit zum Schweigen, enf er versicherte, man werde die ie

haben Tdnnte. Obgleich dies cine Riesen-

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E e U

solches Benehmen nicht mchrx als billig. Mit der Zeit wird sich aber {hon cine Opposition bilden, und zwar einc so kräftige, daß man das Parlament wird auflösen müssen, um an der Stelle der Männer, welche unter dem Einfluß der vorigen Minister gewählt Pen andere dem jeßigen Minisierium ergebene wählen zu assen.

Niederlande.

Aus dem Haag, 15. Dez. Jn der hiesigen Staats- Courant heißt es: „Aus Berichten, die von verschiedenen Seiten bei der Regierung einlicfen , deren Wahrhaftigkeit in allen Theilen indessen niht verbürgt werden fann, ergiebt es sich, daß die Jusurgenten Versuche machen, um im Limbur- gischen ‘eine Kriegsmacht zusammenzuziehen. Nach dort ver- breiteten Gerüchten sollen sle den Zweck haben , einen An- griff auf Mastricht zu unternehmen; andere Leute wollten wissen, daß sie eine Bewegung nah der Gränze von Kuik beabsichtigten. Auch sprach man davon daß die Jusurgen- ten am 8ten d. M. in den zwischen Maaseyf und Weert belegenen Dörfern ungefähr 3000 Mann mit 11 Stücken Geschüß, jedoch ohne Reiterei, beisammen hätten. An Per- sonen zur Bedienung des Geschübes schien es ihneu noch sehr zu fehlen, so daß ihnen zu dessen Transport kein ande- res Mitte übrig blieb, als die Bauern zu zwingen, sich selbst ünd ihre Pferde dazu herzugeben. Der General von Tiecken de Terhove befand sich an der Spike der- genannten Macht und hatte einen Aufruf an die Lantleute erlassen, sich zur Vertheidigung Belgiens on seinen Krieashaufen zu schliezen und in Ermangelung von Gewehren , sich mit Beilen, Heu- gabeln und dergleichen Wehrgeräth- zu bewaffnen. Dieser Aufruf hatte jedoch keinen großen Eindruck gemacht. Auch schien unter den jungen in Limburg zum Kriegsdienst aufge- rufenen Leuten noch sehr wenig Eifer obzuwalteri, dem Auf- rufe Folge zu leisten, und viele derselben sollen beschlossen ha- ben , sh nit anders unter die Fahnen der Jnsurgenten zu stellen, als wenn man sie mit Gewait dazu zwänge.““

Amsterdam, 15. Dez. Von Seiten der Re-

ierung ist die Dn unserer Staatsschuld für den bevor-

ehenden Halbjahrs-Termin zur öffentlichen Kenntniß! gebracht worden. Äuf unsere Börse hat dies, wie sich erwarten ließ, einen sehr günstigen Eindruck gemacht. Denn hatte man auch bereits aus den Zusicherungen, die Herr van Tets in der zweiten Kammer der Generalstaaten ertheilt hatte, die Ueberzeugung erhalten, daß der Regierung feine Anstrergung zu groß seyn würde, um ihre Verpflichtungen streng zu er- füllen und den Staats - Kredit ungeschwächt zu erhalten, so war doch immer zu befürchten, daß irgend ein stôrendes Ta- ges-Ereigniß die Erfüllung des Versprechens unmöglich ma- chen möchte. Die Anstrengungen zur Erhaltung des Staats- Kredits müssen um so mehr geschäßt werden, als, neben den bedeutenden Ausgaben , welche die Bewaffnung des Landes erheischt, auch die Zinsen desjenigen Theiles der Staatsschuld, der von Belgien bei der Vereinigung der beiden Länder über- nommen worden is, so wie desjenigen Theiles, den Holland und Belgien, seit ihrer Vereinigung - gemeinschaftlich cingin- gen, jekt von Holland allein gewissenhaft entrichtet werden.

bei einer definitiven Trennung der beiden Länder Bel- gien nit bloß seine alte Schuid, sondern auch einen verhält- nißmäßigen Antheil an der gemeinschaftlichen wird úberneh- men müssen, braucht wohl kaum in Zweifel gestellt zu wer- den. Schwieriger dürfte jedoch die Feststellung dieses An- theils an der gemeinschaftlichen Schuld seyn. Gegen die nicht mehr als billige Uebernahme der Hälfte sind bereits von eini: gen Seiten Einwendungen“ erhoben worden. Belgien möchte gern’ diese Verpflichtung ganz von sich ablehnen, und so wen- det man denn ein : 1) daß ‘der größere ‘Theil: dieser gemein- schaftlich - eingegangenen Schuld zum Besten der Kolonieen verwandt worden, und daß Holland, welches diese Kolonieen behalte, auch die zu deren Gunsten gemachte Anleihe über- nehmen müsse; p. endlich , daß ein anderer Theil dieser ge- meinschaftlichen Schuld dazu gedient habe, die Marine zu

“yerbéssern, während die Belgischen Festungen an der Fran-

dsischen E nicht von Holländischem , sondern bekannt- ich von Englischem Gelde ‘gebaut worden sind. Es kann je- doch auf den ersten dieser Einwände erwiedert werden, daß es ein verhältnißmäßig nur sehr kleiner Theil der Schuld sey , den die Wiederherstellung ‘des Friedens auf Java ge- fostet habe, und daß dieser Frieden den Belgischen Fabriken noch nüslicher gewesen sey, als dem Holländischen Handel. Was jedoch den zweiten -Cinwand betriffc, so werden die

Summen, welche zur Verbesserung der Holländischen Ma- rine verwandt worden sind, wohl mehr als hinlänglich durch diejenigen Summen ausgewogen, welche zur Unterstüßung des Belgizchen Gewerbfleißes , namentlih dèr Fabrifen in Gent, der Maschinenbau-Aastale in Seraing, der [lmprimetie Nor- male in Brüssel u. st. w. gedient haben; der Kanále und Landstraßen nicht zu gedenken, -deren Bau vorzugsweise in Belgien begünfrigt worden ist. Es darf auch nicht vergessen werden , daß jene Marine 15 Jahre lang dazu gedient hat, auch den Belgi schen Handel zu beshüßen, und daßes eben nur die Belgische Empörung ist, die den ferneren Genuß dieses Schuz- zes von sich abgelehnt hat. Endlich aber darf wohl Holland einen Theil des Geldes, das der Bau der Belgischen Festungen ge- fostet hat, um so mehr von Belgien fordern, als dieses Geld bekantlih nur bewilligt worden ist, um Holland eine Vormauer gegen Frankreich zu gewähren, und es nun durch den Abfall der Belgier sich genöthigt sieht, eine neue Vormauer mit neuen Kosten zu errihten. Zum Theil -if diese auch bereits in den Festungen von Seeland, Nord-Bra- bant und Geldern hergestellt; die vom besten Geist beseelte Besaßung derselben wird das Uebrige thun, um den Eindrang der vorgeblich fär die Freiheit fechtenden, in der That aber nah Holländische Gelde lästernen Horden zu verhüten. Man hegt zwar hier die Besorgniß, daß der eintretende Frost den Jnsurgenten leicht Vorschub leisten fônnte, indem erx eines unserer großen Vertheidigungsmittel, die Ueberschwemmung des Landes, wirkungslos macht, und namentlich auch die Ant- werpener Citadelle von aller Verbindung mit Holland ab- schneidet; allein abgejchen davon, daß die schlecht befleideten Jusurgenten den Frost wohl am meisten selbsi empfinden möchten, ist auc an Mittel gedacht worden, das Wasser an vielen Stellen vom Eise leicht zu befreien, so wie es auch an anderen Stellen nur in sehr strengen Wintern, wie etwa der vorjährige , zu gefrieren pflegt; die Citadelle von Antwerpen aber wird durch diz abgeschuittene Verbindung nicht leiden, da die lezte Zcit dazu benußt worden ist, fie mit Lebensmitteln und anderen Bedürsnissen reichlich zu versehen. Die Belgischen Freiwilligen selbst nenuen die von Steppen und Moräften be- decéte Gegend der Provinz Antwerpen, in welcher sie kfanto- niren mnússen, ein fleines Sibirien, das durch ten eintreten- den Frost dem großen noch ähriliher werden dürfte. Zur Vermehrung unserer Streitkräfte gehen indessen fortwährend neue Verstärkungen aus den nördlichen Provinzen nach der Gränze ab. Heute sahen wir die dritte Abtheilung der hie- sigen mobilen Schutterei, bestehend aus 300 gut armirten und vom besten Geiste beseelten Leuten, von hier ausmarschiren ; die Hälfte derselben begiebt sich nah Herzogenbusch und die andere nach Nymwegeun, an welchen beiden Orten die dort befindlichen Amsterdamer Schutter im freundlihsten Ver- nehmen mit den Einwohnern und der übrigen Besaßung {le- ben. Jn Nymwegen hat man zu größerer Vorsorge, nach dem Beispiele von Breda und anderen Gränz - Festungen , allen Fremden den längern Aufenthalt ‘untersagt ; auch müssen Rei- sende, die öurchpassiren oder einige Stunden stch dort auf- halten wollen, mit Ministerial-Pässen versehen seyn. Die Gerüchte von den in Antwerpen und Gent ausgebrochenen ernstlichen Unruhen haben sich bisher nicht bestätigt, doch ist nicht zu verkennen, daß an beiden Orten eine contrerevolu- tionnaire Bewegung stattfinde, die früher oder -später den Gewalthabern in Brüssel einen Strich durch die Rechnung ziehen werde. Jn Gent schreitet man nur murrend zu einer zweiten Wahl des Municipal-Rathes, nachdem die ¿fte von der provisorischen Regierung vernichtet worden ist und der Kongreß den dagegen erhobenen Protest unbeachtet geläs- sen hat. Der Umstand, daß die’ Klerisei auch an der Mu- nicipal-Wahl Theil nehmen fann, giebt hier, wo- sie mit dem gebildetern Bürger in Berührung fommt, zu größeren Be- schwerden Anlaß, als bei der Kongreß-Wahl, an dér die große Masse der geistig noch sehr zurückgebliebenen Provinzial-Be- wohner Theil nahm. Bereits haben auch mehrere Genter Bürger gegen jenen Umstand förmlich“ protestirt, und es steht zu erwarten, daß die gestern stattgefundene ahl nicht ganz ruhig abgelaufen sey. Bemerkenswerth ist es jedenfalls, daß Gent der einzige Ort in Belgien ist, wo mehrere, so- wohl in Holländischer als in Flamändischer Sprache erschei- nende Zeitungen die ueue Ordnung der Dinge ofen an rei: fen und nicht undeutlih den Wunsch na «iner Rückkehr der Oranischen Herrschaft zu erkennen geben. - Das jefuitische „Journal dés Flandres‘“ ist das einzige Genter Blatt, das