1895 / 26 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

s Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die Genossenschaft ihren hat, Ua einzureichen. “M

Die höhere Verwaltungsbehörde ift befugt, die Mitglieder des

Vorstandes zur Einreihung und nöthigenfalls zur Abänderung oder

Grgänzung der Anweisung dur Geldstrafen bis zum Betrage von je-

dreihundert Mark anzuhalten.

Gegen die Anordnungen und Straffestseßungen der höheren Ver- waltungsbehörde findet binnen zwei Wochen die Beschwerde an die Landes-Zentralbehörde ftatt. E

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Personen, welche für einen Konsumverein den Waarenverkauf be- ‘wixken, werden, wenn sie der Vorschrift des § 8 Absaß 4 zuwider wissentlich oder ohne Beobachtung der nah § 30a von dem Vorstand erlafsenen Anweisung Waaren an andere Personen als an Mitglieder oder deren Vertreter verkaufen, mit Geldstrafe bis zu einhundert- fünfzig Mark bestraft. j

Gleiche Strafe trifft das Mitglied, welches seine zum Waaren- fauf in einem Konsumverein berehtigende Legitimation einem Dritten zum Zweck unbefugter Waarenentnahme überläßt, sowie den Dritten, welcher zu demselben Zweck von der für ein Mitglied ausgestellten Legitimation Gebrauch macht. i

Artikel 3. Dieses Geseyz tritt am 1. Juli 1895 in Krast. Die Begründung lautet, wie folgt:

Durch den § 8 Abs. 4 des Geseßes vom 1. Mai 1889 ist den Konsumvereinen zur Pflicht gemacht, im regelmäßigen Geschäftsverkehr Waaren nur an solche Personen zu En welche als Mitglieder oder deren Vertreter bekannt sind oder sih als folhe in der dur das Statut vorgeschriebenen Weise legitimieren. Beim Mangel einer Straf- androbung hat jedoch das in dieser Bestimntung liegende Verbot die beabsich- tigte Wirkung nicht gehabt. Mit Rücksicht hierauf hat der Reichstag aus Aulaß eines von dem Abg. Ackermann und Genossen eingebrachten Antrags (Nr. 29 der Drucksachen des Reichstags 1892/93) mittels einer Resolution vom 8. Februar 1893 besc{lossen, den Reichskanzler um alsbaldige Mgrlage eines Geseßzes zu ersuchen, durch welches den Konsumvereinen die Abgabe von Waaren an Nichtmitglieder schleht- hin und unter Strafandrohung verboten werde. Demnächst ist durch die Anträge der Abg. Gröber und Genossen, Dr. Kropatscheck und Genossen sowie Dre. Hammacher und Genoffen (Nr. 17, 26 und 158 der Drudcksachen des Reichstag 1893/94) eine Ergänzung des Genossenschaftsgeseßes dur Strafbestimmungen gegen Uebertretungen des im § 8 Absay 4 ent- haltenen Verbots in Anregung gebraht worden. Ueber den ersteren Antrag haben ausführliche Verhandlungen des Reichstags in der Sizung vom 17. Januar v. I. stattgefunden. In gleicher Richtung wie diese Anträge bewegen sich zablreihe Kundgebungen und Eingaben aus dem Handels- und Handwerkerstande; in denselben wird- lebhaft über die Schädigungen geklagt, welhe dem Handel und Handwerk dadurch zugefügt werden, daß die Konsumvereine die durh das Gesetz ihrem Geschäftsverkehr gezogenen Schranken übertreten. Í

Es ist nicht zu verkennen, daß diefe Kundgebungen zum theil über das berechtigte Ziel hinausgehen, indem sie si gegen die Existenz der Konsumvereine überhaupt richten und die dem Handel- und Hand- werkerstande unliebsame Konkurrenz. derselben, auch soweit sie legitim ift, zu beseitigen suhen. Andererseits steht es aber auch außerhalb allem Zweifel, daß die erhobenen Klagen bis zu einem gewissen Grade be-

ründet sind; die Ausdehnung des Geschäftsbetriebs vieler solher Vereine Lebt im Widerspruch mit dem Geseß und ist vom sozialpolitischen Standpunkt aus um deswillen bedenklich, weil sie die wirthschaftliche Exiftenz zahlreicher Einzelbetriebe im Handel und im Handwerk ge- fährdet. Ein Einschreiten der Geseßgebung erscheint daher geboten.

Um demselben einen Erfolg zu sichern, is es erforderli, daß |-

nicht nur das wissentlihe Abgeben von Waaren an Nichtmitglieder mit Strafe bedroht, sondern auch jedem fahrlässigen Verhalten der mit dem Waarenverkauf betrauten Angestellten der Konsumvereine entgegengetreten werde. a es nun aber nicht dem individuellen Grmessen dieser Angestellten überlassen bleiben darf, durch welche Mittel sie ih über die Mitgliedschast der Waarenkäufer vergewissern wollen, so ift in dem Entwurf den Vorständen der Konsumvereine die Pflicht auferlegt, zur Durhführung des Verbotes des § 8 Abs. 4 geeignete Anweisungen darüber zu erlassen, wie fh die Vereins- mitglieder oder deren Vertreter bei der Cnrnahme von Waaren aus- zuweisen haben. Die Vorstände werden in der Lage sein, die Legi- timation der Mitglieder oder der Vertreter derselben in einfachster Weise (Vorzeigen der Mitgliedskarte, eines Quittungsbuches, eines sonstigen Abzeichens) zu regeln und dem Verkaufépersonal klare Vor- ichriften zu ertheilen, welche unshwer zu handhaben find, und deren, sei es wissentlihe sei es fahrlässige Uebertretung alsdann unbedenklich unter Strafe gestellt werden kann. Hierdurch würden den Konsum- vereinen weder für die Gewinnung geeigneter Verkäufer noch in der Erfüllung ihrer Aufgaben den Mitgliedern gegenüber irgendwie nennenswerthe Schwierigkeiten bereitet werden.

Der Entwurf hat davon abgesehen, die Durchführung der mehr- erwähnten, den Vorständen aufzuerlegenden Obliegenheit durch die Negistergerihte überwachen zu kassen. Allerdings ist diesen Gerichten {on dur den § 152 des. Genofsenshaftsgeseßes in einzelnen Be- ziehungen, insbefondere hinsihtlih des Verbots der Ausdehnung des Gescäftsbetriebs der Kreditvereine auf Nichtmitglieder, eine gewisse Aufsicht über die Genossenschaften übertragen worden; es läßt si indeß nit verkennen, daß die hier in Frage stehende Thätigkeit, bei welcher es sich um den im öffentlichen Interesse zu gewährenden Schuß von der. Genofsenschaft nicht angehörigen Gewerbetreibenden und um die Prüfung der Zwekdienlichkeit der von dem Vorstand erlassenen Anweisungen handelt, mit der sonstigen Thätigkeit der Registergerichie und den Gesichtspunkten, nah welchen sie geübt wird, wenig gemein hat. Es emyfiehlt sih daher die Uebertragung der in Rede stehenden Aufgabe an eine Verwaltungsinstanz. Durch die Wahl der höheren Verwaltungsbehörde ift zuglei eine Gewähr für die gleihmäßige Behandlung des Gegenstands innerhalb größerer Bezirke geboten. :

Die für den Abs. 2 des § 145 a vorgesehenen Strafbestimmungen dienen dazu, einer mißbräuhlichen Benußung der Mitglieder - Legiti- mationen durch Nichtmitglieder vorzubeugen.

Die Verpflichtung des Vorstands zum Erlaß bestimmter - An- weisungen hinsichtlich der Legitimation der Vereinsmitglieder soll nah dem Entwurf auf diejenigen Konsumvereine beschränkt bleiben, welche einen offenen Laden haben; ein weitergehendes Bedürfniß scheint nicht vorzuliegen. Insbesondere für die zahlreichen landwirthschaftlichen Konsumvereine ohne offenen Laden, welche vielfah Wirth- schastsbedürfnisse nur nach vorgängiger Umfrage bei ihren Mit- gliedern anschaffen und dann an die leßteren abgeben, würde der Erlaß besonderer Anweisungen über die Legitimation der Mitglieder zwedcklos sein. Cs genügt, wenn in derartigen Fällen C Ans nur wegen wissentlihen Verkaufs an Nichtmitglieder

erfolgen kann. j N Die am Ss des Entwurfs vorgeschlagene Dae rechtfertigt sich mit A darauf, daß billigerweise den Konfum- vereinen eine gewisse Frist einzuräumen jein wird, in welcher sie sich auf die neuen Bestimmungen einrichten, und insbesondere die Vor- stände die von ihnin zu erlassenden Anweisungen treffen können.

Der Kaiserliche Boischaster in St. Petersburg, General der Jnfanterie und General-Adjutant von Werder ist von kurzem Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen. i

Laut telegraphisher Mittheilung an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Alexandrine“, Kommandant Kapitän zur See Schmidt, am 2. Januar in Chefoo ange-

kommen und beabsichtigi heute nos Yokohama in See zu ehen: Se „Jrene“, Kommandant Korvetten- tapitän von Dresky, ist am 26. Januar in Singapore eingetroffen und will am 30. d. M. die Reise nah Hongkong PeLen, “S. M. S. „Arcona“, Flaggschiff der Kreuzer- Diviston, Chef Kontre-Admiral Hoffmann, ist am 26. Ja- nuar in Chefoo angekommen.

Elsaß-Lothringen.

Der Landesausshuß ist gestern Nachmittag 3 Uhr durch den Kaiserlichen Statthalter Fürsten zu Hohenlohe- Langenburg in Gegenwart des Ministeriums eröffnet worden. Jn längerer Rede hieß der Statthalter, wie „W. T. B.“ berichtet, zunächst die Abgeordneten herzlih willkommen und gab sodann ein Bild von der Finanzlage. Dieselbe sei für Das laufende Etatsjahr noch M opgenD, dank den wachsenden Erträgen und den eigenen Einnahmequellen und infolge des Umstandes, daß die endgültige Abrehnung mit dem Reich voraussichtlih sih erheblih günstiger stellen werde, als bei der Ausfstellurtg des Etats angenommen worden sei. Die weitere Gestaltung sei in der Hauptsache davon abhängig, daß das Finanzverhältniß zwishen dem Reih und den Einzelstaaten derartig geregelt werde, daß die Landesfonds von der Zu- \chußleistung an das Reih entbunden würden. / Sollte ein befriedigender Ausgleih der finanziellen Beziehungen zwishen Reih und Einzelstaaten nicht stattfinden, so sei zu befürchten, daß das Landes-Etatsjahr 1895/96 troß Ein- schränkung der Ausgaben mit einem Fehlbetrag abschließen werde. Weiter berührte der Statthalter den Geseßentwurf über die Gebäudesteuer. Die Neueinshäßung des Ertrags der Gebäude sei vollendet, und auf Grund derselben könne die neue Gebäudesteuer eingeführt werden, die bestimmt sei, an Stelle der bisher mit der Grundsteuer vereinigten Gebäudesteuer zu treten. Einem allgemeinen! Wunsch entsprehend, solle die veraltete Thür- und! Fenster- steuer wegfallen. Das neue Steuersystem bezwecke /keine Ver- mehrung, nur eine gerehtere Vertheilung der Steuerinnahmen. Ferner stellte der Statthalter die erneute Vorlegung des Spar- kassengeseßes in Aussicht, das in der leßten Tagung uner- ledigt geblieben sei, außerdem zwei Geseßentwürfe behufs Ergänzung der bestehenden Selehe über das Grundeigenthum und die Einrichtung von Grundbüchern. Der Statthalter gab ferner der bestimmten Hoffnung Ausdruck, daß über die von der Regierung vorgeschlagenen Reformen eine Verständigung erzielt werden werde, erklärte im Namen Seiner Majestät des Kaisers die 22. Tagung für eröffnet und {loß mit einem Hoch auf Seine Majestät. Hierauf wurden der Präsident

Jean Schlumberger und der Erste Vize-Präsident Jaunez dur Zuruf wiedergewählt, während als Zweiter Vize-Präsident Staatsrath Julius Klein gewählt wurde.

Oesterreich-Ungarn.

Die Prinzessin Leopold von Bayern if gestern von Wien nach München- zurückgekehrt. Der Kaiser gab Höchstderselben das Geleit bis zum Bahnhof.

Bei dem deutschen Botschafter Grafen zu Eulenburg fand am Sonntag Nachmittag zur Feier des Geburistags Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm ein Festmahl zu 40 Gedecken statt, bei welhem der Herzog ilhelm von Württemberg, die Gesandten Bayerns und Sachsens, die Mitglieder der deutschen Botschafï und des deutschen Konsulats, zahlreiche Damen, Vertreter des Vereins „Nieder- wald“, der deutschen Offiziersvereinigung und mehrere deutsche Offiziere anwesend waren. Der deuische Botschafter brachte in s{chwungvollen Worten einen begeistert aufgenommenen Toast auf Seine Majestät den Deutschen Kaiser aus.

Jn Triest fand vorgestern an Bord des deutshen Shul- his „Stein“ aus Anlaß des Geburtstags Seiner Majestät des Deutshen Kaisers ein Festgottes- dienst statt, dem der Statthalter Ritter von Ninaldini mit Gemahlin, der deutshe General-Konsul Pritsch mit Ge- mahlin, der Bürgermeister von Triest Dr. Pitteri, der Militär- bezirks-Kommandant, der Seebezirks-Kommandant Graf Cassini, sowie die Spißen der Zivil- und Militärbehörden beiwohnten. Nach dem Gottesdienst versammelten sih die Theilnehmer zu einem Frühstück bei dem Schiffskommandanten Kapitän zur See von Wietersheim. Derselbe brahte das Hoch auf den Kaiser und die Kaiserin von Oesterreih aus, worauf die Musikkapelle die österceihishe Hymne spielte. Hierauf erhob fich der Statthalter Ritter von Rinaldini und gedachte zunächst in warmen Worten der An- wesenheit Jhrer Majestäten- des Kaisers Wilhelm und der Kaiserin Auguste Victoria in Abbazia und gab sodann den ehrfurhtsvollsten Wünschen für deren Glück in begeisterten Hochrufen Ausdruck, die von der Versammlung unter den Klängen der deutschen Nationalhymne jubelnd er- widert wurden. Während des Frühstüks traf ein Telegramm des Admirals von Sterneck ein, das der Freude über die Anwesenheit des Schiffs Ausdru gab und zu dem Geburtsfeste Seiner Majestät des Kaisers Glückwünsche übermittelte. Die Mittheilung dieses Telegramms begleitete Kapitän jur See von Wietersheim mit folgenden Worten: „Hoffent- ih werden wir noch langen Frieden genießen; wenn wir aber gerufen werden, werden wir Schulter an Schulter mit der osterreichischen Marine kämpfen. Auf diese Marine und deren Kommandanten bringe ih ein Hoh!“ Zu gleicher Zeit fand ein Frühstück in der Offiziersmesse statt, woselbst sich zahlreiche Gäste eingefunden hatten; hier brahte Kapitän-Lieutenant Shönfelder den Toast auf Seine Majestät den Deutschen U E E Franz Joseph aus.

le das „Fremdenblatt“ meldet, ist der istrianische Landtag durh Kaiserliche Entschließung a Len und de Neuwahlen angeordnet worden. Das „Fremdenblatt“ führt den Entschluß auf die Vorgänge im istrianischen Landtag zurück, wo die italienische Majorität durch Einführung der italienischen Sprache als alleinige Verhandlungssprache, seil dur die Bestimmung, daß Anträge und Jnterpellationen nur italienisch gestellt werden dürften, die slavische Bevölkerung in ihren Rechten habe kränken, eventuell dieselbe aus dem parla- mentarischen Leben hinausdrängen wollen.

Im ungarischen Unterhause brachte der Finanz- Minister von Lukäcz gestern einen Geseßentwurf ein, dur den das Budgetprovisorium bis Ende April verlängert wird. Der Finanzaussuß des Hauses nahm den Entwurf

ohne Debatte an. Der Obmann des Ausschusses Szell be-

grüßte den neuen Finanz-Minisier als lan jährigen Mij- arbeiter des gur 8 und versicherte ihn A Sympathie desselben. i; : Bei der gestern im Unterhause fortgeseßten Berathung des -Kultusbudgets erklärte der Unterrichts - Minister Wlassics, er werde die Integrität der Prinzipien der Ans ausstehenden Kircengesene auf das cntschiedenste wahren u die Grundprinzipien des Geseßentwurfs über die freie Religions- übung aufrecht erhalten. Wenn or gewünscht werde, taß der Ausdruck „aus einer Konfession Ausgetretene“ geändert werden möge, so werde die Regierung nichts dagegen ein- wenden, weil auch einzelne, die Kirchenpolitik“ der Regierung unterstüßende Magnaten sich daran stießen, daß die Kon- fessionslosigkeit expressis verbis im Geseh selbst ausgesprochen werde. Die Regelung der Verhältnisse der Konfes)ionslosen werde im Verordnungswege erfolgen, way: die Integrität der Prinzipien vollständig gewahrt werde. Betreffs der Ne- zeption der Juden würden. alle Rechtsfolgen der Rezeption aufrecht erhalten. j Bei dem Grafen Nikolaus MoE Esterhazy fand gestern eine von etwa 200 Mitgliedern besuchte Konferenz der jüngst gebildeten katholishen Volkspartei statt. Die Konferenz beshloß, der Pactei nur den Namen „Volks- partei“ zu geben und dämit den fatholishen Charakter aus dem Parteititel wegzulassen. Auf Antrag des Grafen Ferdi- nand Zihy wurde beschlossen, daß die Volkspartei auf staats- rehtliher Grundlage stehe und somit jede Gemeinschaft mit der äußersten Linken abweise.

Großbritannien und Frland.

Die Leiche Lord Church ill’s wurde gestern früh, wie „W. T. B.“ berichtet, von dem Trauerhause in London dem Po OMAES A 0pIs gebraht zur Ueberführung 2 Bladon, wo am Vormittag die R stattfand, Dex Bischof von Oxford, umgeben von der Geistlichkeit, dic Leiche am Eingange der Woodstock-Kirche, von wo sie n@@Ve endigung des Gottesdienstes nah dem Kirchhof übergeführt wude. Gestern Mittag fand in der Westminster-Abtei än Trauergottesdien st statt; dem der Marquis von Salis- bury, Lord Nosebery, dex Kanzler der Schaßkammer Sir W. ebur Balfour, verschiedene Mitglieder der beiden Bt des Parlaments, Notabilitäten und ein zahlrei

ublikum beiwohnten. Der Prinz und die Prinzessin von Wales sowie der deutshe und der rusfische Bot- schafter hatten Kränze gespendet.

Frankreich. :

Der König Alexander von Serbien ftattete gestern Nachmittag 3 Uhr dem Präsidenten der Republik Faure und darauf dessen Gemahlin einen Besuch ab, den der Präsi dent sofort erwiderte. Der König hat dem Präsidenten Faure den

Weißen Adler-Orden verliehen.

_Jn dem gestern abgehaltenen Ministerrath theilte derx Minister-Präsident Ribot mit, daß der Admiral Besnard das Marine-Ministerium übernommen habe. Da der General Hervé, dem das Kriegs-Ministerium angeboten worden war, die Annahme desselben abgeschlagen hat, ist der Divifions- General Zurlinden, bisher kommandierender General des

IV. “Armee-Korps, zum Kriegs-Minister ernannt worden.

Der Marschall Canrobert ist gestern gestorben. Im Senat ist gestern von dem Justiz-Minister Tr arieux ;

in der Deputirtenkammer von dem Minister-Präsidenten

Ribot ein Botschaft des Präsidenten Faure verlesen worden, die in beiden Häusern eine beifällige Aufnahme fand. Jn der Botschaft \priht der Präsident seinen Dank für seine Wahl aus und bezeichnet dieselbe als cine Ehrung der arbeitsamen Demokratie, zu der der Präsident ih rechne. . Die Mitglieder des Kongresses hätten der Arbeit im stillen, welche die Demokratie unablässig für die Größe Frankreihs ausübe, eine feierlihe Huldigung exr- weisen wollen. Der Präsident fügte hinzu, er kenne die ganze Größe seiner Pflichten und werde sih denselben nit ent- ziehen, vielmehrihnen seine ganze Hingebung und alle Wachsamkeit widmen, um die Beobachtung der Tonslihitiotäien Geseße und eine geseßmäßige loyale Ausübung des parla- mentarishen Regimes sicher zu stellen. Die Botschaft erinnert weiter an die Nuhe, mit der sih die Uebertragung der Präsidentshaftswürde vollzogen habe, und fährt fort: „Das Par- lament hat bewiesen, daß das freie Funktionieren der Jnsti- tutionen für alle Umstände ausreiht, um einen ununter- brochenen Gang der öffentlichen Geschäfte zu fichern. Die republifanishe Staatsordnung kann übrigens keiner Gefäffr- dung ausgeseßt sein. Jn jedem Augenblick kann that- sählih die Nation ihren Willen durch die Vermittelung threr Vertreter zum Ausdruck bringen und diese Vertreter aben immer die Sicherheit, in der Regierung einen treuen

itarbeiter zu finden. Frankreih verwecselt nicht eine nuß- lose Agitation mit dem unaufhaltsamen Fortschritt. Stark dur seine Ehrlichkeit, stolz auf seinen erworbenen Wohlstand, zu- gänglih allen hochherzigen Jdeen, is Frankreich niht Sklave rgend einer vorgefaßten Meinung, aber es verschließt si nicht den großen Problemen, welche in der ganzen Welt die Geister bewegen. Eine Lösung zu suchen, die geeignet ift, diese Probleme dem nationalen Geiste und den Ueberlicfe- rungen der Sitten anzupassen, das ist die wesentlihe Auf- gabe, die das Parlament zu verfolgen hat. Alle Guî- gesinnten werden sih in demselben Gedanken zusammensinden: in dem Gedanken der Versöhnung, Beruhigung und sozialen Gerechtigkeit, um durch die allgemeine Eintracht und durch die republikanishe Brüderlichkeit die andauernde Entwickelung des materiellen und moralishen Gedeihens vor- zubereiten. Stolz. auf seine Armce und Marine, stark genug, um mit Recht laut seine Friedensliebe betheuern. zu können, und im Besiß so werthvoller Sympathien, an denen das Land , unverbrüchlich festhält, rüstet sh Frankreich in dem neuen Streben zum Fortschritt, die Nationen zu den großen Festen der Arbeit einzuladen, welhe würdig sind, das Jahrhundert zu krôónen. Jn Literatur, Kunst, Wissenschaft, G Handel, Ackerbau, in den breiten Massen des allgemeinen Stimmrechts, muß ebenso wie in der politishen Welt derselbe Eifer alle diejenigen vereinigen, denen der Glanz des fran- zösischen Namens am Herzen liegt.“ Die Botschaft {ließ : „ZU dieser Vereinigung, zu dieser gemeinsamen Arbeit für die Macht und den Nuhm der Nepublik lade ih Sie ein, in dem - sicheren Bewußtsein, hierin der Dolmetscher unserer ge- sammten Demokratie ju sein.“

In der. Deputirtenkammer brachte der Deputirte Goblet nah der Verlesung der Botschaft eine Fnter- pellation über die Politik und dieBildung des neuen Kabinets ein. Goblet hielt die Nothwendigkeit der Ver-