1895 / 26 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Erfüllung ias Zwecks vorauésichtlih hinreichenden Ns anwachsen sollte, zur Tilgung von Reichs\chulden verwendet werden oll.

uch hinfi tlih der Ergänzung der Einnahmen des Reichs durh zeitweilige Erhebung von Zu|hlägen zu den Stempel- und Verbrauchs- abgaben behufs der Balancierung des Reichshaushalts-Etats in dem Fall, wenn dazu der vorgedahte Fonds niht die Mittel bietet oder seiner Zweckbestimmung nah nicht in Anspruch zu nehmen ift, wieder- holt der vorliegende Entwurf die früheren Vorschläge.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ein auf Kredit bestellender Kaufmann ist, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1V.-Strafsenats, vom 18. September 1894, nicht ohne weiteres deshalb wegen Betrugs zu bestrafen, weil er bei der Bestellung eines größeren Waarenpostens dem Vertragsgegner seine ungünstige N M AOEE beri OwiEden und diesen da- durch gelGädigt hat. „Der Umstand, tas moralische Pflichten, Treue und Glauben im Handelsverkehr die Angabe der Wahrheit geboten, macht das bloße Verschweigen derselben noch nit zur Unterdrückung von Thatsachen im Sinne des § 263 St.-G.-B. Leßtere kann in ihm nur ge- funden werdén, wo eine Rehtspflicht in dieser Nichtung besteht. Eine Rechtspfliht aber, unaufgefordert dem Vertragsgegner Mit- O über die eigene Vermögenslage zu machen, liegt dem auf Kredit bestellenden Kaufmann lepiglid) um deswillen, weil er Kredit in Anspruch nimmt, nicht ob. Es fann diese Rechtspfliht deshalb auch niht dadur begründet werden, daß der Kredit in höherem Bal in Anspru genommen wird. Daß aber andere Umstände dem Verschweigen den Charakter einer Unterdrückung verliehen, is von der Ta nicht dargelegt und aus ‘der Sachlage nicht erkennbar. . .“

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Hinsichtlich der Stadtverordneten-Wahlen hat das Ober- Verwaltungsgeriht, T1. Senat, durch Urtheil vom 19. September 1894 folgende bemerkfens8werthe Nechts\äße ausgesprochen :

1) Die Aufstellung und Auslegung von Wählerlisten zu der Stadtverordneten-Versammlung ist im Gebiet der Städte- ordnung vom 30. Mai 1853 Sache des Magistrats, und dieser braucht nicht ohne weiteres die von den Mitgliedern der Stadt- gemeinde niht beanstandete Liste der Stadtverordneten-Versammlung oder deren Kommissionen zur Prüfung vorzulegen.

2) Die Anfertigung der Wählerlisten durch einen ge- eigneten Beamten unter der Kontrole des Bürgermeisters ist ¡ulässig, wenn das Magistrats-Kollegium die vorschriftêsmäßige Auslegung der so festgestellten Liste bekannt macht und amtlich bescheinigt.

3) Eine über die Grenzen des Erlaubten hinausgehende Wahl- agitation kann regelmäßig nur dann die Ungültigkeitserklärung der Stadtverordnetenwahlen zur Folge haben, wenn dadurch das Wahl- ergebniß selbst in Frage gestellt worden ist.

4) Hat der Bürgermeister einen Stellvertreter als Vor- fißenden des Wahlvorstands ernannt, so ist er do befugt, die Leitang der Wahlen, unter Verdrängung des berufenen und ator Baden Stellvertreters, selbst zu übernehmen.

Bei den Wahlen zu der Stadtverordneten-Versammlung in X. (Provinz Dra n wurden neun Personen gewählt, deren Wahlen s\ammtlich von der Stadtverordneten-Versammlung von Amtswegen für ungültig erklärt wurden, und zwar aus folgenden Gründen: Die Stadtverordneten-Versammlung hätte nah den Wahlen den Magistrat um Aushändigung der Wählerliste behufs Prüfung dur eine Kom- mission ersucht, aber der Magistrat hätte die Vorlegung der Liste ab-

elehnt. Die Wählerliste wäre nicht dem Magistrat zur Be-

FoCRGabme vorgelegt, sondern auf bloße Weisung des Bürgermeisters

von einem Beamten angefertigt worden. Ferner wären die Wahlen

durch den Bürgermeister in unzulässiger Weise beeinflußt worden, auch hätte der Bürgermeister die von ihm als Vor- fißende des Wakhlvorstands ernannten Vertreter, die Stadträthe

Y. und Z., vom Wahltish abtreten lassen und selbst den Vorsig

übernommen, was ebenfalls als Agitationsmittel gedient hätte, um

bei einer bedeutenden Anzahl wirthschaftlich {wacher Wähler das freie Wahlreht zu ershweren. Der Magistrat klagte auf Auf- bebung des Beschlusses der Stadtverordneten-Versammlung, und der Bezirksaus\{huß erkannte auf Gültigkeitserklärung sämmtlicher Wahlen. Auf die Berufung der Beklagten bestätigte das Ober-Verwaltungs- «gericht die Entscheidung des Bezirksausshusses, indem es begründend ausführte: „Das von der Stadtverordneten-Versammlung in Anspruch eaen Recht, über alle Gemeindeangelegenheiten zu beschließen,

esteht nach § 35 der Städteordnung für die östlichen Provinzen vom 30. Mai 1853 insoweit nicht, als diese Angelegenheiten aus- s{ließlich dem Magistrat überwiesen sind. Die Aufstellung und

Auslegung der Listen ist aber nah 19, 20 a. a. O. Sache des

Magistrats, und nur in dem Falle, daß Einwendungen gegen die Liste

erhoben worden sind, ist hier die Stadtverordneten-Versammlung zu

Beschlüssen berufen; au bilden lediglich die Einwendungen dann den

Sans der Beschlußfassung. Ob andererseits das allgemeine

Recht der Kontrole, wie es der § 37 a. a. O. der Stadtverordneten-

Versammlung einräumt, -die Beklagte zn einem solchen Verlangen

berechtigte, kann offene Frage bleiben. Denn selbst bejahenden Falls

und weiter vorausgeseßt, es sei der Kläger der vollen Ausübung dieses

Rechts durch Vorenthaltung der Liste ohne zulänglihen Grund

hindernd entgegengetreten, ift doh darüber kaum ein Zweifel mögli,

daß dadur nicht die Wahlen wenn sie einmal an-\ih gültig voll- zogen waren wieder ungültig werden konnten; es fehlt an jedem

Kausalnexus zwischen dem rehtlihen Bestand des Wahlergebnisses

und einer späteren Verkümmerung des Wahlprüfungérechts, wenn

man überhaupt eine folhe in dem ablehnenden Verhalten des Klägers erblicken will. Was die Herstellung der Liste betrifft, so ist es durch 19, 20 der Städteordnung keineswegs ausgeschlossen, daß die

Anfertigung, wie hier geschehen, unter der Kontrole des Bürgermeisters

durch einen geeigneten Beamten erfolgt, hier umsoweniger, als die grund-

legende Bürgerliste bereits dur einen Magistratsbeschluß richtig gestellt war. Im übrigen bedarf es eines näheren Eingehens auf den Modus der weiteren Grledigung des dem Magistrat obliegenden Geschäfts nit, weil es nach dem oben mitgetheilten Sachverhalt „der

Magistrat“ gewesen ist, welcher die öffentlihe Auslegung der Liste der

stimmfähigen Bürger für das Jahr 1893 bekannt gemacht, auch die

T dieser Liste in der gesegmäßigen Zeit amtlich bescheinigt

hat. Seitens der Beklagten i} mit besonderem Nachdruck auf die

Agitation hingewiesen, welhe im großen und ganzen auf eine Wieder-

wahl des bisherigen Bürgermeisters hingewirkt haben und in wenig

taktvoller Weise betrieben worden sein soll. Jndeß kann eine folche allgemeine Cinwirkung für sich allein nicht zu dem Ergebniß einer

Ungültigkeitserklärung der Stadtverordnetenwahlen führen, felbst da nicht,

wo im einzelnen Fall über die Grenze des Grlaubten hinaus dem Willen

des Wählers beispielsweise dur Androhung der Arbeits- und Kundschafts- entziehung Zwang anzuthun versucht wurde. Eine folche Agitation ist vielmehr erst dann zu beahten, wenn im einzelnen Falle der Ver- su der Beeinflussung das E selbst in Frage gestellt hat. Dabei würde übrigens nicht gerade ein \trenger Nachweis des ursäch- lihen Zusammenhangs gefordert werden, sondern die freie richterliche Ueberzeugung über den inneren Vorgang entscheiden dürfen. Der Bürgermeister ist nah § 24 St.-O. der geseßlihe Wahlvorstand und kann daher von einer Stellvertretung nah seinem pflichtmäßigen Er-

messen au wieder absehen. Der von seiner Stellung als Bürger- meister ausgehende Einfluß ist vom Geseh selbst nicht als ein Grund angesehen worden, um ihm die Leitung des Wahlyerfahrens zu ent- ziehen, da er vielmehr zum Vorsißenden bestimmt ist.* (IL 1226.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Auswärtiger Handel des deutschen Zollgebiets.

Das Dezemberheft der vom Kaiserlichen Statistischen Amt heraus- gegebenen „Monatlichen Nahweise über den auswärtigen Handel des deutschen Zollgebiets* hat soeben die Ein- und Ausfuhr des Jahres 1894 nah Mengen und na vorläufiger Wer t h berehnung veröffent- licht. Hiernach ergiebt sih folgendes Resultat:

Die Einfuh Ne in den deutschen E RIIEON betrug :

4 320 224 521 (100) kg 298 155 571 (100) kg, also im Jahre 1894 mehr 22 068 950 (100) e \

Nach Abzug der Edelmetalle beträgt die Gesammt-Einfuhrmenge 320 215 844 (100) LE gegen 9298 147 763 (100) kg des Vorjahrs.

Die Aus fuh r- Menge betrug :

1894 1893 228 830 188 (100) kg 213 615 442 (100) kg, also im Jahre 1894 mehr 15 214 746 (100) kg.

Nach Abzug - der Edelmetalle verbleiben als Gesammt-Ausfuhr- E 228 825 680 (100) kg gegen 213 610 221 (100) kg des Vor- ahrs.

Der vorläufigen Werthberechnung nah ergab si für die Ein- fuhr ein Werth von:

1894 1893 4 605 755 000 M 4 134 070 000 Æ, also in 1894 mehr 471 685 000 4 -

Auf den Edelmetallverkehr treffen 359 641 000 A gegen 172 332000 A im Vorjahre und auf die übrigen Handelsartikel 4246 114 000 gegen 3 961 738 000 im Vorjahre.

Der Ausfuh rwerth wurde berehnet mit:

1894 1893

3277375000 3 244 562 000 M, also in 1894 mehr 32 813 000

Auf den Côdelmetallverkehr entfallen 99 150 000 Æ gegen 152 604 000 # im Vorjahre und auf die übrigen Handelsartikel 3 178 225 000 4 gegen 3 091 958 000 & im Vorjahre. i

Die Einfuhr von Getreide und landwirthschaftlichen Erzeugnissen hat sich gegen das Vorjahr um 157 728 000 #6 und die Einfuhr von Vieh um 55 932 000 # gesteigert; die Ausfuhr hat bei den Textil- waaren der Tarifposition 2 (Baumwolle und Baumwollenwaaren) um 4143000 M, der Tarifposition 22 (Leinengarn -und Leinen- waaren) um 6 561 000 , der Larifposition 30 (Seide und Seiden- waaren) um 29407 000 4, der Tarisposition 41 (Wolle und Wollenwaaren) um 17 035 000 , also für die ganze Terxtilbranche um 57 146 000 M abgenommen.

Gesteigert hat sich hauptsählich die Auéfuhr von! Eisenwaaren (um (15 219 000 4), von Instrumenten, Maschinen und Fahrzeugen (um 14272 000 Æ) und von Droguerie-, Apotheker- und Farbewaaren (um 12112 000 4). /

Die Einfuhr von Getreide hat sih bei Weizen /von 7034530 (100) kg des BVorjahrs auf 11 538 374 (100) kg, bei Roggen von 2 242 624 (100) kg auf 6 536 245 (100) kg, bei Hafer von 2429460 (100) kg auf 4025 503 (100) kg und bei Gerste von 8517 404 (100) kg auf 10 974 970 (100) kg gehoben, während die Ausfuhr in- folge der Einfuhrscheine bei Weizen von 2931 (100) kg des Vor- jahrs auf 791 907 (100) kg, bei Roggen von 2705 (100) kg auf 497 118 (100) kg, bei Hafer von 2760 (100) kg auf 227 594 d E O bei Gerste von 82349 (100) kg auf 194 047 (100) kg gestiegen ist.

__Fürsorge für die Handweber.

Im Hinblick auf die guten Crfolge, die mit dem Wanderunterriht und der Verbesserung der Webestühle bei den Hauswebern des Glaßer und Eulengebirges bisher erzielt worden sind, hat Seine Majestät der Kaiser und König zur Hebung der Lage der Handweber in den Kreisen Glaß, Neurode, Reichenbach, Waldenburg und Schweidniß ein neues Gnadengeschenk von 45 000 A bewilligt.

Zur Arbeiterbewegung. E Aus Budapest meldet „W. T. B.*: Gestern fand hier eine zweistündige Kundgebung von Arbeitslosen statt, welche die Straßen der Stadi dur{zogen. Neunzehn Verhaftungen wurden wegen Widerstands gegen die Anordnungen der Polizei vorgenommen. In Groß-Becskerck wurden aufreizende Druckschristen konfisziert

und ein Hauptagitator verhaftet. In Klausenburg verbot die Polizei gestern eine Arbeiterversammlung, die das Wahlreht der Arbeiter auf ihre Tagesordnung gesest Ae

In Szegedin beshlagnahmte die Polizei, als sie Haus-

suchungen bei f ozialistischen Agitatoren vornahm, aufreizende Druckschriften und verhaftete drei aus Alfoeld zugereiste Agitatoren. Vor dem Rathhause verlangten etwa 50 Arbeiter die Freilassung der Verhafteten. Da die Arbeiter eine drohende Haltung annahmen, griff die Polizei ein und verhaftete drei Rädelsführer, worauf die Menge sich ruhig zerstreute.

Literatur.

Geschichte.

ffÆ Die Begründung des Deutschen Reichs durch Wilhelm 1. Von Heinrich von Sybel. 7. Bd. München und Leipzig, R. Oldenbourg, 1894. Wie der sechste*), so be- handelt der vorliegende siebente Band des Werks einerseits den innern Ausbau des Norddeutschen Bundes und die Fortentwicklung des Ein- beitsgedankens, andererseits das Verhältniß Preußens zum Auslande, inSbesdnhere zu Frankreih. Im Innern war die erste Session des Zollparlaments (1868) ein großer Schritt vorwärts; in die Debatte Über die vorgelegten Geseßentwürfe wirthschaftliher Natur spielten die politishen Gegensäte hinein, aber gerade dieser heiße Redekampf trug viel dazu bei, manche Vorurtheile hüben und drüben zu mindern. Die legislatorishen Resultate waren befriedigend; zwar wurden einige wichtige Regierungsanträge wie die Erhöhung der Taback- steuer und des Petroleumzols abgelehnt, aber die bedeutendsten, die Handelsverträge mit Spanien, Öesterreih und dem Kirchenstaat, wurden angenommen. Im Norddeutschen Reichstag desselben Jahres war es vor allem die Bundesschuldenklausel, die die Se auf- einander plazen ließ. Die Linke und die Mittelparteien verlangten für den Reichstag das Recht, gegen die Beamten der - Bundes- Schuldenverwaltung _strafrechtlich einschreiten zu können, was die Regierung als D bezeichnete. Biêmarck, von Moltke unter- stüßt, entgegnete: diese Bestimmung würde den Bundeskanzler unter den Kreisrichter stellen und jede selbständige finanzielle Thätigkeit des Ministeriums, die in Zeiten der Noth, wie im leßten Kriege, unver- meidlih fei, lahmlegen. Nah langen Debatten einigte man ih endlih auf einen Kompromißvorshlag Camphausen’s: die Verwaltung der 1867 vom Reichstag für Marinezwecke bewilligten Anleihe follte bis zum Erlaß eines definitiven Geseßes der Hauptverwaltung der preußischen Staatsschulden unter Mitwirkung einer aus Reichstags- und Bundesrathsmitgliedern bestehenden Kommission übertragen werden. Hierdurch wurde endlich der Marinebau ermöglicht, der längere Zeit suspendiert worden war, da der Reichstag nur unter jener unannehmbaren Bedingung die Anleihe dazu bewilligen wollte. Frucht- bar war die Session ferner auf dem Gebiet der Rechtspflege; die Schuldhaft wurde abgeschafft, die Nechtsverhältnisse der von Schulze: Delißsch begründeten Genossenschaften geordnet und die Gewerbefrei- heit durch Beseitigung des Zunftzwangs angebahnt. Späterhin wurde ein einheitlihes Strafgeseß für den Bund entworfen, in dem Bis- marck, entgegen dem Verlangen der Linken, die Beibehaltung der Todeëstrafe durhseßte. Jn der Pflege des nationalen Einheitsstrebens war die Regierung wie früher bemüht, jede {ädlihe Veberhastung zu vermeiden. So stellte eins Lasker an den Kanzler die An-

frage, warum er dem Wunsche Badens, in d aufgenommen zu werden, nit stattgebe. " Bismarck R die Hauptsahe sei die militärishe Verbindung mit Baden

*) S, d. Besprechung in Nr. 300, 1894, d. Bl.

außerhalb des Bundes im Süden besser als Pionier der deu Cibbeit wirken, denn als Bundesglied. tsen

Der interessanteste Theil des Buches is ohne Zweifel die Ge- {ite der auswärtigen Politik und der Entstebung des Krieges von 1870. Ein großer Raum if den Verhältnissen in Frankreich ge- widmet. Wie bereits im sechsten Band dargelegt, war Napoleon's

Stell sehr prefär geworden; mit den Mißerfolgen nah außen Tite fd im Innern eine starke chauvinistish - antidynastische Strömung geltend gemacht. |Freili war fkeine8wegs die

anze Nation fkriegslustig gesinnt; die Mehrheit der Bürger s Bauern war ohne Frage für den Frieden und die Ér: haltung der Dynastie, aber die rührige Minorität vertrat entschieden aggressive Tendenzen, denen überdies ein Theil der Mal varnes des Kaisers zugethan war. Napoleon, der ohne kriegerische eigungen war, suhte auf diplomatischem Wege Erfolge, aber vergeblih: alle

Frankrei, Oesterreich und Italien mit antipreußisher Spiße und ein Eisenbahn- und Handelsvertrag mit Belgien, der das Nachbar- land unter französishen Einfluß bringen sollte, mißlangen, zum theil sogar niht ohne neue Demüthigung. Desto eifriger suchte der Kaiser seinen Thron dur innere Reformen zu befestigen: er umgab sih mit verantwortlihen Ministern, führte die Preßfreiheit ein und berief end- lich den deutshfreundlichen liberalen Deputirten Ollivier an die gy der Regierung. in der Hoffnung, so seine Dynaftie populär machen und alle kriegerishen Verwidelungen vermeiden zu können. In der That schien im Sommer 1870 jede Gefahr eines nahen Krieges beseitigt zu sein, zumal da eine heftige Erkrankung Napoleon’s alle plôßlichen Entslüsse der Pariser Regierung unmöglih zu mahen schien.

Wie bekannt, war es die Kandidatur Hohenzollern, die das Kriegsfeuer entzündete. Ausführlih erzählt der Herr Verfasser, wie dem Prinzen Leopold von Hohenzollern seit dem Jahre 1868 die spanishe Krone wiederholt [angeboten worden war, aber von ihm jedesmal abgelehnt wurde. Der König von Preußen, den der Prinz als Familienhaupt jedeëmal davon in Kenntniß st billigte seinen Entschluß stets; Bismarck hatte pelegertiß einige politise Gründe für die Annahme gelti gee macht. Nun fam îm Jahre 1870 ein neucs Anerbieten von Spanien an den Prinzen, und diesmal nahm er die Krone an, obne vorher dem König, der ihm übrigens nah Hohenzollerù? schem Familien- ret die Annahme weder befehlen noch verbieten konnte, M emacht zu haben. Welche Gründe ihn zu seinem verändeta Ent {luß bestimmt haben, ist unbekannt ; als er aber bekannt wt, war die Ueberraschung allgemein. In Frankreich, wo Regierung udValk die spanishe Thronfrage stets mit großer Aufmerksamkeit verfolgtud namentlich die Kandidatur Hohenzollern mißgünstig betrachtet war man empört; man erblickte in dem Heimfall des spanisa Throns an einen preußischen Prinzen eine Verleßung der Interessen Frank reis, das so auf beiden Seiten von der Dynastie Hohenzollern ein \{lofsen sei. Man war fest überzeugt, daß alle vorhergegangenen lebnungen nur Schein gewesen seien und der Ausgang der An- elegenheit auf eine Intrigue Bismarck's zurückzuführen sei, Sn diesem Glauben blieben die französischen Minifter au, als ihrem Botschafter Benedetti in Berlin erklärt wurde, die leyte Aufforderung des Prinzen Leopold und seine Zusage seien ohne Vorwissen der preu- sischen Regierung gescheben, ja der König sei selbst über den Entschluß efremdet gewesen. Die weitere- Entwicklung der Dinge ist bekannt. Man befestigte sich in Paris immer mehr in der Anschauung, daß ib Ehre durch Preußen bloßgestellt sei und eine entscheidende

euugthuung gefordert werden müsse: eine Auffaffung, die {ließli nach dem freiwilligen Nücktritt des Prinzen in der Doppelforderung an König Wilhelm, die Wiederholung der Kandidatur für immer zu verbieten und einen öffentlihen Entshuldigungsbrief an Napoleon zu schreiben, ihren Ausdruck fand. Die Forderung wurde auf die bekannte Weise vom König in Ems zurückgewiesen und, wie Herr von Sybel vortrefflich auseinanderseßt, auf des Königs Befehl Forderung und Ablehnung veröffentliht. Diese sogenannte „Emser Depesche* hatte in Frankreich und Deutschland ungeheure

Wirkung; dort sah man darin eine neue Verleßung der französischen

CGhre, hier war man empört über die Zumuthungen an den König

und forderte eflatante Sühne für diese Beleidigung des Staatsober- haupts. Gine friedliche Beilegung des Streits war jeyt nicht mehr mô,li, und wenige Tage darauf ersolgte die sormelle Kriegs- erklärung. \ : Í :

Der Herr Verfasser schildert dieses diplomatische Vorspiel des großen friegerishen Dramas aufs E: von Tag zu Tag, ja von Stunde zu Stunde beschreibt er die Entwicklung der Dinge, wobei er naturgemäß am längsten bei der Darstellung der Pariser Ereignisse verweilen muß, da dort die Scenen fortwährend wechselten. Sehr scharf charakterisiert er die Pariser Machthaber : Der Minister des Auswärtigen, der Herzog von Grammont ist ein eigensinniger, beschränkter Kopf, befangen in nationaler und religiöser Abneigung gegen Preußen, ein persönlicher Feind Bismarck's; kriegslustig und überzeugt von der Un- besiegbarfeit Frankreichs, thut er alles, um den Bruch berbeizuführen, wobei er weder brutale Beleidigungen des Gegners noch die Täuschung seines Kaisers und der übrigen Regierungsmitglieder- heut; Napoleon shwankt rathlos hin und her, bald fügt er \ich widerwillig R kriegerishen Minister, bald widerspriht er ihm oder sucht heimlih seine Pläne zu durhkreuzen stets ohne Einfluß; kurz er ist ein geistig völlig gebrohener Mann, der das dem Fürsten Bismarck zugeschriebene Wort, er sei stets „eine große verkannte Unfähigkeit“ gewesen, für die leyte Zeit seiner Regierung voll bestätigt. Auf der anderen Seite dagegen stehen König und Minister vereint in ibrer Politik: \trenge Defensive und Achtung vor fremden Rechten, aber unbedingte Wahrung der eigenen Würde und Abweisung aller unberehtigten Ansprühe; maßvoll in den Formen, stets entschieden in der Sache.

Handel und Gewerbe.

_ Vor nachstehend aufgeführten Amsterdamer Firn wird seitens der dortigen Polizeibehörde gewarnt:

T. Berger u. Co.,

J. van der Kamp Jr., t j

Henri Averkamp, der fich als Zivil-Ingenieur und Händler in Velocipeden ausgiebt. 5 j i

Kwaak u. Co., Herausgeber der Schmähschrift „Klappei“, früher „de Vlinder“.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Rubr und in Oberschlesien. : f N der N hr sind am 28. d. M. gestellt 9208, nicht rehtzeitig gestellt keine Wagen. j In Dbetsdlel ien sind am 26. d. M. geftellt 2866, nicht reht- zeitig gestellt keine Wagen.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Shlaht-

viehmarkt vom 26. Januar 1895. Auftrieb und Marktpreise nah Schlachtgewiit mit Ausnahme der Schweine, welche na Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3105 Stü. (Durchschnittspreis für 100 kg.) I. Qualität 120—128 #4, II. Qualität 104— 116 4, 111. Qualität 88—96 #4, IV. Qualität 80—86 M Schweine. Auftrieb 6143 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 104 %, Landschweine: s. gute 100—102 b. geringere 94—98 #4, Galizier i, leichte Ungarn 20 °/6 Tara, Bakonyer 84—86 „#4 bei 27,5 kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 894 Stück. (Durchschnittopreis für 1 kg.) I. Qual. 1,12—1,20 4, II. Qual. 0,92—1,10 #, IIl. Qualität 0,76—0,90 .,4 Schafe. Auftrieb 7231 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,00—1,12 4, II. Qualität 0,88—0,96 Æ, IIT. Qualität M

Essen a. Ruhr, 28. Januar.

W. T. B.) Der Kok len-

er Schiffahrt abgeschwächt.

versandt ist durch Störungen in Nächste Börse am 27. Februar.

im Kriegsfalle, und hierfür sei gesorgt; im übrigen könne Baden

seine Aktionen, insbesondere sein Versuch eines Dreibundes zwischen

E

C E E T R R E E R R R E