1875 / 11 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

R D A a m Tite aT R L N M NETRITTN

r M G R V N G R A Em Äm T Sz A zer uri ä

scheine, 3) Münzwesen: Uebersicht über dic Ausprägung vou Reichs- münzen. 4) Zoll- und Steuerwesen: Kompetenzen einer Steuer- und Zollstelle, 5) Marine und Schiffahrt: Bekanntmachung, betr. Zu- laffung ehemaliger Marine-Offiziere als Seeschiffer 2c. 6) Heimath- N zwei Erkenntnisse des Bundes-Amts für das Heimathwesen. 7) Postwesen: Bekanntmachungen, betr. Werthangabe bei Geldsen- dungen nah Belgien und darüber hinaus; Eröffnung der Eisenbahn- strecke Wesel-Venlo; Eröffnung der Etsenbahn Denzlingen-Waldkirch in Baden. 8) Eisenbahnwesen: Bahnpolizei-Reglement für die Eisen- bahnen Deutschlands; Signalordnung für die Eisenbahnen Deutsch- lands; Anzeige von Tariferhöhungen; Vermehrung der direkten Expe- ditionen. 9) Konsulatwesen: Amtsentbindung und Kompetenzen von Korsuln. 10) Personal-Veränderungen 2c.: Ernennungen,

Die Nr. 2 des Armee - Verordnungs - Blattes (her- ausgegeben vom Kriegs-Ministerium) enthält: Schanzzeug der In- fanterie und Kavallerie. Veränderte Bezeichnung Königlich württem- bergischer Truppentheile. Deklaration des §. 231 des Reglements über die Bekleidung und Ausrüstung der Truppen im Frieden, vom 30. April 1868. Nachweisungen, betreffend die Schulbildung der aus Elsaß-Lothringen eingestellten Mannschaften. Verrechnung der Ausgaben für das Militär-Gefängnißw-sen. Pferde-Entschädigungs- gelder für Adjutanten bei den höheren Kommandobehörden, sowie bei der Infanterie, der Artillerie, den Pioniren und dem Eisenbahn- Bataillon. Beförderung von Mannschaften des Beurlaubtenstandes, welche im Speditionsgeschäft, bezw. im Sanitätsdienst geübt haben. Kompetenzen der Lazarethgehülfen. Beschlag der Fußbekleidung. Ausführungs-Bestimmungen zur Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 26. November 1874, betreffend Auflösung der Kommandanturen der eingegangenen Festungen. Aufhebung der von den Militärgeiftlicen einzureihenden Nachweisungen Über die bei der Militärbevölkerung vorkommenden Geburten, Trauungen und Sterbefälle, Vollständig- keit der Angaben auf den Lazarethscheinen zur event. Beurkundung des Personenstandes. Bekleidungs - Anfertigungen für die Halhb- Invyvaliden-Abtheilungen. Ueberweisung von Bekleidungs- und Nus- rüstungs-Gegenständen an die Montirungs-Depots durch die Truppen. Eróffnung der Eiscnbahnstrecke zwischen Meiningen und Eben- hausen. Eröffnung der Ei)enbahnst:cck: Wesel - Venlo, sowie der Eisenbahu Denzlingen-Waldkirch in Baden. Eröffnung der (isen- bahn zwishen Camenz in Schlesien und Giesmannsdorf, Reg. Bez. Oppeln, sowie der Eisenbahnstrecke zwischen Buchholz bei Harburg in Hannover und Hißacker.

Statistische Nachrichten.

Auf Antrag des Leiters des städtischen statistischen Büreaus Dr, Huppe hat der Handels-Minister die Eisenbahn-Direk- tion angewiesen, auf den Berliner Bahnhöfen monatliche Zusammen- stellungen über eine weit beträhtlichere Anzahl von Verzeh! sgegen- ständen, als früher gebucht wurden, aufzustellen und an das städtische statistische Bureau eiazureichen. Hiernach wird Berlin von jeßt ab gleich anderen Großstädten Zufammenstellungen aufweisen können über den täglihen Verbrauch seiner Einwohner an Cerealien in rohem und verarbeiteten Zustande, Fleisch und Fleischwaaren, Milch und Milchwaaren, Wild, Geflügel, Fisch, Krebse 2c, Vemüse, Brenn- materialien.

Ueber die Entwickelung des Volks\hulwesens in Ber- lin während des verflossenen Jahres entnehmen wir einem Aufsatze der „Schulztg.“ folgende Daten: Seit 1827, wo am Georgenkirch- plaß die erste derartige Schule errichtet wurde, hat sih die Zahl der Kommunalschulen auf 82 mit zusammen 1067 Klassen erhöht, wozu noch die 55 Klassen der Privat-Elementarschulen hinzutreten, so daß mit dem Antritt dieses Jahres 1122 Klafsen vorhanden sind, welche für 67,821 Kinder Naum gewähren. Mehr als vier Fünftel der jeßt bestehenden Kommunalschulen sind erft in den leßten zehn Jahren exbaut worden, indem bis 1864 nur 16 derartige Schulen in eigenen Häusern sich befanden, und zwar sind in diesen wenigen Jahren nicht weniger als 65 derartige Bauten mit einem Kostenaufwande von nc.hezu 2 Millionen Thalern gusgeführt worden. Im verflossenen Jahre wurden für die neuen Schulen 6 Hauptlehrer-, 73 Klassen- lehrer- und 39 Lehrerinnenstellen kreirt und mit Ausnahme von 4 Stellen pro 1874 mit Minimalgehältern dotirt. Vom 1, Januar ab find jedo diese Stellen sämmtlih mit Durchschnittsgehältern auf den Etat getreten und find danach für Klassenlehrer 16,225 Thlr.,

Theater.

Im Königlichen Opernhause trat gestern Hr. Ernst vom Stadttheater in Leipzig als Gast in der Rolle des Walther in Wagners Meistersingern von Nürnberg auf. Es gilt von dieser Leistung. im Ganzen das nämliche, wie vou seinem Adolar in Webers „Euryanthe“: das Organ kann in der Mittellage nicht verleugnen, daß es exst aus einem ursprünglichen Baryton sih allmählich heraus- gebildet hat, es fehlt ihm der originale Tenorcharakter. Indessen er- seßt der Sänger den Mangel an Fülle des Tons, der häufig durch das Orchester und Ensemble gedeckt wird, durch Wärme des Vortraçs, für den ihm wohlverdienter Beifall wurde.

Die General-Jntendanz der Königlichen Schauspiele hat, hiesigen Blättern zufolge, ein einaktiges Lustspiel: „Bogadil “, von Murad Effendi (ôösterreih. Konsul und Verfasser von „Selim IIL“ und „Marino Faliero“), zur Aufführung angenommen.

Das Wallner-Theater bleibt morgen wegen der Gene- ralprobe der neuen Operette „Schön-Röschen" (La jolie parfa- meuse) von Offenbach, in welcher Frl. Mila Röder eine Haupt- partie fingen wird, geschlossen.

Im Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater hat Frl. v. Csepcsanyi zum ersten Male eine Hauptpartie, die der „s{önen Helena“, gespielt und dieselbe beifällig durchgeführt,

In Krolls Theater ist seit einigen Tagen das Märchen „Die Galoschen des Glüdcks" dur die Posse „Die Nichte des Millionärs*, von J. B. v. Schweißer, ‘abgelöst worden. Ein ehrlicher, aber etwas beschränkter Dienstmann (Kuleke, Hr. Heder), der durch Zufall die Verwaltung eines fremden Vermögens über- kommen hat, aber darüber shweigen muß, läßt, da der Besiß des Vermögens entdeckt wird, um sein Geheimniß zu bewahren, es über sich ergehen, daß er selbst für den glüXlihen Millionär, aber auch gleichzeitig für einen firgen Sonderling und Geizhals gehalten wird, weil er des Reichthums ungeachtet seinem Erwerb als Dienstmann nachgeht und in der bescheidensten Weise fortlebt, Sein Freund Wu- selih (Hr. Ed. Weiß) und seine Nichte (Frl. Meyer) haben über die Benußung eincs großen Vermögens andere Anschauungen und bringen dadurch den armen ehrlichen Dienstmann in allerlei Verlegenheiten. Aus dieser der Posse zum Grunde liegenden Idee hat der Verfasser mit großem Geschick eine Reihe komischer Situationen geschaffen, deren belustigende Wirkung sich bis zum Schluß des zwei- ten Akts fortwährend steigert. Jm dritten Akt tritt dann aber plößlich schon die Lösung ein, ohne daß die Handlung eigentlih zur Entwickelung gekommen ist. Wenn der dritte Akt den beiden vorhergehenden ebenbürtig wäre, so würde die Posse zu den besten gehören, die in neuerer Zeit auf den Bühnen erschienen sind. Den vermeintlichen Misllionär stellt Hr. Heder ganz vorzüglich dar, sein Freund Wuselih hat eine weniger bedeutende Rolle, in welcher

r. Ed. Weiß sein Talent nux in einigen Couplets in gewohnter Weise zur Geltung bringen kann. Die Parthie der Nichte paßt für Frl. Meyer vortrefflich, ihr find auch einige recht ansprechende Lieder, 3. B. Liebe ist Glü, zugefallen. Frl. Mejo erscheint nur vorüber- gehend im zweiten Aft in der lose eingewebten Rolle der duftig-zarten Frau Käsebier, die ihr aber Gelegenheit giebt, in dem Vortrag des Couplets „Jn dem Ton liegt es {on*, ihr Talent glänzen zu laffen. In den übrigen Rollen tritt noch Hr. C. Weiß als Banquier Jppel- meyer einigermaßen hervor; die anderen find nur unktedeutend. Die von Hrn. A. Michaelis arrangirte Musik ift gefällig; ein burleskes Quodlibet, aus den bekanntesten Opernmelodien zusammengeseßt und

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und für wissenschaftlihe Lehrerinnen 300 Thlr. zu verwenden. Die lärger als 20 Jahre angestellten Lehrer sollen möglichst sämmtlich in das Maximalgehalt, und der Rest der noch im Minimalgehalt stehen- den, bereits definitiv angestellten Lehrer in 600 Thlr. hiaaufrücken.

Im Jahre 1874 sind in Schweden 217 Aktiengesell- \chaften errihtet worden. Von diesen sind 10 Eifsenbahngesell- schaften, 135 pra und Fabuik treibende Gesellschaften, 2 sind Versicherungsgefellschaften, 2 Kreditaktiengesellschaften, 24 Rhederei- gesellschaften, 26 Handels- und Haushaltungsvereine; der Rest hat verschiedene andere Zwecke.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Berlin, 14. Januar. Die ,„National-Zeitung“ veröffentlicht an der Spiße ihrer heutigen Morgennummer eine Erklärung des Redacteurs Dr. Zabei, nah welcher derselbe wegen seines vorge- rücten Alters die verantwortliche Redaktion des Blatts heut dem Reichstags-Abgeordneten Dernburg übergeben hat, er selbst aber als Herausgeber der „National-Zeitung“ bei derselben thätig sein wird.

Wie der „St. A. f. W.“ vernimmt, ist es bei Professor Dr. Sigwart in Tübingen, welcher bekanntlich einen Ruf nach Leipzig bekommen, gelungen, denselben der Universität zu erhalten. Dagegen hat Professor Dr. Fricker an der staatswirthschaftlichen Fakultät, welchem gleichzeitig ein Ruf nah Leipzig zugekommen is, und mit welchem ebenfalls wegen seines Berbleibens in Tübingen Unterhand- lungen angeknüpft worden find, sich zu Annahme des Rufes ent- \chlofsen.

Der Komponist der „Siummen von Portici“ und des „Fra Diavolo“ soll ein Denkmal in Paris erhalten. Freunde Auber's haben fich zu diesem Ende von der Kommission des Konservatoriums getrennt, die damit betraut war, Auber ein seines Namens würdiges Grabmal herzustellen. Die Summen, die zu diesem Zweck einge- gangen sind, belaufen fih bisher nux auf 12,000 Francs. Der Her- stellungspreis des projektirten Monuments beträgt 25,000 Francs. Die erwähnten Freunde wollen nun auf dem Wege der Subskription unter den Verehrera Aubers den fehlenden Rest von 13,000 Francs auftreiben,

Das aus der Kathedrale von Sevilla vor Kurzem ent- wendete Gemälde „Der heilige Antonius“ von Murillo ift, na ciner Mittheilung der „Times“ aus New-York, dort bei zwei Spauiern, welche den Versuch machten, dasselbe zu verkaufen, mit Beschlag belegt. Das Gemälde, welches erhebliche Beschädigungen

erlitten hat, befindet si jeßt iu den Händen des spanischen Konsuls.

Im Lötschéenerthale (Kanton Wallis) sind folhe Schnee- massen gefallen, daß die Lavinengefahr den Briefträger 8 Tage lang in einem der Dörfer dieses Thales zurückhielt.

Gewerbe und Handel.

Die am 11. d. M.” abgehaltene Sißung des Börfsen- Kommissariats der Berliner Fondsbörse seßte eine Kom- mission nieder für Ausarbeitung des Entœurfes einer Geschäfts- ordnung. Gleichzeitig wurde eine Kommission ernannt zur Revision des amtlichen Courszettels, namentlih zur Erwägung, in wie weit es fich empfehle, die jeßt am Fuße des Coursblattes außLer- ordentlich notirten Papiere in den offiziell-n Theil aufzunehmen. An diese Sihung des Börsen-Kommissariats {loß fich eine Plenarsitzung der Sachverständigen-Kommission der Fondsbörse; man verständigte fich dahin, daß bei Ertheilung von Aufträgen an die Makler sowie in den resp. Rehnungen auch die Nominalsummen der auf „Thaler“ lautenden Werthe fortan in - Reichsmark geführt werden sollen; ferner sollen fortan nur Coursnotirungen zugelassen werden, deren Dezimalstellen durch 10 oder 25 theilbar find. Es folgte hierauf cine mehrstündige Revision der gegenwärtig in Kraft befindlichen „Bedingungen für die Geschäfte an der Berliner Fouds- bôrse", die zu verschiedenen, mehrfach materiellen Aenderungen des bisherigen Wortlauts derselben führte. Ehe dieselben aber dem Aeltesten-Kollegium zur Genehmigung und Publikation unterbreitet werden, foll eine nochmalige Diskussion darüber in einer neuen Sitzung stattfinden. A

Die in der kürzli abgehaltenen Generalversammlung der Potsdamer Brauerei (vorm. W. Höne) genehmigte Bilanz konstatirt für das verflossene Vereinsjahr einen Reingewinn von ca. 7200 Thlr. bei einem Aktienkapital von 335,000 Thlr. nnd 141,000 Thlr. Hypotheken. Es wurde beschlossen, diese 7200 Thlr. nicht zu

mit dem „Du und Du“ qaus der Fledermaus endigend, bildet den wirksamen Abschluß des zweiten Aktes. In denselben Akt ist auch ein Ballet mit geschmackvollen Gruppirungen eingelegt. Die beiden ersten Afte der Posse werden vom Publikum sehr anerkennend auf- genommen, und die Darsteller erfreuen sich für ihr treffliches Spiel des lebhaftesten Beifalls und häufigen Hervorrufs.

Octave Feuillets Schauspiel „Dalila ", welhes jüngst am Stadttheater in Wien in Scene ging, ift von Frl. Mathilde Venata für das hiesige Stadttheater angekauft worden und wird mit Kathi Frank und Hrn. Friedmann in Scene gehen.

Der Circus Nenz hat durch die neu arrangirte, prächtige Ausftattungs-Pantomime mit Ballet , Mazeppa “, welche jeßt mit „Aschenbrödel“ und der afrikanischen Jagdscene alternirend zur Auf- führung gelangt, eine erhöh‘e Anzichungskraft erhalten. Außer den längst anerkannten Kunstleistungen auf dem Gebiete der höheren Pfevdedressur sind die Produktionen des Indiers John Rogers beson- ders hervorzuheben. L

Dem Professor Klinkerfues in Göttingen ist am 8, d. M. nachstehendes Schreiben des Kastellans Heidorn von der deut- schen Expedition zur Beobachtung des Venus-Durchganges zuge- angen : e Solitude Union Vale Station (Mauritius),

10, Dezember 1874. Hochgeehtter Herr Professor! i: :

Wenngleich ich -Jhnen keine große Ausbeute senden kann, fo will ih doch Ihnen Nachricht geben, damit Sie sehen, wie es uns hier ergeht. Seit unserer Abreise von Aden (12. Oktober) hatten wir fast fortwährend mit trübem Wetter zu kämpfen, so daß wir gar nicht in den Tropen zu sein glaubten; eine Himmelsbeobahtung war gar niht auf dem Schiffe möglih. Südlih der Seychellen überfiel uns ein Sturm, welcher uns zwang, nordwärts zu dampfen und unscre Ankunft um zwei Tage verzögerte. Vor Bourbon (Insel war in Quarantäne) trafen wir Oudemans aus Batavia; hier angekommen, hatten wir Tag ‘und Nacht zu kämpfen und zu ar- beiten, um unsere Instrumente und Observatorien aufstellen zu können, während dem nun schon die Vorläufer der Regenzeit eintraten. Seit dem 15, November hatten wir absolut Lücken von ca. 10 Minuten Dauer ausgenommen trübes und Regenwetter mit alleiniger Ausnahme eines Abends und einiger Stunden an einem Vormittage. Mit Besorgniß sahen wir daher dem verhängnißvollen 9. entgegen. Seit dem 8. 11 Uhr Vormittags heftiger Regen; raubte urs jede Hoffnung, plößlich hellte es sih auf. Venus war schon vor der Sonnenscheibe, doch erhielten wir drei voll» ständige Säße Positionsbestimmungen (48 Einstellungen) und beim Austritt, wo es sich wieder bewölkte, den inneren Kontakt. Nun fing es wieder an mit Reguen, und vorbei war Alles, da es jeßt, 24 Stun- den später, noch regnet. Lord Lindsay hat ebenfalls die zweite Hälfte nur erhalten. Wir find gllüicklich, so viel erhalten zu haben, da bei dem herrschenden Regenwetter uns jede Hoffnung entshwunden. Stern- s{nuppen giebt es demnach auch nur wenige (nur 3 Abende). Die Abende des 27, November- und 2, 3, 4. und 8. Dezember waren durch Wolken helle Sternshnuppen sichtbar, die indeß nit einzu- zeichnen waren. Vom 13. und 15. November und 7. Dezember habe ih im Ganzen ca. 60 Einzeichnungen. Zodiakallicht nur einmal ge- schen, sonst immer trübe niht eingezeihnet. Mich bestens empfehlend, zeihnet achtungsvoll Heidorn.

vertheilen, sondern zum Rückkauf von Aktien der Gesellschaft im Nominalbetrage von mindestens 30,000 Thlr., jedoch nicht über 244, behufs Reduktion des Grunkkapitals zu verwenden, den Vorstand der Gefellschaft mit der Ausführung dieser Maßregel zu betrauen und, nachdem dies geschehen, die Aktien zu vernichten, so wie den Betrag von mindestens 30,000 Thlr. nach dem Ermessen des Aufsichtsrathes von dem Buchwerthe der Gesellschaftsobjekte abzuschreiben. Die Ein- tragung diefes Beschlusses in das Potsdamer Handelsregister ist in- zwischen bereits erfolgt.

Der dritte ordentliche Verbandstag der deutschen G e- werkvereine wird auf Beschluß des Centralraths zu Oftern d. J, in Leipzig stattfinden, i

Da der allgemeine Lieferungêtag der Geschäfte für den Ultimo des Januar auf den 1. nächsten Monats fällt, au diesem Tage aber in Wien die Ziehung der österreichischen 1860er Loose statt- findet, fo wird in Folge desscn und auf Grund an der Börse getroffe- n:r Vereinbarung das Liquidationsbu-eau die Skontirung der 1860er Loose und Ausgabe der Liefêrungszettel bereits am 29. bewirken, fo daß die effektive Lieferung nit am 1. Februar, sondern am 30. Ja- nuar mit Zinsen bis dahin ftattfindet.

London, 14. Januar. (W, T. B.) Die Bank vou Eng- land hat heute den Diskont von 5 auf 4 pCt. herabgeseßt.

Verkehrs-Anstalten.

Die Nrn. 2 u. 3 der „Zeitung des Vereins Deutsccher Eisenbahn-Verwaltungen“ haben folgenden Junhalt: Nr. 2. Verein Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen : Magdeburg-Halberstädter (Fisenbahn (Station , Räßzlingen), Breslau - Schweidniß - Freiburger Eisenbahn (Neppen-Cüstrin für den Wagenladungs-Güterverkehr er- öffnet). Der Bau der Berlin-Dresdner Eisenbahn. Die Gotthard- bahn. Vereinsgebiet: Deutsches Reich (das Eisenbahnpolizei-Regle- ment) 2c. Nr. 3 enthält einen Aufsatz zur Eisenbahntariffrage, ferner eine Bekanntmachung der geschäftsführenden Direktion des Ver- eins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen, nach welcher die 11,695 Kilom. lange Bahnstrecke von der preußisch-\ächsishen Landesgrenze bei Schkeudiß bis zum Bahnhof Leipzig nebst den dazu gehörtizen Nebengrundstücken u. st. w., welche bisher Eigenthum der Leipzig- Dresdener Eisenbahngesellshaft war, von der Magdeburg-Leipziger Eisenbahngesellschaft aber pachtweise benußt wurde, am 1. Januar d. I. in das Eigenthum leßterer Ges: llschaft übergegangen ist und der Be- trieb dieser Strecke nunmehr für alleinige Rechnung der Magdeburg- Leipziger Eisenbahngesellschaft geführt wird.

Die am 12. d. M. abgehaltene Sißung des Verwaltungs- rathes der Berlin-Anhaltishen Eisenbahn lehnte die Vor- lage der Direktion, welche eine Mehrbewilligung von 11 Millionen Thaler, und zuzüglich der bereits votirten 2 Millionen Thaler eine Geldbeshaffung von 13 Millionen Thaler in Prioritäten verlangt, ab. Der Verwaltungsrath gab der Direktion anheim, eine neue Vorlage zu machen, in welcher dem Interesse der Aktionäre durch Anwendung größt-r Sparsamkeit und Abstandnahme von allen Luxusbauteu mehr Rechuung getragen wird.

Eine Tour fahrt ist nach dem Droschken-R eglement jede Fahrt, deren Endziel vom Fahrgaste beim Befteigen der Dreschke angegeben und welche in ununterbrochener Fahrt auf dem kürzesten Wege erreicht werden soll. In Beziehung auf diese Bestimmung ent- schied das Kammergericht in seiner Sißung vom 5. d. M. bei mehreren zur Verhandlung gelangten Untersuchungssachen, daß {ede Unterbrechung einer Tourfahrt, mag diese noch so kurz sein, dieselbe beendigt und die neu beginnende Fahrt als eine neue Tourfahrt vom Kutscher berechnet werden darf. Es ist demnach in Fällen, in welcen der Fahrgast seine Fahrt für kurze Zeit unterbrechen will, am ge- rathensten, von vornherein nah der Zeit zu fahren. ;

Die Linie der neu zu erbauenden Wei chselbahn ist nun- mehr tefinitiv festgestellt. Dieselbe führt von der Station Kowol der Kiew-Brestec Eisenbahn über Lublin, Jwangrod, Warzchau, Nowoge-crgewsk und Mlawa bis zur preußishen Grenze, und es zweigen sich von ihr folgende Zweigbahnen ab: 1) von der Station Iwangrod bis zur Station Lukow der Warschau-Terespoler Bahn: 2) von der Station Nowydwor bis zur Festnng Nowogeorgewsk; 3) von der Station Praga bei Warschau bis zu dem Bahnhofe der Petersburg-Warschauer und der Warschau-Tereéëpoler Bahn.

Bern, 12. Januar. Der Verwaltungsrath der St. G ott- hard-Bahn hat heute beschlossen, die Einzahlung der dritten Rate von 20% auf die Aktien der Gotthard-Bahn bis Ende März d. J, einzufordern.

Dié Blätter für literarisGe Untertha tung. herau3gegeben von Rudolph Gottschall (Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig), die im Jahre 1868 ihr fünfzigjähriges Jubiläum feierten, haben mit dem Jahre 1875 ihren sievenundfünf- zigsten Jahrgang angetreten. Die Zeitschrift will ein deutsches „Athenaeum“ sein und bethätigt dieses Streben durch eine ers{chöpfende Revue der neuen s{önwissenschaftlichen und philosophischen Werke, sowie durch cingebende Kritik der hervorragenden geschichtlichen, na- turwissenschaftlichen, pädagogischen und militärishen Schristen : eine Revue und Kritik, die bei gerechter sachlicher Würdigung sich doch in einer gefälligen Einkleidung giebt und dur zahlreich mitge!heilte Proben, besonders aus den neuen Dichtwerken, dem Bedürfniß literarischer Unterhaltung volle Rechnung trägt. Bei der Ueberproduktion auf allen Gebieten der Literatur, welhe für das Publikum ohne kritische Beihülfe kaum eine Sichtung zuläßt, erweist sih diese mit kritischer Unparteilichkeit prüfende und sichtende Zeitschrift als ein willfom- mener Leitfaden für die Lektüre. Unter der Leitung ihres bewährten Herausgebers werden die „Blätter für literarishe Unterhaltung“ alle neuen Erzeugnisse der Literatur sicher, wie bisher, mit frischer Theil- nahme begleiten.

Prozeß Ofenheim.

Wien, 13. Januar, Mittags. (W. T. B.) Die Verlesung der auf den Bau der rumänischen Linie bezüglichen Aktenstücke wurde in der heutigen Sißung fortgeseßt. Unter denselben ist namentlich das Protokoll über die Vernehmung des als" Zeugen adhibi:ten früheren rumänischen Minister - Präsidenten Gogolnitsheanu hervorzuheben, welcher darin angiebt, daß die rumänische Regierung und die Depu- tirtenfammer s{chwerlich einer anonymen Gesellschaft die Konzession für die Bahn Suczawa-Jassy ertheilt haben würden. Durch einen ebenfalls verlesenen Brief des Fürst-n Ghika wird diese Angabe be- stätigt. Der Angeklagte führte darauf zu feiner Vertheidigung aus, Daß es nur durch seine Bemühungen gelungen sei, die Konzession für die rumänische Bahnlinie zu erwerben. Ofenheim ließ si sodann über das mit dem“ Banquier Julius Ritter in Berlin fkontrahirte- Prioritätsanlehen vernehmen und wies darauf hin, daß der Abschluß desseïiben unter sehr günstigen Bedingungen erfolgt sei. Ein Beweis dafür sei, daß Richter am Tage nachher Reugeld angeboten habe, was aber abgelehnt wor- den sei. Der Staatsverwaltung sei erst nah Abschluß der Anleihe von der Aufnahme derselben Kenntniß gegeben. Ofenheim gab ferner an, er sei von Richter ermächtigt worden, einen Theil der Obli- gationen an die Engländer gegen eine Provifion von 2% zu begeben, welche zwischen dem Londoner Hause Ziegler und den Beamten Ofen- heims getheilt werden sollte. Das Generalverhör des Angeklagten wurde damit beendigt. Unter den Aktenstücken, welche nachher noch zur Verlesung gelangten, ist besonders das Protokoll über die Ver- nehmung des Bankiers Julius Richter von Crheblichkeit. Nach den Angaben des Leßteren hat Ofenheim selbst von dem Anleihegesch äfte feinen Vortheil gehabt.

Beil Redacteur: F. Prehm. * Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W, Elsner.

Drei Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage.)

E ei Li T S T ESR T Et T A E A rers H B d E S c ti in R E E E E A S E L E E E Ei

Erste Beilage

zum Deuischen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Slaais-Anzeiger.

Neichstags - Angelegenheiten,

Berlin, 14. Januar. In der Sißung des Deutschen Reichstags am 12. d. M. in der Diskussion über den Geseß- Entwurf, betreffend die Beurkundung des Personenftandes und die Form der Eheschließung, erwiderte der Königlich bayerische Bundesbevollmächtigte, Staats-Minister der Iustiz Dr. v. ustle, dem Abg. Haut:

Meine verehrten Herren! Es i} in der vorliegenden Sache die Haltung der bayerishen Staatsregierung mannigfachen Vorwürfen ausgeseßt gewesen, und ich erlaube mir, zur Entgegnung einige Worte zu erwidern.

Vor allen Dingen Einiges über den Vorwurf, daß die bayerische Regierung Konkordatsbestimmungen verleßt hat. Sie werden es be- greifli finden, wenn ein bayerisher Minifter niht blos das Kon- kordat allein im Auge behält, sondern wenn er auch einen weiteren Theil der bayerischen Verfassungsurkunde, der ganz das gleiche geseßz- liche Ansehen genießt, nämlich das zweite Edikt mit berüdfihtigt. Ueberdies ist die Stellung, welche das Konkordat in der bayerischen Verfassung hat, in dem zweiten Edikte auf eine ganz unverkennbare Weise bezeihnet. Jch erinnere an den Schlußsaßz des zweiten Edikts, und insbesondere an die Worte:

In Ansehung der übrigen inneren kirchlichen Ange- legenheiten sind die weiteren Bestimmungen in Beziehung auf die katholische Kirhe in dem mit dem päpstlihen Stuhle abge- schlossenen Korkordate vom 5. Iuni 1817 und in Beziehung auf die protestanti\he Kirche in dem hierüber unter dem heutigen Tage erlassenen eigenen Edikte enthalten.

Und was sagt nun das zweite Edikt über den fraglichen Gegen- stand? Das zweite Edikt besagt im §. 64:

__ Zur Beseitigung aller künftigen Anstände werden nah solchen

Beziehungen als weltliche Gegenstände erklärt:

d. Ehegeseße, insofern sie den bürgerlichen Vertrag und dessen Wirkungen betreffen.

Endlich ist auch noch S. 38 des zweiten Edikts zu beachten :

Jeder genehmigten Privat- oder öffentlichen Kirchengesellschaft kommt unter der obersten Staatsgufsicht rah“ den im dritten Ab- schnitt enthaltenen Bestimmungen die Befugniß zu, uach der Formel und der von der Staatsgewalt anerkannten Verfassung ihrer Kirche alle inneren Kirchenangelegenheiten zu ordaen. Dahin gehören die Gegenstände: Litt, h. der Ausübung der Gerichts- barkeit in rein geistlihen Sachen, nämlich des Gewissens oder der Erfüllung der Religions- und. Kirchenpflichten, nah ihren Dogmen, symbolishen Büchern und darauf gegründeten Verfassung.“

, Auf Grund dieses Verfassungsrechtes hat die bayerische Staats- regierung in der Pfalz, obwohl dort das Konkordat ebenso gilt, wie im diesseitigen Bayern, die dortigen weltlichen Ehegerichte niemals aufgehoben. In der Pfalz erkennen seit dem Jahre 1818, seit dem Bestehen der bayerischen Staatsverfassung, die Bezirksgerichte in den bürgerlichen Beziehungen der Ehe als Ehegerichte ebenso wie in allen anderen bürgerlihen Rehtssachen, uud das bis{chöfliche Gericht ift lediglich pro foro conscientiae thätig. Wenn es in den Kreisen rechts des Rheines noch bei der alten Uebung verblieben i}, wenn es die Staatsregierung vorerst dabei belassen hat, so hat das seinen Grund vorwiegend in dem Umstande, daß bisher die Eheschließung in Bayern auf kou- fessioneller Grundlage geordnet war. Jett aber, wenn die bürger» lie Eheschließung eingeführt wird, ist die Trennung der Gerichts- barkeit unvermeidlih in die weltliche Gerichtsbarkeit auf der einen Seite in Bezug auf die bürgerlichen Wirkungen, in die geistliche Gerichtsbarkeit andererseits hinsihtlih des sakramentalen Charakters des Ehebandes gemäß der fatholishen Lehre und in Bezug auf die Fragen des Gewissens. Meine Herren, es ist gar nicht an dem, daß die firhliche Gerichtsbarkeit in den rein geistlihen Sachen durch den vorliegenden Geseßentwurf irgendwie ausgeschlossen werden soll. Die firch- liche Gerichtsbarkeit bleibt nah wie vor in denjenigen Gebieten bestehen, welche auf den sakramentalen Charakter des Ehestandes sich beziehen. Es verbleibt der Kirche das Entscheidungsrecht mit der für das Ge- wissen ihrer Angehörigen maßgebenden Wirkung. Nichts liegt dem gegenwärtigen Geseße ferner, als diese Richtung der Gerichtsbarkeit zu beseitigen. :

…__Ich glaube mi auf diese kurzen Andeutungen beschränken zu dürfen, denn Sie werden darin mit mir einverstanden sein, daß eine solche Frage des inneren Landes-Staatsrehts, daß die Verantwor- tung einer Staatsregierung für ihr Votum im Bundesrathe an die- ser Stelle kaum mit Erfolg ausgetragen werden kaun. Die baye- rishe Regierung wird auch in diejem Falle für ihre Handlungen in München eben fo Rede stehen, wie sie bisher si niht gescheut hat, jede Verantwortung für ihre Handlungen zu tragen.

Meine Herren, in dem gegenwärtigen Stadium der Sache scheint es sich mir eigentlich nur darum zu fragen: Stehen wir auf dem Boden der Reichsverfassung oder nicht? Jst für den vorliegenden Gegenstand die Reichszuständigkeit gegeben ? Diese Frage wird kaum mit Grund verneint werden können. Es ist in der bayerischen Presse in den leßten Tagen dieser Gegenstand viel erörtert worden, und ih habe in den heutigen Erörterungen der geehrten Herren Vorredner gleichfalls Ankiänge diefer Expektorationen vernommen. Es wird der bayerischen Staatsregierung dex Vorwurf gemacht, dadurch daß sie diesem Gesche zustimme, verletze sie die bayerische Verfassung.

Meine Herren, dieser Vorwurf hat heute gegenüber der Reichsverfas- sung keine richtige Spiße mehr. Jch glaube, behaupten zu können, mit dem- selben Rechte, mit dem man sagen kann, der vorliegende Gefelzentwurf ver- leßt die bayerische Verfassung, mit demselben Rechte kann man sagen,

edes Reichsgeseß verleße die bayerishe Verfassung. Denn jedes

eis geseß, meine Herren, ist ein Eingriff in die bisherigen Ver- fassungen der einzelnen Bundesstaaten. Durch die Reichsgeseßgebung ist ein Theil der Landecsgeseßgebung absorbirt. Das ist ja eine un- vermeidliche Konsequenz der Reichsverfassung, und diese Konsequenz müssen wir tragen; denn die Reichsverfassung ist eben auf konftitu- tionellem Wege in den einzelnen Staaten zur Annahme gelangt.

Man hat zunächst die Sache dahin zu wenden gesucht, als ob hier ein bayerisches Reservatrecht in Frage stehe. Gewiß mit Unrecht! Es soll eine Verleßung des bayerischen Reservatrechts vorliegen in dem S. 38 des Entwurfs. Jh bitte Sie, nur einen Bli iu die Mo- tive zu werfen. Jn den Motiven zum §. 38 ist ausdrücklich erwähnt:

Die verfassungsmäßig gewährleisteten Vorbehalte für das Ks-

nigreih Bayern in Nr. 11. §. 1 des Versailler Bündnißvertrages

vom 23. November 1870 und in Nr. L. des Schlußprotokolls von demselben Tage werden durch das gegenwärtige Gesetz selbstver- ständlih nicht berührt. :

Man hätte das, meine Herren, ebensogut in den Tenor des Ent-

wurfes schreiben können; aber ich halte das für absolut unnöthig; und zwar deshalb, weil, fo layge ein bayerishes Reservatreht nit durch speziellen Akt der Reichs eseßgebung mit Zustimmung Bayerns abgeändert ist, es sih von selbst versteht, daß die Zuständigkeit der ie ONBeleboevig auf diejenigen Gebiete sich von vornherein gar nit erstrecken kann, wel e Gegenstand des bayerischen Reservat- rechtes sind. Jch halte es eigentlich für korrefter, daß der Entwurf dies en Weg eingeschlagen hat. Die Art. 43 bis 46, meine Herren, können gleichfalls keine Ver- leßung eines bayerishen Reservatrehtes sein. Jch bitte Sie, in dieser Beziehung nur gleichzeitig auch den §. 73 des Entwurfes zu beachten, welcher in Al. 2 die Bestimmung enthält :

Wo die Zulässigkeit der “Ehe nah den bestehenden Landes- geseßen von einem Aufgebote abhängig ist, welches duxch andere

Berlin, Donnerstag, den 14. Januar

bürgerliche Beamte als die Standesbeamten vollzogen wird, ver- tritt dieses die Stelle des von den Standesbeamten anzuordnenden Aufgebots.

Diese Bestimmung ist getroffen im Junteresse Bayerns; sie ist getroffen, um jede Acnderúng des gegenwärtigen bayerischen Verhält- nisses und jede Aenderung der bayerischen Gemeindegeseßgebung dadurch zu beseitigen. Ih werde hier im Namen der verbündeten Regie- rungen wohl betonen dürfen, daß gar Niemand an irgend eine Ver- leßung des für Bayern in Bezug auf Heimaths- und Niederlassungs- verhältnisse und in Bezug auf das polizeiliche Verehelichungswesen bestehenden Sonderrechts gedacht hat und denken wird.

Was dann die weitere Frage betrifft, ob wir uns innerhalb der Zuständigkeit der Reichsgeseßgebung bewegen, so, meine ich, kann über diese Frage beim materiellen Eherecht fein Zweifel bestehen, es ift aber auch bei der Gerichtsbarkeit kein begründetes Bedenken möglich. Durch Artikel 4 Ziffer 13 der Reichsverfassung ist das gerichtliche Verfahren ohne Ausnahme zum Gegenstand der Reichsgeseßgebung gemacht. Hierunter gehört die Feststellung der sachlichen Zuständigkeit der Gerichtsorgane und das Verfahren selbst. Es muß, wenn eine Gemeinsarmkeit erzielt werden foll, wenn niht blos für die Proteftan- ten, fondern auch für die Katholikèn eine gêmeinsame GBeseßgebung in Bezug auf das bürgerliche Cheverfahren erzielt werden foll, die Reichsgeseßgebung sich der Frage: annehmen,

Ich bitte Sie, aber auch noch eine andere Seite zu beachten, zum Verfahren gehören auch die Bestimmungen über die prozeßrecht- lichen Wirkungen der Urtheile, Die Geseßgebung über das bürger- liche Verfahren hat daher auch die Befugniß, über die Wirkfamfeit und Anerkenuung derjenigen Urtheile zu bestimmen, welche von Son- dergerihten erlassen werden. Wohin ih blicke, ist nach meinem Dafürhalten von einer Verleßung der bayerischen Verfassung, soweit sie aufrecht erhalten is, und am allerwenigsten von einer Verleßung eines bayerishen Reservatrechtes die Rede.

Meine Herren, ich will Sie mit einer Erörterung der Bedürfniß- frage in dieser vorgerückten Stunde nicht weiter behelligen; ich könnte Ihnen auch Beispiele anführen ‘aus ‘allerneuester Zeit, durch welche ein Nothstand auch für Bayern illustrirt werden würde. Allein 2 verzichte vorerst hierauf. Das vorliegende Gesetz i einfa das Produkt der durch die Zeit geschaffenen ‘neuen Verhältnisse, In die heutige Geseßgebung über Staatsbürgerrecht, über Freizügia- keit, in unsere heutigen Verkehrsverhältnisse, zu den Grundsäßen des modernen Staates hinsichtlih der Glaubvens- und Gewissensfreiheit seiner Angehörigen passen die gegenwärtigen Ehegeseze nicht mehr. Bei den Zuständen, wie sie gegenwärtig bestehen, sind Staat und Kirche fortwährenden Jrrungen preisgegeben. Die bayerische Staats- regierung ih kann das wohl aussprechen hat in dieser Frage Nebenrüsichten ganz bei Seite gelassen; die entscheidende RüæÆsiht war und ist für fie, daß die Kirche und der Staat bei der bisherigen Vermischung ihrer Befugnisse fich übel befunden haben, und daß nur dann Frieden werden wird, wenn die Befugnisse der beiden Gewalten durch möglichst gerecht gezogene und bestimmte Grenzen auseinander gehalten werden. Jn dem Momente, wo diese Grenzbestimmung ge- lungen ist, werden wir dem Frieden näher gerüdckt sein, den jeder Patriot wünschen muß.

Es bestehen deutscherseits zur Zeit fünf Auslieferun gs- verträge mit dem Königreiche Belgien, nämlich: 1) für das Gebiet des vormaligen Norddeutschen Bundes: der Vertrag vom 9. Februar 1870, ausgedehnt auf El\cß-Lothringen zufolge Deklaration vom 11. September 1872; 2) für das Königreich Bayern: der Vertrag vom 17. Oktober 1869 nebst Nachtragsübereinkunft vom 30. Dezember 1870; 3) für das Königreich Württem- berg: der Vertrag vom s. Juni 1870; 4) für das Großherzog- thum Baden: der Vertrag vom 9. November 1869; 5) für das Großherzogthum Hessen, in foweit. es nicht zum Nord- deutschen Bunde gehörte: der Vertrag vom 13, - Funi- 1870. Diese Verträge weichen sowohl unter fich als auch insbesondere von dem Vertrage des Norddeutschen Bundes mannigfah ab. Die hieraus folgende versbiedenartige Behandlung der Auslieferungsfälle entspricht ebensowenig der Einheit des Reiches in seiner Stellung nah außen, als der inzwischen begründeten Einheit des Deutschen Strafrechts. Es erschien daher wünschenswerth, an Stelle der Einzelverträge einen einzigen neuen Vertrag für das Reich treten zu lassen, wie solches bereits Jtalien, Großbrifannien und der Schweiz gegenüber dur die Verträge vom 31. Oftober 1871, 14. Mai 1872 und 24. Januar 1874 geschehen ist. Die belgishe Regierung ist auf diesen Wunsch bereits willig eingegangen, und es haben die mit ihr gepflogenen Verhand- lungen zu dem Abschlusse des vorliegenden Vertrages, welcher am 24. Dezember 1874 in Brüssel unterzeichnet worden ist, geführt. Von deutscher Seite war als Grundlage der für den größten Theil des Reichs in Wirksamkeit stcheude und während feiner bisherigen Dauer im Allgemeinen bewährt befund-ne Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde und Belgien aufgestellt worden, unter Aufnahme verschiedener Bestimmungen aus den süddeutschen Verträgen und unter Berücksichtigung der Aenderungen, welche dur ch das inzwischen in Kraft getretene Reichs-Strafgeseßbuch, insbesondere die abweichenden Begriffsbestimmungen des leßteren geboten erschienen.

Belgischerseits war dagegen dem neuen belgischen Auslieferungs- geseße (Loi sur les extiaditions) vom 15. März 1874 Rechnung zu tragen, als einer Schranke, an weiche die Königlich belgische Regie- rung fih bei Abschluß von Auslieferungsverträgen gebunden sicht.

Der am 24. Dezember v. J. abgeschlossene Auzslieferungsvertrag ist jeßt dem Reichstage zur Genehmigung vorgelegt worden.

Die Bankgeseßkommission hat gestern ihre Thätigkeit beendet,

ZU H. 10 des Regierungsentwurfs, welcher die Bedingungen aus- spricht, unter welchen die Entziehung der Befugniß zur Notenausgabe erfolgen foll, wurde ein Antrag des Abg. Dr. Lasker angenommen, dahin gehend, daß die Konzessionsentziehung auch dann erfolgen oll, wenn Banken den §8. 17 und 18 des Regierungsentwurfs zuwider- handeln, d. h. wenn fie außerhalb der threr Wirksamkeit gezogenen Grenzen Geschäfte treiben. Ferner wurde ein Antrag angenommen, nah welchem dem Reichskanzler die Ermächtigung ertheilt wird, soweit die Antheilsscheine der Reichsbank etwa nit begeben werden sollten, dafür Schaßscheine auszugeben. In Betreff der an Preußen wegen der Reichsbank zu zahlenden Abfindung wurde die Bestimmung gestrichen, daß die- selbe „zunächst aus dem Emifsionsgewinn der neu zu begebenden An- theile der Reichsbank zu decken fei." Bei den Strafbestimmungen wurde ein Zusaß aufgenommen, welher harte Strafen für den Ver- trieb ausländischer auf Reichswährung lautender Noten androht. Einen großen Theil der heutigen Sißung nahm die Diskussion über die Vertheilung des ungedeckten Notenbetrages ein. Abg. Dr, Bam- berger beantragte den in dem Entwurf für die Reichsbank ausge- seßten Betrag von 250 Millionen Mark auf 300 Millionen Mark zu erhöhen. Dieser Antrag wurde jedoch mit allen gegen 5 Stimmen abgelehnt. Eine Reihe von Anträgen lag zu der von dem Entwurf vor- gesYlageneu Vertheilung des für die Privatbanken bestimmten ungedeckten otenbetrages von 130 Millionen Mark vor. Abg, Sonnemann wollte diefen Betrag auf 150 Millionen erhöht und das Plus auf die Bremer, die Frankfurter, die Leipziger, die Sächsische, die Hannös- versche und die Lübecker Bank repartirt wissen. Das Gleiche bezweckte ein von dem Abg. Mosle gestellter Antrag, nur daß derselbe die Ver- theilung selbst dem Bundesrathe überlassen wollte. Für den Fall der Ablehnung dieser Anträge hatte der Abg. Georgi den eventuellen Antrag gestellt, die 98 Millionen Mark, welche die Privatbanken nach Abzug des für die bayerishe Bank bestimmten Betrages erhalten sollen, für das erste Jahr um 20 %, für das nächste Jahr um 10% zu

1875.

erhöhen undalso-erst im dritten Jahre auf die in der Vorlage vorgeschlagene Summe von 130-Millionen zu kommen. Endlich beantragte noch der Abg. Schröder-Lippstadt, die Hälfte der 130 Millionen nah der Be- völferungsziffer des Territoriums, für welhes ursprünglich das Noten- emissionsreht verliehen worden, und“ die andere Hälfte nach dem der vom Bundesrath aufgestellten Repartitionéliste zu Grunde liegenden Maßstabe des bisherigen durchschnittlihen Notenumlaufs zu ver- theilen, Nach langer Debatte wurde der Antrag Mosle gegen 5, der Antrag Sonnemann gegen 6 und der Antrag Georgi gegen 4 Stim- men abgelehnt. Es bleibt also bei den 130 Millionen Mark.

Die Gewerbe-Ordnungs-Novelle ist im Reichstage augenblicklich Gegenstand der Verhandlung einer freien Kommission, welcher u. A. die Abgeordneten v. Unruh (Magdeburg), Jacobi (Lieg- niß), Oppenheim, Schmidt (Hamburg), Blum (Heidelberg), Ater- mann angehören. - Man hat kürzlich die Hamburger Gewerbe-Ord- nungs-Novelle diskutirt und abgelehnt, und ift bebt im Begriff, über den Lehrlingsvertrag Grundsäße aufzustellen. Am Sonnabend kamen die auf Reformen in der Gewerbe-Ordnüng gerichteten Petitionen in der Petitionskommission zur Berathung. Es lagen 261 Petitionen vor, welche von 469 Vereinen und Innungen und ca. 1300 Privatpersonen unterschrieben waren. Die Korporationen, welche unterschrieben, gaben die Zahl ihrer Mitglieder zu ca. 46,000 an. Der zugezogene Regierungs- Komnmiissar, Geheimer Regierungs-Rath Nieberding, erklärte, daß bei dem Reichskanzler-Amte Arbeiten ftatistisher und fonstiger Art bereits über die gewerblichen Schiedögerichte, Sicherung der Vertrag? verhält- nisse, Frauen- und Kinderarbeit, Aufsichtsinstanzen über das Fabrik- wesen, gewerbliche Hülfskassen, Lehrlingswesen und Fabrikarbeiterthum iltn Gange seien; ob noch andere Fragen in den Kreis der Erörterun- gen gezogen würden, könne er augenblicklich nicht sagen, die Regierungen aber hätten den ernsten Willen, die ganze Angelegenheit weiter zu verfolgen und, foweit es geboten er- scheine, zum Abschluß zu bringen, wie das hon der Prä- sident drs Reichskanzler-Amts auf die Ackermannsche Interpellation versichert habe. Die in der Sache bestellten Referenten Struckmann (Osnabrück) und Mayer (Donauwörth) s{lugen vor, daß Bericht an das Haus zu erstatten und bei diesem zu beantragen sei: „der Reichs- tag wolle beschließen, in Erwägung, daß- nah der Erklärung des Re- gierungs-Kommissars die Reichsregierung mit den Erhebungen bezüg- lih der hier fraglichen gewerblihen Verhältnisse in eingehender Weise sich beschäftigt und die geseßliche Regelung derselben ihrer Erwägung unterliegt, die Petitionen dem Herrn Reichskanzler als Material zu Überweisen, zuglei mit dem-Ersuchen, möglichst bis zur nächbsten Session des Reichstages die betreffenden Arbeiten zum Abschluß zu bringen und das Resultat derselben dem Reichstage vorzulegen.“ Der Abgeordnete Dr, Banks ftellte den Antrag entgegen: „Die Petitionen für nit geeignet zur Erörterung im Pleno zu erklären, da die angeregten Fragen nah den Mittheilungen des Herrn Kommissars des Reichskanzler-Amts zur Zeit von den Regierungen eingehend geprüft werden.“ In der De- batte wurde hervorgehoben, daß das ‘von den Referenten jeßt vorge- \chlagene Votum den Petenten wesentli günstiger laute, als die Vota der Petitions-Kommission aus früheren Sessionen, welche mit Ueber- gang zur Tagesordnung die Petitionen beantwortet wissen wollten. Gs betheiligten fich an der Debatte außer den obbenannten Antrag- stellern die Abgg. Ackermann, Albrecht und Moufang. Der Antrag Banks wurde abgelehnt und sodann der Antrag der Referenten ange- nommen.

Der Direktor des Kreisgerihis zu Breslau, Geh. Justiz Rath Abgeodneter Wahl er, feierte am 12, d. M. sein 50 jähriges Amtsjubiläum. Der Jubilar ift bekanntlich seit vielenJahren Mitglied des preußischen Abgeordnetenkreises. Auch in den Reichstag wiederholt berufen, hat er do bei der Neuwahl auf die Wiederaufftellung ver- zichtet. Aus der Mitte des Reichstages wurde folgendes Telegramm an denselben abgesandt: „Unserm bewährten Freunde Wab ler, dem treuen Volkévertreter, dem altbewährten Veteranen des Nichterstandes, wünschen wir auf das Herzlichfte Glück zum fünfzigjährigen Amtsfsub läum.*“ Unter- zeichnet ist däs Telegramm von den dem Jubilar befreundeten Prâ- sidenten des Reichstages v. Forckenbeck und des Abgeordnetenhauses N Dot sowie von einer großen Anzahl Mitgliedern des Reichs» ages.

Statistische Nachrichten.

__ Die Nummern 1 und 2 Jahrgang 1875 der „Statifsti- schen Correjpondenz*, herausgegeben vom Königlich preußischen Statistischen Bureau (Dr. E. Engel), enthalten folgende Aufsäße: Zur Statistik der Preise und Löhne in Württemberg. Die britische Landarmee im Jahre 1872, —— Die Produktion der Bergwerke im Deutschen Reiche. Die Bibliothek des Königlichen statistischen Bureaus in Berlin.

Nach dex Uebersicht déèr Rhederei Hamburgs im leßten Jahre umfaßte dieselbe 429 Schiffe mit 101,580 Tonnengelaß, 1874: 411 Schiffe mit 90,965 Tonnengelaß, 1873: 402 Schiffe mit 79,842 Tonnengelaß, 1872: 406 Schiffe mit 76,879 Tonnengelaß. Den größten Umfang hatte Hamburgs. Rhederei im Jahre 1865, nämlich: 939 Schiffe mit 83,710 Last. Es hatte somit allerdings die Zahl der Schiffe um 110 abgenommen, indeß war der Rauminhalt um ca. 18,500 Last gestiegen. ; :

Die Zahl der Exemplare von inländischen Zeitungen, welche in den ersten neun Monaten des Jahres 1873 in Wien ab- geseßt worden find, betrug den jeßt vorliegenden Ausweisen zufolge 72,194,413; diefe Zahl ift in der gleichen Zeit des Jahres 1874 auf 66,135,024, also um 6,059,389 -= 8} % gefallen; die Zahl der aus- wärtigen Zeitungen ist von 728,399 auf 520,876, also um 207,523 Stück = 28} % gefallen. No bedeutender ist aber die Abuahme der Anzeigen. Es find die größeren Anzeigen, welche 2 Kr. Steuer zahlen, von 1,392,447 auf 675,522, also um 716,442, die kleineren Anzeigen, welche 1 Kr. Steuer zahlen, von 872,051 auf 349,420, also um 522,131 gefallen; es haben also die ersteren 514 %, die leßteren sogar um 60% abgenommen. Dagegen haben andererseits die Ein- nahmen des Staates aus dem Promessenstempel und aus dem Spiel- kartenstempel Fa Renn und zwar bei ersterem um 48} %, bei leßterem um 72 %.

Getverbe und Handel.

Zu den Quistorpshen Gesellschafts - Konkursen. Die Bestrebungen des Hrn. Heinrich Quistorp, vorerst den Konkurs der Vercinsbank Quistorp & Co. dur volle Befriedigung der Gläu- biger, sowohl an Kapital wie an Zinsen, auf dem Wege des Akkor- des zu beseitigen und das bedeutende Gesellshaftsvermögen im JIn- lereite der Kommanditisten voll zu verwerthen, sind dadur unterbrochen worden, daß das Königliche Kammergericht seine Beschwerde gegen das Königliche Stadtgericht zurückgewiesen hat. Hr. Quistorp ift dadur genöthigt, die Vermittelung der weiteren Instanzen anzurufen. Die Stadtgerichtliche E in 4 Ws auf die zweite Kommandit- gesellschaft, die Weftend-Gesellshaft Quistorp & Co.,, welche auch zu einer Reklamation geführt hat, wird jeßt ebenfalls sofort auf dem Wege der Beschwerde an das Kammergericht gelangen resp. die wei- teren Instanzen betreten. l

Die Hopfeneinfuhr in England hat im vorigen Jahre einen wesentlichen Zuwachs erfahren. Der Werth dersclben belief ih auf 930,893 Pfd. Sterl. gegen 604,817 Pfd. Sterl. in 1873. Der Werth der im vorigen Jahre aus dem Vereinigten Königreich exp or- tirten Pferde betrug 205,264 Pfd. Sterl,, gegen 177,262 ee ' Sterl. im Jahre 1873. Der deklarirte Werth der nah Frankreich gesandten Pferde belief si allein auf 74,075 Pfd, Sterl.