Da ied L E E N T T
S
feld, Professor in Göttingen. Jn der Sektion der klassischen Philo- logie: Herrmann Sauppe in Göttingen.
In der Ostschweiz liegen bis in die Thalschaften herab ge- waltige Schneemassen. Im St. Galler Oberland, im Obertoggen- burg und Gasten kommen die Gemsen, um fich ihre Nahrung zu suchen, bis zu den Dörfern.
Land- und Forstwirthschaft.
Behufs Abwendung der Gefahren, welche dem deutsccn Weinbau dur eine Verbreitung der sogenannten Reblaus drohen, bat der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten unterm 24. v. M. folgende Verfügung an die Königlichen Regierungen erlassen:
Schon dur frühere diesseitige Verfügungen sind die Köriglichen Regierungen von den Verwüstungen in Kenntniß gescßt worden, welche die Reblaus (Phylloxera vastatrix) in den Weinbergen Süd- frankreihs, besonders im Rohnethal, angerichtet hat, und anzurichten fortfährt. Seitdem, haben diese Verwüstungen uiht nur in Fraufreich eine immer größere Ausdehnung erlangt, fondern das schädlide JInsekt hat sich neuerdings auch in dem »sehr umfangreichen Versuhsweinberge der Obst- und Weinbau-Lehr- anstalt zu Klosterneuburg bei Wien gezeigt und im Laufe des leßten Sommers derart um si gegriffen, daß die österreichische Regierung sich zur gänzlichen Vernichtung aller in diesem Weinberge gepflanzten Reben und zur Desinfizirung des Bodens hat entschließen. Ob durch ties fo energische Mittel dem Uebel Einhalt gethan werden wird, ist nah den in Frankreich bisher gemachten Erfahrungen zweifelhaft und deshalb um so dringender geboten, der Bildung von Verbreitungs- heerden des Jusekts, im Inlande entgegenzuarbeiten, Dasselbe soll seine Zerstörungen auch schon in der Schweiz, namentlich bei Genf, begonnen haben. :
Dbwohl diese Verhältnisse {hon vor längerer Zeit die Aufmerk- samkeit der Reichsregierung auf fih gezogen und ein unbedingtes Ein- fuhrverbot von Weinreben über die Grenze des Reichs zur Folge ge- habt haben, erscheint es doch als eine dringende Pflicht der Preußi- schen Behörden, auch ihrerseits mit allen zweckdienlihen Mitteln dar- auf hinzuwirken, daß die in der Einschleppung und Verbreitung des Insekts liegende Gefahr von dem Deutschen Weinbau abgehalten und zu diesem Behuf :
1) die Betheiligten über die drohende Gefahr und die zu deren Abwendung erforderlichen Maßregeln äußerster Vorsicht aufgeklärt, sodann verpflichtet werden, von jeder Wahrnehmung, welche auf das Vorhandensein des Insekts deutet, ungesäumt Anzeige zu machen;
_2) dieselben veranlaßt werden, namentlich den fogenannten ameri- kanischen (aus Amerika) importirten Weinreben die größte Aufmerk- samkeit zuzuwenden.
7 Ich bemerke, daß an solchen Weinreben, welche bercits vor 8 Jahren in Annabsrg bei Bonn gepflanzt wurden (nit, wie die öffentlichen Blätter mittheilen, in einem Weinberge, sondern in der dortigen Baumschule), sih bei einer auf meine Veranlassung ange- stellten Untersuchung an den Wurzeln in großer Zahl Insekten gezeigt baben, welche von mehreren Gelehrten als phylloxera vastatrix be- stimmt worden find. Es hat mich dies veranlaßt, umfassende Unter- suhungen der amerikanishen Weinreben einzuleiten, und werden die Resultate seiner Zeit mitgetheilt werden.
Es genügt nicht, sorgfältig darüber zu wachen, daß eine Ein- s{chleppung kranker Reben nicht stattfinde, sondern es thut vor allen Dingen eine ununterbrochene Aufmerksamkeit darauf Noth, daß da, wo étwa das — sih auch durch geflügelte Exemplare verbreitende — Insckt bereits vorhanden sein und die Folgen seiner Zerstörungsarbeit fih nah außen hin kund geben sollten, cin folchec Umstand sofort ur Sprache gebracht und Gelegenheit gegeben werde, den Heerd des sich zeigenden Uebels mit der R Energie zu ersticken. Namentlich ist gegen jede Neigung zur Vertuschung ernstlich anzukämpfen.
Hiernach beauftrage ih die Königliche Regierung, das betheiligte E auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen und das- elbe aufzufordern, da, wo sich irgend welhe Spuren der Krankheit zeigen, der Behörde sofort davon Anzeige zu machen, damit die nöthigen Maßregeln ergriffen werden können. Eine yopulär gehaltene kurze Druckschrift, welche alle erforderlichen Aufklärungen und Be- lehrungen überfihtlich enthält, lasse ih anfertigen und bald nah Fertig- stellung der Königlichen Regierung zugehen, um dieselbe in den weitesten Kreisen der Weinhauer und Gärtner zu verbreiten. Ich bemerke ceinft- weilen, daß das Auftreten des Jusekts gewöhnlich daran zu e:kennen ist, wenn an einem Weinstock oder an mehreren :usammenstehenden Reben
Theater.
L NTe Königliche Hoheit die Prinzessin Carl wohnte am Mitt wo ch im Friedrich - Wilhelmfstädtishen Theater der Aufführung der Operette: „Giroflé-Girofla“ bis zum Schlusse bei.
_ — Hr. August Neumann, der bekannte treffliche Komiker des Friedrih-Wilhelmstädtischen Theaters, dessen For daselbst am 1. April d. J. zu Ende geht, ist von Neuem für das Wallner- Theater engagirt worden. Derselbe kehrt also zu derjenigen Bühne zurück, an welcher er in Gemeinschaft mit Helmerding, Reusche und Amalie Wollrabe lange Zeit gewirkt hat. Hr. Neu- mann ist am Wallner-Theater nur für zwei Monate des Jahres, für Mai und“ Juni, engagirt, er tritt tein Engagement erst am 1. Mai 1876 am Wallner-Theater an. Während der Zeit wird Hr. Neu- mann kleinere Gastspieltouren unternehmen. :
— Die Vorstellung der „Sieben Raben“ im Viktoria- theater beehrte gestern Abend Se, Kaiserliche und Königliche Ho- heit der Kronprinz mit Höchstseiner Gegenwart.
Woltersdorff-Theater. Da sih Jacobsons und Wilkens Posse „In Greuo Und Leid“ A volle Gurst des Publikums erwirbt, wozu namentlih die Erscheinung und Darstellung der Soubrette, Frau Cottrelly-Morwiß, sowie die komischen Gestalten der Herren Ascher, Köhler und Hinte, beitragen, haben sich die talentvollen Verfasser entschlossen, dem Stüce noch einige neue Couplets und Strophen hinzuzufügen, wodurch demselben noch cine erhöhte Anziehungskraft verliehen und si dasselbe voraus- sihtlih so noch lange mit Glück auf dem Repertoire erhalten wird.
— Im Saale der Sing-Akademie hatte Hr. Gustav Holl n- der geftern ein Konzert mit Orchester veranstaltet, welchem zahl- reiche Kunstverständige und Kunstfreunde beiwohnten. Der junge Konzertgeber trug mit bekannter Virtuosität ein Konzert für Violine von Bruch, die F-dur-Romanze von Beethoven , ein kleines Spinner- lied eigener Komposition und das D-mol1- Konzert Nr. 9 von Spohr vor, Namentlich fanden die beiden leßten Piecen Anklang, das Spinnerlied mußte auf Verlangen des Publikums sogar wiederholt werden. Die Violine wechselte mit dem Flügel und dem Gesange ab, Auf dem ersteren trug Hr. Otto Neißel die Bach-Lisztsche Orgel-Fantasie und Fuge G-mo1l mit großer Geläufigkeit vor. Frau Professor Schulzen-Asten sang mit bekannter Meisterschaft drei Schu- mannsche Lieder. Die Berliner Symphonie-Kapelle führte zur Einlei- tung unter Hrn. Professor v. “Brenners Leitung die Ouvertüre zu den Hebriden von Ie aus. Das Publikum spendete allen mitwirkenden Künstlern wohlverdienten Beifall.
Zum Venus-Durchgang.
Aus Rom meldet man der „A. Allg. Ztg.“, daß Professor Tac- cini, das Haupt der zur Beobachtung des Venusdurchganges nach Indien eut andten wissenschaftlichen Kommission Italiens, von Ben- galen aus dem italienischen Unterrichts-Minister den folgenden Bericht
. digender gewesen; zwar waren einerseits die Grossisten aus Nord- und
früher als sonst oder als an deren daneben gepflanzten Reben die Blätter sich gelb färben und abfallen. Da, wo solche Merkmale eintreten, ift eine sofortige Untersuhung der Wurzeln niht nur der gelb gewor- denen, sondern au der in der Nähe stehenden anscheinend gesunden Reben geboten, an denen das Insekt oft bis zu einer Tiefe von 8 Fuß, gewöhnlich in großen Massen, zu finden sein wird. Vorerst wird cs aber genügen, daß, wie {hon oben gedacht, von einem solchen Falle sofort Anzeige erstattet wird. Weitere Instruktionen über das ferner zu beobachtende Verfahren bleiben vorbehalten.
Berlin, den 24. Dezember 1874.
Der Minister für die landwirth\{afilichen Angelegenheiten.
Friedenthal.
— Das Dezemberheft des Landwirthschaftlihen Cen- tralblatts für Deutschland, begründet von Adolf Wilda, redi- girt von Alexander Müller (Berlin, Verlag von Wiegandt, Hempel u. Parey), enthält : einen Aufsaß des Prof. Braungart: Das Streich- brett am Pfluge (Schluß); ferner: Meteorologie. Die Verdunstung im Winter, von H. Wild. — Temperatur der Niederschläge, von Dr. Breitenlohner 2c. Physik, Chemie. Ueber Käsung und die Wir- fung des Labmagens, von O. Hammarsten. Botanik. Pflanzenbau. Die normalen Verhältnisse an einigen vollkommen ausgebildeten Fruchtständen des Kohlrapses, von Prof. Haberlandt. — Die Som- merdürre der Bäume, von Prof. Kraus, — Beförderung des Keim- Prozesses, von R. Böttger. — Die Fermentpilze, von H. Hoffmann. — Das Chlorophyl und die Lichtstrahlen, von Wiesner. — Würt- tembergisches Opium. Zoologie. Thierzucht. Futterverwerthung durch Kanicchen, von Weiêke 2c. Betriebslehre. Unterrichtswesen. Die landwirthschaftlichen Lehranstalten Oesterreihs. — Landwirthschaft- lihe Lebranstalt Hildesheim. Vereinêwesen. Ländliches Genofsen- schaftêwesen, von J. Meyer. — 15. allgemeiner Vereinstag der deut- hen Erwerbs- und Wirths\cafts - Genossenschaften in Bremen. Volkswirthschaft. Die rheinischen (Raiffeissenschen) Darlehnskassen- vereine. — Die ländlichen Arbeiter. — Ges. z. gegen\. Hagelschäden- vergütung in Leipzig. — Südd. Allg. H.-V.-G. 2c. Landeskultur. Geseßgebung. D. d. Landwirthschaftsr. (Sißungsbericht). — Inter- nationale Postunion. Anhang. Erste Mastviehausftellung in Berlin 1875, — Mikroskopische Pflanzenpräparate, von Dr. F. Grönland.
— JInfolge der Ausbreitung? der Phylloxera vastatrix (Wurzel- Laus) in Klofterneuburg und der dadurch erhöhten Gefahr einer Ein- \{leppung dieses Insekts hat sich das Königlich ungarische Mini- sterium für Ackerbau, Jndustrie und Handel veranlaßt gefunden, die Einfuhr von Reben überhaupt, und zwar sowohl von bewurzel- ten als von Stecklingen, nicht nur aus dem Auslande, fondern au aus den im Reichsrathe vertretenen Ländern, ferner aus Kroatien und Slavyonien umsomehr zu verbieten, als bisher weder durch die Er- fahrung, noch durch Sachkundige die Unmöglichkeit der Einshleppung der Phylloxera mittel Stecklingen erwiesen wurde. Außerdem ist an sämmtliche Transportanstalten die Weisung ergangen, mit Rebenlaub verpackte Gegenstände zur Weiterbeförderung nicht anzunchmen.
Gewerbe und Handel.
__ Gasbeleuchtungs - Appärate ohne Röhrenleitung und überall ohne jede Vorrichtung anwendbar, werden bereits seit län- gerer Zei* von dem Mechaniker Louis Runge (Landébergerstraße Nr. 75) hicrjelbst angefertigt. Die Bedeutung dieser Erfindung wird jeßt auch mehr von den Kommunalbehörden kleinerer Orte anerkannt, deren Straßenbeleuhtung durch Oel oder“ Petroleum theurer und weniger hell leuchtend ift, als durch das von Hrn. Nunge gleichfalls gelieferte transportable Gas, welches pro Flamme und Stunde etwa 3 Pfennige Kosten verursacht. Bereits hat die Gemeinde Rirdorf in Betreff der Lieferung des Gaësftoffes für die öffentliche Beleuch- tung vor Kurzem mit Hrn. Runge einen Kontrakt abgeschlossen.
_ — Die in Harzungen bei Ilfeld belegenen, vor etwa 100 Jahren in Betricb gewesenen Alabasterbrüche, den Grafen Stolberg- Stolberg und Stolberg-Roßla gèmeinschaftlih gehörend, sind neuer- dings in die Pachtung des Hrn. Haußinger-Pleshen übergegangen, der die sofortige Wiedereröffnung der Alabasterbrüche betreiben wird.
Leipzig, 12. Januar, (D. A. Z.) Der Verlauf der Tuch -s me|s\e ist im Allgemeinen für die Tuchfabrikauten ein wenig befrie-
Süddeutschland sowie aus den Niederlanden ziemlich zahlreih ver- treten. es fehlten aber andererseits die sonst um diese Zeit eintreffen- den Detaillisten fo gut wie ganz. Das {wache Weihnachtegeschäft gab den kleineren Geschäftsleuten keine Veranlassung, die früher be- suchte Neujahrsmesse auch diesmal aufzusuhen. Das Meßgeschäft mußte demnach von vornherein den Zug größerer Lebhaftigkeit ent-
„Muddapur in Bengalen, 10, Dezember 1874. Excellenz! Gestern war für uns ein wahrer Schlachttag. Nach einer Reihe der heitersten Tage trübte fich am 7. vlößlich der Himmel, und auch am 8. hatten wir \{chlechtes Wetter, aber bei Sonnen- untergang hatte man einige Anzeichen der Besserung. In der Nacht jedoch bedeckte fich der Himmel gänzlich, und dann von neuem am Morgen des 9. veränderlich, so daß die Sonne beständig wechsel- weise versteckt und frei war. Dies war für uns eine \chreckliche Drohung, und Ew. Excellenz werden si unser aller Gemüthsstim- mung vorstellen können. Schon von 6 Uhr ab waren wir alle auf unserm Posten und schickten uns zur Arbeit an, in der Hoffnung, daß die Wolken vorübergehen würden, und daß das Phänomen si zwischen den Wolken felbst sehen ließe. Im Augenblicke des ersten Kontakts war die Sonne mit den einfachen Ferngläsern siht- bar, und so auch im zweiten Kontakt, aber mit dem Spektroskop konnte man nichts unterscheiden. Die beiden ersten Kontakte als wurden von Prof. Dorua, von Pater Lafont, von Mo:so beobachtet, und von mir und von Prof. Abetti verloren. Beim dritten und vierten Kontakt war die Atmosphäre hinreichend rein, so das jeder Beobachter seinen Theil ausführen konnte, und das Glück wollte es, daß sowohl di: spektralen, als / die gewöhnlichen Beobachtungen ziemlih gut ausfielen. Jh kann mich hier nicht mit Details aufhalten, aber die wichtige Thatsache ist, daß zwischen den mit dem Spektroskop beobachteten Kontakten, und jenen, welche mit einfachen Ferngläsern betrahtet wurden, eine ansehnliche Differenz is, welche für den dritten Kontakt, der am besten mit den Spektroskopen beobachtet ward, sich auf mehr als zwei Minuten beläuft: es is dieses, mcinem Dafürhalten nach, ein kostbares Resultat, welches als Basis der Diskussion für die im Jahre 1882 zu machenden Beobachtungen dienen wird, und welches auch beweist, daß der Durchmesser der Sonne, wenn er mit dem Spektroskop beobachtet und bestimmt ward, viel kleiner ist, als jener, der auf gewöhnliche Weise bestimmt wurde. Welches Faktum, wenn es noch nicht streng durch die Spektral-Beobachtungen der Finsternisse nahgewiesen war, mir jeßt durch unsere Beobachtungen von Muddapur evident erscheint, die auf einem Körper wie der Planet Venus ausgeführt wurden, der sich im Vergleiche zu dem Mond in den Sonnenfinsternissen so langsam bewegte. Von dem dritten Kontakt,
pi gs an den Preisen machte sih häufig ein gelinder Druck be- merklich.
In Nouveautés hatten die Zufuhren wenig aufzuweisen, neuere | Sadhen in guter Qualität blieben daher begehrt und e:langten mit- unter zufrieden stellende Preise, im Uebrigen we-den die Preise meist als gedrückt bezeichnet.
Von den einzelnen Fabrikstädten hat Luckenwalde gute Sachen, darunter wenig neue Muster, zu gedrückten Preisen verkauft, während Großenhain verhältnißmäßig mit feinen Sachen gut gemacht hat, in- deß Peiß mit {öuen Mustersahen in den ersten Tagen ausverkauft hat, leßteres beklagt arer auch das Ausbleiben der kleinen Einkäufer sehr. Cottbus hat einen großen Theil seiner Zufuhr zu Preisen ab- gesebt, die der allgemeinen Stimmung Rechnung trugen, Crimmit- hau hingegen hatte noch viel Wintersachen ausgelegt und von Som- mersachen nur einen kleinen Theil der Zusendungen bergebracht, da größere Beftellungen darin direkt auszuführen waren. Von ersteren ist ein guter Theil verhältnißmäßig abgeseßt worden, während von Me solche zu ganzen Anzügen passend, namentlich bessere, gesucht
aren.
Werdau brachte für eine Neujahrsmesse * ziemlich viel zum Ver- kauf bicrher, da das Geschäft zu Haus etwas lau gegangen war. Hier wurde beträchtlich, wenn auch hin und wieder zu gedrückten Preiseu, verkauft. Herverragende Neuheuten waren nicht da, hingegen mittelhelle Sachen in t übschen kleinen Mustern gut vertreten und auch begehrt, Wiïterwaare, außer in guten Qualitäten, blieb wenig beachtet. Ï
Leisnig hatte wenig Sommerwaaren hergebracht, von denen. ein Theil zu befriedigenden Preisen abgeseßt wurde, dagegen fanden dessen Winterwaaren wenig Absat.
orst erzielte für gute Sachen ziemlich bedeutenden Umsatz, namentlich wurden dunkle Karreaux und gute Kammgarnimitationen gewählt,
Spremberg hat in guten Qualitöten, von denen jedo wenig am Plate war, ziemlich gut abgeseßt, ein ziemli greßer Theil der übri- gen Zufuhr blieb indeß unberücksichtigt. Kirhberg hat von seinen großen Vorräthen ziemlich viel zu mittelmäßigen Preisen abgeseßt. . Nach Elsaß-Lothringen gingen davon auch einige Posten. Görlitz erzielte mit seinen feinern Qualitäten ziemlich befriedigendes Geschäft, im Uebrigen wollten die Käufer nur bei Erlan- gung günstiger Konzessionen Geschäfte abschließen. Finsterwalde ist mit dem Verkauf der Messe wenig zufrieden gestellt, im allgemeinen will das Geschäft mit glatten Sachen wegen des man- gelnden Erports noch nicht wieder in Fluß kommen. Lengenfeld war mittelmäßig befahren und hat einen für diese Messe wenig befrie- digenden Umsaß erzielt. Dschaß hatte von Nouveautés fast gar nichts vorräthig, und da glatte Sommerrockstoffe noch wenig gekauft werden, blieb das Geschäft ein beschränktes.
— Nach dem Status der Lebens versicherungsbank für Deutschland in Gotha vom 1. Januar 1875 waren bei dieser alten Verficherungsanstalt 44,705 Personen mit 2694 Millionen Mark ver- fihert. Die Bankfonds betrugen über 66 Millionen: seit der Ge- [häflseröffnung waren für. Sterbefälle ausgezahlt fast 89 Millionen und im Jahre 1874 allein über 5 Millionen. Die Jahrescinnahmen on Prämien und Zinsen pro 1874 summirten ih auf ca. 121 Mil- lionen. Die Dividende Ter Versicherten für 1875 ist auf 37 yCt. festgestelt. |
Bremen, 14. Januar., Die Dividende der Bremischen Hypothekenbank für 1874 ist vom Verwaltungsrath vorbehaltlich der Revision des Aufsichtsrathes auf 24 Mark pro Aktie frei von Einkommensteuer (etwa 74%) festgeseßt worden.
— Die rumänische Regierung hat sich bereit erklärt, na dem österreichischen Vorbild ein allgemeines Gesetz behufs h y p o- thekarischer Eintragung auf Eisenbahnen den Kammern vorzulegen, nachdem ein Schiedsgericht das Recht der rumänischen Eisenbahnen Aktiengesellschaft auf Ausgabe von hypothekarisch sicher gestellten Obligationen anerkannt habe. Der Vertrcter der Eisen- bahngesellschaft hat hiergegen remenstrirt, da dieses Recht durch die Konvention außer allem Zweifel gestellt ift. } j
Verkehrs-Anstalten.
Hamburg, 15. Januar. (W. T. B.) Aus London wird tele- graphirt, daß der Dampfer „Mo nrovia“ von der afrikanischen Dampfschiffahrtegesellshaft auf der Fahrt von London nach Lagos (Guineakütte) auf Grund gerathen und wahricheinlich total verloren ist. Die Poft und ein Theil der Ladung sind geborgen. — Die Hams- burger Barke „Johannes Emilie“ ist bei Cap Palmas gescheitert.
wir uns mit den übrigen Beobachtungf i, um unsere Mission zu ver-
vollständigen, und dann werden wir uns zur Rückehr nach Jtalien
anschicken, Ew. Excellenz ergebenster Diener: P. Tacchini.“ Prozeß Ofenheim.
Wien, 14. Januar. Jn der heutigen Sißung begann das Zeugenvérhör. Zuerst wurde der frühere Minifter Grocholski vernom- men, der unter Bezugnahme auf die seiner Zeit im Reichstage ein- gebrachte Interpellation über den schlechten baulichen Zustand der Bahn angab, daß die Meinungen über die Beschaffenheit der Bahn sehr getheilt gewesen seien. Darauf folgte die Vernehmung der Zeugen Zapalowicz (früherer Ober-Jngenieur der Carl-Ludwigs- Bahn), Gutsbesißer Krzeczunowiß, Schellenberg (Vize - Prä- fident der Lemberger Handelskammer), und Quizor. Die- sclben bezeihneten im Allgemeinen den Bau und den Betrieb der Bahn als mangelhaft, wodurch häufige Störungen im Verkehr hervorgerufen seien. Die Angaben der vernommenen Zeugen über die Qualität der Schwellen standen mit einander nit im Einklang. Krzeczunowil und der Ingenieur Hoenigshmidt woll- ten wissen, daß Ofenheim die Lieferurg der Schwellen mit 140 Kreuzer per Stück übernommen habe. — Nachdem der Vertheidiger darauf noch die Vorladung des Staithalters von Galizien, Goluchowski, des Landmarschalls der Bukowina, Kochanowski, und des früheren Statt- S der Bukowina, Pino beantragt hatte, wurde die Sizung vertagt.
In der Abendsizung wurde die Zeugenvernehmung fortgeseßt Der Dircktor der Albrechtsbahn, Klosawski, berichtet C tee die Schwellen und den Zustand der Bahn und giebt als Ursache des Einsturzes der Brücke über den Pruth die große Spannweite der Bogen dieser Brücke, sowie als Grund der Verkehrsstörungen im Jahre 1869 die Witterungsverhältnisse an. Der Ober-Ingenieur Ziembicki hebt besonders die ungenügende Ueberwachung der Sub- unternehmer und die Mängel des Oberbaues, sowie die Fehler der Schwellen hervor. Der Ingenieur Patek bezeichnet sowohl den Unterbau wie den Oberbau als gut ausgeführt. Die &Sâul- niß der Schwellen und die Rutshungen seien durch die Beschaffenheiten des Terrains veranlaßt. Inspektor Lampel von der General-Juspektion für Eisenbahnen deponirt über die im Jahre
in einem Intervall des reinsten Himmels, prüfte ih das Spektrum der Sonne in der Nähe der prächtigen dunkeln Hülle der Venus, und fand, i daß es in allem normal verblieb, ausgenommen zwei Positionen, in welchen, nachdem die Hülle des Planeten passirt war, man noch eine leichte Verdunkelung an zwei Stellen des Rothen sah, welche den shwarzcn Streifen unserer Atmosphäre entsprechen: das Phänomen wurde also durh die Anwesenheit der Atmosphäre der Venus, welche wahrscheinlich von der Art der unsrigen ist, hervorgebracht erscheinen. Als der Durchgang vorüber war, und zufrieden mit dem, was die italienische Kommission hatte machen können, sandte ih unserem wohlverdienten Konsul in Kalkutta das nachstehende Telegramm, damit es an Ew. Excellenz ge\chickt würde: „First 0observations disturbed by small clouds — good results spectroscopic and ordinary — spectrum of Venus observed, details pr bably related to its at- mosphere“, Die in Kalkutta veranstaltete Ueberscßung ins Franzö- sische stimmt nicht genau, wie Ew. Excellenz leiht werden verifiziren können. Nach den Beabachtungen haben wir verschiedene Telegramme erhalten, unter welchen eines vom Vice-König, welcher für die italie-
eingesandt hat:
1872 erfolgte Entgleisung zweier Züge. Die Ursache der ersten Ent- gleisung sei die Erweiterung des Geleises um 3 Zoll und der zweiten die Ueberanftrengung und die Unaufmerksamkeit des Zugführers ge- wesen. Das Protokoll über den Thatbestand bei diesen Entgleisun- gen habe die Veranlassung derselben der shlechten Beschaffenheit des Dberbaues zugeschrieben. Die Hälfte der Schwellen seien angefault gewesen. Auf Befragen des Vertheidigers erklärt der Zeuge, daß er die Einstellung der Eilzüge ohne Ermächtigung Seitens des Handels- Ministers angeordnet habe, und daß er Nahlässigkeiten, wie sie bei der Lemberg-Czernowißer Bahn vorgekommen seien, bei keiner anderen Eisenbahn beobachtet habe.
Redacteuc: F. Prehm. Verlag dex Expedition (Kessel). Druck: W, Elsner.
Drei Beilagen
Berlin:
nishe Kommission das größte Interesse bezeugte. Jeßt beschäftigen
(einshließlich Börsen-Beilage.)
zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.
2 12.
Königreich Preußen.
BDetsnutmaGbuna
Zufolge der, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam vom 21, August 1868 (Stück Nr. 34) zur öffentlichen Kenntniß gebrachten, Militär-Ersaß-Jastruktion vom 26. März 1868 werden alle diejenigen jungen Männer, welche in einem der zum Deutschen Reiche gehörigen Staaten heimathsberechtigt, und
1) in dem Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich den 31. Dezember 1855 geboren sind, 2) dieses Alter bereits überschritten, aber sich noch uicht vor einer Ersatz-Aushebungs-Bebörde zur Musterung gestellt, 3) sih zwar gestellt, über ihr Militärverhältniß aber noch keine feste Bestimmung erhalten haben, und gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz ihr ge- seßliches Domizil (Heimath) haben, oder bei Einwohnern derselben als Dienstboten, Haus- und Wirthschaftsbeamte, Handlungsdiener, Lehrlinge, Handwerkêgesellen, Lehrburschen, Fabrikarbeiter und andere, mit diesen in einem ähnlichen Verhältnisse stehende Militärpflichtige, oder als Studenten, Gymnasiasten und Zöglinge anderer Lehranstal- ten sich aufhalten, soweit dieselben nicht zum einjährigen freiwilligen Militärdienste berechtigt, resp. von der persönlichen Gestellung vor der Kreis-Ersaß-Kommission in diesem Jahre entbunden sind, hiet- durch angewiesen: l l sich, behufs ihrer Aufnahme in die Stammrolle, in der Zeit vom 15, bis incl. 31. Januar d. J. bei dem Königlichen Polizei-Lieute- nant ibres Reviers persönlich zu melden, und dabei die über ihr Alter sprechenden, sowie die etwaigen sonstigen Atteste, welche be- reits ergangene Bestimmungen über ihr Militärverhältniß euthal- ten, mit zur Stelle zu bringen.
Für Diejenigen, welche im hiesigen Orte geboren sind, oder hier ihr geseßliches Domizil haben, oder hier nah §. 20 der Militär- Ersatz-Justruktion gestellungspflichtig, zur Zeit aber abwesend sind, müssen die Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot- und Fabrikherren die An- meldung in der vorbestimmten Art bewirken.
Wer die eigene, oder die Anmeldung abwesender Militärpflichti- ger, zu welcher er vervflichtet ist, versäumt, wird nah der Strafver- ordnung des hiesigen Königlichen Polizei-Präfidiums vom 16. Novem- ber 1868 mit einer Geldbuße bis zu 10° Thalcrn, oder verhältniß- mäßiger Gefängnißstrafe belegt; auch hat diese Versäumniß die Folge, daß die nicht angemeldeten Militärpflichtigen, im Falle ihrer körper- lichen Diensttauglichkeit, vor den übrigen Militärpflichtigen zum Dienst bei der Fahne eingestellt, und etwaige besondere Verhältnisse, welche die einstweilige Zurükstellung vom Dienst geeigneten Falls zu- gelassen haben würden, nicht berücksihtigt werden.
Berlin, den 10. Januar 1875. /
Königliche Kreis-Ersaß-Kommission. Mean Lab un
Die Rektoratsprüfung wird hier Anfangs Mai d. J. abge- halten werden.
Zu dieser Prüfung werden zugelassen:
1) Geistliche, Lehrer, Kandidaten der Theologie oder der Philologie, welche das Examen als Lehrer an Mittelschulen oder dasjenige für das hBhere Lehramt bestanden haben und wenigstens drei Jahre im öffentlichen Schuldienst thätig gewesen sind; i
2) Geistliche, Lehrer, Kandidaten der Theologie oder der Philo- logie, welche in eins der im §. 1 dex Prüfungsordnung vom 15. Of- tober 1872 bezeihneten Aemter berufen und auf Grund anderweitig nachgewiesener Tüchtigkeit von der vorgängigen Prüfung für ein Lehramt an Mittelschulen entbunden worden sind; n
3) Geistliche, Lehrer, Kandidaten der Theologie oder der Philo- logie, welche zur Leitung einer Schule berufen worden sind, die gerin- gere Ziele als die Mittelschule verfolgt, aber herkömmlich von einem Rektor geleitet wird, fowie Vorsteher von Privatshulen, welche den Charakter von Volksschulen haben. j
Die Anmeldungen sind bis zum 1, März d. I. an uns einzu- reichen und denselben beizufügen: i
1) ein fselbstgefertigter Lebenslauf, auf dessen Titelblatt der voll- ständige Name, der Geburtsort, das Alter, die Konfession und das augenblickliche Amtsverhältniß des Examinanden angegeben ist ;
2) die Zeugnisse über die bisher empfangene Schul- oder Univer- fitätsbildung und Über die bisher abgelegten theologischen, philolo- gischen oder Seminar-Prüfungen ; ; : E
3) ein Zeugniß des zuständigen N iOR über die bisherige Thätigkeit des Examinanden im öffentlichen Schuldienste.
Diejenigen, welche noch kein offentliches Amt bekleiden, haben außerdem einzureichen :
4) ein amtliches Führungsattest ;
5) ein von einem zur Führung eines Dienstsiegels berechtigten Arzte ausgestelltes Attest über normalen Gesundheitszustand.
Berlin, den 11. Januar 1875.
Königliches Provinzial-Schulkollegium. Reichenau.
Bekanntmach Ung; | __ Die Prüfung für ein Lehramt an Mittelschulen wird hier Anfangs Mai d. Is. abgehalten werden.
Die Anmeldung Seitens der wissenschaftlih gebildeten noch nicht als Lehrer fungirenden Kandidaten find unmittelbar, Seitens der im Amte stehenden Lehrer durch die bezüglichen Kreisschulinspektoren bis zum 1, März d. Is. an uns einzureichen und denselben beizufügen:
1) ein selbstgefertigter Lebenslauf, auf dessen Titelblatt der voll- ständige Name, der Geburtsort, das Alter, die Konfession und das augenblicklide Amtsverhältniß des Kandidaten angegeben ist ;
2) die Zeugnisse über die bisher empfangene Schul- oder Universitätsbildung und über die bisher abgelegten theologischen, philologishen oder Seminarprüfungen ; N
3) ein Zeugniß des zuständigen Vorgeseßten über die bisherige Thätigkeit des Examinanden im öffentlichen Schuldienste.
Diejenigen, welche kein sffentliches Amt bekleiden, haben außer- dem einzureichen :
4) ein amtliches Führungsattest und : Í
5) ein von einem zur Führung eines Dienstfiegels berechtigten Arzte ausgestelltes Attest über normalen Gesundheitszustand.
Berlin, den 11. Januar 1875.
Königliches Provinzial-Schulkollegium. Reichenau.
Nichlkamtliches.
__ Italien. (Uebersicht für die Zeit vom 15. November bis Ende Dezember 1874.) Das Resultat der Neuwahlen hi die Deputirtenkammer ließ \ich, obwohl der Wahltag der 8. No- vember war, doh erft nah dem 15. übersehen, weil bei der ge- ringen Betheiligung der Wahlberechtigten in sehr vielen Kolle- gien im ersten Wahlgange ein definitives Votum \ich nicht er- geben hatte. Aber auch nahdem die Ballotagen am 15. voll- zogen waren, fand die am 23. zusammengetretene Kammer eine ungewöhnlich große Zahl von Protesten vor, ein Zeugniß für die Leidenschaftlichkeit, mit welcher dieses Mal die beiden Haupt-
lediglich durch die Erwägung diktirt, daß die Kurie in ihrem
Erste Beilage
Berlin, Freitag, den 15. Januar
häuften die Organe beider Parteien noch lange auf einander, und die Wahlprüfungsgiunta der Kammer sah die in ihr über- flimmten Mitglieder der Opposition aus ihrer Mitte aus\{eiden. Man hat vielfa erörtert, welche Haltung zu den politischen Wahlen die klerikale Partei eingenommen habe. So viel ist ficher, daß Einmüthigkeit unter dem Klerus Italiens nicht besteht, wie denn die klerikalen Organe Roms, der „Ofservatore Romano“ und die „Voce della Verità“, mit ebenfalls klerikalen Blättern in Florenz (Armonia) und Neapel — hier unter dem Einflusse des Kardinal-Erzbischofs Riario Sforza — in offene Fehde darüber geriethen. Am 3. Dezember theilte der mailän- dische „Ofservatore Cattolico“ eine Instruktion der Kongregation der Penitenziaria an die Bischöfe mit, die einer prinzipiellen Entscheidung aus dem Wege ging und nur die augenblickliche Lage als inopportun für die Betheiligung an den Wahlen be- zeichnete — attentis omnibus circumstantiis non expedit, hieß es dort —z zugleich wurde freilih die Annahme eines Mandates den Gläubigen als überhaupt niht zu dulden hingestellt. Aber selbst diese leßtere Bestimmung, das ergiebt fich aus der päpstlichen Ansprache an die Frauen des Circolo Melania, ift
Protestzustande gegen das Königreich Italien ihren Priestern die Ablegung des Eides auf die Verfassung dieses Staates niht ge- statten darf, ohne thatsählich aus «ihrer ausfihtslosen Negative herauszufallen.
Außerdem aber verlautet von geheimen Anweisungen an die Bischöfe, nah eigenem Ermessen die Betheiligung der Ultramon- tanen zuzulassen, wo ein der Kirche vortheilhaftes Ergebniß — und ein solhes wollte man in Förderung des Radikalismus er- bliden — gzu hoffen ftand. So viel is zweifellos und wird durch Worte des Papstes selbst in der Allokution vom 21. Dezember bestätigt, daß der Klerus trop aller Ableugnungen der strengen Abstraktionisten sih in weiterem Umfange thätig bewiesen hat, als die Kurie er- wartete. Gleihwohl hat man niht vernommen, daß geistliche Strafe über diejenigen Priester verhängt worden, welche gewählt haben, wie es siherlih eine Partei gewünsht — man hatte von suspensio a divinis auf einen Monat und Auferlegung von Exercitien gesprochen — ja es scheint im Gegentheil, als ob es dem oben genannten Kardinal Riaxio Sforza gelungen sei, \ih persönlich bei dem. Papste vollkommen zu rechtfertigen.
Die Ankündigung der Organe der Linken, sie besiße die Majorität in dem neu gewählten Körper, zerfiel hon am 25. No- vember, als bei der Präsidentenwahl der Kandidat der Rechten, Biancheri, mit 64 Stimmen gegen den, übrigens sehr gemäßigten Kandidaten der Opposition, den ehemaligen Minister Depretis den Sieg davon trug. Bei #o konstatirtem Parteienverhältniß hätte die Linke mit Ergebenheit ertragen mögen, daß fie au in der Wahlprüfungskommission in der Minorität blieb. Das wenigstens ist auch von Anhängern derselben mißbilligt worden, daß am 6. Dezember die Minorität dieser Kommission, die Herren Depretis, Crispi, Nicotera, Lacava, dazu allerdings auch der der Rechten zugehörige Negrotto in \{hroffer Weise aus der- selben austraten, weil eine gewisse Wahl sür ungiltig erklärt wurde.
Am 5. Dezember brachte die Regierung die Vorlage, außer- ordentlihe Maßregeln zur Herstellung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit betressend, ein, und wurde die Dringlich- keit dieses in Programmreden der Minister und in der Eröff- nungsrede des Königs so stark betonten Geseßes auch ohne Weiteres zugestanden. Sorgfältige Vorbesprehungen der Regie- rungsmajorität im Hause des Ministers des Innern haben doch nicht verhindert, daß das Gesetz, zu dessen nothwendiger Ergän- zung eine Beschleunigung des Justizverfahrens vielseitig ge- fordert wurde, in der Mehrzahl der 9 Bureaux der Kammer für unannehmbar befunden wurde. /
Die Vorlage, die zunähst einem bereits das Ausland in Mitleidenschaft fetzenden Zustande Siciliens Abhülfe \chaffen soll, beshräntt sich niht auf diese am meistca gefährdete Provinz. Ie nah der Parteistelung werden die vorgeschlagenen Maß- regeln selbst als zu strenge oder unnöthig oder als niht energish genug aufgefaßt.
Der Linken, welche vor nicht langer Zeit selbs die Noth- wendigkeit energis{chster Maßregeln befürwortet hatte, cheint es bei ihrem Widerstande gegen das Gese mehr um den Sturz des Ministers des Innern, Cantelli, zu thun zu sein. L
Gegen diesen und auch gegen den Justiz-Minister Vigliani werden daher einige Vorkommnisse benußt, die, auch an und für sih betrachtet, niht unerwähnt bleiben dürfen.
Im Monat August, als man schon wußte, daß Neuwahlen bevor- ständen, wurde zu Rimini in der Villa Ruffi plößlih eine An- zahl von Männern, Leiter zum Theil von demokratishen oder republikanishen Vereinen, verhaftet, und man sprach damals von einer Verschwörung zum Umsturze der bestehenden Ord- nung der Dinge. Zwar behauptete die Oppositionspresse sofort, daß es sih bei jener Zusammenkunft lediglih um eine Vorbe- \prehung über das Ob und Wie der Wahlbetheiligung dieser theoretish extremen, aber persönlih zum Theil selbst von Gegnern hoh geahteten Männer handele, und man forderte {nelle ge- rihtlihe Behandlung der angeblihen Vershwörer. Wegen eines Protestes gegen diese Verhaftungen, d. h. wegen der Form desselben, wurden am 10. Dezember zehn Unterzeihner in Ra- venna in eine Geldbuße verurtheilt. | :
Als nun kurz vor Eintritt in die Wahlbewegung ein Theil der Verhafteten, darunter der von 1848 her bekannte Aurelio Saffi, in Freiheit gesezt wurde, so schien die Grwartung bereh- tigt, daß gegen die Zurükbehaltenen gegründete Verdahtsmomente vorlägen. Statt dessen erfuhr man mehrere Tage nah Beginn der Kammervakanz, daß au diese wegen Mangels an Beweis- A — nah fast fünfmonatliher Haft — in Freiheit gesetzt worden.
Au die Genugthutrng, welhe man über die endliche Ab- urtheilung jener Messerheldenbande empfinden mochte, welche Jahre lang Ravenna und dessen Gebiet unsiher gemacht hatte, — es war am 12. Dezember, als ihrer elf zu lebenslänglicher Zwangsarbeit, die übrigen zu zehnjähriger verurtheilt wurden, — wurde einigermaßen getrübt durch die Erwägung, daß die Ber- brecher bereits vier und ein halbes Jahr in Untersuhungs- haft gesessen hatten. /
Am 28. November veröffentlihte „Diritto*, Hauptorgan
1875.
talen Kirchenpolitik, ein Circu!ar des Ministers Cantelli an die Präfekten, das eine erhebliche Besorgniß in Betreff revolutionä- rer Unternehmungen zu erkennen gab. Der Minister bezeichnete den Tag, an welchem Garibaldi in Rom erschiene, als das Signal zu bevorstehenden Unruhen. Seither if darüber Still- \chweigen beobachtet worden.
Am 13. Dezember gewann das Ministerium in der Kammer insofern einen neuen Sieg über die Linke, als es durch die An- nahme der Tagesordnung Fossa's einem Tadel entging, den die Linke bei Berathung des vorläufigen Budgets für 1875 zu im- prvvisiren versuhte. Es Handelte sich um die bestrittene Geseß- mäßigkeit der Ausführungsbestimmungen für die Mahlfteuer. Die damalige Abstimmung erfolgte mit 188 zu 145 Stimmen. Nachdem das vorläufige Budget genehmigt worden, ver- tagte sich das Haus am 19. Dezember. Als Grund der längeren Ferien gab man an, daß dafür auch niht die sont übliche Karnevalsvakanz in Anspruch genommen werden solle.
Der Senat — dex durch 12 neu ernannte Mitglieder, dar- unter der Komponist Verdi, verstärkt wurde, — genehmigte die von der Kammer angenommenen Geseze am 23. Dezember. Diese Körperschaft hatte am 3. Dezember den Verlust ihres ehrwürdigen Präsidenten Des Ambrois de Nevâche zu betrauern. Er war am 30. Oktober 1807 zu Oulx (Susa) geboren, studirte in Turin die Rehte, wurde, nachdem er eine Zeit lang als Staatsanwalt fungirt, 1841 Genecal-Intendant der Provinz Nizza und 1844 Minister - des Königs Carl Albert; 1848 unterzeihnete er die Verfassung, an ‘deren Entwurf er selbfi den wesentlihsten Antheil gehabt hat und wurde Mitglied des Parlaments; 1849 wurde er Senator und bald in den Staatsrath berufen, dessen Vize-Präfident er bis 1859 war. Im Jahre 1859 war er außerordentliher Ge-= \sandter und bevollmächtigter Minister in Paris. Von 1855 bis 1860 behauptete er die Vize-Präfidentschaft des Senats und seit 1874 die Präsidentenwürde. Dem Verstorbenen, als Ritter des Annunziaten-Ordens, wurde ein Leichenbegängniß mit König- lihen Ehren zu Theil. Dabei war bemerkenswerth, daß die Pfarrgeistlichkeit der römischen Kirhe S. Lorenzo in Lucina einen Konflikt vermied, den klerikale Heiß\sporne wohl gewünscht hätten, da es einem treuen Diener seines Königs und seines Staates galt.
Zum Nachfolger des Verstorbenen if der bisherige Ver- treter Italiens in London, Cadorna, ernannt. Da auch Ende November bekannt wurde, daß Caracciolo di Bella seinen St. Peters- burger Posten verläßt, da ferner für Madrid eine Vertretung fehlt, so stehen demnächst einige Veränderungen in der italieni= \chen Diplomatie bevor.
Am 1. Dezember starb der Deputirte für Casale, Filippo Mellana, einer der wenigen Veteranen der ganzen Entwickelungs- geschichte der staatlihen Ginheit Italiens.
Durch den erwähnten Prozeß der Accoltellatori von Ra- venna war den Einwohnern auch anderer Orte Muth gemacht, Uebelthäter, die lange geduldet waren, zur Anzeige zu bringen. Freilih ift das auch jeßt noch, und niht nur in Sicilien, lebens- gefährlih. Doch hat man in Ferrara 56 Individuen dingfest gemacht, die einem Geheimbunde, wie jene Ravennaten, ange=- hören. In Neapel is man thätig, immer neue Mitglieder der Camorra fest zu nehmen. In Florenz befinden sfich im Ganzen 66 Anhänger der Internationale in Haft. Am 18. November sehte die Rathskammer des Korrektions-Tribunals 6 in Freiheit, verhängte indessen über andere 6 die Untersuhung. Die Anklage, auf Vershwörung lautend, ist an den Appellhof in Florenz Überwiesen worden.
Im Vatikan erschienen seit der Mitte des Novembers nah und nach eine größere -Anzahl von Bischöfen, namentlich Engländer, und unter diesen als Erzbischof von Westminster Herr Manning. Der Eindruck der Gladstone hen Broschüre muß sich au in diesen Kreisen als ein gewaltiger geltend ge- macht haben. Unter diesem Eindruck wäre nämlich von Seiten des englischen Episkopats versucht worden, eine gewisse Selbst= ständigkeit gegenüber den Weisungen der Penitenziaria zu erlangen.
Am 8. Dezember feierte man in der Peterskirhe und durh Deputationen an den Papst den zwanzigsten Gedächtnißtag der Proklamirung des Dogmas der immaculata conceptio. In der Stadt Rom ging die Feier spurlos vorüber.
Kurz vorher war eine französfisch geschriebene, anscheinend von der italienischen Regierung veranlaßte Broschüre (Les lois ecclésiastiques) zur Widerlegung des bekannten Briefes des Bi= \chofs Dupanloup an den Minister Minghetti erschienen. In derselben wurde eine Anzahl auffallender Irrthümer und Lücken im Wissen des französischen Bischofs, der im Ruf eines Ge- lehrten gestanden hatte, aufgedeckt und dargethan, daß die ita= lienishe Regierung, weit entfernt, die Vorwürfe der Beraubung der Kirche und der feindseligen Rülsichtslosigkeit gegen dieselbe zu verdienen, vielmehr die Shonung bis zu einer Ueberspannt= heit übe, die ihr selbs im eigenen Lande eine heftige Opposition erwede. Diese Vertheidigung wurde von der Presse der Linken als ein Gingeständniß der Shwäche aufgefaßt. /
Am 22. Dezember erhielt der Bischof Eugenio Cano von Bosa (Cagliari), dessen Ernennung volle drei Jahre zurülliegt, das Königliche Exequatur. : :
In einem Consistorio — der Name wurde geflissentlih ver- mieden *), wie auch Pap|t und Würdenträger der Kirche die für den Advent vorgeschriebenen Trauer gewänder angethan hatten — am 21. Dezember erfolgte die Ernennung einer Anzahl von Bisczöfen, z. B. die des Historiographen des vatikanishen Konzils Don Eugenio Cecconi auf den erzbischöflihen Stuhl von Florenz, und die des Priesters von Lucca Don Raffaele Mezzetti zum Bischof von Livorno. Im Ganzen wurden 39 Sprengel versorgt. Die von dem Papste bei dieser Gelegenheit vorgetragene Allocutio hatte es diesmal auf die angebliche Verfolgung der hafsunisti= \hen Armenier durch die türkishe Regierung abgesehen.
Aus Anlaß des Weihnachtsfestes und des pästlihhen Namens- tages, sowie zur Neujahrsgratulation fanden die gewohnten demonstrativen Empfänge im päpstlichen Palaste statt; mit den betreffenden Adressen und Antworten beschäftigt sich noch zur Zeit ein Theil der römischen Presse. So hielt ‘am 26. ein röômi=
her Patrizier Cavalletti, senatore di Roma, eine Ansprache, worin derselbe sh sogar eine unartige Anspielung auf die Thron=
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parteien, die moderirt-liberale Regierungspartei und die Oppo- sition, mit einander gerungen. Vorwürfe gesezwidriger Presfionen
der Opposition, namentlih der Bekämpfung der gouvernemen-
*) Œ8 heißt im offiziellen Stil der Kurie „provrista di chies0.„