1875 / 15 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

É E R E D E E

Neichstags- Angelegenheiten.

Berlin, 18. Januar. In der Sizung des Deutschen Reichstags vom 16. d. M., in der Diskussion übcr den Geseß- entwurf, betreffend die Beurkundung des Personenfstandes und die Eheschließung, entgegnete der Königlich bayerische Staats- Minister der Justiz Dr. v. Fäustle dem Abg. Dr. Wester- mayer, welcher gegen §. 40 gesprochen hatte: : :

Meine Herren! Erwarten Sie nicht, daß_ ih auf die Persôn- lihkeiten des Herrn Vorredners und auf die Späße, deren er sich bediente, irgend cine Antwort ertheile. Es ift mir von der Natur die Gabe nicht verlieh:n, auf eine so würzige und launige Weise zu sprechen, wie es der geehrte Herr Vorredner vermag, und könnte ich es auc, so müßte ih es an der Stelle, die ich zur Zeit hier einzu- nehmen habe, für unerlaubt halten. Ich habe demjenigen, was ich unlängst in dem Hohen Hause zu entwickeln die Ehre hatte, nichts weiter hinzuzuscßen. Ich glaube dies dem Hohen Hause au son aus dem Grunde schuldig zu sein, um nicht wieder auf die Generaldebatte zurückzugreifen und den stofflichen Inhalt der Verhandlungen noch mehr zu erweitern. Ich protestire nur gegen die der bayerischen Staatsregie- rung unterges{chobene Absicht, den Staat zu entchristlichen.

Wenn man den Herrn Vorredner hört, so sollte man glauben, daß, wenn das vorliegende Geseß ins Leben träte, Alles aus den Fugen gehen würde. Die obligatorische Civilehe ist jeßt in zwei Drittheilen von Deutschland eingeführt, sie gilt in Ländern mit über- wiegend katholischer Bevölkerung, in Frankrei, in Belgien, Ftalieri, in der Rheinprovinz, in der bayerischen Pfalz, und ich bin lebhaft überzeugt, daß in diesen Ländern selbst die katholishen Priester, wenn sie sih frei äußern dürfen, sich vom Standpunkte ihrer Kirche aus nicht zu beklagen hätten, daß die Civilche besteht. Es ist wahrlich niht zu verwundern, wenn die bayerische Staats- regierung ihre Zustimmung zu dem vorliegenden Gesetze ertheilt hat. Ich könnte Ihnen Anträge aus dem Schooße der protestantischen Landeskirche vorlegen, welche dahin gehen, jo bald als möglich, wenigstens im Wege der fragmentären Geseßgebung vor- zugehen und doch wenigstens den Nothstand zu beseitigen, daß die Dispensation von Ehehindernissen als Zwangsmittel für katholische Kindererziehung benußt, und daß als Bedingung für die kirchliche Einsegnung der Che die Bekräftigung der vertragsmäßigen Ueberein- kunft über die fatholishe Kindererziehung durch Ableistung von promissorischen Eiden oder durch Ablegung von Handgelöbnifsen ab- verlangt wird. Vor wenigen Monaten hat sich in München cin Fall ereignet, der allgemeines Aufsehen machte, und über den ih aus Akten berichten kann. A j

Ein Katholik verheirathete sich im Jahre 1862 mit ciner Protestantin. Die Trauung erfolgte in der protestantischen Kirche zu München. Durch rechtskräftiges Erkenntniß des protestantischen Ebegerichts erster SFnstanz vom 5. März 1870 wurde ih könnte auch die Namen der Betheiligten nenncn auf Antrag der Gattin zu Recht erkannt, daß die Ehe bezüglich ihrer dem Bande nah geschieden werde. Der Tatholishe Ehemann der Geschiedenen suchte neuerdings um Verehe- lihungêbewilligung nach und erlangte troßdem, daß es Prinzip ift, die Bewilligung zur Wiederverehelihung eines Katholiken während des Lebens der Ehefrau nicht zu gestatten, die Bewilligung zur Wie- derverheirathung, weil die erste Ehe ein matrimonium nullum sei, oder, wie es in dem pfarramtlichen Zeugniß, welches der Verwal- tungsbehörde übergeben worden ift, Heißt: „weil seiner Ver- ehelihung mit der zweiten Braut kein fkirchliches Hinderniß entgegensteht, da das Bedenken wegen der ersten putati- ven Ehe dur Erklärung der römischen Kurie gehoben ist.“

Meine Herren, ich bin weit entfernt, die katholische Kirhe wegen derartiger Manifestationen oder wegen ihrer Differenzen mit dem zweiten Edikt in Bayern zu tadeln. Die Kirche handelt nah mei- nem Dafürhalten vollkommen konsequent nah ihren Satzungen. Aber Eines, meine Herren, sage man mir nicht: daß der moderne Staat bei diesem Stande der Dinge bestehen könne. Der Staat hat, wenn Glaubens- und Gewissensfreiheit zur Wahrheit werden foll, kein an- deres Mittel mehr, als die Trennung herbeizuführen, als dem Staate zu verschaffen, was des Staates ist, und der Kirche zu lassen, was ee ist. Und das thut er durch die Einführung der obligatorischen

ivilehe.

Ueber die Frage der Verantwortung der bayerischen Staats- regierung für ihr Bundesrath9votum lasse ih hier mich nicht weiter aus; es ist das eine Angelegenheit, die in München zum Auêtrag ge- bracht werden muß, und die bayerische Staatsregierung wird sich nicht s{cheuen, dafür Rede zu stehen, wie für jede andere ihrer Re- gierungêhandlungen. E ;

Ich bedauere, daß ih überhaupt noch diesen Gegenstand weiter verfolgen muß; aber man hat mir Wortbruch, oder wie das geheißen hat, vorgeworfen, man hat mi des Bruches einer Versicherung ge- ziehen, welche ih im Ausschusse der bayerishen Kammer der Reichs- räthe ertheilt haben foll. Wenn ich Sie bitte, meine Vertheidi- gung zu hören, so bin ich freilich in der sche ungünstigen Lage, daß ih mich auf gedruckte Verhandlungen nicht be- rufin kann. Ueber den in Frage stehenden Gegenstand ist nur ein ganz summarisches Protokoll geführt worden. Ueber den Snhalt der beiderseitigen Ausführungen, der verschiedenartigen R rungen, welche in dem Ausschusse der bayerischen Kammer der Reichs- räthe gefallen sind, ist keine weitere Bestätigung enthalten. Jch be- kenne Ihnen auch offen, -— und Niemand wird das von mir ver- Jangen können daß ih bei einem vielbewegten Geschäftsleben an jedes cinzelne Wort eines mehrstündigen Pourparlers mich nit mehr erinnere. Aber, meine Herren, des Siunes erinnere ih mich noch ganz bestimmt. Man legt mir zur Last, gesagt zu haben, daß wir in Bayern, so lange die Kodifikation des bürgerlichen Rechtes nicht voll- endet sei, sicher sein dürften, die Civilehe von Reichswegeu nicht eingeführt zu sehen. Meine Herren, in dieser Form habe ich die Aeußeruag, wie ih mich ganz bestimmt erinnern zu können glaube, nicht gemacht; ich weiß heute noch, was ih damals gesagt habe, dem Sinne nach sehr genau. Man hat damals bezweifelt, ob es mit den Versicherungen, eine Kodifikation des Civilrechts herbeizuführen, über- baupt ernst sei. Man hat behauptet, der Laskersche Antrag sei nur dazu geschaffen, um der Civilehe so bald als möglich allgemein Eingang zu verschaffen. Darauf habe ih erwidert, daß ich nicht glaube, daß wir von Seite Preußens in Bayern eine Pression in dieser Beziehung zu gewärtigen hätten, weil schon damals die Zeitungen verlässig berichteten, daßz die preußische Regierung beabsichtige, im Wege der Landesgeseß- gebung vorzugehen. Jch habe weiter bemerkt, daß ich allerdings glaube, daß eine gedeihlihe Durchführung der obligatorischen Civilehe in Bay-rn uicht möglich sei, wenn nit gleichzeitig auch die mate- riellen Bestimmungen des Eherechts kodifizirt würden. Das war meine Ansicht und ift es noch heute, und Jeder, der meiner Thätigkeit im Bundesrathe gefolgt ist, wird mir zugeben, daß ih angesichts des geltenden bayerischen Nehtes der Ausführung dieses Gedankens alle m.ine Bemühungen gewidmet habe, Wenn es mir nahgegangen wäre, wenn ich mich nickcht kätte überzeugen müssen, daß im Augen- blie die¿Regelung der Scheidungsgründe auf unüberwindliche Schwierig- keiten stoße, so wäre auch dieser Theil des nateriellen Rechts Jhrer Würdigung und Beschlußfassung unterstellt worden. Mehr als dies habe ich nicht geäußert, und ein anterer Sinn kann meinen Aeußerungen nicht unterlegt werden. j Í

_ Gestatten Sie mir auch auf die Natur der Sache hinzuweisen. Die Junitiative zu Reichsgefeßen hat nicht bles die bayerische Regie- rung, die Juitiative zu Reichsgeseßen haben die ve:bündeten Regie- rungen überhaupt, und auch das Hohe Haus hat diese Initiative für fich in Anspruch genommen. Glauben Sie, meine Herren, halten Sie es für mögli, daß ih ein derartiges vages Versprechen, daß man in Bayern vor Vollendung der Kodifikation, vor der Civilehe sicher fei, vor einer Versammlung abgebe, der ih eine so hohe Achtung schuldig bin, wie D E ist, zu der ih spreche? Erlauben Sie mir aber au noch, daß ich Ihnen anführe, was ih im bayerischen Landtage vor dieser Sißung redete, und was nah derselben. Jch bin in der glücklihen Lage, in beiden Punkten durch den Drudck festgestellte Ver- handlungen für mi in Anspruch nehmen zu können, Jch habe in der Sißung

der bayerischen Kammer der Abgeordneten vom 4, November 1873

erklärt: i Man hat gesagt: Obgleih vom Präsidenten des Reichskanzler- Amtes im Reichstage die bereits angeführten Erklärungen abgegeben wurden, vor Spezialgeseßen seien wir doch nicht sicher. Meine erren! Das Alles als Unmög!ichkeit zu bezeichnen, ist wohl tiemand in der Lage. Aber, meine Herren, die sofortige Bildung der Kommission, die sofortige Beschäftigung derselben mit Aus- arbeitung eines deutschen bürgerlihen Geseßbuches trägt das wirk- samste Korrektiv in sich selbst. Jn dem Momente, wo die Kom- mission die vorliegende große Aufgabe in Angriff genommen und das ganze bürgerlihe Recht im organischen Zusammenhang zum Gegenstande ihrer legislativen Thätigkeit gemacht haben wird, wird es doppelt bedenklich sein, einzelne fleine Materien durch Spezialgeseße einer gesonderten Regelung zu unterwerfen und einer zusammen- hängenden Behandlung im Civilgeseßbuche zu entziehen. Die Spezial- geselgebung würde sich ficher auf unabweisbar dringlihe Gegenstände beshränken, und da möchte ih mir zu bemerken erlauben, daß Ge- seße, welche so dringlich find, daß sie vor der Kodifikation des bür- gerlichen Rechts beim Reiche nicht abgewehrt werden können, unter veränderten Verhältnissen auch von der bayerischen Legislative nicht abgelehnt werden könnten. ;

Auf diese Verhandlungen folgten die Verhandlungen des Aus- \chusses der Kammer der Reichsräthe, und wenige Tage nach diesen Verhandlungen habe ih in der Sißung der Kammer der Reichsräthe vom 4. Dezember 1873 erklärt: E E

Es ist angeführt worden, daß, wenn auch von Seite des Prä- sidenten des Reichskanzler-Amtes die Berufung einer Kommission für Ausarbeitung des Geseßbuches zugesagt worden ist, und wenn auch an der sofortigen Erfüllung dieser Zusage nicht der geringste Zweifel besteht, wir dennoch vor Spezialgeseßen nicht gesichert seien. Wenn diese Frage abstrakt genommen werden muß, bin ih freilih nit im Stande, siezu verneinen. Denn die naturgemäße Entwickelung der Dinge läßt sich niht hemmen, und wenn einmal dringende Bedürfnisse be- stehen, die dur augenblicklihe Gesetzgebung befriedigt werden sollen, so werden sie beim Reiche ihre Befriedigung finden müssen. Aber ich werde kaum zu viel behaupten, wenn ih sage, daß Geseße, die fo dringend sind, daß ste beim Reich nicht abgewehrt werden können, bei anderer Lage der Diuge auch von der bayerischen Geseßgebungs- gewalt kaum abgelehnt zu werden vermöchten. :

Meine Herren, glauben Sie, daß ein Minister, der ein paar Tage vorher das erklärt haben soll, was ihnen hier zur Last gelegt wird, zwei Tage später solhe Worte sprehen kann, ohne irgend einen Widerspruch zu erfahren? Meine verehrten Herren, ih bin in der Lage, auch noch entscheidendere Behelfe anzuführen, aber ih will es vor der Hand nicht thun. Ich habe eine viel zu hohe Achtung vor dem Herrn Redner, der diese fragliche Angelegenheit in der ersten Berathung zur Sprache gebracht hat, als daß ih in diesem Momente Behauptung gegen Be- hauptung stellen will, zumal es bei der nun einmal bestehenden Ver- \chiedenheit der politischen Ueberzeugungen wohl erklärlich ist , wenn er von seinem Standpunkte aus meinen Aeußerungen einen anderen Sinn unterlegt, als der ist, den ih meiner gewiß verlässigen Erinne- rung wirklich zum Ausdruck gebracht habe.

Nach dem Abg. Frhrn. v. Arentin nahm der Staats- Minister Dr. v. Fäustle noch einmal das Wort:

Meine Herren! Jh werde Alles beitragen, um diese Angelegen- heit, welche jeßt s{chon so weit ausgetragen ist, zum Abschlusse zu

ringen. i :

: Sch will mix nur, nahdem eigentlich virtuell noch immer der frühere Standpunkt festgehalten wird, noch erlauben, auch noch eine Rede in Bezug zu nehmen, welche von einem Gegner des Laskerschen Antrages, und zwar von einem hervorragenden Mitgliede des Aus- schusses in der Kammer der Reichsräthe cin paar Tage nah der Ausschußsizung, wie ih wiederholt betone, in der öffentlihen Sißung der RNeiehsrathskammer gehalten worden ist. Die betreffende Stelle lautet: / e E ;

Ich bin weit entfernt, daran zu zweifeln, daß die Reichsregie- rung in dieser Weise vorzugehen beabsichtigt und vorgehen wird nämlich im Wege der Kodifikation, Allein, meine Herren, vergessen Sie es nicht, der Reichstag. hat auch die Juitiative in der Geseß- gebung, und es ist daher wohl möglich, ja selbst wahrscheinli, daß er von diesem Rechte Gebrauch machen wird, um je nach der momentanen Richtung der Zeitftrömung bald in diese, bald in jene civilrechtliche Materie fragmentarish abändernd einzugreifen.

Es ist dies wohl keine unbegründete Vorausfezung. Jch er- innere beispielsweise an die Einführung der Civilehe und die Aufhebung der Fideikommisse. In diesen Richtungen sind schon im Jahre 1848 in der Nationalversammlung zu Frankfurt Anträge und Beschlüsse gefaßt worden, und, meine Herren, manchen Saamen, der damals gesäet wurde, sehen wir heute zur Frucht reifen.

Main ih die Acußerung gemacht haben foll, die mir in den Mund gelegt wird, wie erklärt fi eiue solche Auslassung?

Uebrigens kana ih noch weiter bemerken, daß ih von drei Mit- gliedern des Reichérathsausschusses ermächtigi worden bin, zu erklären und ich bin auch in der Lage, den betheiligten Herren dieses Hohen Hauses die Namen zu nennen daß sie meinen Worten feinen anderen & inn beigelegt haben, als derjenige ist, den ich dem Hohen Hause vorzutragen die Ehre hatte.

Auf die Versicherung des Abg. Frhrn. v. Arentin, daß seine Wiedergabe der Aeußerung des Staats-Ministers Dr. v. Fäustl e auf bestem Glauben beruhe, erwiderte dieser:

Ich will dem Herrn Vorredner gegenüber nur berichtigen, daß ich bei der hohen Achtung, welche ih der persönlichen Chrenhaftigkeit desselben zolle, weit entfernt bin, ihm eine Unwahrheit zum Vorwurf zu machen. Ich bin der lebhaften Ueberzeugung, daß seine Auffaffung nur eben wegen seines abweichenden politishen Standpunktes eine ver- schiedene gewesen ift.

S. 44 handelt von den für die Anordnung des Auf-

gebots beizubringenden Bescheinigungen. Die Landesgeseß- gebungen können die Anordnung des Aufgebots von einer Ge- nehmigung der Auffichtsbehörden abhängig machen. :

Die Abgg. Dr. v. Schulte und Dr. Schröder (Friedberg) befürworteten die Streihung der lezten Bestimmung, worauf der Großherzoglih badische Bundesbevollmächtigte, Ministerial- Präsident v. Freydorf erklärte:

Meine Herren! Die Scchlußb-rstimmung des §. 44 des Gesehz- entwurfs beruht allerdings, wie der Herr Vorredner hervorgehoben hat, auf einem sich an das badische Ret anlehnenden badischen An- trag. In Baden is Rechtens, daß das Aufgebot vom richterlichen Beamten angeordnet, vom bürgerlicben Standeëbeamten nur vollzogen wird. Hierdurch ist der s{chwierigste, besoudere Rechtskenntnisse er- fordernde Akt der bürgerlichen Standesbeamtung, näâmlich'die Prüfung der Vorausseßungen der Ehe, die P:üfung der Frage, ob Ehehindernisse vorliegen, in die Hände des uichterlichen Beamten gelegt und damit verhütet, daß nicht aus Unkenntniß des Rechts, unter Mitschuld eines Standesbeauiten, unzulässige, gar ungiltige Ehen zu Stande kommen, Dem entsprechend wurde von Baden beantragt, diese Bestimmung auf das ganze Reich auszudehnen, und diefer Antrag war seiner Zeit dem ersten Entwurfe gegenüber umsomehr gerechtfertigt, als ja der erste Entwurf die Bestimmung des vorhergehenden dritten Abschnitts über die Erfordernisse der Eheschließung niht enthielt als in verschiedenen deutschen Staaten die vershiedensken Bestimmungen über die Vorausseßungen der Ehe und über Ehehindernisse, in ein- elnen dieser Länder sogar unter si verschiedene Bestimmungen, be- Fantein welche zum Theil nicht kodifizirt waren und mit denen die bürgerlichen Standesbeamten wohl s{werlich zurecht gekommen wären. Dem Antrage ift niht im vollen Maße entsprochen worden; es ist vielmehr durch die Schlußbestimmung des F. 44 den einzelnen Regie- rungen uur die Möglichkeit offen gelassen, es fo zu halten, wie es in Baden Rechtens ift, und es ist in der Motivirung auf Baden und

Hessen exemplifizirt. Seidem hat sich die Sache vereinfacht. Es sind pelen gem e Abschnitt die Bestimmungen über die Voraus- seßungen der Ebe, über die Erfordernisse der Eheschließung, über die Ehehindernisse in übersichtliher, auch für den gemeinen Verstand zu- gänglichen Weise Fu Bg eage: Es scheint nach der heu- tigen Sachlage, im übrigen Deutschland der bürger= lide Standesbeamte sowohl mit der Anorduung, als mit dem Vollzug des Aufgebots betraut werden soll, und wenn das der Fall ist, so glaube ich s{chwerlich, daß die badische Regierung si entschließen wird, von der im Schlußsaße des §. 44 eingeräumten Befugniß Gebrauch zu machen und dadurch ihren Standesbeamten gegenüber den Standesbeamten im übrigen Deutschland eine levis nota anzuhängen. : : i

Ich glaube also, daß nach der jeßigen Sachlage Seitens der Großherzoglich badischen Regierung auf die Befugniß verzichtet wer- den kann, welche die Schlußbestimmung des §. 44 den Einzelstaaten einräumt, und ih habe meinerseits gegen den Strich dieser Bestim- mung nichts einzuwenden.

S. 45 verordnet, daß das Aufgebot an dem Wohnsiße der Verlobten bekannt zu machen is. Der Abg. Dr. Wehren- pfennig richtete dabei die Anfrage an die Bundesregierungen, wie es mit Personen zu halten, die keinen festen Wohnsiß haben. Der Bundeskommissar Geheimer Justiz-Rath Dr. Stölzel entgegnete hierauf: : S

Es ist gerade der Ausdruck „seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort" in §. 45 gewählt worden im Gegensaß zu Bestimmungen, namentlich des französischen Rechts, welche*bahin gehen, daß ein jechsmonatlicher Aufenthaltsort erfordert wird. Diese Bestimmungen haben fich in der Praxis niht als ausführbar gezeigt. Es ist deswegen z. B. in der Rheinpfalz diese sechs8monatliche Frist auf eine zwei- monatliche herabgeseßt. Aber auch eine solche Fristbeftimmung ist nicht gewollt worden vom Entwurf; vielmehr solle es der freien Beurtheilung des einzeln:n Falles überlassen bleiben, ob der augenblicklihe Aufenthalt im Sinne dieses Geseßes der „ge- wöhnliche“ Aufenthalt sei. Es ift deshalb auf Anfragen, die von einigen Standesbeamten an die höhere Instanz gerichtet sind, ob es nicht zweckmäßig sei, den „gewöhnlichen Aufenthalt® noch bestimmt zu definiren durch irgend eine Zeitgrenze, geantwortet worden, dies fei unzweckmäßig; es bleibe dem Standesbeamten im einzelnen Falle überlassen, nah vernünftigen Grundsäßen diese Frage zu entscheiden. Ich glaube, diese vernünftigen Grundsäße werden auch für den in Rede stehenden Fall ausreichen.

Der Abg. Pr. Lieber wendete sih in längerer Rede ge- gen §. 51, welcher bestimmt, daß durch den Ausfpruch des Standesbeamten die Che geschlossen sei. Der genannte Bundes= fommissar erwiderte: :

Meine Herren! Es is \ich bei Abfassung des Entwurfs nicht deshalb zu der jeßt Ihnen vorgeschlagenen Fassung entschlossen wor- den, weil sie urdeut]ch set oder weil sie auf der französischen Verord- nung von ‘1792 beruhe, sondern weil man darin eine wesentliche Vere besserung der Fassung des preußischen Geseßes und der Fassung des Entwurfs des Reichstags zu finden glaubte. Die Fassung des preußi- schen Gesetzes war so zu sagen ein Nothbehelf und zwar deshalb ein Nothbehelf, weil man mit Rücksicht auf das Reichs\trafgesezbuch er- reichen mußte, den Abschluß der Ehe durch eine Urkunde, dur eine Schrift zu fixiren. Das Neichsstrafgeseßbuch bestimmt, daß Reli- gionsdiener, welche zu den religiösen Feierlichkeiten ciner Eheschließung fchreiten, ehe ihnen die Heirathsurkunde nachgewiesen ist, mit gewisser Strafe belegt werden sollen. Nun entstand die Frage, wenn man eine Form der Eheschließung haft der Art, daß die Ehe als ge- {lossen zu gelten hat durch die Erklärung des Standesbeamten, die Eheleute seien rechtmäßig verbunden, ob nicht dann die nöthige Grundlage für den Paragraphen des Reichsstrafgeseßbuches fehle. Darüber war man vollständig einig, daß die Firirung des Momentes des Eheabschlufses ebenso gut bezeichnet werden könnte durch die mündliche Erklärung des Standesbeamtcn, die Eheleute seien jeßt rechtmäßig verbunden, als durch die Unterzeichnung des Eheprotokolls. Ja man erkannte sogar, daß es eigentlich Bedürfniß sei, auf die Erklärung der Eheleute, oder auf die Protokollirung ihrer Erklärung noch irgend einen Ausspruch des Standesbeamten folgen zu lassen. Aber gerade diesem Bedürfniß scheute man fich Angesichts des §. 337 des Strafgeseßbuches gerecht ¿zu werden und kam daun bei \chließ- licher Berathung zu der Fassung, “wie die Herren Antragsteller sie jeßt au für das Reichsgeseß empfehlen. |

Sieht man die Fassung ganz objektiv an, so wird Jedermann finden, daß es hon von vornherein unshön ist, zu sagen, die Che wird damit geschlossen, daß die Eheleute ihren Willen erklären, eine Ehe eingehen zu wollen. Ganz abgesehen von diesem Pleo- nasmus, der sich einfach damit vermeiden ließe, daß man etwa for- mulirte: „den Willen, eine Ehe einzugehen“ hat sich alsbald nah Publikation des preußishen Civilehegeseßes in der Presse die Mei- nung kundgegeben, das sei gar keine Eheform, das sei blos die Er- klärung eines Verlöbnisses. Denn wenn Jemand feinen Willen er- klärt, eine Ehe cinzugehen, so fragt es sich, will er die Ehe in diea sem Moment eingegangen haben, oder will ex sie zukünftig eingehen. Es ist also die in dem et S Gesetze enthaltene Form als eine unglücklich gewählte zu bezeichnen. i

L De tun das Bohe Haus in der Lage ist, die nöthige Remedur selbst zu treffen bezüglich des §. 337 des Strafgcsebuches, eine Re- medur, welche der preußische Landtag nicht treffen konnte, und welche die Vorlage dur die Fassung des jeßigen S. 66 zu treffen beabsich- tigt, worin der zweifelhafte Passus weggelassen is, und da ferner das Ge*’eß des norddeutschen Bundes die hier vorgeschlagene Formel einführt für die Ehen, welche die Deutschen im Anslande schließen, so würde es doch ein eigenthümlihes Ansehen gewinnen, wenn die Ehen von Deutschen im Auslande in anderer Form geslos- sen würden, als die Chen im Julande. Außerdem entspricht es aber vollständig dem Prinzip des Gesehes, daß die Standesbeamten nicht die „leere Phrase“, sondern die Wahrheit zu dem vor ihm vorgegangenen Akte hinzufügen, die Eheleute seien jeßt rechtmäßig verbundene Eheleute. Denn vom Standpunkte dieses Geseßzes aus giebt es keine als die vor dem Standesbeamten ge- \hlofjene Ehe, und fo viel auch allseitig gewünscht werden wird und gewünscht werden soll, daß diesem Akte die kirhlihe Trauung nach- folge in Beziehung hierauf ist ja noch ein ausdrücklicher Schluß- paragraph in das Geseß aufgenommen, so muß doch auch gewünscht werden, daß der Gedanke zum vollen und klaren Ausdruck komme : die einzige Form, in welcher die Ehe geschlossen werden kaun, ist die vor dem Standesbeamten. :

Ich bitte daher, cs bei der vorgeschlagenen Fässung zu belassen.

§. 54 lautet: Is} eine Ehe für aufgelöst, ungültig oder nichtig erklärt worden, so ist dies am Rande der über die Ehe- schließung bewirkten Eintragung zu vermerken,

Hierzu beantragte Abg. Dr. Moufang: nah dem Worte „Ehe® einzuschieben: „rechtskräftig“.

Der genannte Bundeskommissar erklärte fich gegen dieses Amendement:

Die Absicht, welche der Herr Antragsteller verfolgt, ist gewiß die richtige; aber die Form, in die er sein Amendement gekleidet hat, fann nicht gebilligt werden. Daß da, wo die Gerichte Ehen für aufgelöst, ungültig oder nichtig erklären, nux ein rechtskräftiges Er- kenntniß vom Standesbeamten eingetragen werden soll, das nimmt auch der Entwurf an. Würde aber das Wort „rechtskräftig“ hinzugefügt, wie der Herr Antragsteller beantragt, dann würde die Fassung nicht passen für die Gebiete des rheinischen Rechtes; denn im rheinischen Rechte erklären nicht die Gerichte die Ehe für aufgelöst, sondern die Gerichte sprechen nur aus, daß die Auflösungserklärung zulässig sci, und mit diesem Erkenntniß begiebt sih der geschiedene Theil zum Standes- beamten und läßt dort die Ehe für aufgelöst erklären; der Stan-

desbeamte kann aber nicht „rechtskräftig" Ehen für aufgelöst erklä

ren, sondern er kann nur einfach die Ebe für aufgelöst erklären. Die Fassung ist also inkorrekt für die Gebiete des rheinishen Rechtes. Für die anderen Rechtsgebiete würde sie passen; die Sache versteht

sich aber hier, wie bei der Abfassung des Entwurfes angenommen ist, von felbst.

Ich glaube, mit dieser Erklärung könnte der Herr Antragsteller

befriedigt sein.

Landtags- Angelegenheiten. S

Berlin, 18. Januar. Der dem Herrenhause vorliegende Entwurf eines Gesetzes über das Vormunds…\cafts- wesen hat folgenden Wortlaut:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages Unserer Monarchie für den ganzen Umfang derselben, was folgt:

Erster Abschnitt. Vormundschafts gericht.

8. 1, Das Vormundschaftsgeriht wird von Einzclrichtern (Friedensrihtern, Amtsrichtern, Gerichtskommissarien) verwaltet.

___ Im Geltungsbereich der Verordnung vom 2. Januar 1849 und

im Bezirk des Appellationsgerihts zu Frankfurt a. M. werden zu

diesem Zwecke bei den Kollegialgerichten erster Instanz ein oder

mehrere Einzelrichter ernannt.

__§. 2. Für die Vormundschaft über einen Minderjährigen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Vater zu der Zeit, in welcher die Bevormundung nöthig geworden ist, scinen Wohnsiß oder in Er- mangelung eines folchen seinen Aufenthalt gehabt hat.

Hür eine innerhalb der geseßlichen Vormundschaft erforderliche Thätigkeit des Vormundschaftsrihters wird die Zuständigkeit durch den Wohnsiß oder in Ermangelung eines solchen dur den Aufenthalt des Vaters beïtimmt.

__S§ 3. Für die Vormundschaft über ein minderjähriges unehe- liches Kind ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes ihren Wohnfiß oder in Ermangelung eines folcheu ihren Aufenthalt gehabt hat.

S. 4. Für die Vormundschaft über einen Großjährigen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk derselbe seinen Wohnsiß oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt hat. :

___Z. 9. Fehlt es an einem der in den §8. 2—4 angeordneten Ge- richtsstände, so ist das Gericht, in dessen Bezirk der Vater oder die uneheliche Mutter oder der zu bevormundende Großjährige den leßten Wohnsiß gehabt hat, und in Ermangelung eines solchen, dasjenige Gericht zuständig, welches der Justiz-Ministec bestimmt.

§. 6. Für die Vormundschaft über einen Nichtpreußen wird die O eit durh den Wohnsiß nach Maßgabe der §8. 2—4 be- immt.

Iun Ermangelung eines Wohnsißes in Preußen kann das Gericht des Aufenthalts vorlä fige Maßregeln ergreifen und, wenn der Heimath- st ¿at die Sorge für den zu Bevormundenden nit übernimmt, cine Bormundschaft einleiten.

Die Bormundschaft über einen Nichtpreußen is auf Verlangen der Behörden des Heimathsstaates an diese abzugeben. :

S. 7. Minderjährige, deren Eltern unbekannt sind, werden von dem Gericht desjenigen Bezirks, iu welchem sie gefunden wurden, un- ter Vormundschaft gestellt.

S. 8. Für die Pflegschaft eines Bevormundeten ist das Gericht der Vormundschaft zuständig.

Im Uebrigen finden für die Pflegschaft sowie für die außerhalb einer Vormundschaft oder Pflegschaft erforderliche Thätigkeit des Vor- mundschaftsrichters die Vorschriften der §8. 2—4, 6 entsprechende Anwendung. Sofern diese Vorschriften niht anwendbar sind, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Angelegenheiten wahrzunehmen sind, wegen deren die Thätigkeit des Vormundschaftsrichters eintritt. __ H. 9. Streitigkeiten über die Zuständigkeit mehrerer Vormuntd- {chaftêgerichte enischeidet endgültig das Appellationsgericht oder, wenn die Gerichte verschiedenen Appcllationsgerichtsbezirken angehbren, der Justiz-Minister.

__ Die Vormundschaft oder die Pflegshaft kann aus erheblicen Gründen an ein anderes Gericht abgegeben werden, nach Bestellung des Vormundes oder des Pflegers jedoch nur mit dessen Zustimmung, Einigen fich die Gerichte nicht, so entscheidet nah Maßgabe der Vor- schrift des ersten Absatzes das Appellalionsgeriht oder der Justiz- Mie O ° ___§. 10. Gegen die Anordnungen des Vormundschaftsrichters findet Beschwerde statt. Die Entscheidung erfolgt, und zwar endgültig, in dem Bezirk des Appellationsgerichtshofs zu Cöln durch das Land- gericht, in dem Bezixk des Apvellationsgerihts zu Celle dur das eris in den übrigen Landestheilen dur das Appellations- gerit.

Die Beschwerde wird bei dem Vormundschaftsrichter oder bei dem Beschwerdegericht eingelegt.

Zweiter Abschnitt, Vormundschaft über Minderjährige. I, Einleitung der Vormundschaft. |

S. 11. Minderjährige erhalten einen Vormund, wenn sie nit

Vorschriften des burgerlicen Nets ruht, oder wenn ihr Vater s\elbs#t

bevormundet wird. i

S. 12, Erlischt die väterliße Gewalt dur Verheirathung, durch getrennte Haushaltung oder durch Entlassung des Kindes, ohne daß dasselbe die Rechte eines Großjährigen erlangt, fo wird der bisherige

Gewalthaber geseßliher Vormund.

L S. 13. Ist ein geseßliher Vormund nicht vorhanden, \o hat der Bormundschaftsrichter von Amts)oegen die Vormundschaft einzuleiten.

y S. 14 Hat sich der Vater unter Umständen entfernt, welche feine Rückehr zweifelhaft erscheinen lassen, so kann der Vormund- s{aftsrichter zur Sicherung der Person und des Vermögens Minder- lähriger vorläufige Maßregeln ergreifen.

S. 15. Wird eine Bevormundung nöthig, fo sind die Mutter und die Stiefmutter, bei anger.o!nmenen Kindern auch die 8. 16 Nr. 1, 3 bezeichneten Personen verpflichtet, dem Bormundschaftsrichter

Anzeige zu machen.

_ Eine gleihe Pflicht haben die Standesbeamten. Unterlafsen diese die Anzeige innerhalb zwei Wochen seit der crhaltenen Kenntniß, so kann der Vormundschaftsrichtcr gegen sie eine Ordnungsstrafe bis zu hundert Mark verhängen. E

_ Wer die ihm obliegende Anzeige unterläßt, wird dem Pflege» befohlenen für den aus der verzögerten Einleitung der Vormundschaft entstehenden Schaden verantwortlich. fen

…_ Wird eine Bevormundung in Folge eines gerichtlichen Berfahrens nöthig, so ist das Gericht oder, wenn die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren mitgewirkt bat, diese v:1pflichtet, den Bormundschaftsrichter zu benachrichtigen.

__§. 16. Als Vormünder find in uachstchend:r Reihenfolge be- rufen: 1) wer ohne die väterlicze Gewalt zu erwerben, den Pflege- befohnenen an Kindesstatt angenoumen hat; 2) wer von dem Vater in einem Testament oder in einex gerihtlich oder notariell beglaubig- ten oder eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Urkunde be- nannt ift, sofern der Vater zur. Zeit seines Todes die väter- lie Gewalt über den Pflegebefohleaen gehabt hat oder unter Vorausseßung der bereits erfolgten Geburt desselben gehabt haben würde; 3) wer durch Hingabe an Kindesstatt die väter: lihe Gewalt über den Pflegebefohlenen aufgegeben hat; 4) wer von dem Vater in der unter Nr. 2 bestimmten Form benannt ist, sofern der Vater bis zum Tode die Vormundschaft geführt hat; 9) die Muttec über ihre ehelichen Kinder; 6) wer von der Mutter in der unter Nr. 2 bestimmten Form benannt ist, sofern die Mutter bis zum Tode die Vormundschaft geführt hat.

S. 17. Der nah §. 16 Berufene darf nur wegen gesetzlicher Unfähigkeit, aus anderen Gründen nur mit seiner Zustimmung, die Mutter auch, weil sie mit einem Andern als dem Vater des Pflege-

oder Gegenvormundschaften verwalten; 4) Diejenigen, welche an einer die ordnungêmäßige Führung der Vormundschaft hinderuden Krauk- heit leiden; 5) Diejenigen, welche nit in dem Bezirk des Vormund- schaftêgerihts ihren Wohnsiß haben.

Das Ablehnungsrecßt geht verloren, wenn es nicht bei dem Vor- mundschaftsrichtec vor der Verpflichtung geltend gemacht wird.

S. 23. Der Vormund wird von dem Bormund|chaftsrihter auf treue und gewissenhafte Führung der Vormundst aft mündlich ver- pflichtet. Er erhält einen Vormundsbrief, aus welchem auch die Namen und die Geburtszciten der Pflegebefohlenen, sowie die Namen Des Gegenvormundes und der Mitvormünder ersihtlih sein müssen.

Eine Bestellung des gc\eßlichen Vormundes findet nicht statt.

Sofern nit mehrere Vormünder durch den Vater oder die Mutter berufen find, wird in der Regel für einen Pflegebefohlenen oder s E Belwistep nur ein Bormund bestellt.

. 24. Wird eine handlungsunfähige Person z 3 s stellt, fo ist die B:stellung nitig, (Ie DLOO. P As E der U MEIEIEER S Bettlene bevormundet oder Yandiungsunfahig oder nicht im Besiß der bürgerlichen Ebrenr ]o tritt die geseßlihe Vormundschaft mt ein. deren M ¿ed E MeN S E UT R andere Unfähtgkeitsgründe entgegen, oder chit es an der nach §. 21 erforderlihen Genehmigun , fo führt sein Amt, bis er entlassen wird. x E : Wer wissentlid) eine unfähige Person dem Richter als Vormund in Vorschlag gebraht hat, haftet dem Pflegebefohlenen für allen dacaus entstehenden Schaden.

d 2 29. Neben dem Vormund kann ein Gegenvormund bestellt erden.

Ein Gegenvormund muß bestellt werden, wenn mit der Vormund- schaft eine Vermögensverwaltung verbunden ift und nicht mehrere Vormünder zu ungetrennter Verwaltung bestellt sind. /

PUhren mehrere Vormünder die Verwaltung nah Geschäftszweigen

Ens fo kann der eine zum Gegenvormund des andern bestellt

Vil,

L Neben dem geseßlichen Vormund ist ein Gegenvormund nur zu be- stellen, wenn dessen Anhörung nach Maßgabe des §8. 55 eaforderlich wird; die Bestellung exfolgt nur zum Zwecke der Prüfung der von dem Vormundschaftérichter zu genehmigenden Handlung.

, „Auf die Berufung und Bestellung des Gegenvormundes finden die für die Berufung und Vestellung des Vormundes geltenden Vor- 1hriften entsprechende Anwendung. (Schluß folgt.)

._— Dem Haufe der Abgeordneten is folgender Aller- höchster Erlaß, betreffend eine A enes des Re- gulativs über den Geschäftsgang bei der Ober-Rech-

befohlenen verheirathet ist, übergangen werden. Im Falle solcher Verheirathung ist die Bestellung dex Mutter zum Vormund nur mit Einwilligung des Ehemannes zulässig.

Als Vormund einer E'efrau darf vor jedem nach §. 16 Be- rufenen der Ehemann bestellt werden.

Die Beschwerde wegen Uektergehung ist nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nah erhaltener Kenntniß von der Bestellung eines an- deren Vormundes zulässig.

8. 18. Kann die Vormundschaft keinem der nah §8. 16 Berufe- nen übertragen werden, fo hat èer Vormundschaftsrihter nah An- hôrung des Gemeindewaisenraths einen Vormund zu berufen.

F. 19. Jeder Preuße, welcher uicht geseßlich unfähig oder zur Ablehnung berechtigt ist, muß die Vormundschaft, zu welGer er be- rufen ist, übernehmen.

Weigert sich der Berufene, fo wird er dem Pflegebefohlenen für allen aus der Weigerung entstehenden Schaden verantwortlih und kann von dem Vormundschaftsrichter durch Ordnungsstrafen zur Uebernahme der Vormundschaft angehalten werden.

Eine Ordnungsstrafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.

§. 20. Unfähig zur Führung einer Vormundschaft sind: 1) bevor- mundete oder handlungsunfähige Personen; 2) Pexsonen, welche das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hakên ; 9) weibliche Personen mit Ausnahme der ehelichen oder unehelichen Mutter; 4) nach Maßgabe des Strafgesezbuchs Personen, welchen die bürgerlichen Ehrenrehte aberkannt sind; 5) wer eines vormundschaft- lihen Amtes entseßt worden ist; 6) Gemeinshuldner während der Dauer des Konkursverfahrens; 7) wer offenkundig einen unsittlichen Leben8wandel führt; 8) wer von dem Vater oder von der Mutter nach Maßgabe der in §. 16 Nr. 2, 4, 6 für die Berusung eines Vor- mundes gegebenen Vorschriften ausgeschlossen worden ist ; 9) wer offen- fundig mit den Eltern des Pflegebefohlenen oder mit diesem selb\t in Feindschaft gelebt haï oder noch lebt; 10) Stiefväter über ihre Stiefskinder, auêgenommen, wenn Einkindschaft stattfindet; 11) unehe- liche Erzeuger über ihre natürlichen Kinder, ausgeaommen, wenn fie dieselben freiwillig anerkannt haben.

8. 21, Personen, welche in einein Staats-, Gemeinde- odex Kirchen- amt stehen, bedürfen zur Führung einer von dem Vormundschaftsrichter eingeleiteten Vormundschaft der Genehmigung der ihnen zunächst vor- geseßten Behörde.

8. 22. Die Uebernahme einer Vormundschaft können ablehnen : 1) die Mutter; 2) Diejenigen, welche das sechzigste Lebensjahr über-

unter väterliwer Gewalt stehen, wenn die väterlihe Gewalt nach den

K L Inferate für den Deutschen Reichs- u. Kgl. Preuß. | Staats-Anzeiger, das Central-Handelsregister und das Postblatt nimmt an: die Iuseraten - Expedition

dex Deutschen Üeihs-Anzeigers und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers : u. dergl.

Berlin, 8. W. Wilhelur-Straße Nr. 32.

Steckbriefe und Untersuchungs - Sachen. Steclbrief, Gegen den Handlungsgehülfen Ernst

Komm. 11. beschlossen worden. Die Verhaftung hat

1. Steckbriefe und Untersuhungs-Sachen. 2. Subhastationen, Aufgebote, Verladungen

3, Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen 2c. Pa 4. Verloofung, Amortisation, Zinszahlung u.#\ w. von öffentlichen Papieren.

Subhastationen, Zufgebote, Vor- ladungen 1. °ergl.

&Griedrich Nichter ist die gerichtlihe Haft wegen ; e wiederholter Unterschlagung in den Akten R. 20/75 L) Nothwendiger Verkauf. haben. e Dec De T Ée wi de | c S Un E belegene, im

aus t onnen. E wird erqucht, | Hypothekenbuche Band 1 Blatt ; Ss ; den 2c, Richter im Betretungsfalle festzunehmen und | dem Rittergutsbesißer und Lieutenant a. D. Hans | aus sonstigem Grunde Ansprüche an den Nachlaß mit allen bei sich vorfindenden Gegenständen und | Agathon Erdmann von Thielen in Berlin, Melchior-

schritten haben; 3) Diejenigen, welche bereits zw-i Vormundschaften

nungskammer, vom 27. Juli 1874, zur Kenntnißnahme vorgelegt worden:

Auf den im Einvernehmen mit der Ober-Rechnun skammer er- statteten Bericht des Staats-Ministeriums vom 23. Jult d. Js. und auf Grund des §. 7 des Gesetz-s vom 27, März 1872, betreffend die Einrichtung und die Befugnisse der Ober-Rechnungskammer (Geseßz- Samml. S. 278) will Jh hierdurch genehmigen, daß der §. 6 des durch Meinen Erlaß vom 22. September v. Js. genehmigten Regu- lativs über den Geschäftsgang bei der Ober-Rehnungskammer (Geseßz- Samml. S. 458) die nafo!gende Fassung erhalte.

Z. 6. „Die ordentlichen Sißungen des Kollegiums finden an feft bestimmteu Tagen statt. Außerordentliche Sißungen werden von dem Präsidenten durch besondere Verfügung anberaumt. Wird ein Mit- glied behindert, einer Sißung beizuwohnen, so hat es hiervon dem Präfidenten rechtzeitig Anzeige zu machen.

E Abstimmungen erfolgen in der durch das Dienstalter be- stimmten Reihenfolge dergestalt, daß zuerst der jüngste Rath und zuU- leßt der Vorfißende seine Stimme abgiebt. Ueber die Stellung der ragen, jowie Uber das Ergebuiß der Abstimmung entscheidet im Falle einer Meinungsverfchiedenheit das Kollegium.

Bei getheilten Stimmen bleibt es der Minderheit oder den ein- zelnen Mitgliedern derselben überlaffen, ihr abweichendes Votum [riftli zu begründen und den betreffenden Akten beizufügen.

Dieser Erlaß is dur die Gescß - Sammlung zu veröffentlichen und dem Landtage der Monarchie zur Kenntnißnahme mitzutheilen.

Wildbad Gastein, den 27. Juli 1874.

Wilhelm. Camphausen. Grof zu Eulenburg. G. v. Kameke.

Münster. Amtlicher Meldung zufolge is bei der heutigen anderweiten Wahl eines preußiichen Landtags-Abgeordneten im hie- figen 3. Wahlbezirke der Regierungs-Rath Fihr. v. Heeremann in Merseburg (Centrum), dessen Mandat durch die Beförderung erloschen war, mit 334 gegen 23 Skmmen wiedergewählt worden.

Dannenberg, 16. Januar. Bei der heutigen anderweiten Wahl eines Abgeordneten zum preußischen Abgeordnetenhause im hiefigen 27. hannoverishen Wahlbezirke, an Stelle der für ungül- tig erklärten Wahl des Stadtsyndikug Hurbig, wurden, amtlicher Mit- theilung zufolge, im Ganzen 194 Stimmen abgegeben. Hiervon er- hielt v. Grote zu Schnega (Partikularifst) 102, der Kandidat der nationalliberalen Partei, Stadtsyndikus Hurbig, in Hameln, 92 Stim- men. Der Erstere ist sonach gewählt.

n M Œ E N A is eig Er 4+ Inserate nehmen an: die autorisirte Aunoncet-Expedilión | von Rudolf Mosse in Berlin, Breslau,

. Verschiedene Bekanntmachungen. . Literarische Anzeigen. 8. Familien-Nachrichten.

Erscheint in. separater Beilage.

1 eingetragene,

Geldern an die Königliche Stadtvoigtei-Direktion | straße 20 gehörige Forstgrundstück Waite Nr. 11, | iermit aufgefordert, in dem auf

. Industrielle Etablifsements, Fabriken u.Großhandel.

9. Central - Handels » Register (eins{Gl. Koukurse). L

des gedahten Johann Christoph Lindhorn machen,

Mittwoch, deu 17. Februar 1875,

! Chemnig, Cóôln, Dresden, Dortmund, Frankfurt a. M., Halle a. S,,

| amburg, Leipzig, München, Nürnberg, Prag, Straß- urg i. E, Stuttgart, Wien, Zürich und deren Agenten, sowie alle übrigen größeren Annoncen -Bureaus.

geb. Lindhorn, den Nachlaß ihres verstorbenen | mission auf Lieferung vou Kartuschbü@zsen“ Bruders Iohann Christoph Lindhoru nur | versiegelt und franko hier einzureichen. untex der Nechtswohlthat des Junventars angetreten

Die Bedingungen find im diesseitigen Bureau zu GSriedrihsort einzuschen; auch können dieselben gegen

Zugleich werden alle bekannte und unbekannte | Erstattung der Kopialien nach auswärts versandt Betheiligte, welche als Gläubiger oder Erben oder | werden.

Friedrihsort, den 12. Januar 1875. Artillerie - Depot für Lie VaRjenbe esligung e

von Kiel.

hierselbst abzuliefern, Berlin, den 13. Januar | welches mit einem Flächeninhalte von 662 Hektaren

1875. Königliches Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungssachen. Kommission Il, für Vorunter- suchungen. Beschreibung. Alter: 30 Jahr, geb. am 8. Mai 1844. Geburtsort: Görliß. Größe: 9 Fuß 8 Zoll, Haare: duunkelbraun (kraus). Augen: braun, Augenbrauen: dunkelbraun, Kinn: rund. Nase: gewöhnlih. Mund: gewöhnli. Gesichts- bildung: voll, Gesichtsfarbe: gesund, Zähne: voll- ständig. Gestalt : korpulent. Sprache: deuts (\ch- fischer Dialekt). Besondere Kennzeichen: Dex «c. Nichter hat etwas Glate.

Steckbriefs-Erledigung. Die unterm 23. Ja- nuar 1874 hínter den Müllergesellen, früheren Ulan Franz Kosmehl, geb. zu Osht bei Königswalde, erlassene offene Strafvollstreckungs-Requisition ift er- ledigt. Potsdam, den 14. Januar 1875.

Königliches Kreisgericht. Abtheilung I. _Steckbriefs-Erledigung. Der in Nr. 182 pro 1873 von dem Kreisgeriht zu Meseriß hinter den Abdedcker Sarena Schley crlassene Steckbrief is erledigt. Meseriß, den 14. Januar 1875, Kösönig- liches Kreisgericht. I. Abtheilung

20 Aren 40 Quadratstab der Grundsteuer unterliegt und mit cinem Grundsteuer-Reinertrage von 201,72 Thlr. veranlagt ist, soll im Wege der nothwendigen Subhastation am Dienstag, den 16. Februar 1875, _ Vormittags um 11 Uhr, an ordentlicher Gerichts]telle versteigert werden. Der Auszug aus der Stenerrolle, der Hypotheken- O von dem Grundftücke und alle sonstigen dat- elbe betreffenden Nachrichten, sowie die von den Interessenten bereits gestellten oder noch zu stellenden besonderen Verkaufsbedingungen können im Bu- reau III. des unterzeichneten Königlichen Kreisgerichts während der gewöhnlichen Dienststunden eingesehen werden. Birnbaum, 14, Dezember 1874. Königliches Kreisgeriht. Erste Abtheilung. Der Subhastationsrichter.

Das Untergeriht der freien Hansestadt Bremen macht hierdurch bekaunt:

daß Iohaun Fricdrich Lindhorn, Georg Wil-

helm Mencke Wittwe, Meta, geb. Lindhorn,

und Heinrih Lahmaun Wittwe, Aung Marie,

[6216] Vormittags 11 Uhr,

angeseßten Termine, welcher auf dem Rathhause in der Untergerichtsstube stattfinden wird, resp. ihre Erbrechts- oder sonstigen Ansprüche und Forderungen anzugeben, zugleih auch die zu ihrer Legitimation und den Nachweis ihrer Ansprüche erforderlichen Papiere und Dokumente beizubringen.

Die Unterlassung der Angabe in diesem Termine hat, ohne weitere rihterliche Präklusion der Verlust des betreffenden Anspruchs zur Folge.

Bremen, aus der Kanzlei des Untergerichts, am 19, Dezember 1874.

H. v, Lingen.

Verkäufe, Verpachtungen, Submissionen 2c.

(3) Subwissious-Anzeige.

Das unterzeichnete Artillerie - Depot beabsichtigt, die Lieferung von / 1320 21 Cm. Kartuschbüchsen im Wege der öffentlichen Submission zu vergeben. Offerten hierüber sind bis zum 30. Ianuar cr., Vormittags 11 Uhr, mit der Aufschrift: „Sub-

342] Submission.

„Es sollen im Submissionswege diverse Aus- rüstung83gegenstände Geschirrsahen und Wagenzubehör beschafft werden.

Verzeichniß derselben, sowie Lieferungsbedingungen sind im diesseitigen Bureau einzusehen oder gegen Erstattung der Kopialien zu beziehen. Termin zur Eröffnnng der Offerten :

Montag, den oe cr., Beormittags

r. Münster, den 15. Januar 1875. Königliches Train-Depot 7. Armcee-Corvs.

[248] Bekanntmachung,

Das unterzeichnete Artillerie-Depot wird am 2. Fe- bruar cr., Ag 10 Uhr, in feinem Bureau 21 Ctr. 3 Kilo altes Gußeisen inMörserlafetten- wänden uud 220 Ctr, Schmiedecisen in un-

brauhbaren Beschlägen auf dem Wege der öffent- lihen Submission an den Meistbiet-nden verkaufen. Die Bedingungen liegen im Bureau des Artillerie- Depots zur Einsicht aus, können auch abschriftlich

gegen Erstattung der Copialien mitgetheilt werden, Artillerie-Depot zu Torgau,