1875 / 19 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Jan 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Aufgabe gestellt, talentvollen jüngeren Komponisten Gelegenheit zu biet n, ihre Kompositionen cinem g2ößern Publikum vorzuführen, ver- öffentliht jeßt ein Preisausschreiben, wonach für die beste Salon-Piece 100 Fl. ôst. W., für die beste Walzer-Partie 100 Fl. öst. W., und für die beste Polka 50 Fl. öft. W. ausgeseßt sind. Die einzusendenden Kompofitionen scllen populär und leicht spielbar feiu und find bis längstens 1. März 1875 cinzusenden. Als Preisrichter fungiien: J. Helmeésberger, artistisher Direktor am Wiener Konser- vatorium, J. Kaulich, Bühnen-Kapellmeister der k. k Hofoper, E. Kremser, Chormeifter des Wiener Männergesangvereins, A. Sucher, Kapellmeister der komischen Oper und Fr. v. Suppé, Kapellmeister am Karltheater daselbst.

Bei den Erdarbeiten für die neuen Straßenanlagen in Nom hat man einen bemerkenêwerthen Fund von antiken Skulpturen gemacht. Die Arbeiter fanden beim Angraben ein r festen Masse von Erde und Schutt zuerst einen weiblihen Kopf von Marmor. Die Kommisfion der Alterthümer ließ darauf hin weiter graben, und als- bald fand man einen männlichen Kopf, dann den Torso zu dem weib- lichen Kopfe und endlich die Beine dazu. Diese weibliche Figur ist eine Venus in dem Charakter der mediceischen von \{öner Ausführung in parishem Marmor. Die Statue ist mitt-n am Halse, über beiden Knieen und über dem linken Fuße zerbrochen, auch an der Nasenspitze kcickt beschâdigt, sonst aber im Allgemeinen wohl erhalten. Später fand man eine Halbfigux des Commodus als Herkules und das reichverzierte Piedeftal dazu, dann eine weiblide Gewaudstatue ohne Kopf, dann zwei Halk- statuen von Tritonen, die untere Hälfte derselben is vermuthlich in Bronze ausgeführt gewesen, dann ein bedeutendes Bruchstück einer Bacchusstatue, den Vordertheil des Oberkörpers bis zu den Hüften mit dem Kopfe und dem rechten Arm, feruer nech eine weib.iche Ge- we:ndfigur obne Kopf und die Beine einer männlichen Figur, endlich

Die Hermanns\chlacht. I[T.

(Vgl. Nr. 17 d. Bl.)

Wie in der Literatur, so is auch in der bildenden Kunst die Hermannschlaht und die Gestalt des Arminius \elber lange Zeit hindurch neben den Motiven, welche die Nibelungensage der nationalen Kunst in reiher Fülle darbot, in den Hintergrund getreten. Den großartigen, in den Jahren 1812—1817 von Cornelius au?geführten, in Stihen von Amsler, Barth, Lips und Ritter publizirten Kompositionen zu den Nibelungen, denen sich spätcr desselben Meisters 1859 in Rom gemalte, gegen- wärtig in der Nationalgallerie befindliche „Versendung des Nibe- lungenßhorts“ anschloß, folgten die im Auftrage König Lud- wigs I, in den Sälen des Erdgeschosses in der neuen Residenz in München von Sch{hnorr von Carolsfeld gemal- ten Nibelungenfresken und desselben Künstlers Illustra- tionen zu der Cotta’schen Prachtausgabe der Nibelungen, die von Eduard Bendemann in Gemeinschaft mit J. Hübner herausgegebenen Zeihnungen zu den Nibelungen, die von Karl Wilhelm Kolbe herrührenden Darstellungen hervor- ragender Momente des Nibelungenliedes im Marmorpalais zu Potsdam und manche andere mehr oder minder verdienstvolle Leistungen ähnlicher Art. Ohne Frage hat zu dieser ausgebrei- teten und andauernden Theilnahme die in der modernen Kunst vielfah wahrnehmbare Vorliebe für solche Gegenstände, denen bereits die dichterische Darstellung eine künstlerische Form verlie- hen, niht unwesentlih beigetragen. Aber auch dieser Umstand vermochte doch die Aufnahme jenes anderen Stoffes von nit geringerer nationaler Bedeutung niht gänzlih zu verdrängen. Wir erinnern nur an die Komposition der Hermannsschlacht von Oskar Vegas, deren Entwurf auf der Kunstausstellung des Jahres 1860 erschien, und an die Behandlung desselben Gegen- standes, die Friedrih Guukel niht viel später für das Maxi- milianeum in München ausführte.

In neuester Zeit endlih unternahm es einer unserer aner- kanntesten Meister, wenn auch nicht die Gestalt des Arminius, #0 doch die der Thusnelda zum Mittelpunkt einer bedeutenden historishen Komposition zu mahen. Wir meinen Karl von Pilotys großes Gemälde der Tbusnelda, die mit ihrem in der Gefangenschaft geborenen kleinen Sohn Thumelicus im Triumphzuge des Germanicus, mehr einer Siegerin als einer Besiegten ähnli, einherschreitet. Jedenfalls i diese Shöpfung, abgesehen von ihren, von der ästhetishen Kritik läng| darge- legten Mängeln, unter denen die zu modern theatralische Auf- faffüng der Hauptfigur am’ wenigsten übersehen werden kann, in Bezug auf die Wahl des Motivs wie auf den Grundgedanken der ganzen Komposition, der die gesunde, ungebrochene Kraft des germanischen Volkes dem übermüthigen, seinen Verfall be- reits in sih tragenden römischen Glanze gegenüberstellt, ein durch- aus glüdliher Griff und eine Arbeit von eht nationalem Ge- präge der ganzen Anschauung.

Auf dem Gebiete der Plastik begegnen wir der frühesten hierher gehörigen, an die Kämpfe der Germanen mit den Römern anknüpfenden Darstellung bereits in jener vormals als Thus- nelda“, jeht als „besiegte Germania“ bezeichneten, in Florenz, im Abguß auch im Berliner Museum -befindlichen antiken Kolofssal- statue einer trauernden weiblihen Gestalt von deutshem Typus, von der Friederihs sagt: „Sie ist würdig, mit Tacitus Ger- mania verglichen zu werden, sie ist ein gleih \{chönes Denkmal, das ein Rômer der germanischen Nation geseßt hat. Der Künst- ler hat eine reife Jungfrau gebildet; denn nur als eine solche, als eine Heldenjungfrau, die den Kampf nicht \cheut, konnte Germania gebildet werden. Ihr hoher Wuchs überragt das Maß des Südens und erinnert an das Wort des Tacitus, in dem er seine Vewunderung der hohgewahsenen germanischen Gestalten aus\priht. Sie trauert zwar über das Unglück ihres Vaterlandes, fie ist so ganz in ihre Trauer versunken, daß sie au des gelösten Gewandes, das ihre Brust entblößt, nicht achtet; aber dieser tiefe Schmerz ist voll Adel und auch nur der Ausdrudck einer hohen Gesinnung.“

Die neuere Plastik hat sich mehrfach der Gestalten des Armi- nius und der Thusnelda bemächtigt, und ers eine der leßten akademischen Ausftelungen brachte als talentvolles Ersilings- werk eines jüngeren Künstlers, Herman Schlüter s, cine über- lebensgroße Figur des Herman, der die eroberten römischen Jeldzeichen unter die Füße tritt. Von früheren Arbeiten erwähnen wir nur noch eine im Jahre 1834 in Berlin ausgestellte und mit Beifall aufgenommene lebensgroße. Gruppe der „Thusnelda, die den siegreihen Herman bekränzt“, eine Arbeit von Wilhelm Matthiae, einem Berliner Künstler, der frühzeitig nah Rom Üüberfiedelte und dort ncch der unmittelbaren Anleitung Thor- waldsens genoß.

Eine monumentale Verherrlihung fand die „Hermann- {{chlacht“ in dem nördlichen Giebelfelde der Walhalla bei Regens- burg dur eine troy der mangelnden feineren Durhbildung in ihrer Gesammtanordnung wirkungsvolle Komposition des frucht- baren Shwanthaler. Die Mitte der aus funfzehn ftolossalen Figuren bestchenden Darstellung nimmt die Gestalt des Arminius selber ein, der in dem allcgorishen, nah einer Skizze Rauchs ebenfalls von Schwanthaler ausgeführten Relief des vor- deren Giebels, das den Befreiungskriegen gewidmet ist, die Figur einer Germania entspriht, so daß beide, dem Gedanken nah,

die Köpfe zu den beiden Gewandfiguren. Im Ganzen sechs Statuen, die Halbfigur des Commodus, ein männalicher Kopf und zwei Beine. Sämmtliche Skulpturen sind Werke aus der Zeit der Antonine, fie wurden auf einem kleinen Raume des Terrains derx Villa Palombara auf dem Esquilin gefunden, wo man auch son früher fehr bedeu- tende Ueberbleibsel antiker Kunst entdeckt hat. :

Wie man der „Allg. Ztg.“ aus Orford reibt, soll, auf Veranlassung des italienischen Kultus-Ministers und dur die Regierung unterstüßt, zur 400jähriger Geburtsfeier Michel Angelo's in Florenz am 6. März d. J. eine Anzahl werthvoller, bisher un- gedruckter Briefe von und an den gefeierten Künstler, deren Originale meist im Britischen Museum aufbewahrt find, von dem Florentiner Forscher „Milanesi* herauêgegeben werden.

In einer der leßten Sißungeu der \{wedischen Akademie für Wissenschaften bestätigte Professor Nordenskjiöld das Anerbieten des Hrn. Vêcac Dickson in Gothenburg, die Mittel zu ciner neuen arktischeu Expedition h-rgeben zu wollen. Die Expedition soll im nächsten Frühjahre von Norwegen nah Nowaja Semlja und dem karischen Meere abgehen, um daselbst die wissenschaftlichen Forschun- gen forizuseßen, welche in den leßten Jahren von shwedis{en Män- nern auf Spißbvergen und in den umliegenden Gewässern vorgenommen worden sind.

Ronsdorf, 17. Januar. (Fr. I.) Die Steinbrüche und Wal- dungen der HH. Gries und Kiekuth sind dur eine starke Er d- Erschüttecung heimgejuchßt worden. Dieselbe dauerte mehrere Sekunden, erstreckte sich auf cinen Raum von 17 Are und hat eine bedeutende Verwüstung angerichtet. Die Bewegung der Erde war eine s{aukelrde. Schwere Steine wurden mehrere Fuß weit fort- geschoben, Arbeitshütten emporgehoben; der Boden erlitt Nisse, von

miteinander korrespondirende Giebelfelder die wiederholte siegreiche Niederwerfung der Fremdherr\chaft feiern.

Die bedeutendste plastische Darstellung des Arminius end- lih ist das von dem Bildhauer Ioseph Ernst von Bandel seit früher Jugend geplante Hermansdenkmal für die Grotenburg des Teutoburger Waldes. Der 95 Fuß hohe, zu einem gewal- tigen Postament bestimmte Kuppelbau harrt dort feit beinahe dreißig Jahren der aus Kupfer getriebenen Kolofsalgestalt von nahezu gleicher Höhe, die ihn bekrönen soll. Seit dem Jahre 1834, in welhem der Künstler seine Stizze zum ersten Male ausftellte, ist das Werk allmählich, unter Ueberwindung der man- nigfachsten Schwierigkeiten, seiner Vollendung entgegengereift ; um sich nunmehr bald dort, wo die römischen Heere vernichtet wurden, in seiner imponirenden Größe zu erheben, ein zwar \spätes, aber auch ein würdiges Denkmal des ersten Befreiers un- seres Vaterlandes und der seitdem mehr als einmal von neuem erprobten und bewährten Kraft des Deutschen Volkes.

Einen Cyklus kulturhistori\scher Vorträge über Südost-Afrika eröffnete am Freitag Abend der Missionssuperintendent Merensky auf Gruud seiner während eines funfzehnjährigen Aufenthalts in Südafrika gesammelten Erfahrungen. Zwei Ursachen, sagte Redner, find es, die Afrika bisjeßt der civilisirten Welt verschlossen haben: der Mangel an Wasser- straßen und das ungesunde Klima, welches die Gründung von Kolo- nien erschwert, ja ganz verhindert. Wahrscheinlih wird vom Süden aus das s{chWarze Land fultivirt werden, im Norden bemmt der Muhamedanismus und die große Wüste den Fortschritt der Bil- dung, im Often und Westen herrscht ein tödtliches Klima; in Süd- afrika dagegen ist das Klima bis zum Wendekreise äußerst gesund. Es giebt ungefähr 270,000 Weiße, die im Lande geboren und auf- erwachsen sind und die ihr Vaterland leidenschaftlich lieben. Sie bilden die Machtgrundlage für die sich aúsbreitende Kultur. Hielt Carl Ritter noch Südafrika für das Emporium des Handels zwishen Europa, Indien und Australien, so hat fih seit jener Zeit durch den Suezknaal und die central- afiatischen Eisenbahnen die Lage völlig verändert. Südafrika muß geigen, daß es auf eigenen Füßen zu stehen vermag, Bemerkenswert l) vor Allem ist die Transvaal-Republik, weil sich in ihr cin Stü cin- geborener Kultur entwickelt und ein eigenartiges Staatswesen gebildet hat. Während dieselbe im Norden gewaltige Gebirge umfäumen, fällt das Land nah Often und Südosten terrassenförmig ab bis zum Mécere hin. Eine Anzahl Flüsse dur{chströmen es: mit \{nellem Gefälle fließt der Vaalstrom in seinem ausgehöhlten Bette, und während man ihn im Sommer durchwaten kann, hat er im Winter die Breite des Rheines bei Cöln. Das Land ift außerordentli reich an Mine- ralien, Vom Vaalstrom bis Natal erstreckt sih ein gewal- tiges Lager bester Steinkohle, das oft zu Tage tritt. Eisen ist überall und in allen Formen vorhanden, Kupfer, Blei, Zinn und Graphit, Nickel und Kobalt werden ebenfalls gefunden. Das Gold tritt sowohl in Adern als im Alluvium auf. Die größten Dimen- fionen hat aber bis jeßt der Diamantenhandel angenommen. Im Jahre 1867 wurde zuerst das Vorkommen von Diamanten entdeckt, bald fand man ganze Diamantenfelder, und Hunderte \tcôömten zu- sammen, um ihr Glück zu versuchen. Es wurde ein Comité gebildet, das streng auf Ordnung hielt, Jeder bekam ein Stück Land, dessen Erde er oft mit unsägliher Mühe ausgräbt, um sie am nahen Vaagl- flusse zu durchfieben. Im Jahre 1871 fand man reiche Minen, ein wahres Nest von Edelsteinen. An 30,000 Menschen strömten zu- sanimen, tiefer und tiefer wurde die Erde durchsuct, bis zu 20 Dia- manten wurden mitunter an einem Tage gefunden, Bald entstand in der Nähe eine neue Stadt mit Kircen, Hotels und Spielhäusern. Die Felder bildeten \{chließlich eine allumfassende, ungefähr 200 Fuß tiefe Grube, die einem riesigen Ameisenhaufen glich und über welhe hinweg in gewaltigen Dimensionen \sich eine Drahßtseil- bahn s{chwingt, um das Erdreich leichter befördern zu können. Der Reichihum der Kolonie wuchs dur die Felder bedeutend, wurden doch im Jahre 1872 für 306,000 Pfund Sterling Diamanten exportirt. Da der Besiß des Landes zwischen der Republik und der nördlicher gelegenen Völkerschaft streitig war, beseßte {ließlich England das ganze Gebiet. Jn vielen Hinsichten ist Südafrika das Land der Ge- gen\äße. Die Ostseite ist regenreich, die Westküste und das Plateau angenehm. Das“Klima ist meist vorzüglich, die mittlere Temperatur beträgt 13 Grad Réaumur, während dieselbe für Paris nur 6} be- trägt, die Nächte find dagegen vielfah von Frost und Reif begleitet.

Der Gegensaß des Klimas und dir Feuchtigkeit spiegelt sich auch in -

der Vegetation, der Pflanzenwuchs zeigt die größte Verschiedenheit. Während es ganz öde Gegenden giebt, herrs{cht an der Osta küste der üppigste Graswuhs bis an die Spiße der Gelsen. Sünfzig Meilen kann man reisen, ohne Baum und Busch zu sehen. Zuweilen schreit t das Feuer über die grüne Fläche und b: deckt Alles mit einem s{chwarzen Leichentuhe. Unvergleihlih s{ön ist dec Blick auf die majestätishen Urwälder, in deuen der Gelbholzbaum bis zu hundert Fuß Höhe vorherrs{cht, Einen ganz befonders lieblichen An- blick gewähren die Tercrassenländer Natals, wo dunkle Wäl- der mit hellen Grasflächen malerisch abwechseln. Von Ce- realien und Früchten seien Mais, Kaffee, Korn, Reis, Melonen, Wein- trauben und vorzüglihe Gemüse-Arten genannt. Der Wildreichthum des Landes ist erstaunlih, man sieht Antilopenheerden bis zu 5000 Stück, ebenso zahblreih sind die Gnus und Zebras vertreten. Aus den Nataler Höhen wurden 1872 für 92,344 Pfd. Sterl. Wildfelle " ausgeführt, Noch seien die Edelantilope, der Wasserbock und der Büffel - erwähnt; Giraffen leben im Innern des Landes, Elcphanten besonders am Zambesi- strom. Im Jahre 1872 wurde für 33,000 Pfd. Sterl. Elfenbein ausgeführt. Auch Rhinocerosse und Nilpferde kommen vor; die Jagd auf sie ist gefährlich, ihre Haut wird zu Peitschen und Marterwerk- zeugen verwandt. Von Raubthieren seien die Hyäne, der Panther, der wilde Hund, der Leopard und der Löwe genannt; von leßteren wurden in 3 Jahren 200 Stück erschossen, Der Reichthum an Vö- geln ist niht groß, in leßterer Zeit hat man die Straußenzucht be-

deneu einzelne 3 Meter breit sind; Stein- und Erdmassen sind von bodenlosen Tiefen vers{lungen.

Land- und Forstwirthschaft.

Never Jtaliens Weinernte im Jahre 1874 entnimmt die „Magd. Ztg.“ dem foeben Seitens desFitalienischen Ministeriums für Ackerbau, Industrie und Handel veröffentlichten Ausweise: Von den 8325 Gemeinden des Königreihs bauen 7089 Wein, und die Ernte von 1874 fiel aus: in 734 Gemeinden spärlich, in 1396 mittel- mäßig, in 2052 hinreihend und in 2907 reihlich. Gegenüber der Ernte im Jahre 1873 war die von 1874 in 5211 Gemeinden größer, in 1011 gleih und in 867 geringer.

Geterbe und Sandel.

Brüfsel, 21. Januar. (W. T. B) Die hat dén Diskont von 47 auf 4 % herabgesett.

St. Petersburg, 21, Januar. (W. T. B.) Der Betrag der

7. Serie Obligationen der Odessaer Stadt-Kreditgesell-

schaft, mit deren Emissiou im Laufe dieses Monats begonnen wor-

den ist, soll sih, wie man in Börsenkreisen behauptet, auf 3 Mill,

Rubel belaufen. Verkehrs-Anstalten.

F S t. Petersburg, 21. Januar. (W. T. B.) Der Wirkliche Staats- rath Polowtew it zum Präsidenten der Haupt-Eisenbahn- gesellschaft gewäblt worden. Die Eisenbahnverbindung mit Moskau und mit Warschau i dur die großen Schnee- massen und die strenge Kälte außerordentlich ers{chwert.

Aus Madeira wird gemeldet, daß daseibst nichts mehr von der Auffindung weiterer geretteter Passagiere des abgebrannten Aus- wandererschiffes „Cospatrick* gehört wurde,

Nationalbank

trieben. Unter den Reptilien zeichnet si das Krokodil aus, fernec mächtige Schlangen, gegen deren giftigen Biß es kein Mittel giebt; auch der Biß eines großen Skorpion kann tödtlich wirken. Von JIn- seten seien neben mächtigen Spinnen und giftigen Fliegen auch eine jolche Fliegenart genannt, die Horig bereitet, Von den “im Lande hereschenden Krankheitea nannte Reon x schließlich das Fieber, das fih bald als Gallen-, bald als Faulfiever äußert.

Theater.

Im Residenz - Theater waren die Borstellungen der Dalila einige Tage durh das heitere Genre unterbrochen worden. De lütt Heckenros'’, plattdeutsche Komödie von Auguste Danne, die wieder mehrere Male aufgeführt wurde, ist ein Lieblingsftück des hicsigen Publikums geworden, was sie zum großen Theil dem humo- ristischen Spiel der Fr. Mende zu danken hat, welche die rede- gewandte, gemüthliche, aber doch selbstbewußte Bauersfrau in ihrem Schwanken zwischen Stolz und Liebe vortrefflich darstellt. Die kleine Dorfidylle, in welcher Frl. Beringer (Grete) das liebende Mädchen mit Wahrheit spielt, ist eine s{äßbare Bereicherung des Repertoirs. Die von Georg Sch önfeldt dramatisirte Anekdote: Auf Befehl des Königs, beruht in ihrer Wirkung ebenfalls haupt- säd,lih auf dem drastishen Spiel der Fr. Mende. Sie hat aus der ältlichen Wittwe Hensler, die an Stelle der jugendlichen Liese Berg dur einen Jrrthum einem Grenadier augetraut wird, damit aber fehr zufrieden ist, eine hochkomische Rolle geschaffen, in der sie das Publi- kum in dauernder Heiterkeit erhält, Auch das beliebte dretaktige Lustspiel Heinrih Heine von A. Mels ift in den leßten Tagen mehrere Mal wiederholt worden. Es führt uns den jungen Dichter in dem Wendepunkt seines Lebens vor, wo er feinen Oteim Salomon Heine von seiner kaufmänni)chen Usfähigkeit über- zeugt und sich endlich entshließt, der Muse zu folgen. Hr. Keppler giebt den zwischen Pflicht und Neigung hin- und her- s{wankeuden, vergebens nach einem Entschlusse ringenden Heinrich Heine durhdaht und wahrheitêgetreu und beweist auch ia dieser Rolle sein hervorragendes Talent. Den P-eis im Lustspiel erringt Hr. Pander, als Opêrateur und Lotterie-Collecteur Hirsch, der die schon für sich sehr gut ausgestattete Partie des alten Juden in der bclu- stigendsten Weise cuéführt, Auh Hr. Sch eedel als Salomon Heine, sowie die Damen Frl. Ramm, Bichler und Beringer und Hr. Schramm in seiner kleinen Scene als Makler Licbenthal, tragen in ihren Rollen zu dem guten Erfolge des Lustspiels bei. Die Haupt- darsteller in den genannten Stücken, Fr. Mende und Hr. Pander wurden fast nah jeder Scene gerufen, aber auch allen übrigen Mit- wirkenden wurde der Beifall des Publikums in reichem Maße zu Theil.

Der gestrigen Vorstellung wohnte S e. der Prinz Georg bei.

Die Intendanz des Hoftheaters zu München beabsichtigt, von nun an jedes Jahr in der Zeit vom ‘16. August bis 19. Sep- tember 35 Vorstellungen von solchen Werken im Gebiete des Schau- spiels mi! der Oper zu geben, welche die dortige Bühne sowohl in Bezug auf Beseßung wie Inscenirung mustergültig vorzuführen im Stande ist, Diese Vorstellungen werden in 5 Serien zu je 7 Vor- stellungen getheilt und in jeder Serie der Oper drei, dem Schauspiele vier Borstellungen zugewiejsen. Damit soll intbesondere den zu der angegebenen Zeit in München weilenden Fremden Gelegenheit ge- boten werden, die volle Leistungsfähigkeit der Hofbkühne kennen zu lernen.

Das Theater Ventadour in Paris wurde am 9. Januar mit Webers „Freishüß" und der ersten Vorstellung von: „Eine Laune Ninons“ eröffnet.

Am 6. Januar wurde Webers „Oberon" zum ersten Male in Bordeaux aufgeführt und zwar mit gutem Erfolge.

Königliche Hoheit

Im Circus Renz hatte cine der geschäßztesten Vertreterinnen der höheren Reitkunst, Fel. Melanie Neiwit, gestern Abend das Unglück, bei einem Sprung vom Pferde den Fuß zu brechen. Jn der allgemeinen Erregung, welche das Publikum darüber ergriff, drückte sich am deutlichsten die Theilnahme für die junge Dame auß.

Am nächsten Montag findet auf dem hiesigen Rathhause eine Versammlung des Berliner Aktions-Comités für die Sammlungen zum Nationaldenkmal auf dem Niederwald statt, zu welcher auch die in das Comité neu eingetretenen Mitglieder aus den Re- gierungsbezirken Potsdam und Frankfurt eingeladen sind. - Den Vor- siß wird der Ober-Bürgermeister Hobreht führen. Auf der Tages- ordnung steht die Organisation der Sammlungen in der Provinz und die Bildung eines Lokal-Comités in den Städten und Kreisen.

Prozeß Ofenheim.

Wien, 21. Januar. Der Präsident des Gerichtéhofes machte zunächst die Mittheilung, daß es bei den gewählten Sachverständigen zu verbleiben habe. Hierauf ward mit dem Zeugenverhör fo1tgefahren. Hofrath Engerth, Direktor Haßwell von der Staats-Maschinenfabrik und Leiser, General-Agent der leßteren, deponirten, daß für die gelie- ferten Lokomotiven, Viehwagen und E ein Preisnachlaß zu

Gunsten der Gesellschaft auf Verlangen zugestanden worden, und daß die Gewährung von Provisionen an die Direktoren von Eisenbahnen nit üblich fei. Der Maschinenfabrikant Sigl erklärte, er habe keinen Preisnachlaß angeboten, es sei ein solcher vom Angeklagten gefordert worden. Auch sei die Gewährung von Provisionea an die Eisenbahn- Direktoren nicht herkömmlih. Sigl verblieb dem Angeklagten gegen - über bei feiner Deposition, Die übrigen heute vernommenen Zeugen sagten übereinstimmend aus, daß bei den Lieferungen für die Lemberg- Czernowißer Bahn ein Nachlaß vou 3 % gefordert wurde, und daß es nicht Usus sei, den Eisenbahn-Direktoren Provisionen zu bewilligen.

unm.

Berlin: Redacteur: F. Prehm.

Drei Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage),

Verlag der Expedition (Kessel), Druck: W., Elsner...

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Slaats-Auzeiger.

2 19,

A A E E E E E. —— m ————

1875S

E E E E E

Deutsches Nei.

Nachweisung der Einnahmen an Wecselstempelsteuer iw S Deutschen Reiche für die Zeit v. 1. Januar bis zum Schlusse des Monats Dezember 1874.

hme in hres.

den Vormonaten.

Ober - Post- Direktions-Bezirke.

Dezember.

Zusammen.

ne des Vorsa

(Spalte 4) In 1874 + mehr

weniger.

Hierzu Einna Einnahme in demselben

Zeitraur

S D Einnahme im Monat

Ï SHE

1

I, Im Reid s- Postgebiete. 1) Königsberg . | 83,766 2) Gumbinnen . . 840 3) Danzig 44177 4) Berlin. . 21,219 5) Polodait #4 14146 6) Frankfurt a./O. .| 2,270 D) G LeS2 S) N 902 9) Posen . 4 8/800 10) Breslau 7,108 11) Liegnitz 3,297 12) Oppelu i 2,453 13) Magdeburg . 5,029 14) Halle a./S. . 2,995 15) Erfurt 3,076 160) R 1,526 17) Hannover . 2,112 18) Münster . 2117 19) Arnsberg . 6,292 Oa. 4. 1408 21) Frankfurt a./M.| 8,598 22) E E 8,47 23) Coblenz . 1,164 24) Düsseldorf 11,088 2) E A 890 26) Dresden 4 S082 27) Leipzig 9,297 28) Karlsruhe . 3,782 29) R 968 30) Darmstadt . ]} 83,265 31) Schwerin i./M.] 1,159 32) Oldenburg . 1,145 33) Braunschweig 1,843 dit 665 35) Bremen 5,224 36) Hamburg. . .} 20,378] 249,907 270,285] 296,883 26,598 37) Straßburg i./E.| 4,356] 56,863 61,2191 61,869 650 M 1,2244 13,507| 14,7311 14,860 129 __ Summa 1. 166,207|1,980,730/2,146,937/2,430,911 283,974

II. Ba yern . 4 10,296| 118,894] 129,190| 118,100] 11,090 TII. Württemberg] 5,748] 65,285] 71,033] 67,451|+- 3,582 Ueberhaupt| 182,251/2,164,909/2,347,160/2,616,462|— 269,302

Berlin, im Januar 1875. Kaiserliches Statistisches Amt.

Nichhtamfliches.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 20. Ia- nuar, Am 14. d. M. wurde der 25. Jahrestag der Ernen- nung des Großfürsten Alexei Alexandrowitsch zum Chef des Moskauschen Earderegiments am Kaiserlihen Hofe festlih begangen.

Wie der „Golos“ vernimmt, verspriht das Reichs - budget für 1875 die allerglänzendsten Resultate. Zusammen mit den Durchgangsposten beziffern ih die erwarteten Einnah: men im Ordinarium auf 5511/; Millionen Rubel; desgleichen die Ausgaben auf 5479/7 Millionen Rubel. Sonach wäre also ein Uebershuß von 31/, Millionen Rubel zu erwarten.

Während der leßten Navigationsperiode waren, wie im yKronst. Boten“ übersichtlich zusammengestellt ist, überhaupt in Dienst gestellt: 1) von der Baltischen Flotte 77 Schiffe,

52,498 8,166 44,243 249,213 12,436 97,044 41,625 8,218 31/488 69/961 33,662 28,716 59,207 26,252 34,585 17,056 24,336 26,505 78,729 15,354 110,256 101,631 14,289 148,260 8,182 36,942 116,855 48,416 14,562 39,631 9,093 14,906 18,011 9,547 80,578

56,264 9,006 48,420 270,432 13,582 29,314 45,347 9,120 39,340 71,069 36,959 31,169 64,236 29,247 37,661 18,582 26,448 28,622 85,021 16,757 118/854 110,108 15,453 159,348 9,072 40,324 126,152 52,198 15,530 42,896 10,252 16,051 19,854 10,212 85,802

57,872 8/677 60,347 395,523 14,038 33,413 47,330 9,159 44,978 84,415 47,080 33,084 65,061|-— 29,503 41/512/- 20,276 29,505 30,106 85,204 183 18,388|— 1,631 137,919|— 19/065 124,847|— 14739 14,78N-- 671 172,406|— 13,058 10,176|— 1/104 42,539|— 2,215 137,122/— 10/970 51,383 815 14,397|4+ 1,133 44,391|— 1/495 12,384|— 2/132 15,978 73 18,933 921 9,212|4- 1,000 95,359|— 9/557

E S

„auf denen sich 6 Admirale, 911 Stabs- und Ober-Offiziere, 110

Gardemarins, 12,500 Mann Nichtoffiziere, gegen 400 Zöglinge und 107 im Miethsverhältniß Dienende befanden; 2) von der Glotte des Shwarzen Meeres 9 Schiffe mit 320 Offizie- ren und 3000 Nihtoffizieren; 3) von der Kaspis chen Flotille 9 Raddampfer, 3 Schraubéndampferboote, 3 Schooner und einige kleinere und Hafenfahrzeuge mit 90 Offizieren und 1150 Nichtoffizieren ; 4) von der Sibirischen Flotille 11 Schiffe mit 140 Offizieren und 1200 Nichtoffizieren; 5) von der Flo- Hille des Weißen Meeres 3 Schiffe mit voller Bc annung Und 6) von der Aral-Flotille alle dort befindlichen f ahrzeuge mit vollem Offizier- und Mannschaftsstande.

Dem „Russ. Inv.“ wird vom 14. Dezember aus dem Amu-Darja-Gebiet geschrieben:

Am 30. November (a. St.) hat der Chan von Chiwa außer den 60,000 Rbl, deren Einzahlung schon gemeldet worden, auf Rech- nung der ihm auferlegten Kontribution noch 21,400 Rbl, darunter 18.000 Rbl. in Silber, in das Fort Petro-Alexaudrowsk gesandt. Die Zahlung des Restes (18,000 Rbl.) soll nicht früher als nah 3 Wochen erfolgen, Die ewegung der Kosakenssotnja und der Raketenabtheilung, welhe zum Schuß der persishen ehemaligen Sklaven von Petro-Alerandrowsk nach Meschekli zu gesandt wurden,, ist nicht ohne Nußen geblieben. Nah eingetroffenen Nachrichten ist die Abtheilung der fortziehenden Perser wohlbehalten in einer bucha- rischen Befestigung lei Kabakly angelangt und die Jomuden haben thre Absicht, flußaufwärts Streifpartien zu senden, aufgegeben. Dessen þ ungeacht:t läßt sich keine Bürgschaft dafür leisten, daß nicht die Perser bei der Fortseßung ihres Zuges von Kabakly aus auf irgend einen anderen neuen Feind fiofen werden, Nach er- haltenen Mittheilungen stehen die Teke von Merw mit den Turk- menenstämmen von Ir-Ssara in heftiger Feindschaft. Leßtere, welche Unter der Botmäßigkeit des Emirs von Buchara stehen, sollen die

eberhand gewonnen und den Teke viele Gefangene abgenommen haben. Die Teke haben sih Hinsichtlih der Befreiung derselben an die Mitwirkung des Sohnes des bucharischen Emirs, der Tshardujem

verwaltet, gewandt. Da die Teke-Turkmenen keine Satisfafktion er- hielten, beabsichtigen sie ihrerseits, die Amu-Turkmenen, welche inner- halb bucharischer Grenzen auf dem linken Nm-Ufer zwishen Tschar- dujem und Kabakiy nomadisiren, auêszurauben. Ueber das Auftreten von Teke-Banden in der Umgegend der Chiwaschen Oase ist in letzter Zeit nichts zu hören gèwesen. In den Grenzen des russishen Amu- Darja-Gebiets ist ein Raubanfall vorgekommen, Am 14. November seßten 5 Tschauduren auf einer Kajucke über den Fluß auf das rechte, uns gehöorige Ufer, und raubten einem bei dem Kurgan Nasfar-Chan ansäßzigen Karakalpaken 3 Stiere. Der Bezirks-Commandeur hielt es für unthunli, ein derartiges gewalt- sames, wenn auch an sich unbedeutendes Verfahren der Turkmenen durzulassen und \{rieb fofort dem Chan von Chiwa einen Brief, in welchem er ihn bat, die Schuldigen streng zu bestrafen und sie zu gwingen, dem Geschädigten 9 Stiere zum Ersaß zu geben. Ein an- derer Raub fand bei Kiptshak auf chiwanishen: Gebiet in der größten Nähe unseres Flyßufers ftatt: 15 Tschauduren raubten bei Laudan Böte, welche den Einwohnern von Kiptschak gehörten, wobei fie einen Bootsmaun tödteten und zwei verwundeten. Die Übrigen wurden durch Hülfe, die ein auf unserem Ufer nomadisirender Kirgisenhäupt- ling sandte, gerettet. Diese Thatsachen widersprechen den vom linken Ufer herüber gekommenen Nachrichten, wonach es dort ruhiger ge- worden sein soll, seit der Chan an verschiedenen Stellen Nucker- Patrouillen aufgestellt hat, um die kleinen Räuberbanden wegzufangen. Es ist nur sonderber, daß fast aus\chließz- lich usbefische Räuber eingefangen und bestraft werden. Von den Turkmenen is nur ein einziger Tschaudure in Chiwa ergriffen und gehängt worden. Der Chan tritt in leßter Zeit recht energisch auf. Möchte diese Energie nur andauern und nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Durch einen Brief vom 26, November benachrichtigte der. Chan den Bezirkscommandeur, daß Aelteste der Jomuden zu ihm nah Chiwa gekommen seien, um ihm mitzutheilen, daß sie bereit seien, die unlängst bei Kabakly geraubten bucharishen Schafe zurü- zugeben, daß sie une die 1873 auferlegte Geldpön zahlen werden und daß fie endlich aus jeder Abtheilung Wäthter stellen werden, welche mit den Nuer-Patrouillen gemeinsam die Räuber und Verbrecher einfangen sollen.

_ Auch zwei Tschauduren-Aelteste haben nach dem Brief des Chans ihm versprochen, ihre Geldpön an uns zu entrichten und haben ge- beten, daß bewaffnete Reiter zu ihnen in ihre Wohnplägze gesandt würden, um die Diebe und Räuber einzufangen. In Folge dessen hat der Chan 500 Reiter unter Machmud Essaul-Bascha in das Land der Tschauduren g?sandt.

Von Orenburg aus soll das Gerücht nah St. Petersburg ge- langt sein, daß im Chanat Chiwa offen Sklavenhandel getrieben werde. Dieses Gerücht is durchaus grundlos. Der Sklavenhandel ist eine Sache von solcher Bedeutung, daß, wenn wirklich Aehnliches geshähe, die Russen in Petro-Pawlowsk, zu denen täglih persische Händler und Bittsteller mit allen möglichen Anliegen von der linken

eite herüberkommen, es nothwendiger Weise hätten erfahren müssen. Die endgültige Vernichtung der Sklaverei in Chiwa auf immer sichert dem chiwaschen Feldzug ein ewiges Andenken.

(Monatgübersiht für Dezember.) Zum Beginn des Dezember war Se. Majestät der Kaiser von Livadia erst nah Zarskoje Ss\elo und am 5. Dezember nach St. Petersburg zurückgekehrt, und damit ‘nahm das offizielle und gefellshaftliche Leben der Residenz seine carakteriftishe Physiognomie wieder an. Das russische Georgenfefr vom 8. Dezember, auge Ritter- fest unseres militärischen Ordens, erfreute unsere esidenz an der Newa (wie in deñ früherétî Zahren) durch Anwesenheit von Vertretern der preußishen Träger unserer höchsten militärischen Auszeihnung. Die Tagesblätter haben mit Interesse Notiz ge- nommen von der Anwesenheit der Gäste, des Prinzen Albrecht von Preußen, der Generale von Voigts-Rheß und von der Gröben und ihrer Begleiter. Wie die früheren St. Georgsfeste, bot auch das diesjährige vielfache Veranlaffung, der alten zwishen Rußland und Preußen bestehenden Waffen- brüdershaft zu gedenken.

Ihre Majestät die Kaiserin hat inzwischen zur Kräftigung ihrer Gesundheit \fich von London über Paris nah San Remo am Mittelländischen Meere begeben. Zu den russishen Weihnachts- feiertagen hoffte sie sih genug gestärkt zu haber, um dann nah St. Petersburg zurückzukehren. Nach authentishen Nachrichten ist der Aufenthalt am Mittelländishen Meere der Hohen Frau sehr zuträglih gewesen; um die Vortheile des südlichen Klimas noch mehr zu verwerthen, bleibt die Rückehr der Kaiserin noh eine kleine Weile hinausgeschoben.

Von den Staatsereignissen ist das wichtigste der Verlauf der erften Aushebung nah den Grundsäßen der allgemeinen Wehr- pfliht, welche am 27. Dezember zum Abschluß gelangte. Es kam dabei zum ersten Male das Prinzip zur Geltung, daß nicht mehr die Gemeinden sich für die Stellungspflichtigen zu verant- worten haben, sondern jeder Einzelne für ih selbst. Das Resultat der Aushebung war in Bezug auf das pünktliche Erscheinen der Militärpflichtigen günstiger, als je vorher. Es ist von den Stel- lungspflihtigen, welche in diesem Jahre das 21. Lebensjahr voll- enden, indeß blos ein Drittel wirklich eingestellt und fast zwei Drittel ausgeloost worden ; die Totalsumme der Ausgehobenen (150,000) ist geringer, als fie in den früheren Jahren war, wo die allgemeine Wehrpfliht noch niht bestand. Die Prozentsäge waren nit für alle Provinzen gleich: wo die Leistungsfähigkeit größer, war au der Prozentsay der Ausgehobenen höher. Es dürfte daher nit ohne nationalökonomisches Juteresse sein, wenn wir nach offiziellen Quellen und nah der „Mosk. Ztg.“ alle Gouvernements und Provinzen hier aufführen unter Angabe der stellungspflihtigen Mannschaften und der Anzahl derjenigen, welhe nach dem Voranschlage auszuheben waren:

Archangel ftellungspflihtig 2503, auszuhebende 530; Astrachan stllpfl. 3146, auszuh. 654; Bessarabien stUpfl. 13,351, auszuh. 2690; Warschau \tllpfl. 8486, auszuh. 1803; Wilna ftllpfl. 8532, auszuh. 1815; Witebsk ftllpfl. 9034, auszuh. 1920; Wladimir stllpfl. 11,788, auszuh. 2503 ; Wologda stUpfl. 9018, auszuh. 1916; Wolhynien ftllpfl. 14,961, auszuh. 3139; Woronesh stllpfl. 23,915, auszuh. 5081 ; Wjatka stllpfl. 19,968, auszuh. 4276; Grodno sUpfl. 6909, auszuh. 1469; Jekateri- noslaw ftllpfl. 15,016, auszuh. 3042; Jenisseisk pfl. 2555, auszuh. 542; Irkutsk ftllpfl. 1341, auszuh. 370; Kasan ftllpfl. 16,76%, auszuh. 3562; Kalish ftllpfl. 5958, auszuh. 1265; Kaluga - fillpfl, 9341, auszuh. 1985; Kiew ftllpfl. 24,103, auszuh. 4995; Kowno stllpfl. 9965, auszuh. 2102; Kostroma fillpfl. 10,397, auszuh. 2210; Kurland fillpfl. 5995, auszuh. 1273; Kursk stllpfl. 20,893, auszuh. 4438; Kielce Upfl. 4859, auszuh. 1032; Livland ftllpfl. 8638, auszuh. 6836; Lomza ftllpfl. 4173, auszuh. 886; Lublin ftllpfl. 9426, auszuh. 1177; Minsk fillpfl. 9802, auszuh. 2064; Mohilew |tUpfl, 9404, auszuh. 1999; Moskau ftllpfl. 11,792, auszuh. 2506; Nishny-Nowgorod

Berlin, Freitag, deu 22. Januar.

sllpfl. 12,350, auszuh. 2634; Nowgorod fillpfl. 9419, auszuh. 2000; ODloneg fillpfl. 2786, auszuh. 591; Orenburg fillpfl. 7103, auszuh. 1509; Orel ftllpfl. 15,436, auszuh. 3277; Lu stlpfl. 13,829, auszuh. 2226; Perm ftllpfl. 19,012, auszuh. 4024; Piotrokow fillpfl. 6551, auszuh. 1392; La f fillpfl. 4294, auszuh. 912; Podolien ftllpfl, 20,726, auszuh. 4404; Poltawa ftllpfl. 22,301, auszuh. 4810; Pleskau stllpfl. 7219, auszuh. 1539; Radom fillpfl. 4650, auszuh. 987; Rjäsan ftllpfl. 17,705, auszuh. 3462; Samara ftllpfl. 19,909, auszuh. 4230; St. Petersburg ftllpfl. 6347, auszuh. 1349; Sag- ratow fillpfl. 18,689, auszuh. 3970; Simbirsk {tUpfl. 12,439, auszuh. 2643; Smolens! ftllpfl. 11,235, auszuh. 2972; Stawropol fillpfl. 4303, auszuh. 895; Sumalki filpfl. 4292, auszuh. 911 ; Siedlec stllpfl. 4100, auszuh. 871; Taurien fillpfl. 6793, auszuh. 1415; Tambow ftllpfl. 25,287, auszuh. 9369; Twer \t!lpfl. 13,839, auszuh. 2939; Tobolsk ftllpfl, 9089, auszuh, 1933; Tomsk fillpfl. 6853, auszuh. 1397; Tula fillpfl. 12,799, auszuh. 2699; Ufa ftllpfl. 13,754, auszuh. 2923; Char- kow ftllpfl. 18,685, auszuh. 3959; Cherson stllpfl. 14,533, auszuh. 3088; Tschernigow ftllpfl. 14,937, auszuh. 3159; Esthland ftllpfl. 2789, auszuh. 592; Jaroslaw ftllpfl. 8361, auszuh. 1790; Akmo- linsk \{tllpfl. 159, auszuh. 30; Donisches Kosakengebièët ftUpfl. 4054, auszuh. 839; Dhagestan sillpfl. 18, auszuh. 3; Trans- baikalien \tllpfl, 1775, auszuh. 377; Kubangebiet 1115, auszuh. 296; Semipalatinsk stllpfl. 142, auszuh. 29; Terek-Gebiet stUpfl. 397, auszuh. 70; Iakutsk ftllpfl. 59, auszuh. 9. Totalsumme derjenigen, welche jeßt das 21. Lebensjahr vollendeten, 708,102, von welchen 150,000 ausgehoben wurden.

Die größte Zahl der 21jährigen wiejen somit auf : Tambow, Kiew, Woronesch, Poltawa, Podolien, Kursk ; die größte Zahl der Ausgehobenen lieferte außerdem auch noch Livland.

Die studentishen Wirren in St. Petersburg haben \ich ra\ch gelegt, ohne daß etwas Anderes nöthig gewesen wäre, als dis- giplinarishes Einschreiten derjenigen Äutoritäten, zu deren Ressort die betreffenden Hochschulen gehören. Da die betreffenden Hoch- \hulen unter den Ressorts verschiedener Minifter stehen, ward unter dem Vorsiße des Domänen-Ministers aus den betheiligten Ministern eine Kommission gebildet, um die tieferen Gründe, welche \olche Wirren ermögliht haben könnten, zu prüfen und Tar zu legen. Die Kommission wird für die verschiedenen Fah- und Hochschulen eine Revision der Statuten befürworten, unter Anderem au für die Universitäten in der Weise, wie solche der Unterrihts-Minister hon längst in Auge gehabt.

Die griehish-unirte Kirche is aus dem Ressort des Unter- rihts-Ministeriums in das des Ministeriums des Innern über- gegangen. Während die griehish-russische Staatskirhe von der Synode verwaltet wird, stehen die Angelegenheiten der übrigen Kirchen unter dem Departement der auswärtigen Konfessionen im Ministerium des Innern. Blos die griehisch-unirte Kirche machte von dieser Regel eine Ausnahme, jezt wird fie den übri- gen „auswärtigen“ Konfessionen gleichgestellt. Die russishe Re- gierung hält \sich den Unirten gegenüber ftireng auf dem Stand- punkte der Unionbulle, mit welcher die ultramontanen Regungen mancher Priester in \{chroffem Widerspruche stehen.

Im Dezember feierte man an vielen Gerichtsstellen das zehn- jährige Bestehen der Gerihtsreform. Im Dezember wurde in St. Petersburg zwischen dem Quai des Winterpalais und dem Eng- lischen Quai der Verbindungsquai eröffnet, indem man bisher um das alte Admiralitätsgebäude herum stadteinwärts einen Bogen machen mußte. Da das Admiralitätsgebäude Peters des Großen seiner früheren Bestimmung lange hon niht mehr ge- nügte, konnte das Newa-Ufer dem Verkehr auch an jener Stelle ershlossen werden und wir haben nun dort einen fortlaufenden Quai von vier Kilometern Länge.

Das Reihs-Kontrole-Amt hat über das Budget von 1873 Folgendes veröffentliht: Der Voranshlag für die Einnahmen pro 1873 belief sich auf 511,983,742 Rubel, für die Ausgaben auf 511,956,070 Rubel. Erwartet wurde ein Uebershuß von 27,672 Rubel. :

Dagegen haben de facto die Einnaÿmen 537,942,322 Rubel, die Ausgaben 539,140,337 Rubel betragen. Es entstand somit ein Defizit von 1,198,015 Rubel, welhes indessen leiht gedeckt ist. - Die Einnahmen haben sich dur besser organisirte Verwal- tung in folhen Zweigen, die noch manches zu wünschen übrig

“ließen, erhöht, während die Ausstände durch zufällige Ursachen

entstanden waren. Der „Golos* s\{chließt hieran eine Betrach- tung, aus welcher es sih ergiebt, daß seit 1866 die Ausgaben wohl um 106 Millionen zugenommen haben, die Einnahmen aber um 156 Millionen gewachsen sind.

Die Einnahmen betrugen nämlih: 1866: 3821/4 Mill. Rubel; 1867: 4231/z Millionen; 1868: 4231/, Millionen ; 1869: 4571/¿Millionen; 1870: 4801/s Millionen ; 1871: 5081/; Millionen; 1872: 523 Millionen; 1873: 538 Millionen Rubel.

Die Ausgaben betrugen dagegen in denselben Jahren : 1866: 4322/z Millionen; 1867 : 4249/4 Millionen; 1868: 4413/6 Millionen; 1869 : 4684/;Millionen ; 1870: 4851/2 Millionen ; 1871: 499 Millionen; 1872: 523 Millionen; 1873: 5391/z Million Rubel.

Im Oktober und November hatten mehrere Eisenbahngesell- \chaften versucht, über die im Jahre 1875 zu erwartenden Ein-= nahmen und Ausgaben, sowie auch über den etwa zu erhoffen- den Reingewinn einen Voranschlag zu berechnen. Die „Börsen- Zeitung“ hat darguf hin die Budgetberehnung für zwölf Eisen= bahnen pro 1875 veröffentliht, und zwar folgendermaßen :

Brutto- ; : „Meingewinn Einnahme Ausgaben Reingewinn per Werst

Rubel Rubel Rubel Rubel

18,500,000 8,305,614 10,214,766 16,911 St. Petersb.-Warschau 8,950,000 8,942,513 7,487 3 Moskau-Nishny-Now-

gores 4,190,658 4,497,473 Moskau-Bre®c 4,821,261 92,275,023 2213 Kiew-Bresc 3,372,901 3,277,098 4075 Grjasy-Zarizyn 2,498,156 j 842 Charkow-Nikolajew 2,331,201 T ctr hend 3182 efizit: Libauer Bahn 1,089,169 (9/069 i Reingewinn : Baltische oe 1,933,010 714,290 1549 Rybinsk.Bolofe 1,355,000 Bresc-Grajewo

1,405,000 797,000 Rjafhsk-Morschausk

Nikolaibahn

6091

540,000 652,352 291/837