1875 / 30 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Feb 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Mistel und die Rothlaus. bedrohen unsere Öbstbäume in hohem Made, Die Mistel, eine ‘Smaroterpflanze, die auf den Aesten der

Ene wächst oèren Saft verzehrt und Winter wie Sommer Fort- R) wud haupt sählich von einem Vogel, der si von ihren --+ccen nährt, der Misteldrofsel, fortgepflanzk. Da die Mistel aber Auch auf den Waldbäumen vorokmmt, so ist eine erfolgreiche Be- Fämpfung des Uebels nur dann zu erwarten, wenn auch die aldungen durchsucht und in dieser Beziehung gründlih gereinigt werden. Die Rothlaus nistet sich besonders an jungen üppig wachsenden Obst- bäumen ein, wo sie, an der Wurzel beginnend, ihr Zerftörungsv: exp vollbringt. Wirkjsame Gegenmittel gegen dieses Schmaroß- cthier scheinen noch nicht bekannt zu sein,

Die Hauptverwaltung des russischen Reichsgestütw7en3 Hat außer der alljährlih stattfindenden lokalen Ausstellungen von Reit- und Bauer- Pferden seit dem Jahre 1866 eine alle drei Jah" wiederkehrende, das ganze Reich umfassende Ausstellung von 2 ferden jeder Art und Race in Moskau eingerihtet. Solcher Aus tellungen haben bereits drei stattgefunden; die vierte soll im September dieses Jahres er- öffnet werden. Die Annahme der auszustelenden Pferde erfolgt vom 4. bis zum 8. September (ruff. Styls). Ju der Zeit vom 8. bis zum 11. September erfolgt die Erxpertise; die Eröffnung für das Publikum erfolgt am 11. September. Der Schluß der Ausstellung crfolgt am 16. September. An eben diesem Tage findet auch der auttionsweise Verkauf derjenigen Pferde statt, die von den Aussftellern bierzu bestimmt sind. Zur Ausftellung werden „nur in Rußland ge- borene Pferde im Alter von 4 bis 8 Jahren inkl. zugelassen. Die Ausstellung zerfällt in verschiedene Abtheilungen, in deren jeder der eivzelnen Aussteller niht mehr als drei Pferde ausstellen darf. Zur Prämiirung der besten. Pferde ift die sehr beträchtliche Sumn- von 20,000 Rubeln angewiesen worden. Außerdem werden auch goldene, filberne und bronzene Medaillen, sowie Belobigungsschreiben zur Ber- theilung kommen.

Gewerbe und Handel.

Die Emdener Genossenshaftsbank hat in 2. Februar abgehaltenen Generalversammlung beschloffen, Geschäftsjahr 1874 cine Dividende von 6 % zu vertheilen.

Der Münchener Handelsverein hat in der am 3. Januar

iattgefundenen Versammlung seiner Mitglieder, in welcher der im Ganzen niht ungünstig lautende Jabresbericht erstattet wurde, der Vorstandschaft den Auftrag ertheilt, fih mit den größeren deutschen XÆöcsenpläßen ins Benehmen zu seßen, um möglichst eiue Vereinigung dahin zu erzielen, daß neue Anleihen solcher österreihisch-unga- rischen Eisenbahngesellschaften, welche sich weigern, ihre Coupons in deutscher Münze einzulösen, von der öffentlihea Cours- nolirung ausgeschlossen werden.

Nürnberg, 2. Februar. Hopfenmarktbericht. Der Markt ift fortwährend ruhig, und die wenigen Abschlüsse, welche täglich ge- macht werden, sind kaum erwähnenwerth. Ein gleicher Ton geht durch alle Produktions- und Handelspläte des Kontinents. Die Abschlüsse beziffern sih seit gestern auf ca, 120 Ballen zu vorwöchentlichen Prei- sen, während die Marktbestände über 3000 Ballen betragen.

Brüssel, 4, Februar. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den D iskont von 4 auf 3 Prozent herabgeseßt.

Der rumänische Minister Theodor Rosetti ist, der „B. B. Ztg.“ zufolge, am 2. d. M. hier eingetrceffen, um Verhandlungen we- gén der Aufnahme einer hypoth¿karisckch einzuiragenden prioritätishen Schuld dec Rumänisch en Eisenbahngesell\cha ft zum Abschluß zu bringen.

ihrer am für das

Verkehrs-Anstalten.

Nr. 9 ter Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn- Verwaltungen hat folgendcn Inhalt: Verein Deutscher Eisenbahn-

gent Derlitt-Gösrliß, Haltestellen Kodersdorf und Char- lottenhof ; Bayerische Verkehrs-Anstalten, Station Oberndorf-Schwein- furt; Eschhof-a - Niederfelters eróffnet. Oesterreichish - ungarische Corresponde",;. K. K. priv. österreichische Staatseijenbahn Gesellschaft. Betriebs".«aittel der preußischen Staatsbahneu. Hessisch-badische Eisen- bahn--Berbindungen und die Hesfishe Ludwigsbahn. Ausland:

-

vrankreih. Jtalien. Norwegen. Dänemark. Rußland. Türkei.

Unter dem Namen Bromberger Hafen-Aktiengesell- schaft hat fi in Bromberg eine Gesells(aft zur Durchführung des Projekts wegen Anlegung eines Winterhafens und zur Canalisirung der Brahe gebildet. Das Grundkapital wird auf 1,500,000 t Reichswährung (500,000 Thlr) festgeseßt und durch 3000 Aktien à 900 Æ aufgebraht und wird innerhalb ciner Rcihe von Jahren amortisirt.

Die konstituirende Generalversammlung der Raab-Eßbe n- furter Bahn vom 1. Februar hat den neu gewählten Verwaltungs- rath mit der Bau-Ausführung sewie mit der Aufnahme einer Prioritäts-Anleihe von 5,817,400 Fl. Silber beauftragt.

Am 1. d. M. wurde der neue Zweig derunterirdishen Eisenbahn von Moorgatestreet nach der Liverpoolstreet-Station der großen Ostbahn in London dem öffentlichen Verkehr. übergeben.

Madeira, 3. Februar. (W. T. B.) Das Dampfschiff „Lo n- don” von der afrikanischen Linie hat im Hafen Schiffbruch gelitten. Passagiere, Mannschaft und die an Bord befindliche Post sind gerettet, die Ladung ist wahrscheinli{ verloren.

Einem Vortrage, welchen der Wirkliche Geheime Ober-Re- gierungs-Rath Hartwich kürzlih im Verein für Eisenbahnkunde übex die von Baron Hirsch gebauten türkischen Eisenbahtien gehalten, ents- nehmen wir nachstehende Mittheilungen von allgemeinem Interesse:

Die Kommission, welche, bestehend aus dem Wirklichen Geheimen Ober-Regierungs-Rath Hartwich aus Berlin, dem K. K. Hofrathe und tehnishen Konsulenten des österreichischen Handels- Ministeriums, Frei- herrn von Weber, -und dem Königlich bayerischen Eifenbahn-Baudirektor Rôdl, auf Veranlassung einiger Hauptaktionäre der Socióté Impériale des Chemins de Fer de la Turquie d’Europe die von dieser Ge}ellschaft in Rumelien hergestellten Linien Konstantinopel-Adrig- nopel-Philippopel-Sarembey (Bellova), Adrianoyel- Dedeagatsch und Tirnova- Famboli im Oktober vorigen Jahres bereiste, um deren Bauausführung und Betriebsfähigkeit zu untersuchen, hat, nach Beendigung ihrer Erörterungen der Direk- tion der Anglo-Oesterreihischen Bank einen aus Konstantinopel den 2. November 1874 datirten Bericht erstattet, dem wix Nachstehendes enitnehmen:

Die Trace der Bahnlinie wurde niht allein den Plänen gemäß, sondern au als die zweckmäßigste erkannt, die sich unter dem Ein- flusse der Terrain- und sonstigen lokalen Verhältnisse ermitteln ließ.

Das Ouerprofil der Bahn wurde allenthalben den genehmigten Normalien gemäß, dabei als ein zweckmäßig koustruirtes befunden. Die Erdarbeiten zeigten sih als den Vorschriften der Technik ent- sprechend ausgeführt und, wo nöthig, durch flimagemäße Bepflanzung, S dur) Steinsaßtz, Saschinenbelegung und Abpflasterung gesichert.

Die Bahnen sind nah dem Vorgange der meisten nicht in Deutsch- land und Oesterreich gelegenen Bahnlinien Europas auf ihrer offeuen Strecke niht mit Signalen verschen. Zur Sicherung ihres Betriebes geuügt die komplet hergestellte telegraphische Kommunikation zwischen Stationen und Haltepunkten, sowie die Anbringung von Deckungs- signalen an den Haupt- und Abzweigungsstationen, von Weichen- signalen an allen Aus- und Einfahrtweichen dec Stationen voll ítän- dig. In richtiger Erkenntniß der lokalen Verhältnisse find die Brücken bis zu ansehnlicher Dimeusion mit Holzkonstrufktionen ausgeführt, und ¿war auf der älteren Strecke von Konstantinopel bis Jedi-Kule, der

Gestattung des betreffenden Cabier des Charges gemäß, mit Ein- {luß der Pfeiler unnd Widerlager von diversem Material, t den anderen Strecken ausunahmselos mit steinernen Widerlagern , deren Mauerwe:k wie das sämmtlicher Kuustbauten der Linien eine vorzüg- liche Ausführung zeigt, während der Erhaltung der Holztheile mehrerer Brücken, die nichtsdestoweniger vollkommen betriebssicher sind, etwas mehr Pflege als bisher zuzuwenden fein wird, Die großen , theils mit eijernem, theils mit steinernem Pfeilerbau und eisernen Span« nungen hergestellten Marizzabrücken bei Kulleli - Burgas und auf der Jamboli-Linie sind in Stein- und Eisenarbeit (leßtere von französischen Fabrikanten) durchaus mustergiltig ausgeführt.

Der Oberbau is} in der ganzen Stabilität seiner Schienen, Klein- theile, S@hwellenbettung und seines Gefüges dem auf allen Linien ähnlichen Leistungsmaßes in civilisirten Ländern nicht allein eben- bürtig, sondern sogar ctner weit rößeren Beanspruchung als ders jenigen gewachsen, “welche der Verkehr jeyt an ihn stellt und auf ge- raume Zeit hinaus an ihn stellen wird.

In Bezug auf die Stationen sind ter Baugesellschaft bei fre heren Erörterungen und vom oberflählich urtheilenden Publikum [wee Vorwürfe gemacht worden. Man hat fie als in der Anlage eschränkt, dürftig ausgestattet und viel zu weit ab von den Orten, die fie bedienen follen, situirt bezeichnet. Die Kommission hat diese Anschuldigungen nit gelten lassen können. Sie hat den hier bei der Stationsorduung befolgten Maximen, daß dur die Anlagen nur dem Bedürfnisse des Augenblicks zu genügen, dabei aber zu unbehinderter zeitgemäßer Umgestaltung Raum und Gelegenheit zu lassen sei, ihre volle Zustimmung nicht versagen körnen.

Was endlich die Wahl des Ortes für den südlihen, maritimen Endpunkt der Linien am ägüischen Meere betrifft, fo konnte dieselbe

nur auf Dedeagatsch fallen.

Die Ausrüstung der Bahnlinien mit 24 Wasserstationen, 21 Drehscheiben und 10 Brüdckemwagen, einem ausgedehnten Systeme von Weichen solidester Konstruktion, 83 Lokomotiven, 235 Personen- und Reisegepäcks- und 1822 Güterwagen wird auch für einen weit stärkeren als den gegenwärtigen Verkehr noch ausreiherd fein. Die Betriebêmiitel und Vorrichtungen sind fämmilih nah den Vors schriften des deutschen Eisenbahnvereins konstruirt und aus renom- mirten deutschen, österreichischen und französischen Fabriken bezogen.

Zur faktischen Konstatirung der sahgemäßen Lage und Ünter- haltung der Geleise hat die Kommission sämmtliche Strecken auf Nückfahrten mit der vollen Schnelligkeit der Eil:üge in Norddeuts{ch- laud, 6 bis 61 Meilen (häufig bis 8 Meilen gesteigert) per Stunde, befahren und trotzdem, daß die hierbei verwendeten Lokomotiven (fechsfach gekuppelte Güterzugmaschinen) wenig für folchen Dienst ge- eignet waren, do den Gang diefer sowohl als den der Wageu voll- kommen ebenso sanft und gleihförmig gefunden, wie auf gut unter- haltenen deutschen und österreichischen Bahnen.

Die gewisscnhaften und objektiven Ermittelungen der Kommission aben daber dargethan, daß die Ausführung der obengenannten Bahnen sowohl den mit der ottomanischen Regierung ges{lossenen Uebereinkommen, als den von dieser emanirten Normalien und ge- nehmigten Plänen allenthalben gemäß erfolgt sei, und daß der Be« trieb auf dieset Linien mit einem gleihen Maße von Sicherheit ge- führt werden könne, wie auf jeder anderen“ woh[gebauten Bahn.

Wir bemerken hierzu noch, daß die Linie Konstantinopel-Bellova dazu bestimmt ift, sich mit der Linie, die von Salonichi ausgeht, zu vereinigen und mit dieser gemeinschaftlich bis Belgrad fortgeführt zu werden. Die Linie Tirnowa-Jambholi joll sich in Schumla an die Linie Varna-Rustschuk anschließen, Dann könnte man über Bukarest, Giurgewo auf der Eiscnbahn direkt nach Konstantinopel gelangen und die gefährliche, auch häufig unterbrochene Fahrt auf der Donau und dem Sehwarzen Meer umgehen. Die in Ausführung begriffene Linien Bukarest -Pietesti-Orsowa Über Bazias eröffnet Deutschland und Oester- rei ‘eine unshäßbare Verbindung.

Verein für Kunft des Mittelalters und der Neuzeit.

Sißung vom 26. Januar. _Der Vorsißende, Prof. Weiß, eröff- nete die Sißung mit einer Besprechung der drei ersten Lieferungen von Rebers „Geschichte der neueren deutshen Kunst“. Er bob die mannigfachen Berdienste dieses Buches, welches in einfacher, lihtvoller Sprache sich sowohl an den Kunstgelehrten als auch an den gebil- deten Laien wendet, in längerer Auseinanderseßung hervor und machte besonders auf die rihtige Würdigung des Rafael Mengs aufme:ksam. Der Geheime Regierungs-Rath v. Quast hielt alsdann einen längeren, durcch zahlreihe Abbildungen er- läulerten Vortrag über shwedische Kirchen, welche er im vergangenen Spätsommer besucht hatte. Als das älteste Bauwerk Schwedens be- ee er die Kirche yon Dalby in Schoouenz einzelne Theile der- Jelben rühren aus dem 11. Jahrhuudert her. Er erklärte diese Kirche im Wesentlichen für eine Nachahmung des Speierer Doms. zelnen Profilirungen glaubte er englischen Einfluß zu erkennen jer zeigt sih entschieden neben deutschen und französischen Einflüssen im eigentlichen Schweden. Hierher gehört die Kirche von Lünköping, die ohne System und mit Willkür gebaut. ist. Wie fast alle älteren Kirchen Schwedens ist auch diese Kathedrale stark restaurirt. Aus Smaland machte der Vortragende cine Anzahl altgothischer Kirchen in Ziegel- bau namhaft, bcsprach die Ritterholmskirhe und die Nikolaikirche in Stockholm und \{chloß mit einer Aufzählung von Bauwerken, in denen fi, verhältnißmäßig spät, spezifisch nationale Eigenthümlichkeiten zeigen. Hofrath Bußler legte zwei Entwürfe zu Friesen vor, welche der Bildhauer Professor Engelhardt für das Museum in Hannover auszuführen beabsihtigt. Amösler überreichte einige neue Lieferungen der vortrefflihen Ducandschen Heliogravures nach Stichen und Radi- rungen alter Meister.

An ein- Die-

Ein arhäologisher Fund.

In Benfelden im Elsaß, im westlichen Winkel der Departe- mentalstraße Nr. 11, mit dem alten „Heidensträßel“ nach Ebl, ließ der Bürgermeister, Dr. Back, zur Anlegung einer Hopfenpflanzung kürzli das Erdreich tief ausgraben. Ia der Tiefe von ungefähr einem Mcter stießen die Arbeiter plößlich auf einen großen Stein- block, der sogleih als Sa rkophag erkaunt wurde. Hr. Back ließ nun die Erde rings um den Block wegnehmen und den Decktel abheben, wobei fih ein ganz deutlicher Leichengeruh von dem im Sarg liegen- dea wohlerhaltenen Gerippe verbreitete. Der Deel hatte den Sarg hermetisch verschlossen, was die aus der Zerseßung der Leiche si er- gebenden Gase troß des Verlaufes vou Jahrhunderten an der Ent- Le E hatte. Den Fund beschreibt Hr. N. Nickles im „Sl}). J.“ wie folgt :

„Kein metallener Zierrath und keine Münze war bei dem Skelett zu finden; nichts als drei irdene Gefäße, mit uraltem Staub und Gespinnst, einer sogenannten patina bedeckt, die sich an der Luft ab- s{uppte und unter der sih ein \{öner Glanz zeigte, waren vorhanden, Das erste derselben war ein Becher oder eine „Olla*", 1 Liter fassend; das zweite eine 28 Centimeter hohe Henkelflasche, eine Lagena von sehr g: aziöser Form, und das dritte ein 44 Centimeter langes in der Mitte etwas bauchiges rohrartiges Gefäß mit rundem Boden, wahr- \cheinlih ein Thränenkrug. Diese Geräthe müssen zu ihrer Zeit von bedeutendem Werthe gewesen sein. Das weibliche Skelett war 160 Centimeter lang mit braycephalem Kopf. Der Sarkophag war 185 Centimeter lang, am Kopfende 65, am Jußende 58 Centimeter breit und enthält einen inwendigen Raum von 165 Centimeter Länge, 45 und 88 Centimeter Breite und 25 Centiw eter Tiefe. Der Deckel war bombirt und inwendig wie der Sarkophag glatt ausgehauen. Das Skelett lag mit dem leiht zur Seite geneigten Kopfe nach Norden mit den Süßen nach Süden.

Der Sarkophag und der Deckel find mit eingehauenen Streifen bezeichnet. Es war für den Kopf keine besondere Aushöhlung ge- bauen und für die Leichenflüssigkeit keine Oeffnung angebracht, was man oft bei den merovingishen Särgen in der Gegend findet. Frag- licher Steinsarg ist auch wahrscheinli seiner Verkfertigungsweise nach gien Ursprungs und gehört wohl dem Beginn dieses Zeit-

ers an.

Shl war bekanntlich eine durch Handel und Gew-rbe berühmte gallo-römishe Siadt, die im Jtinerarium des Kaisers Antonius unter dem Namen Helyetus vorkommt. Auf diese Stadt folgte die immer- hin noch bedeutende merovingische Ortschaft. So hat der den Samms-

| lern und Archäologen wohlbekannte Antiquitätenforscher Clemens Will-

mann in der Ill einen {nen kleinen Ring von feinein Golde mit

einem Lasurstein, einem Smaragd, einem Granatstein und cinem Tür- |

fis geziert, gefunden, den alle Kenner „der merovirgishen Kunst zu- schreiben, und nach einer handshriftlihen Notiz in der Heißschen Bibliothek soll der König Chlodwig im Anfang des 6. Jahrhunderts

| 3u Ehl eine Kirche haben restauriren lassen.“

Hr. Nickles ist der Ausicht, daß fraglibes Grab dem Anfang der merovingischen Zeit und einer hochgest-Üten Dare angehöre.

D Bürgerkrieg mit den nordamerikanischen Staaten. Militäris{ beleuchtet für den deutschen Offizier von J. Scheibert, Major im Königlich preußischen Inagenieurcorps. Mit ciner Karte von Virginien und 3 Plänen. Berlin 1874. G. S. Mittler und Sohn. Königliche Hofbuchhandlung. Der Ver- fasser erwähnt im Vorwort, daß er, Partei ergreifend, auf der Seite der Südstaoten gefocten habe, aber dènnoch ernstlich bestrebt gewesen sei, bei der Ausführung dieser rein militärishen Arbeit sich auf den ganz vorurtheilsfceien Standpunkt der ruhigen Kritik zu stell. Jn dem ersten Kapitel giebt das Buch einen furzen Abriß der Geschichte des nordamerifanischen Krieges unter hauptsäcßlicher Berücksichtigung des östlichen Kriegstheaters in Vir- ginien. Die zusammenhangélosen Kämpfe im Westen, weiche bei dem Mangel an einheitlicher kfonzentriscer Kriesführung vorläufig obne Wirkung blieben, werden nur insoweit erwähnt, als es zum Ver- ständniß dez Ganzen nothwendig ist.

Hieran schließt sich der Haupttheil des Werkes, der einzelnen Waffen, Jufantecie, Kavallerie, wesen und Marine. i

__ Interessant ist die Art des Ersaßes bei der Infanterie, welche bei den beiden Parteien eine ganz vershiedene war. Während im Norden eine Mischung von Werbe- und Sreiwilligensystem herrschte, hatte man im Süden theils aus Patriotismus, da der Krieg für Haus und Heerd gefochten wurde, theils wegen der geringen Zahl der Bevölkerung zur allgemeinen Wehrpflicht gegriffen. Zwei Drittel der Offiziere der regulären Armee, welche in West-Point eine sehr sorg- fältige Erziehung genossen hatten, waren Südländer, und so hatte diese Partei ein entschieden besseres Material für die Beseßung der höheren Führerstellen.

Bei der Nordarmee waren die Freiwilligen nur immer auf eine bestimmte Zeit zum Dienste verpflihtet. So erfahren wir aus dem dienstlichen Bericht des Generals Mc. Dowalkl über die Schlacht bei Bull Run, daß 1 Regiment und 1 Batterie am Vorabend der Schlacht abmarschirtcn, weil ihre Dienstzeit abgelaufen war. Indem der Hr. Verfasser häufig interessante Vergleiche zwischen der ameris kanischen und der preußischen Kriegführung zieht, erwähnt er einer persönlich zu ihm gethanen Aeußerung des Führers der füdstaatlihen Armee, des Generals Lee: Geben, Sie mir preußishe Formen und preußische Disziplin, so würden Sie ganz andere Erfolge-erleben.

Bei Besprechung der Kavallerie war die Verwendung derselben, welche ganz der preußishen im leßten &eldzuge entsprach, hervorgehoben, zugleih aber auch die* Bedeutung der Raids, d. h. der Streifzüge im Rücken der feindlichen Armee, auf das z1ihtige Maß der Bedeutung für ein europäishes Kriegstheater zurücktgeführt.

Wie die südstaatliche Reiterei vermöge ihres Ersaßzes aus den ron Jugend auf an das Pferd gewöhnten Pflanzersöhnen der nords- staatlichen entschieden überlegen war, \o war es auch’ die Artillerie, in Bezug auf Manövrirfähigkeit und Wirksamkeit, in Bezug auf Masse, Material und Vespannung stand sie der gleichnamigen Waffe der Union aber nah.

In der Ingenieurtechnik brachte der amerikanische Krieg die unterseeische Vertheidigung und die Torpedos, als eine Aufsehen er- regende Neuerung der technisch-:n Vertheidigunysmittel zur Anwendung.

die Betrachtung Artillerie, Jngenicur-

S der Marine führte derfelbe zuerst die gepanzerten Schiffe auf daz WLCEL *

Ein besonderes Interesse erweckendes Kapitel ist die wahrhaft großartig? Organisation des Sanitätswesens in diesem Kriege. Nach deu verschiedenen Eigenthüumlichkeiten der beiden Parteien finden wir bei den einzeln im Lande zerstreut lebenden Ansiedlern des Südens das Vertheilungs-, im städtereihen Norden das Baratcken system, welch? beide nunmehr au in Deutschland eingeführt find. |

Den Schluß des Buches bilden die Biographien einzelner be- rühmter Generale. Dadurch, daß sich das Werk mebr mit der ob- jektiven Beleuchtung der inneren Zustände in der Armee, als mit Darstellung positiver Thatsachen befaßt, gewinnt es au für nit militärische Leser an Juteresse.

Theater.

Im Friedri - Wilhelms städtischen Frl. Meinhardt, mehrere Wochen j abend in „Giroflé-Giroflg* wieder auftreten, und kann nunmehr

j n Theater wird , welche durch einen Trauerfall in ihrer Familie threr Berufsthätigkeit entzogen wurde, am Sonn-

diefe Nepertoir-Operette werden.

Im Residenztheater gelangt am „Ut: de Sranzosentied*, nah Friß Reuters Erzählung für die Bühne bearbeitet von Th. Gaßmann, zum Benefiz des Regisseurs Albert Piitmann, zur ersten Aufführung. Ht. Pittmann scheidet am 1. Mai aus dem Verbande des Residenztheatees, um die Direktion des Sommertheate:s in Cöln zu übernehmen.

aufs Neue in ungéstörter Solge gegeben

nächsten Sonnabend

Anus Dortmund, 28. Januar, schreibt man der ¿Wesif. Z.*e Das Comité für das Vinccke-Denkmal, den nah den Plänen des verstorbenen Ober-Präfidenten von Westfalen erbauten Thurm auf Hohensyburg, hat beschlossen, den Grund und Boden, auf welchem der Vincke-Thurm steht, nebst einigen umgebenden Morgen zu er- werben, fodann bei dem Thurm eine entsprechende Gartenanlage her- zustellen und das fo vervollständigte Denkmal dem Kreise Dortmund zur dauecnden Unterhaltung geschenkweise zu übermachen. Zur Aus- führung dieses Planes, welche eine Summe von mindestens 9000 erfordert, wird Seitens des Comités ein Aufruf erlassen werden. Zur Feier des 100 jährigen Geburtstages Ludwigs von Vincke soll der durch Reparaturen wieder hergestellte Thurm im bévorstehenden Sommer unter Veranstaltung eines Provinzialfestes seiner Bestim- mung übergeben werden.

Elbing, 30. Januar. Das plößlih eingetretene Thauwetter hatte die Schneemassen in den Karpathen ges{hmolzen, Es {woll die Weichsel in Folge dessen furchtbar an, da aber die Sisderke dieses Stromes von Dirschau bis zur Mündung in völliger Winterlage ver- harrte, \{chob sich bei dem oberhalb fi vollziehenden Eisgange an der montauer Spiße eine Eisftopfung fest, so daß Wasser und Eis in die Nogat gedrängt wurde. Die drei Ueberfälle der Nogat sollten nun das Wasser in das Haff abführen, allein da fih bei Zeyer in der Nogat, sowie in den verschiedenen Abflüssen (Laken oder Rinnen) ebenfalls Eisstopfungen bildeten, staute das Wasser in der Einlage hoch an, durchbrach den sogenannten Neuen Deich und seßte die ganze Gegend unter Wasser. In Elbing bildete sih gestern auf diese Nachricht schleunigst ein Comité und sandte mehrere Wagen voll Brot, Kaffee, Branntwein 2c. nach der Nogat. Jett hört man, daß das Wasser- wieder gefallen sei; doch sei die Gefahr noch keines- wegs vorüber.

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel), Drutt W, Elsner.

Vier Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Berlin :

zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzei

g 80.

Nichfamfliches.

Preußen. Königsberg, 2. Februar. Nach Wiederauf- nahme der Sizung der Provin zialsynode am Sonnabend, den 30. Januar, Nachmittags 5 Uhr, wurde zur Wahl der Stellvertreter der Beisiger geschritten. Als solhe für die geistlihen Beisiger wählte die Synode die Herren Lic. Dr. Kahle, Superintendent

- Hevelke-Danzig, Professor Jacoby-Königsberg; für die weltlichen

Beisißer wurden als Stellvertreter gewählt: die Herren Landrath Schmalz-Pillkallen, Landschaftsrath Köhn von Jasfi-Langbrück und Landrath von Oven-S{hlochau.

Die Synode fah für diesen Tag von weiteren Be- rathungen ab und es wurde nur noch bezüglih eines Antrages des Grafen zu Dohna-S{hlodien bestimmt, daß derselbe für Montag auf die Tagesordnung zu segen sei. Dieser An- trag, unterstüßt von 15 Mitgliedern, lautet:

Zur Geschäftsordnung :

Die zweite Nachirags-Instruktion des evangelischen Ober-Kirchen- raths vom 23. Dezember 1874 Nr. 12, welche dem Königlichen Kom- nifsarius die Befugniß beilegt, den Schluß der Synode dadurch her- beizufübren, daß er den Vorfißenden zur Vornahme des Schließungs- afts veranlaßt, entspricht nit der Würde der Synode und widerspricht dem §. 64 der K-G.- und S.-O., nach welcher die Dauer der Synode zwishen dem Konsistorium und dem Svynodal-Vorstande vereinbart wird, und ist hier {leunige Remedur zu fchaffen.

Die nächste Sizung wurde auf Montag, den 1. Februar, Vormittags 10 Uhr, festgesetzt.

Der feierliche Synodal-Gottesdienst fand am Sonntag, den 31. Januar, Bormittags 11 Uhr, in der bis auf den leßten

lay gefüllten Schloßkirhe statt. Die Festpredigt hielt der Mei- litär-Dber-Pfarrer Hr. Kretshmar:* über Matth. 9, 17.

Am 1. Februar wurde um 10 Uhr Vormittags die Versamms- lung durch den Vorsigzenden Provinzial-Sculrath 2c. Schrader cröffnet, welcher den Superintendenten Kahle von der hiesigen Altroßgärtner Kirhe zur Abhaltung eines Gebets aufforderte, Hiérauf wurde auf Aufforderung de Präsidenten das Protoïoll der Sizung vom 30. Januar durch den Konsistorialrath Erb- tamm vorgelesen und mit einer geringen Abänderung genehmigt, worauf von dem Präsidenten, zufolge §. 68 der Geschäftsordnung aus den Synodalmitgliedern felbst zwei Herren zur Führung des Protokolls ernannt wurden und war die Herren: Krukenberg, Pfarrer und Superintenturverweser in Groß- Thierbah und Mertins, Syndikus in Tilsit, welchen dazu bestimmte Sigze an- gewiesen wurden.

Hierauf verlas der Präsident den beschlossenen Dankadresse- Entwurf an Se. Majestät den Kaiser und König, der einstim- mig angenommen wurde und mit den betreffenden Unterschriften am nächsten Tage abgesandt werden soll (\. u.). Ferner wurden 9 Anträge von Synodalmitgliedern nebst Genossen vom Präsiden- ten vorgetragen.

Durch den Landrath v. Oven wurde die Vildung einer Geschäftsordnungs-Kommission vorgeschlagen, der \olche An- träge zur Erwägung zugehen follen, von denen man erwarten darf, daß dieselben nicht die Genehmigung finden werden, oder deren Genehmigung vom Ober-Kirchenrath zu erwarten ist. Dieser Antrag wurde genehmigt und die Zahl auf 7 Mitglieder festgesetzt.

v. Behr, Superintendent in Scnellwalde, Mitunterzeichner des Graf Dohna'schen Antrages, bemängelte die Funktion des Königlichen Kommissarius, ihm antwortete der Königliche Kom- missarius, Konsistorial - Präsident Ballhorn, daß der Antrag weder geeignet, noch zweckmäßig, noch nothwendig sei. Auf die Anfrage des Vorfißenden, ob der Antrag der Geschäfts- Kommission überwiesen werden und dieselbe damit in Be- handlung treten solle, ward mit überwiegender Majorität mit „Nein“ geantwortet. Der Antrag war somit von der Tages- ordnung abgeseßt und gefallen.

Hierauf wurde vom Präsidenten das Proponendum des Ober- Kirchenraths über Aufhebung der Stolgebühren mitge- theilt und zur Berathung gebracht. Nach längerer Diskussion über diese Vorlage wurde gegen 3 Uhr Nachmittags die Sigzung geschlossen und die nächste Sigung auf Dienstag um 11 Uhr Vormittags angeseßt.

Der Wortlaut der Adresse, welhe am 1. Februar von Seiten der Provinzial-Synode an Se. Majestät den König Und Kaiser, abgesandt wurde, ist folgender:

Euer Kaiserlichen und Königlichen Majestät naht sich die Pro- vinzial-Synode der Provinz Preußen mit dem Ausdrucke des ehr= furtsvollsten und tiefgefühltesten Dankes für die Sörderung, welche Allerhöchstdieselben dem Ausbau und der Befestigung unserer Kirche durch die Berufung der Provinzial-Synoden huldreichs zugewendet haben. Je mehr wir von den Gefahren bewegt sind, welche das fkirch- liche Leben der Gegenwart bedrohen, um so lebhafter empfinden wir, welche mächtige und fruchtreiche Unterstüßung dur diesen Aller- höchsten Aft der Selbstständigkeit und Breiheit der evangelischen Kirche gewährt wird.

Wenn wir uns bemühen werden, unsern Dank durch treue und selbstverläugnende Arbeit zu bethätigen und den Segen der Kirche zu immer wirksamerer Entfaltung zu verhelfen, so flehen wir im inuigen Gebete zu Gott, daß Er über Eure Kaiserliche und König- lihe Majestät, dem frommen Schirmherrn unserer Kirche und dem glorreichen Hort des gesammten Vaterlandes feinen reihsten Segen

ausgießen wolle. : L S In tiefster Ehrfurht ersterben wir als Euer Kaiserlichen und

Königlichen Majestät i: 4 allerunterthänigste und treu gehorsamste Mitglieder der Provinzial-Synode. Im Auftrage: Der Synodalvorstand (gez.) Schrader, Präses.

Stettin, 3. Februar. Nach Eröffnung der heutigen Sizung der Provinzialsynode durch Gebet und Verlesung des gestrigen Protokolls, zu welchem der Königlihe Kommissar konftatirte, daß Herr von Kleist-Reyow gestern gesagt habe, der Minister der geistlichen Angelegenheiten sei der Vertreter des Gegners der Kirche, wurde in die Tagesordnung eingetreten. :

Erster Gegenstand war der Antrag des Herrn von Kleist- Reytow :

° Die Synode wolle den Synodalvorstand beauftragen, die Lage

des Emeritenfonds einer Untersuchung zu unterziehen und über die

Ans und Wege zu berathen, um dex Unzulänglichkcit desselben ab-

uhelfen.

/ Der Antragsteller begründete den Antrag und erklärte, er wolle den Fonds des Marienstifts dazu herangezogen wissen, der gur Zeit für Schulzwecke verwendet wird; diesen Zweken wolle

Erste Beilage

Berlin, Donnerstag, den 4. Februar

er ihn zwar nit völlig entziehen, ihn indessen nur so!cen Schulen zuwenden, welche in einer Beziehung zur Kirche stehen.

Nachdem der Provinzial-Schulrath Dr. Wehrmann sih gegen den Antrag insowcit, als er sih auf die Heranziehung des Marienstifts-Fonds bezieht, ausgesprochen hatte, weil die Ver- wendung des Fonds zu Schulzwecken durch zwei Allerhöchste Ordres geregelt sei, wurde der Antrag angenommen.

Es ward hierauf zur Wahl der Deputirten für die General- Synode geschritten.

Es erhielten I. als geistliche Mitglieder:

1) Pastor Euen Treptow a. Rega 65, 2) Superintendent Lengerih Demmin 66, 3) Professor Dr. Cremer Greifs- wald 68, 4) Pastor Kieckhäfer Borntuchen 61, 5) Super- intendent Zietlow Neumark 62, 6) Pastor Wallis Semlow 64, 7) Prediger Schiffmann Stettin 13, 8) Pastor Wolters- dorf Greifswald 14, 9) Ober-Prediger Wagner Cöslin 10, 10) Pastor Sarnow Stralsund 11, 11) Ober-Prediger Wils- helmi Poseriz 21, 12) Prediger Baudah Colberg 28, 13) Hofprediger Wilsing Stargard 6, 14) Superintendent Eichler Uecermünde 18, 15) Superintendent Gerck Wer- ben 8, 16) Superintendent Gercke Usedom 16 Stimmen.

Die sechs Erstgenannten find somit gewählt.

I]. als weltliche Mitglieder:

1) Ober - Präsident a. D. v. Kleist - Rezow 66, 2) Regie- rungs-Präsident a. D. Graf v. Krassow ‘68, 3) General der Kavallerie Graf v, Bismarck - Bohlen 69, 4) Geh. Justiz - Rath v. Plöß Weow 65, 5) Landrath a. D. v. Diest Daber 63, 6) Ober - Amtmann Gründler Heiden 63, 7) Appella- tionsgerihts-Vize-Präfident v. Kunowski Stettin 23, 8) Iustiz- Rath Wagener Stralsund 20, 9) Ober-Staatsanwalt Frenzel- Funk Stettin 21, 10) Ober - Regierungs - Rath Dumrath Stettin 23, 1H Rittergutsbesißer von der Lanken Mulig 26 Stimmen.

Die übrigen Stimmen zersplitterten si.

Es sind somit die \echs Erstgenannten gewählt.

I. Darauf wurde zur Wahl des leßten Drittels der Ab- geordneten zur. General-Synode geschritten und es erhielten hier- bei 1) Superintendent Meinhold Camfnin 64, 2) Superintendent Lenz Wangerin 61, 3) Superintendent Tauscher Berlin 99, 4) Professor Kähler—Halle 55, 9) Landschafts-Rath Hol Marrin 62, 6) Kommerzien-Rath Quistorp—Stettin 61, 7) Pastor Klewe— Wußtig 9, 8) Rittergutsbesizer von Enckevort Vogelsang 12, 9) Provinzial-Schulrath Dr. Wehrmann—Stettin 10, 10) Geheimer Regierungs-Rath Ferno—Swinemünde 8, 11) Prediger Baudach— Colberg: 3, 192) Unter - Staatssekretär Sydow Berlin 11, 13) Ministerial-Direktor Förster—Berlin 12, 14) Professor Dr. Baier Greifswald 13, 15) Syndikus Giesebrecht Stettin 18; 16) Professor Dr. Eccius Greifswald 13, 17) Justiz - Rath Pibshky—Stettin 13, 18) Superintendent a, D. Petrich—Rakow 9 Stimmen.

Die sechs Erstgenannten sind somit gewählt.

Dritter Gegenstand der Tagesordnung war der Bericht der Petitions-Kommission. N

Superintendent Droysen erstattete den Bericht über eine Petition des Geheimen Justiz-Rath v. Plög, betr. die Berechti- gung der Kirchgemeinde Gr. Weskow (Wollin) zur Wahl eines weltlichen Mitgliedes für die Kreis\ynode.

Die Synode verwies diese Petition an den Synodal- Vorstand.

Vierter Gegenstand der Tagesordnung war der Bericht der Kommission für den Entwurf einer Geschäftsordnung.

Die Synode überwies dieselbe dem Synodal-Vorstande, um sie der nähsten Synode vorzulegen.

Der Präses gab in feiner S{lußrede eine Uebersicht über

die Thätigkeit der Synode; er erklärte dem Königlichen Kommissar -

den Dank der Synodso für das persönlich freundlihe Entgegen-

kommen und \ch{loß dieselbe, indem er das Schlußgebet Hielt. Vor dem Auseinandergehen vereinigte sich die Synode zu

einem dreimaligen Hoh auf Se. Majestät den Kaiser und König.

Posen, 1. Februar. Auf der Tagesordnung der heutigen 4. Sitzung der Provinzial-Synode standen außer den im Anschluß an die früheren Beschlüsse über die Aufhebung der Stolgebühren zu erledigenden Petitionen die 3 v. Massenbach- {hen Anträge. Vom Direktor Dr. Barth war ein Antrag ein- gegangen, des Inhalts:

Synode wolle beschließen: Zur Verweigerung eines firchlihen Begräbnisses berechtigt das Konistatiren eines unchristlihen Lebens- wandels und einer unkir{chlichen Gefinnung, welche öffentliches Aerger- niß erregt haben, nicht aber der Selbstmord an und für fich.

Der Antrag fand nit die ausreichende Unterftüßung und konnte daher niht auf die Tagesordnung gestellt werden.

Nunmehr referirte Rehtsanwalt Hänschke über die durch die Superintendenten Pfeiffer und Kaiser eingereichten Petitionen, welche von der Kommission für das Proponendum vorberathen waren. Die Petitionen enthalten 5 Anträge:

1) Die Aufhebung der Stolgebühren für Taufen, Trauungen, Aufgebote und itille Begräbnisse sollen abgeschafft und der Ausfall dauernd aus Staatsmitteln entshädigt werden.

2) Alle anderen Stolgebühren und Offertorien, welche eine un- gerechte Art der Vertheilung der kirhlichen Lasten und ein Gegen- stand des allgemeinen Aergernisses ind, sollen abgeschafft und die Gehälier der Geistlichen den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechend firirt werden,

3) Den Superintendenten ration zu gewähren. O

4) Die Pensionsverhältnisse der Geistlichen sollen den für die anderen Beamten geltenden Bestimmungen gemäß geregelt und eine genügende Versorgung der Wittwen und Waisen bewerkstelligt werden.

9) Die kirhlihe Exemtion soll aufgehoben werden.

Die Kommission stellte zu den ersten vier Punkten folgende Anträge, welche, da kein Redner sich zum Worte meldete, sofort mit überwiegender Majorität angenommen wurden :

I, ad 1 und 2. Dur die Beschlüfse dèr Synode über das Provonendum für erledigt resp. für beseitigt zu erachten, ohne si die Motive ad 2 anzueignen.

IL. Die Anträge 3 und 4 der Petition dem Evangelischen Ober- Kirchenrathe zur Berücksichtigung bei der anzustrebenden Dotation der evangelischen Kirche zu überreichen. E :

Die Berathung über den Punkt 5 der Petition wurde mit derjenigen über den Antrag Kunze verbunden. Sie veranlaßte die anwesenden Juristen zu einer Diskusfion über die Frage, ob für die Provinz Posen die Exemtion von der Parochie für die Beamten zu Recht bestehe oder nit, eine Frage, welche seit 60

ist aus Staatsmitteln eine Remune-

S S S S L E L err

E v5 ezr 1875. Jahren unzählige Mal: ventilirt und prinzipiell verneint, aus

Utilitätsrückfihten dann wieder bejaht worden ist. Der Kungzesche Antrag wurde \chließlich zu Gunsten des Kommissions-Antrages,

. welcher lautet:

Den Antrag 5 der Petition dem Evangelischen Ober-Kirchenrath zur Berücksichtigung zu überreichen, wobei die Synode sih dahin aus- Ns daß die Eremtion in der Provinz Poseu nicht zu Recht

esteht. zurückgezogen und leßterer mit großer Majorität angenommen.

Der erste der v. Massenbahschen Anträge, welcher lautet:

Die Synode wolle erklären, edaß sie es mit dem Bekenntnisse und den Ordnungen der Kirche für unvereinbar hält, daß Jemand, der die Gottheit Christi leugnet, in derselben ein Lehramt ver- walte und eine Vertretung übernehme

wurde demnächst von dem Antragsteller in längerer Debatte motivirt.

Die Synode bes{loß auf die Berathung des Antrages ein- zugehen. Es wurde in die Diskussion eingetreten, die Senior Ele, eröffnete, w-lcher folgende motivirte Tagesordnung vor-

ug:

„In Erwägung, daß, nachdem nit nur die geistlichen Mitglie- der der Provinzialsonode, sondern au der gesammte Lehrkörper der Provinz Posen ihren Glauben an die Gottheit Christi schon früher bei den verschiedensten Gelegenheiten unzweideutig bekannt haben, nunmehr au eine bedeutende Anzahl weltliher Mitglieder ihrerseits aus eigener freier Bewegung Veranlassung genommen hat, dur Unterstüßung des Antrages ein kräftiges Zeugniß für unseren aller- heiligften Glauben abzulegen, geht vic Provinzialsynode mit dem Ausdruck hoher Freude über diese Einmüthigkeit und Einhelligkeit zwischen den geistlichen und weltlichen Mitgliedern um fo mehr zur Tagesordunng über, als fein fonkreter Fall im Bereiche unserer Provinzialkirche vorliegt.

Von 2 anderen Mitgliedern wurden zwei andere Anträge auf motivirte Tagesordnung geftellt, von denen der eine auf Grund des §8. 65 der Kirchen-Gemeinde-Ordnung die Kompetenz der Synode Lestritt, der andere noch hinzufügte, daß in der diesseitigen Provinz noch nicht ein einziger Fall vorgekommen sei, wo ein Geistlicher die Gottheit Christi geleugnet hätte. Außerdem wurde mit großer Entschiedenheit darauf aufmerksam gemacht, daß die Kirchen-Gemeinde-Ordnung das Bekenntniß ge- währleiste und, da es in dieser Provinz-nirgends bedroht fei, keine Veranlassung zu einer Verwahrung vorliege. - Schließlich wurden alle anderen Anträge abgelehnt und der Antrag des Seniors Goebel mit großer Majorität angenommen. Der zweite von Massenbahshe Antrag lautet :

„Die Synode wolle beschließen, den Evangelischen Ober-Kirchen- rath zu bitten, die in den SS. 8 und 9 seines Erlasses vom 21. Sep- tember 1874 enthaltene Anordnung über die Widertrauung shrift- widrig Geschiedener zurückzunehmen und anzuerkennen, daß die Kirche rückfihtlich der Bedingungen der Eingehung der christlihen Ehe gegen- wärtig entschieden das christlihe Ehereht zur Geltung bringen muß.“

Diesem Antrage wurde von Superintendent Klette ein an- derer entgegengeseßt, welcher an den Evangelischen Ober-Kirchen- rath die Bitte zu richten vorschlug, /

denjenigen Geistlichen , welchen durch die Einwilligung des Ge- meinde-Kirchenraths in die Wiedertrauung ein Gewissenszwang auf- erlegt werde, zu gestatten, diesen zur Pflicht zu machen, dem betreffen- den Paare ein General-Dimissoriale zuc Trauung durch einen anderen Geistlichen auszuhändigen. Ó ;

Professor Geß hatte 3 Anträge eingebraht, welche \sich in ähnlihem Sinne aussprahen. Nach eingehender Debatte wurde der Massenbachsche Antrag in seinen beiden Theilen gegen 15 resp. 18 Stimmen abgelehnt und der Klette’ sche angenommen, nachdem Prof. Geß die seinigen vor der Abstimmung zurückge- zogen hatte.

Der dritte Antrag v. Massenbah:

„Die Synode wolle beschließen, die nah §. 65 ad 3 Saß 2 der Synodal-Ordnung erforderliche Zuftimmung zu der, im Er- laß des Ober-Kirchenraths vom 21. September 1874 enthaltenen Aenderung des Trauformulars zu versagen und das alte agenda- rische Trauformular für allein rc{tsbeständig zu erflären“ H

wurde vom Rittergutsbesißer von Klizing ausführlih begründet. Von Senior Goebel wurde der Verbesserungsantrag einge- bracht:

Pei Evangelischen Ober Kirchenrath zu bitten, das gegenwärtige Provisorium aufzuheben, und das Zusammensprehen des Paares im Namen des dreieinigen Gottes zu gestatten.“

Professor Geß stellte dazu das Amendement vor den Worten : zu gestatten, die Worte einzuschieben : „Um des Volksgewissens willen.

Eingehend wurde die Frage über die Abgrenzung der Kom- petenzen zwischen Provinzial- und General-Synode ventilirt und sehr divergirende Ansichten ausgesprochen und vertheidigt, über die Anschauungen, welhe im Volke im Allgemeinen über die Aenderung der Trauformel verbreitet find, werthvolles Material beigebracht, und darauf aufmerksam gemacht, daß die Aenderung im Trauformular die beabsichtigte Wirkung nicht gehabt habe.

Inzwischen hatte Superintendent Fischer den Antrag einge- braht, dem Massenbachschen Antrage folgende Worte hinzuzu-

ügen: fg „Und den Evangelischen Ober-Kirchenrath zu bitten, bis zur Be- {lußfaffung der General-Synode den Gebrauch des alten Traufor- mulars zu gestatten.“ :

Bei der Abstimmung wurde der erste Theil des Antrages Massenbah (Zustimmung versagen), das Amendement Gefß, der erste Theil des Antrages Goebel abgelehnt, der Zweite Theil des leßteren angenommen, wodurch der zweite Theil des Antrages Massenbach mit dem Antrage Fischer von selber gefallen war. Die Sigzung \{loß um 3 Uhr. ;

Magdeburg, 2. Februar. Zu dem leßten Referate über die Provinzial-Synode is berihtigend zu bemerken, daß die Kommissionsbeshlüsse zu der Stolgebührenvorlage nicht ein= stimmig, fondern mit allen gegen eine Stimme gefaßt worden find. Die Erklärung des Königlichen Kommissars am Sch'usse der gestrigen Generaldebatte über die Vorlage, betreffend die Aufhebung der Stolgebühren lautete im Wesentlichen dahin: Es gingen zwar die Vorschläge der Kommission weiter, als für das vorliegende Progonendum erforderlich sei, sofern danach die Ge- meinde für eine Amortifationsperiode belastet und zur Beschaf- fung eines Dotationskapitals angehalten werde, wenn nämlih der Staat dur seinen Kredit und seine Vorschüsse diese Ope- ration unterstüßen werde. Ob der Staat darauf eingehen werde, sei er zu sagen niht im Stande, er könne nur sagen, daß dieser Plan im Sinne der Kirhenbehörde willkommen sei, und daß, wenn die Synode demgemäß beshlicße, ein entgegenstehendes Moment nicht geltend gemaht werden würde.