1875 / 31 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Feb 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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auf 23,291 Contos im Jahre 1873, der Werth der Einfuhren von 25,341 Contos auf 32,000 gestiegen.

Italien. Rom, 4. Februar. (W. T. B.) Der Papi hat heute in Begleitung mehrerer Kardinäle und Prälaten die neuen Arbeiten in der Bafilika der St. Peterskirhe, die er seit dem 20. September 1870 nicht besichtigt hatte, in Augenschein

enommen. Die Kirchenthüren waren, \o lange der Papst in er Basilika verweilte, gesperrt.

Türkei. Konstantinopel, 4. Februar. (W. T. B.)

In der der britishen evangelischen Deputation im Mo-

ente ihrer Abreise durch den britischen Botschafter zugestellten

Mittheilung wird von der Regierung die Zusicherung gegeben,

daß sie den chriftlihen Unterthanen auch künftig ihren Schußz angedeihen lassen werde.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 3. Fe- bruar. Am 30. Januar wurde der neu akkreditirte außerordent- lihe Gesandte und bevollmähtigte Minister des Königs von Italien, Graf Barbolani, vom Kaiser in Audienz empfangen und hatte die Ehre, Sr. Majestät seine Beglaubigungsschreiben zu überreichen. S

Das besondere Comité unter dem Präsidium des General-Adjutanten Todleben, welches bei der Hauptingenieur- Verwaltung niedergeseßt wurde, um eine Reorganisation des Ingenieurwesens vorzuberathen, hat nah einer Nach- riht der „Mosk. Ztg.“ bereits ein Projekt zur Umformung der Sappeure, der Feldtelegraphen und über Bildung von Eisen- bahn-Bataillonen ausgearbeitet.

Das Normalftatut für öffentlihe Klubs in den Städten Rußlands, welhes von dem Ministerium des Innern ausgearbeitet wurde, soll in diesen Tagen veröffentlicht werden ud zum Muster bei Organisation solcher Anstalten dienen.

Die Feuer wehrapparate, welhe dem Sultan von hier aus als Geschenk nach Konstantinopel gesandt wurden, haben nach der „Neuen Zeit“ den früheren Minister des Aeußeren, Aarifi-Pascha, zu einer Note an den diesseitigen Botschafter bei der Pforte, den General-Adjutanten Ignatiew, veranlaßt, in welcher der Sultan Sr. Majestät dem Kaiser die freund\chaft- lihsten und dankbarsten Gefühle ausdrücken läßt. Den Be-

leitern, welhe das besagte Geschenk nah Konstantinopel ge- bracht hatten und Anleitung in der Benußung der verschiedenen Apparate geben sollten, hat der Sultan das Offizierkreuz des Medshidje-Ordens verliehen. Auch ein Unteroffizier der hiesigen Feuerwehr ist dieser Auszeihnung gewürdigt worden.

Aus Tasch kent wird der „Neuen Zeit“ gemeldet, daß der Gesandte aus Kashgar von Iatud-Bek außer der Entschä- digung für die Verluste der Pupeshewschen Karawane auch Geschenke mitgebraht habe, welche nah St. Petersburg bestimmt sind. Unter diesen Geschenken befinden sih 8 reiche sehr große Seidenteppiche.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 30. Januar. Von A. Ddelberg wurde vorgestern ein Antrag wegen Nicht- erneuerung des französishen Handelstraktates, sowie Abänderung des Zolltariss gestellt, weil es seiner Ansicht nah nur diesen Be- stimmungen zuzuschreiben, daß die Fabrikindustrie des Landes h in den leßten 10 Jahren * troß der größten rühmenswerthen Bemühungen nur wenig zu heben vermöchte. Der Antrag gab Anregung zu einer längeren Debatte. Sämmtliche Redner sprachen sich jedoch dagegen aus, indem sie die event. Annahme desselben als einen unverzeihlihen Rückschritt be- geihneten. Die Berichte des Kommerz - Kollegiums weisen eine bedeutende Hebung des Fabrikwesens auf, so z. B. stieg die Baumwollenwaaren-Fabrikation von 1868 bis 72 von 10 Millionen Kronen bis zu 15 Millionen, die Seidenfabrikation von 500,000 Kronen auf 1,200,000 Kronen. Nur die Zucker- raffinerien befinden sich allerdings in einem starken Rückgange. Es wurde in Folge dessen befürwortet, den Antrag überhaupt

Berlin, 5. Februar. Jn der gestrigen Sißung der Stadtvec- ordneten-Versammlung referirte der Stadtverordnete Dr. Stryk Über die Berathung der Deputation rücksihtlich der von dem Stadt- verordneten Richter Is. beantragten Geschäftsordnung. Nachdem ein Antrag auf Generaldiskussion abgelehnt und die Entscheidung über die von dem Stadtverordneten Kochhann beantragte zwei- fahe Lesung späterer Zeit vorbehalten war, (ritt dié Versammlung zur Spezialdiskussion. In derselben wurde

§ 1. „Den Vorstand bilden der Vorsteher und dessen Stell- vertreter. Beide werden von der Versammlung aus deren Mitte in der ersten öffentlichen Sißung nah Neufahr auf Jahresfrist gewählt, find nah Ablauf der Wahlzeit wieder wählbar und bleiben bis zum Amtsautritt ihrer Nachfolger in Funktion“ (§8. 38 d. St. D.) unverändert angenommen,

S. 2. (Ergänzungswahl bei Ausscheidung des Vorstehers oder Stellvertreters vor Ablauf der Wahlfrist) wurde ebenfalls unverändert angenowmen.

S 83 lautet! „Belt vorübergehender gleichzeitiger Behinderung beider Mitglieder des Vorstandes übernimmt die Geschäfte des Vor- stehers zunächst das an Jahren älteste Mitglied der Versammlung. Dasselbe veranlaßt, wenn jene Behinderung auf länger als eine Woche anzunehmen ist, in einer anzubergumenden außerordentlichen Sißzung die Wahl eines einstweiligen Vorstehers ; letzterer tritt in dem Augen- blicke von dem Amt wieder zurück, wo die Behindernng des Vor- stehers oder seines Stellvertreters aufhört." Auf Antrag des Stadt- verordneten Kochhann wurden die Worte „vorübergehender“ und „Wenn jene Behinderung auf länger als eine Woche vorzunehmen ist“ g?stricheu ; dagegen zwischen den Worten „in einer“ und anzuberau- menden außerordentlichen Sißung“ eingeführt „\oforÿ“

S. 4, 5 und 6 (Wahl des Vorstehers, des Stellvertreters und ihre Funktionen) wurden mit unbedeutenden redactionellen Aenderunzen angenommen.

§. 7 lautet: „Alljährlichß, unmittelbar nah der Neuwahl des Vorstandes, werden in einer einzigen Wahlhandlung nah relativer Stimmenmehrheit drei Befißer und drei Stellvertreter derselben ge- wählt. Bei Stimmengleihheit entscheidet das Loos, welches durch die Hand dcs Vorstehers gezogen wird. Scheidet ein Beisißer oder ein Stellvertreter vor Ablauf der Wahlperiode aus, so wird für die noch übrige Zeit ein Ersaßmann gewähit.“

Stadtv. Kochhaun béantragte, ausdrücklich zu sagen, daß Stell- vertretèér und Beisißer durch Stimmzettel zu wählen sind, Stadtv. Dr. Horwiß, den ursprünglihen Entwurf wiederherzustellen, welcher nur 6 Beisißer und keine Stellvertreter kennt. Bei der Abstim- mung wurde der Antrag Kochhann in der Fassung angenommen, daß die Beisißer und Stellvertreter in einzelnen Wablgängen durch Stimm- ¿ettel mit absoluter Stimmenmehrheit zu wählen find, der Antrag Horwiß dagegen abgelehnt,

S. 8 (Funktionen der Beifitzer) und §. 9 (Schriftführer) gelangten ohne Diskussion zur Annahme.

Der zweite Theil des Entwurfs bespriht die Behandlung der Vorlagen, Mittheilungen und Anträge,

§. 10 (Druck und Vertheilung der Magistratsvorlagen) gab zur Diskusfion nicht Anlaß.

__§. 11 lautet: „Die erste Berathung über Vorlagen des Ma- gistrats exfolgt frühestens, nahdem die Vorlage gedruckt und zwei

unberücksihtigt zu lassen, derselbe wurde \{ließlich einem Aus- \{chuß überwiesen. Demgegenüber beantragte P. A. er eine Herabseßung der Zollsäze für Leder, Oele, Leinen, arti 2c.

Der Gouverneur von St. Barthélemy, Ulrich, weilt augenblicklich hier, um die von den Bewohnern dieser Insel ein- gereihte Petition zu vertreten.

Die \chwedische Flotte hat in 1874 von der medha- nischen Werkstatt „Motalàä* zwei Panzerkanonenböte v Björn“ und „Berserk“ geliefert erhalten und zwei ähnlihe Kanonenböte sowie ein unbepanzertes Kanonenboot find daselbs noh unter Arbeit. Auf der Königlihen Werfte in Karlskrona hat man im vorigen Jahre die Arbeit an einem uubepanzerten Kanonenboot fortgeseßt und mit ‘dem Bau einer Dampfkorvette „Saga“ be- gonnen. In England isst für \{wedische Rehuung ein kleines, aber sehr s{chnelles Torpedoboot gebaut worden, welches zum Frühjahr in Schweden erwartet wird und \{chließlich is Befehl zum Bau mehrerer kleineren Dampfböte ertheilt worden.

Schwedens Staatsschuld bezifferte sich Ende 1874 auf 126,477,920 Kronen, allein für Gisenbahnbauten. Hiervon sind noch in Abzug zu bringen 18,984,802 Kronen, welche vom Staat an einzelne Privat-Eisenbahnen ausgeliehen worden und verbleibt somit eine Eisenbahnshuld von 107,493,117. Die Schuld hat \fih somit im Jahre 1874 um 2 Millionen für ver- kaufte 49/4 Obligationen vermehrt.

Amerika. Aus Buenos Ayres wird der „A: A. Z.“ vom 2. ds. berichtet: :

Seit dem Abgange des leßten Packetbootes hat sich der politische Aspekt des Landes wesentlich gebessert. Die Armee und National- garden wurden aufgelöst und die Soldaten nach Hause geschickt. Der Friede herrs{cht im ganzen Lande und die Judustrie lebt wieder auf. Die argentinishe Regierung macht den mildesten Gebrauch von ihrem Siege. Außer den Führern der Revolte sind alle andern in Freiheit gefeßt worden, und diejenigen, die als Offiziere in der Revolution fungirten, find zu ihren geschäftlichen Berufen zurückzekehrt. General Mitre und einige Offiziere werden vor ein Kriegsgericht gestellt wer- den, aber das Urtheil wird wahrscheinlich nur auf Verbannung für eine kurze Zeit lauten. Jn einigeu Tagen wird Präsient Avellaneda die ersten hundert Meilen der tuêcumanischen Eisenbahn eröffnen, welcher Feierlichkeit die Einweihung einiger Zweige der Mercedes und Rio Cuarto-Eisenbahn folgen wird | E

Aus Rio de Janeiro berihtet die „Anglo Brazilian Times“ vom 8. Január:

In Pernambuco hat der Präfident auf Befehl der Regierung fes italienishe Jesuiten arretirt und deportirt, da sie niht allein der Jnsubordination der Bischöfe von Olinda und Para, sowie dem Widerstande, welcher der Kaiserlihen Verordnung zur Aufhebung der Interdikte noch immer geleistet wird, Vorschub leisteten, sondern auch die Aufheßzer der Aufstände in den nördlichen Provinzen waren. Die Regierung nahm dabei niht ihre Zuflucht zu dem noch immer be- stehenden, das Domizil von Jesuiten in Brasilien verbietenden Aus- nahmegefeße, sondern zu dem allgemeinen Geseße, das zur Ausweisung gefährliher oder verdächtiger Ausländer ermächtigt. Die neulichen Unruhen in Parahiba und Pernambuco haben ihre Bedeutung ver- loren, aber weitere Unruhen sind in den von den Truppen unbeseßten Distrikten ausgebrochen. Es fanden mehrere blutige Zusammenstöße statt, in denen die Polizei, von Bürgern unterstüßt, den bewaffneten Pöbelbanden erfolgreichen Widerstand leistete, und einige, welche die Provinz Alagoas invadirten, wurden mit dem Verlust mehrerer Todten zurückgetrieben. Unbedeutende Ruhestörungen find auch in Rio Grande de Norte eingetreten.

Asien. Singapore, 3. Februar. (W. T. B.) Das Sultanat von Perak (Westküste der Halbinsel Malakka) hat die englische Dberhoheit anerkannt. In der Stadt Perak wurde die englishe und die malayishe Flagge aufgehißt. Der Sultan hat gleichzeitig eine Proklamation erlassen, in welcher er Sicher- heit des Lebens und des Eigenthums verspricht, zur Ausbeutung der Berg- und Erzschätße des Landes auffordert und Verwilli- gung von Landftrecken zum Anbau zusichert. :

Aus Calcutta wird dem „Daily Telegraph“ vom 30, v. M. gemeldet, daß der Maharajah von JIeypore und- der Scindiah auf die Einladung des Vize-Königs eingewilligt haben, als Beisißer der Kommision zu fungiren, welhe ernannt wurde,

freie Tage hindurch in den ¡Händen der Mitglieder gewesen ist. Die erste Berathung is auf eine allgemeine Diskussion der Vor- lage zu beschränken. Nah dem Schluß der ersten Berathung be- schließt die Versammlung, ob ein Anschluß mit der Vorberathung der Vorlage zu betrauen is oder ob Berichterstatter vom Vor- steher zu ernennen find. Wird die Borberathung durch einen Aus- chuß, fowie die Ernennung von Bericbterstattern abgelehnt, so _Wird zur 2. Berathung geschritten. Leßtere darf jedoch in derselben Sißung nicht vorgenommen werden, fobald bei Beginn der Be- rathung 15 Mitglieder dagegen Widerspruch erheben. Erfolgt dieser Widerspruch, so findet die zweite Berathung in der nächsten Sißung statt, vorausgeseßt, daß zwischen beiden Sißungen min- destens zwei freie Tage liegen. Die Versammlung kann aber die Vornahme der zweiten Berathung auch an einem Ipâteren Sizungs- tage beschließen. -— Wird die Vorprüfung durch cinen Ausschuß oder durch Berichterstatter beschlossen, so kann dem Auss{uß oder dem Berichterstatter zugleih aufgegeben werden, der Versammlung an einem bestimmten Sißungstage beziehungsweise in derselben Sitzung Bericht zu erstatten." Dazu beantragte Stadtverordneter Dr. Virchow den folgenden Zusaß: „Bestehen für die Vorberathungen bestimmte Ka- tegorien von Ausschüssen (§8. 17), so überweist der Vorsteher die zu diesen Kategorien gebörigen Anträge sofort nah ihrem Eingange an den Ausschuß, der darüber in der Regel bis zu der nächsten Plenar- sißung Bericht zu erstatten hat.“

Die Debatte über diesen Paragraphen wurde bis zur nächsten Sißung vertagt. j :

Behufs Ermöglichung der Herstellung einer neuen Bauflucht in der Brüderstraße, welche den gegenwärtigen unschönen Winkel am Rothen Schloß beseitigen soll, beabsichtigt der Magistrat, die Grund- ssttücke Schloßplaß Nr. 1 und Stechbahn Nr. 5 anzukaufen. Die Geld- bewilligungs-Deputation beantragt, in den Ankauf zum Preise von 155,000 Thlrn. zu willigen, abzüglich der von der gegenwärtigen Be- sißerin, der Wechselstuben-Aktiengesellschaft zu übernehmenden Stempel- kosten. Die Versammlung beschloß gestern demgemäß.

Im Restaurant Zennig, Unter den Linden, fand”am Dienstag, den 2. Februar Abends, die Februar - Versammlung der Berliner Standesbeamten statt. Jn derselben wurde, nach der „Voss. Z.*, mitgetheilt, daß nunmehr von den zuständigen Instanzen amtlich fest- gestellt sei, vom 15. Februar c. ab die Anmeldungen auf den diessei- tigen Standesämtern nur in den Stunden von 9 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittags geschehen und dadurch die Beamten Zeit finden zu lassen, die mit, den Anmeldungen verbundenen weiteren und vielen Arbeiten bis zum Schluß der Bureauzeit, um 3 Uhr, erledigen zu können, während sie jeßt meistentheils noch Stunden lang darüber hinaus im Standesamt verbleiben müssen, da sih gerade in den leßten Stunden die Anmeldungen vielfach und außerordentlih häufen, während dies in den exsten hier und da weniger der Fall ist. Ueberdies beabsichti- gen die hiesigen Standesbeamten, dem Publikum nach wie vor in jeder Weise entgegen zu kommen, und namentlich in Rücksicht auf den ärmeren Theil der Bevölkerung, au an Sonn- und F:sttagen Amtshandlungen vorzunehmen, wozu, sie nach Einführung des neuen Reichs-Civilehegeseßes nicht mehr verpflichtet sein würden. Wenig- stens find nach demselben nux Todtgeburten am nächstfolgenden Tage, alle sonstigen Fälle aber am nähsten Wochentage anzumelden.

um dem der Betheiligung an einem Vergiftungsattentat ange- klagten Guicowar von Baroda den Prozeß zu machen. Die Prozedur wird dem Vernehmen nah gegen Mitte Februar ihren Anfang nehmen.

Afrika. Alexandrien, 4. Februar. (W. T. B.) Nah einer hier eingetroffenen telegraphishen Meldung des General: gouverneurs von Sudan, hat \ich die Familie des Sultang von Darfur dem Vizekönig von Aegypten unterworfen, Die Annexion des Sultanats von Darfur is damit vollständig vollzogen. Dasselbe soll in vier Provinzen eingetheilt und der Sig der Regierung nah Facher, der bisherigen Hauptstadt, ver- legt werden.

Kunst, Tissenschaft und Literatur.

Berlin. Gestern Abend is der frühere Chef-Redakteur der „National-Zeitung“ Dr. Friedri Zabel im Alter von 72 Jahren hierselbst gestorben. .-/ {5 mi Sit t wm E

Ám Sonnabend 5 Uhr wird im wissenschaftlichen Ver: ein in der Sing-Akademie Hr. Professor Dr. To bler einen Vortrag über „Spielmaunsleben im alten Fraukreih“ halten S T Februar ist der Großherzoglich badische Kouservator der Kunstdenkmäler und Alterthümer, Hofmaler, August von Bayer, nah längerer Krankheit im 71. Lebenéjahre gestorben.

—— Der Tepliter Stadtrath hat den Beschluß gefaßt, bei der bevorstehenden Auflassung des katholischen Friedhofes auf die Erhal- tung des Grabes Johanu Gottfried Seume's Bedacht zu nehmen. Der Dichter ist bekanntlich im Jahre 1810 in Tepliß gestorben und dort auch begraben worden.

Der italienische Finanz-Minister Minghetti hat in der Kammer einen Gesetzentwurf bezüglich der Restaurirung des Dogenpalastes in Venedig eingebracht. Der Minister ver- langt die Autorisation zur Ausgabe von 570,000 Lire für die Re- staurirungsarbeiten.

__— Am 22. Januar spürte man in Söderhamn in Schweden eine Erdershütterun 9, welche in füdöstlihe Richtung ging. Das Phänomen wurde auch in mehreren der angrenzenden Kirchspiele wahrgenommen.

Gewerbe und Handel.

Der Verwaltungsrath der Berlin-Anhaltischen Ei fen bahn ift nunmehr zum 10, d. Mts. zu einer Sitzung einberufen, um Über die früher mitgetheilte veränderte Vorlage der Direktion wegen Beschaffung der zu Neubauten und zur Vermehrung des Betriebs- materials erforderlichen Geldmittel in Berathung zu treten. Die Be- {lußfafsung über die Höhe der zu beschaffenden Mittel und über die Art und Weise der Beschaffung soll in der diesjährigen ordentlichen Generalversammlung erfolgen. i

Leipzig, 5. Februar. (W. T. B.) Die heute stattgehabte Ge- neralversammlung der Leipziger Wechsler- und Depositen- bank hat den Antrag auf Liquidation mit 490 Stimmen angenommen.

Verkehrs-Anstalten.

Hamburg, 5, Januar. (W. T. B.) Die deutsche transatlan- tische Dampfichiffahrts-Gesellschaft (Adlerlinie) meldet, daß der ihr gehörige Dampfer „Schiller“ am 3. d. in New-York eingetre ffen sei und daß die Meldung des Londoner „Reuterschen Bureaus“ von dem am 4. c. erfolgten Eintreffen des „Schiller“ in Plymouth auf cinem Irrthum beruhe.

‘St. Petersburg, 4. Februar. (W. T. B.) Die Reichsbank nimmt vom 1./13. Februar c. ab Gold in Barren zu 409 Kopeken per Solotnik, Halbimpérials zu 575, Napoleond’ors zu 557 Ko- peken an.

New-York, 4. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer „S qhiller" von der Hamburger_Adlerlinie ist heute hier eingetroffen.

j Aus dem Wolff'\hen Telegraphen-Bureau.

Schwerin, Freitag, 5. Februar. Nah eingegangenen Nath: :

rihten befinden sich Kapitän Zeplien und sein Steuermann in Sicherheit.

Ferrol, Donnerstag, 4. Februar, Abends. Die deutschen Kriegs\chiffe „Augusta“ und „Albatros* sind heute Nachmittags, von Santander kommend, hier eingetroffen.

Theater.

Da bei der großen Anzichungékraft der! Offenbachschen Operette „Scchönröschen“ dieses Werk voraussichtlich lange das Repertoir des Wallner-Theaters beherrshen wird, hat die Direktion, um der Darstellerin der anstrengenden Titelrolle zeitweilig Muße zu gewähren und die Aufführuug nicht zu unterbrechen, es fich angelegen sein lassen, in Frl. Eugenie Ornay, vom Kaiserlich konzessionirten Theater in Straßburg, eine neue Sängerin zu engagiren, welche zeitweis statt des Frl. Mila Roeder die Titel: rolle spielen wird. Heute und “morgen findet das Debüt des Frl. Ornay statt, während am Sonntag Frl. Roeder wieder die von ihr ge\chaffene Titelrolle darstellen wird. -

Am 11. Februar findet im V ictoria-Theater eine Auf führung von „Die sieben Raben“ zum Benefize des Komikert Hrn. Carl Karuß statt, der an diejem Abende das fünfund- zwanzigjährige Jubiläum seiner schauspielerishen Thätigkeit begeht. : n Die Direktion des Residenz-Theaters hat sich ents{loþ sen, in Erwägung der gegenwärtigen Zeitverhöltnisse eine Prei ermäßigung an den Wochentagen eintreten zu lassen.

Die Nachricht, als beabsichtige die Königliche Hoftheater Intendanz im Spätsommer dieses Jahres auf der Münhener Königlichen Hofbühne ,Mustervorstellungen“ zu veranstal ten, reduzirt sfih nach der „Bayer. Corr.“ darauf, daß stets wegen de großen Fremdenverkehrs zu jener Jahreszeit auf der Königlichen Hof bübne eine Reihe von sogenannten „Aus stattungsstück en“ auf geführt wird.

Der unter dem Protektorate Jhrer Königlichen Hoheit! der Prinzessin Carl. von Preußen stehende Verei der Geflügel-Freunde in Berlin (Vorsißender Direktor Dr.

Bodinus) hat heute in dem Saale der Kaiser-Gallerie seine dritt

allgemeine Ausstellung eröffnet, Dieselbe währt Dis zuw 9. Febr. inkl. Dié Verloosung findet den 10. Februar Vormittag 10 Uhr statt.

Braunschweig, 5. Februar. (W. T. B.) Die Hinrichtun der wegen Giftmordes zum Tode verurtheilten Wittwe Krebs und des Schlächters Brandes ist heute Morgen durch Enthaup tur) vollzogen worden.

ertreter

E Prozeß Ofenheim. :

__ Wien, 3. Februar. Im Prozeß Ofenheim haben die Vet nehmungen der Sachverständigen über die Buchführung, die im Gan zen für forreft erklärt wurde, vorgenommen und dann mit Verlesun] der Denkschrift des Verwaltungsraths forlgefahren, die der Angeklag!| vielfach erläuterte.

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kesjel), Druckt W. Elsne

Drei Beilagen (eins{chlicßlich Börsen-Beilage):

Berlin?

zum Deutschen Reich

Landtags - Angelegenheiten.

Berlin. Die Denkschrift über die Reorganisation der allgemeinen Landesverwaltung de Staats (S. Nr. 27 u. 30 d. Bl.) lautet zum

Es wird sih deshalb empfehlen, in ten Angelegenheiten die bisherige Kompy« ret zu erhalten und ihnen a nach Erlaß der Reichë-Gewerb Kabinetsordre hinsichtlich des im Ue Polizei-Präsidiums zu Berlin geschehen ift. b außer den vorgedachten noch ei liche Angelegenheiten, insbesondere Reichs - Gewerbeordnung tragenen Entscheidungen der ko gierungs-Präsidenten und seine ob es zulässig ersheinen möch tungéjustiz zu überweisen, wir Organisationsgeseßes vorbch

Ingleichen werden auch zur W nah dem D isziplinargeseße vom 21, einer Disz'plinarbehörd- erster Staatsbeamten der Regierungs-Präsi Räthe «an Kollegium zu bild Art ihrer Zusammensetzung aus Laien werden den Kreisausshüssen und Funktionen einer entscheidenden Dis mittelbaren Staatsbeamte

s preußischen

gedachten gewerblichen ¿enz der Regierungsbehörden auf- zu verleihen, wie eordnung durch Königliche \ch organisirten

1 hoc Kollegialqualität brigen bureaufkrati

| nige andere gewerbe-polizei- die in den 8. 30, 51 und 54 der höheren Verwaltungsbehörde* über- llegialishen Beshlußnabme des Re- r Rätbe zu unterwerfen sein werden oder te, dieselben den Organen der Verwal- d der näheren Erwägung bei Erlaß des alten bleiben k ahrnehmung der den Regierungen Juli 1852 obliegenden Funktionen ff der unmittelbaren dent und die ihm beigegebenen

Denn mit Rücksicht auf die und berufêmäßigen Beamten | Bezi:köverwaltungs-Gerichten die iplinarbehörde nur in Betreff der n übertragen werden können.

Was sodann die Verwaltung der direkten Steuern aubetri sprechen zunächst folgende Gründe für die Beib dung derjelben mit der Regiminalverwaltung.

Bei den direkten Steuern handelt überdies bei Klasseu- und Grundsteuer, dur die ficher gestellt erscheint, zuglei entsprechende Veranlagung der Ste Interessen der Steuerpflichtigen lediglih die Steuerverwaltung zu führen und strationsbehörde der Domänen und Forf essen des Fiskus zu vertreten h Behörde, zu deren Refso waltung des Innern geh der Beyöikerung steht und deren Leistungsfähic bedingenden Faktoren vorzugsweise kennt dem S'euerwesén des Sl1agks so enge Beziehungen welche dazu berufen ist, über die auch in Bezug auf die sicht zu führen, nur dann in der L gaben mit Erfolg zu erfüllen, Staatssteuerverhältnisse wohnt, welche sie fih unzweifelhaft am B kung bei der Veranlagung der Stagis

Es kommt feraer in Betracht, auch wohl ausführbar sein würde, innerhalb der Kreise besonderen wird vielmehr, wie bisher, verbleiben müssen.

Ivftanz in Betre

ehaltung der Verbin-

es sih neben dem Geldinteresse den einträglihsten Steuern, der Kontingentirung von vornherein jerechte, der Leistungsfähigkeit

Zur Wahrung der eine Behörde, welche nebenbei als Admini- ten nur privatrechtliche Inter- at, weniger geeignet erscheinen, als eine ct gleichzeitig das gesammte Gebiet der Ver- ört, die daher in lebe

des Staates,

ch um cine g ( uerpflihtigen.

ndiger Berührung mit ¡eit mit den dieselbe . Andererseits finden zwischen und demjenigen der Gemeinden und ltatt, daß die Regiminalbehörde, Gemeinden und Kreise, insbesondere der Kommunalabgaben die Nuf- age fein wid, diese wichtigen Auf- wenn ihr die genauec|

Veranlagung

te Kenntniß der und Kreisangehêrigen bei- esten durch eigene Mitwir- steuern zu verschaffen vermag.

daß es weder zweckmäßig, noch die Veranlagung der Staatssteuern l Beamten zu übertragen; diesclbe den Gemeindebehörden und Landräthen atsfteuerverwaltung von mit der Verwaltung der : und zu diesem Behufe ähnliche ie Provinz Hannover in der Provinzial- ürden sich diese Beh

der Gemeinde-

[lte man aber die St: der Regiminalverwaltung abtrennen und Domänen und Forsten verbinden, Behörden einrihten, wie fie d Finanzdirektion besißt, so w anlaguyg der Steuern in den Kreisen der behörden und der Landräthe, betôrdcn für die Geschäfte Nach den in der Provinz H fich jedoch eine solche Einrichtun Gemeindebehörden verschiedene Behörden, deren jede der anderen befugt ift, den len, von denen aber nur di dienstliche Aufsicht und Disziplin übt und bringt für die prompte Ericdigung der G anderen Behörde mannigfache S mieden werden, wenn die nahgeo vorgeseßten Behörde, welche zugleich die träge zu empfaugen haben.

Erscheint hiernach die Vereinigung der Verw Steuern mit der Negiminalverwaltung an fich do die Frage noch ciner näheren Erörterung, teuern dem Regierungs-Präsidenten licher Verantwortlichkeit oder unter der Oberleitus Kollegium zu übertragen sein wird. oben sch{on Steuerverwaltung in ihrer lok

örden für die Ver- selben Organe, der Gemeinde- bedienen müssen, welche den Regiminal- ihres Ressorts zur Verfügung stehen. r gemachten Erfahrungen möchte g nicht empfehlen. Die Unter- stellung der ohne vorherige Kommunikation mit selben selbständig Aufträge zu erthei- Regiminalbehörde die avch füglich nur üben kann, eshâfte der einen und der chwierigkeiten mit sih, welche ver- rdneten Behörden nur von einer Disziplinarbehörde ist, Auf-

e eine die

altung der direkten - zweckmäßig, so bedarf ob die Verwaltung oller persôn- g deffelben einem

der direkten

Eigenthümlichkeit alen Organisation und Beaufsichtigung, ist, eine vorzugêweije f Sonderinteressen

der preußischen macht es noth- welhe Auf- achkundige, unparteiische inen Staatsintere

gabe der Bezirksbehörde mannigfaltigsten und auf die gleichmäßige, dem allgeme g der Steuergefeße si ricte. gkeit in der Geschäftsführung,

sse entspre-

Hierzu bedarf es wie fie dem von an- genommenen Régierungs-Präsidenten nicht Es würde deshalb auch in materiel- inen, dem Regiernngs-Präsidenten als lihe Verantworilichkeit für die Verwal- Ohne Zweifel ist derselbe strativjuftiz in solchen alisch formirte Behörde. ing unter allen Umstän- oder Parteiinteressen jeder einen Interesses gegen die interessen durch Uebertragung ortlichkeit auf den Regierungs-Präsidenten

hende Durchführun ciner solchen Steti deren Pflichten in wohl angesonnen werden kax ler Beziehung bedenklich erse Einzelbeamten die ausschließ tung der direkten Steuern zu für die in großer Ausdehnung zu übende A Sachen minder geeignet, als eine kollegi Ebensowenig würde die der Steuervcranlagu den zu wahrende Freiheit von persönlichen Art * und die Geltendmachung des allgem etwa entgegengeseßten Bezirks- und Lokal der auss{hließlichen Verantw im Allgemeinen gefördert we Auf diesen Erwägungen b der direkten Steuern ten dur ein Kollegium führen zu der Grundzüge näher präzisirt ist. Dem Regierungs - Prä Ganzen dieje ibm jeßt geg namentlich die Sorge für den pr gang ; die Pexsonalien der Mitgl lung zuzutheilenden Subalternen der Distrikts- und Lekalbeamten b wegen Beseßung der Kreis aller Konzepte und Berich Dagegen soll diè Bef angelegenheiten der Bearle a auf die Beschlüsse des leßter

Mit diesen Befu dent im Stande sein,

übertragen,

exubt der Vorschlag, die Verwaltung erleitung des Regierungs-Präsiden- lassen, welher unter Ziffer XII.

sidenten sollen hiernach im Großen und flihtungen verbleiben, welche theilung zustehen und auferlegt sind, ompten und regelmäßigen Geschäfts- ieder; die Anstellung der der Abthei- die Zustimmung zu der Ernennung _beziehungéweise zu den steuereinnehmerstellen ; das Recht, zur Mitzeichnung zu verlangen u. \. w. ugniß wegfallen, Dienstsachen in Steuer- durh das Kollegium zu entziehen en in materieller Beziehung einzu-

unter der Ob

nigen Befugnisse und Verp

enüber der Finanzab

Vorschlägen

gnissen ausgestattet, wird der Regierungs-Präsi- auf die Verwaltung

einen berechtigten Ein ten Verbindung mit der-

der direkten Steuern auszuüben, in der eng

Erste Beilage

s-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger. t

Berlin, Freitag, den 5. Februar

i M E selben zu bleiben und ihr nüßlihe Dienste zu leisten, auch zugleich [Ur feine anders geartete Stellung in der Regiminalverwaltung nicht unerheblichen Gewinn zu ziehen.

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__ Die Verwaltung der Volks\{hulsacen foll nach Ziffer XIIL. der Grundzüge von den Regierungen auf die Provinzial-Schulkollegien, die Verwaltung der Domänen, Forsten und Regalien nah Ziffer XIV. besonderen néêu zur errichtenden Behörden (Domänen und Forstdirektio- nen) übertragen werden.

Was zunächst die Volks\hulsachen anbetrifft, welche nicht auf den Regierungs-Präsidenten übergehen jollen, fo iit die Einrichtung, wo- nah das höhere Sehulwesen und die Schullehrer-Seminarien vom Provinzial-Schu!kollegium, das Volksschulwesen aber von den Regie- rungen ressortirt, schon bisher als ein großer Uebelstand empfunden worden. Ist es schon gegenwärtig ein unnatürliches Verhältniß, daß die Lehrerbildung von dem Provinzial-Schulkollegium, dagegen die Ver- wendung der so gebildeten Lehrer für den praktischen Dienst von der Regierung resjortirt, so läßt fih gegenüber der neueren Entwickelung unseres Schulwesens, welche vorzug8weise der Mitteischule zugewendet ist, eine Grenze zwischen höheren und niederen Schulen in der Praxis überhaupt nit sharf ziehen. Die Aufgaben der einzelnen Schulen, deren viele sih wesentlich als cin Fortbau anderer darstellen, fließen

| oft dergestalt in einander, daß ihre Leitung und Beaufsichtigung

durch verschiedene Behörden nicht nur häufig eines inneren Grundes entbehren, sondern auch die Wirkiamkeit der cinzelnen Schulen und ihre Bedeutuug für die Gesammtaufgabe der Unter- richtsverwaltung {wer s{hädigen würde.

Von nicht minderer Wichtigkeit ist die Festhaltung des Grund-

| saßes, daß die inneren und äußeren Angelegenheiten der Schulen von

derfelben Behörde geleitet werden, da eine Trennung derselben, wenn überhaupt ausführbar, in der Praris unausbleiblih zu den größesten Inkonvenienzen Veranlassung geben würde.

Endlich erscheint eine kollegialische Behandlung der Schulsachen unbedingt geboten, weil auf feinem anderen Gebiete der Staatsver- waltung der Subjektivismus der an ihr betheiligten tehnischen Or- gane in gleichem Maße hervortritt, wie im Schulwesen und weil der Gefahr einseitiger Richtung, welche mit der Berathung durch einen einzelnen Schulmann verbunden ist, nur durch die kollegiale Ver- fasinng der Behörde vorgebeugt werden kann.

Die vorftelzend „bezeichneten Desiderate werden ihre angemessenste Verwirklichung in einer Einrichtung finden, welche im Wesentlichen dem Verhältnisse entsprechen würde, in welchem sich das hiesige Pro- vinzialschulkollegium zu dem hiesigen Schulwesen bereits fizdet. Mit anderen Worten, es wird das gesammte Schulwesen jeder Provinz etner einzigen, unter dem Vorsiße des Ober-Präsidenten und der Leitung eines eigenen Direktors zu bildenden, mit den erforderlichea tebnischen, furistischen und Verwaltungskräften auszustattenden folle- gialischen Behörde zu ünterstellen und werden die Provinzial \{ul- kollegien dementsprechend zu reorganisiren sein. Ob es mit Rück- ficht auf die Ausdehnung des Verwaltungsbezirks nothwendig sein vird, besondere Zwischeninstanzen, etwa Oberschulinspektoren, anzu- stellen oder ob staatlihe Kreisschulinspektoren als DVrgane für die Provinzials{chulbehörde genügen, wird sich erst nach den zu machenden Erfahrungen beurtheilen lassen.

Dié Provinzialschulbehörde wird jedoch nur dann in der Lage sein, ihre Aufgabe mit Erfolg zu erfüllen, wenn gleichzeitig mit der neuen Gestaltung der Ressortverhältnisse eine Decentralisation in der Verwaltung des Schulwesens eintritt. Es liegt deshalb in der Ab- ficht der Staatsregierung dur das zu erlassende Unterrichtsgeseß den Organén der Selbstverwaltung im Kreise, im Bezirke und in der Provinz bedeutsame Befugnisse in Betreff der Verwaltung des Schul} wesens einzuräumen und dadurch zugleich den für eine ersprießliche Entwickelung des Schulwesens wünschenswerthen inneren Zusammenhang zwishen den Kommunalangelegenheiten der korporativen Verbände des Staats und den einen integrirenden Bestandtheil derselben bil- denden Schulangelegenheiten herzustellen.

Anlangend ferner die Verwaltung der Domainen und Forsten, so hat dieselbe zu der Verwaltung des Innern keine fo engen Bezie- hungen, daß cine Verbindung beider Verwaltungen bei einer und der- selben Behörde dur sahlihe Intercssen bedingt wäre. Im Gegen- theil dürfte durch die Aufhebung dieser Verbindung der einen wie der anderen Verwaltung die Lösung der ihr gestcllten Aufgaben wesentlich erleichtert werden.

Demgemäß sollen für die Verwaltung der Domänen und Forsten in jeder Provinz Eine oder mehrere besondere Behörden (Domänen- und Forstdirektionen) eingeseßt und diesen Behörden auch die dis- ziplinare Jurisdiktion über die zu ihrem Ressort gehörigen Beamten Übertragen werden. :

Die Zahl der in jeder Provinz zu errihtenden Domänen- und Forstdireltionen wird lediglich von dem Bedürfnisse abhängig zu machen sein, wie sich dasselbe demnächst bei Ausführung der Qr- ganisation herausstellen wird.

Die unter Ziffer XV. und XVI. der Grundzüge vorgesehene Einrichtung einer neuen Provinzial-Steuerdirektion für die Provinz Brandenburg und einer General-Kommisfion für die Provinz Preußen ergiebt sih als eine Konsequenz der Aufhebung der Bezirksregie- rungen und dürfte auch an sih aus sachlichen Gründen nicht unzweck- mäßig erscheinen.

Die Ziffer XVIkI. der Grundzüge regelt im Allgemeinen die t De Ober-Präsidenten als der obersten Verwaltungsbehörde er Provinz.

Der Wirkungskreis des Ober-Präsidenten umfaßt na der Aller- höchsten Kabinetsordre vom 31, Dezember 1825:

1) Die eigene Verwaltung aller derjenigen Angelegenheiten, die nicht nur die Gesammtheit der Provinz betreffen, sondern die auch nur über den Bereich ciner Regierung hinausgehen; hier bildet er die unmittelbare Instanz und die betreffenden C Le léDen, namentlich die Regierungen, sind seine Organe. ahin gehören alle ständischen Angelegenheiten, alle öffentlihe für mehrere Regierungs- bezirke der Provinz eingerichtete Institute, Sicherheitsanstalten, Pläne zv neuen Anlagen, Meliorationen, Strom- und Kunststraßenbauten, welche sich auf mehr als einen Regierungsbezirk beziehen, Verhand- lungen mit dem kommandirenden Generale, welhe das ganze Armee- corps betreffen, die Wahrnehmung des jus circa sacra catholicorum.

2) Die Oberaufsicht auf die Verwaltung der Regierungen, der Provinzialsteuerdirektionen und der Generalkommissionenz; dieselbe geht aber niht dahin, daß der Oberpräsident an der Detailver- waltung Theil nimmt, sondern nur dahin, die Verwaltung im Ganzen zu beobachten, deren Gang kennen zu lernen und auf diesem Wege besonders für die Uebereinstimmung der Verwaltungégrundsähte und die Konsequenz der Ausführungsmaßregeln zu wiiken.

3) Die Stellvertretung der obersten Staatsbehörden in befon- derem Auftrage und bei außerordentlicher Veranlassung ; injofern ist der Ober-Präsident die nähste Instanz bei Konflikten der Regie- rungen unter fich und mit den für andere Verwaltungsangelegen- heiten verordneten besonderen Behörden, ist er ermächtigt und ver- pflichtet, bei außerordeutlihen Ereignissen und Gefahr im Verzuge die augenblicklich erforderlihen Anordnungen zu treffen, bei eingetre- tenem Kriege und vorhandener Ea O ite für die Provinz bis zu etwaigen anderweiten Anordnungen die gesammte Civilverwaltung zu übernehmen.

4) Are sind dem Ober-Präsidenten aus besonderen Rück- sichten einzelne Verwaltungsgegenstände überwiesen, und zwar:

a. dic Entscheidung in allen Kommunalangelegenheiten, sofern es

1875,

niht auf die Besezung der Stellen der Ober-Bürgermeister in den großen Städten oder auf die Frage ankommt, ob durch die von den Gemeinden beabfichtigte Aufbringungsweise der Gemeindebedürfnisse dem Steuerinteresse des Staates Nachtheil geschieht ; nus b, die Ertheilung von Konzessionen zur Anlegung neuer Apo-

eken;

c, die Genehmigung von Kram- und Viehmärkten ;

d. die Genehmigung zur Gründung neuer, sowie zur Erweite- rung, Umänderung, Einschränkung oder Aufhebung son bestehender gemeinnüßiger Anstalten, insbesondere auch zur Errichtung gemein- shaftliher Wittwen-, Sterbe- und Aussteuerkassen,

e. die spezielle Aufsicht über die Sparkassen ;

f. die Genehmigung zur Ausschreibung offentliher Kollekten in den einzelnen Regierungsbezirken und in der Provinz, sowie zur Vor- Ee offentlicher inländisher Ausspielungen für den Umfang dex

rovinz;

s. die Bestätigung der Statuteu der jüädishen Synagogen- gemeinden.

Der Ober-Präsident ist dem Staats-Ministerium und jedem ein- zelnen Minister für dessen Wirkungskreis untergeordnet und verpflich- tet, die besonderen Aufträge zu vollziehen. Derselbe hat zugleich in den Provinzial-, Sul- und Medizinal - Kollegien den Vorsiß und die Leitung der Geschäfte; auch ist er in der Regel Präsident der Regierung, welche an seinem Wohnorte ihren Sitz hat.

Bei der Neuschöpfung des nstituts der Ober-Präsidenten ging man von dem Gedanken aus, daß in demselben ein Vereinigungs- punkt der gesammten Provinzialverwaltung, ein einflußreiches persôn- liches Element dem Kollegialsystem der Regiernngen gegenüber ge- schaffen werden solle. Nur in gewissen ihnen besonders übertragenen Angelegenheiten sollten die Ober-Präsidenten eine ausführende, fonsft den Regierungskollegien gegenüber nur eine kontrolirende, den Ministerien gegenüber nur eine konsfultative Behörde sein; sie sollten keine Mittel- instanz zwischen den Ministerien und den Regierungen bilden, sondern die lhnen anvertrauten Geschäfte unter ihrer besonderen Verantwort- lichkeit, als commissarii perpetui des Ministeriums führen. Bei der speziellen Organisation ist jedoch dieser Grundgedanke des Instituts uicht streng festgehaïten und in Folge davon das Ressortverhältniß der obersten Provinzialbehörde nit mit hinreichender Klarheit festgestellt worden. Will der Ober-Präsident wirklih auf die Verwaltung that- kräftig cinwirfken, lo mat er sich unwillkürlich zu einer Mittelinstanz zwischen den Ministerien und den Regierungen, wodurch die Schreiberet gehäuft , die Kontrole und das büreaukratische Vielregieren in bedenk- licher Weise gesteigert wird. Für viele Verwaltungsgegerstände ift dadurh ein fünffaher Instanzenzug entstanden: Gemeindebehörde, Landrath, Regierung, Ober-Präfident, Ministerium.

._ Aus diesen thatsächlihen Verhältnissen ergiebt sich das Be-

dürfniß nicht sowohl zu einer Beseitigung, als vielmehr zu einer or- ganischen Umbildung dieses wichtigen Instituts. _ Das preußische Staatswesen ift seit dem Jahre 1866 ein zu um- fangreiches und die Aufgaben desselben als leitender Staat des Deut- {chen Reichs find zu mannigfache geworden, als daß in bisheriger Weise dfe gesammte innere Landesve: waltung von dem Centralpunkte der Ministerien aus, nicht nur geleitet und beauffichtigt, sondern \o- gar selbst geführt werden könnte.

__ Die Entlastung der Ministerien von dem Detail der Verwaltung wird seit Jahren als ein dringendes Bedürfniß empfunden. Dieselbe wird zu erfolgen haben, einerseits durch die in dem Dotationsgesetze beabsichtigte Üebertragurg verschiedenec Zweige der wirthschaftlichen Staatsverwaltung an die Provinzialverbände, andererseits dur die Ueberweisung aller derjenigen Angelegenheiten der obrigkeitlichen Staatsverwaltung an die Provinzialbehörden, deren Erledigung nicht den Ministerien selbst aus höheren politischen Rücksichten vorbehalten werden muß.

__ Demgemäß wird dem Ober-Präsidenten die Stellung einer selbst- ständig entscheidenden Behörde, aber nicht sowohl die einer Mittel- instanz ¿wischer? den Ministerien und den Regierungs-Präfidenten, als ee die einer der Regel nah endgültig entscheidenden Instanz bei- zulegen sein.

Die neueste Geseßgebung hat bereits diesen Weg auf verschiedenen Gebieten des öffentlichen Rechts betreten, indem den Ober-Präsidenten dur die Kreiëordnung die Ernennung der Amtsvorsteher, durch das Geseß über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Cheschließung die Abgrenzung der Standesamtsbezirke und die Be- stellung der Standesbeamten und dur die Kirchengeseße vom Mai 1873 und 1874 verschiedene wichtige Befugnisse in Bezug auf kirh- liche Angelegenheiten felbständig übertragen worden find.

In weiterer Verfolgung di-ses Weges wird den Ober-Präfidenten die Entscheidung über Beschwerden gegen Verfügungen der Regie- rungê-Präsidenten auch in einer großen Zahl von Angelegenheiten dr Landespolizei und der Reaiminalverwaltung überlassen werden könn ; und zwar werden die Ober - Präsidenten ihre Entscheidungen der Regel nach endgültig zu treffen haben, vorbehaltlich der Befugniß der Ressort-Minister, denselben über die Auslegung und Anwen- dung der Geseße und Verwaltungsvorschriften zur Beachtung für künftige Fälle Anweisung zu ertheilen. Diese Einrichtung besteht zur Zeit bezüglih der Handhabung der Staatsaufsicht über die Kom- munalanzgelegenheiten der Städte und Landgemeinden in der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz und hat \ih hier vollkommen be- währt. Während das Ministerium des Jnnern auf der einen Seite von der Prüfung und Eutscheidung aller einzelnen vielfach unerheh- lichen Beschwerden in Kommunalangelegenheiten befreit worden ift, hat dafselbe andererseits dadurch, Vat es in der Lage ist, jede Frage von prinzipieller Bedeutung mit präjudizieller Wirkung zu entscheiden, diejenige Einwirkung behalten, welche eine gleihmäßige, dem Gesetze und dem allgemeinen Staaksinteresse entsprechende Handhabung des Aufsichtsrehts über die Kommunalangelegenheiten der Städte und Landgemeinden gewährleistet.

Das Bedürfniß. auch in der Provinzialinstanz Organe der Selhst- verwaltung an der Wahrnehmung der Geschäfte der allgemeinen Laudeêverwaltung Theil nehmen zu lassen, ist bereits oben näher nachgewiesen worden. Es wird daher durch das Geseh zu bestimmen sein, in welchen Fällen der Ober- Präsident bei den von ihm zu treffenden Entscheidungen an die Mitwirkung des Provinzialäus\chuñßé gebunden ist. Ebenso wird es die Aufgabe des Unterrichtsgeseßes und der Wegeordnung sein, die Zuständigkeit des Ober-Präfidenten und des Provinzialaus\husses in Schul- und Wegeangelegenheiten zu regeln; denn wenn auch die Ver- waltung des gesammten Wegewesens, namentli auch der Châusseen, auf die Provinzialverbände und deren Organe übergeht, so wird dem Staate doch immer die Aufsicht über diese Verwaltung in landes- polizeilicher Beziehung verbleiben müssen. ö 7

Im Uebrigen wird die E Zuständigkeit der Ober-Präsi- denten, insbesoudere in Bezug auf die ihnen zur unmittelbaren Ver- waltung überwiesenen Angelegenheiten beizubehalten, demnächst aber darauf Bedacht zu nehmen sein, durch E diese Zustän- E unter Entbürdung der Ministerien, noch entsprehend zu er- weitern.

Wird hiernach der Umfang der Amtsgeschäfte der Ober-Präsi- denten auch einen „erheblihen Zuwachs erhalten, so tritt doch auf der anderen Seite wiederum eine Entlastung derselben dadurch ein, daß sie von der ihnen in der Regel obliegenden Führung des Prä- fidiums der Regierung, welche fich an ihrem Wohnorte befindet, ent- bunden werden. Es dürfte deshalb nicht erforderlich erscheinen, Fem Ober-

räsidenten einen besonderen Gehülfen zu seiner Unterstüßung in der Er- edigung der ihm obliegen/.TAmtsgeshäfte zu geben, wie ihn der