1875 / 32 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 Feb 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Nichkamlliches. Deutsches Neich.

% Preußen. Berlin, 6. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute in Gegenwart des Gou- verneurs und des Kommandanten von Berlin militärische Mel- dungen entgegen, empfingen den General-Adjutanten General der Kavallerie Grafen von Bismarck-Bohlen und hörten die Vorträge des Militär- und des Civil-Kabinets.

Beide Kaiserlihe Majestäten ershienen gestern Abend auf dem Feste des franzöfishen Botschafters und ver- weilten daselbs bis nah dem Souper.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern um 111/, Uhr Vormittags militä- rische Meldungen entgegen.

Abends 93/, Uhr begaben Sich die Höch sten Herrschaften zum Ball bei dem französfishen Botschafter. N i

Bei Ihre Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin fand, wie bereits gemeldet, am Donnerstag, den 4., in AllerhöGstihrem Palais Ball und Souper statt. Es waren dazu 500 Einladungen ergangen. In den vorderen, nah den Linden gelegenen Räumen vom Balkonsaal bis zu dem blauen Speisesaal war das diplomatishe Corps, die Fürsten und Fürstinnen, die Excellenzen mit Gemah- linnen und die übrige nicht tanzende Gesellschaft ver- sammelt, im runden Saale die tanzenden Herren und Damen. Der Anzug war für die Herren in Civil und Militär in Gala, für die Damen im Ballkleide.

Die Königlichen Prinzen und Prinzessinnen versammelten Sich in den Salons rechts vom Balkonsaal und wurden hier von Ihren Majestäten empfangen. Gegen 91/, Uhr erschienen Ihre Maje- stäten in der Gesellschaft, begrüßten zuerst das ‘diplomatische Corps und dann nah dem Range die übrigen im Malachit- zimmer uno im blauen Saale aufgestellten Gäste und nahmen darauf unter dem offenen Portikus des runden Saales den Eintritt in denselben. Se.Majestät der Kaiser und König, im rothen Galarock der Gardes du Corps, führten Ihre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Kronprinzeffin, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz in der Uniform der Königin-Kürassiere, Ihre Majestät die Kaiserin - Königin. Unter den Klängen des Heraklesmarsches machten Allerhöchst- und Höchstdieselben einen kurzen Polonaise-Umgang, worauf die Rundtänze begannen. Mit Ihren Majestäten waren in den runden Saal getreten Ihre Königliche Hoheit die Prinzesfin Carl und Ihre Hoheit die Herzogin von Anhalt, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessin Friedrich Carl und die Herzogin Wilhelm von Medcklenburg-Schwerin, Ihre Königlihen Hoheiten die Prinzessinnen Marie und Elisa- beth, Ihre Hoheiten die Prinzessinnen Marie von Sachsen-Meiningen und Elisabeth von Anhalt, Se. Königliche Hohett der Prinz Carl und Se. Hoheit der Herzog von Anhalt, Ihre Hoheiten der Erbgroßherzog von Metcklenburg-Streliß und der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, der Herzog Paul von Metcklen- burg-Schwerin und der Prinz Friedrih von Hohenzollern. Ihre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Kronprinzessin be- theiligte Sich außer an Contretänzen auch am Rundtanze. Es wurden außer drei Contretänzen und Lancier, den Cotillon einge- {hlossen, 6 Tänze nah den beliebtesten neuesten Melodien getanzt. Während des Balles maten Ihre Majestäten in den an den runden Saal angrenzenden Räumen unter Ihren Gästen die Tournée, rihteten an die meisten derselben huldvolle Worte und begaben Sih an der Spigze derselben gegen 12 Uhr durch die gelbe Galerie nah dem Adlersaal, wo das Souper eingenom- men wurde

Gestern Abend erschienen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin auf dem Ballfeste, welches der fran- gösishe Botschafter, Vicomte von Gontaut - Biron, in seinem Hotel am Pariser Plage veranstaltet hatte. Beim Eintritt in die Säle, welhe von einer glänzenden und zahlreihen Gesell- schaft gefüllt waren, hatte der Botschafter die Ehre, Ihre Ma- jestät die Kaiserin-Königin zu führen. Se. Majestät der Kaiser und König hatten der Comtesse von, Gontaut-Biron, der ältesten Tochter des Botschafters, den Arm gereiht. In der Begleitung Ihrer Majestäten befanden Sich Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, Ihre Königlichen Hoheiten der Prinzund die Prinzessin Carl, die Pcinzessin GSriedrih Carl, die Prinzessinnen Marie und Elisabeth, Ihre Hoheit die Prinzessin Marie von Sachsen-Meiningen, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Albrecht und Alexander, der Prinz August von Württemberg und der Erbgroßherzog von Melenburg-Strelig, Ihre Hoheiten der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, der Herzog Paul von Mecklenburg-Schwerin, der Prinz Friedrih von Hohen- zollern. Die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften bewegten Sich vielfa unter den Gästen und nahmen dann nach Mitter- naht das Souper ein.

T BUndesrath fißung. Vorgelegt wurden Schreiben des Präsidenten des Reichstags, betreffend: a. den Entwurf cines Bankgesezes; þ, den Gesey- entwurf über die Kontrole des NReichshaushalts 2c. für 1874; c. den Gesegentwurf wegen Erweiterung der Umwalung von Straßburg; d. den Geseßentwurf über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden; e. die Gesegentwürfe wegen Einführung des Gesehes über die Quartierleistung bezw. in Bayern und in Württemberg; f, den Geseczentwurf über die Reblaus-Krankheit; g. die Resolution wegen Vorlegung des Ent- wurfs eines Gefängnißgeseßzes; h. die Ueberweisung verschiedener Petitionen an den Reichskanzler zur Prüfung und event. Be- rüdckfihtigung.

Den Ausschüssen überwiesen wurden zwei Vorlagen, betref- fend: den Entwurf eines Gesezes über die Naturalisation von Ausländern, welche im Reichsdienste angestellt find und die Ver- anstaltung einer Enquête über die Verhältnisse der Gewerbe und Fabrikarbeiter.

Sodann wurde Beschluß gefaßt über den Entwurf eines Gesezes, betreffend die Beurkundung des Persfonenstandes und die Eheschließung.

Aus\hußberihte wurden erstattet über a. die definitive Fest- stellung der Einnahmen an Zöllen, Salz-, Rübenzucker-, Tabak-, Branntwein- und Braumalzsteuer für 1870—1871 ; þ. die Fest- ftellung des Feingehalts der Silberwaaren.

hielt am 4. d. M. die 8. Plenar- Den Vorsitz führte der Staats-Minister Dr. Delbrück.

Endlich wurden Mittheilungen gemacht über die Pensfions- |

verhältnisse von zwei Reihsbeamten, so wie über die Einfüh- rung einer einheitlichen Benennung der Reichsgoldmünzen.

Der Verlauf der Verhandlungen über den in der vor- Tegten Sesfion des Reichstages vorgelegten Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen der Gewerb e-

ordnung, hatte dem Reihskanzler-Amt Anlaß gegeben, über Bestand Einrichtung und Wirksamkeit der durch den Geseh- entwurf berührten, nah §. 108 der Gewerbeordnung zur Ent- \heidung gewerblicher Streitigkeiten berufenen Behörden dur Vermittelung der Bundesregierungen nähere Mittheilungen ein- zuholen. Die Absicht dabei war, aus dem so gesammelten Materiale für die Würdigung der im Laufe der Verhandlungen des Reichstages für und wider die bezüglihen Bestimmungen des Gesezentwurfes geltend gemachten Erwägungen, umfang- reichere und sficherere, als die bis dahin gebotenen Grundlagen zu gewinnen. Inzwischen is großentheils zufolge der im Reichstage und in der Presse an den Gescßentwurf geknüpften Erörterungen in den gewerblihen Kreisen eine Bewegung hervorgetreten, welhe über die Grenzen des Entwurfes hinaus die Bezichungen ¿wischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern zum Gezenstande vielseitiger Kritik und zahlreicher Wünsche ge- macht hat. Nach der Anficht des Reichskanzler-Amtes wird ih der Bundesrath einer ernsten Würdigung dieser Meinungs- äußerungen nicht ‘entziehen können, bevor er sich über die end- gültige Erledigung der immer noch \{chwebenden legislativen Frage \{chlüssig macht. Für eine solhe Würdigung fehlen aber, fast noch mehr wie für die Prüfung der bereits vom Reichs- kanzler Amte erörterten Punkte, die geeigneten Unterlagen, insofern über die zeitige Gestaltung der hauptsählih in Betracht kom- menden Verhältnisse des Gewerbewesens, über die Einwirkun- gen des bestehenden Rechtes, über die unter den Betheiligten selbst herrschenden Anschauungen und Wünsche \owohl aus dem Gebiete des Handwerkes, als auch des Fabrikbetriebes zuverlässige und ergiebige Mittheilungen nit vorliegen. Diesem Mangel kann nit dur einfahe Sammlung thatsäch- lihen Materials Seitens der Behörden in den einzelnen Bun- desstaaten abgeholfen werden, da die fehlenden vermißten Unter- lagen sih füglih niht anders als mittelst persönliher Vernehinung zahlreicher Gewerbetreibenden auf Grund eines einheitlihen Pro- grammes dur damit zu betrauende Beamte gewinnen lassen. Demgemäß hat der Reichskanzler den Bundesrath ersucht, sich damit einverstanden zu erklären, daß über die bezüglichen Fragen, die in einem Programme zusammengestellt find, eine Enquête veranstaltet werde, und zwar durch mündliche Vernehmung einer größeren Anzahl mit den Verhältnissen des Gewerbewesens praktis vertrauter, vorzugsweise aus dem Stande der Arbeit- geber (Fabrikbesißer und Meister), sowie der Arbeitnehmer (Fabrikarbeiter und Gesellen) unter Berücsichtigung der ver- schiedenen, in dem gewerblihen Leben vertretenen Richtungen auszuwählender Männer; daß die Vernehmungen unter Leitung der damit beauftragten Beamten in einzelnen gewerbfleißigen Orten dur welche, was Preußen, Bayern, Königreich Sachsen, Württemberg, Baden und Hessen betrifft, sämmtliche größere Verwaltungsbezirke vertreten erscheinen stattfinden sollen; daß die Antworten der Sachverständigen, unter Angabe des Berufes der lezteren, bei Gewerbetreibenden insbesondere des Standes (Fabrikbesiger, Fabrikarbeiter, Meister, Geselle) und des Gewerbes, in kurzen Protokollen niedergelegt und die Protokolle dem Reichskanzler-Amte eingesendet werden follen.

Das Programm werden wir in der nächsten Nr. d. Bl. veröffentlichen.

Die vereinigten Aus\chü}e des Bundesraths für das Seewesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Aus- hüsse desselben für das Seewesen und für JIustizwesen, die ver- einigten Aus\chü}e für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Aus\huß für ZoUll- und Steuerwesen hielten heute Sizungen.

Im ferneren Verlaufe der gestrigen Sizung des Hauses der Abgeordneten wurde die erste Berathung des Geseßz-

entwurfs, betreffend den stän desherrlihen Rechtszustand |

des Herzogs von Arenberg wegen des Herzogthums Meppen fortgeseßt und antwortete zunächst der Justiz-Minister Dr. Leon- hardt, welcher inzwischen im Hause erschienen war, auf die An- griffe des Abg. Windthorst (Meppen). (S. unter Landtags- angelegenheiten.) Dann trat das Haus sofort in die zweite Lesung ein.

__§. 1. Die hannoverschen Verordnungen vom 9. Mai 1826 über die standesherrlichen Verhältnisse des Herzoglich Arenbergschen Hauses in dem vormaligen Amte (jeßigen Kreise) Meppen (Hannov. Geseß-Samml. 1826, Abth. I. S. 155), vom 5. Oftober 1827 über die Aemter- und Gerichtsverfassung in dem Herzogthum Arenberg- Meppen (Hannov. Geseßz-Samuml. 1827, Abth. I. Seite 97), und vom s. August 1852, betreffend die Rechtspflege und Verwaltung im Herzogthume Urenberg-Meppen (Hannov. Geseß-Samml. 1852, Abth. 1. Seite 237), werden, soweit fie noch in Geltung si be- O von denen im §8. 9 bezeichneten Zeitpunkte an außer Kraft ge)eßt,

wurde nah einigen Bemerkungen des Abg. Windthorst (Meppen) und einer Erwiderung des Justiz-Ministers Dr. Leonhardt (S. unter Landtags-Angelegenheiten) angenommen.

S. 2 lautet:

Vom 1. April 1875 an wird die dem Herzoge von Arenberg im Herzogthume Arenberg-Meppen, einshließlich dec Stadt Papenburg, bisher zugestandene standesherriiche Gerichtsbarkeit und obrigkeitliche Verwaltung, leßtere mit den qus diesem Geseße fih erge- benden Vorbehalten, ohne Entschädigung aufgehoben. Die Gerichtsbarkeit in dem vorbezeichneten ftandesherrlichen Gebiete wird hinfort durch vom Staate bestellte Gerichtsbe- hörden, deren Einrichtung und Zuständigkeit durch die Vor- schriften über die in der Provîïnz Hannover bestehende Gerihts- verfassung bestimmt wird, im Namen des Königs ausgeübt. Die Amtsverwaltung im standesherrlihen Gebiet wird, unter Wegfall der bisherigen Herzoglichen Aemter, durch unmittelbar Königliche, nach den allgemeinen Vorschriften über die Amtsverfassung in der Provinz Hannover einzurichtende Aemter geführt, welhe nur nah Maßgabe der Bestimmungen im 8. 6 Nr. 9 zuglei im Namen des Herzogs noch zu fungiren haben,

Hierzu lagen Amendements vor:

a. des Abg. Windthorst: 1) die Worte „Ohne Entschädigung" zu streichen; 2) hinter dem ersten Absatz folgenden Zusatz zu machen : „Dem Herzoge steht das Recht zu, für die Stellen der Ober- und Unterbeamten b-i den Amtsgerichten und den Berwaltungsämtern der Königlichen Regierung solche Persönlichkciten zur Bestätigung zu prä- fentiren, welche nach den bestehenden Vorschriften zur Wahr- nehmung der bezeichneten Dienststellen geeignet sind; even- tuell aber denselben Zusaß mit “Beschränkung auf die Stellen bei den Verwaltungsämtern zu machen; 3) für den all der Ablehnung der Anträge unter 2 hinter dem ersten Absatz des § 2 einzuschalten: „Die für die oben ausgesprochene Aufhebung der standesherrlihen Gerichtsbarkeit und der obrigkeitlihen Verwal- tung dem Herzoge gebührende Entschädigung wird nah vorgängiger Verhandlung mit demselben durch ein besonderes Geseh festgestellt,“

b, Des Abg. v, Bismarck (Flatow) : N CEenane die Worte „Ohne Entschädigung“ zu streichen, 2) dem Schlusse des Paragraphen, hinzuzufügen: „die Festseßung einer Entschädigung bleibt einem beson- deren Gesetze vorbehälten.“ *

6, Der Abgg. Dr. Bening und Lauenstein: 1) die Worte: „leßtere mit den aus diesem Geseßze fich ergebenden Vorbehalten" und ferner die Worte: „welhe nur nah Maßgabe der Bestimmungen in 8. 6

T: F zugleiß im Namen des Herzogs noch zu fungiren haben* zuy reien.

Ueber das Amendement zu c. Nr. 1 soll ers nach Bez \{lußfa}ung über den §. 6, welcher von den erwähnten Vora behalten handelt, abgestimmt werden.

Nach einer längeren Debatte zwischen den Abgg. Lauenstein, Dr. Bening und Windthorst (Meppen) wurde S. 2 mit dem öweiten Amendement der Abgg. Bening und Lauenstein ange= nommen. Um 4 Uhr vertagte das Haus die weitere Debatte.

In der heutigen (8.) Sigung des Hauses der Ab= géordneten, welcher am Ministertishe der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Camphausen, und der Minifter für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, Dr. Frieden thal, mit zahlreichen Regierungskommissarien beiwohnten, wurde zunächst das Resultat der Kommissionswahlen, wie folgt, mitgetheilt : j

Es bilden die betreffenden Kommissionen die Abgeordneten:

Budgetkommission: Lasker (Vorsißender), Virchow (stellvertres tender Vorsißeuder), Hammacher, Wehrenpfennig, Roepell, Riert, Miquel, Weber (Erfurt), Kieschke, v. Benda, Hänel, Richter (Hagen), Hoppe, v. Grothe, Stathz, Hundt v. Hafften, Stenzel, Tiedemann, Bernards, v. Heeremann, Schröder (Lippstadt).

Rechnungskommission: Virchow (Vors.), Rickert (Stellv.), Strecker, Dauzenberg, Ludendorf, Michaelis.

Unterrichtskommission: Tech ow (Vors), Pauer (Stellvertreter), Witte, Mommsen, Kisel, Wallichs, Seyffart, Kre, Schläger, Schmel- zer, von Oven, Perger, Briese, Hofmann, Rahts, Bergenroth, Schwidk (Sagan), Graf von Kösönigsdorf, von Chlapowsfki, Brüel, Lindemaun.

Justizkommission: v. Rönne (Vorsißender), Thilo, Bisenbach, Rübsam, Wittro, Sarazin, Laport, Welter, Thulheuer, Warburg, v. Bismarck (Flatow), Pilaski, Döring, Beisert.

Gemeindekommission: Delius (Vorsitzender), Runge-Berlin (Stellvertreter), Lutteroth, Rüppel, Thörck, Lauenstein, Bong, Schmidt, Götting, Scholz, Gajewski, Graf v. Schmistna- Kerssenbrock (Beckum), Prinz Handjery, Schliper, Wagner (Naugard).

Agrarkommission: Schellwitz (Vorsitzender), Seelig (Stellver« treter), Douglas, Donalies, Thomsen, Hentze, Neumann, Bettersen, v. Schorlemer-Alst, Lux, Herrlein, Spangenberg, v. Roy, Albrecht.

Petitionsfommission: Gneist (Vorfißender), Petri (Stellvertre- ter), Korzewski, Mayßtzinski, Krah, Rüppel, Frenßel, Seydel, Wiß mann, v. Löôper-Löpersdorf, v. Bähr-Bährenhoff, Nilsche (Münster- berg), v. Tempelhof, Jacobi, Dr. Kapp, Kalle, Zähle, Ibach, Röte- rath, Hüffer, Sarrazin, Schütt, Neubert, Me yer-Merseburg, Kallen- bach, Richter (Sangerhausen) Thilenius, Lehfeldt.

Geschäftsordnungs - Kommission: Wachler (Vorsißender), v, Denzin (Stellvertreter), Haue, Elgnowski, Kletschke, Lieber, Krebs, Friße, Maß, Sachse, Müller (Trier), Häbler, Girünhagen.

Kommisfion für das Waldschußgeseß: Schellwißt (Vorsißender), Bening (Stellvertreter), Bernhardt, Mühlenbeck, Schmidt (Sagan), Parisius, Brüggemann, v. Schorlemer- Alst, Graf Matuschka, Pfaffe- rott, v. Wper, Braun (Waldenburg), Thiel, Thilcnius.

Dann seßte das Haus die zweite Berathung des Geseg entwurfs, betreffend den standesherrlihen Rehts= zustand des Herzogs von Arenberg wegen des Herzog= thums Meppen fort. Die S8. 3—5 wurden ohne erhebliche Dez batte genehmigt; §. 6, welcher die Rechte und Ehren aufzählt, welche dem Herzoge verbleiben sollen, erregte eine längere lebhafte Debatte, an ‘welcher fich die Abgg. Dr. Eberty, von Bismarck-Flatow, Dr. Bening und der Regierungs-Kommissar Geheime Regierungs= Rath von Brauchitsh betheiligten. §. 6 wurde mit einigen von den Abgg. Dr. Bening und Lauenstein beantragten Aende rungen angenommen. Die 88. 7 und 8 wurden ohne erheb- lihe Debatten genehmigt; in S. 9 wurde als Einführungs- termin der 1. Oktober 1875 angenommen. Bei Schluß des Blattes trat das Haus in die zweite Lesung des Etats der Domänenverwaltung ein.

In der Woche* vom 17. bis 23. geprägt worden an Goldm ünzen: Mark 20 - Mark= stüdke, Mark 10- Markstüke; an Silbermünzen: 1,709,240 Mark 5-Markstücke, 724,564 Mark 1-Markstücke, 343,913 Mark 40 Pf. 20-Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 84,170 Mark 20 Pf. 10-Pfennigstücke, 84,767 Mark 50 Pf. 5-Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 53,206 Mark 26 Pf. 2-Pfennigstücke, 18,549 Mark 10 Pf. 1- Pfennigstücke. Vorher waren geprägt: an Goldmünzen : 882,540,800 Mark 20-Markftüte, 229,293,160 Mark 10-Markstücke; an Silbermünzen : 7,403,850 Mark 5-Mark- ftüde, 35,479,313 Mark 1-Markstücke, 10,434,972 Mark Pf. 20- Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 5,015,688 Mark 40 Pf. 10-Pfennigstücke, 1,878,824 Mark 50 Pf. 5 - Pfennigstücke; an Kupfermünzen : 1,931,362 Mark 64 Pf. 2-Pfennigstücke, 777,154 Mark 29 Pf. 1-Pfennig®Züe. Mithin find im Ganzen geprägt: an Goldmünzen: 882,540,800 Mark 20-Markstücke, 229,293,160 Mark 10-Markstücke; an Silbermünzen: 9,113,090 Mark 5-Mark- ftüde, 36,203,877 Mark 1-Markstücde, 10,778,885 Mark 40 Pf. 20- Pfennigstüke; an Nickelmünzen: 5,099,858 Mark 60 Pf. 10-Pfen= nigstücke, 1,963,592 Mark Pf. s-Pfennigftücke; an Kupfer- münzen: 1,984,568 Mark 90 Pf. 2-Pfennigstücke, 795,703 Mark 39 Pf. * 1-Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Goldmünzen : 1,111,833,960 Mark; an Silbermünzen: 56,095,852 Mark 40 Ps an Nickelmünzen: 7,063,450 Mark 60 Pf. ; an Kupfermünzen: 2,780,272 Mark 29 Bf,

8n Anknüpfung an unsere gestrige, die Herbeifühs= rung einer einheitlihen deutschen Recht\shreibung betreffende Mittheilung bemerken wir zugleih als Antwort auf mehrere, bereits an uns ergangene Anfragen, daß es in der Absicht des Kuratoriums des „Deutschen Reichs- und Königlich Preußischen Staats-Anzeigers“ liegt, sich mit dem Professor von Raumer in Verbindung zu seßen, um im Anschluß an das von demselben zu erwartende Gutachten, auf der Grundlage des von dem Vereine der Berliner Gymnafiallehrer herausgegebenen orthographischen Wegweisers, durh die beabsichtigten Verhand- lungen mit Zeitungen und Buchhandlungen diese Angelegenheit praktisch zu fördern.

Der Königlich preußischen Post-Zollexpedition in Berlin ist die Ermäthtigung ertheilt worden, Uebergangss\cheine über mit der Post eingehende Waaren zu erledigen.

Der Gexsxeral-Lieutenant von Rauch, Commandeur der 9. Division, hat ih in seine Garnison zurückbegeben.

S. M. S. „Augusta“ und S. M. Kanonenboot „Albatroß“ find am 4. Februar cr. Nachmittags, von San= tander kommend, in Ferrol eingetroffen.

Bayern. München, 4. Februar. Ueber den gestrigen Hofball melden bayerische Blätter Folgendes :

Der gestern im Festsaalbau der Königlichen Residenz abgehaltene Hofbhall, der einzige in diesem Jahre, war sehr glänzend. Se. Majestät der Ks nig erschien bald na 7 Uhr, die Prinzessin Lud- wig am Arme führend, in der Oberst-Uniform seines (4.) Chevau- leger-Regiments. Es fand hierauf die Vorstellung von 21 Damen IL. Rangklasse, 3 neu ernannter Kämmékéker (Frhr. v. Malsfen, Frhr. v. Crailsheim und Frhr, v. Bethmann) fowie 12 fremder Herren, meistentheils Mitglieder auswärtiger Gesandtschaften, ferner des Gou-

Januar 1875 sind

vérúêurs von Ulm, General-Lieutenants y. Berger und Generals Baron Schönfeld, endlich von 6 Damen [Il Rangklasse statt. Die Polo- naise eröffnete Se. Majestät mit der Gemahlin des württembergiscen Gesandten Frhrn. v. Soden, Prinzessin Ludwig wurde geführt vom russishen Gesandten von Ozerow, Prinzessin Gisela vom preußishen Gesandten Frhrn. von Werthern, Prinzeffin Therese vom württembergishen Gesandten Frhrn. von _ Soden, Prinz Otto geleitete die Gemaßlin des österreihischen Gesandten, Sreiherrn v. Bruck, Prinz Ludwig die Fürstin Oettingen-Spielberg, Pcinz Leopold die Fürstin Lichtenstein, Prinz Arnulf die Fürstin von der Leyen, Prinz Adalbert die Gräfin von der Mühle, Herzog Ludwig die Gräfin Pocci. Um 10} Uhr begann das Souper. Dem König zur Rechten Prinzessin Ludwig, hieran reihten fih Prinz Otto, Prinzeß Therese, Prinz Leopold, Prinz Adalbert, der päpstliche Nusztius. Zur Linken nahmen die Siße ein: Prinzessin Gisela, Prinz Luitpold, Ludwig, Arnulf, Herzog Ludwig, Freifrau von So- den. Nach dem Souper folgte noch ein Walzer, jowie der Cotillon. Se. Majestät der König zog sich gegen 123 Uhr in seine Apparte- ments zurück. Unter den Anwesenden waren außer der Generalität, den Ministern v. Pfretzschner, Dr. v. Säustle und v. Pfeuffer insbe- sondere das vollständig erschienene diplomatische Corps zu bemerken.

Die „N. Nachr.“ \hreiben: Die Nachricht, als habe Staatsrath v. Shubert das Präsidium im Berwaltungsrathe der Ostbahnen niedergelegt, ift ohne alle Begründung. Die Ver- handlungen des Verwaltungsrathes mit der Regierung werden noch in dieser Woche zum Abschlusse kommen.

Württemberg. Stuttgart, 4. Februar. Das heute ausgegebene Regierungsblatt Nr. 3 enthält eine ‘Bekannt- machung des Ministeriums des Innern, betreffend die Benen- nung der Aufsichtskommission für die Staatskrankenanstalten und die Verlcihung der Befugnisse eines Landeskollegiums an diese Behörde, vom 23, Januar 1875. Die Aufsihtsbehörde über die Staatsirrenanstalten soll hiernach künftig „Aufsichts- kommission für die Staatskrankenanstalten“ benannt werden. In der gleichen Nummer ist das Statut der Staatsirrenanstal- ten Schussenried, Winnenthal und Zwiefalten veröffentlicht.

Det „Sl, A. f W.“ meldet: Soeben wifft hier die Nachricht ein, daß die längst erwartete Schicßkommission nun- mehr am 20. Februar eintreffen wird. Ebenso kommt von Crefeld die erfreu!iche Mittheilung, daß dem ausgesprochenen Wunsch zufolge der Rheinishe Schüßenbund fein für dieses Jayr \schon bestimmtes Bundess\chießen, ebenso wie der Leipziger, im Interesse unseres Deutschen Bundesfestes auf nächstes Jahr zu verlegen beschlossen hat. In der leßten Sigzung des Centralcomités wurden die Pläne für die Schieß- halle, sowie für die Erdarbeiten genehmigt, und man sieht in kurzer Zeit auch dem Plan für die Festhalle entgegen.

Vei der am 28. v. M. vorgenommenen Wahl der Mitglieder der Handels- und Gewerbekammer haben im Amts-Oberamts-Bezirk Stuttgart von 30 Wahlberechtigten nur acht abgestimmt. Es wurde deshalb auf heute ein Etr- gänzungswahl-Termin anberaumt, an welhem jedoch keine Stimmen mehr abgegeben wurden.

WBadew. Karlsruhe, 4. Februar. Wie der „Carlsr. Ztg.“ aus zuverlässiger Quelle mitgetheilt wird, ist die neue badische 4proz. Anleihe, über welche seit längerer Zeit Verhandlungen \{chwebten, nunmehr zum endgültigen Abshlu}se gelangt. Die Uebernehmer der Anleihe sind das Bankhaus M. A. v. Rothschild u. Söhne zu Frankfurt a. M., die Di- rektion der Diskonto-Gesellshaft zu Berlin, das Bankbaus W. H. Ladenburg u. Söhne und die Rheinische Kreditbank in Mannheim.

Meckelenburg. Schwerin, 5. Februar. Als Land- tags-Kommissarien werden, den „Meckl. Anz.‘ zufolge, den bevorstehenden Landtag in Malchin die Staats-Minister Graf von Bassewiß und Staatsrath Wegzell besuchen.

Sachsen - Coburg - Gotha. Coburg, 3. Februar. Der Schuldirektor Heckenhayn hierselbst ift vom Herzog vom 1. April d. I. an zum Schul-Inspektor für die Volks\{hulen des Herzogthums Coburg (Art. 82 des Bolks\chulgesezes) er- nannt worden. :

In dem neuen Stadterweiterungsplan für Gotha find neuerdings ca. 60 neue Haupt- und Nebenstraßen eingezeihnet Und zum größten Theile bereits mit Namen bezeihnet worden. Westlih von der Stadt sollen unter anderen dereinst entstehen: eine „Kaiserstraße“, eine „Ernststraße“ (beide 90 Fuß breit und ca. eine halbe Stunde lang; von der Eisenacher Straße bis zur Eisenbahn an der Uelleber Chaussee), eine „Bismarstraße“ U. \. w.; öôstlih von der Stadt: eine „Sriedrih Wilhelms- straße“ (von der Siebeleber bis Kindleber Chaussee), eine „Leopoldstraße“, eine „Amalienstraße“, „Luisenstraße“, „Kranach- straße“, „Alfredstraße“, „Sedanstraße“ u. \. w.; nördlich von der Stadt, hinter der „Hohen Straße“: eine „Spohrstraße“, „Seebachstraße“, „Hansenfstraße“, „Schillerstraße“, „Borkstraße“, „Blücherstraße“, „Moltkestraße“, „Roonstraße“, Wörthstraße“ U T, 10. '

Desterreich-Ungarn. Wien, 5. Februar. Das Landes- geseß- und Verordnungsblatt des Jahrganges 1875 fär das Erzherzogthum Oesterreih unter der Enns enthält das Gesetz, betreffend die Verlängerung des Termines zur Durchführung des Schlachthauszwanges in den Vororten Wiens.

Pest, 4. Februar. In der heutigen Sißung des Ab- geordnetenhauses seßte als erster Redner in der Budget- debatte Helfy seine gestern begonnene Rede fort und sprach gegen die Budgetvorlage. Koloman Szell erklärte, die Frage der Bedeckung sei der eigentliche Hauptgegenstand, wenn selbe au noch nicht konkret aufgeworfen sei; er befürwortete eingehend die Steuervorlagen Und die Anträge der Regierung. Er acceptire die Steuererhöhung niht deswegen, weil dies allein zur Regelung des Staatshaus- haltes nothwendig sei, sondern weil selbe sofort absolut noth- wendig sei und das Defizit weder mittelst Finanzoperationen, noch durch weitere Reduktionen jet zu beseitigen möglich sei, da man nur durchführbare Ersparnisse und nicht problematische anderseitige Einnahmen in Rechnung bringen könne. Dies {ließe niht aus, mache sogar nothwendig, daß auch andere Re- formen durhgeführt werden, welche die Steuerfähigkeit heben. Aber au Ersparnisse müssen gemaht werden, wenn dies auh in diesem Jahr niht möglih sei. Bei dem Gestütswesen, bei der Justizpflege, im Budget des Kommunikations-Ministeriums werden jedenfalls Reduktionen nothwendig und möglih sein; auch sei es absolut unmögli, bei den Bergwerken und dem Forstwesen noch in diesem Jahr Millionen zu ersparen. Des- halb sei auh Zsedenyi's Antrag nicht für die Generaldebatte, jondern für die Spezialdebatte. Er fordere aber bei den Kosten der Wehrmacht große Reduktionen, die {edenfalls möglich sind. Man dürfe nicht die jet präliminirten Einnahmen, sondern die faktishen als Basis nehmen und die Schlußrechnungen beweisen, daß die Einnahmen nur dwishen 134 bis 140 Millionen variiren, _während 147 Millionen veranschlagt find. Als sichere Basis könne des-

halb bei \{lechter Ernte nur 142 Millionen betrahtet werden. Die fixe Summe von 125 Millionen abgeschlagen, frage ér Sennyey, ob er es denn möglih halte, daß wir mit der blei- benden kleinen Summe unsere inneren Ausgaben decken können? Oder sollen wir etwa Kultus, Honved, Kommunikationsbudget völlig reduziren? Sind wir dies im Stande? Gewiß nicht; dann müssen aber die Einnahmen erhöht werden und wenn wir heute au plöglih einhalten, wird es dann möglich sein, in Zu- kunft den Anforderungen des Staates und der Verhältnisse nur zu entsprechen ? Wir können uns unmöglih in \folch enge Grenzen zurückdrängen. Es sind jene Aus- gaben gestiegen, welhe wir absolut nicht reduziren können. Dies verursache eigentlih das Defizit. Der Redner endete unter dem größten Beifall der Rechten, daß er nit nur die Budgetvorlage, sondern au die Steuervorlage acceptire. Der nächste Redner, Polit, \prach gegen die Großmachtspolitik Oesterreihs und die \pezifisch magyarische Politik, die es ver- säumt habe, die Serben als Brüder zu gewinnen, um, wenn die große Katastrophe im Oriente ausbrehen werde, nicht von Oesterreihs und der Türkei Gnade abhängen zu müssen. Shließ- lih reichte er cinen Beschlußantrag ein, demgemäß die Budget- vorlage abgelehnt werden soll.

Der Justiz-Minister Pauler machte darauf aufmerksam, daß die dreitundertjährige Geschihte Ungarns der beste Beweis für den Vortheil des Bündnisses mit Oesterreich sei, welches es in die Lage verseßt, 40,000 einwandernde verfolgte Familien gastfreundlih aufnehmen zu können, jene mit Czernovits herein- gekommenen Serben nämli, die eine Kirchenautonomie bekommen haben, wie sie die griehishen Nichtunirten nirgends in der Welt besißen, und die mit den übrigen Einwohnern des Landes voll- tfommen gleihe politishe Rechte erhalten haben. Dies sei immer die ungarishe Politik den Nationalitäten gegenüber gewesen, und wenn demnach Herr Polit behaupte, daß die Serben unsere Brüder sein wollen, so thun sie nichts als ihre Pflicht. Der Zweck des 1867er Ausgleiches aber war, jene Fragen zu lösen, welhe zwischen beiden Staaten zu Differenzen Anlaß boten. Wir haben damals die Selbständigkeit und Unabhängig- keit gewonnen. Früher wußte das Ausland nihts von einem ungarischen Staate, heute is die ungarische &lagge in allen Weltmeeren sihtbar. Vor der orientalischen Frage aber brauchen wir uns, so lange wir mit Oesterreich ein ehrlihes Bündniß haben, niht zu fürhten. Redner ging hie rauf zum Gegenstande der Tageso: dnung über und meinte, daß die Gegner der Vor- lage nur die Schattenseite der Lage zeihnen, wo do unstreitig auch der geistige und materielle Fortschritt vorhanden sei. Er acceptirte \chließlich die Budgetvorlage. Anton Zichy sprach sehr dringend für die Budgetvorlage und wird die heute unterbrochene Rede morgen fortsezen.

Die außerorden!lihe Wirkung, welche die gestrige Rede Tisza's hervorgerufen, zeigte si g stern im Deak-Klub, wo die Abgeordneten und die Minister sehr zahlrei ch erschienen ware. Es wurde ein Ministerrath ab ehalten, welcher über die Lage Berathungen pflog, und wurde hierauf beschlossen, für heute Abend eine Konferenz der Deak - Partei abzuhalten. Das linke Centrum hält erst übermorgen eine Konferenz.

Die Konferenz der Deak-Partei hat indessen niht stattgefun- den, da man sie noch für verfrüht hielt. Mit Bezugnahme auf die Ziveifel, ob das linke Centrum die gestrige Manifesta- tion Tisza's billige, erfährt der „Ungarische Lloyd,“ daß die- selbe der Ausfluß eines Partei-Konferenzbeshlu}es gewesen sei und daß das Auftreten Tisza's kaum den Austritt von 1 bis 2 Mitgliedern zur Folge haben wird, :

5. TFebruar. (W. T. B.) Die Nachrichten, welche in Folge der Rede des Abgeordneten Tisza über eine Koalition der Fraktionen Tisza, Sennyey und Lonyay und über die Bil- dung eines Ministeriums durch dieselben verbreitet wurden, wer- den von gut unterrihteter Seite als mindestens verfrüht be- zeichnet. |

6. Februar. Die „Pester Korrespondenz“ konstatirt das Vorhandensein einer M inisterkrisis, hält indeß die Gerüchte von dem beabsihtigten Rültritte des Ministeriums ebenfalls für verfrüht und glaubt, daß das Ministerium zunächst ers die Ver- trauensfrage an den Reichstag stellen werde.

Schweiz. Bern, 5. Februar, (W. T. B.) Der Schah vor Persien hat seinen Beitritt zu der Genfer Konven- tion, betreffend die Verbesserung des Looses verwundeter Krie- ger offiziell anzeigen lassen.

Niederlande. Haag, 2. Februar. Nach einem bei dem Kolonien-Ministerium eingetroffenen Telegramme des General- Gouverneurs von Niederländisch-Indien, vom Datum des 31. Januar, hat der Militär- und Civil-Befehlshaber in Atchin, Oberst Pel, am 26. Januar folgende telegraphische Meldungen dem indischen Gouvernement in Batavia zugeschickt:

„Panglima Tjut aus den 22 Mukim ist in dem Gefechte vom 31. Dezember gefallen. Imam Longhatta liegt krank in den Oberlanden, Tuku Kajut aus den 22 Mukim agitirt stark für den Krieg, das Volk aber verlangt nach Frieden. Am 22. Januax wurden Muki und Labuan Hadije (an der Westküste) gezüchtigt; zu Pulu Kaju wurde die nieder- ländische Flagge aufgehißt. (Im Dezember hatte Oberst Pel durch das Kriegs|chif „Watergeus*“ an die noch widerspenstigen Staaten an der Westküste ein Ultimatum gelangen lassen; der „Watergeus“ war damals ohne befriedigendes Ergebniß von dieser Mission zurück- getehrt; darauf, wie es |cheint, wurde die „Züchtigung“ angeordnet und vollzogen.) Am 23, Januar wurde u Pungei Blang-Tjut ein neuer Posten errichtet, ohne daß eine Begegnung mit dem Feinde stattfand. Der Gesundheitsstand war minder günstig; vom 15. bis 26. Januar kamen 13 -Cholerafälle vor.“

Großbritannien und Jrlaud. London, 4. Februar. Aus Osborne wird gemeldet, daß Prinz Leopold fort- während täglih an Kräften zunimmt. Es werden folglih keine weiteren Bülletins über sein Befinden erscheinen.

Lord Hartington, der neugewählte Führer der Opposi- tion im Hause der Gemeinen, ist, nah der „A. A. C.“, der älteste Sohn des 7. Herzogs von Devonshire und wurde in 1833 geboren, ist somit erst 42 Jahre alt und hat eine nahezu 18jährige par- lamentarishe Erfahrung. Nachdem er seine Studien in Cam- bridge beendet, wurde er in 1857 für North - Lancashire in das Parlament gewählt. Bei der Eröffnung des neuen Parlaments in 1859 beantragte er ein Mißtrauensvotum gegen Lord Derby's Regierung, das mit 323 gegen 310 Stimmen zur Annahme gelangte. Im März 1863 wurde er zu einem Lord der Admiralität im Kabinet Palmerston ernannt, und wenige Wochen später erfolgte seine Ernennung zum Unter - Staatssekretär im Kriegs - Ministerium. Bei der Rekonstruktion der Regierung __nach Palmerstons Tode wurde er zum Kriegs-Minister befördert. Im Dezember 1868 büßte Lord Hartington scinen Siy für North-Lancafhire ein, wurde aber unmittelbar darauf zum Unterhausvertreter des &leckens Radnor gewählt, worauf er die General-Poftmeisterstelle in Mr, Gladstone's Kabinet annahm. Diesen Posten vertauschte

er im Januar 1871 mit dem eizes Ober-Sekretärs für Irland, den er bis zum Sturz der liberalen Regierung im vorigen Iahre innehielt.

Die irdische Hülle des vor einigen Tagen verstorbenen Komponisten Sir Sterndale Bennett wird am nächsten Sonnabend in der Westminster-Abtei beigeseßt werden.

6. Februar. (W. T. B.) Beide Häuser des Parla= ments haben die Adresse auf die Thronrede nach kurzer Debatte einstimmig angenommen. :

Fcankreich. Das konstitutionelle Gesey lautet nah der zweiten Berathung wie folgt:

Art. 1. Die geseßgebende Gewalt wird von zwei Versammlun- gen, einer Deputirtenkammer und einem Senat, ausgeübt. Die De- putirtenkammer wird durch allgemeines Stimmrecht unter den durch das Wahlgeseß festzustellenden Bedingungen gewählt. Die Zusam- menseßung, die Art der Ernennung und dic Befugnisse des Senats werden dur ein beionderecs Gesetz geregelt.

Art. 2. Der Präsident der Republik wird dure absolute Mehr- heit der Stimmen des Senats und der Deputirtenkammer, die als National-Versammlung zusammentreten, gewählt. Er wird auf sieben Jahre ernannt. ‘Er ist wieder wählbar.

Art. 3. Der Präsident der Republik kann auf zustimmendes Gutachten des Senats hin die Deputirtenkammer vor der geseßlichen Beendigung ihres Mandats auflösen. In diesem Falle werden die Wahl-Collegien zur Vornahme der neuen Wahlen binnen drei Mgs- naten zusammenberufen.

Art. 4. Die Minister sind vor der Kammer für die allgemeine Politik solidarisch, für ihre persönlichen Handlungen einzeln verant= wortlich. Der Präsident der Republik ist nur in dem Falle des Hoch = verraths verantwortlich.

Art. 5. Jn Valle déx Erledigung (der Präsidentschaft) durch Todesfall oder durch irgend eine andere Úrsache schreiten die vereinigten Kammern sofort zur Wahl eines neuen Präsidenten. In der Zwischen- zeit wird der Ministerrath mit der vollziehenden Gewalt bekleidet.

Art. 6. Die Kammern können durch getrennte Beschlüsse, die mit absoluter Stimmenmehrheit gefaßt werden müssen, fet es aus freien Stücken oder sei es auf Verlangen des Präsidenten der Republik, erklären, daj; Veranlassung vorhanden ist, die konstitutionellen Gesfete zu revidiren. Wenn jede der beiden Kammern diesen Beschluß gefaßt hat, vereinigen sie sich als National-Versammlung, um zur Revision zu schreiten. Die Beschlüsse betreffs der vollständigen oder theilweisen Revision dec Verfassung müssen durch absolute Mehrheit der die National-Versamm= lung bildenden Mitglieder gefaßt werde.n Indeß kann diese Revision während der Dauer der dem Marschall Mac Mahon durch das Gesetz vom 30. November 1873 übertragenen Gewalten nur auf den Antrag des Präsidenten der Republik statthaben.

Art. 7. Der Sih der vollziehenden Gewalten und der beiden Kammern ist zu Versailles. E

Art. 8. Das Gese über die Organisation der Staatsgewalten wird erst nach der endgültigen Annahme des Gesetzes über den Senat veröffentlicht.

Versailles, 5. Februar. (W.T. B.) Die National= versammlung genehmigte heute des Widerspruchs der Minister ungeahtet die Vorlage über Freigebung der Fabri= kation von Pulver und Dynamit in zweiter Lesung und vertagte

sih hierauf bis nächsten Donnerstag.

Spaniewo. Madrid, 5. Februar. (W. T. B.) ‘Nah einer aus Oteiza hier eingegangenen amtlihen Meldung haben die Carlisten gestern in einer Stärke von § Bataillonen eine äußerst heftigen Sturmangriff auf die befestigten Positionen der Königlichen Truppen am Berge Esquinza gemacht. Es ge= lang ihnen, bis an die Tranchéen vorzudringen, sie wurderr \chließlich aber mit großen Verlusten zurückgeworfen. Moriones und Despujols beabsichtigen, gegen die starken carlistishen Stel= lungen bei Santa Barbara vorzugehen.

Die Einnahme von Puenta la Reina und die Herstellung der Verbindung mit Pampelona wird amtlih be= stätigt; ebenso hat die Beschießung von Santa Barbara, einer Vorstadt von Estella, begonnen.

8orilla hatte für Wiederherstellung der Republik Pro=2 paganda zu machen gesucht und is deshalb von der Regierung verwarnt worden. Derselbe hat sih in Folge dessen nah Frank reih begeben. |

NAnfßland und Polen. St. Petersburg, 5. Fe= bruar. (W. T. B.) Der Staats-Sekretär Longuinow, Chef der General-Direktion für Angelegenheiten der Prefse, ist gestor=2 ben; als muthmaßcicher Amtsnalhfolger desselben gilt der interi» mistishe Chef, Staatsrath Grigoriew. Bei dem Finanz= Ministerium is eine besondere Kommission mit der Ausarbei= tung eines Normalstatutes für die russischen Börsen beauf» tragt worden. Für den Ankauf der Bagaslaws#\chemn Bergwerke im nördlihen Ural sind 3 Bewerber aufgetreten und gilt die Veräußerung der Bergwerke im Interesse eines leh= hasfteren Betriebes derselben für wahrscheinlich. i

W. L B) Die Podgorizza - Angelegenheit, die die hier eingehenden fremden Zeitungen noch immer lebhaft beschäftigt, betrahtet man hier als „geordnet und hält es für höchst unwahrscheinlih, daß Tetailzwischenfragen einen irgend ernsten Charakter annehmen, nahdem die prinzia piellen Fragen zwishen der Pforte und Montenegro durch die übereinstimmenden Rathschläge der russishen, deutshen und österreihischen Regierung geebnet worden sind.

Türkei. Konstantinopel, 5. Februar. _(W. T. B.) Die der britishen evangelischen Deputation bei ihrer Abreise zugestellte Mittheilung bestand, wie versichert wird, in einem Schreiben des britishen Botshäfters. des Inhalts, daß die Pforte auf ihrer Weigerung, das Gesuch der Deputation um eine Audienz bei dem Sultan zu unterstüyen, beharre, daß aber der Botschafter nihtsdestoweniger glaube, daß das Vorgehen der Deputation von der Pforte werde gebührend gewürdigt wera den, und daß die Pforte alle zum Schuze ihrer christlichen Un= terthanen dienlihen Maßregeln ergreifen werde. Von den türa kischen Journalen, besonders von der eTurquie“ und von den „Bassiret“ werden heftige Artikel gegen die Missionäre und gea gen die Jesuiten veröffentlicht.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 31. Januar. (H. N.) Die Zweite Kammer trat gestern zu einer Sizung zusammen, hauptsählih um die am Donnerstag gestellten 88 Anträge zu besprehen und event. an die betreffenden Aus \{chüsse zu verweisen. Die wichtigsten derselben sind folgende: C. G. Lindmark: Wegen Bewilligung von Unterstüßungen für die Kolonie St. Barthélemy. I. Edstrem: Abänderung der Bea stimmungen für Bagagebeförderung des Sndelta-Infanterie-Regia ments. P. Nillson: Richtigere Vertheilung der Verpflichtung, die Wege in Stand zu haiten. P. Hübineke: Erhöhung des Zolles auf Branntwein 2c. S. Johnson: Bewilligung von 500,000 Kronen zur Erleichterung der Höfe respektive Güter, welche vera pflichtet sind, Soldaten zu stellen. Chr. Arrarson : Regulirung des sogen. Sjutswesens. Per Nels\ons Verordnung für Apo= theker, keine betäubende Tropfen abzugeben. C. A. Larsf\on: Von den Staatseinkünften zehn Millionen als Reservefonds abzusezen, für etwaige Auslagen, welche in weniger ergiebigen Jahren zu decken wären. O. Mannon: Den von der Riksbank