1875 / 39 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Feb 1875 18:00:01 GMT) scan diff

In der Nacht des 31. Januar wurde von R. Falb in Wien mit freiem Auge ein Stern an einer Stelle gefunden, wo die besten Sternkarten kein ohne Ferurohr sihtbares Gestirn aufweisen. Noch in derselben Naht wurde der Fund auf dem Observatorium des Regierungs-Raths Professor v. Oppolzer und-in den folgenden Nächten auch von der Kaiserlich Königlih-n Sternwarte bestätigt. Das be- treffende Objekt befindet fich nahe am Sterne Jota im Orion.

Gewerbe und Handel.

Aktionäre der hiesigen Wechselstuben - Aktiengesell- \chaft haben bei der Verwaltung folgende Anträge eingebracht: 1) auf Auflösung der Gesellschaft; 2) Wahl einer Liquidations- kommission; 3) Festseßung der näheren Modalitäten der Liquidation resp. die der Liquidationskommission zu ertheilenden Direktiven ; 4) Aenderung §. 35 Litt. 6, der Statuten.

-— Den Gläubigern des in Konkurs befindlichen Posener Ban k- vereins „Tellus* sind am 9. d. M. -auf dem Posener Kreis- geriht aus der Masse 9% % ausgezahlt worden. E

Dresden, 15. Februar. (W. T. B.) In der geïtrigen Sitßung des Verwaltungsrathes der Sächsishen Bank wurde be- s{hlossen, der nächsten Generalversammlung für das Jahr 1874 die E einer Dividende von 104% oder 21 Thaler pro Aktie vorzuschlagen. S i

Aus den offiziellen dem russishen Minister des Junern ein- ereihten Daten ergiebt sich, daß die leßte Nischni-Nowgoroder Messe, sowohl was die Größe der Umsäße als auch die Höhe der erzielten Woarenpreise anlangt, überhaupt eine der besten Mefsen ge-

Die Festlichkeit des Offizier-Corps des Reserve - Landwehr-Bataillons (Berlin) Nr. 35.

Am Sonnabend hat in den glänzend erleuchteten Sälen des Krollschen Etablifsements die diesjährige Festlichkeit des Offizier-Corps des Reserve-Landwehr-Bataillons (Berlin) Nr. 35 ftattgefunden. Als weithin leuchtendes Zeichen strahlte von dem einen der Thürme ein elektrisches Licht über den Königsplaßz, vergoldete magisch die Sieges- säule und spiegelte sih in glänzender Pracht auf der weißen &cchnee- decke. Cine lange Wagenréihe führte um 7 Uhr die Offiziere mit ihren Damen in das Festlokal, 38 Uhr trafen die zahlreih geladenen Ehrengäste ein und um 8 Uhr fuhren Se. Majestät der Kaiser und König, Se.*Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz und Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl in dem Garten vor, wo Allerhöchstdieselben an der Treppe vou dem Oberst v. Witten ehrfurchtsvoll empfangen und in den reservirten Saal geleitet wurden. Kurze Zeit darauf betraten die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften den Festsaal, in welchem eine zahl- reiche und glänzende Gesellschaft von Herren und Damen sih versam- melt hatte, u. A. der Prinz August von Württemberg, der General- Feldmarschall Freiherr v. Manteuffel, der Kriegs-Minister General- Lieutenant v. Kameke, der Herzog von Ratibor, der General-Lieute- nant, Oberst-Kämmerer Graf v. Redern, der General-Lieutenant v. Pape, der General der Kavallerie v. Podbielski, der Geuneral-Lieu- tenant v. Bülow, der General v. Blücher, der General-Major v. Dresky, der Gen-ral Lieutenant und Gouverneur von Berlin, v. Stülp- nagel, der General-Major v. Albedyll, der Gen-ral-Major und Kom- mandant von Berlin v. Neumann, der General - Intendant Kammerherr v. Hülsen, der Polizei Präsident v. Madai 2c. Die erste Reihe der Sessel war für die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften bestimmt, in der zweiten und dritten Reihe saßen die Excellenzen und Stabsoffiziere, den weitaus größten Naum der hin: teren Reihen füllte ein reiher Damenflor in den elegantesten Toilet- ten aus ; die Offiziere, sowie die Herren in Civil standen zu beiden Seiten und hinter den Sißpläßen, sowie auf der der Bühne gegen- über liegenden Estrade. Auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs nahm die Vorstellung der lebenden Bilder ihren An- fang. Dieselben waren entworfen von den Malern Burger und Lüders, das Arrangement hatte der Hofschauspieler Hiltl übernommen, die Leitung des Ganzen lag in den Händen des Premier-Lieutenant Rieck. Sämmtliche Bilder zeichneten sih dur ihre historische Treue, fowie durch eine künstlerisch {{chöne Ausführunz aus ; den begleitenden Text sprach der Verfasser Hauptmann v. Lepel, die Leitung der Kapelle führte der Direktor Engel. Das erste Bild stellte die L elehnung des Burggrafen Friedrich VI. von Nürnberg mit der Mark Brandenburg durch Kaijer Sigismund (1417) dar, das zweite den Uebergang Fried- rich Wilhelms, des großen Kurfürsten, nah Rügen (1678), das dritte König Friedrich Wilhelm 1. in Potsdam Refruten musternd, das vierte König Friedrih Il, wie er nach der Schlacht bei Leuthen österreichishe Generale in Lissa überrascht, das fünfte König Fried- rich Wilhelm II. im Kadettenhause zu Berlin, tas jechste und leßte

den 3. August am Denkmal König Friedrich Wilhelms IIT. im Thier-

Volksbymne vor

garten. Ehe unter den Klängen der Höhe gezogen

dem leßten Bilde der Vorhang in die wurde, erhoben Sih Se. Majestät der Kaiser und König und die ganze Gesellschaft zum ehrenden Andenken an König Friedrich Wilhelm 111. Nach Beendigung der lebenden Bilder geruhten Se. Majestät der Kaiser und König Allerl)öchstihre Zufriedenheit über das Fest auszudrücken, in huldvollen Ausdrücken sagten Allerhöchstdieselben dem Oberst v. Witte eine Ordenserhöhung zu, ernannten den Rittmeister Duncker zum Major und nahmen den ehrfurchtsvollen Dank beider Herren entgegen. Die Allerhöchsten Herrschaften besichtigten hierauf noch die Weihnachtsausstellung und verließen gegen 10 Uhr das Fest. Den lebenden Bildern folgte ein Ball, der nah den erften drei Tänzen durch ein Abendessen unter- brochen wurde, bei welchem der Toast auf Se. Majestät den Kaiser und König der General-Major v. Dresky ausbrachte. Um 3 Uhr er- reichte die Festlichkeit ihr Ende.

Wissenschaftlicher Kunstverein.

In der Jahresversammlung am 20, Januar 1875 fand die statutenmäßig vorgeschriebene Neuwahl des Vorstandes tatt Al Stelle des erkrankten und kurz vor seiner Abreise nach Italien eine Wiederwahl ablehnenden Schloßhauptmann v. Dachröden wurde der Geh. Ober-Baurath Flaminius neu in den Vorstand gewählt, die übrigen Vorstandsmitglieder aber (Prof. Lüderiß, Hof-Buch- händler A. Duncker, Dr. Scholz) in ihren Aemtern bestätigt. Nachdem die für diese Sißung vorgesehenen inneren Angelegen- heiten des Vereins erörtert, und die entsprehenden Beschlüsse gefaßt worden waren, erfreute sich die Versammlung an einer ebenso glän- zenden wie reichhaltigen künstlerischen Vorlage, welche dieselbe einem threr Mitglieder, Prof. Plockhorsft, verdankte. Einer an ihn von Seiten des Vorstandes gerichteten Aufforderung Folge leistend, legte derselbe eine Reihe von Studien, Farbenskizzen und Entwürfen vor, welhe in hohem Maße geeignet waren, einen Ein- bli in den Entwickelungsgang dieses eigenartigen Künstlers zu gestatten, zugleich aber auch die Vorarbeiten enthielten, welche bei ernst ftudirenden Künstlern der Vollendung ihrer großen Werke vorauszugehen pflegen. Um letzteren sehr wesentlichen Theil der Vorlage in das gebührende Licht zu stellen, hatte der Künstler den sehr glücklichen Gedanken zur Ausführung gebracht, zuvor der Versammlung durch einige vorzüglich ausgeführte, auf dem Wege der Vervielfältigung entstandene Abbildungen die Erinnerung an seine großen Meisterwerke in das Gedächtniß zurüzurufen. Während einige von diesen, wie Johannes und Maria, die Ehebrecherin, der Oftermorgen, das Mosesbild u. a. theils durch die hiesigen Ausstellungen, theils von den Orten her, an ‘denen sie fih als deren Eigenthum befinden (z. B. die Museen zu Leipzig und Côln, den Dom zu Marienwerder), theils durch Abbildungen allgemein be- kannt geworden sind, ift dies bei anderen entschieden weniger der Fall. Zu der Kategorie leßterer gehören namentlich 12 Bilder (darunter eine sehr s{hône Mater dolorosa) welche unmittelbar nah ihrer Fertigstellung nah Moskau in den Privatbesiß verschiedener Hände gelängt find, los daß es dem Künstler immer vergönnt gewesen ist, sie durch Ausstellung oder Vervielfältigung einigermaßen bekannt zu machen. Unter der Zahl der vorgelegten Reproduktionen nah Bil- dern befanden fich mehrere, die sich durch die Tüchtigkeit ihrer Aus-

wesen ist. Der Gesammtwerth aller zur Messe angefahrenen Waaren erreichte die Höhe von 180 Millionen Rubel, von welchen für 165 Millionen wirklich verkauft wurden. Auch was die Abwickelung der Geldverhältnisse betrifft, ist das Resultat der Messe, Dank der Er- weiterung, welche der Kredit in den leßten Jahren . erfahren hat, als ein sehr günstiges zu bezeichnen. Zahlungseinstellungen und BVanke- rotte kamen selten vor und baares Geid war leiht und für niedrigen

Diskont zu haben. Verkehrs-Anstalten.

Der „N. Z.* geht aus Breslau ein Telegramm zu, nach welchem am Freitag daselbst der Vertrag über den Weiterbau der Waagthalbahn von Tyrnau über Trencin, Vlarapaß, zum An- {luß an die Linie Troppau und ungarische Landeêgrenze, mit Dr. Strousberg nah Regierungsnormalien abgeschlossen. Die Verhand- lungen mit englishen Unternehmern und Finanziers betreffs der ga- rantirten cisleithauishen Bahnstrecke lassen einen baldigen Abschluß erwarten. ¡

Triest, 14. Februar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer eSaturno“ if mit der ostindisch-cinesishen Ueberlandpost heute früh 7t Uhr aus Alexandrien hier eingetroffen. L

Moskau, 14, Februar. Der hiesige Bahnhof der Bresft- Grajewoer Eisenbahn ist dur eine Feuersbrunst vollständig zer- stôrt worden. Die Speicher und Niederlagen mit den darin befind- lihen Waaren blieben unversehrt.

Aus dem Wolff'\chen Telegraphen-Bureau. London, 15. Februar, Mittags. Die Nachricht, Gladstone

führung im hohen Maße auszeichneten, und von denen einige unter Angabe der betreffenden Künstlernamen \peziell aufgezählt zu werden verdienen. Es sind die3: „Maria und Johannes vom Grabe Christi zurückehrend," gest. von A. Begas, „die Erwartung“ gest. von Prof. Dröhmer, „Christus erscheint der Magdalena (am Ostermorgen)“ gest. von Habelmann, „der Erzengel Mi- chael mit dem Satan um Moses kämpfend“ photogr. von E. Milfter, „der Gang nah Emmaus* gest. von C. Vecker. Es konnte nicht ausbleiben, daß solchen Werken, wie sie hier theil- weise aufgezählt sind, die volle Anerkennung in der Oeffentlichkeit auf dem Fuße folgte. So erging an den Künstler der ehrenvolle Nuf nah Weimar, um an der dortigen Kunstschule für Malerei neben Paulsen als Lehrer des Figurenzeihnens und Malens zu wirken. In dieser seiner Berufsstellung, die er jedo nur wenige Jahre ausfüllte, hat er sich nurit voller Liebe der Beschäftigung mit der ihm auvertrauten studirenden Jugend hingegeben, wofür die mannichfachen gemalten Akte und Naturstudien, die er zusa1amen mit feinen Schülern anfertigte, Zeugniß ablegen, und die fich alle dur große Lebendigkeit und Frise auszeichneten. Nah Berlin zurückgekechrt, um fich ganz und voll seinen großen Aufgaben widmen zu Éônnen, blieb ihm auch hier die gebührende Anerkennung nicht versagt. Nachdem er bereits im Allerhöchsten Auftrage Jhrer Majestät die Kaiserin-Königin gemalt hat, ist er gegenwärtig mit einem Portrait Sr. Majestät des Koisers und Königs beschäftigt, das seiner Vollendung in dem für den Künftler hergerihteten Atelier im Kaiserlichen Palais eútgegengeht. Daß Plockhorst unter die ersten Meister im Portraitfach gehört, dafür spricht nicht blos der Auftrag, mit welchem er gegenwärtig beschäftigt ist, dafür zeugte jede unserer großen Kunstausstellungen, das bewies aub eine größere Zahl von Blättern aus der Vorlage dieses Abends. Aus den Mittheilungen, durch welche er selbs einige der- selben erläuterte, war zu \s{ließen, mit welcher Freude und Genugthuung er sich noch jener Zeit erinnert, in welcher es ihm ob- lag, seinen Künstlernamen zuerst bekannt zu machen und er in Leipzig damit beschäftigt war, die Portraits berühmter Leute zu Zwecken der Jllustration anzufertigen. Einige sehr {ne Arbeiten aus dieser Zeit interessirten die Versammlung um fo mehr, als sie Personen betrafen, mit denen viele noch in näherer Beziehung gestanden hatten. Hieran lossen sich einige Gelegenheitsarbeiten, mit denen der Künstler in eht poetischer Weise bei verschiedenen Veranlassungen größere Feft- feiern (Schillerfest 2c.) zu verherrlihen verstanden hat. Sie zeichneten fich sämmtlich durch tiefen künstlerischen Gehalt, cinige außerdem durch eine besondere Technik, andere dur eine Beigabe der poetischen Muse des Künstlers aus. Aus dem noch übrigen Reste der durch ihre Bielseitigkeit sich auszeichnenden Borlage ist es {chwer, einzelnes hervorzuheben. Besonders in die Augen fallend waren noch einige Farbenskizzen und Studien, Figuren gruppen darstellend, die eine feine genrehafte Auffassung verriethen und an denen die Versammlung nicht obne Erstaunen und Be- wunderung eine Richtung des Künstlers kennen lernte, mit welcher derselbe bisher nicht vor das große Publikum getreten war. Im Uebrigen fehlte es an einigen Landschaften, sogar an Thierstudien niht. UÜeberwiegend aber bewiesen sie ein tiefes und eingehendes Studium des menschlichen Körpers. Mehrere s{chône Proben der Art zeigten den Einfluß, welchen der Aufenthalt zu Berlin, München, Paris auf den studirenden Künstler ausgeübt hat. An der Hand dieser Studienblätter gewann man ein treues und nahezu voll- kommenes Vild von dem Entwickelungsgange des Künstlers. Wäre nicht aus einer gelegentlichen Bemerkung desselben hervorgegangen, daß er auch Italien durchreist habe, so würde man es kaum ver- mißt hab, daß aus dieser Zeit keine Arbeiten zur Stelle waren. Die Versammlung spendete zum Séhlusse reihen Dank für diese {ne Vorlage.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg.

In der Januarsißung (13. Januar) las Herr Geheimer Hof- rath Schneider auszugsweise Schatullrehnungen aus den Fahren 1601 und 1677—78 vor und zeigte, welche Bedeutung für die Kenntniß des Hofhaltes ‘und der Sittea zur Zeit der Kurfürsten Joachim Friedrih und Friedrich Wilhelm diesen eben so nüchternen wie zuver- lässigen Notizen beiwohnt.

In der am 10. Februar abgehaltenen Sißung machte Herr Gehcimer Ober - Regierungs - Rath Zitelmann Mit- theilungen über die günstige Aufnahme , welche der angeregte Gedanke, unter Mitwirkung der deutshen Geschichtsvereine alljährlich einen Gesammtberiht über die historische Literatur des Deutschen Reiches und seiner Fürstenhäuser zu erstatten, bei den Geschichtsver- einen der verschiedensten Theile Deutschlands gefunden hat. Dar- auf vecfolgte Hr. Archivrath Dr. Hassel in längerem Vor- trage den Gang der preußischen Politik während der Monate Ia- nuar und Februar des Jahres 1813. Aus bisher unbekannten Aktenstücken brachte er eine Reihe von Thatsachen bei, welche namentlich in Bezug auf die persönliche Haltung König Friedrih Wil- helms IIT., auf sein Verhältniß zu York und auf die Stellung der Staatsregierung zu den franzöfishen Militärbehörden in der Mark Brandenburg überraschend neue und wichtige Aufschlüsse gaben. Auf ein näheres Eingehen in das Einzelne darf hier abgesehen werden, da die ganze Arbeit, von welcher der Vortragende der Kürze der Zeit halber nur Bruchstücke geben konnte, in den nächsten Heften der Zeit- schrift für Preußische Geschichte und Landeskunde zum Abdruck kommen wird. —- Um das von dem Herrn Dr. Karl Kletke verfaßte Regesten- werk zur Geschichte der Yeumark, von welchem zwei Bände, als zehn- ter und zwölfter der „Märkischen Forschungen“ des Vereins, bereits vorlickgen, mögli bald zum Abschlusse zu bringen, genehmigte die Versammlung, daß die vorbereitenden Schritte zum Beginne des Ab- drucks des dritten und leßten, die Zeit .des Markgrafen Johann von Küstrin umfassenden Abtheilung sofort gethan werden sollen.

Die Militär-Postftation in Berlin. (Aus dem Militär-Wochenblatt.)

Durch die zunehmende Ausdehnung der Stadt, welche Veran- laffung ist, daß die militärischen Etablissements und Bureaus in ent- fernte Stadttheile verlegt werden müssen, hat auch der Dienst der Brief-Ordonnanzen bedeutend zugenommen, und um diefen möglichst zu beschränken, is mit Genehmigung des Königlichen Kriegs-Mini- riums, welches auch die Kosten der Einrichtung und zur Unterhaltung bewilligt hat, vom Königlichen General-Kommando des Garde-Corps eine Militär-Poststation errichtet worden, welche den Briefverkehr (inkl,

wolle sfich aus dem parlamentarischen Leben überhaupt ganz zurück- ziehen, wird als der Begründung entbehrend bezeichnet. Der Postdampfer des norddeutshen Lloyd „Leipzig“ if auf der Fahrt von Bremen nach New - York bei Start - Point (\üd- lich von Darmouth, auf der Südostküste von Devon) auf den Grund gerathen. Die Post, die Passagiere und die Geldsendungen find geborgen, man will versuchen , auh das Schif} wieder flott zu machen. Der . „Morning- Post“ zufolge ist Sir Arthur Kemball zum Kommissar Eng- lands bei der Konferenz zur Regelung der Grenzstreitigkeiten an der türkish-persishen Grenze ernannt worden und hat seine Ab- reise auf Anfang März festgeseßt. Bei der Konferenz wird au die russishe Regierung vertreten sein.

Paris, Montag, 15. Februar, Mittags. In der Minister- frage is seit gestern keine Aenderung eingetreten und hat fi bisher keine Persönlichkeit gefunden, welche es übernommen hätte, vor der definitiven Beshlußfassung über die konstitutionellen Geseßentwürfe ein neues Kabinet zu formiren. Die fkon- stitutionelle Kommission wird heute die neuen Vorlagen von Waddington und Vautrain über die Organisirung des Senats ciner Prüfung unterziehen. Die Linke hat sih bis jeßt gegen den Waddington'schen, das rechte Centrum gegen den Vautrain- hen Entwurf erklärt. Die Nationalversammlung wird wahr- \cheinlih morgen über die beiden Vorlagen beschließen.

der zu den Briefen gehörenden kleineren Packete) der Behörden, Trup- pentheile und denselben angehörden Militärpersonen untereinander auf eine Stelle konzentrirt, und welche gleichzeitig die Armee-Ver- ordnungsblätter, Vakanzenlisten des Reichs-Anzeigers expedirt und an die E Meg welche es wünschen, die Militär-Wochenblätter ver- ausgabt.

Die Station, welche am 23, Fanuar 1873 eröffnet ist, befindet sich .in der Kaserne des 1. und 2, Garde-Feld-Artillerie-Regiments am Kupfergraben, in der Nähe des- Paroleplaßes und nicht zu entfernt von der Hauptpost, steht unter spezieller Aufsicht eines Adjutanten des Garde Corps und zur Bedienung sind zwei Unteroffiziere oder Gefreiten der Garde-Infanterie:Regimenter der Garnison, welche möglichst vor ihrer Einstellung im Postfach beschäftigt gewesen sind, und von drei zu drei Monaten abgelöst werden, kommandirt.

Ein Briefkasten, welcher von außen in die Station mündet, nimmt zu jeder Tageszeit die Briefe auf, und dreimal des Tages, Morgens, Mittags und Abends, findet die Ausgabe statt; die Ordonnanzen können, wenn sie Briefe in den Kasten legen, kurze Gänge, z,. B. zur Parole oder na der Hauptpost abmachen und nah der Rückkehr gleich ihre Briefe 2c. wieder in Empfang nehmen.

Die Briefe werden beim Eingang auf der Vorderseite oben rets gestempelt

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in das für jede Behörde und Truppentheil bestimmte Fach gelegt und bei der Ausgabe auf der¿Rückseite wieder mit dem Ausgabestempel versehen:

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._»_ Hierdurch find die Empfänger im Stande, zu ersehen, wann die Aufgabe und die Ausgabe stattgefunden hat.

È Außerdem dienen zur Kontrole Quittungsbücher, in welche die Zahl der ausge gebenen Briefeeingetragen und daneben der Stempel ge- druckt wird.

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_ Behörden, welchen die bloße Legung dex Briefe in den Brief- kasten uicht genügt, fönnen besondere Ouittung dadur erhalten, daf die Ordonnanzen die Briefe in dec Station abliefern, und wird dann neben der, im Quittungsbuche bereits mit Dinte eingetragenen Zahl der Briefstempel gedruckt, und dient dieser dann als Quittung.

Briefe, welhe aus irgend welchen Gründen von der Station nicht expedirt werden können, werden, wenn das Siegel oder der Stempel den Absender erkennen läßt, den betreffenden Ordonnanzen zurückgegeben, und wenn dies nicht der Fall ist, in ein besonderes Buch eingetragen, und der Kaiserlichen Post zur Beförderung über- geben und sind dann portopflichtig.

Bei der Errichtung nur auf die Behörden und Truppentheile des Garde-Corps berehnet, haben sich im Laufe der Zeit fast alle

Be hörden und Stäbe und mehrere Civilbehörden, welche mit Militär- -

behörden korrespondiren, dem Dienstbetriebe anges{lossen, und wird die ‘aas von über 100 Behörden, Stäben und Truppentheilen enußzt.

Eilige Briefe sind von der Beförderung ausgeschlossen, und nur wenn die Ordonnanzen der Absender und Empfänger fich auf der Station treffen, kann die Expedirung stattfinden; die Ordonnanzen lernen aber in kurzer Zeit den Werth kennen, den die Station bietet, und benußen sie, wenn es irgend möglich ist.

1873 find 98,790, und 1874 124391 Stüde von der Station expedirt worden, und diese Zahlen liefern den besten Beweis, daß auch

diese Einrichtung eine praktische gewesen il

Theater. Hr. Karl Karuß erfreute sich am Donnerstag im Victoria-

theater als Jubilar eines vollen Benefizes. Das Publikum begrüßte den Künstler mit Beifall und zeichnete ihn wiederholt aus. Nach dec Vorstellung versammelten sich die Mitglieder des Victoriatheaters auf der Bühne, der Direktor an der Spiße, der an Hrn. Karußtz, welcher herbeigeführt wurde, eine herzliche Anrede hielt; hierauf folgte eine Ansprace des Hrn. Oberregisseurs Kühn, nach welcher &rl. Pagay im Nainen Aller einen silbernen Lorbeerkranz über- reite. Hr. Direktor Hahn ließ dem Jubilar ein kostbares Album überreichen, :

Frl, E. Schmidt i auf drei fernere Jahre für das Friedrich - Wilhelmstädtishe Theater mit fast doppelter Gage gewonnen worden.

Im Residenz-Theater trat am Sonnabend, den 13. d, M,, in dem Mo'enthalsh-n Schauspiel Madeleine Morel" die Gräfin Arco-Janisch vom K. K. Hofburg - Theater in Wien in der Rolle der Pervanche zum ersten Mal auf. Das früher mit Bei- fall gegebene Stück wurde auch an diesem Abend im Zusammenspiel so vorzüglih dargestellt, daß sämmtlichen daran Betheiligten die verdiente Anerkennung Seitens des Publikums nicht entging. Die Gräfin Arco-Janisch zeichnete sih bei einer angenehmen persönlichen Erscheinung durch ihr durchdachtes und ergreifendes Spiel, namentlich in den Dialogen mit dem Marquis Henry von S1. Gervais und dem Vicomte de Elers so vortheilhaft aus, daß sie auf einen dauern- den Beifall des Publikums rechnen darf. In der nächsten Woche wird Antonie Janisch die Titelrolle der Blanche, in Octave Feuillets Schauspiel „Die Sphinx“ spielen, dessen exste Aufführung von der Direktion des Residenz-Theaters mit großer Sorgfalt vorbereitet wird.

Redacteur: F Préhm, Verlag der- Expedition (Kessel), Druck! W. Elsrv er Vier Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage).

Berlin:

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Köui

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L E A

Erste Beilage

Berlin, Montag, den 15. Februar.

f Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 15. Februar. In der Sigzung des Hauses der Abgeordneten am 12. d. M,, in der Diskussion über den Gesehentwurf, betreffend die Dotation der Provin-

ial- und Kreisverbände, ergriff der Minister für die landwirthshaftlihen Angelegenheiten, Dr. Friedenthal, nah dem Abg. v- Benda das Wort:

Jh beabsichtige nur auf einige Erinnerungen des Hrn. Abg. Rickert, bezüglich derjenigen Theile des Gesetzes zu antworten, welche mein Ressort betreffen Der Herr Abgeordnete hat zunächst bemängelt, daß bezüglich der Meliorationsfonds lediglich etwa ein Drittel der früher etatsmäßig auêgeworfenen Summen den Provinzen überwiesen sei. Dies ift nicht vollkommen richtig, denn außerdem werden den Pro- vinzen übereignet die sogenannten Provinzial-Meliorationsfonds, welche bisher im Wesentlichen von den Regierungen verwaltet wurden und welche ein Kapital von etwa 2,600,000 Mark enthalten. Was speziell die in dem eigentlichen Staatshaushalte begriffene Rente von etwa 250,000 Thlr. oder 750,000 Mark angeht, fo ftellé diese den- jenigen Betrag dar, welcher sich bisher im Ordinarium des Etats befand. Der hierin gefundene Anhaltspunkt, welcher für die Be- stimmung des Dotationsbetrages maßgebend war, ist, wie ih glaube, prinzipiell rihtig gegriffen. Ganz unzweifelhaft befinden sich unter den Meliorationen solche, die über den Bereich einer einzelnen Provinz, , sowohl was die Leistungsfähigkeit als auch was den Werth der Melioration betrifft, hinausgeht. Lassen Sie mih erinnern beispielsweise an diejenige Melioration, welche jeßt in dem Bezirke der Landdrostei Osnabrück stattfindet : die Anlegung von Moorkanälen, die allein eine größere Summe in diesem Jahre in Anspruch nimmt als das Ganze beträgt, welches an Rente die meisten Provinzen erhalten eine Melioration, welche dazu bestimmt ist, einen Landestheil von etwa 60 Quedratmeilen Fläche, welcher überwiegend den Charafter einer Wüstenei an sich hat, in fruchtbares beziehentlich nußbcingendes Gebiet zu verwandeln. Daß solche Meliorationen nicht den Provinzen überlafsen- und niemals aus den Fonds der Provinzen gedeck werden können, licgt auf der Hand. Es wird immerhin Aufgabe des Staates bleib-n, derartige Verbesserungen selbständig in die Hand zu nehmen, mit Staatsmitteln auszuführen, und in dieser Beziehung ist es gewiß richtig, was der Herr Abgeordnete v. Saucken sagte, daß man solche all- gemeine Aufgaben des Staates uicht verwischen und auflösen darf da- durch, daß man gewisse Gebiete nüßlicher Wirksamkeit den Provinzen er- öffnet. Es wird aber ferner für die gesammte Meliorationsthätigkeit dem Staate die Junitiative vorbehalten bleiben müssen. Es folgt das, abgesehen von der Natur der Sache, aus unferer Gesetzgebung. Wenn die Meliorationen im Wesentlichen in Verbindung mit der Bil- dung von Genossenschaften vor sich gehen, und wenn es den Staatsorganen obliegt, die betreffenden Genossenschaften erst zu konstruiren, demnächst mit Korporationsrechten auszustatten, ihnen die erforderliche Sanktion zu ertheilen, so liegt es ganz auf der Hand, daß das erste Stadium der Meliorationsangelegenheiten in den Händen des Staates zu ver- bleiben haben wird, und daß hierfür bestimmte ansehnlihe Fonds nöthig sind.

Eine Abgrenzung nach diesen allgemeinen Gedanken vor zunchmen, wäre an dieser Stelle gewiß verfrüht; es wird das Aufgabe eines späteren Stadiums der Ausführung der Dezentralisation sein, und dabei wird ih dann, wie ich meine, herausstellen, daß im Ganzen die Vertheilung der Summen ric;tig gegriffen ist. Sollte übrigens in dieser Beziehung wirklich ein Jrrthum vorgefallen sein, so wird es natürlich Aufgabe jener Etats- feststellung fein können, etwaige Korrekturen eintreten zu lassen.

Was zweitens die Rüge des Abg. Riert bezüglih der den Provinzen überwiesenen Ackterbau-, Wiesen- und ähnlihen Schulen, die Nüge dahin gehend, daß die Beträge im N nicht ausgeworfen seien, welche an die Provinzen übergehen sollen, fo bemerke ich, daß diese Weglassung im Interesse der Provinzen geschehen ist. Die betreffenden Anstalten befinden \sich in einer stetigen Entwickelung. Hätte man Zahlen aus der Vergangenheit auf- nehmen wollen solche ergeben sih übrigens für das Fahr 1875 aus dem Etat des landwirthschaftlihen Ministeriums Anlage D., und sind daher für jeden der Herren Abgeordneten zugänglich, lo würde man doch nicht das Richtige getroffen haben, diese Anstalten werden bekannlich in ihren Einzelheiten selbst nicht förmlih in den Staathaushalts-Etat aufgenommen, Jondern es wird- für sie nur ein Verwendung“plan des betreffenden Dispositionsfonds aufgestellt. Alfo ereignet es sih häufig, daß si die Subyventionen im Laufe des Jahres ändern, und zwar meistens steigern. Es bedürfen diese Anstalten vermehrter Mittel, und diese werden, soweit es der Foud' erlaubt, gewährt, und es wird folglih im Interesse der Anstalten wie der Provinzen liegen, die Feststellung der sie überweisenden Summen im Etat erst am Schlusse des Jahrés vorzunehmen, nach welchem die Vebereignung an die Provinzen er- folgt. Es würde sonst möglicherweise der Uebelstand eintreten, daß eine solhe Schule, für die vielleiht im Jahre 1875 5000 Thlr. verwendet worden sind, mit ciner Summe von 4200 Thlrn. an die Provinz überwiesen würde, und \ofort schon im ersten Augenblick für die Provinz ein Defizit vorhanden wäre. Ein Irrthum ist aber nicht möglich, weil aus den Spezialetats des Ministeriums ganz genau die Summe, welche in dem betreffenden Jahre für die betreffende Austalt verwendet worden ist, sich ergiebt.

._ Was endlich den dritten Punkt betrifft, daß der Hr. Abg. Rickert wünscht, au die Fonds für die landwirthschaftlichen Vereine auf die

rovinzen übergehen zu sehen, so möchte ih heut die mee Brage, ob an und für sich diefer Gegenstand fich für die Ue erweisung eignet oder nicht, nicht erörtern. Wie die Sache zur Zeit liegt, möchte ih aber rathen, der Ancegung des Herrn Abgeordneten keine Folge zu geben. Das landwirth\chaftlide Vereinswesen kann nach meinem Dafürhalten großen Nußen für die wirthschaftlichen Verhältnisse unseres Landes schaffen. Jch habe von Anfang meiner Thätigkeit an auf das Zusammenwirken dieser Vereine mit den Be- hôrden das größte Gewicht gelegt, ein um so größeres Gewicht, als es meinem ganzen Gedankengange entspricht, überall Betheiligte mit den Staatsbehörden für die gemeinsamen Staatszwecke kooperiren zu lassen. Das landwirthscaftlihe Vereinswesen hat ih aber in unserer Monarchie sehr ungleich entwickelt, sowohl hinsichtlih der Aufgaben als des ganzen Gefüges. Jn beiden Beziehungen bestehen große Ferschiedenheiten, und ih meine, es wird zunächst na einer

eihe von Jahren unsere Aufgabe sein, und namentlich die Aufgabe meines Ressorts sein en, die mehr centrale Entwickelung zu fördern, zu stärken, eine gleihartige Organisation anzustreben. Unrichtig wäre es {on ebt, jene Entwickelung zu unterbrechen durch eine Decentralisation die mehr partikularisti{che Gestaltung zu för- dern und die Vereinsthätigkeit sich mehr in den einzelnen Provinzen nah den verschiedensten Richtungen verlieren zu lassen. Er halte dem gegenüber eine Einwirkung zur Zeit von der Gentralftelle für unentbehrlih, und möchte bei der gegenwärtigen Lage der Sache bestimmt abrathen , diesen S D in die provinzielle Decentralisation hineinzuziehen. Nur diese Bemerkungen waren es, welche ih glaubte den Ausführungen des Herrn Abgeordneten ent- gegenstellen zu soVen.

_ Hierauf nahm der Vize-Präfident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Camphausen das Wort:

„Ih betrachte es als eine kleine Erinnerung an die Zeiten der Milliarden, daß man jeßt von verschiedenen Seiten die Worte

da S ——————

20 Millionen Thaler so leiht in den Mund nimmt. In der vorigen Woche hat uns der Abgeordnete Miquel mit 20,000,000 bedacht für die Parzellirung von Domänen; heute hat der Abgeordnete von Benda 20,000,000 in Ausficht genommen, um die Chausseen einmal in einen recht guten Zustande zu verseßen. Ich denke, meine Herren, jo gefährlih wird die Sache niht werden. Die Staatsregierung weiß ja, daß von Zeit zu Zeit dieser oder jener Redner den Zustand der Chausseen Aa ungünstig \{ildert, sie weiß aber andererseits durch die Berichte ihrer Behörden, däß die Chausseen sich heute in einem so guten Zustande befinden, (Oho !) in einem jo guten Zustande befinden. (Lebhafter Widerspruch.) Sie werden mehr zufrieden sein, meine Herren, wenn Sie den Zusaß gehört haben. J- einem fo guten Zustande befinden, wie sie bis- her sich zu befinden pflegten. Jedenfalls, meine Herren, wenn Sie doch irgend mit aufmerksamen Augen eingehend verfolgen, was für die Unterhaltung der Chausseen geschehen ist, so finden Sie darüber rück- warts auf ein Dezennium, daf im Jahre 1865 dazu verwendet worden find 2,493,000 Thlr., daß dies im Jahre 1866 steigt auf 2,512,000 Thlr., im Jahrè 1867 auf 2,525,00 Thlr., alsdann im Jahre 1868 der Sprung gemacht wird auf 3,508,000 Thlr., 1869 auf 3,540,000 Thlr. Das ist die Summe, die bestand, als ih mein Amt angetreten habe. Ja, 1870 haben wir den Fonds gehabt von 3,664,000, dann sind wir 1871 gestiegen auf 3,680,000 Thlr., 1872 auf 4,041,000 Thlr., 1873 auf 4,082,000 Thlr. und 1874 auf 4,435,000 Thlr. Nun, meine Herren, wenn bei die- sem fortwährenden Ansteigen der für die Unterhaltung der Chausseen hergegebenen Mittel, die Chausseen selbst immer {chlechter geworden sein sollten, das würde doh, glaube i, eine merkwürdige Folgerung sein. Es kommen ¿zwar jährlich neue Chausseen hinzu, es wird aber nicht minder sich mit Leichtigkeit her- ausstellen lassen, daß der Saß für die Unterhaltung der Chausseen auch pro Meile gestiegen ist. Nun, meine Heren, ist hier die Auffassung geäußert worden, als wenn eigent- lich das Steigen der Unterhaltungskosten perpetnirlich zu- nehmen müßte. Jch sollte denken, wenn . wir. gerade in einem Zeitpunkte an die Frage herangehen, wo die Preisverhältnisse einen fo plößblihen Aufschwung genommen haben, wie es in den Jahren 1873 und 1874 der Fall war, dann könnte man auch wohl die Frage aufwerfen: werden die Preise nicht einmal wieder heruntergehen ? Wird es nicht möglich sein, auch einmal wieder zu einem billigern Preise die Unterhaltung zu bestreiten? Nun, meine Herren, die Regie- rung hat bei ihrem Vorschlage diese Frage gänzli fallen lassen. Die Regierung geht davon aus, daß sie vollständig denjenigen Geldbetrag bewilligen will, den gegenwärtig die Unter- haltung ‘der Chausseen kostet, und wenn die nähere Untersuchung ergeben sollte, daß die bewilligte Summe in dieser Beziehung nicht den begründeten billigen Anforderungen entspräche, dann bin ih über- zeugt, daß die Regierung niht Anstand nehmen wird, diese Summe entsprechend zu erhöhen. Denn das muß i, in Anknüpfung an das, was mein Herr Kollege vorhin schon «äußerte, jagen: wir beabsichtigen durhaus nicht, mit dieser großen Maßregel irgendwie uns von fkleinlichea- Gesichtspunkten leiten zu lassen. Wir denken, nicht in einem einzigen Augenblicke zu übersehen, daß es sich nameniliG bei der Nebernahme von Chausseen um - eine Leistung handelt, die in der ganzen Monarchie stattzufinden hat, und daß, wenn die Summe, die desfalls aus dem Staatsfonds hergegeben wird, in etwas zu hoch sein sollte, das Unglück denn doch zuleßt nicht groß sein würde, daß es sich eigent- lich nur um einen erweiterten Steuererlaß handeln würde, der nach gleichen Grundsäßen der Gerechtigkeit und Billigkeit allen Theilen des Staates zu Theil würde.

Dann, meine Herren, ist die Frage eingehend erörtert worden, wie es denn mit dem Chausseeneubaufonds stände und ob man da nicht eine Million gänzlich übersehen hätte. Nein, meine Herren, übersehen haben wir die Million nit, dafür haben wir die Millionen denn doch noch nicht reihlih genug; aber wie ist denn das Sach- verhältniß? Im Jahre 1872, als zuerst an den Gedanken heran- getreten wurde, die altländischen Provinzen des Staates mit der Do- tation zu versehen, da bestaad das Ordinarium des Chausseeneuban- fonds aus einer Million, das Extraordinarium aus 600,000 Thalern. Als ih diese Maßregel zuerst dem Hohen Hause an- kündigte, da habe ih damals ausgesprocen, daß für die Gleichstellung mit der Provinz Hannover nah der Ansicht der Staatsregierung den altländishen Provinzen die Summe von 4,600,000 Thlr. zu über- weisen sei, dasz wir von diesen 17 Millionen abnehmen würden von dem Staatshaushaltsetat und durch Uebertragung der entsprechenden Ausgaben den Staat gleichzeitig erleichtern würden, daß wir 1 Mil- lion dem Chaussecbaufonds hinzuseßen, weil wir es für richtig hiel- ten, im Lande sofort Chausseeneubauten im verstärkten Maße durch- zuführen und daß wir die übrigen 2 Millionen zinsbar anlegen wür- den und daß diese: Zinsen sih anhäufen würden zu Gunsten der Pro- vinzen. Es ift also damals nicht allein der Fonds, wie er bestand, beibehalten worden, sondern er ift erhöht worden, und als demnächst die Finanzverhältnisse es gestatteten, das Extraordinarium für das Jahr 1874 noch etwas höher zu greifen, so hat die Staatsregierung Ihnen vorgeschlagen und Sie haben dieser Maßnahme zugestimmt ohne allen Zusammenhang mit der Ausführung der Dotationsregel, und es kann daher dasjenige, was in dieser Beziehung geschehen ist; cine Ausdehnung auf die Dotationsmaßregel nicht begründen. 5 :

Jch hoffe, meine Herren, daß, wenn Ihre Kommission in die Berathung des Gesetzentwurfs eintritt und die Vorlage Jemand prüft, aus diefen Berathungen ein Resultat hervorgehen wird, wona Regierung und Landesvertretung völlig einmüthigen Weges die große Maßregel beschließen.

In der Sitzung vom 13. d. M,, in der Diskussion über den Gesezentwurf, betreffend den standesh errl ichen Rechtszustand des Herzogs von Arenberg, erklärte der Justiz-Minister Dr. Leonhardt zu §. 1 nah dem Abg. Windthorst: :

Der Herr Abg. von Gcrlach und nah ihm der Herr Abg. Windt- horst haben behauptet, es läge ein Vertragsbruch vor; von einem Veitragsbruch kann überall nicht ‘die Rede Lip Der Vertrag, welcher bestand, ist gekündigt, demgemäß auch besteht er nicht mehr, kann also auch nihcht gebrohen werden. Richtig ist nur, daß der Vertrag, welcher z. Z. nicht mehr besteht, Folgendes bestimmt: |

Im Falle der Kündigung trägt der kündigende Theil die aus der Auflösung des Verhältnisses erwachsenden Kosten und dasselbe wird so behandelt, als hätte die gegenwärtige Vereinbarung nickt

stattgehabt. | L

Der Herzog hat, als er den Vertrag abs{loß, die Verhältnisse benußt, was man ihm nicht verdenken kann, aber er hat von einer WVerkennung der Verhältnisse sich nicht frei- gehalten, als er zu dieser Bestimmung fich ents{hloß, denn die Bestimmung, wie sle getroffen ist in dem 8. 23, kann nit ins Leben treten, der frühere Zustand kann nicht ins Leben treten aus dem ganz einfachen Grunde, weil die allgemeine Geseß- gebung fih dazwischen gelegt hat. Der Herzog von Arenberg is doch nicht iu der Lage, zu verlangen, daß die Geseßgebung über die Rechts- pflege und die Verwaltung, wie sie seit dem Jahre 1850 in der Pro- vinz Hannover ergangen und aufrecht erhalten ift, E werde. Nur aus dieser Vorausseßung wäre es möglich gewejen, daß der frühere Ens wieder hergestellt werde. Deshalb habe ih auch er gesagt, wenn die oui r (ad Verordnung, diz er- gangen ift, auf Grund dieser Vereinbarung, nicht bestäzoe oder

glih Preußischen Staats-Anzeiger.

1878.

wegfiele, so träte ein Chaos ein, und es bliebe nichts übrig, als die Verhältnisse im Wege der Verordnung von neuen? zu regeln. Ferner auf eine Erwiderung desselben Abgeordneten i

_ Meine Herren! Diese Auffassung scheint mir Do eine irrige zu sein. Es ‘ist nicht zu verkennen, daß die Kontrahenten davon aus- gegangen sind, daß, wenn der Vertrag gekündigt würde, eine neur Vereinbarung in Aussicht stehe. Ganz gewiß! Aber, wenn diese Vereinbarung nicht zu Stande kam, wie dann? War denn etwa die Königliche Regierung zu Hannover verpflichtet, mit dem Herrn Herzog zu kontrahiren auf jeden beliebigen Anspruch des Herzogs hin? Wenn er zum Beispiel verlangte, daß ihm weitere jähr- lihe 10,000 Thlr. gewährt würden, war dann die Königliche Regie- rung zu Hannover in der Lage, darauf einzugehen? Der Herzog von Arenberg hat sih diese Bestimmung nit ret überdaht, ober viel- mehr seine Kommissäre haben dieselbe nicht klar gedacht, ih meiner- seits habe mich {on seit langen und vielen Jahren getröstet, daß, wenn die Kündigung einträte, der Herzog von Arenberg in die aller- ungünstigste Lage fäme. Denn ex ist in der Lage, daß, soweit die Rechtspflege und Verwaltung in Frage kommt, die Sache neu ge- regelt vet gn im Wege Königlicher Verordnung!2-W

U S T0; o fis

Herr Präsident! Bei der zweiten Lesung, als ih nit hier an- wesend war, weil die Geschäfte mich anderweit in Anspruch nahmen, ist geredet worden von der Lage der Arenbergishen Beamten, es ist bemerkt worden, daß nach Demjenigen, was ich bemerkt hatte, die Lage der Beamten keine günstige sein würde. Gegen diese Bemerkun will ich Protest einlegen. Aus meinen Aeußerungen geht etwas Ungünstiges für die Beamten nicht hervor, ich habe die Verhältnisse getadelt, keinen Beamten. Ich glaube, daß der größere Theil der Herzoglich Arenbergschen Justizbeamten sich glücklih s{chäßen wird, wenn die Verhältnisse sich zum Bessern wenden; jetzt ist ihre Lage iw der That keine besonders günstige. Zum Beispiel der erste Justizbeamte im Herzogthum Arenberg-Meppen, der Vize-Präsident: des Gefammtobergerihts würde längst in einer bessern Stellung sein, wenn er nit Herzoglicher Beamter wäre. Der Justiz-Minister ist: nicht in der Lage, diesen Herrn zu befördern in eine höhere Stel- lung, wozu er in allen Maßen qualifizirt ist, denn die Frage würde sein, daß eine Vakanz einträte bei dem Gesammtobergeriht und eine Neubeseßung, von der ih im Voraus weiß, daß sie den Wünschen der Justizverwaltung nicht entsprechen würde. Jch darf ferner bemerken, daß der Herzog sich verpflichtet hatte, seinen Beamten den Eintritt in die allgemeine hannoverische Wittwenkasse zu eröffnen. Zu diesem. Zwecke hat er gewisse äußere Einflüsse zu beshaffen, allein es ist in der langen Beit von mehr als zwanzig Jahren niht möglich gewesen, zu bewir- ken, daß diese äußeren Einflüsse beschafft und demgemäß der Zugang zu der Wittwenkasse eröffnet wurde. Die Folge ist denn, daß die- Herzoglichen Beamten, insoweit fie niht etwa früher in der Wittw-n- fasse waren, für ihre Wittwen und Waisen keinen Anspruch gegen die Staatskasse oder die allgemeine Wittwenkasse haben. Ich glaube, das ift sehr lebhaft und tief empfunden worden. Auch mus ich bemerklih machen, daß der Herzog von Arenberg aus seinen Mit- teln wenigstens nicht immer Erjaßz geleistet hat. Jch erinnere mi daß cine Wittwe, die Wittwe eines höheren Justizbeamten, jährlich: e bei der Königlich hannoverischen Regierung, später bei der Kô- niglich preußischen Regierung eingekommen is, um Dasjenige als Gnade zu beantragen und zu erhalten, was ihr von Rechtswegen hätte werden Det n.

In der Etatsberathung beantragte zum Kapitel 5, Aus= gabe bei den direkten Steuern der Abg. Götting die Titel 11 bis 15 „Sonftige Kosten der Veranlagung und Erhebung“ in die: Budgetkommission zu verweisen und zu prüfen, . ob die für Steuerempfänger ausgefeßten Besoldungen hinreichend seien. Nachdem von verschiedenen Seiten die Ansiht des Abg. Götting, daß die Besoldungen nicht ausreichend seien, unterstüßt worden war, erklärte der Finanz-Minister Camphausen:

Meine Herren! Indem der Herr Regierungs-Kommissarius auê= sprach, daß die Positionen des Etats gleich genehmigt werden möchten, ist er hauptsächlich von dem Wunsche geleitet gewesen, eine längere Debatte hier im Hohen Hause zu vermeiden. Nachdem vou verschiedenen Seiten die Ansicht Vertretunng gefunden hat, daß das Einkommen der Steuerempfänger nicht angemessen bemessen fein möchte, fann ih meinerseits nur dringend den Antrag unter- stüßen, diesen Gegenstand an die Budgetkommission zu verweisen. Der Regierung kann es ja nur erwünscht sein, wenn durch die Detailberathung die Ueberzeugung hecvorgerufen und befestigt wird, daß ihr Verfahren ein begründetes war. Ich unterstüße also den Antrag, den Gegenstand an die Budgetkommission zu verweisen.

Auf die Anfrage des Abg. Miquel, ob und wann die Preußische resp. . die Reichsbank eine Filiale in Sachsen zu errich- ten gedenke, wobei die Wahl Leipzigs allerdings außer Frage stehe, entgegnete der Finanz-Minister &a m phauf en:

Meine Herren! Ein Geseßentwurf wegen der Preußischen Bank ist bereits ausgearbeitet und wird hoffentlich binnen ganz kurzer Frist dem Landtage vorgelegt werden können, Es wird in diesem Geseß- entwurf von dem Landtage für die Preußische Bank die Ermächtigung erbeten werden, mit der Einrichtung von Silialen in anderen deutschen Staaten, wenn die dortigen Regierungen es wünschen, vorzugehen.

Dem Herrenhause ist der Eniw::7f zum Geseg, be= treffend die Ertheilung der Korporationsrehte an Bagptisten-Gemeinden, vorgelegt worden. Derselbe lautet:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c. verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages, für den Um- fang der Monarchie, was folgt: i i J

8. 1. Baptisten-Gemeinden können durch gemeinschaftliche Ber= fügung der Minister der Justiz, des Innern und der geistlichen An- gelegenheitea Korporationsrechte erlangen. ; 5

, 2. Die Ertheilung der Korporationsrechte ist uur zulässig und darf nicht versagt werden, wenn : a

1) der Bezirk der Gemeinde geographisch abgegrenzt ift, :

2) nah der Zahl und Vermösgenslage der dazu. gehörigen Mit»

lieder anzunehmen if, daß die Gemeinde den von thr behufs Aus- übung ihres Gottesdienstes nah ihren Grundsäßen zu übernehmenden Verpflichtungen dauernd zu genügen im Stande sein wird,

3) in dem Statut der Gemeinde keine Festseßungen getroffen.

find, welhe mit den allgemeinen geseßlihen Bestimmungen im Wider=

spruch stehen.

Statistische Nachriebten.

Nr. 6 und 7 der M Uen Ee, E. Engel) enthält: Protuktion, Konsumtion und Preise des ines in Frankreich. Die Einführung dex allgemeinen S{ulpfticht in Rußland. Der auswärtige Handel, Chinas. Die tente Aus- wandekung aus der Schweiz, Die, statistishe Centralkon;qnisfion. Im Laufe des verga:agenen Jahres find in Paris 1164 M Tae ausgebroch ¿n, von denen 132 Sgadenfeuer erster afse waren, die einen Schaden von 3,400,850 Francs anrichteten. Die anderen Feuer verb- erten durhs{nittlich eiten Werth von 1960 Francs 85 Centimes. Ferner fanden drei Gasexplosionen und G O statt, die großen Schaden vera uxrsachten.