1875 / 43 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Feb 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Landgendarmerie, keine Reisekosten, Tagegelder aber nur dann ¿u, wenn er beauftragt ist, an einem anderen Orte, als an welchem er stationirt ift, zeitweilige Wohnung zu nehmen. Der Minister des Innern erachtet es aber für billig und gerechtfertigt, den Gendarmen, wenn sie auf Reisekosten und Tagegelder keinen Anspruch haben, mit Rücksicht auf die ihnen durch die Mitbeauf- fihtigung der Patrouillenbezirke der abkommandirt gewesenen Gendarmen erwahhsenen vermehrten Dienstleistungen und Aus- gaben eine, den Verhältnissen entsprehende Entschädigung dur Bewilligung außerordentliher Remunerationen zuzuwenden.

Zwishen Kronfideikommiß und dem König- lihen Haus- und Familienfideikommiß besteht, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals (l. Senat) vom 4. Januar cr., rechtlich kein Unterschied, dieselben bilden gleich- mäßig das Privateigenthum der Königlichen Familie. In einer vermögensrechtlichen Prozeßsahe zwischen dem Königlichen Fiskus, vertreten durch das hiesige Polizei-Präsidium, Kläger, und dem Königlichen Kronfideikommiß, vertreten durch das Ministerium des Königlihen Hauses, Verklagter, welhe vom Kläger bei dem hiesigen Stadtgeriht anhängig gemaht wurde, erhob Verklagter den Einwand der Inkompetenz des hiesigen Stadtgerichts. Sowohl das Stadtgericht als auch das Kammer- geriht verwarfen diesen Einwand, weil wie das Erkenntniß des Kammergerichts ausführte die Klage nicht gegen die Aller- höchste Person Sr. Majestät des Königs, sondern als gegen den Fiskus, vertreten durch das Königliche Haus-Ministerium, gerichtet, anzusehen sei. Zu diesem Schlusse is der Appellations- richter aus der Vorausseßung gelangt, daß das Rechtsverhält- niß des Königs zum Kronfideikommiß nicht auf privatrechtlicher, sondern auf fstaatsrehtliher Grundlage beruhe und die zum Kronfideikommiß gehörigen Güter, wie auch die Königlichen Fa- miliengüter, mit Ausnahme der Chatullgüter, Domänengüter feien, deren Eigenthum dem Staate zustehe. Auf die Nichtig- keitsbeschwerde des Verklagten erkannte das Ober-Tribunal auf Vernichtung des Erkenntnisses der zweiten Instanz, und er- achtete in der Sache selbst den Einwand der Inkompetenz seitens des Verklagten für begründet. „Das Königlihe Haus - Mi- nisterium ift“, wie das Erkenntniß des Ober-Tribunals unter Anderem ausführt, „nah dem Uebergange der Verwaltung der Domänen und Forsten auf das Finanz-Ministerium in Folge Allerhöhster Kabinets-Ordre vom 17. April 1841 keine fiskalische Behörde mehr. Dasselbe vertritt den König und das Königliche Haus in den Angelegenheiten, welhe die Verwaltung der Haus- und Fideikommißgüter betreffen. Der Appellationsrichter verkennt aber auch die rechtlihe Natur des Fideikommisses, indem er das- selbe als fiskalishes Gut ansieht und deshalb demselben die dem Fiskus beiwohnende juriftishe Persönlichkeit beilegt. Der Name Kronfideiklommiß is neueren Datums. Der Anhang §. 146 der A. G. O. spriht von Kronfideikommißgütern, in- dem er den Prinzen des Königlihen Hauses in den diese Güter betreffenden Rechtsangelegenheiten die Sportelfreiheit gewährt. In der Allerhöchsten Kabinetsordre vom 16. Septem- ber 1819 ift die Absicht der Errihtung eines immerwährenden Kronfideikommisses aus auszuwählenden Domänen unter Tren- nung der Verwaltung von der Staatsanwaltschaft ausgesprochen. Eine Ueberweisung bestimmter Domänen an das Kronfideikommiß hat indeß nicht stattgefunden. Die Allerhöchste Verordnung vom 17. Januar 1820 wegen der künftigen Behandlung des gesamm- ten Staats\shuldenwesens hat nur im Artikel 11, die Domänen, Forsten und \äkularisirten Güter, insoweit dieselben zur Aufbringung des sährlihen Bedarfs von 2,500,000 Thlr. für den Unterhalt der Königlihen Familie, den Hofstaat und sämmtliche prinzlihe Hofstaaten, sowie auch für alle dahin gehörigen Institute u. #. w. erforderlih sind, von der Garantie für die Staats\chulden ausgeschlossen. Der Artikel 59 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 bestimmt so- dann, daß dem Kronfideikommißfonds die durch Gesey vom 17. Januar 1820 auf die Einkünfte der Domänen und Forsten angewiesene Rente verbleibe, Die späteren, die Erhöhung dieser Rente betreffenden Geseße vom 30. April 1859 und 27. Januar 1868 s\prehen ebenfalls von einem Kronfideikommißfonds. Daraus, daß es zur Errichturg der in der Allerhöchsten Kabinets- ordre vom 16. September 1819 vorgesehenen Stiftungsurkunde in Bezug auf die Ueberweisung von Domänen nicht gekommen ist, folgt jedoch nicht, daß die geseßlihen Vorschriften von Fa- milienfideikommissen keine Anwendung auf das Kronfideikommiß finden können. Zwischen Kronfideiklommiß und Haus- und Fa- milienfideikommiß besteht rechtliG kein Unterschied: es if nur eine verschiedene Bezeihnung für ein und denselben Rechts- begriff. Der Kläger is in einem geschihtlihen Jrrthum, indem er das Kronfideikommiß . als eine noch landrechtlihe Schöpfung ansieht. Der Appellationsrichter legt dem Edikte König Friedrich Wilhelms des 1. vom 13. August 1713 eine diesem Geseße nicht innewohnende Bedeutung bei, indem er annimmt, daß dur dasselbe das Privatrehtsverhältniß der Regenten zu dem Kron- fideiklommiß dergestalt verändert wo-den, daß dadurch eine Um- wandlung in Staatsgut im Gegensaß zu dem nah dem gemein- rechtlihen Rechtszustande im vollen Eigenthum des Regenten befindlichen Chatullgut stattgefunden habe. Das beregte Edikt bezog fich, wie bereits in einer früheren Entscheidung des Ober-Tribu- nals nachgewiesen worden, nur auf die neve" Srwerbungen der beiden ersten Könige und ordnete niht we:..… an, als ein dur das Recht auf unentgeltlihe Rückforczerung der Sache verstärktes Veräußerungsverbot in Betreff der neuen Erwerbungen des Gesetgebers und seines Vaters, verbunden mit der konsequenten Verwaltungsvorschrift, die für diese neuen Erwerbungen jeden Unterschied zwischen Chatullgütern und Domänen aufh3b. Auch das Allgemeine Landreht hat die zum Fideikommiß des König- lihen Hauses gehörigen Güter niht in Staatseigenthum umge- wandelt. Es. bestimmt in §. 17 Tit. 13 Thl, 11. ausdrücklih, daß Rechtsangelegenheiten, welhe die Personen- und Familien- rechte des Landesherrn und seines Hauses betreffen, nah den Hausverfassungen und Verträgen bestimmt werden und mat nur im §. 18 in Bezug auf andere Privathandlungen und Ge- \chäfte derselben insofern eine Ausnahme, als diese Rechtsgeschäfte nah den Gesezen des Landes beurtheilt werden sollen.

In dem freisprechenden Urtheile gegen einen Angeschul- digten, welher vor Vollendung seines 18. Lebensjahres eine strafbare Handlung begangen, is nah einem Er- kenntniß des Ober-Tribunals vom 21. Januar cr. stets zu bestimmen, ob der Angeschuldigte seiner Familie zu überweisen, oder in einer Erziehungsanstalt oder Besserungsanstalt unterge- bracht werden soll, auch wenn gleichzeitig gegen den Angeschul- digten wegen einer strafbaren Handlung, die er nah Vollendung des 18. Lebensjahres begangen, auf eine Strafe erkannt wird.

Der Ober-Präsident von Elsaß-Lothringen, v. Möller, ist heute früh aus Straßburg hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen.

Die gestern mit dem Courierzuge aus Dirshau um 6 Uhr 20 M. Vormittags fällige Post aus Rußland hat in Eydt- fuhnen den Anschluß verfehlt.

Die gestern mit dem Courierzuge aus Cöln um 7 Uhr 40 M. Vormittags fällige Post aus London if ausgeblieben.

S. M. S. „Kaiser“ iff| am 183. d. M. in Greenhithe bei London, Behufs der Ueberführung nah Wilhelmshaven, in Dienst geftellt worden. j

E Münster,” 18. Februar. Æ(W. T. B.) Der „Westfälische Merkur“ veröffentliht eine päpstliche Encyklika an die preußishen Bischöfe, in welher eine Verurtheilung der Mai- geseße ausgesprochen und die Exkommunikation der vom Staate angestellten Geistlichen erklärt wird,

Bayern. München, 17. Februar. (Allg. Ztg.) Se. Majestät der König hat dem Vernehmen nah die Einberufung des Landraths von Oberbayern im. Monat März nah dem Antrag des Königlihen Staats-Ministeriums des Innern genehmigt. Den Gegenstand der Berathung wird die Erweiterung der Kreisirrenanstalt München bilden. An die durh die Re- signation des Domkapitulars Frhrn. v. Graverreuth erledigte Domkapitularstelle in Eichstätt ist der Pfarrer Anton Hotter in Wachenzell, Bezirksamts Eichstätt, ernannt worden.

Im Gesez- und Verordnungsblatt Nr. 9 wird, wie be- reits mitgetheilt, die Allerhöchste Verordnung, d. d. München, den 11. d. M,, in welcher die Normen über die Aufrechnung der Tagegelder und Reisekosten bei auswärtigen Dienstgeschäf- ten der Beamten und Bediensteten des gesammten Civilstaats- dienstes einer Revifion unterstellt wurden, publizirt. Die Be- stimmungen find folgende:

Die Tagegelder für die einzelnen Beamten und Bediensteten werden hinsichtlih der Höhe in Klassen nah Maßgabe des Gehalts- regulatives vom 23, Mai 1872 eingetheilt, und zwar haben hiernach Anspruch: a. die Staatsräthe und Präsidenten, dann Klasse I. auf ein Tagegeld vont 19 (11 Fl.-5 Kr.), b. Klasse Il. und IIL. “auf ein folhes. ‘von: 14 #5. (8. Fl 10 Kre), 0, Klafse- 1ŸV. bis FI, und Klasse IX., auf ein Tagegeld von 11 Æ# (6 Fl. 25 Kr.), d, Klafse VIL. und VIIL, dam die Staatsanwaltsubstituten und Assistenten sämmiliher Stellen, sowie Revisoren bei den Königlicken Stellen auf ein Tagegeld von 9 4 (5 Fl. 15 Kr.), e. Klasse X. auf ein solches von 7 A, (4 Fl. 5 Kr.), f. die Zoll: und Forstamts-Assistenten, die Rechts praktikanten bei den Verwaltungs- behörden und Gerichten, die Polizeianwälte in der Pfalz, die Kame- ral- und Baupraktikanten, die Baukandidaten und Bauassistenten, das Personal der Kategorien B 1 und B 2 des Besoldungsstatus bei den Königlichen Verkehrsanstalten, die Förster, Forstgehülfen, die Weg- meister, Aufschlageinnehmer, Rentamtêgehülfen und Schreiber bei den Gerichten, Behörden und Aemtern der inneren wie der Finanz-Ver- waltung auf ein Tagegeld von 6. (3 Fl. 30 Kr.) und g. die Waldaufseber, Gefängnißwärter, dann Boten und Diener, so wie deren Gehülfen bei allen Stellen, Behörden, Aemtern und Kassen auf ein Tagegeld von 3 M (1 Fl. 45 Kr.). Beamte, welhe in dem Besoldungs- regulative vom 23. Mai 1872 nit aufgeführt sind, reihen sich den betreffenden Beamten g'eicher Kategorie an und für Bedienstete, welche vorstehend nicht bezeichnet sind, werden die Tagegelder gemäß der Tagegelder für die ihnen nach Art ihrer Verwendung gleich\stehen- den Bediensteten festgeseßt. Die Tagegelder werden auf fo lange be- willigt, als das aufgetragene Geschäft die Reisezeit mit einge- rechnet -— auswärts dauert. Für Dienstreisen, welche mit einem außergewöhnlichen Aufwande unvermeidlich verbunden sind, kann aus- nahmsweise die Aufrechnung der baaren Auslagen statt der regulatiy- mäßigen Tagegelder bewilligt werden. Bezüglich der Dienstreisen der Königlichen Staats-Minister bleibt es bei den bisherigen Bestimmun- gen, Als Meisekosten dürfen insbesondere nur die wirklich entrichte- ten Auslag:u in Aufrechnung gebracht werden. Bei allen Dienstreisen, welche ohne Nachtheil für den Reisezweck durch Benußung von Eisenbahnen oder Dampfbooten zurückgelegt werden können, haben sich die Beamten und Be- diensteten derselben zu bedienen. Beamten mit Kollegialraths- und höherem Range ist die Benußung der I. Wagenklasse auf Eisen- bahnen und des I, Plaßes auf Dampfboot en gestattet; die oben unter g. bezeichneten Bediensteten dürfen bei Eisenbahnen nur die Auslagen für die III. Wagenklasse und sofern die Benußung von Eilzügen er- forderlich ist, für die I1. Wagenklasse, sowie auf Dampfbooten für einen Plaß der 11, Klasse in Aufrechnung bringen; alle übrigen Beamien und Bedienst:ten können sich bei Eisenbahnen der Il. und auf Dampfbooten der 1, Klasse bedienen. Die neue Verordnung tritt 14 Tage nach heute (11,) in Kraft- Aufrecht erhalt-n bleiben jedoch noch die besonderen Vorschriften bezüglich Verwefungen bei MRent- ämtern und im Forstwesen, für das niedere Dienstpersonal der Ver- kehrsanftalten, für das thierärztlihe Personal, die Brandversicherungs- In)jpektoren, die Bezirksgeometer und das instabile Personal des Katasterbureaus.

Durch Königliche Entschließung wurden, als Theile der Dienstverhältnisse in der Königlich bayerishen Armee „eine neue Instruktion für die Dienstes- 2c. Stellen des Trains“, dann neue „Vorschriften für den Garnisons-Wachtdienst“ genehmigt.

Fn feiner gestrigen Versammlung hat der Klub der patriotishen Fraktion an Stelle seines früheren Vorstandes, des Abg. Dr. Freitag, den Abg. Ober-Appellrath Kurz zu seinem Vorstand gewählt.

Se. Majestät der König hat dem bayerischen Frauen- verein auf Grund der Saßungen vom JIahre 1870 Korpora- tionsrechte verliehen.

Aus Kissingen, 15. Februar wird gemeldet, daß die Badefrage entschieden sei. Die sämmtlichen ärarialishen Bade- Objekte, einschließlich der Wasserversendung, wurden unter Aus- \chluß jegliher Konkurrenz an den früheren Landtags-Abgeord- neten Advokaten Hofrath Streit in Würzburg auf eine lange Reihe von Jahren verpachtet.

Waden. Karlsruhe, 15. Februar. Der Oberschul- rath hat mit Ermächtigung des Ministeriums des Innern den Direktoren und Vorständen an den Mittelshulen für dieses Iahr freigestellt, behufs der Feier eines Schulfestes am Geburtstag des Deutschen Kaisers (22. März) die Osterferien ers mit Grün- donnerstag beginnen zu lassen und dafür die ganze Pfingstwoche freizugeven.

Meecklenburg. Malchin, 15. Februar. (H. N.) Die Zahl der Landtags-Mitglieder hat sich bis auf einige 60 vermindert,

Ein \{chwerinshes Reskript vom 10. d. M. proponirte, die Publikation der Eintragungen in das Handelsregister durch das „Central-Handelsregister“ (Beilage zu dem „Reichs- und Preußischen Staats-Anzeiger“) obligatorish zu mahen. Stände erklärten sich damit einverstanden.

Die Deputation der Schuldentilgungs-Kommission berichtete, daß die Shuld der Salomon Heine'shen Anleihe sh jeyt auf 2,632,000 M. Bco. und die Schuld der Chaussee- und Wasser- baukasse sih auf 183,388 Thlr. 16 Sch. Crt. belaufe. An Aktivis waren vorhanden 1) Aktien der Berlin-Hamburger Eisenbahn Litt, A. 6000 Thlr. und 2) Obligationen der Sal. H. Anleihe 737,500 M. Bco. Von der Sal. H. Anleihe werden zum 1. August d. I. . noch ausgeloost 37,500 M. Bco., \o daß die Schuld dann noch 2,594,500 M. Bco. beträgt.

Zur Hebung der mecklenburgischen Pferdezucht proponirt ein \{chwerin\ches Reskript: die Regierung wolle die bisher gezahlten 9000 R.-M. auf weitere 5 Jahre bewilligen, wenn Stände oder speziell die Ritterschaft ebenfalls 9000 R.-M. dazu hergeben. Dieses Reskript wurde nebst vielen anderen, die heute eingegan- gen find, an die betreffenden Comités abgegeben. Zur Ver- handlung kam aber ein Vortrag des Landeseinnehmer Koeve. Derselbe führt aus, daß er seit 1868 angewiesen sei, preußisches Papiergeld, sowie Noten der preußischen Hauptbank in Zahlung anzunehmen, - Wenn nun bis zum 1. Januar 1876 alles auf Thaler lautende Papiergeld eingezogen werden solle und er dasselbe bis zum lezten Augenblick annehmen müsse, \so könnten leiht Inkonvenienzen und selbs pe- kuniäre Nachtheile dadur entstehen. Er \{chlage vor, daß bei der Kontributions-Erhebung im April kein \olches Papiergeld mehr angenommen werde. Pogge-Blankenhof meinte, dann müsse dies Verbot auch auf die Rostocker Banknoten ausgedehnt wer- den. Nach einiger Diskussion wurde der engere Aus\{huß potestivirt, den Zeitpunkt zu bestimmen, wann auf Thaler lau- tendes Papiergeld niht mehr in Landeskafsen angenommen wer- den darf, auch soll der Großherzog ersuht werden, eine gleiche Verfügung zu erlassen.

Vom ritterschaftlihen Amte Güstrow wurde noch ein von Herrn v. Peny auf Gremmelin eingereihter Antrag zur Ver- fassungs-Modifikation vorgelegt. Herr v. Peny schlägt das Zweikummersystem vor. Der jeßige Landtag soll die erste Kammer bilden und die Geschäfte des engern Ausschusses über- nehmen. Die zweite Kammer foll aus allgemeinen Wahlen nah einem Census hervorgehen. Ohne Debatte wurde be-

\chlo}sen, diesen Antrag auf fih beruhen zu lassen.

Desterreich-Ungarn. Wien, 17. Februar. Im Abge- ordnetenhause beantwortete der Unterrichts-Minister die In- terpellation des Abg, Weber wegen der behördlihen Entfernung der Landkarten der Länder der böhmischen Krone aus den mäh- rishen Volks\hulen dahin, daß diese Ka1ten Mähren und Schle- sien als Theile des böhmischen Staates bezeihneten, somit geeig- net erschienen, die Jugend zu beirren und daß sie als politische Agitationsmittel dienten, deren Beschlagnahme deshalb gerecht- fertigt gewesen sei. Das Haus agnoszirte hierauf verschiedene Wahlen. Sodann fand die Generaldeaatte über die Abänderung der Geschäftsordnung statt. In derselben sprach Schrank den Wunsch nach weiteren Aenderungen aus. In der Spezialdebatte erklärte fh Meznik gegen die Bestimmung, wonach für Abgeordnete, welche die Angelobung nur vorbehaltlih leisten wollen, Neuwahlen vor- genommen werden follen, als gegen die böhmische staatsrehtliche Opposition gerichtet, die wohl unter gewissen Umständen, bei gegebenen Garantien, an den Berathungen des Hauses theil- nehmen könnte. Diese Möglichkeit werde durch Annahme der Bestimmung vereitelt. Man müsse Alles thun, um Böhmen heranzuziehen. Dhne Böhmen gäbe es kein konsolidirtes Oester- reih. Eine längere Debatte entstand bei den §8. 25 und 27. Mehrere Redner befürworteten die Deffentlichkeit der Aus\{huß- sizungen gegenüber den nicht im Aus\{husse fißenden Abgeord- neten, ebenso die unbehinderte Publikation der Aus\chußsizungs- berichte. Der diesbezüglihe Antrag wurde dem Ausschusse zur Berathung zugewiesen.

Agram, 17. Februar. Das Amtsblatt bringt eine Regie- rungsverordnung über die Arrondirung der Komitate, resp. Vizegespanschaften, den territorialen Umfang und den Sig der Königlih fstädtish-delegirten und der Königlihen Bezirks- gerihte so wie der Komitatsgerichtstafeln. Der Zeitpunkt des Inslebenstretens der Vizegespanschaften wird mittelst besonderer Verordnung bestimmt werden. Die Arrondirung der Komitate ist bis zur Vereinigung der Militärgrenze mit dem Provinziale als proviforish zu betrachten.

Großbritannien nd Irland. London, 16. Februar. Sir William Iervois, Oberst im Königlihen Genie-Corps, ist an Stelle des zum indishen Bauten-Miuister beförderten Sir Andrew Clarke zum Gouverneux von Singapore ernannt worden.

Wie der „Globe“ erfährt, wird das Flotten-Budget für 1875/76 einen Etat für 17,C00 Mann der Flottenreserven aller Klassen enthalten, darunter 500 Mann der dritten Klasse, deren Bildung unter Erwägung ist, indem man glaubt, die Re- kruten für diese Klasse an Bord der Ausbildungsschiffe für die Handelsmarine finden zu können. Die vor einiger Zeit gebildete zweite Klasse wird unter der Fischerbevölkerung immcr populärer, und man hofft, daß sie während des kommenden Finanzjahres 5000 Mann stark werden wird.

18. Februar. (W. T. B.) Unterhaus. Auf eine bezüglihe Anfrage Hopwoods erklärte der Marine-Minister, die Admiralität habe die Benußung des Staats-Trockendocks für das deutsche Panzerschiff „Kaiser“ gestattet, weil ein Privatdock zu dessen Aufnahme nicht verfügbar gewesen sei. Es sei das ein Aft einfacher Höflichkeit zwischen zwei befreundeten Nationen und deshalb auh die unentgeltlihe Benußung des Staats- Trockendocks eine selbstverständlihe Sahe. Der aus dem Tichbornprozeß bekannte und in Stoke am Trent gewählte Advokat Kenealy hat heute seinen Sig im Unterhause ein- genommen.

Disraeli brachte in der heutigen Sißzung des Unter- hauses den in der Dienstagsfißung angekündigten Antrag ein, das Haus mögedie Wahl vonJo hnMitchell für ungültig erklären. Das irische Mitglied D'Shaugnessee beantragte, die Diskussion des An- trages zu vertagen, um den Parteigenossen Mitchells Frist zur weiteren Berathung über die Angelegenheit zu gewähren. Der Marquis von Hartington, Forster und Lowe traten für die Verweisung des Antrages an eine Kommission ein. Disraeli bestand aber auf sofortiger Berathung seines Antrages, damit die Würde des Hauses gewahrt bleibe. Die Vertagung der Debatte wurde darauf mit 269 gegen 102 Stimmen abgelehnt, ebenso auch die von dem Marquis von Hartington formell beantragte Ueber- weisung des Antrages Disraeli an eine Kommission verworfen und leßterer sodann angenommen.

Frankreich. Paris, 17. Februar. Der Senatsent- wurf, welhen Wallon, der als Vermittler zwischen der Rechten und der Linken auftritt, ausgearbeitet hat, lautet in seinen Haupt- punkten wie folgt:

Art. 1. Der Senat besteht aus 300 Mitgliedern, 225 werden von den Departements und den Kolonien ernannt. Algerien ernennt 2 Senatoren und jede unserer drei großen Kolonien einen, das Gebiet von Belfort ebenfalls einen. Die Departements von weniger als 200,000 Einwohnern ernennen einen Senator, die von 2- bis 400,000 zwei, die von 4- bis 600,000 drei, die von 6- bis 800,000 vier und die über 800,000 fünf. 75 werden ein erstes Mal von der National- versammlung ernannt. Art. 2, Die von den Departements ge- wählten 250 werden nach Wahllisten von cinem Wahlkellegium er- nannt, welches aus Mitgliedern dés Generalraths, aus Mitgliedern

des Arrondissements und aus einem Delegirten einer jeden Gemeinde besteht. Die Senatoren werden auf neun Jahre ernannt und nach Dritteln erneuert. Die, welche von der Versammlung ernannt werden, find unabseßbar. Jm Falle des Todes oder der Demission schreitet der Senat zu ihrer Erseßung. Art. 3 (unerhebli{ch). Art. 4 (wie der ehemalige Art. 12 der Kommission) enthält die Befugnisse des Senats. Art. 5 (wie der ehemalige Art. 13 der Kommission) konstituirt den Senat als Gerichtshof für den Präsidenten der Republik, die Mi- nister und die Attentate gegen die Sicherheit des Staates. Art. 6. Es wird zur Wahl des Senats einen Monat vor dem Tage ge- schritten, welcher für die Auflösung der Nationalversammlung fest- geseßt wird. Er wird an dem Tage, wo die Nationalversammlung fich trennen wird, in Funktion treten.

18. Februar. (W. T. B.) Das linke Centrum hat in seiner heutigen Sizung den Antrag Wallon, nah welchem die Wahl der Senatsmitglieder dur die Generalräthe, die Arrondissementsräthe und dur einen Delegirten von jedem Munizipalrathe erfolgen \oll, einstimmig angenommen.

19. Februar. (W. T. B.) Das „Iournal officiel“ enthält eine Bekanntmahung, wona der Zinsfuß für die Schatbons mit einjähriger Verfallzeit auf 4, und für die Bons mit 6- bis 11 monatliher Verfallzeit auf 3 pCt. festgeseßt wird.

(Telegramm der „Agence Havas“) In einer heute stattgehabten, von Delegirten des linken und des rechten Centrums und der Gruppe Lavergne-Wallon beschickten Versammlung is man betreffs des Senatsgeseßes zu einem Einverständniß gelangt. Von allen drei Parteigruppen ift, nahdem der Marshall - Präsident auf die Ernennung eines Theils der Senatsmitglieder verzihtet hat, ein Uebereink.mmen dahin getroffen worden, daß die National- versammlung 75 ftändige Mitglieder des Senates er- nennt, deren Amt ein stetiges unwiderruflihes is, während die übrigen 225 Senatoren und zwar zwei von jedem Departement von den Generalräthen, den Arrondissements- räthen und einem Delegirten von jedem Munizipalrathe gewählt werden sollen. Die Linke und die äußerste Linke treten morgen zur Berathung zusammen. In Deputirtenkreisen rechnet man mit ziemliher Sicherheit auf eine allgemeine Verständigung, in- deß }ößt die Bestimmung über die ständige Mitgliedschaft der von der Nationalversammlung ernannten Senatoren bis jeßt noch auf einigen Widerspruh. Ein Theil des rechten Centrums allein hat lediglih aus Furcht vor den Bonapartisten ein Ein- verständniß mit der Linken acceptirt.

Versailles, 18. Februar. (W. T. B.) Jn der heuti- gen Sigzung der Kommission für die konstitutionellen Vorlagen erklärte der Minister des Jnnern, General Chabaud Latour, daß die Regierung den von der Kommission gemachten Vorschlag, welchem zufolge cin Drittheil der Mitglieder des Senats durch die Regierung ernannt werden follte, fallen lasse und ftatt dessen die Ernennung dieses Drittheils durh die Na- tionalversammlung vorschlage. Die Kommission tritt morgen zur weiteren Berathung über die heutigen Erklärungen der Re- gierung nochmals zusammen.

Spanien, Madrid, 18. Februar. (W. T. B.) Die Gesandten Frankreichs, Oesterreihs, Portugals und Rußlands haben dem König Alfons gestern ihre Accre- ditive überreiht und wurden gegenseitig die freundschaftlihsten Versicherungen ausgetauscht. Der russishe Gesandte sprach im Namen des Kaisers Alexander den Wunsch aus, daß die Regie- rung des Königs Alfons, welche unter so glücklichen Auspicien begonnen habe, einen gedeihlihen Fortgang nehmen möge. Der König erwiderte mit dem Ausdruck seiner herzlihsten Wünsche für die Regierung des Kaisers von Rußland. Der Graf von Molins wird heute auf seinen Gesandtschaftsposten nah Paris abgehen.

19. Bebruar. (W. T. B) ZU Gesandten find designirt: Für London Rances, für St. Petersburg Bedmar, für Rom Coello, für den Haag Areicolar, für Wien der Herzog von Tetuan. /

Türkei. Belgrad, 17. Februar. (W. Z.) Der Finanz- Minister unterbreitete der Skupschtina das Budget für 1875. Die Einnahmen betragen darnach 36,920,000 qute Piaster, die Ausgaben 36,810,940 Piaster. Der Voranschlag [ließt also mit einem Ueberschusse von 49,060 Piastern.

Nufland und Polen. St. Petersburg, 15. Februar. Der Kaiser hat dem „Ruff. Inv.“ zufolge am 1. Februar den Generalstab besucht, wo Sr. Majestät in einem der Säle durch den General-Gouverneur von Turkestan, General-Adjutan- ten von Kauffmann, verschiedene Chiwa"\che Schmucksachen vorgestellt wurden, welche nah der Einnahme von Chiwa nah St. Petersburg gebraht wurden. Es sind dies meist Damen- hmuckgegenstände und bilden dieselben durch die Driginalität ihrer Zeichnung, \o wie durch die besondere Zusammenstellung der Farben bemerfenswerthe Proben Chiwa'\chen Geschmacks. Im Ganzen sind es gegen 150 Gegenstände, die meist mit aus- erlesenen Perlen, Türkisen und anderen Edelsteinen ges{chmückt sind, Nachdem der Kaiser diese Shmucksachen besichtigt und die Crflärungen des General-Adjutanten von Kauffmann gnädigst entgegengenommen hatte, befahl Se. Majestät, daß die ganze Sammlung bei dem ethnographishen Interesse derselben der Kaiserlichen Russischen Geographischen Gesellschaft zur Disposition gestellt werde, um auf dem bevorstehenden Kongreß für geogra- phische Wissenschaften in Paris ausgestellt zu werden,

Scþweden und Norwegen. Stockholm, 14. Februar. Der Konstitutions-Aus\chuß hat den Antrag Malmbergs, das Minimum des Einkommens der zur Wahl berechtigten Per- sonen von 800 auf 600 Kronen herabzusezen und ein gleiches altives und passives Wahlrecht allen denen zu bewilligen, welche nah §8. 14 der Reichstags-Ordnung kompetent sind, sih bei der Abgeordnetenwahl zu betheiligen, sobald dieselben auf leztge- nanntes Einkommen abgeschäßt und die Kenntnisse besien, welhe das Volks\hulgesehß als Minimum bestimmt, zur Annahme niht empfohlen. Dasselbe geschah mit dem Antrag Helanders, wegen Aenderung des §8. 13 der Reichstags-Ordnung, daß die Eintheilung der Städte unter 10,000 Einwohner in Wahlkreise in Zukunft alle 9 Jahre, anstatt der jezigen 10 Jahre zu ge- \hehen habe.

Die Zweite Kammer hat die Haupttitel 11. und 11], des Etats für 1876 genehmigt, jedoch den vorjährigen Beschluß, daß Beamten mit einem Einkommen über 5000 Kronen keine Theuerungszulage zu bewilligen sei, mit 128 gegen 44 Stimmen aufrecht erhalten. Ebenso wurde die vom Aus\{huß zur An- nahme empfohlene Regierungsvorlage vom 22, Januar, be- treffend die Aenderungen, welche durch die im vorigen Jahre neu eingeführte Schiffsmessung in der Zolltaxe und dem damit in Verbindung stehenden Gesetz erforderlih waren, genehmigt.

„_ Von Herrn Wallenberg wurde ein Antrag wegen Ab- Anderung des §. 5 der Verfassung dahin gestellt, daß der König

aus den Staatsrathsmitgliedern den Minister-Präsidenten eruen- nen möge.

Dänemark. Kopenhagen, 17. Februar. Jn den ver- flossenen 10 Monaten des Finanzjahres 1874—75 hat der Einfuhrzoll und die Stempelabgabe für Spielkarten 15,330,587 Kronen gegen 13,689,604 Kronen im entsprechende n Zeitraume des vorigen Finanzjahres eingebraht. Die C esammt- Einnahmen für Zoll-, Branntwein- und Schiffs-Abgaben beirug 17,849,488 Kr. gegen 16,001,892 Kr. in den genannten 10 Monaten des Finanzjahres 1873—74; es entstand demnach eine Mehreinnahme von 1,847,596 Kr. Die Kriegs\teuer hat in den gedahten 10 Monaten des laufenden Finanzjahres 2,878,732 Kronen gegen 2,755,792 Kronen im vorigen Jahre eingebracht, also eine Mehreinnahme von 122,940 Kronen.

Amerika. New-York, 18. Februar. (W. T. B.) Die Vorlage betreffend die Wiederaufnahme der Zahlungen in Baar vom 1. Ianuar 1879 ab i vom Senat heute ge- nehmigt worden. Die hiefigen Zeitungen enthalten Mitthei- lungen aus Kuba, nah welchen die Insurrektion im Distrikt Cincovillas Fortschritte maht. Der General-Gouverneur Concha hat die Leitung der Operationen gegen die Insurgenten über- nommen und Haben neuerdings heftige Zusammenstöße ftatt- gefunden. Gonzales hat Manacas genommen. Die Spanier verloren dabei 150 Mann.

Aus Südamerika liegen der „A. A. C.“ vom 16. Fe- bruar folgende Meldungen vor:

Die Nachrichten der neuesten Post betreffen in erster Reihe den traurigen Zustand der Angelegenheiten in Montevideo. Am Soun- tag den 10, Januar brach in der Kirche anläßlich der Alkaldewahl ein blutiger Krawall aus, wobei nach den Berichten der „Anglo Vrazilian Times“ neun „Personen getödtet und 40 verwunde: wurden Einige der Verwundeten wurden hierauf kalten Blutes hin- geschlahtet. Der Krawall ereignete sich zwischen den Neto- und Principista - Zweigen der Culorado - Partei. Die Minister ver- langten die Bestrafung der Neto-Junta und die lriegêrecht- liche Verfolgung der Truppen - Commandeure wegea Pflicht- vernachlässigung, und da der Präsident diesen Forderun- gen nicht stattgeben wollte, dankten fie ab. Am 14. wurde ein neucs Kabinet gebildet, aber die Natos brachten während der Nacht eine militärishe Revolution zu Stande, seßten den Präsidenten Allauri ab und ernannten Pedro Barola zum provisorischen Präsidenten. Der abgeseßte Präsident suchte bald darauf feine Zuflucht in einem brasfi- lianishen Panerschiff und die leitenden Mitglieder ter Blaucos Principitas flübteten aus der Stadt. Seit dem Krawall ruhen in Montevideo sämmtliche Geschäfte und am 12. wurde das Zoll- amt geschloffen. Jn der Argentinishen Republik herrscht durchweg der Frieden. General Mitre wird noch immer ge- fangen gehalten und sieht seinem Prozeß entgegen. Alle Theilnehmer an der leßten Revolution sind nach ihrer Heimath zurüctgekeh:t. Die gegenwärtige Regierung wird populär und die Nachrichten aus dem Znnern lauten günstig. Die Grenzfragen zwischen Para- guay und Chili befinden sich auf dem Wege der Regelung. Die Gouverneuréwahl naht, aber es werden keine Ruhestörungen besorgt. Monsfignor Ferrini, der päpstliche Nuncius am brasilanischen Hofe, ist in Rio de Janeiro am gelben Fieber gestorben. :

Asien. In Calcutta find am 15. ds. die Jnstruktionen der indishen Regierung an die Kommission, welche ernannt wurde, um dem Guicowar von Baroda den Prozeß zu machen, amtlih veröffentliht worden. Darnah ist derselbe an- getlagt, persönlih oder durch feine Agenten geheime Verbindun- gen mit der Dienuerschaft des Präsidenten, Oberst Phayre, unter- halten, sie bestochen und das eigentliche Vergiftungsattentat gegen den Obersten angestiftet zu haben. Sir Richard Couch, der Präsident der Kommission, is angewiesen, nur diese Anklage- punkte und feine andern zu untersuchen, indeß mit der vollen Befugniß, Zeugenaussagen entgegenzunehmen oder zu verwerfen, und überhaupt den ganzen Gang der Unterhandlungen zu leiten.

Afrika, Aegypten. Der Khedive hat den Posten cines Direktors des öffentlichen Unterrichts in Aegypten, Herrn Edward Thomas Rogers, dem ehemaligen britishen Konsul in Cairo, angetragen, und Hr. Rogers hat sfich nach England be- geben, um die Genehmigung des Auswärtigen Amtes zur An- nahme dieses Postens zu erlangen.

Ein Telegramm aus der Capstadt vom 25. meldet:

In Natal ist große Aufregung durch Earl v, Carnarvons De- pesche und Bischof Colenso's Broschüre über die Langalibalele-Afaire verursacht worden. Nach der übereinstimmenden Ansicht der Cay- Zeitungen wird Langalibalele von den Behörden der Cap-Kolonie der Regierung von Natal übergeben und wird leßterer unter gewissen Umständen in Freiheit geseßt werden. Bischof Colen'o hatte eine zweistündige Unterredung mit dem auf der Robben-Insel internirten Häuptling. Das Kriegsfchiff „Sappho“" ist am Cap angekommen. Es legte am 7. Januar in Tristan d’Acunsa an, entdeckte aber nichts von irgend welchen Ueberlebenden des abgebronnten Auswan- dererschiffes „Cos patrick.“

Australien. Die Parlamentswahlen in Süd-Australien haben, wie aus Adelaide vom 15. d. telegraphirt wird, in einer Majorität für die Regierung resultirt. Sämmtliche Mi- nister wurden wiedergewählt. Die süd-australishe Ernte is o günstig ausgefallen, daß einer ungefähren Schäßung nah 200,000 bis 220,000 Tonnen Brodstoffe für den Export dis- ponibel sein werden.

Statistische Nachrichten.

__Das neueste Heft (Nr. IV. von 1874) der „Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistishen Bureaus“ enthält einen Aufsaß des Regierungs-Asse\sor A. Schwiebkê über die in den Provinzen Srengen Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen in Folge der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 ge- bildeten Amtsbezirke. Die Gesammtzahl derselben beträgt 5667, und zwar kommen hiervon auf die Provinz Preußen 1763, auf die Mark Brandenburg 92, auf Pommern 672, Schlesien 1565 und Sachsen 745 Auf die einzelnen Regie- rungébezirke dieser Provinzen vertheilen sih die neugebildeten Amtsbezirke, wie folgt: Königsberg 661, Gumbinnen 454, Danzig 218, Marienwerder 430; Potsdam 450, Frankfurt 472; Stettin 266, Cöslin §23, Stralsund 83; Breslau 646, Liegniß 417, Oppeln 502; Magdeburg 340, Merseburg 300 und Erfurt 105, Die Zahl der in den einzelnen Kreisen errichteten Amtsbezirke ist durch die Größe der ersteren, die Dichtigkeit der Bevölkerung und das Verhältniß dieser beiden Faktoren bestimmt. Während der Flächeninhalt der Kreise cinschließlih der Städte unter 20,000 Einwohnern von 226,562 Hek- taren (Koniß, Regierungsbezirk Marienwerder) bis 12,152 Hektaren (Zabrze, Regierungsbezirk Oppeln) wechselt, {wankt die ortêanwesende Bevölkerung derselben (Zählung vom 1. Dezember 1871) zwischen 106,032 (Ratibor, Regierungsbezirk Oppeln) und 14,823 (Ziegenrück, Regierungs- bezik Erfurt). Die Anzahl in den einzelnen Kreisen eingerichteten Amtsbezirke endlich steigt von 6 (Weißensee, Regierungsbezirk Erfurt: 29,169 Hektar Flächeninhalt und 26,818 Einwohner), 7 (Ziegenrü: 20,060 Hektar und 14,823 Einwohner), je 8 (Spremberg, Regierungs- bezirk Frankfurt: 31,019 Hektar und 23,505 Einwohner; Zabrze: 12,152 Hektar und 38,857 Einwohner; Naumburg 15,659 Hektar und 26,708 Einwohner) u. \. w, bis 51 (Königsberg, Regierungs-

bezirk Frankfurt: 153,376 Hektar und 90,497 Einwohner) und 56 (Stoly, Regierungsbezirk C2lin: 222,954 Hektar und 91,788 Ein- wohner). Aus diesen Angaben ift schon ersichtlich, daß auc die durch- schnittliche Einwohnerzahl der Amtsbezirke der einzelnen Kreise lebhaften Schwankungen unterworfen ift, Den höchsten Durchschnitt (4857) weisen die Amtsbezirke des Kreises Zabrze auf, daran {ließt sich Beuthen mit 3685 und Kattowiß mit durschnittlich 3505 Ein- wohnern im Amtsbezirk. Zwischen 3000 bis 2000 s{wanken die Amtsbezirke von 31 Kreisen, zwishen 2000 bis 1000 von 170 Kreisen. Weniger als durhscnittlich 1600 Einwohner zählen die Amtsbezirke der Kreise Fishhausen, Friedland, Prenzlau, Dramburg, Steinau a. d. O,, Sangershausen; darunter nimmt Friedland in der Provinz Preußen mit 767 Einwohnern die leßte Stelle ein. Unter den Regie- rungsbezirken zeigt Oppeln mit durchscnittlich 2134 Einwohnern im Amtsbezirk den höchsten, König3berg mit 1194 den niedrigsten Stand. Nach einer amtlichen Mittheilung des statistischen Bureaus der Steuerdeputation zählte Hamburg (Stadt und Vorstädte im Dee Ee Tak Hg tingen und 255,300 Einwohner (gegen ; im Jahre 3). er hamburgishe Sta ) 327,500 Einwohner. i ta E Nach offiziellen Nachweisen belief sich die Bevölkerung der Stadt Rom am 1. Januar 1874 auf 248,307 Seelen, und am 1, Janvar 1875 betrug fie 256,163; fie ist demna im Laufe dieses Jahres um 7856 gewachsen. | _ Nach der „Mosk. Ztg.“ bestand die griechi#\ch{ch-orthodore Kirche Rußlands im Jahre 1873 aus 59 Diözesen, welche unter 3 Metropoliten, 19 Erzbishöfen und 35 Bischöfen standen. Es giebt 397 Klöster mit 4678 Mönchen und 4212 Laienbrüdern, 130 Klöster mit 3061 Nonnen und 10,519 zeitweiligen weiblihea Einwohnern, 37,630 Kirchen und 13,282 Kapellen. Jn dem einzigen Jahre 1873 wurden 404 neue Kirchen und 131 neue Kapellen gebaut. Die Geist- lichkeit umfaßte 1075 Erzpriester, 35,919 Priester 12,372 Diakonen und 54,708 Kirchendiener u. s. w. Fromme Gaben flossen ein 10,728,546 Rubel. Die Kirche zählt 54,062 068 Mitglieder. Zur rechtgläubigen Kirhe wurden 9549 Individuen bekehrt, darunter 3199 Buddhisten.

Kunst, AWissezc%Haft und Literatur.

__ Am Sonnabend Nachmittag 5 Uhr wird im wissenschaft- lichen Verein in der Singakademie Hr. Prof. Dr. v. Treitichke einen Vortrag über „Samuel von Pufendorf* halten.

Aus Crefeld, 15. Februar, wird der „Köln. Ztg.* geschrie- ben: Die Enthüllung des Krieger-Denk mals A Sriedrihsplaß in Crefeld ist in der leßten Stadtverordneten-Ver- sammlung auf den 10, Mai d. J. festgeseßt worden. Zur Feier werden Einladungen ergehen an den Ober-Präsidenten zu Coblenz und Chef-Präsidenten zu Düsseldorf, sowie an das Kommando des 17. In- fanterie-Negiments. F

Der am 17. in Bonn verstorbene Aftronom Professor F. W. August Argelauder war am 22. März 1799 zu Memel geboren. Auf der Unive:fität Königsberg studirte er Anfangs Kameralwissen- schaften, wurde aber bald ein eifriger S&üler Bessels und 1820 dessen Gehülfe an der dortigen Sternwarte. Drei Fahre darauf ward er nach Abo (Finnland) berufen; dort wie in Helsingfors, wohin er 1832 Übersiedelte, beschäftigte er sih vorzugsweise mit der Beobachtung der- jenigen Fixsterne, welche eine starke Eigenbewegung zeigen, und wies deren 390 auf, die von 1755 bis 1830 sich mehr als 15 Sekunden nach der Richtung des Herkulesbildes vorwärts bewegt haben. Im Jahre 1837, als seine Schrift über die Bewegung des Sonnensystems erschien, erhielt ex einen Ruf nach Bonn, wo eine Sternwarte errichtet wurde, die aber erst 1845 vollendet war. Hier seßte er seine Studien am Himmel eifrig ort und widmete sich insbesondere der Unter- suchung des Lichtwechsels der verändezlichen Sterne. In seiner „Urano- metrie“ gab exr mustergültige Bestimmungen der Sterngrößen. Sein kürzlich vollendeter Himmelsatlas, der sämmtliche Sterne 1——9,5 Größe umfaßt, ist auf eigenen Ortsbestimmungen begründet und nimmt den ersten Rang unter allen Himmelskarten ein.

,_— Die „Kulturgeshichte in ihrer natürlichen Ent- wicklung bis zur Gegenwart“ von Fe. v. Hellwald (Augs- burg, Lampart u. Co.) liegt nah dem Erscheinen der 10. und 11. Lteferung nunmehr vollständig vor. Das leßte Heft führt die fran- zösische Revolution zu Ende, giebt dann ein Bild von der politischen Entwickelung Europas bis zur Gegenwart, bespricht darauf die all- gemeinen Ecscheinungen der Kolonial-Kultur und des gernianischen und des romanischen oder lateinischen Amerika im Besonderen. Daran reihen sich Gesammtüberblicke über die moderne materielle Kultur und die geistigen Triumphe der Neuzeit und eine S chlußbetrachtung über die Jdeale und die Wissenschaften. :

Der als Herausgeber des „Ausland“ bekannte Verfasser des Werkes hat dasselbe dem Vertreter der Descendenztheorie, Ernst Häeel in Jena gewidmet und den Versuch gemacht, dessen Lehre von der natürlihen Entwickelung auf die Kulturge)chichte anzuwenden. Sein Grundfaßz lautet: Ulle Kulturentwickelung ift ein Naturprozeß, den auh keine anderen als die ewigen Naturgeseße beherrshen. Von dieser Anshauung ausgehend, hat Hellwald den umfangreichen Stoff geordnet, oft mit scharfem, von herkömmlichen Ansichten weit ab- weichenden Urtheil, sodaß der Leser, wo er ihm nicht zustimmen kann, mindeftens zur reiflihen Prüfung seiner bisherigen Meinung veran- laßt wird. Fesselt die Arbeit durch die Kühnheit, mit der der Ver- fasser auftritt, so überrascht andererseits der außerordentliche Sammel- fleiß, von dem das Werk Zeugniß ablegt. Das genaue alphabethische Sachregister ist eine willkommene Zugabe.

Der Senat der Universität Heidelberg hat ein „Wohnungskommissariat" im Universitätsgebäude errichtet und dasselbe unter eine tüchtige Leitung gestellt. Dasselbe soll die Anmeldungen von Wohnungen und Kosttishen entgegennehmen und prüfen, mit den Vermietihern und Kostgebern die Pceife vereinbaren, und wird den Studirenden, welche sich an dasselbe wenden, auf diese Weise preiswürdige Wohnungen und Kosttishe nachweisen. Den Anlaß zu dieser Einrichtung gab die der Universität ungünstige, viel- fach verbreitete Meinung, daß in Folge einer unverhältnißmäßigen und ungerechtfertigten Preissteigerung der Wohnungen und sonstigen Lebensbedürfnisse der Besuh der Universität Heidelberg nur noch reichen Studenten möglich sei. é

, _— Die an der naturwissenschaftliGen Fakultät der Universität Tübingen erledigte ordentliche Professur für Zoologie und verglei- chende Anatomie ist dem Dr. Eimer, Professor am Polytechnikum in Darmstadt und Direktor des dortigen Naturalienkabinets, übertra- gen worden.

Unter dem Titel: „Zwei Herren von low. Zeitbilder aus verschiedenen Jahrhunderten“ von Richard Reinhard, Licent. der Theologie und Pfarrer ist im Verlage von Otto Gülker und Comp. hierselbst neverdings ein lesenswerther historischer Roman erschienen, we!her in gefälliger, ansprechender Form die Le- bensgeschickde von zwei Persönlichkeiten unter steter Beziehung auf die betreffenden jedesmaligen allgemeinen Zeitverhältnisse erzählt. Beide Persönlichkeiten gehören einer bekannten mecklenburgischen Familie an, welcher im Laufe der Zeiten {hon manche hervorragende Männer ent- sprossen sind. Die erste Hälfte des Buches giebt Züge aus dem Leben des Hartwig von Bülow, der während des 30jährigen Kriegs uerst als Vertrauter des Herzogs Bernhard von Weimar, dann unter Janer und Torstenson fich guszeichnete, im shwedis{- polnischen Kriege bis zum General-Lieutenant emporstieg und nah dem Frieden zu Oliva als Gouverneur von Neuvorpommern 1667 starb. Das ¿weite Lebensbild ift das von Werner Hellmuth von B., eines heitern, gemüthvollen Mannes, der als Student in Jena Mitglied des Tu- gendbundes ist, manchen derben aber ergößlihen Streich ausführt, jedoch in der Stille manGe Wohlthat übt, in den Jahren 1813/15 wegen Lahmheit zum Kriegsdienste untauglih, dem Vater- lande anderweitig fcine Schuld abtrug, dann in SHrotria es bis

zum Landdroften brachte, als welcher er 1839 starb.