1921 / 100 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Apr 1921 18:00:01 GMT) scan diff

Lohn und die Verpflichtung zur Sonntagsarbeit. Denjenigen Arbeitern die |ch weigerten, diese Forderung zu erfüllen, wurde jojort die Entlassung angedroht. Als der Betriebsrat im Jnteresse der Arbeiter bei der Direktion vorstellig wurde, licß ihn die Fabrik- leitung dur: hinzugerufene Spa verbdtfn Jm mitteldeutshen Braunkohlenbergbau gchen die strebungen auf einen Lohnabbau von 25 Prozent. Das isi die Politik, gegen die das mitteldeutsche Proletariati sh aufgelehnt hai. Auf diese Weise will man gegen die deutschen Arbeiter vorgehen, um die völlige Verelendung und das möglichst rafe Absierben dec deutshen Proletarier herbei- zuführen. (Stürmisher Widerspruch rechts; Zuruf des Abgeord- neten Geißler: Das versichen Sie ja niht! Gegenruf des Abgeordneien Adolph Hoffmann: Lansbube! Präsident Löbe ruft den Abgeordneten Hoffmann wegen dieses Zurufs zur Ordnung mit dem Hinzufügen, daß man in seinen Zurufen doch wenigstens einigermaßen den politishen Anstand wahren solle.) Durch alle diese. Maßnahmen werde sih das r le Proletaxiat aber niht einschüctern lassen, sondern vielmehr seine revolutio- nare Energie nur verdoppeln. Die Arbeitslosenzahlen erhöhen sich in ershre&endem Maße, hinzu kommt das ungeheure Heer der Verkürztarbeiter. Diese“ rheitälosenziffern weisen - immer

feine sintende Tendenz auf, sie werden steigen, wenn die Sanktionen fh auswirken werden. Bon diesen Elenden werden Sie nicht durch Ueberredung oder Terror erteîchen, daß fie ill und stumm wie ein Hund in der Ece verreden. Unter Beugung der Verfassung ist eine Schandjustiz etabliecrt worden von Richtern, die ubri tüchtig sind, wenn es gegen Arbeiter geht, die aber nachsihtig kappistishen Hochverrätern gegenüber sind. Jm SRE Uen BrOdet hat der- selbe Richter, der dem Leutnant Hiller gegenüber jede Ent huldi- gung gelten ließ, von cinem agent provocateur verleitete Arbeiter u 37 Jahren Zuchthaus verurteilt. Diese tüchtigen Richter, ie es auth în Halle und în Naumburg gibt, bitten die Presseberichterstattung, ihre Namen nicht zu veröffent- lichen, sie wissen, daß ihnen ihre Justiz die Schamröôöte ins Gesicht treiben muß. Wo war die Zustiz im Falle des Grafen Arco in München? (Ruf rechts: Wo waren Sie dénn beim Auf- stand? Da hätten Sie do an der Spitze stehen g Heiter» keit.) Wo war die Justiz bei der Ermordung der Arbeiter durch die Marburger Studenten? Die Justiz versagt immer, wenn die

Mörder Lappisten und die Gemordeten Arbeiter sind. Die Mehr--

heitssozialisien vertreten die Interessen der Arbeiter nur, soweit es niht dem Kapitalismus gef hrlich ist; sie sollen auch die Ketten- hunde der weißen Justiz bleiben. Aber je mehr Arbeiter ins Zuchthaus geshickt werden, desto mehr werden sich erheben und mit Euch und Euren Helfershèlfern aufräumen. (Gelächter.) Selle t ax weißer Terror dienen zur Niederdrückung der Arbeiter. r Justizminister sagte, es liege im Jnteresse der An- geklagten sélbst, wenn sie shnell in den Sondergerichten abgeurteilt würden. Man muß {hon eine Stirn haben, die mit einer Panzer- platte versehen ist, um so etwas sagen zu können. Jn anderen Jen wird die Verfolgung von Verbrechen vershleppt. Die rbeiter, die vor die Sondergerichte gestellt werden, haben nit einmal Zeit und Gelegenheit, sich mit Anwrälten in Verbindung u seven, die ihr Vertrauen genießen. Die Anwälte, die den ngeflagien gegeben werden, stellen diesen sogar Suggestivfragen, um sie ins cin nis zu bringen, f B. der Anwalt Bendix in Halle. Die Orge justi, die Schnellfeuerjustiz, shweigt, wo sic sich rihten müßte gegen diejenigen, die die Nußnicßer der heutigen Verhältnisse sind. Parteisekretäre dexr deutsechnationalen Partei sorgen für geheime Waffen- und Munitionslagcr. Dagegen geht aber Herr Weißmann nicht vor. Um Milderungen zu bitten, fällt un3 gar nicht ein; im Gegenteil, Sie sollen zeigen, wessen Sie gegen die Arbeiter sähig sind. Die Niedertracht der Kapitals» söldlinge geht darauf aus, das Proletariat Vg immer Tampf- unfähig za machen, darum foll die Ue Wlet je Partei um jeden res vernichtet werden. Auch die Mehrheitssozialisten, diese cheinsozialisten, haben sich dabei als Kulis des Kapitals demaskiert; Porune hat sich benommen _ wie ein PolizeiministeL unter ‘einem {usnahmegeses Aus dec Spiyelkloäke stammt. auch die Behaup- tung, daß die Sowjetregierung Falshmünzerei treibt. Der Redner verbreitet - sich. dann über die Vorgänge in Leuña “und über die -„Untaten“ und „Morde“, deren sh die Sipo bei und nach der Einnahme. der Werke shuldig gemacht habe. Die Ge- fangenen, auch 16 jährige Jungen, seièn in der unmenschlichsten, brutalsten, barbariscchsten ile mißhandelt worden. Die ganzen Dynamitattentate sind von Achtgroshenjungen angezettelt worden, um eine Pogromstimmung gegen die Kommunisten beim deutschen Volke zu erzeugen. Wunderbar, sehr wunderbar, daß die Arbeiter immer „auf der Flucht“ erschossen worden sind! Nicht einmal die auf dem Kranken- und Sterbebette Liegenden haben die Ordnungs- bestien geschont. Mörder von Arbeitern haben gegenwärtig in DeutsÞbland gute Tage. Nux in dem herrlichen demokratischen TeutsHland mit seiner Orgeschregierung ist so etwas möglich. Auch nur in Deutschland mit seinen verrotteten A war es mögli, daß in einem feen ges{hlossenen Gebäude wie dem Ber- liner Polizeipräsidium ein Mann wie Sült auf der Flucht er- lossen wurde. Eine Schande für Deutschland is dieser Schieß- erlaß. dessen Urheber niht das faiserlihe Deutschland, sondern der Bursche Heine ist, der auch zu den Heuchlern der berühmten internationalen völkerbefreicenden Sozialdemokraten gehört. Es ist ein Frralanbe, wenn man meint. cine Jdee zu töten, indem man einen oder den anderen ihrer Bekenner um die Ecke bringt. Man hat den Redakteur des „Ruhr-Echo“ zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt, weil ex ¿wei Aufrufe der V. K. P. veröffentlicht hat; der Staatsanwalt batte die Schamlosigkeit, sieben Fahre zu be- antragen! Wird die Regierung gegen diesen Rehtsbruch ein- shreiten? Unter Hinweis" auf die Attentate, die man den Kom- munisten zur Lasi çelegt hat, die aber von Spiveln àus der Weiß- mann-Ecke angczettelt worden seten, weist der Redner entschieden jede Gemeinschaft mit den Attentätern von sih und exklärt, daß die Fowmmuniten den Fndividualterror verabsHeuen. Höllein ließt scine mehr als dreietnhalbstündiae Rede mit der Prophe- zeiung an die Mehrheitésozialisien, daß die Entwicklung der Dinge sie doch einmal ¿zwingen werde, gemeinsam mit den Kommunisten zu kämpfen, um die Orgesh und die hinter dieser stehende Regie- rung und der Kapitalismus zu stürzen.

Präsident Löbe bemerkt, daß er aus leiht verständlichen Gründen den Redner weitgehendste Fretheit gelassen habe, obwohl or wiederholte Versiöße gegen die parlamentarishe Ordnung sich habe zuschulden kommen lassen. Jch hábe, saat der Präsident, niht eincegriffen, weil ih niht die Gewähr dafür hatte, daß ein solches Eingreifen die Dinge gebessert hätte. Dem Abgeordneten Ad. Hoffmann erteilt der Präsident wegen cines Zurufs: Da lacht dieser Verbrecher noH!, der einem Abgeordneten der Rechten ge- golten hatte, einen Ordnungsruf.

MNeicéminister des Innern Ko ch: Meine Damen und Herren! Es wird wobl niemand hier im Hause von mir erwarten, daß ih auf die maßlofen Auétfäle, die ter Herr Vorredner gegen die Reicksregierung, die Lardebregierungen und ihre O1gane gerichtet bat, mit irgendeinem Wort antwerte. (LebbEafte Zustimmung.) Ich kbake tas nit nötig.

Es wird ebensowenig jemand ernarten, daß ich ten Behaup- tungen über AuésWhteitunçcen ter Jusliz oter gar ü! ex Ausschreitungen der Schuèpolizei in dem Ausstantsgebiet oter ker Autschreilungen, die hier in Berlin begangen sind, irgendwie ncckgehe. (Lebhafte Zus rufe bei den Ver. Kcrmm. Glocke des Präs denten.) j

Ich babe natürli nidt ten geringsten Lneifel taran, daß H Hél'ein für alle diejenigen Tatsacken, die er sel aeselcn hat, ein tudaus zureiläsjiger, ja sagen wir: ein tmckaus Aassis&er Zeuge ist. (Feilerkeit.) Aker ta Ferr Lélein zufêliig kei ben Ereignissen in M itteldeuts{lard nit arwescnd cemesen ift (Fêrt! fêrt , so fann ih nit otne. meitercs tcisjenige, ua er Licr cui Enmyd ren Anésagen pcn arteren, cie d nickt ferne, têrcétepcn lat, clé uer crrelmcyi, sondern „uß meine ernftesten Zweifel temgegenüber zum Ausdruck bringen. (Lebhafte Zustimmung.)

Was mich în erster Linie veranlaßt, tas Wort zu nehmen, das ist, daß doch einmal biez vor dem Neichstag und vor: dem Volke die geradezu unerhörte Manier festgestellt werden muß, mit der eine Partei sih zu den Ereignissen, . die sie selbst hervorgerufen hat, nit bekennt, sondern versucht, sie hier, troydem es vor‘aller Oeffent- lihkeit flar ist, abzuleugnen (lebhafte * Zustimmung), und daß es mögli ist, daß nah.all den Tatsachen,. die uns allen bekannt sind, sich hier cin Vertreter der Vereinigten kommunistishen Partei hin stellt und die Dinge so darzustéllen versuHt, ‘als "wenn sie mit der Sache nichts zu tun habe. (Æbhafte Zustimmung.) Wir wissen, was in Mitteldeutshland gesehen ist. Wir wissen, wie eine fommu- nistijche Presse, namentlich auchG die „Note Fahne“ in Berkin, wochen- und monatelang zu folGen Ereignissen aufgeheßt Hat.

(Sehr wahr!) Wir wissen, wie hier von der Tribüne des Reichsta 0s, ‘der „unvermeidliche blutige Kampf“ nicht einmal, sondern mehrere

Male angekündigt worden ist. (Sehr richtig!) Wir wissen, was etner der bervorragendsten Führer der fommunistishen Partei, der Herr Abg. Levi, in einer geradezu hervorragend geschriebenen Broschüre an eingehendem Material über diefe Angelegenheit hergegeben hat, und die. Herren müssen uns {on zugeben, daß wir an den Tatsachen, die eine von Ihnen mit dem größten Vertrauen, das cine Partei einem

Manne {chenken kann, beehrte Persönlichkeit uns hier darlegt, nicht |:

ohne weiteres deswegen vorbeigehen, weil es der kfommunistishen

Partei gefällt, jeßt den Herrn Levi abzustoßen. (Lebhafte Zustimmung |

auf vielen Seiten. —- Zurufe von den Ver. Komm. und Gegenrufe

von rechts. Glocte ‘des Präsidenten.) : Meine Herren! Ih habe Verständnis für abweichende An-

sGauungen, ih fann auch Mitleid damit empfinden, wenn Menschen,

die durch irgendwelhe falsHe Anschauungen verirrt sind, zu Gewalt-

taten s{hreiten. Mir fehlt aber jedes Verständuis für die geradezu fnäbenhafte Art, mit der diese Dinge bier nachträglih abgeleugnet werden. (Sehr gui! bei den Soz., in der Mitte und rechts. == Zu- rufe von den Ver. Komm.) Jch weise darauf hin, daß s. B. am 19. März in der „Noten Fahne" über die Sißung des Zentralauss{chusses der Vereinigten kommunistisGen Partei gestanden hat, daß nun der Kamyf gegen die bürgerliße Regierung aufzunehmen sei: Die Schwierigkeiten, in die die Negierung durch die Abstimmung in Oberschlesien und die Sanktionen gerät, verpflihten das Proletariat zu arößter Aktivität. (Hört, hört! in der Mitteund rechts. Sehr richtig! bei den Ver. Komm.) Der Kampf muß vom Proletariat aufgenommen werden. Ich verweise darauf, daß es am 22. März ausdrücklih heißt: Der Generalstreik dec mitteldeutsGen Arbeiters{aft, der die revolutionäre Solidarität der gefamten deutschen Arbeiter erfordert, das ist roahrlich kein Put, sondern der Beginn jener, Gesamt- aktion, die das deutshe Proletariat braucht, um den entseßlichen Folgen dés kapitalistischen Zusammenbru®Gs zu entgehen, bevor es zu spät is. Die mitteldeutshen Proletarierbataillone steben Fampfbereit. Deutsche Arbeiter, übt revolutionäre Solidarität, tretet an. die Seite eurer Brüder, werft ab die Gleichgültigkeit, beseitigt die Führer der Feigheit und des Verrats id glaube, damit is Herr Levi gemeint kämpft oder ibr werdet zugrunde gehen! (Hört! hört!) Ja, meine Herten, ‘tas können do. niht bloß Phrasen sein, ich kann doch nicht, annekmen;, daß

Dinge {reibt und nachher erklärt, daß (Zurufe von den. Ver. Komm.) Der

werden will, solle das Phrasen waren.

Herr Abgeordnete Höllein hat in seiner ganzen Rede behauptet,

daß die Aktion iîn Miiteldeuts{land dur Verbrecertum * hervor- gerufen worden sei. (Abg. Höllein: Von Jknen kommandiert und von Severing ausgeführt!) Also ih kann. niht anerkennen, daß das Phrasen seien, sondern ih muß annehmen, taß diese Dinge exrnst- genommen sein sollen. JIch múß zum windesten fesistellen, daß Unglüdlie in Mitteldeutshland felbst diese Aeußerungen turdaus ernst genommen haben und sich tadurch in den Tod haben treiben lassen.

Ich verweise weiter darauf, daß die „Note Fahnè“ atn 27. März also mitten in der Zeit, s{rieb:

Folgt eueren kämpfenden Brüdern. Der Kampf geht weiter. Fett

gilt es, den Kampf breit zu entsalten. Jeßt gilt es, alles binein-

zuzießen, was Proletarier heißt. Die Waffen in die Hand der organisierten Arbeiter. : (Lebhafte Nufe: Hört! hört!)

Dem Feinde den Daumen aufs Auge, das Knie auf die Brust ! (Erneute leblafte Rufe: Hört! hört!) Das find alles Dinge, die in aller Oeffentlilkeit vor si gegangen sind und die bier von der Tribüne uns gegenüber. in Abrede gestellt werden.

Ich verweise weiter darauf, taß ncch am 4. April die Zentrale |

der Vereinigten Koewmmunistisden Partei Deutschlands, Sektion der fommunistisden Internationale, in ter „Noten Fabne* erklärt lat: Proletarier ter U. S. P. und der S. P. D,, was gebot angesichts dieser Tatsachen i —— das sind die Verkälinisse in Mitteldeuts{Gland das proletarisde Interesse? Was erforderte die Chre der teutschen Atkeitersckaft? MNickts ist 1cs, antworteten Scckeitemann und Hilferding. Kommunisten pulscken Eu auf, Moskau brauct Leiden. Das war die Antwort Eurer Führer, aber wir Kom- munisien riefen Euch ‘zum Kampf, wir sagten Eu: Euer Schicksal sleht wieter zur En!sckeidung. Die teutsckde Vourgeoisie war und ist in einer inneren vnd äußeren sckneren Krise, Der Moment des Kampfes war günstig. (Hört! bört!) Ihr mußtet Eu nux zusamtnensEließen zur vroletariscken Einheitsfront und gescklossen den Kompf aufnehmen. Evere Führer flellten fih in ter ents{eidenten Schidsaléslunde wieder gegen das Proletariat auf die Seite ter Vcourgeoisie. Statt im Kampf voranzugeben, fielen Euch diese Führer in ten Nücen. i , Also ein Kampf entgegen den Unabhängigen, ten. Sozial- demokraten und den Führern um Levi, die niht mitgemaht haben,

und ein auédrüdlides Vekenninis zu-tem, was in Mitteldeutshland |

gesehen ist, eine ausdrüdlide Anklage gegen diejenigen Fübrer, die

nit mitgemacht kalen, während diejenigén, die tamals Anklage er- boben, beute im Reiïckstag téhaupten, taß auch fie an ter ganzén

Angelegenheit so vnsckuldig seien wie Länmclen. (Abg. Höllein: Wir l’aken gekämpft, tas ist deullih autgesprcäen werten! Zus rufe recht8. Glcde des Präsidenten.) : j

Wenn der Abg. Höëllein mir zuruft: Wir kaken gekämpft, tann fann i. ihm nur antworten, tann hätte er s{ch seine breislündige Eutschuldigungsrede in vollem Umfange sparen können. (Allseitige

einè ernst= hafte Zeitung, das Parteiorgan einer ' Partei, die ernst genommen -

lebhafie Zustimmung; erregte Zurufe von den Ver. Komm.) Ich weise weiter darauf hin, daß die Erekutive der kommunistischen Inter. nationale ausdrücklich erflärt hat, daß sie den Foinmunistishen März.

aufstand billigt und zur Fortsegung des Kampfes aufgefordert kai

Es heißt. in dem Aufruf des Moskauer Exekutivkomitees: Die Kommunistishe Internationale sagt Eu: Ibr habt riHtig gehandelt. Niemals kann der Sieg der Arbeiterschaft mii einem Sélage erfohten werden, Ihr habt ein neues Blait in der Ge. schichte der deutschen Arbeiierklasse aufgeschlagen. : Herr Abg. Höllein hat heute versucht, dieses Blatl wieder zy- zuschlagen. j NRüstek zu weiteren Kämpfen; prüft die Erfahrungen Eures Kampfes: lernt aus ihnen; {ließt Eure-Reihen usw. Hier haben wir also die deutlihsten Bekenntnisse. Besonders inter. essánt ist diè ausführliche Darlegüng des Zentralauésshusses der V. K. P. D. zur Märzaktion, erschienen in der „Noten Fahne“ unter dem 10. April, wv es in einer langen historischen Darlegung über die gesamten Unruhen unter Ziffer 2 heißt: i Diese. gesamte Lage erforderte von der deutschen Arbeiterklasse gébieterisch die Zerreißung des Bandes, das sie an den zerbrocenen Wagen der Bourgeoisie kettete und in den Zusammenbruch hinein- schleppte, sie erheishte die Gröfnung der {cärfsten Klassenkämpfe; fie gebot der Arbeiterklasse, die revolutionäre Jnitiative zu ergreifen Die V. K. P. D. jedoch war vermöge ihrer Stärke verpflichtet, über die bloße Propaganda und Agitation hinauszugehen. Sie mußte ih bitte, aufzumerfen J wozu sie sihch ‘auch in ihrem: Gröndungsmanifest bekannt hatte der Arbeiterklasse in der Aktion vorangehen, sie mußte in der Stunde, die vom Proletariat den Kampf erheishte, zeigen, daß sie bereit und willens war, ihm voranzukämpfen. (Hört! Hört! rechts.) Meine Damen und Herren! Es follte im Deutschen Reichstage, wo wir unter wahrheitsliebenden Männern sind, (Lahen auf der äußersten Linken) dieses Lachen ist vielleiht berechtigt, aber anders als Sie es meinen; es sollte über- flüssig sein, diesen Beweis noch zu führen. Jch bedauere, daß die Herren von der Kommunistishen Partei mich gezwungen haben, mit diefen kurzen Ausführungen den Nachtwocis zu führen.

Meine Damen und Herren! Wir sind genötigt, einen olen Kampf, der uns aufgenötigt wird, aufzunehmen. Wir lenden uns, glaube i. vielfach noch zu sehr in der Anschauung, als ob man diesen Kampf vergleichen könnte mit dem Kampf, den die Sozial* demokratie - jahrzehntelang geführt hat und den man, wie ih ofen zugestehe, vielfahß mit falsGen Mitteln zu bekämpfen ver: sucht hat. (Sehr richtig! bei den D. D. und Sozialdemokraten.) Diese AehnlickFeit ist tatsächlih niht vorhanden. Ich sehe hier keine einzige führende Idec. Ich sehe keinen, der mit fo ernstem Studium, wie es die Führer der Sozialdemokratie ihrerseits getan haben, ver- sucht hâtte, den wirtshafflihen und sozialen Fragen nahezukommen. Ich sehe keinerlei Selbstlosigkeit, wie wir sie in den damaligen Kämpfen erlebt haben. Jh sehe lediglih gewinnsüchtige und materiell gerihtete Kreise, ‘die #ch..zusamttènschlicßen, um - einen Kam)? gegen alles zu führen, - worauf alle Teile unserer Bevö!?-- rung einsch{ließlich der

Gesetzes vorgehen. bei den D. D\)

Was gegen das zu sagen ist, was der Herr Abg. Höllein über die Urteile einzelner Gerichte ausgeführt hat, hat mein Kollege Heinze bereits eingehend widerlegt, und ih fann nur" hinzufügen, wenn man den Urteilen nachgeht und sh niht damit begnügt, hier nur zwei Zeilen aus ihnen herauszureißen, daß die Urteile vollständig gerecht: fertigt erscheinen.

__Meinè Damen und Herren! Es liegt mir fern, hier vor deu Hause noch einmal das düstere Bild’ zu malen, das entsteht, wenn man den unerhörten Schandtaten nachgeht, die von Kommunisten in Aufruhrgebiet begangen worden sind, Wena aber der Herr Abg. Hölein (lebhäfte Zurufe: Höllein! Hölle!) heute hiec zu behaupten gewagt hat, daß die graufigen Verslümnmlungen von Angel örigen der Schußpolizei, namentlich " die Veisiümmlungen, bei denen zwei ihrer ute die Augen ausgestohen worden sind (allseitige Bewegung),

f nacträglich ‘durch irgend welche Spißel verursacht worden scien

(Lachen bei den D.-D.), so ist das denn doch eine so geradezu läher- liche und unglaublihe Behauptung, außerdem ‘eine fo peinliche Ab- wälzung (erregte Zurufe von den Ver. Komm.), daß ih glaube, (Glode des Präsidenten) daß, wie ih glaube, niemand im Hause und niemand im ganzen Volke dem irgend welchen Glauben {enken wird. Ich werde naher die Photogravhieen der ver- stümmelten Leichen auf dem Tisch des Hauses nicderlegen und bitte Sie, sich selbst von der Wahrheit unserer Behauptungen zu über- zeugen. t)

Es ist an dem Vorgehen der Neichsregierung und der preußiscken Regierung von anderer Seite Kritik in dem Sinne geübt worden, als wenn das Vorgehen der Negierung nit rasch genug erfolgt sei. Ich glaubé, die Herren, - die diesen Vorwurf erheben, sind über die

erhöhten Swierigkeiten, die heute bei unseren verhältniemäßig

geringen Mittéln jede dérartige Polizeiaktion mit #ch bringt, nicht unterrichtet. Wir find heute gewiß besser in der Lage, einem sold;en Aufruhr zu begegnen, als das noch vor einem Jahre oder bor eineinhalb Jahren der Fall gewesen is, und wir werden auch weiter daran arbeiten, die Sicherheit zu laben, daß wir jeden derartigen Puisch so ras“ wie mögli niederschlagen können. (Sehr gut! bei der D. V.) Aber taß es, wenn ein térartiges Verbredertnm, wie wir es vor tem Kriege . nit gekannt baben, \sich in scl{en Massen in bestimmten Bezirken breit macht, nicht mêglich ist,

der Dinge Herr zu werden, ohne daß vorher {were Scädigungen

am Leben der Volkgenossen und an der Volkswirtschaft geschehen, ist eine Tatsache, die wir leiter in den Kauf nehmen müssen, die uns Strafen zu sühnen. E00 Wenn. gesägt wurde, die Neichêwehr hätte früher eingeseßt werden müssen, so“ kann “ih nur erwidern, daß ih in der Beziehung das Vorgelen des preußishen Ministnrs Severing nah jeder Richtung hin für richtig halte. (Sehr gut! bei den D. D.) Wix follen uné überhäubt hüten, einen Unterschied® zu maden. zwischen Reichswehr und Schugzpolizei nah ter Nichtung, als wenn die eine oder andert Truppe nun besser und zuvetläisiger oder fonslwie geeigneter wait die Dinge niederzukämpsen. Wir brauchen die Neichswehr in gans

umsomehr Veranlassung geben muß, solche Verbrechen mit strengen

organisierten Arbeiterschaft stolz sind. „Der Kampf kanú also. nicht anders geführt werden, als indem wir die “oótdentlihen Mächtmittel des" Staats ‘in den Dienst der Abwehr 80h stellen .und gegen jeden, der-\ih das Verbrechen des Hochverrats oder-- “4 auderer-Vergehungen zuschulden kommen läßt, mit der Schärfe des (LÆbhafte Zustimmung rechts, im Zentrum und -

sóweren Fällen, wir brauen fie auß für ben Shug unserér Grenzen, und wir werden die Reichswehr immer erst dann einsegèn, wenn es unbedingt erforderlich ist, : Auch in diesem Falle: haben wir die Reichówehy" ‘an bie Grenzen diefes betreffenden Gebiets“ gebraht. gher in. dem Augenblid, ‘wv Neihswehttruppen ‘in: hinxeiender | Zahl an - dét . Grenze konzentriett wären, lag kie - Sade . fo, | haz die Schugpolizei mit dem Aufrußè : bereits zu vier Fünfteln fertig geworden war, “und es lag“ desalb feine geranlassung mehr vor, nunmehr die Reschswehr“-noch im leßten Jugenbli® einzusegen. Lasfen Sie mi. überdies hinzufügen, daß allein son die Nücksicht auf diè Schußyolizei, die #ch in dieser Zeit geradezu vortreflich bewährt hat, unnd der unser aller Dánk gebührt, uns dazu füßtrèn mußte, nut nicht im" leßten Augenblick den Eindruck zu erwecken, als wollte “tian ‘erflären, - die Schußzpolizet ihrerseits hätte versagt und deshalb mfisse mit anderen Mitteln ein- geariffen ‘werden. Nein, . meine: Herren, ‘wir - haben Reichswehr und Schubpolizei in ‘allen ‘folGën Fällen verwendet, wo es nôtig war, id im „gesamten FMeichsfkabinett hat ‘über die Frage, daß dieser Aufstand,» mit- den . entsciedènsien Mitteln -nieder- gekfämvft werden ¿ müßte, nietnals , ein. Zweifel bestanden. Die Frage, ‘0b Reléwehr einzusezen wär oder nicht, war ledigli cine taftishe Ftáge. “Wir haben auc it Nuhrbezirk die Erfahrung gemacht, daß: die leichtbewegliche Schugpolizet zue Zerstreuung kleiner Banden und ‘zur Aufspürung der. Delikte viel besser in der Lage ist als die Neichswehr, die in breiter Front einhermarschiert und jedem Gelegenheit gibt, fh ‘rechtzeitig um die Verantworlung zu drü&en, 3h kann also die Aktion des Ministers Severing nah dieser Richtung hin nur als richtig. anerkennen. (Sehr rihtig! bei den D. D. und - Soz.) Ich darf diésem Zusammenhang noch einen Schritt weiter geben, auch äuf dié Gefahr hir, daß es Herrn Dr. Rosenfeld nit erfreulich sein wird : ich bin, auch in der Age, “die überaus energische Art, mit der. der unabhängige Minister des. Innern in Sachsen, Lipinki, in dêm Augenblick, wo Gefahr bestand, daß die Aufstands-

leweaung nah Sachsen. übergrif, éine große Anzahl, ‘i dlaube |

92 Kommunistenführer in. Gefängnis gesetzt. hat, als durGaus richtig und verstänvig zu béezeihten. "Es iff zugleich ein Beweis ‘bafür, daß ein unäbhängiger Minister, wenn ‘er einmal * berufen is, ins Amt zu kommen, denn ‘toch* die Dinge it etwás anderen Augen: ansieht und etwas mehr eigenes Verantiworilichkeits- gefübl dafür bekommt, “daß - man . über cin ‘gfkoßes Land, wie - es Eahsen ist, icht Unheil hereinbrehen lassen datf. Ich hätte ge-

wünscht, baß der Herr Dr. Rosenfeld’ în der eingehenden Kritik, die | er abt hat, fih vielleiht aud ein fein wenig mit den Maßnahmen

beschäftigt hätte, die dèr unäbhängige Minister Lipinski- zu ‘ergreifen für gut ‘befunden hat. (Sehr gut!-b. ‘d. D. D) F ot : Meine Damen und. Herren! So sehr i also mit dem .Vor-.

gehen gegen den ausgebrohenen Aufruhr einverstanden bit, so wenig |

bin ih in der Lage, die Verantwortung dafür zu übernehmen, ob ès hätte gelingen können sie früber zu entdeden und vorher tihtig zu. behanteln.

Ich kann hier nochinals' mit ‘allem Ernst bétonen, ‘was bereits in meiner Etatêrede getan habe, daß die RciYsregierung- nit in dét Lage ist, für die. polizeiliche Ermitkluig politischer oder -auberer: Verbrechè irgendeine - Vetantwortung:. zur übernehmen, Jh: werte- hier verantwortlich dafür’ gemacht, ‘daß Herr Ehrhardt in-Bavern“ nit gefangen gènoömmen. worden ist, ih werde dafür beranlwortlih

gemacht, daß ih die komuunistifchen. Führer nicht rechtzeitig gefangen |

nehme dort, . wo-:sie zum. Aufruhr. angereizt Haben. Meine Damen und Herren.t- Ih bitte zu bedenken, ‘daß ‘nah dem bestehenden Rest, solange kein Ausnahmezustand verhängt“ ist, die Neichstegierung irgendwelWe polizeilichen Befugnisse überhauvt nit besibt, und ih habe bereits im vorigen März: bei dem Reichsrat ein Neichspolizei-

geseß eingebrat, daß dem Reich hier die nötigen Befugnisse: in die: |

Hand geben “sollte; tenn das intérnationale Verbrechertum, fei es politis oder nichtyolitisch, mät vor ten Landeêgrenzen keinen Halt. Es ist deshalb . erforderli, daß. die Abwehr einheitlih. von-..einer . Stelle aus geleitet wird. Dieser Geseßentwurf, dem im Reichsrat sämtliche kleiné ‘und mittlere Ländèr zugestimmt baben, ist bisher ‘an dem Widerstand Sachsens, Preußens ‘und Bägeris gescheitert, :.und, der Herr Ministervräsident von Kahr. hat die Einbringung dieses Geseh: entwurfs, über: den in. aller. Freundschaft verhandelt ' wurde, sogar ‘als únitarisGen Vorstoß bezeihnêt. " Jch .kann hier feststellen, daß ‘det * Gesehentwurf unter allen : Umständen er- forderlich is, wenn überhaupt * der Neichsiag fortfahren will, die Reickêregierung : für |irgentwelhe polizeilichen Fragen innerbalb des ‘Neis verantwortlih ‘zu machen. Ich bin bis dahin nur in dèr Lage, jede kleine Anfrage, die an mich. ergeht, dahin zu beantworten, baß die Neichêregierung ‘marnigels eigener Organe nicht

în der Lage’ ist eine Auskunft. zu gehen, sondern \ih- auf die Auskunft |.

der Länder besdränken muß: Das muß ih auch: für diefen Aufruhr erlären; die Reichsregieruná ist nicht in’ der Lage, den Dingen nacbtugeben, : weil. der Reicßsregierung däs Net zu jeglicher polizeilidîen Exmittlung: aevommen ist. - Wenn hier dur die Nedner

der Neten im Laufe dieser Debatte gesagt worden ist, die Reichs- 1

regierung sei. rechtzeitig gewarnt, so kann. ih nux sagen, daß diese Warnung ‘nit helfen kann, /fondern nur die Möglichkeit, uns eine stärkere Einwirkung auf die volizeilihe Ermittlung zu geben.

Meine - Damen . und Herren, es ‘is: mir - dann feitens der fommunistischen und unabbängigen Ret er der Vorwuif- gee | mat worden, daß wir ‘ten’ Kampf nur cen links und“ nicht den Kampf gegen redis fükrten. Ich kann darguf nur fazen: je ents{ietener- alle demokratisG : Gesinnten im Deutschen Neich den Kainpf gegen solche Putschbestrebungen von links führen, um so mehr tragen sie zur Festigung der temokratiscken. Verhältnisse bei, (Sehr riGtigl) Nichts gibt e, was den Herren, . die. cine Aenderung dey Verfassung im- entgegengeseßten Sinne wünschen, webr Wässer auf die- Mühlen führt; als-.wenn sie die Behauptung aufstellen können, daß -die Neiéregierung ihrerseits bet dem jebigen varlamentarishen System nit in der Lage wäre, den ruhigen Staats- bürger vor irgendweldhen Exzessen“ von links zu {ügen (Sehr tidlig!), Jch. ‘betrachte die: Bewegung; ‘die uns ‘von links her droht, nit als cine:\ol&e,_ tie: in ter Lage wâäré, unser Staatêwesen umzu- stoßen. - Dazu ist die , Zahl ‘terjenigen degenerierten, ‘deklassierten,

verirrten. Clewenité, die zum gewaltsamen Umsiurz drängen, zu gering: Mae 2 “Belegung aller géfährdèten Städte und Kreisé mit Schugpolizei.

(Beifall, rets.)

I% bin allerdings der Ansicht, daß: sie unsere Wirtschast- und unser Dusammen1eben noch - öfter wieder ftören können. Ich halte deshalb tiese Gefahr im erústesten Sire? für ‘einé, ‘polizeilihe, aber nit. ¿für eie politif@e. ‘Au deêwegen „ist - es „abex notwendig, diesen Gefahréñ von liùks.polizeilih zu begegnen, weil man

, dieser Aufruhrgefahr frübzeiliger nazugeben, | Geruch einex

“ganz unverdächtigen“

. wir ab,

den politischen Gefahren, die etwa unserer Republik von rechts drohen,

und ‘die ihr vielleiht gerade dann droben, wenn die Bevölkerung

glaubt, daß der Parlamentarismus seiner Aufgabe niht geroacsen sei, aim bester begegnet, wenn wir fest und kraftyoll gegen jeden Umsturz- versu auftreten: (Lebhafte Zustimmung.)

Ih kann -téswegen damit s{chließen, meine Damen und Herren: Gs sind Verbrechen geschehen innerhalb dieser Zeit, die cine ernste Sülne erfordern. Es' wäre verhängnisvoll, wenn si diejenigen, die h solde Verbrechen haben zus{hulden kommen lassen, dic Hoffnung inaben würden, daß eine Amnestie: sie von der Sühne für ihre Ver- brechen befreien würde. (Unruhe und Zurufe von den Ver, Komm.) Meine Damen und Herren! Die Amnestie, die im vorigen Sommek von der Reichsregierung und dem Parlament gewährt worden ist, ist weder nah rechts noch na links aus yolitischen Gründen gewährt worden fondern sie ift geivährt wordén, weil lêider. die ordentlichen Gerichte technisch nicht in der Möglichkeit waren, den unerhörten Ballast von Prozessen. von . rechts und links zu bewältigen. Ich habe mi für meine Person, und ich sage das mit aller Offenheit (große Unruße und lärmende Zurufe von den Ver. Komm. Gloe des Präsi- denten), Die Herren mögen ja Eisenbahnzüge zur Entgleisung bringen Éônnen, aber mih werden sie im Laufe meiner Rede nit zur Ent- gleifung bringen. (Heiterkeit und sehr gut !)

__ SG habe ‘damals aus volitishen Gründen die s{wersten Bedenken fowöhl gegen eine Amnestie nah rechts als gegen eine Aninestie na Tinks erhoben. Ich bin der. Meinung, daß unsere Verfassung noch nicht fo gefestet ist, daß sie den: Anschein ertragen kann, - als könne man si stráflos oder mit geringer Sträfe gegen sie erheben. (Sehr gut! und ausgezeichnet ! bei der D. V.) Wenn heute mit außer» ordentlichen Gerichten: die Verfolgung dieser Verbrechen aufgenommen worden ist, so ift es in erster Linie geschehen, weil diese außerordent- Tichén . Gerichte die Gewähr dafür bieten, daß rasch gearbeitet wird, daß die Justiz nicht ‘erstickt in der Fülle der Prozesse, daß ‘es infolge- dessen nit erforderli ist, eine Auinestie zu“ gewähren.

“Meine Damen und Herren! Wenn uns von einer kleinen Minder- heit im Volkê fo gewaltsam cin Kampf aufgédrängt wird, wenn \o offen der blutige Umsturz gepredigt wird, so wäre der Staat von si

felbst verlassen, wenn er nicht mit aller Kraft sich zur Wehr seßen

‘würde: (Sehr richtig i), Sie können \ich darauf verlassen, daß wir uns, solange ich für die Schifsale des Deutschen Reiches mitverant-

4 -wortlich bin, mit aller Kraft gegen jeden verbrecherischen Versuch des - Uinstúrzés der Verfassung zur Wehr - segen werden. (Lebhafter

Beifall.) E ; ;

Vizepräsident: Bel l. teilt mit, daß noch vier Reduer gemeldet sind und daß die Debatte heute unbedingt erledigt sein muß, weil . dent Reichstag vor Pfingsten nur noch. vier Verhandlungstage zur

“Verfügung stehen.

Abg. Sh warzer (D. V.): Auf die Massen wirkt nur ein „\harfes Vorgehen, das häben wir auch' in Bayern gesehen Wci3 lih in Mitteldeutshland abgespielt. hat, hatte mit der Ordnung nichts Zv tun, sondern ging bewußt auf- die Beseitigung der bestehendeu rdnung aus. - Die jeßige Reichsregierung stcht gewiß nicht int

e sie für die Aufrechterhaltung von Rühe und Ordnung und fe die „Erhaltung und Beféstigung der Grundlage der Reichsvérsassung verantwoxtlih. Dazu sind gerade die schärssten' Mittel gut genug. „Die Ausnahmebestimmungen- und. die Sondergexrihte wenden si nit. gegen. cine Klasse oder Partei, diese

¿.giue Charaltereigenshaft bewteser, wie man sie oft bei Revolutionen „Deobachtet, die Feigheit. Man. \{hickt. die Massen vör,. die aus Dummheit oder Fdealismuüs ihr Leben opfern, nähher- treten die rute inden Vordergrund und stellen in dent gesebgebenden Körperschaften dic ‘Vorgange als von Spißéëln' vétanlaßt und si :Jelbst als durhaus unschuldig hin. ‘(Lärm äuf dex äußersten Linken.) Die verführten Arbeiter haben in zahllosen Fällen ctklärt, daß sie niht mitgemacht hättèn, wenn fie gewußt hätten, "däß ihre 7zuhrer sie derart im Stiché lässen würden. Fn Bayern war das erste, was die Näterepublik ins Leben rief, die Errichtung dec .Revoluttonstribunale, wo von Rechtsprechung und von juristishec Auffassung absolut keine Rede war. Wer selbst mit Terror overiert. hat: kein Recht, au die Sondergerichte zu. s{himpfen. Diese und

„ihre schnelle Gerichtsbarkeit ist von sozialem Standpunkt aus auch für die Beteiligten ‘viel vorteilhafter als das langwierige

ordentliche Gerichtsverfahren. Die Spruchpraxis. der Sondergerichte t ernstlich nicht angegrifffen werden können, és lag also zu solchem Wortaufwand gar kein Anlaß vor. Die Kommunisten wollen dic :fiégenwärtige Gesellshaft8ordnung * nach russishem Muster auf illegalem Wége mit den schärfsten Waffen beseitigen, Der

“Schwindel, daß die Weltrevolution auf dem Wege ‘ist, muß aus den

Gehirnen heraus. ‘Was Herr Pfemsert in seiner „Aktion“ deu Kommunisien ins Stammbuch geschrieben hat, diesem Urteil cines ganz ¿ eugen habe ih nichts hinzuzufügen. Die Negterung hât ret gehandelt. Wir sind At dafür zu haben, daß die Mittel und Wege, dié zur Gesundung führen, abgeschwächt und ‘eingeshränkt werden. | Bei dér ‘überaus ernsten Situation dex

- Gegenwart haben wir wichtigeres zu tun. Unser Volk muß merken,

daß es eine L at. Diese Auffassung muß sich im Gez Sen des Volkes befestigen, und daran werden wix mit-

arbeiten. A „Abg. Hemeter (D. Nat.): Alle Ableugnungen ändern nichts an der Tatsahe, daß die ‘alleinige Verantwortung an dem -mitteldeutshen Aufruhr die kommunistishe Partei trifft. Den O Anirag auf Aufhebung der Sondergerichte lehien ind aber A Sus des so ialdemokratishen Untrages auf Ueberweisung der jugendlihen Aufrührer an die ordentlihen Gerichte einverstanden: An dec Aufrechterhaltung dexr Sondergerichte halten wir fest, derartige Verbrechen, die die Staäatsautorität aufs shärfste gefährden, müssen s{hnell und ener- gisch geahndet werden. Es ist notwendig, daß Exempel Me werden. Dir wirtschaftlihen Schäden der Auf- tándsbetvegung ‘sind außerordentlih hoh. Allein die Stadt Halle hat einen uen pon 6 Millionen erlitten, und durch die Still- egung ‘der Leuna-Werke ist: die Landwirtschaft ‘und damit die Bolksernährung um weit mehr als 100 Millionen geschädigt worden. Jn auffallend . großer Zahl waren an den Unruhen FTE N, Elemente beteiligt. Wir verlangen Aufklärung von der Regierung, inwieweit . russishe. internierte Gefangene sich an dem Aufruhr beteiligt haben. ir. fordern s{chärfste Kon=- trolle der Ausländer. Ft es richtig, daß zehn Russen von der Regierung das Recht zur Ausstellung von Einreiseerlaubnis- sheinen nah Deutschland eingeräumt worden ist? Unsere be- rechtigten Warnungen sind leidèr ganz unberücksichtigt geblieben. Die großen Opfer: der Schußpolizei sind zurückzuführen ouf ihre ungenügende Stärke und Bewaffnung und auf das Nichteinseßen dexr Reihswêhr. Der Polizei und cichswehr Pren wir auch von dieser Stelle unseren Dank für. ihre hingebende e greite Tätigkeit aus. Unser Dank nr auch den Eisenbahnern. Schwerste Vorwürfe P: dem Reichskommissar füx die . Entwaffnung zu. ma2chen. s Entwaffnungsgeses ist nur dazu benußt trorden, um den ordnungsliebenden Elementen. die Waffen abzunchmen. TLAT ate, in Mitteldéutschland ist nicht . niedergeshlagen ondern nur abgebröchen. Wir fordern daher ausreißende

Hierauf nimmt abermals ‘der Reichsminister des Innern K o ch) ¡das Wort, dessen Erklärung wegen verspäteten Eingangs des Siénogramms : erst in der nächsten Nummer ‘d; Bl: im Wortlaut wiedergegeben werden wird.

Regierung des starken Auftretens, aber nah inneu :

t t. ein e Behgquptung ist einc- - cbewußte Fälshung, Die Kommunistén habén auc diesttal: wieder

Abg. MehHrho f (U. Soz.): Die außerordentlihert Gerichte betveisen si cagtág ih als Klassenjustizeinrihtungen. Die Richter sind gewiß nicht schlechte Menschen, sie rekrutieren sich aber aus Luten- aus den besizenden Gesellschaftsklassen. Zum Rechts- empfinden stehen die gefällten Urteile vielfach in kcassestem Wider- spruch. Was die Arbeiterschaft braucht, ist Wahrheit, und die Grundwahrheit hat Höllein vershwiegen. Er hat nicht gesagt, daß die Ereignisse in Mitteldeutshland die Folgeershcinungeu von falsher Politik waren. Wir Unabhängigen haben von vorn- herein eine fliare, einwandfreie und ablehnende Haltung ein- genommen. Wir wissen, daß wir {weren Entscheidungstämpfen entgegengehen. Die Kommunisten bewegen sich in. der Fdeologie der Ludendorff, sie wollen die Gewaltpolitik, und die kann nur Zusammenbrüche bringen. Die Kommunisten haben an Stelle des proletarishen Klassenfkampfes den Putschismus gesezt. An Stelle der : Sondergerichte sollte man Untersuhungskommissionen ein- seßen, an denen auch Arbeiter beteiligt sind. Den Fugendlichen muß besonderer Schuß gewährt werden, sie als Lumpen und Ver- brecher zu behandeln, ist ungerechi, Vor Leuten, wie Hölz, die nichts anderes sind als proletarishe Kapitalisica und mit den Wucherern und Schiebern auf der gleihen Stufe stehen, sollten auch die Kommunisten die Arbeiter s{chnell und nahdrüdlich wärnen. Durch den Putsch in Mitteldeutsäzland sind die Fnter- essen der Acbeiterschaft schwer geschädigt worden. Die Bedrückung, die die Arbeiterschaft in den Leuna-Werken sich jeßt gefallen lassen muß, haben sie den Kommunisien, den Urhebern des Aufstandes, zu verdanken. Was die Arbeiterschaft braucht, wonach sie jeßt lechzt, das ist - die Wahrheit, die Erkenntnis, daß ihre soziale Lage niemals durch Putsche gebessert werden fann. /

Aba. Fröyl id (Komm.); Hörsings Feldzug gegen dic mitteldeutshen Arbeiter war lange vorher festgelegt, che die fom- munistisché Partei in Aktion trat. Der Redner polemisiect \charf gegen die Unabhängigen wegen ihrer Stellungnahme gzu der Aufstandsbewegung und wendet sich gegen die Vorwürfe des Ministers Koh. Wir rüdcken, sagt der Redner, niht von der Be- wegung ab, wir bekennen uns offen dózit, das mitieldeutsdje Proletariat zum Kampfe gegen dic Provokation der Reaktion auf- gerufen zu haben. Minister Koch hat sich als der Orgeshminisier gezeigt, da er lipp. und far exklärt hat, wohl gegen die revo- lutionären Arbeiter mit allen Mitteln der Gewalt vorgehen zu wollen, während er gegen dié rechtsstchenden Putschisten nihts tut. Gerade dieser Ministec hat am wenigsten Ursache, uns Vor- würfe zu machen. Wenn wir auch diesmal in Mitteldeutshland unterlegen. sind, so find wir doch nicht besiegt, und. werden zu gegebener Zeit von neuem zum Kampf aufrufen. Fa, wir sind das bekennen wir frei Hochverräter am fkapitalistisen Staat, weil die Existenz dieses Staates ein einziger Hochverrat am Wohle der Arbeitecklasse ijt.

i Damit : {ließt die Erörterung, da ‘die Rednecliste er- chöpft ist. Nach einer persönlihen Bemerkung des Abg. “Kunert (U. S.) vertagt sich das Haus.

Nächste Sitzung Dienstag, 3. Mai, Nachmitiags 2 Uhr (Aufragen, deutschnationale TFnterpellation, betreffend die Zwangswirtschaft in der Landivirtschaft, nträge 117d «rie pellation, betreffend die Vehebung der Ard tleineré Vorlagen).

Schluß 8 Uhr.

Parlaniteutavishe Nachrichten. Der Entwurf eines Geseßes zur Ausführung des _ Artifels 146 Absag 2 der Reichsverfassung, der den Erlaß von Bestimmungen über die Zulafsung-von Bekenntnis\chulen und bekenntnisfreien (weltlichen oder MWeltänfcchaunin) Schulen durch die Landesgejeß-

Ae nah den Grundsägen eines RNeichsgeseßes vorsieht, i

ist nebst Begründung dem Reich 3tage zur Beschlußfassung zugègangen. Der Reichsrat hat gegenüber dent ursprünglichen Regierungsentwurf einige Abänderungen beschlossen, denen die Reichsregierung zugestimmt hat. Dagegen hält die Reichsregierung die Bestimmungen über die Zuständigkeit des Reichsverwaltungsgerichts (S 11 Saß 3) entgegen den Beschlüssen des NReichsrats aufrecht, da die Wahrung der Ver- Ans und der Bestimmungen dieses Gefeßes, auf die die Tätigkeit des Neichsverwaltungsgerichts. in der Vorlage der Reichsregierung beschränkt ist, jm Jnteresse einheitliher Aus- legung nicht der Nachprüfung durch eine ; einheitliche Neichs- instanz entzogen werden darf. Der Reichsra: hat ferner die Einfügung einer Bestimmung über die Kosteurczelung 17) beschlossen, der die Reichsregierung ihre Zustim ng aus grund- säglichen finanziellen Erwägungen versagen muß. Der Geseßz- entwurf- lautet, wie folgt:

§ 1. Die Volkss{hulen sind GemeinsGaftsfGulen, soweit fie nicht nah näherer Bestimmung dieses Gesetzes Bekenntnisshulen oder bekenntnisfreie Schulen bleiben oder werden. Die bekenutniésreter Schulen sind entweder weltliGße Schulen oder Weltanshauunasschulen.

__ § 2, Die Gemeinschaftsschule steht grundsäßlih allen Schülern ofen. In ihr ift Neligionsunterricht im Siune des Artikel 149 Abs. 1 der Reichsverfassung ordentlidzes Lehrfah nah näherer Bestimmung des Landesrechts.

Zur Ermöglichung eines privaten Unterrichts in einem Bekenntnis oder eines privaten héfenntniéfreicn Neligions- oder Moralunterrichis sind, falls in diesen Fächern die Schule feinen lehrplannäßigen Unter- rit erteilt, Schulränme nebst Heizung und Beleucßtuna bereitzustellen; die Wünsche der Beteiligten sollen nah Möglichkeit berüdjicßtigt werden. Die Voraussetzungen und den Umfang der Bereitstellung bestimmt das Landesrecht. . L ;

„Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bekenntnis ist nit Vor- ausseßung für die Anstellung der Lhrer. Jedoch ist hierbei auf die religiöse Gliederung der Schüler nah Möglichkeit NückEsiht zu nehmen.

§ 8. Volksschulen eines bestimmten Bekenntnisscs (Bekenntnis- s{ulen sind zuläfsig, wenn zur gemeinschaftlichen Pflege des Bekeuntsz nisses eine Körperschaft des öffentlichen Nechtes besteht.

Für die Bekenntnióschule gelten folgende Bestimmungen:

1, Sie ‘dient grundfäßlih zur Aufnahme von Schülern eînes bestimmten Bekenntnisses. Die Schule verliert ißre Eigen- schaft als Bekenntnis\hule niht dadur, daß nach näherer Bestimmung des Landesrehts auch andere S0üler aufge- genommen werden oder folchen in ihrem Bekenntnis lehrvlau- mäßiger. Neligionsunterricht erteilt wird. § 2 Abs. 2 findet

. Anwendung.

. Die Lehrer müssen dem Bekennknis angehören, für das die Schule bestimmt ist. Auésnabmen sind aus besouderen Gründen zulässig. Das Landesrecht bestimmt das Nähere.

« Dem Unterrichte sind die allgemein bestehenden Lebrþläne und die allgemein gebrauchten Lehrbücher zugrunde zu legen. Icdoch R ae Lehrbücher der Eigenart des Bekeuntnisses an- gepaßt sein.

4, Die in dem Bekenntnis übki{en religiösen Uebungen und Ge-

bräuche sind, unbeschadet der Bestiminung des Arlikel 18

_ Abs. 2 der Reichsverfassung, zuzulassen. Indes darf der

T Erledi ett O at beeinträchtigt werden.

a 8 # Selenntnissrele (weltliche oder Weltanichauunas-)S

sind die Volksschulen, die Reli ionsunterriht im ‘Sinne ded U Ukel 149 Abs. 1 der Reichsverfassung nit erteilen. :

Gür Ele Hes ge en De Bestimmungen :

._ Si eht allen zülern offen. §8 2 Ai 5 f :

i wenduitg. R R A A V L Anus, An:

‘2. Angehörige fedes Bekennkuisses nid

: E ( jeder Weltaus@au Éönnen als Lehrer angestellt werden. E