1899 / 144 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Jun 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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pa Brl,Glekt.F Frankreich.

Wi, Sub iner längeren Besprehung mit Brisson machte,

do. d. T. B.“ zufolge, der Präsident Loubet gestern

daphish Bourgeois das Anerbicten, die Bildung des en Kabinets zu übernehmen. . Dieser erwiderte, daß: er cute Vormittag in Paris eintreffen werde.

Der Marine - Minister Lockroy hat den Generalstabs- Chef der Marine de Cuverville, welcher den Deputirten Fleury-Ravarin zu seiner an der maritimen und kolonialen Vertheidigung geübten Kritik beglückEwünscht hatte, angewiesen, ne Amtsbefugnisse dem Kontre-Admiral Mailarmé zu über- ragen.

Der General Gallieni is gestern von Lyon än Paris eingetroffen.

Rußland.

Die „Russishe Telegraphen-Agentur“ meidet aus St. Peters- burg, daß der Großfürst Wladimir nach Vornahme mili- tärisher Besichtigungen in Wiborg, Helsingfors und Tawastehus vorgestern Abend zur Fortseßung der Besich- tigungen nah Abo abgereist sei. Der Großfürst, der von der Be- volkerung überall glänzend empfangen worden sei, habe den von ihm besichtigien Truppentheilen seine volle Zufriedenheit ausgesprochen.

Wie die

„Politishe Korrespondenz“ erfährt, ist der

russische Botschafter in Konstantinopel Sinowjew angewiesen

worden, sich den Schritten des österreichish-ungari)Gen Bot: schafters in Konstantinopel in der Angelegenheit der Vorfälle an der serbisch-türkishen Grenze anzuschließen.

Ftalien.

In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer beantragte, wie „W. T. B.“ meldet, der Deputirte Bissolati urter dem Lärm der Rechten, die Beschlußfähigkeit des Hauses festzustellen. Nachdem dies geschehen, beantragte der Minister - Präsident Pelloux, heute die Adbände- rungen der Geschäftsordnung zu berathen. Der Deputirte Ferri schlug vor, diese Berathung bis zum 30. No- vember zu vertagen, und verlangte für seinen Vorschlag namenilihe Abstimmung. Der Minister-Präsident Pelloux erklärte, cine Ablehnung des Vorschlags Ferri’'s werde die Annahme des Regierungsantrages bedeuten. Dicse Auslegung wurde von dem Deputirten Pantano dbcstritten. Der Depu- tirte Radice {lug vor, zuerst über den Antrag des Minister- Präsidenten abzustimmen. Der Deputicte di NRudini sagte, alles habe scine- Grenzen, auch die Mehrheit habe ihre Rechte ; Redner unterstüßte den Antrag Pelloux. Der Präsident Chinaglia richtete die Anfrage an das Haus, ob über den Antrag des Minister-Präsidenten zuerst abgestimmt werden solle.

- Das Haus beschloß, zuerst über den Anirag Pelloux abzu-

stimmen, und nahm dann dicjen Antrag unter lebhaftem Beifall der Rechtèn und des Zentrums und dem Widerspruch der äußersten Linken an. Der Deputirte Ferri beantragte hierauf, zu bestimmen, daß die Berathung Über dic Abänderung der Geschäftsordnung in jeder Sißzung nur cine Stunde dauern dürfe. Die von dem Antragsteller geforderte. namentliche Abstimmung wude unter großem-Lärm genehmigt und der Antrag Ferri mit 227 gegen 17 Stimm-en abgelehnt Nach Beantwortung mehrer Anfragen untergeordneter Art und nach- dem die Beschlußunfähigkeit des Hauses konstatiert war, wurde die Sizung aufgehoben.

Spanien. In der gestrigen Sißung der Deputirtenkammer ver- MN j f tr; woa Myanzoltod: Nov G langte Pi y Margall die Revision des Prozefses der Ge- fangenen von Monjuich. Ein Beschluß wurde uicht gefaßt.

Niederlande.

Die Il. Kommission der Konferenz hielt, wie das „Reuter'sche Burcau“ aus dem Haag bericziet, gestern eine Plenarsizung ab. Zehn Artikel, betreffend die Anwendung der Grundsäße der Genfer Konvention auf die Secfriege, gelarkaten zur Annahme. Der perfishe Vertreter beantragte, als Ab- zeichen der Genfer Konvention solle eine rothe Sonne in weißem Felde angenommen werden. Artikel 10 wurde mit einer von dem niederländischen Delegirten Affer beantragten Abänderung angenommen, welche den Fällen Nehnung trägt, in denen neutrale mit kriegführendcu Staaten eine Vereinbarung über die durch Artifel 10 auferlegten Verpflichtungen getroffen haben. Der amerikanische Delegirte Kapitän Mahan beantragte drei Zusayartikel, betreffend die von Hospital- schiffen oder Neutralen aufgenommenen Verwundeten oder Scbiffbrüchigen, welche während des Seekampfes ins Wasser geriethen. Diese Artikel wurden dem Nedaktions- aus\chusse zur Berathung überwiesen. Sodann wurde, einem vom Professor Asser gestellten Antrage gemäß, der formelle Wunsh ausgesprochen, daß binnen kurzer Frist eine besondere Konferenz zum Zwece der Revision der Genfer Konvention abgehalten werden solle. Die Kommission er- nannte schiießlih, nah endgültiger Annahme von zehn Zusaß- artikeln zur Genfer Konvention, den Redaktionsausschuß für die Herstellung des Hauptprotokolls. Die Unterkommission für die Berathung der Brüsseler Konferenz-Akte nahm die neue Fassung des zweiten Absaßes des Artikels 6 dieser Akte an, ebenso Artikel 7 und 8. Hierauf ging man zur Prüfung der- jenigen Artikel über, welhe die Rechte und Pflichten der H eiegffhrenbèn; Kombattanten und Nichtkombattanten, be- treffen. Der russishe Vertreter Professor von Martens hob die Nothwendigkeit hervor, die Vertheidigung in geregelte Bahnen zu bringen und die Opfer, welche der Bevölkerung auf- erlegt würden, ebenso wie die Schrecken des Krieges zu mindern. Die Brüsseler Konferenz habe niht das Recht der Be- völkerung, den Widerstand zu organisieren, aufheben und auch nicht für alle möglichen Fälle Vorschriften geben wollen. Professor von Martens verlas cine Erklärung, welche bezweckt, alle Mißverständnisse zu beseitigen. Dieselbe ftellt fesi, was man thun dürfe, und läßt diejenigen Fragen offen, welche gegenwärtig nit gelöst werden konnen. Bourgeoié beantragte, die Erflärung den amtlihen Aften über die Beschlüsse der Konferenz einzuverleiben. Nah lebhafter Debatte fand die Er- klärung von Martens? die Billigung der Kommission. Hierauf wurden Artikel 10 und 11 ebenfalls angenommen.

Rumänien.

Wie dem „W. T. B.“ aus Bukarest berichtet wird, suhten am Montag etwa 1500 zum theil bewaffnete Landleute in die Stadt Slatina unter dem Vorwande einzudringen, fie wollten gegen die dortige Deputirtenwahl protestieren, bei welcher ein gewisser, wegen anarchistisher Umtriebe aus Frankreich ausgewiesener Bogdan Pitesti unterlegen war. Auf die Er-

mahnungen, auseinanderzugehcn, griffen, der „AgenceRoumaine“ zufolge, die Bauern das h¿rbeigeholte Militär mit Steinen,

Stöcken und Revolvern an, wobei mehrere Soldaten verlegt wurden. Nach drei fruchtlosen Versuchen, die Bauern aus- einanderzutreiben, feuerten die Truppen, zuerst in die Luft und dann auf die Angreifer, von denen mehrere, darunter einige tödtlich, verwundet wurden. Die Behörden bewiesen die weit- gehendsie Langmuth, die Schüsse wurden einzeln, nicht in Salven abgegeben. Schlicßlih wurde die Ordnung wiederhergestellt. Die Urheber der Unruhen sind verhaftet und sehen einer strengen Bestrafung entgegen. Wie die Untersuchung ergab, ist der Hauptansiüifter Bogdan Pitesti, welcher an der Spitze der sozialistishen Bewegung im vergangenen Winter stand. Der Ministerrath hat die strengsten Maßregeln angeordnet, um eine Wiederholung der Ruhestörungen zu verhindern.

Serbien.

Die Zahl der Opfer der Kämpse, die am 14. und 15. d. M. auf serbishem Gebiete stattfanden, ist, wie „W. T.B.“ aus Beigrad erfährt, noch nicht genau bekannt, doch scheinen sie auf beiden Seiten beträchtlih zu sein. Die Türken transportierten ihre Verwundeten Nachts nach Prischtina, während sie die Todten unterwegs be- erdigten. Jn serbishen amtlihen Kreisen behauptet man, es stehe gegenwärtig fest, daß der Angriffsplan von einem Major und einigen anderen türkischen Offizieren, welche zu diesem Behufe in dem Grenzdorfe Sikiraß, in dem Hause eines berüchtigten albanesishen Briganten, Versammlungen abgchalten hätten, vorbereitet worden sei.

Bulgarien.

Vor Beginn der Adreßdebatte in der gestrigen Sißung der Sobranje beantragte, dem „W. T. B.“ zufolge, ein Deputirter von der Partei Radoslawow’s, das Haus zu be- fragen, ob cs in das auf unparlamentarishen Wegen ins Amt gelangte Kabinet Vertrauen sche. Die Minister Grekow und Nadoslawow bekämpften den Antrag. Die Sobranje sprach der Regierung ihc Vertrauen aus.

Asien.

Nach einer Meldung des „Reuter’shen Bureaus“ aus Bombay vom gestrigen Tage haben sich die Unruhen in Süd-Jndien auf Travancore ausgedehnt; die Aufrührer zwangen die Polizei zum Rückzuge, raubten Waffen und Munition und begingcn Grausamkeiten gegen die Bewohner. Jn Sambooradogarai (?) wurden 450 Häuser niedergebrannt.

Afrika.

Wie das „Reuter he Bureau“ aus Kapstadt vom heutigen Tage meldet, haben die dortigen Mititärbehörden die Kontrakte über bestimmte Lieferungen für das Militär einst- weilen aufgehoben mit der Begründung, daß die Regimenter sich bereit halten müßten, auf kurzen Befehl Kapstadt zu ver- lassen. Andere Anzeichen für Vorbereitungen zum aktiven Dienst seien, daß die Detachemenis des Lancashire-Regiments in Wynberg und Stellenbosch sih mit dem Regiment in Kap- stadt vereinigt hätten.

Der „Times“ wird gemeldet, daß alle Führer der Fortschrittspartei in der Kapkolonie den Gouverneur Sir Alfred Milner unterstüßten. Hofmayr und Schreiner weigerten si, ihre Ansichten bekannt zu geben, weil dies, wie Hofmayr angebe, den von ihm und Anderen gemachten An- strengungen zux Herbeiführuna einer alle Theile befriedigenden Negelung der Dinge hinderlih sein könne.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sißungen des Rei chs- tages und des Hauses der Abgeordneten befinden si in der Zweiten und Dritten Beilage.

In der heutigen (98.) Sißgung des Reichstages, welcher der Staatssckretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister von Bülow und der Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Freiherr von Thielmann bei- wohnten, wurde dem Harse zunächst der Eingang des von Jem Reichskanzler mit Ermächtigung Sciner Majestät des Kaisers gestellten Antrages, zur Vertagung des Reichstages bis jen 14. November die Zustimmung zu ertheilen, bckannt gegeben.

Ecster Gegenfland der Tagesordnung is die Fortsezung der dritten Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Handelsbeziehungen zum britischen “Reich, die am Montag einer Kommission überwiesen worden war.

Die Kommission beantragt die unveränderte An- nahme der Vorlage.

Auf cine Anregung des Abg. Broemel (fr. Vgg.) er- flärt der

Staatssekretär des Innern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky im Anschluß an den mündlichen Bericht des Bericht- erstatters der Kommission, daß keinerlei Zweifel darüber bestehe, wie E ouds, die den verbündeten Regierungen ertheilt werde, aus- zulezen fei.

Der Geseßentwurf wird darauf mit großer Mehrheit an- genommen.

Es folgt die erste Berathung des zweiten Nachtrags zjum Reihs8haushalt3-Etat für 1899, sowie des An- leihegeseßes.

Verbunden wird damit die erste Berathung der Verein- barung über die Handelsbeziehungen zwischen dem Reih und Spanien, nah welher Spanien die Meist- begünstigung gewährt wird.

Die Debatte leitet der Staatésekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister von Bülow ein. Ferner betheiligen sich daran bis zum Schluß des Blattes der Unter-Staats- sekretär Dr. Freiherr von Richthofen, die Abgg. Dr. Lieber (Zentr.), Haas (nl.), Graf von Kaniß (d. kons.), Dr. Wiemer (fr. Volksp.), Graf von Arnim (Np.), Lieb- knecht (Soz.), Dr. Paasche (nl.) und Schrader (fr. Vgg.).

In der heutigen (79.) Sißzung dcs Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize - Präsident des Staats- Ministeriums, Finanz - Minister Dr. von Miquel und der Zustiz-Minister Schön stedt beiwohnten, gelangte zunächst der G esegentwurf; betreffend die Verseßung rihter- liher Beamten in den Ruhestand, zur zweiten Be- rathung. :

Die Kommission hat die obere Altersgrenze von 76 Lebens- jahren gestrichen und den Zusaß gemacht: „Auf seinen Antrag fann ein Beamter auch zu einem früheren Zeitpunkte (d. h. vor dem 1. Januar 1900), jedoch frühestens mit dem Ablaufs

des 30. September 1899, in den einstweiligen Ruhestand ver-

seßt werden. Er bezieht alsdann das Wartegeld drei Jahre lang von diesem Zeitpunkt ab.“ -

Nach kurzer Debatte, an der sich der Justiz-Minister Schönstedt, die Abgg. Willebrand (Zentr.) und Graf zu Limburg-Stirum (kons.), der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von Miquel, die Abgg. Kirsch (Zentr.), Munckel (fr. Volksp.) und Freiherr von Zedliß und Neukirch (fr.kons.) betheiligen, wird der G-\eß- entwurf in der Kommissionsfassung angenommen ; gegen denselben stimmt nur ein kleiner Theil der Konservativen.

Leh folgt die zweite Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Staats- haushalts-Etat für das Etatsjahr 1899.

Zum Wiederaufbau des Prätoriums der Saal-

era a Homburg v.d. H. werden als erste Rate 90 000 gefordert. ___ Die Abg. Dr. Göschen (nl.) und Winckler (fkons.) sprechen ibre Freude und Anerkennung Über diefe Forderung aus, Darch den Wieteraufbau werde für die werthvollen Nlterthümer eine würdige Aufbewahrungsstätte ges{chaffen.

Die Forderung wird bewilligt. Auch im übrigen wird der Nahtrags-Etat ohne Debatte unveränderi angenommen.

Alsdann wird auf Grund des Berichts der Rechnungs- fommission über die allgemeine Rehnung über den Staats- haushalt des Jahres vom 1. April 1895/96 und die Rehnung über die Fonds des chemaligen Staatsshaßes für dasselbe Jahr der Regierung Entlastung ertheilt.

(Schluß des Blattes.)

Dem Reichstage ist der Entwurf eincs Gefetzes, beir:fend die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushalts- Etat für das Nehnungsjahr 1899 zugegangen. Derselbe ist in Aus - gabe auf 17 680000 (, näâmlich auf 465 009 A an einmaligen Ausgaben des ordentlihen Etats als Zuschuß zur Bestreitung der Ausgaben {ür die Verwaltung der Karolinen, Palau-Inseln und Marianen und auf 17 215 0900 an einmaligen Ausgaben des außercrdentliGen Etats 16750 000 4 als Entschädigung an Spanien für die Abtretung der Karolinen, Palau-Inseln und Matziaznen, 465 000 M ais Zuschuß zu den Ausgaben des ordentlichen Etats gemäß §73 des Geseges wegen Verwendang überscüssiger Reichs- Ginnahmen zur Shuldentilgung vom 24. März 1897 —, und in Einnahme auf 17 630 090 Æ festgestellt.

Dem Entwurf ist nachstehende Denkschrift, betreffend die L Dla der Karolinen, Palau und Marianen, bei- gegeben :

Nach den Bedingungen des zwishen Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika am 10. Dezember 1898 zu Paris abgesc?osfenen Ce blieben im Stillen Ozean die östlich vom 128. Grad öfilicher änge von Greenwich gelegenen Inselgruppen der Karolinen, Palau und Marianen mit Ausnahme der Insel Guam (Guajan) in spanishem Besitze.

Der Archipel der Karolinen, zu denen au die Palau-Infeln geographisch gerehnet werden, umfaßt in einem von Stürmen nur selten heimgesuhten Meeresbecken von dec Größe des Mittelländischen Meeres drei Inselgruppen: die öôstlihzn Karolinen, die RNuckgzruppe mit den umliegenden Atollen und die westlicen Karolinen mit den Palau-Inseln im Nordosten der holländischen Kolonien. Nach unge\ährer Schätzung bat der Archipel der Karolinen einen Flächeninhalt von 1450 qkm mit etwa 40 000 Einwohnern. Nach Norden gliedern fich die Marianen an die zentralen Karolinen an und bilden eine Brücke bis zu den südlihsten japanisdben Besißungen. Die in Frage komm?n- den Inseln der Marianen weisen \{chäßungéroeise einen Flächeninhalt von 626 gkm mit etwa 2000 Einwohnern auf.

Die Marianen sind im Gegensaß zu den Karolinen altes christ- lies Kulturland, das, ehedem von dem fkraftvollen Volksstamme der Chamorros diht bewohnt, später als spanisher Verbannungsort be- nußzt, jeßt nur noch eine sehr mäßige Bevölkerung zählt. Die heutigen Bewohner, die Nachkommen der nah Beendigung der blutigen Kämpfe im 17. Jahrhundert noÿ übrig gebliebenen eringen Neste der Urbevölkerung, von zwangéweise angesiedelten

agalen aus den Philippinen und von eingewanderten Spaniern, zeichnen fich durch Genügsamkeit, friedliche Gesinnung, AÄrbeit- samkeit und Anstelligkeit aus. Außer Guam sind die bemertens- werthesten Inseln Saipan mit dec Hauptstadt Garapanag und dem Hafen Tanapag, Tinian und Rota. Wie Guam zerchnen sich dicse südlihen Insela der Marianen im Bega s zu dea gee waltigen, \chwer zugänglihen Vulkaninseln der nördlihen Marianen, deren Beschaffenheit, Bodenyerhältnisse und Größe im übrigen so gut wie unbekannt sind, ohne Ausnahme durh sehr gesundes Klima mit gemäßigter Temperatur, üppige Vegetation, Fruchtbarkeit urd guten Wildbeftand aus. Seit langen Jahren wird auf der Insel Tinian Viehzu(t in größerem Stile getrieben, und die flimatishe Lage und Bodenbeschaffenbeit sind nah dem Urtheil aller Kenner des Landes der Anlage niedriger trovisher Kulturen, nament» lih auch der Anxflanzung von Zuckerrohr günstig. Wenn von deutscher Seite nah dieser Richtung die Marianen bisher vernach- lässigt worden sind, so ift dies mit Rücksicht auf die unvortheilhafte Lage des deutihen Kaufmanns in diesem altspanishen Besiße, in dem die güniigen Bestimmungen des Karolinenprotofolls von 1885 nit zur Geltung famen, und aus Besorgniß vor den die Infeln von Zeit zu Zeit verbeerenden Stürmen geschehen. Indessen besteht aud für die Fidjigruppe, die Tongainseln und Samoa die gleidhe Sturmgefahr, ohne daß man si dort deswegen von An- lagen tropiser Kulturen hätte abhalten lassen. Die Erträge der be- stehenden Kokoënußkulturen find in jüngster Zeit, nahdem die deutschen Händler unter dem Druck der Verhältnisse sih aus den Marianen zurückgezogen hatten, dem japanishen Handel zu gute gekommen. Es steht aber mit Sicherheit zu erwarten, daß unter deutscher Herrschaft der deutshe Handel es sich nicht entgehen lassen wird, das verlorene Terrain wieder zu gewinnen und sein Handel8gebiet von den Karolinen aus auch auf die Varianen auszudehnen.

Wesenilich anders liegen die Verhältnisse auf den Karolinen- und Palau-Inseln. Obgleich diese Inselgruppen ebenfalls seit über 300 Jahren bekannt sind, war doch bis zum Jahre 1885 hier nihts im Interesse der Kultur oder zur Ershließung von Handel und Verkehr geschehen, und die Eingeborenen stehen, mit Ausnahme des- jenigen Theiles von ihnen, der zum Christenthume bekehrt worden ift, im Gegensatze zu der Bevölkerung der Marianen noch fast auf der niederen Kulturstufe des unzivilisierten Naturvolkes, i

Die Hauptinseln der östlichen Karolinen sind: Ponapés, zugleih Haup1siß der katholishen Mission (Kapuziner), mit einem Areal von 340 qkm und etwa 3000 Einwohnern, und Kusaie (Ualan oder Strong-Island), wo si die Hauptniederlafsung der evangelishen Mission jür ganz Mikronesien befindet, 110 qkm groß mii etwa 500 Einwohnern, die der zentralen: der 132 gkm mit 5000 Einwohnern e Atell von Ruck (au Truck oder Hogoluinsel) mit seinen aus der Lagune fich erhebenden hohen, mit kräftiger Vegetation bedeckten Basaltinsela, die der westlichen: Yap mit einem Seri von 207 gkm und gegen 3090 Einwohnern ; und die der

alau-Inseln : Baobelsaob (300 qkm, 8000 Einwohner) und Korror, niht umfangreich, aber mit einem siheren und bequemen Hafen. Die meist sanft ansteigenden Berglehnen der längst erloshenen mächtigen Vulkane dieser Jnfeln weisen weite Flähen nur wenig angebauten Plan- tagenlandes von üppigster Fruchtbark-it auf, die bei der günftigen Boden-

beshaffenheit hon beute, ohne systematische Anpflanzung, die beften tropischen Früchte von der Ananas bis zur Kokosnuß und der Elfen- heinnuß in reihster Fülle hervorbringen. Der deutshe Forscher Kubary hatte auf seinem Besißthum in Ponapé Philippinenkaffee angepflanzt und mit diesem erften Verfuche vorzügliche Erfolge erzielt. Die Frage, warum auf diesem fruchtbaren, rei bewäfserten Layaboden und unter einem rein tropischen, regenreihen, gleihmäßigen Klima, also unter ähnlichen Verhältnissen, wie sie nur die besten Inseln der Philippinen aufweisen, bei dem gänzlichen Mangel an Erdbeben und an tbätigen Vulkanen und namentli bei den für europäische Anfiedler außerordentli günstigen gesundheitlihen N-rhältnissen, die keinerlei pernizióse Fieber aufweisen, so überaus wenig für den Plantagenbau und die Anlage von tropischen Kulturen in diesen Gebieten geschehen ift, beantwortet sick aus den überaus nachtheiligen Wirkungen der unruhigen Zustände in den Karolinen während der lezten fünfzehn Jahre. Durch diese wurde jede wirthschaftlihe Erschließung der Inseln zur Unmöglichkeit, und fo ist es gekommen. daß die Axt bisher kaum einex Stamm des dichten Urwaldes gefällt hat, der die bis zu 2- und 3000 Fuß sich erbebenden, mit f{chwerem Humus überzogenen Höbon- züge bedeckt. Bei dieser Unsicherheit hat selbst die rührige deutsde Saluitgeselschaft auf die Ausführung ibres ursprünglih gefaßten Planes, auf den größeren, gebirgigen Karolinen-Inseln dur deutscwe Ansiedler tropischen Plantagenbau betreiben zu laffen, biéßer verzichten müssen. Der Aufruhr der ihrer ganzen Natuc nat sonst friedfertigen und gutmüthigen Eing-borencn, der die Thätigkeit der spanischen Ver- waltungen in den Karolinen völlig in Anspruch nahm, licß es au nit zu, daß die Aufmerksamkeit der spanishen Behörden fi der Förderung des Anbaues der Kokosnußpalme auf den für solche Kulturen wie geschafenen großen Korallenatollen der Gruppe und der Sicherung von Handel und Verkehr dafelbst widmete. Nur so erklärt es fi, daß das Gebiet der Karolinen, das dreimal so au3gedehnt ist als dasjenige des benahbarten Shußgebiets der Marfhallinseln, bither nur einen so verhälinißmäßig geringen Jahresertrag an Kopra etwa 1500 bis 2000 t geliefert Bak unter fricdliher deutscher Verwaltung wird es nur eines Zeitraums von zehn Jahren die Zeit bis zur ersten Ertragsfähtgkeiti der Kokosnufipalme —- bedürfen, um ein weit günstigeres und dem der Ma:shallinseln ähnliches Ergebniß herbeizuführen.

Die Jaluitgesellihaft, deren Vorgäng erinnen, das Haus Godeffrcy und späier Herrn8heim u. Co., die ersten kaufmännischen Beziebungen zu den Eingeborenen angeknüpft und in den Karolinen und Palau den Boden für den deutschen Handel gewonnen haben, hat auch nach dem Fahre 1885 unter der spanishen Regierung es verstanden, den ersten Plaß unter den Handelsunternehmungen des Injelzebiets zu bebaupten. Die einzige spantshe Firma Factoria Espafiola, welche in den letzten fünfzehu Jahren f in den Karolinen niedergelassen und in Yap séne Handelsstation errichtet bat, konnte sih zu irgend welcher Bedeutung nicht entwickeln. Ausgedehnter war der Arbeitskreis des amerikanishea Händlers OD'Reefe, der natnentliß auch in den Palau festen Fuß gefaßt hatte. Ein zweiter kleinerer amerikanisher Händler saß in Kasaie, und bereiste mit einem Schuner die benahbarten Inseln, Die Versuche unternehmungslustiger Japaner, seit einigen Jahren auf Ponapé und anderen Inseln sh festzuseßen und Kopra und Schild- yati gegen japanishe Waaren einzutausch-n, haben bisher feinen nennenswecthen Erfolg z1 verzeihnen gehabt. Die Jaluitgesellshaft hat alljäßrlih beinahe brei Viertel der gesammten geernteten Kopra zur Verschiffung erhalten und eine dieser Ausfubr entsprehende Waaren- einfubr, meist deutshen Ursprungs, umgeseßt. /

Die deutshe Gesellschaft besizt heate auf allen wi@tigeren Inseln Handelsniederlassungen, und fie hat die autgesprohene Absicht, dem oben bereits erwähnten ursprünglihzn Plan, auch Plantagenbau auf den größeren Karolinen-Inseln zu treiben, sofort näher zu treten, sobald das SInselgebiet thatsählich in den Besiy Deu:schlands übergegangen ift. Sie gedenkt, kleinere Kclonialge sellschaften mit mäßigem Kapitale für Plantagenbau auf den am ge- eianetften scheinenden Inseln, wie Kusaie, Ponaps, Nuck und in dec Palaugrupye zu aründen und einzelnen deutschen Arsi-dlern Gelegenheit zur Niederlassung und Plantagenbetrieb daselbst

u geben. Sie ist davon überzeugt, daß diese genannten Inseln außerordentlich günstige Bedingungen für den Plantazenbau bieten. Zwar läßt sich der Nahhtheil der großen Entfernung vom Mutter- lande für einen folchen Betrieb und die Heimichaffung der gewonnenen Produkte nicht übersehen, aber derselbe wird durch den günstigen Uustand aufgehoben, daß die Schaffung fkost- spieliger Verckehrsmittel auf den Inseln bei ihrem verhältnißmäßig geringen Umfange nicht erforderlich wird, und das Meer etne billige Beförderung sihect. Auf jeden Fall glaubt die Jaluit- gesellshaft und fe kana auf einz langjährige Erfahrung in jenen Gegenden zurüdckblickzn und hat mit der Bewirth|aftung der Marshall- inscln befte Erfolge erzielt —, daß auch der Plantagenbau neben dem seit langer Zeit üblichen Handelsbetrieb in den Karolinen eine aus- sihisvolle Unternehmung ist, mag derselbe nun von kleineren Gesell- schaften oder unternehmungslustigen Privaten au8geführt werden. Denn es trifft auf dea Karsolinen der für tropishe Gegenden außerordentli seltene, günstige Fall zu, daß das fast ganz fieberfreie und durch die Seeluft «sehr gemäßigte Klima es gesunden deutshexn Familien sehr wohl gestattet, fi dort auf lange Zeit niederzulassen. Was die Arbeiterfrage betrifft, die für den Plantagenbkau in tropischen Kolonien von îo großer Bedeutung ift, so sind die hobea Inseln zwar nicht stark bevöifkert, aber die tiefer: liegenden Atolle mit großer Bevölkerungsziffer bewirken, daß die WBsung dieser Frage hier keine Schwierigkeit mahen wird; versorgt do ]chon jegt die Karolineninsel Pingelap Jaluit mit einer ge- xügenden Zahl von Arbeitern. Neben der Anlage von Kokosnuß- anlagen und der systematiswen Anpflinzung der Sagopalme würden beim Plantagenbetcieb auf den hohen Inseln besonders Baumwoll- Pflanzungen, mit denen man in Neu-Pommern sehr gute Erfolge erzielt hat, zu empfehlen sein. Auch wird Bodenbeschaffenheit und fümatishe Lage den Anbau von Tabak und Kulturen von feineren Kaffeesorten gestatten. Endli ist noch- arauf hinzuweisen, daß man in jüngster Zeit mit dem Anbau des Ylang-Ylang-Baumes und der Fabrikation des bekannten Parfums in Manila ganz vorzügliche Ge- [hâfte gemacht hat. Der Ylang-Ylanz-Baum aber findet ih auf vielen der Karolineninsein und seine Kultur erfordert nur sehr geringe Arbeit. Gerade Mikronesien ift aber ein ganz besonders günstiges Absaßzgebiect für ätherishe Oele, da die Eingeborenen folhe in großen

tengen verbrauhen. ;

__ Von befonderer Wichtigkeit für die wirthschaftlibe Erschließung dieser entlegenen Gebiete wird ihre möglihst baldige Einbeziehung in den auftralishen Weltverkehr fein. Sowohl der Norddeutsche Lloyd in Bremen wie die Jaluitgesellshaft in Hamburg haben sich kercits mit Entwürfen zur Verwirklihung dieses Gedankens beschäftigt. Von hoher Bedeutung dafür ist die große Anzahl sicherer

äfen in den Karolinen- und Palau - Inseln. Während die Marshall-Jnseln bei ihrer geringen Erhebung über dem Meere einen einzigen sturmsiheren Hafen und namentlich kein frisches

asser besißen, weisen die hohen Inseln der Karolinen fast ohne Aus- nabme vortrefflie Häfen mit Süßwasserzuflüssen auf. So Kusaie mit seinem Berghafen Chabrol im Westen, den Häfen Coquille und êrard im Often und dem Lottinbafen im Süden, so Ponaps an der Nordseite mit dem sehr geschüßten Hafen Metalanim, an der

Südwestseite mit dem Hafen Ronkiti, an der Südspitßze mit dem Hafen Ponatik und an der Nordweftküste mit dem spanishen Ne- gierung8hafen SJokoits. Ebenso hat die Hauptinsel der Tei en Karolinen, Yap, an der Südofiküste einen guten Fie Pal der eine sehr tief einschneidende Bucht bildet, und auch die Zalaugruppe verfügt über einige recht gute Häfen, deren Bedeutung

centlih erhöht werden dürfte, wenn stch bestätigen sollte, daß, wie ist, xoger Bestimmtheit erft in jüngster Zeit wieder gemeldet worden

i, fih dort Kohlenlager befinden.

t Vom Standpunkt unserer politischen, wirth\{chaftli&@en und mari- lei Interessen ersheint die Erwerbung der Inselgruppen für uns sleih nüßlih und nothwendig.

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Dem Reichstage ift ferner die am 12. Februar d. I. durch Notenwechsel zwischen dem Kaiserlihen Lotstafter in Madrid und dem Königlich spanischen Miniftec des Aeußern getroffene Verein- barung, wona Deutschland und Spanien einander für die Einfuhr die Meistbegünstigung einräumen, zur verfassungsmäßigen Genehmigung Jugegangen

2 Nctenwethsel ist folgende erläuternde Denkschrift bei- gesugt:

Gleichzeitiz mit dem am 12 F-bruar 1899 gescklcssenen deuts- spanischen Abko:nmen. dur das Shanton die Inszlgruvben der Karolinen, Palau und Marianen, mit Ausnahme von Guam, an Deutschland abtritt, ist zwischen den beidecseitigen Negierunzen in den vorliegenden Notenwehsel eine Vereinbarurg getroffen worden, der zufolge Deutschland und Spanien si künftig hinsichtlih der (infubr wechselseitig die Mcistbegünstigung zu gewähren baben.

Nachdem feststand, daß der am 8. August 1893 unterzeihneie deuts{ch-spanisHe Handel8vertrag von den spanischen Cortes niht an- genommen werden würde, bra bekanntlih im Mat 1894 zwischen Deutschland und Spanien ein Zollkriea aus. Dieser Zollkrieg wurde im Sommer 1896 durh eine auch ao g?genwärtig maßgebende Verständigung beendigt, auf Grund deren die beiden Länder fich gegen- seitig ibre niedrigsten autonomen Zollsäßge gewähren, dagegen einander den Mitgenuß der anderen Ländern eingeräumten vertragsmäßigen Zoll- ermäßigungen vorenthalten. Deutschland wendet also auf die Eintuhr aus Syanien den allgemeinen deutshen Zolltarif, niht aber die Zoll- ermäßigurgen an, die es in den Handelsverträgen mit Oesterreih- Ungarn, Italien u. \. w. bewilligt hat. Andererseits wird in Spanien

die Einfubr aus Deutschland nah der zweiten Spalte des spanischen j

Zolltarifs (Minimaltarif) behandelt, bleibt aber von den Zolle ermäßigungen ausgeschlofszn, die Spanien in verschiedenen Ver- trägen, insbesondere in dem Handelsvertrage mit der Schweiz von 13. Juli 1892 (Deutsches Handel8-Archiv 1893, Theil 1, S. 708) zugestanden hat.

Nah der im vorliegenden Notenwechsel getroffenen Verein-

barung soll diese wechselseitige Diferenzierung nunmehr in Wegfall fommen.

Spanien wird von der Neuregelung der Handelebeziehungen namentlih für seine Ausfuhr von Apfelsinen, anderen Südfrüchten, frishen Weinbeeren, Wein und Olivenöl Nuten ziehen.

Für Deutschland dagegen kommen insbesondere folgende Artikel in Betracht : Theerfarbstoffe, emaillierte Haushaltungsgegenstände aus Schmiedeeisen oder Stabl, landwirthschaftlihe Maschinen und andere Maschinen verschiedener Art, Kabel für öffentliche elektrische Leitungen, Stidereien, gewisse Sorten Gewebe aus Bauinwolle, Leinen, Wolle und Seide sowie elastishe Gewere zur Shuhfabrikation. Für diese Artikel sind in dem spanisch-s{weizerischen Handels- vertrage mehr oder minder weitgehende Ermäßigungen der Säße der zweiten Spalte des spanischen Zolltarifs vorgesehen, die schon gegen- wärtig nicht bloß der Sweiz, 1ondern auf Grund der Meistbegünstigung auch fast allen übrigen, mit Deutschland auf dem spanischen Markte in Wettbewerb trztenden Ländern, insbefondere Frankreih, Sroßbritannien, Ftalien und Oesterreih-Ungarn, zu gute kommen. Die gegenüber Deuts@- land bisher geübte unter\ciedlihe Behandlung ist von den deutschen Interessenten als nachtheilig empfunden worden und hat zu mehrfachen Borstellungen von seiten der leßteren Anlaß gegeben. Es i} anzu- nebmen, daß diese diz nunmehr getroffene Vereinbarung mit Befrie- digung aufnehmen werden, und daß die Vereinbarung dazu beitragen wird. die deutsche Ausfuhr rah Sparien wieder zu heben, nahdem dieselbe, allerdings bauptsählih aus anderen Gründen als wegen der unterschiedlihen Zollbehandlung, in den leßten Jahren niht unbe- trächtlih zurückgegangen ist (vergl. die anliegende Üebersiht).

Anlage zur Denkschrift. Tee Et

über den Spezialhandel des deutschen Zollgebiets mii Spanien.

(Nach der deuischen Statistik.)

Einfuhr Ausfuhr des des deutschen Zollgebiets deutschen Zollgebiets aus Spanien nach Spanten

Werth in Mark. Werth in Mark.

44 615 000 53 071 000 49 260 000 40 558 000 33 051 000 30 567 000 31 158 000 39 428 000 29 960 000 24 725 C00

32 C91 000 34 068 000 34 872 090 40 743 000 35 935 00I 39 349 000 28 607 000 35 942 900 42118 000 48 148 0009

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Elberfeld wird der „Köln. Ztg." geschrieben: Die Maurer und Zimmerer Elberfelds sind in einen Lobnkampf ein- getreten und baben erhöhte Lohnforderungen gestellt, fowie eine Herab- \ctung der Arbeitszeit von 104 auf 109 Stunden verlangt Die Bau- unternehmer bezw. Mau: ermcister haben die ihren gestellte Frift very streihen lafsen, obne die Forderungen zu bewilligen. Bei den Zimmerern läuft der Entscheidungétermin erst am 25 Junt ab.

Aue Brünn berichtet die „Voss. Ztg.“: Der seit zwei Monaten dauernde Gesammtausfstand mährischer Texrtilardbeiter, woran 12 000 Arbeiter theilnahmen, ist am Dienstag durhbro®ben worden, indem ein geringer Bruchtheil der Ausftändigen die Arbeit bedingungsios wieder aufnahm. Die Ruhe wurde hierbei niht gestört. Auch .W. T. B.“ meldet aus Brünn, daß in mehreren Etablissements ein Theil der Textilarbeiter die Arbeit unter den früheren Arbeits- bedirgungen wieder aufgenommen hat. j

Aus Gablonz wird dem „W. T. B.* berichtet: Infolge der Intervention des Gewerbe-Inspektors und auf Ansuchen der aué- ständigen Weber in dem hbiesigea Ausftandsgebiet fand am Montag eine Besyrehung der Auéständigen mit den Arbcitgebern statt, in welcher ein Einvernehmen erzielt wurde, indem die Arbeiter si mit der zugestandenen Lohnerhöhung von 5 9/4 zufrieden gaben. Infolge dessen dürfte die Wiederaufnahme der Arbeit in größerem Umfange stattfinden.

Kunst und Wissenschaft.

Deutsche Kunstausstellung der Berliner Sezession. IT.

L. K. Wie um Wilhelm Leibl die Münchener Naturalisten, so gruppieren si um Arnold Böcklin als Führer die Neuidealisten. Die Sezessionsausstelluna birgt nit weniger als acht Werke des großen Meisters. Eine italienisde Landschaft (14) aus scin-r Früh- zeit zeigt ihn noch unter dem Einflusse des Düfseldor‘ers Schirmer, vor dem er nur eine etwas reihere Palette und sicherere tatur- anshauung voraus hat. Die „Quellnymphe“ (11) zählt ebenfalls zu Bödlin's älteren Schöpfungen ; sie offenbart aber son die cigenwüchsige Kraft seines Genies, das, sier und fest in der Naturbeobahtung und Naturdurchdringung wurzelnd, dennoch sich zua souveräner Freiheit und zum Flug in die fernsten Reaionen menscliher Einbildungskraft erhebt. Das persönlihe Grundelement dringt fo dur, daß dem Maler Natureindrücke und Stimmungen sich unwillfürlih ¿u Ges- stalten verdihten. So hat er in der „Quellnymphe" die geheimnißvolle, dämmrige Kühle einer moos- und epheuumrankten Felsengrotte meisters

S4 E R R E R I M A ERCOS DOS R G R R CREED ORAOR- T O OE E AREET S O R A S E R Ae M K I R

E C E E E E TEET T E R E D E R B I R R T B RLT E d L R L O E R T-B L PRRLL N T LO E EET E L N E E N A E

D D S D A L O. R E A D C L D A R R I D R E T A RETD L B E

| Dürer zu einem Stice angeregt.

baft verkörpert. Das blasse Antlit, das feuchte Haar, der Näthsel- blick der Augen verräth dem Beschauer soglei, daß er es nicht mit einer Menichendarstelung s{le{@thin zu thun, sondern daß hier nur eine bestimmte Naturstimmnung mens{Glite Gestzlt an- genommen hat Wie diesem Srundgedanken nun die Behandlung des Steinwerks, der Vegetation, turz der gonzen Umrabmung des Kerns angepaßt ift, das ¿äblt zu den genialen Wundern, denen nur die Intuition. nit aber Worte gerech&t werden können Obwohl das Bild nit zu den besterhaltenen gehört, übt es einen unwid-r- stebliden Zauber. Auh die Skizze w dem bekanuten Bilve der Nationai-Galerie, den „Sefilden der Seligen“ (17) löst ein \chwer fn Worte zn fassendes Empfinden aus; ruhiger und einheit- lider als in der endgültigen Ausführung find die Farben gestimn:t. Es “Meint, als fei dem Künsllex erst bei der legteren das Bewußtsein gekommen, daß nur eine aufs hôhste gesteigerte Intensität des Farbealcb-ns dem Thema entspräche, während er in dem fleinen Entwurf zunächst die Ide- und ben Aufkau festhalten wollte: gewissermaßen cine Generalyrobe ohne das Lampen- litt der Bühne, aber von eigenem, intensivem Reiz.

Die „Cimbernshlact“ (13) gebört der legten Entwickelungsphase Böcklin'sher Kunst an. Die Wucht des Daßinitürmens nackter Leiber auf ungezügelten Rossen, das Aufeinanderprallen der feindlißen Schaaren auf {maler Brücke, von der Thiere und Menschen în dic lebmigen Fluthen hirabges{hleudert werden, hat den Maler offenbar ganz avsf{lilich als abstrafktes fünstlerishes Motiv gefesselt. Desscn Leidenschaftlihkeit übertrug fich auf ibn, und mit erftaunlicber Kraft hat er die Massen gemeiftert und dem Kampfeëtoben fkünstlerishe Form gelichen. Die Gesammt- baltung des Bildes i} sattbraun, die röthlihen Cimbernleiber heben h von einem grauen Wolkenßimmel leubtend ab. Der Vêyibus vom Kentauren Nefsus, der der Aetolerfürstin Deianira Gewalt an- thun will, als Herafles u ihrer Hilfe herbeicilt, hat bekanntlih shön Bôstcklin rück? in dem vor einem Jahre gemaiten Bilde (12) die brutale Gier des Thiermenschen in den Vordergrund; die Frau, die h ciner Zudringlichkeit erwebrt, von dem Maler nichts weniger als klassisch, sondern durchaus individuell gebildet. Gleichwohl geht durch die fœeinbar burleske Auffassung ein aroßer patbetisher Zug, der eine Klaissizität für sich in Anspruch nehmen tarf. Von besonderem malerishen Reiz ist der nur bescheiden arg7deutete landschaftliche Hintergrund mit dem smaragdgrün zwischen buschigen Ufern auf- leuchtenden Fluf:lauf des Euenos. Eine weitere Ueberraschung bereitet der greise Einsiedler von Florenz seinen Berounderera mit einer „Herbststimmung“ genannten Studie, die erf vor einigen Tagen der Ausstellung einverleibt is. Eine s{ianke Frauengestalt in \{chwarzem Schleier steht, dm Beschauer den Rüdckten Tkchrend, vor einem von wilden Wein vmrankten Gitter, dur das sie in die herbstlihen Abendœwolken blickt. Die Ansdrucksfähigkeit dec Linie ifi in der Haltung der Frau zu einer Höhe gesteigert, die wohl nur wenige unter den lebenden Stilisten erreichen dürften. Trauer und Sehnsucht sprechen so suggestiv aus der Neigung des Kopfes, der Haltung der Arme, daß man tiefer und reiner fast, als die dem Anublick entzogenen Gesictë: üge zu sagen vermöchten, mitembpfindet. Mit unendliher Zartheit sind die Farbeniöne der Um- gebung gemischt, in der die Stimmung herbstlicher Wehmuth ausklingt. Zwei Frauenbildaifse (16, 15) vervollständigen die Zahl der Werke Bötlin'3 nit zum Vortheil des Gesaumteinz1ucks; man fühlt das Stocken des tnneren Impulses heraus. Es sind sierliez Gelegenheité- arbeiten, die mehr den Dargestellten als dem Maler zur Ehre gereichen.

Wie wenig Gleihwerthiges auf dem Gebiete ivealer Malerei neben Böô@lin zu finden ist, lehrt eine Durhmusterung der Ausstellung auf verwandte Darstellungen. Verstandeskalt und leer wirkt Safscha Schneiders Zusammenstellung eines Geistlichen mit einem welt- lihen Kämpfer (167); der mit großem Aufwand in Scene geseyten „Legende* von Schuster-Woldan (153) mangelt jede Tiefe und

} Feinheit der Empfindung, wofür die selbstgefällig hervorgekch1te GSeschik- i lichkeit in der plastishen Durchbildung der mit siarkem Impasto und } leuhtendem Fleishion gemalten Gestalten nur wenig entschädigt. j Sehr viel f} i zartem Gobelinton ein „Hexen“ (190)

Fulie Wolfthorn, die îa in eine berbstlic) getônte Landschaft ftellt; nur geht in der dekorativen Neigung die persönliche Note und das Temperament verloren, wie dies auch der zartempfundene, aber allzu verblasene Frauenkopf von Sabine Lepsius (110) lehrt. Martin Brandenburg bezeichnet eine große Leinwand mit dem Kennwort „Péantiom“ (20): Eine weibliche Gestalt schwebt üßer dem weiten Meere, in das der sehnsüchtig ihr nacjagende Jüngling hinabzustürzen s{cheint eine etwas frostige NAllegorie, der auch die forgjame und talentvolle Zeichnung der kühn bewegten Körper kein Lebe: einzuhauten vermag. Böcklin's Malweise, ihres Farbenschmelz-s entfkleidet und zur deforativen Schablone er- niedrigt, zeigt Wax Kuschel’'s j„italienishe Frühlingsland- schaft“ (94), während Oskar Zwintschex seinem ebenfalls in breiter Technik behandelten „Sturm“-Vilde (199) wenigstens d:n Reiz temperamentvoller Augenblickebewegung zu wahren weiß. Stassen?!s „Elysium* (159) bannt alle Bewegung in den gemessenen Stil antifer Reliefs. Seine sichere, werin auch etwas harte Zeichen- manier kommt ihm dabei zu Hilfe. Eine Anleibe bei Feuerbah’s „Gastmahl des Plato“ würde auch faum empfunden werden, wenn die ganze Darstellung mehr persönlihe Wärme ausftrahlte. Ein Akt des talentvollen jungen Münchners Erich Hanke (60) darf wohl nur als kecker Versuch, nicht aber als Kunstwerk betrahziet werden. Ludwig von Hofmana hat neben einer Reihe kleinerer Arbeiten, die daz Gepräge seines beceits oît an dieter Stelle gekenn- zeineten, eiwas fraftlosen, aber geschmackvollen Stils tragen (381, 79, 82), cin gceöferes Bild, „Adam und Eva“ (80), ausgestellt. ie bellen Farben dec paradtesishen Umgebung seinen der am Himmel einherziehenden Wolken zu \spotten. Die üpvize, intensiv leuhtende Pracht der Vegetation des Vordergrundes und die herbe Anmuth des lieaenden Adam entschädigen das Auge für manhe Schwächen der Schilderung. Unter den Pastellen Hofmann's finden sih Stücke von entzückender Anmuth, aber die monumentale Krast, dle in einzelnen seiner früheren Schöpfungen sich ankündigte, suchen wir diesmal vergelens. Walter Leistikow bleibt in seinen hier ausgcsteliten neuesten Arbeiten leider auch etwas hinter den Er- war!uncen zuiück. Den „Kirchentrümmern der Insel Wisby“ (108) feblt es an fträâftigen Farbenaccent:n, die für eine so grobkörnige Stilisierung, rie er fie beliebt, unentbekrlich sind. Fetner wirken die von cinbeitliher, geheimnißvoler Märchenstimmung umslossenen Buchenftämme, dur deren Gitter der gelbleuchtende Abendhimmel \chimmert (109). Auch Hans Thoma sieht bekanntlich im Zusamnien- fassen der stimmunzweck-nden Elemente des Naturbildes die vornehmste Aufgabe des Landschaftsmalers, Sein „Schwarzwaldbach“ (168 a) ift auf ein gleihmäßige®, kühles Grün gestimmt; nur das über Stein- gerôll sprudelnde Wasser des Vordergrundes fällt aus der Harmonie. Leider bleibt die berechnete gegensäßlihe Wirkung aus, da dieser Partie des Bildes jede Jllusion mangelt, Vortr fflih ist dem Maler dagegen die regenshwangere Stimmung etner Hochsommerlandschaft (165) gelungen, in der ein Bauex jeinen Acker pflügt. Sie zählt zu den einbruckövollsten Werken seiner Hand und beweist von neuem, daß

feiner organisiert ift

i die Stäke seines Talents in der Wiedergabe s{hlichter Natur, nicht

in der Ginbildungékraft ruht.

Land- und Forstwirthschaft.

Saatenstand in Norwegen.

Christiania, den 16. Juni 1899. In den nördlicheren Bezi: fen Norwegens scheint die Früßjahrsbestelung noch nicht überall ab- geihlofsen za fein; man klagt dort über sehr altes Wetter. Jm südlichen Norwegen und besonders im Be-\1k Fredritsftad 1tegen die Saaten gut ; man ist aber der großen Trockenheit wegen für. hie Zus kunft besorgt.

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