1831 / 55 p. 4 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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anfangen mit Z0 Mann gegen Leute, die, vom Hunger getrie- ben, zu Tausenden heranstürmen ? Du wirst mir sagen, „zieht euch nach dem Fort zurück‘/; gut, aber wisse, daß, sobald man Lärm schlägt, die Brücken aufgezogen roerden und der General weder Feind noch Freund mehr einläßt. Wir müß fen also außerhaib laviren und laufen in große Gefahr, in die Brabantischen Krallen. zu fallen, wenn wir nicht fest ent- schlossen sind, uns lieber in die Luft zu sprengen, als uns je- nen Barbaren zu ergeben.//// Dieser Stelle folgt noch eine an- dere, wo es heißt: „, „Meine Person ist wenigz indem ich so handle, habe ich nur das eine Ziel vor Augen, das: meinem trefflichen König und- meinen braven Landsleuten núbßlich zu seyn !‘/ ck

Die Staats-Couranut erwähnt unter den neuerdings beim Finanz-Ministerium eingegangenen Beiträgen von dem Komponisten C. F. Müller in“ Berlin 100 Exemplare seiner neuesten Compositions, Werke und einen Brillantring, der ihm früher von dem Könige der Niederlande zum Geschenk ge- macht worden, i

Bei denjenigen mobilen Schuttereien , die si{ch als Gar- nison in den Festungen befinden, soll, einer Königl. Verfú- gung zufolge, wo es derx Dienst erfordert, eine Artillerie-Ab- theilung errihtet werden. dia Eine andere Königl. Verfügung bestimmt die Vorschrif- ten, die beim Umtausche der aus der Anleihe von 14 Mill. Gulden herrührenden Recepisse gegen 5proc. Obligationen zu beobachten sind.

Antwerpen, 18. Febr. Das heutige Journal d'An- vers bringt abermals einen Artikel, worin es nachzuweisen sucht, daß die Katastrophe vom 5ten d. M. nicht durch das Verfahren der Antwerpener ‘oder der Belgischen Freiivilligen

provocirt worden sey. Anlaß zu diesem Artikel giebt die Pro- |

ciamation des Generals Chassé; gegen die man sich neuer- dings auf die Erklärung des geretteten Lootsen beruft. *) „Nur vom Gefühle der Menschlichkeit‘, sagt das genannte Blatt, „von der edlen Bewegung großmüthiger und- ener- gischer. Seelen wurden unsere Landsleute geleitet, als sie Hülfe den Schiffbrüchigen leisten wollten, gegen die sie, wie gesagt, fein Recht hatten. Jn der Ausübung - dieser Pflich- ten uud der rührendsten Tugend sind unsere Landsleute , als bedauerneirürdige Opfer einer ehrenwerthen Hingebung, un- tergegangen.‘“

Gent, 17, Febr. Gestern Nachmittags um 5 Uhr durhzog ein Haufe von Arbeitern, welche man bei der De- molirung der alten Citadelle beschäftigt, die Hauptstraßen unserer Stadt mit einer dreifarbigen Fahne, an deren Spit eine Freiheits- Müße mit der Uuterschrift sich befänd: „Es lebe die Republik! Es lebe- de Potter !‘/ Auf dem Waffen- Plabe angekommen, pflanzten sie Fahne und Mübe vor der Hauptwache auf. Die hier befindlichen Soldaten traten so- gleich ins Gewehr und verhielten sich anfangs als ruhige Zuschauer, bis endlih der General Duvivier herbeifkam und mit Húlfe einiger Soldaten den Zusammenlauf zerstreute, ohne daß dabei ein Unfall sich ereignete. Die Ruhe ist da- durch wieder hergestellt worden. Es heißt, daß eine Bitt- schrift zu Gunsten der Republif in Umlauf sey. -

Der Messager de Gand enthält unter der Ueberschrift „der Terrorismus“/ genie Artikel: ‘„„Vor ungefähr fünf Monaten. waren unsere legitimen Männer von heute in den Augen der friedlichen Einwohner von Ost-Flandern nur ein Haufe von Mördern und Plúnderern. Als eine impo- fante Masse hielt die Stadt Gent die Feuersbrunst auf, die von Brüssel ausging, und verhinderte deren Weiterverbreitung. Damals befand sich in unseren Mauern ein Holländischer Gouverneur (van Doorn), der dem Könige Wilhelm von ganzer Seele zugethan war; die Gefahren, die in Belgien der Monarchie drohten, waren ihm vollkommen bekannt. Er wußte die Namen aller Verräther; die Verschwörungen nahmen überhand; täglich reizte der Catholique (Journal des Flandres) zur Jnsurrection auf, aber man ließ den, Ca- tholique wüthen. Man hatte damals mehr als je Anlaß, ein Schreckens - System zu organisiren, aber man wollte lle- ber dem Parteigeiste seine Uintriebe lassen, als in ungesebli- cher Weise einschreiten. Heute hat sich die Scene verändert ; jenem ritterlihen Bastard gleich, welcher Jeden, der seine Legitimität läugnete, mit dem Schwert in der Faust angriff, geräth die Revolution gegen alle diejenigen in Zorn, die sih i5r nicht zu Füßen werfen. * Eben so, wie diese Revolution aus den verschiedenartigsten Elementen si gebildet und von denselben durhgesührt worden, haben wir Uebrigen auch, die wir halsstarrig sind, Verfolgungen aller Art zu erdulden, vom Hasse der Belletristen an bis zur Heimtücke der Klerisei. Jun Gent vornehmlich erhält das

——_*) Vergleiche damit den obigen Artikel aus dem Haag.

“in Englischer Weise ausfallen würden, wandte

System unserer kleinen Robespierristen seine vollständige Ent- wickelung. Gent ist die Zielscheibe ihrer Angriffe. - Diese Stadt, die das Verbrechen beging, Gedächtniß zu haben und Erkenntlichkeit für empfangene Wohlthaten zu empfinden,

Gewissensbiß, unsere fleinen Regenten ungeduldig. Man würdigt sie nicht einmal der Ehre,- ihr die Elite unserer Diftatoren zuzusenden; Herr van de Weyer fam nur hier durch, Herr Vanderlinden aber bleibt. Das Ansehen der Stadt ist däster ; ‘nur Rasende gewahrt man abwechselnd mit Trauernden. Der Catholique denunciirt die ehrlichen Leute, damit man sie festnehme, und man nimmt sie fest, weil er sie denuncürt hat. Ohne das Recht dazu zu haben, thut Herr Baron Cortenbach das, was Herr van Doorn hâtte thun sollen. Drei Polizei- Kommissarien, der Mäßi- gung überführt, sind abgeseßt worden. Wir befinden uns unter einer entschiedenen Militair - Hert schaft. Wir besisen in unseren Sappeurs-Pompiers wahrhafte Jauitscharen, die ihre Kessel nicht zerbrechen werden , so lange die Revolution sie sledend erhalten wird. ‘/ __ Brüssel, 18. Febr. Ju der gestrigen Sibung .des Kongresses relchte der Baron v. Stassart seinen Abschied als Mitglied desselben ein, angeblih um seiner Ver waltung als Civil: Gouverneur der Provinz Namur mehr Muße widmen zu fônnen. Herr Surmont de Volsberghe suchte um cinen mehrtägigen Urlaub nach, ‘um s\ch von den Beäng- stigungen und dem Unwohlseyn zu erholen, das ihm das mehr erwähnte Ereignlß vor einigen Tagen zugezogen. An der Tages - Ordnung war die Diskussion über den Wahl - Census, der, als Anhang zu dem Wahlgesebe, für die ver- schiedenen Provinzen anzunehmen sey. Gegen die Bemerkuúg des Hrn. Lebeau, daß man den Census nicht zu niedrig auseben dürfe, weil die Wahlen sonst der Bestechung ausgeseßt seyn und / : Hr. v. Robaulx ein: „„Verwechsele man doch ja niht das Belgische Volk mit dem Englischen Pöbel! Die Belgier, das hat die Erfahrung beiviescu, wissen ihre Würde und die Wichtigkeit des Wahl- rèhts zu hoch zu schäßen, als daß sie es zum Gegeustande eincs gemeinen Handels machen sollten. .Man thut den Bel- giern* ungeheures Unreht, wenn man sie mit dem Bettel- volke Englands vergleicht, wo, ungeachtet der großen Frei- heix, die man vorgeblih dort genießt, das Volk größtentheils in riner Art von Sklaverei sich befindet, in der die Aristo- fratie es hált./ Nach längeren Debatten fam man endlich überein, den vorgeschlagenen Wahl - Census um ein Drittel hevabzusezen, so daß jet der Steuersaß súr die Wähler in den Städten folgendermaßen festgestellt worden ist : Ant- werpen 65, Mecheln 35, Lier 30, Turnhout 30, Brüssel 65, Nivelles 30, Lôwen 50, Tirlemont 35, Diest 30, Brügge 50, Courtrai 40, Ypern 40, Ostende 35, Thilt 30, Roulers 30, Bent 65, Lockeren 35, St. Nicolas 35, Aloß 35, Den- dermonde 30, Oudenarde 30, Renaix 30,- Doornik 40, Ath 30, Charleroi 30, Lättih 55, Verviers 35, Huy 28, Mast- rit 40, Tongern 28, Hasselt 28, St. Trond 28, Rure- monde 28, Venloo 28, Luxemburg 35 und Namur 35 Gul- den. Für die übrigen Städte und das platte Land ist der Steuersaß auf 25 Gulden festgeseßt, mit Ausnahme der Pro- viazen Limburg und Namur, wo er nur 20 G. beträgt. Auch der Graf vou Aerschot, Mitglied unserer na Paris gesandten Deputation, ist wieder hier angekommen.

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Berlin, 14. Febr. Jm Dorfe Hassenhausen (Naumbur- ger Kr.) besteht unter Leitung des Pfarrers Rômpler eine Lese- Selrsca lt, die sich wöchentlich einmal des Abends in der Schule versammelt, wo populaire und belehrente Schriften aus dem Ge- biete der Welt und Menschenkunde Pg werden. Die Ge- sellschaft hat sich seit dem vorlgen Winter bis auf 30 Per- sonen erhöht und besteht meist aus jungen Leuten. Ein an- derer Kreis gus dieser Gemeinde versammelt sich Sonnabends Abends zu Sing-Uebungen, unter Leitung des Schullehrers Schulze. Dem Gemeinde-Vorsteher und Richter zu Hassen- hausen gebührt das ehrende Zeugniß der thätigen Beförde- rung beider Vorhaben.

Das Bewußtsein , nah eignem beften Wissen und Ver- mögen die eigne Wohlfahrt zu bereiten, das Gedeihen theu- rer Bluts- und Gemüths-Freunde zu fördern, und das Glück

einer tüchtigen Nachkommenschaft zu gründen, begabt mit

‘wunderbarer Kraft Geister und Herzen, die stumpf und er- storben scheinen, wo fúr Bedürfnisse, die nur der Mangel

an allgemeiner Bildung ihnen als fremd oder eitel darstellt, ihre Verwendung und Thätigkeit aufgerufen wird. Dem

beschränkten Blicke dér Mehrheit wird aber eine Angelegen-

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macht , wie eine Zurechtweisung, oder vielleiht auch wie ein

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heit sehr viel leichter eine persdulihe, wenn sie als besondre Angelegenheit einer Korporation erscheint, als wenn sie nur als allgemeine Angelegenheit der Gesammtmasse eines großen Staats die Theilnahme der Einzelnen anspricht. Hierauf beruht die Nothwendigkeit, die Mitglieder des Staatsver- bandes in Korporationen zu vertheilen, und den allgemeinen Staatsbedürfnissen möglichst die Form besondrer Bedürfnisse dieser Korporationen zu geben.

Allein die Korporationen verfolgen neben solchen Zwecfen, die nur ihre besondere scheinen, in der Regel auch solche, die wúrklih nur ihre besondere sind; und gerarhen dabei nur zu leicht auf den Abweg, ihrer Wärksamfkeit für solche besondre Zwecke eine Richtung und Ausdehnung zu geben, worin sie gemeinschädlih wird. Zwar bereitet jede Korpora- tion, die ihr besondres Jntresse dem allgemeinen nicht unter- ordnet, sondern entgegenstellt, sicherlich ihr eignes Grab : aber es fann dennoch von ihr, selbst in guter Meinung, sehr viel Verderbliches gestiftet, und sehr viel Wohlthätiges gehindert werden, bis sie endlih, mit ihren guten Eigenschaften und mit ihren bôsen, unter Leid und Reue în dies selbst bereitete Grab versinkt. Deshalb ist es nothwendig zum Heile der Welt, wie der Einzelnen, daß die Regierungen frühe den Aushbrüchen der Selbstsucht des Korporationsgeistes wehren, Im Allgemeinen liegen die Mittel dazu in ihrer Stellung, welche sie, hoch erhaben über jedem einzelnen Jutresse stehend, dessen Verhältniß zur allgemeinen Wohlfahrt unbefangen wä- gen und würdigen läßt. Aber Verbindungen, welche nicht durch einen leicht übersehbaren Raum, selbst zuweilen nicht durch die Gränzen eines Staats beschränkt sind, entziehen sih nux zu leiht, wo nicht einer volljiändigen Uebersicht ib- rer Würksamfkeit, so doch einem erfolgreichen Einflusse der Regierungen auf. diesclbe. Das erkannten schon die deutschen Reichsstände, als sie deu Misbräuchen der Zünfte steuern wollten, und der bekannte Reichstagsschluß vom Jahke 1731 geht zunächst darauf aus, Zünfte, welche durch das Institut des wanderuden Gesellstaudes, so weit die deutshe Zunge reiht, von Reval bis Basel, zusammenhangen, in vereinzelte städtische-Gewerke, in bloße Unterabtheilungen der Stadcge- meinen aufzuldsen. Weil das nicht folgereht durchgeführt wurde, ward die beabsichtigte Reform verfehlr, Aehnliches von andern Korporationen nachzuweijen, welche, úberall wur- zelnd, sich der leitenden und bessernden Hand der Regierun- gen entziehn, liegt außer den Gränzen dieses Aufsabes.

Korporationen , deren Wesen eben in der Beschränkung auf einen bestimmten, im Verhältniß zum ganzen Staäte nur sehr mäßigen Raum beruht, gewähren den zwiefachen Vor- theil, daß sie den Einzelnen durch ein sinnlich leicht erkennba- res Band, das Zusammenleben auf dem gleichen Boden, fester an sich ziehn ; und daß sie dex Oberaufsicht der Regierungen in einem Maaße offen liegen, wobei mit einiger Ausmerfksam- feit und Krast gemeinschädlichen Verirrungen des Korpora- tionsgeistes unfehlbar frühe und würksam vorgebeugt wer- den kann,

Darin liegt die Möglichkeit, Ortsgemeinen vor allen an- dern Korporationen einen hohen Grad von Selbstständigkeit zu gestatten, ohne zu befürchten, daß die Gesammtkraft des Staats in einzelnen Juteressen - zersplittert, oder das Ansehn ‘der Regierungen duch den Eigenwillen der Ortsbehörden verdunfkelt werde. Vielmehr wird eben eine solche Selbst- ständigkeit der Ortsgemeinen in der Verwaltung ihrer eignen Angelegenheiten die dauerhafteste und umfassendste Grundlage der Macht der Staaten und ihrer Regierungen werden. Einerseits ist nämlich die Beschaffenheit der dffentlichen An- stalten für die Sicherheit, Erleichterung und Annehmlichfeit des Lebens, und die Stufe der Ausbildung und Vollkommen- heit , worauf sie erhoben werden können, dergestalt zunächst abhängig von örtlichen Verhältnissen, daß es höchst zweckmä- ßig erscheint, die Fürsorge deshalb den Ortsgemeinen zu über- tragen. Fndem ihrer Einsicht und Thätigkeit die Wahl und der Gebrauch der Mittel anheim gegeben wird, wodurch dem Bedürfnisse der Gemeineglieder in dieser Beziehung am besten abgeholfen werden fann, verwandelt sich andrerseits das all: gemeine Jntresse an der Vollkommenheit dieser Anstalten in ein -drtliches, und bei freier gemeinschaftlicher Berathung dar- über selbst persönliches ; hierdurch werden die wichtigsten Ge- genstände der Staatsverwaltung zugleih Gegenstände der allgemeinen Theilnahme und der persönlichen Sorgfalt der Einzelnen. Mirgeud wird williger, nirgend reichlicher am Al- tare des Vaterlandes geopfert , als in Gemeineangelegenhei- ten, wo die Nothwendigkeit, die Wohlthätigkeit, die Zweck- mäßigfeit der Verwendung Jedem einleuchtet, weil sie in der Gemeineversammlung berathen und beschlossen ist. Es er- {eint fast unglaublich, welchen Aufwand von Naturalien

und Baarschaften, welche Thätigkeit in persd.lichen Diensten, -

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| wird.

welche Beharrlichkeit. im Ertragen großer Entbehrungen sich selbst arme und fleine Gemeinen freiwillig aufgelegt haben, wenn es galt, einem innigst empfundnen Bedürfuisse zu gnü- gen. Nicht daß eben alle Wúürksamfkeit an Regierungen dadurch überflüssig würde: es wird immer Bedürfnisse geben, die auch da befriedigt werden müssen, wo die Kräfte der Ortsgemeinen nicht ausreichen; und es wird niht überall eine Bildungsstufe erlangt -sein, worauf fein Unverstand mehr Belehrung, keine Lässigkeit mehr Antrieb bedurfte. Jndem aber die Würkfsamfeit der Regierungen sch auf diese Aus- nahmefälle beschränkt, wird im Ganzen durch die Kräfte, welche die Selbstständigkeit der Ortsgemeinen bei ihrer Ver- waltung ins Leben ruft, sehr viel mehr zur allgemeinen Wohl- fahrt geschaffen werden, als jemals möglich wäre, wenn die Gemeinen sich nur leidend verhielten, und durch Regierungs- anstalten allein für diejenigen Bedürfnisse gesorgt werden sollte, welche der dffentlihen Theilnahme harren.

Wenn ohngeachtet dieser klaren Gründe den Ortsgemei- nen die selbsiständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten bis- her niht überall hat übertragen werden wollen ; so schcinen haupt- sächlich zwei Bedenken Anstand dawider erregt zu haben : näm- lich theils die Dürftigkeit vieler Gemeinen an Bildung und Vermögen ; theils ihre zur Zeit bestehende Abhängigkeit von oberherrlicher Verwaltung. z

Die Ortschafts - Verzeichnisse, welche sämmtliche Provin- zial-Regierungen des preußischen Staats für ihre Bezirke be- fannt gemacht haben, weisen eine sehr große Anzahl einzelner Ortschaften nach, die weniger als einhundert, zuweilen- selbÆ wentger als funfzig Einwohner haben. Sollen die Bewoh- ner jeder einzelnen Ortschaft eine besondre Ortsgemeine bil- den: so wird es offenbar unmöglich, Anstalten sür den Ele- mentar- Unterricht, für die Armenpflege, selbst nur für die Sicherung gegen Einbrüche und Brandschäden, in einiger Zweckmäßigkeit von ihnen zu erwarten; und es wird selb} zweifelhaft, ob irgend einem achtbaren Mitgliede einer 16 tleinen Gemeine diejenigen Elementar - Kenntnisse beiwohnen, welche die Führung des Vorsteheramts mindestens doch er? fordert. Judessen ist eine Nothwendigkeit, daß die Bewoh- ner jeder Ortschaft cine besondre selbstständige Ortsgemeine

: bilden, feluesweges crweislih. Die Gesammtheit von Wohn-

gebäudeu, welhe der Sprachgebrauh mit der Benennung

| ¿¿Drtschaft‘/ belegt, liegt zuweilen so zerstreut, daß die

Benußung gemeinsarner Anstalten dadurch erheblich ershwert Ganze Gegenden haben gar feine Dörfer, sondern jeder Bauerhof liegt abgesondert, unmittelbar umgeben vou seinen Ländereien. Zuwecilen tragen mehre Häusergruppen, durch zwischenliegende Felder oder Weidepläße jelbst halbe und ganze Viertelmeilen weit getrennt, dennoch einen gemeinschaft- lichen Namen , und gelten für eine Ortschaft. Jn Gebür: gen sind häufig Meilen lange Thäler mit einer doppelten Reihe von Wohnhäusern bebaut, die nur und oft faum durch Höfe und Gärten getrennt werden, und eine fortlaufende Dorfstraße bilden , die bald für ein einziges Dorf, bald für mehre aneinanderstoßende Dorfschaften geachtet wird, je nach- dem sie einen einzigen Gemeine- Verband bildet, und einen gemeinschaftlichen Namen trägt, oder nach Verschiedenheit der Grundherrschast, des Gemeine - Verbandes und des Na- mens ir? Abschnitte zerlegt ist. Umgekehrt sind auch dichte Hâäusermassen, die sich unmittelbar berühren, durh herföômm- liche Verfassung und Benennung in verschiedne Ortschaften getrennt, wärend Alles längst verschwunden ist, oder wenig- stens leiht abgestellt werden tônnte, was ihrer Verbindung zu einer einzigen Ortschaft entgegensteht. So schwankend ist überhaupt der Begriff einer Ortschaft. :

Für die Vollkommenheit der öffentlichen drtlichen Anstal- ten giebt es überall feine andre Gränze, als die Mittel, wd0- durch dieselben errichtet und unterhalten werden können. größer die Masse vou geistigen und körperlichen Kräften i welche zu einer Ortsgemeine verbunden sind, um desto voll- fommner fönnen solche Anstalten sein. Jn dieser Beziehung sind die dringensten Gründe vorhanden , die möglichst größte Zahl gebildeter und wohlhabender Familien zu einer Ortsgemeine zu vereinigen, und nur allein das räum- lihé Verhältniß begründet hier eine allgemeine Be- schränkung. Die Mitglieder einer Gemeine müssen ein- ander ‘so nahe wohnen, daß sie sämmtlich der Wohlthat sol- cher gemeinschaftlicher Anstalten für die Sicherheit, Ecleich- terung und Annehmlichkeit des Lebens theilhaftig werden

! föuneu, deren Würksamfkeit durch ihren Zweck selbst auf einen

bestimmten Raum beschränkt ist. Eine. gemeinschaftliche Ele- mentarschule kann nur für eine Gesammtheit von Familien errichtet werden, deren sechs oder siebenjährige Kinder die Entfernung des Schulgebäudes nicht abhält, sie täglich in je: der Jahreszeit zu besuchen. Jede Ortsgemeine sollte wenig-