1831 / 56 p. 5 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung, Fri, 25 Feb 1831 18:00:01 GMT) scan diff

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gung es zu fordern.

heiten zweckmäßig berathen fönnten.

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an einer hinlänglichen Vorbereitung zur Entscheidung hier- über mangle, Es mag daher auch hier durch keinerlei Be- trachtungen dieser Entscheidung vorgegriffen werden. Unzwei- felhaft bleibt indessen jedenfalls, daß ein Mensch, weicher einmal seinen Wohnsis in irgend einer Ortsgemeine. rechtlich erlangt hat, nur durch richterlihes Urtheil daraus verbannt werden könne. Hiernach vermag feine Ortsgemeine aus eig- ner Macht zu verhüten, daß Personen, welche als Einge- borne oder sonst auf rechtlihe Weise einmal einen Wohnsilz in ihr gewonnen haben, nicht auch darin verbleiben, wie ver- ächtlih sie auh dur \chlecchte Handlungen werden möchten : und ihre Achtbarkeit als Korporation fann daher auch nicht auf Entfernung unwärdiger Einwohner aus ihrem Bezirke, sondern nur darauf gegründet sein, daß sie solchen Unwürdigen durchaus feinen Einfluß auf die Verwaltung der Gemeine- Angelegenheiten gestattet. So ergiebt sich ganz naturlich eine Berechtigung, an den Berathungen an Gemeineangelegenhei- ten Theil zu nehmen, als ein Vorrecht, das uicht allen Ein-

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wohnern ohne Unterschied, sondern nur deujenigen zugehört,

die sich durch besondre Achtbarkeit desselben wúrdig machen.

Diese Berechtigung an s{, und ganz unabhängig von ailen Nebenbedingungen, begründet nur das Wesen des DBürger- rehtes, dem wohl ein allgemeinerer Namen zu wünschen wäre, da der Sprachgebrauch ihn nur auf Städte bezieht,

obwohl der Begriff einer solchen Auswahl ven achtbaren

Gemeinegliedern in der That allen Ortsgemeinen gemein- schaftlich is, welchen eine selbstständige Leitung ihrer Angele- genheiten anvertraut werden will. Die Meinung, daß es überall feines besonderu Bürgerrechts bedürfe, sondern jedem selbstständigen Familienvater in der Ortsgemeine cin Stimm: recht in Gemeineangelegenheiten beigelegt werden solle, geht von Ansichten aus, die welchen Werth man ihnen auch beilegen wolle jedenfalls unsrer Nationalität und dem Geiste unsrer Gesebgebung allzufremd sind, um hier in Er- wägung zu fommen. A

Enthält der Begriff des Bürgerrechtes hiernach blos das Vorrecht, an Berathungen über die Angelegenheiten der Ortsgemeine Theil zu nehmen : so kann auch fein Bedenken obwalten , es fortan sehr strenge mic dem Ehrenpunkte der Bürgerschaft zu nehmen; und die Befugniß, das Bürgerrecht wegen verächtlicher Handlungen zu entziehn, der Einsicht und Sittlichkeit der Bürger-Korporation selbsi anheim zu stellen :

wobei jedoch wie bei allen Verhandlungen derselben |

‘ein Oberaufsichtsrecht der Regierung nie verkannt werden

_ darf, dessen einziger Zweck es ist, einen Schus wider Unver-

stand oder Leidenschaft zu gewöhren, welche zuweilen den Geist des Geseßes, oder wohl gar dié wdrtlichen Bestimmun- en desselben verlezèn könnten. Durch die Entziehung des Bürgerrechts wird bei dieser Stellung desselben keine Unfä- higkeit zu Erwerb oder Grundbesiß ausgesprochen; und es bleibt das Urtheil darüber dem Richter, so wie der Erfolg, womit ein solcher Einwohner sein Geschäft ferner fortfüßren möchte, dem Vertrauen derer, die seine Dienske gebrauchen wollen , ungekränft überlassen.

__ Unstreitig muß der Ortegemeine ein Recht zustehen, das Ahschen und die Erfahrung, welche bedeutender Besiß oder

Erwerb in der Regel gewähren , für die Leitung ihrer ‘Ange-

legenheiten fruchtbar zu mahen. Sie fann daher Einwoh- ner, die sih durch ein nach der Oertlichkeit statutarisch zu bestimmendes Maaß von Besib oder Erwerb auszeichnen, und dennoch nicht aus eignem Antriebe das Bürgerrecht suchen, zum Beitritte auffordern, und eine behagrrliche von geseblihen Gründen nicht hinlänglich unterstüßte Weigerung, dieser Aufforderung zu folgen , als einen so! chen Mangel an Gemeinsinn betrachten , der sie berechtigt, die Ausschließung als Strafe auszusprechen, Es wird ferner, indem das Bür- gerecht ein Ehrenrecht ist, Einwohnern, die nicht zu dessen Erwer- ung aufgefordert werden dürfen, ein Recht beigelegt werden mús- sen, dasselbe auf ihr Ansuchen zu erlangen, wenn näher zu bestim- mende Verhältnisse eine solche Stufe der Bildung und Achtbar-

"— keit für sie befunden, ' welche sie unzweifelhaft fähig und wür-

dig macht, an der Berathung úber die Angelegenheiten der Ortsgemeine Theil zu nehmen. Endlich wird auch das Ge- seß gestatten müssen, daß die Bürgerschaft das persönliche Verdienst durch freiwilliges Antragen des Bürgerrechts an

- Männern ehre, die durch Besiß, Gewerbe und Stand weder

eine Verpflichtung haben, es zu erwerben, noch eine Berechti- l Nur die Vereini ung dieser drei Be- dingungen der Aufnahme scheint allen erhältnissen vollstän- dig genügen zu können. _Ortsgemeinen werden. leicht zu zahlreih, als daß alle diejenigen, welhe das Bürgerrecht besiben, in einer Ver- fammlung úber die Verwaltung der gemeinsamen Angelegen- Die Städtcordnung

vom Jaßre 1808 nimmt an, daß alle Ortsgemeinen, wor- auf sie sich bezieht, in diesem Falle sein möchten, und ver- ordnet daher allgemein, daß die Bürgerschaft nach Verschie- denheit des Umfangs der Ortsgemeinen wenigítens 24, höch- stens 102 Männer aus ihrer Mitte erwählen folle, die utter der Benennung „Stadtverordnete“, auf einen Zeitraum von drei Jahren, nach deren Verlauf sie jedoch wieder wäh!- bar sind, unbeschränkt durch eine Anweisung oder Vollmacht, die Ortösgemeine in Allem vertreten, und zu Allem verpflich- ten, was das Geseß ihnen zur Berathung oder Ent\cheidung überweist, und worüber sie mit Beobachtung der geseßlich vor- geschriebnen Formen berathen oder entschieden haben.

Im Allgemeinen scheint. die Vorausseßung wohlbegrän- det, daß es einer auf weniger Mitglieder beschränkten Stell: vertretung stets bedúrfen werde. Je niedriger die Stufe der Diloung ist, worauf die Mehrheit einer berathenden Ver- jammlung steht, desto s{chwerer ist die Orduung bei der Be- rathung aufrecht zu erhalcen, und desto uothwendiger wird daher eine Beschränkung ihrer Anzahl. Zeichnen auch kleine Ortschaften sich nicht selten durch einen Gemeinsinn aus, wel- cher ein bedeutendes Maaß von âchter Bildung verbürgt: so haben im Allgemeinen die grögern Städte doch die Vermus- thung der höhern Bildung fr sich; und es erscheint in so fern gerechtfertigt, daß fúr kleinere Gemeinen auch nur eine fleinere Versammlung von Berathenden für zuläßig geachtet wird. Sollte überdies das Gewicht der Gründe anerkannt werden, welche für die Bildung anschnlicher Ortsgemeinen durch Verbindung benachbarter Ortschaften sprechen: so wür- den wenigsteus in den dichter bevölkerten Gegenden des Staats überhaupt wenig Ortegemeinen vorfommen, worin eine Vertretung durch eine Auswahl von Bevollmächtigten entbehrlich scheinen könnte. Dagegen kann “die Anzahl von Stadtverordneten, welche die Srädteerdnung als kleinste vor- schreibt, und als größte gestattet, wohl Bedenken erregen, Der Verdacht einer Oligarchie einer selbstsüchtigen Herr- [hat Weniger über die Menge dürfte shwerlih auf einer Versammlung haften, woraus Jeder nach drei Jahren aus- scheidet, der sich das Vertrauen seiner Mitbürger nicht zu erhalcen wußte; und deren Auftrag überhaupt nur aus der freien Wahl der gesammten Bürgerschaft hervorgeht. Ueberdies ist jeder zufälligen Verminderung der Anzaßÿl der Berathenden durch Kraukheit oder andre unvermeidliche Ab- haltung mittelst der vorgeichriebuen gleichzeitigen Wahl von Stellvertreten vorgebcugt, welche stets bereit sind, die Stadt- verordnetenversaumlung vollzählih zu erhalten. Dagegen scheint eine mäßige Verminderung der nothwendigen und zu- läßigen Anzahl der Stadtverordneten die Auswahl tüchtiger Männer und den Gang der Berathungen zu erleichteru, uad dürfte daher als eine zweckmáßige Verbesserung der frühern Vorschriften wohl zu empfelen scin.

Dieselben Betrachtungen, welche die Berathung der Ge-

gründen, machen cs auch räthiüich, und in großen Städten j0gar uavermeidlih, die Bürgerschaft, selbst nur zur Wahl der Stadéverordneten, in besondern Abtheilungen zu berufen ; weil sie mehreathei!s viel zu zahlreich sein dürfte, das Wahl- geschäft in einer allgemeinen Versammlung zu vollziehn. Die Städteordnung vom Jahre 1808 bestimmt daher, daß jede Stadt, die mehr als achthundert Einwohner enthäst, räum- lih nah Maaßgabe ihres Umfangs in Bezirke eingetheilt iverden soll, wovon in großen Städten feiner úber 1500 und feiner unter 1000, in mitlern und fleinen Städten aber fei ner über 1000 und feiner unter 400 Einwohnern enthalten joll. Dos Verhältniß der Gesammtzahl der Einwohner je- des Alters, Geschlechts und Standes zu der Anzahl der Bür- ger ist allerdings nach. den örtlichen Verhältuissen sehr ver- schieden. Jm Allgemeinen is es größer in wohlhabenden und gewerbreihen Städten, wo mehr Gesinde gehalten wird, und viele junge Leute als Gewerbsgehülfen oder im Genusse einer verlängerten Ausbildungszeit leben. Jedoch dürfte die Zahl der Hausväter, welche das Bürgerrecht gewonneu haben, selten mchr als ein Zehntheil oder weniger als ein Funfzehn- theil der gesammten Einwohnerzahl betragen. Hiernach kä- men, wenn die vorstehenden Vorschriften streng beobachtet und die Wahlversammiungen vollständig besucht würden, in der Regel nit über einhundert, und nicht unter vierzig Vür- ger zu einer Stadtverordnetenwahl zusammen. Das Geseb verbeut zugleich ausdrúflich, daß die Wahl der Stadtverord- neten nah. Ordnungen, Zünsten Korporationen oder Über- haupt nach irgend einer andern Eintheilung der Bürgerschaft, als, nah dieser Vertheilung nah den räumlichen Bezirken der Wohnungen, vollzogen werden.

__ Zweite Beilage

lichen Statuten ganz anheim gegeben, was das Geseß

lich hat die schnelle Zunahme der Bevölkerung vieler

meineangelegenheiteu durch cine Auasivahl von Bürgern e:

467 | Zweite Beilage zur Allgemeine Prcuishen Staats - Zeitung F“ 56.

So nothwendig es e’nerseits au h bleibt, allzuzahlreiche Wes zu vermeiden : so scheint doch auch feine Nothwendigkeit vorhandeu, für cin so einfaches Geschäft, als die Stadtverordneteuwahi ist, die Bürgerschaft in viele fleine Wahlversammlungen zu zersplittern, welche selbst einer Bewerbung aus unlautern Bewegungsgründen mehr Raum gestatten , als ‘eine zahlreichere Versammlung zuläßt. Viel- cicht wird überhaupt am Beßten der Bestimmung der ört- ihuen doch größtentheils überlassen muß. Wahrschein- Städte seit 1803 ohnehin schon zahlreiche Abweichun- E von gt engen vielleicht nur allzu ängsilichen Be- stimmungen der Städteordnung in“ dieser Rücksicht herbei: E ist indessen das unbedingte Verbot, andre als räumliche Abtheilungen bei der Stadtverorduetenwahl zu be- achten. Ohne Zweifel ist die Absicht höchst beachtungswerth, daß nur Rücksichten auf das allgemeine Wohl der Stadtge- meine, nicht auf den desondern Vortheil einer einzelnen Ab- theilung von Einwohnern, welches auch ihr besondrer Zwet ein môge, die Wahl leiten sollen. Selbst aber wenn diese

bsicht unbedingt für die einzig statthafte gelten könnte, ist / doch das vorgeschriebne Verfahren keinesweges ein untrüg- liches Mittel ,- sie zu erreichen. Ueberhaupt haben räumliche Abtheilungen eines Orts eben sowohl ihr eigenthümliches Jn- tresse, als besondre Klassen, Jnnungen und Stände der Ein- wohner; . und es können beispielsweise die Bewohner eines Stadtviertels lebhaft wünschen, daß dffentlihe Anstalten, welche die ganze Stadtgemeine unterhält, eine Lage und Einrichtung bekommen, worin sie zunächst ihren beson- dern Bedürfnissen abhelfen, oder vorzüglich ihnen Vor- theil und Annehmlichkeit gewähren; wädrend aus einer un-

angnen Ansicht, eine ganz andre Lage und Einrichtung sol- an A E erforderlich tein würde, wenn dieselben fär die gesammte Stadtgemeine möglichst gemeinnüßig werden

en. | ] y (llt Mit Recht wird allerdings erwidert, daß die andern Stadtviertel ihr entgegengeseßtes Jntresse eben so lebhaft zur Sprache bringen würden, und daß eben daraus, daß alle

besondern Ansichten vollständig vorgetragen und erwogen wer-

en, Fch endlich doch ein Beschluß ergeben werde, welcher dens N Een Vortheile für die ganze Gemeine die billi- gen Rücksichten auf die besondern Wünsche der einzelnen Stadttheile möglichst vereinigt. Aber dasselbe ist niht min- der zu erwarten, wénn nicht nach räumlichen Abtheilungen, sondern nach Klassen berathen wird, welche sich auf persôn- lihe Verhältnisse beziehn. Auch hier tönnen die besondern Intressen der einzelnen Stände und Gewerbe freimüthig ein- ander gegen übertreten, alle Theile ihre besondern Ansichten geltend machen, und eben hierdurch eine Vereinigung herbei- führen, welche das N fördert, indem sie selbst- ge Anforderungen zurückweist. i Ber V6 die Warcitnsekning ist ungegrändet, daß bei räumlicher Eintheilung der Ortsgemeinen nur räumliche Be- ziehungen einander werden entgegenstehen. Vielmehr ist es cine bekannte Erfahrung, daß die Gewerbe und Stände sich auch räumlich absondern, und einzelne Gegenden großer Scáädte, wenn auch nicht ausschließlih , so doch vorzugsweise von Fabrikanten , von Kaufleuten von Staatsdienern oder von Rentenierern bewohnt werden. Jeder räumlich begränzte Stadtbezirk wählt hiernach keinesweges. blos denjenigen zu seinem Vertreter, von dem er die búndigste Vertheldigung seiner räumlichen Jntressen erwartet ; sondern die Gewerbe oder tie Stände, welche in dieser Stadtgegend vorherrschen, werden bci ihrer Wahl. auch. Rücksicht darauf nehmen, einen tüchtigen Vertreter ihres Gewerbs oder Standes Jntresse zu erhalten. Eine solche gewissermaaßen zufällige Vertretung einzelner Gewerbe und Stände wird jedoch eben dadurch nachtheilig, daß sie nur unvollständig, mithin einseitig bleibt ; nur diejenigen Gewerbe und Stände werden dabei vertreten, welche sich auch räumlich abzusondern pflegen; wärend “ändre vielleicht nicht minder wichtige, deren Wohnungen durch die ganze. Stadt. zerstreut siad, keine solche Vertretung finden.

_ “Es ist allerdings eine schr zweckmäßige Anordnung, daß fein Stadtverordneter sich als der besondre Vertreter irgend welcher Abtheilung von Stadtbewohnern ansehen, oder wohl gar von einer solchen Abtheilung Anweisung erhalten, und ihr sür die Vertheidigung ihres besondern Vortheils verant-

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| wortlich werden dürfe. Allein derjenige Grad von a!lgemei-

ner Bildung, welcher eine völlig unbefangne Würdigung al- ler Gewerbs - und Standes - Jntressen sichert, ist se!bst unter den gebildetern Ständen eine höchst seltne Erscheinung. Er- ziehung, Umgang mit Gewerbs- und Standes - Genossen, und eignes Jutresse, worin aub der Billigste doch immer nur Richter in eigner Sache wird, üben einen unvermeidlichen Einfluß auf das Urtheil auch der Versiändigsten. Selbst dieje- nigen, welche würklih mit dem Vorsaße auftreten, nux das all- gemeine Wohi der Ortsgemeine vertheidigen zu wollen, bctrach-

| ten dasselbe doch aus der in der Regel sehr einseitigen An-

sicht, welche die Bildung ihnen giebt, die sie in ihren Ver- hältnissen empfingen. Noch vielmehr wird die große Mehr- heit derjenigen hôchsteinseitig über öffentliche Augelegenheiten urtheilen, welche, wie rechtlih und verständig sie auch sein mögen, doch niemals den Begriff eines allgemeinen Orts-Jn- tresse aufgefaßt haben, sondern ganz in dem engen Kreise eines besondern Gewerbs - oder Standes - Jntresse befangen sind. Wie dringend auch Gesehe und obrigkcitiiche Ermah- nungen Gemeingeist empfelen; der Vortrag und das Ab- stimmen der meisten Mitglieder einer Stadtverordneten - Ver- sammlung wird dennoch, selbst unwiltührlich und unbewußt, von dem besondern Gewerbs - und Standes - Geiste geleitet,

| der nur verführerischer und verderblicher würft, wenn er die

Maske des Gemeingeistes anzieht. :

In kleinen Ortschaften ist das Bewohnen eines gemein- schaftlichen Raumes, das räumliche Jutresse mithin, das überwiegend wichtigste Verbindungsmiitel der Einwohner.

“Jeder fennt den andern Ortsbewohnéer- persönlich, Jeder be-

darf nicht selten seiner Dienste oder doch seiner Wilfähr1gfkeit. Jeder Stand, jedes Gewerbe is zu wenig zahlreich beseßt, um selbst da, wo erhebliche Verschiedenheiten hierin statifin- den, einer Absonderung wesentlichen Einfluß auf die meisten Lebensverhältnisse zu gestatten. Das Bedürfniß größrer Verbindungen, sei es auch nur- für die Annehmlichkeiten des

| geselligen Lebens, liegt allzu nahe, als daß strenge Absonde-

rungen nach Stand und Gewerbe durchgreifend würken fönn- ten. Je gröger die Ortschaften, je zahlreicher ihre Bewohner werden, um desto mehr ändert sich dieser Z:stand; und das Standes und Gewerbs Jutresse überwiegt endlich in solchem Maaße, daß Menschen, welche lebenslang Nachbaren waren, wohl gar in einem Hause wohnen, niemals in geselligen oder auc) nur gegenseitigen Gefällizfkeits- oder Dienst-Verhältnissen in Berührung kommen, und einander selbst persdnlich unbekannt bleiben. Nicht der Schneider, der Schuhmacher, de r Tischler, der Schlosser, der unmittelbar neben dem Rentenirer wohnt, bedient ihn mit seiner Arbeit; sondern Handwerker aus ganz andern Stadtgegenden v-rfertigen seinen Bedarf. Veranlaßt auch das tägliche Bedürfniß, sich eines nahen Material, Bäk-

| ker- oder Schlächter - Ladens zu bedienen : so wird do häufig

unter mehren beinahe gleih nahen gewechselt, und der ein- zelne Kunve erhält überhaupt unter der großen Anzahl von Abnehmern. niemals die besondre Wichtigkeit, die in fieinea Ortschaften bald eine nähere Bekanntschaft anfknúpfe. Die Verhältnisse, welche die Nachbarschaft der Wohnungen er- zeugt, gehn-in großen Srädten größtentheils in persönlichen Verbindungen unter; und es entsteht hieraus eine Entfrem- dung der Nächstanwohnenden , “von deren Möglichkeit der größte Theil der Einwohner kleiner Ortschaften nicht einmal cinen Begriff hat.- Das unter scheidenste Kennzeichen des wahrhaft städtischen Lebens dürfte wahrscheinli eben in diesem Uebergewichte der persönlichen Verhältnisse über die räumlichen bestehn ; uud es scheint um so mehr nothwendig, demselben auch aufdie Ver- fassung der Stadtgemeinen einen durch Geseke geregelten Ein- fluß einzuräumen, als seine Würksamfeit in dieser Beziehung durch bloßes Zurückweisen offenbar nicht ausgeschlossen wer- den kann. Ja dem vorliegenden Falle ist nur der Einfluß des großstädtischen Verhältnisses auf die Wahlen der Stadt- verordneten zu berüsihtigen, Jundem diejenigen Bürger, welche denselben räumlih begränzten Bezirk einer ansehnlichen. Stadt bewohnen, zu eincr solchen Wahl berufen werden, treten Männer zusammen, welche zum Theil „in Geschäfts: und Gesellschafts - Verhältnissen durchaus - keine “Berührung haben, und sih nur jährlich einmal, wo nicht gar nur einmal in dreijähriger Frist, zu dieser einfahen Verrichtung ver- sammeln. Wie vielen guten Willen auch Jeder mitbringen möchte, sich îin_ einer Gesellschaft ahtbarer Bürger nur als

Standesgenossen zu fühlen; der Empfindung des Fremdseins