1875 / 66 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 18 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

hier eingetroffenen Großherzog von Sachsen. Heute Abend findet eine musikalische Soirée im Königlichen Palais ftatt. Ihre Majestät die Kaiserin-Königin besfuchte das Augusta- Rae und das hiefige Ursuliner Erziehungsftift. Ihre ôöniglihe Hoheit die Großherzogin von Baden begleitete heute Ihre Majestät die Kaiserin-Königin zur Kaiserin von Rußland.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin begaben Sih geftern Vormittag um 11é Uhr in das Königlihe Schloß und machten daselbst den hier angekommenen fremden Fürstlihen Herrschaften einen Besuch. Um 3# Uhr besuchte Se. Kaiser- lihe und Königliche Hoheit mit Ihrer Königlihen Hoheit der Großherzogin von Baden die Kunstausstellung von Sachse.

Im Laufe des Abends begab Sich Höchstderselbe in die Vorftellung des Schauspielhauses und demnächst zum Empfang Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Sachsen nah dem Anhalter Bahnhof.

Die hier eingetroffenen Fürstlihen Herrshaften machten Gegenbesuche im Kronprinzlihea Palais.

Se. Majestät der Kaiser und König haben von dem Professor an der Universität Leipzig, Königlih \ächsishen Geheimen Rath Dr. Roscher, ein Exemplar von dessen neuestem Werke: „Geschihte der National-Oekonomik in Deutschland“ an- zunehmen und dem Verfasser aus diesem Anlaß mittelst eines anerfennungsvollen Allerhöchsten Schreibens die Infiignien des Rothen Adler-Ordens zweiter Klasse zu übersenden geruht.

Der in der gestrigen Sizung des Herrenhauses zu . 39 (jegt 38) gestellte Antrag des Herrn Becker (Halber- adt) lautet:

a. im Absaß 1 die Worte „oder in ffentlichen, obrigkeitlih be- ftätigten Sparkassen, oder bei der Deutschen Reichsbank“ zu streichen, dagegen aber

b. zwischen Absatz 1 und 2 folgenden Absatz einzushieben: „Gel- der, welche in dieser Weise nah den obwaltenden Umständen nicht angelegt werden können, find ber der Reichsbank oder bei öffentlichen, obrigkeitlih beftätigten Sparkassen zinsbar zu belegen.“

An der sehr lebhaften Diskussion betheiligten fih die Herren Graf Zieten-Schwerin, Beer (Halberstadt), v. Dehend, Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode, Graf zur Lipp2, Wilckens, Wever, Henrici, v. Witzleben, wie auch der Justiz-Minister Dr. Leonhardt und der Geheime Justiz-Rath Kurlbaum 11. Dann wurde der Antrag Beer angenommen, das Al. 4 des Kommisfionsantrages ge- ftrihen und mit diesen Aenderungen der Kommissions8antrag an- genommen.

Den §8. 39 beantragte die Kommission folgendermaßen zu fafsen! afl „Der Vormund darf Vermögensgegenftände des Mündels nicht in seinem Nußen verwenden und nicht ohne Genehmigung des Gegen- vormundes oder des Vormundschaftsgerichts in Gebrauch nehmen. Er hat das troßdem in seinem Nußen verwendete Geld von der Ver- wendung an zu verzinsen Den Zinsfuß bestimmt das Vormund- schaftsgeriht nah seinem Ermessen auf acht bis zwanzig vom Hundert.

Eine Hypothek oder Grundshuld, welche auf einem Grundstücke des Vormundes haftet, darf dersclbe für den Mündel niht erwerben.“

Hierzu beantragte Herr Wilckens vie Worte:

„und nicht ohne Genehmigung des Gegenvormundes oder des Vormundschaftsgerichts' in Gebrauch nehmen“

zu ftreicher. Nach einer kurzen Debatte, an der fih die Herren Wilckens3, Wever und Iustiz-Minister Dr. Leonhardt bc- theiligten, wurde der Antrag Wilckens und demnächst der An- trag der Kommisfion angenommen.

Den §. 40 empfahl die Kommisfion in folgender Fafsung zur Annahme:

„Der Vormund darf: 1) die Veräußerung von Werthpapieren, 2) die Einziehung, Abtretung oder Verpfändung von Kapitalien, so- fern dieselben nit bei Sparkassen angelegt sind, 3) die Aufgabe oder Minderung der für eine Forderuzg bestellten Sicherheit nur mit Ge- nehmigung des Gegenvormundes vornehmen. y

Die Genehmigung des Gegenvormundes kann durch die Ge- nehmigung des Vormundschaftsgerichts erseßt werden.“

Hierzu beantragte Herr Wilfens folgende Fassung :

„Der Genehmigung des Gegenvormundes bedarf es 1) zur Ver- äußerung 2c., 2) zur Einziehung 2c., 3) zur Aufgabe 2c.“

Dieser Antrag wurde ohne Diskussion angenommen.

Ohne Diskusfion wurden ferner die §8. 41 bis 49 nach der

von der Kommission empfohlenen Fassung angenommen. Für den 5: 50 empfiehlt die Kommission folgende Fassung:

Das Vormundschaftsgeriht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des Gegenvormundes die Aufsicht zu führen.

Das Vormundschaftsgericht ist befugt, gegen den Vormund und den Gegenvormund Ordnungsftrafen zu verhängen. Eine Ordnungs- strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.

Hierzu hatte Herr Becker (Halberstadt) einen Antrag ge- ftellt, den die Herren Graf Brühl, Graf Udo zu Stolberg- Wernigerode und der Antragsteller vertheidigten, während die Herren Gobbin, Dr. v. Goßler, der Referent und der Regie- rungsfommissar, Geheimer Justiz-Rath Kurlbaum 11. ihn be- fämpften. Bei der Abstimmung wurde der Antrag verworfen und die Faffung der Kommission angenommen.

Ein Antrag auf Vertagung wurde um 33/, Uhr angenom- men und beraumte der Präfident, indem er dem Hause in Aus- ficht stellte, wenn die Vorlagen, die dringend erledigt werden müssen, noch in dieser Woche durchberathen werden follen, daß dann Abendfizungen zur Hülfe genommen werden müßten, die nächste Sizung auf heute Vormittag 11 Uhr an.

In der heutigen (12.) Sizung des Herrenhauses, welhe der Erfte Vize-Präfident, Herr v. Bernuth, um 11 Uhr 20 Minuten eröffnete, und welchGer der Justiz-Minister Dr. Leonhardt und die Regierungs-Kommissarien, Geh. Iustiz-Räthe Kurlbaum IL. und Dr. Stölzel, beiwohnten, trat das Haus fo- fort in die Fortseßung der gestern vertagten Spezialdiskussion über den Gesegentwurf, betreffend das Vormundschaftswefen, ein. Die Debatte begann bei 8. 51 und wurde wegen der hierzu vorliegenden Amendements die Diskussion über die §8. 51, 52 und 53 gleihzeitig eröffnet. Dieselben lauten:

8 51. Dem Vormundschaftsgeriht ftcht für jede Gemeinde oder für einen örtlich abzugrenzeuden Gemeindetheil ein Gemeinde- mitglied, und für jeden Gutsbezirk ein Angehöriger desselben, als MWaisenrath zur Seite. Für benachbarte Gemeinde- oder Gutsbezirke kann dieselbe Person zum Weisenrath b-stellt werden.

Der Waijenrath hat die Aufsicht über das persönlihe Wohl des Mündels und über dessen Erziehung zu führen, insbesondere Mängel oder Pflichtwidrigkeiten, welche er bei der körperlichen oder sittlihen Erziehung des Mündels wahrnimmt, anzuzeigen, auch auf Erfordern über die Person des Mündels Auskunft zu ertheilen.

Er hat diejenigen Personen vorzuschlagen, welche im einzelnen See zur Berufung a!s Vormund oder Gegenvormund geeignet erscheinen.

&. 52. Das Vormundschaftsgeriht hat den Waisenrath des Bezirks, in welchem der Mündel wohnt, von der einzuleitenden Vor- mundschaft in Kenntniß zu seßen und ihm den bestellten Vormund namhaft zu machen.

Von einer Verlegung der Wohnung des Mündels in eine andere Gemeinde oder einen anderen Bezirk hat der Vormund den Waijen- rath zu benachrichtigen. Dieser hat den Waisenrath des neuen Auf- enthaltsortes in Kenntniß zu seßen.

. 53. Das Amt des Waisenraths ift ein unentgeltliches Gemeindeamt.

An Orten, in welchen für einzelne Zweige der Gemeindeverwal- tung besondere Organe bestehen, kann durch Beschluß der Gemeinde- behôrde das Amt des Waisenrathes mit einem jener Organe ver- bunden werden. Dem Vormundschaftsgeriht is von dem Beschlusse Mittheilung zu machen.

Hierzu beantragten die Hcrren v. Voß und Genoffen:

1) dem §. 51 folgende Faffung zu geben:

._ Dem Bormundschaftsgericht sind für jede Gemeinde oder für Srtlich abzugrenzende Gemeindethecile ein oder mehrere Gemeinde- glieder und find jedem Gutsbezirk ein oder mehrere Angehörige des- selben als Waifenräthe zur Seite zu setzen. °

_Für benachbarte Gemeinde- oder Gutsbezirke können dieselben Personen zu Waisenräthen bestellt werden.

Das Amt eines Waisenraths ist ein unentgeltliches Gemeindeamt. s nähere Einrichtung ift, soweit nöthig, durch Orktsstatut zu regeln. 6

Durch GemeindebesHluß kann das Amt des Waisenraths auch an kirchliche Gemeinde-Organe mit deren Einwilligung übertragen und, wenn für einzelne Zweige der Gemeinde -Verwaltung be- Io dazu geeignete Organe bestehen, mit den leßtern verbunden werden.

Dem Vormundschaftsgeriht is von dem Statuf, beziehungswelse Gemeindebeshluß, Mittheilung zu machen.

2) aus dea Absäßen 2 und 3 des §. 51 einen neuen §. 52 bilden.

3) den §. 52 der Kommissions-Vorlage als §. 53 bezeichnen.

An der Diskusfion betheiligten \fich_ die Herren Graf Brühl, v. Voß, Beyer, der Referent und der Regierungs-Kommissar Geheimer Justiz-Rath Dr. Stölzel, dann wurden vom Hause die ersten drei Alinea des Antrags v. Voß Nr. 1 angenommen,, die leßten drei dagegen ges{chlossen, aus den beiden leßten Alinea des Kommisfionsantrages ein neuer §. 52 gebildet, der 8. 52 des Kommisfionsantrages als §. 53 und der §. 53 nach Strei- chung des ersten Alinea als §8. 54 angenommen.

Die folgenden beiden Paragraphen wurden ohne Diskusfion nach der Fassung der Kommission angenommen. Den §. 57 \{chlug die Kommission vor, in folgender Fassung anzunehmen :

__ Der Vater, die Mutter, der Ehemann und die Großeltern des Mündels find von der Rechnungslegung während der Verwaltung frei. Der Vater und die Mutter sind berechtigt, in der §. 16 Nr. 2 be- stimmten Form den von ihnen benannten Vormund von der Rech- nungslegung während der Verwaltung zu befreien.

In Fallen, in denen keine Rechnungslegung stattfindet, hat der Vormund auf Erfordern des Vormundschaftsgerihts alle zwei Jahre oder in längeren Zwischenräumen eine Ucbersiht des Vermöügens- bestandes einzureihen, welche vorher dem Gegenvormund vorzulegen und von diesem mit seinen Bemerkungen zu versehen ist. D-r Vater des Mündels ist von dieser Verpflichtung frei.

(Absatz 3 unverändert in der Fassung der Regierungsvorlage.)

Hierzu beantragten: Herr Gobbin: Jn Alinea 2 hinter „Gegenvormund“ hinzuzufügen: „unter Nachweisung des Be- standes“ und Herr Beer (Halberstadt) statt der Worte: „Nah- weisung des Vermögensbestandes“ zuzuseßzen: Einreihung der Vermögensübersiht. Nach kurzer Diskussion, an der fich die Herrn Gobbin, Wever, Dr. v. Goßler und der Justiz-Minister be- theiligten, wurden diese beiden Anträge angenommen.

Den §. 58 empfahl die Kommission in folgender Fassung anzunehmen: E

„Vormünder, welhe für den Mündel ein erhebliches Vermögen zu verwalten haben, können von dem Vormundschaftsgerichte zur Stellung einer Sicherheit angehalten werden. Die Art und der Um- fang der Sicherheit wird nach rihterlichem Ermessen bestimmt; sie kann jederzeit erböhet, gemindert oder erlassen werden.

Kosten, welche aus der Stellung der Sicherheit erwachsen, sind aus dem Vermögen des Mündels zu entrichten.

Der Vormund ftanun seine Entlassung verlangen, wenn er zur Stellung einer Sicherheit angehalten wird.“

Hierzu beantragte Herr Beseler: das legte Alinea zu streihen, und das Haus trat diesem Antrage ohne Diskusfion bei. (Schluß des Blatts.)

Im ferneren Verlaufe der gefirigen Sizung des Haujes der Abgeordneten wurde hinsihtlih der Beschwerde des Abg. Wolff über die in seiner Wohnung in Cöln vorge- nommene Haussuhung der Antrag der Justizkommisfion mit einem Zusaß angenommen:

„Das Haus wolle beschließen:

1) die am 12. März 1875 bei dem Abg. Th. Wolff in dessen Wohnung zu Cöln von der Königlichen Polizeibehörde daselbst vor- genommene Haussuchung widerspriht zwar nah Lage der Sache dem Art. 84 der Verfassungsurkunde; die Beschwerde des Abg. Wolff wird jedoch durch die von der Königlichen Staatsregierung auf Grund der eingeforderten amtlichen Berichte gemachten thatsächlihen Mittheilungen für erledigt erahtet.“

„2) Die Staatsregierung aufzufordern, zur Ver- hütung ähnlicher Fehlgriffe der Behörden, die Person des Abgeordneten den Gerichten und Polizeibehörden des Wohnorts desselben mitzutheilen.“

Dann erledigte das Haus eine Reihe von Petitionsberichten. Die Petitionen mehrerer jüdisGer Gemeinden, den Juden den Austritt aus einer Synagogengemeinde ohne gleihzeitigen Aus- tritt aus dem Judenthum zu ermöglichen, wurden dur folgenden Beschluß erledigt :

„Die Petitionen der Staatsregierung mit der Aufforderung zu über- reihen, dem Landtage noch im Laufe der gegenwärtigen Sesfion eine Vorlage zu machen, durch welche den Juden in allen Theilen der Movarchie der Austritt aus einer Religionsgemeinde aus konfessionellen Bedenken und ohne gleichzeitigen Austritt aus dem Judenthum er- möagliht wird, und die in einzelnen Landestheilen etwa entgegen- stehenden geseßlichen Bestimmungen aufgehoben werden.“

Eine Petition der Amtsvorsteher des Kreises Wanzleben führt Beschwerde über die ihnen entzogene Berechtigung zur (Sr- theilung der. Bauerlaubniß bei Neubauten u. . w. Die Kom- mission für das Gemeindewesen beantragte, die Petition der Re- gierung zur Berückfichtigung zu überweisen; das Haus tritt diesem Antrage bei.

Dann erledigte das Haus noch einige Petitionen durch Uebergang zur Tagesordnung und verwies den Antrag des Abg. Reichensperger, betreffend die Sirafandrohung Seitens der Bezirksregierungen, ohne weitere Debatte an die ad-hoc um 7 Mitglieder zu verstärkende Iustizkommisfion. S@luß 41/, Uhr.

In der heutigen (33.) Sizung des Hauses der Ab- geordneten, der am Ministertishe der Minister der geiftlihen 2c. Angelegenheiten, Dr. Falk, mit dem Regieruugs - Kommissaren Ministerial-Direktor Dr. Förfter und Geh. Regierungs - Rath Lucanus beiwohnten, begann die zweite Berathung des Geseßz- Entwurfs, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staats3mittieln für die rôömish-katholischen Bis- thümer und Geistlihen. §. 1 [autet:

In den Erzdiözesen Cöln, Gnesen und Posen, den Diözefen Culm, Ermland, Breslau, Hildesheim, Osnabrück, Paderborn, Münster, Trier, Fulda, Limburg, den Delegaturbezirken dieser Diözesen,

sowie in den preußishen Antheilen der Erzdiözesen Prag, Olmüß, Freiburg und der Diözse Mainz werden vom Tage der Verkündung dieses Geseßes ab sämmtliche, für die Bisthümer, die zu denselben gehörigen Institute und die Geistlichen bestimmte Leistungen aus Staatêmitteln eingestellt. Auêgenommen von dieser Maßregel bleiben die Leistungen, welche für Anstaltsgeistliche bestimmt sind. Zu den Staatsmitteln gehören aub die unter dauernder Verwaltung des Staats stehenden besonderen Fonds.“

Der Abg. Dr. Petri beantragte statt „An staltsgeistlihe“ zu seßen „Militärgeistliche“. ;

Zum Worte meldeten fich 13 Redner und zwar 3 gegen den 8. 1: Freiherr v. Wendt, Windthorst (Meppen), Thissen; 10 Redner für den §. 1: Werner, Dr. Gneist, Jung, Dr. Loewe, Windthorst (Bielefeld), Dr. Petri, Dr. Roepell, Richter (Sanger- hausen), v. Bismarck (Flatow), v. Kardorff.

Der Abg. Frhr. v. Wendt erklärte fh gegen §8. 1, indem er zur Begründung seines Widerspruches die ganze päpstliche Encyklika unter dem heftigsten Widerspcuch des Hauses verlas ; von der Verlesung war wegen des Geräuschs und der Unruhe im Hause nihts zu verstehen, ein großer Theil der liberalen und konservativen Mitglieder verließen den Saal. Der Präfident von Bennigsen mußte dem Redner allerdings das Recht zu= gestehen, dies Aktenstück, dessen Verlesung er für noth- wendig hielt, verlesen zu dürfen, obwohl es vielleiht bei dem deutli ausgesprohenen Wunsche des Hauses besser gewesen wäre, dieselbe zu unterlassen; außerdem f\prach der Präsident die Ansicht aus, daß die Verkündigung von der Rednertribüne nicht etwa an die Stelle der. Ver- kündigung durch - die Bischöfe treten solle, (Lebhafter Beifall.) Der Redner seßte dann seine Rede gegen §. 1 fort, blieb aber bei der fortdauernden Unruhe im Hause unverständlich. Der Ministerial-Direktor Dr. Foerster wies dann die einzelnen Vor- würfe des Vorredners zurück. Bei Schluß des Blattes \sprach der Abg. Werner für H. 1.

Nah einem Reskript des Minifters des Innern steht den Kreisdeputirten zwar weder nah der früheren Geseß- gebung, noch nach der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 ein Anspruch auf Gewährung von Diäten für die Vertretung des Landraths in Behinderungsfällen oder während der Vakanz der Stelle zu, da sie diese Funktion als ein Ehrenamt in ihrer Eigenschaft als Kreisdeputirte wahrzunehmen haben. Indeß ist den Kreisdeputirten, in Rückficht auf die Aufwendun- gen, zu denen sie die Wahrnehmung der Geschäfte des Land- rathsamtes als eines Staatsamtes nöthizt, als Entschädigung eine Remuneration in Form von Diäten zu 2 Thlr. täglich aus der Staatskasse bisher gewährt worden, und es is nicht die Absicht, hinfihtlih d@ser Einrichtung in Zukunft eine Aenderung eintreten zu lassen.

Die Unterlafsung der Kautionsbestellung für eine bis zum 1. Juli 1874 neu begründete Zeitung fällt, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 24. Februar cr. auch nach Emanation des Reihs-Preßgesezes unter die Straf- beftimmung des preußischen Preßgeseßzes.

Se. Durchlaucht der Fürst Heinrich XIV. Reuß j. L. traf geftern Abend in Begleitung des Flügel-Adjutanten Haupt- mann v. Kracht aus Gera hier ein und stieg im Hotel Royal ab.

Der General-Major von Wulffen, bisher Comman- deur der 10. Jnfanterie-Brigade, ist zum Kommandanten von Breslau ernannt worden und avs Anlaß dieser Ernennung zur Absftattung persönlicher Meldungen von Frankfurt a. d. D. hier eingetroffen.

Der General - Major von Bonin, Commandeur der 55. Infanterie-Brigade, hat fich nach beendigtem Urlaub nach Karlsruh-c zurückbegeben.

Der Seconde - Lieutenant à la suite der Armee Herr- mann Fürst von Haßzfeldt ift hier angekommen.

Der Kaiserli russishe Ceremonienmeifter v. Rjewsky, welcher gestern früh hier eintraf, hat Abends seine Reise nach St. Petersburg fortgeseßt.

Stettin, 13. März. In der heutigen Sißung des Kom - munallandtages kamen u. A. folgende Vorlagen zur Be- rathung: i

Schreiben des Ober-Präfidênten vom 11. Januar 1875 (Nr. 140) nebst Bericht des Provinzial-Schulkollegiums von Pommern in Stettin, vom 29. Dezember 1874, betreffend das Provin zial-Taubstummeninstitut in Stettin und 1) die fernere Gewährung des dem Institut bis inkl. 1875 be- willigten jährlihen Zuschusses von 1200 Thlr., 2) die Berwilli- gung eines einmaligen avßerordentlichen Zuschu}ses von 400 Thlr. zur Beschaffung der zur Einführung des Unterrichts im Zeichnen und Modelliren und einiger andern dringend nothwendigen Schulausrüstungsgegenstände, und 3) einen event. in Ausficht zu stellenden Beitrag zu einem Ruhegehalte für den Vorsteher Böttcher. Der Landtag bewilligt dem Provinzial-Taub- ftummeninfstitut zu Stettin die fernere Gewährung des bis infl. 1875 bewilligten jährlihen Zushusses von 1200 Thlr. = 3600 4 auch für das Iahr 1876, lehnt dagegen den weiter beantragten uußerordentlihen Zushuß von 400 Thlr. = 1200 H, so wie einen eventuellen Beitrag / zum Ruhegehalt für den Vorfteher Böttcher ab. Der Beschluß ift vollzogen.

Bericht des Direktors für das - Landarmenwesen in Alt- pommern vom 4. Juni 1874 (Nr. 3568/3), mit welchem der- selbe den von dem Direktor Lenz unterm 10. März 1874 er- statteten Jahresberiht über die Verwaltung der Landarmen- Anstalt zu Neustettin pro 1873 nebst der dazu gehörigen General-Uebersicht in Abschrift überreiht. Der Landtag hat von dem vorgelegten Verwaltungsbericht der Landarmen-Anftalt Neufieitîn pro 1873 Kenntniß genommen.

Schreiben des Kuratoriums der Pommerschen Pro- vinzial - Blindenanfstalten vom 26. Mai 1874 (Nr. 171), mit welchem dasselbe Abschrift 1)“ des Kafsen- Auszuges aus der Jahresrechnung der Pommerschen Provinzial- Blindenanftalt für Knaben pro 1873, 2) des Kassen-Abshlusses der Victoria-Stiftung für blinde Mädchen pro 1873, und 3) der dazu gezogenen Kalkulatur-Monita nebt der Beant- wortung derselben zur Kenntnißnahme überreiht. Die Rech- nungen über die Provinzial-Blindenanstalt für Knaben, und über die Victoria-Stiftung für blinde Mädchen pro 1873 gehen nach genommener Kenntniß zu den Akten. Der Beschluß if vom Vorfizenden und Referenten vollzogen.

Beschlüsse der Altpommerschen Landftube vom 17. und 19. No- vember und 15. Dezbr. 1874, betr. die Einigung der Kommunal-= stände Altpommerns mit den Kreisen Dramburg und

Schivelbein wegen gemeinschaftlicherTragungderdurch

die Irrenpflege entstehenden Armenpsflegekosten. Der Land- tag genehmigt das von der Landsitu3e mit den Kreisen Dram- burg und Schivelbein wegen gemeinscaftliher TrdFung der

durch die Irrenpflege in den Anstalten zu Rügenwalde und Ueckermünde entstehenden Kosten und Uebernahme dieser Kosten vom 1. Januar cr. ab auf den Landarmenfonds getroffene Ab- kommen. Der Landtag beschließt demgemäß, unter Modifikation des Nr. 2 des Konklufi des 45. Kommunal-Landtages ad Prop. C. 25 gefaßten Beschlusses vom 11. März 1874, vom 1. Ja- nuar cr. ab die Kosten der öffentlihen Fürsorge für die heil- baren und für die gemeingefährlihen ortsarmen, so wie die [landarmen Geisteskranfen, welhe durch deren Aufnahme und Pflege in den Irrenanftalten zu Rügenwalde und Ueckermünde entstehen, auf den Landarmenfonds zu übernehmen. Der Be- {luß if vollzogen.

Schreiben des Justiz - Raths Calow zu Stettin vom 4. März 1875, nach welchem derselbe unter Ueberreihung eines Attestes des Dr. Steffen vom 3. ejusd. um Enthebung von dem Amte als Land-Syndikus und seine Penfionirung bittet. Der Landtag genehmigt die Penfionirung des Land - Syndikus Justiz-Rath Calow, vom 1. Juli cr. ab mit der Hälfte des Ge- halts als Penfion, und beauftragt, die Landftube, unter Vorbe- halt der Bestätigung des nähsten Landtages, einen 'neuen Syn- sa zu wählen und die Modalitäten seiner“ Anstellung festzu- stellen.

Bericht des Direktors für das Landarmenwesen in Alt- pommern vom 7. September 1874 (Nr. 545/8), betreffend die Fesisezung der Kosten, welhe für Häuslinge der Landarmen- Anstalten zu Ueckermünde und Neustettin und für Insassen der Knaben-Detentions-Anftalt zu Zarower Mühle vom 1. Januar 1875 ab zu liquidiren find. Der Landtag geneh- migt die von der Landfstube vorgeschlagenen Verpflegungskosten- säke für die Häuslinge in den Landarmen - Anstalten zu Neu- stettin und Ueckermünde, und für die Insassen der Knaben-De- tentions-Anstalt zu Zarower Mühle.

Schreiben des Over-Präfidenten vom 23. Dezember 1874 (Nr. 6135), nah n:elchem derselbe unter Uebersendung der Ab- schriften zweier Berichte der Königlihen Regierung zu Cöslin vom 20. November und 15. Dezember 1874 und der dazu ge- hôrigen Anlagen, betreffend die Taubstummen-Anfstalt zu Cöslin die thunlihste Berücksichtigung des von der Königlichen Regierung gestellten Antrages auf Erhöhung der Beihülfe für die Anftalt von jährliÞG 600 Thlr. auf 2000 Thlr. auf das Wärmfste befürwortet. Der Landtag bewilligt für die Taub- stummen-Anftalt zu Cöslin die Erhöhung der bisherigen jähr- lihen Beihülfe von 600 Thlr. = 1800 f für die beiden Jahre 1875 und 1876 auf 1500 Thlr. —= 4500 F durch Abstimmung mit 20 gegen 16 Stimmen, nachdem vorher der Antrag auf Bewilligung von jährlich 2000 Thlr. = 6000 # mit 7 gegen 19 Stimmen abgelehnt worden war. "

Damit ift die heutige Sizung geschloffen. Die nächste Sißzung if von dem Vorfißenden auf Montag, den 15. März cr., Vormittags 11 Uhr, anberaumt.

Breslau, 18. Mârz. (V. T. B) Uebér die Ver- anlassung der geri@tlihen Vorladung des Fürstbishofs Dr. Förster am 16. d. M. wird nunmehr bekannt, daß die- selbe auf Requifition des Staatsanwalts in Meseriß behufs Vernehmung in der Angelegenheit des Propfstes Kick in Kähme erfolgt ift.

Münster, 18. März. (W. T. B.) Die Verhaftung des Bischofs von Münster Dr. Brinkmann isst heute früh um 7 Uhr vollzogen und if derielbe zur Verbüßung einer 40tägigen Strafhaft nah Warendorf abgeliefert worden.

Weilburg, 17. März. (W. T. B.) Von hier ist folgende telegraphische Adres \ ean den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck gerihtet worden: „Ihren gestrigen mächtigen Worten im Ab- geordnetenhause zu dem jegigen großen Geisteskampfe mit Gott, für König und Vaterland \pricht die wärmste jubelnde Zu- stimmung aus die heute hier tagende freie Konferenz evangelischer Geistlihen und Laien im Oberlahnkreise.“

Bayern. München, 16. März. von 104 Uhr an hat in den sogenannten reihen Zimmern der Königlichen Residenz eine mehrstündige Sizung des Kapitels des St. Georgi-Ritterordens, sowie der hier anwohnenden Mitglieder, sämmtliche in Uniform, stattgefunden.

Nachdem übex den Gesezentwurf beziehungsweise dec Brandversicherungs- Anstalt Einhelligkeit zwischen beiden Kammern erzielt 1st, wird hinfihtlich der Genehmigung der Kosten zur Durchführung desselben, beziehungsweise der zur Leitung der Anstalt unter dem Namen „Brandversicherungskammer“ neu zu errichtenden Zentralbehörde ein besonderes Poftulat dem- nächst an die Kammer der Abgeordneten gelangen.

Württemberg. Stuttgart, 16. März. An die gestrige Eröffnung des Landtages {loß fich unmittelbar eine ersie Sizung der Kammer der Standesherren und Nachmittags 4 Uhr eine solche der Abgeordnetenkammer. Die erftere wurde von Fürst Waldburg-Zeil eröffnet, indem er die Mit- glieder willfommen hieß, auf die bedeutenden Aufgaben des Landtags hinwies, ihre Nachsicht für seine Geschäftsführung in Anspruch nahm, und dann mit Bedauern des Verlustes ge- dahte, den die Kammer durch den Tod ihres Mitglieds, des Herzogs Eugen Erdmann von Württemberg, erlitten. Der Herzog Wilhelm Eugen von Württemberg dankte dem Präsidenten Namens der Kammer für seinen Willkoinmgruß, worauf der Fürst-Präfident den Erbgrafen Otto v. Rechberg und den General-Lieutenant v: Baur provisorisch an den Sekretärstisch berief, bis in der nähsten Sizung die Sekfretärswahlen vorgenommen sein werden. Die Sißung der Kammer der Abgeordneten begann mit einer Ansprache des Hrn. Vize-Präsidenten Hölder, in welcher derselbe die Mit- glieder willkommen hieß und dann mit \{chmerzlihem Bedauern des Verlustes gedahte, den die Kammer dur den Tod ihres Präsidenten v. Weber erlitten, welcher feit 1851 fas ununter- brochen Mitglied + dieser Kammer und durch klaren Verstand, gediegene Kenntnisse und seltene Charakterfestigkeit eines ihrer hervorragendsten Mitglieder gewesen. Sämmtliche Mitglieder erhoben fich zum Zeichen ihrer Einstimmung mit dem ausgespro- chenen Bedauern über diesen Hingang von den Sitzen. An Regierungsvorlagen find eingelaufen: 1) der Gesezentwurf über Bewirthschaftung von Gemeinde- und Körpershaftswaldun- gen, wie er hon dem leßten Landtag vorgelegen, aber nit mehr erledigt wurde; 2) Neuregulirung der Hundeabgabe nah der Markwährung; 3) Neuregulirung der Diäten der Stände- mitglieder und der Besoldungen der Präsidenten und der stän- dishen Beamten nach der Markwährung; und 4) Neuregulirung der Bürgerannahmegebühr nah der Markwährung und den reihsgeseglihen Bestimmungen.

Waden. Karlsruhe, 16. März. Das Geburtsfeft Sr. Majestät des Deutschen Kaisers hat au hier der sog. stillen Zeit wegen mehrere Aenderungen erlitten. Wie die „Karlsruher Ztg.“ meldet, findet am Donnerstag, den 18. d. M.,

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Gestern Vormittags

Vormittags 11 Uhr, ein Schhulfest des Realgymnafiums im Rathhausfaak, am Sonnabend, den 20. d. M., Nachmittags 2 Uhr, das Festmahl im Museum und Abends Feftlichkeiten des Militärs in den Kasernen, des Leib-Grenadier-Regiments in der Geigerschen Trinkhalle statt; am Montag, den 22. d. M., Be- ; flaggung, Morgens 9 Uhr Choräâle auf den Thürmen, 10 Uhr

SFestgottesdienst , Feierlichkeiten in verschiedenen Schulen. Große | Parade, musikalischer Zapfenstreih, Salutshüfse u. dgl. haben |! zu unterbleiben.

Sessen. Darmstadt, 16. März. Für den Monat ! Mai if die Versammlung der erfien ordentlihen evans- | gelischen Landess\synode in Ausfiht genommen. Eine der | wichtigsten Aufgaben der Synode wird die neue Klasfifizirung ! der Pfarrgehalte, sowie die geseßlihe Regulirung der kirhchlihen ; Besteuerung bilden. Hinsihtlih der Rekommunikation der | Ersten Kammer über die Vorlage des Großherzoglichen Mini- | steriums des Innern, den Neubau eines Gymnasiums in | Gießen betreffend, beantragt der von dem Abg. Theobald er- | stattete Aus\chußberiht der Zweiten Kammer: für jenen Neu- | bau einsch{ließlich der Direktorswohnung 140,000 /( im Ganzen | zu bewilligen. |

Am 13. d. M. hielt der Finanz - Aus\chuß der ! Zweiten Kammer mit dem Ministerium eine gemeinschaftliche | Sizung ab. Es handelte sich namentlih um die Eisenbahn- | vorlagên, die Vorlage wegen des der evangelishen Kirche zu ge- | währenden Darlehens, um die verschiedenen Petitionen und bezw. | Regierungsvorlagen wegen Staatsunterstüzung für den Bau einer Anzahl von Vizinalstraßen, endlih die in den lezten Ta- | gen eingelaufene Hoftheatervorlage. Gutem Vernehmen nach ga- | ben die beiden ersterwähnten Vorlagen, wie auch die leßtere zu | keiner Beanstandung Veranlassung, dagegen beharrte der Aus- \{chuß rückfihtlich der Vizinalstraßen-Angelegenheiten auf feiner | früheren Anficht, daß namentliÞh mit Rücksiht auf die neue | Verwaltungsorganisation die einschlägigen Kosten von den Krei- ! sen getragen, bezw. die Angelegenßeiten in den Kreistagen und | deren Aus\shüssen zur Verhandlung gebraht werden müßten. | Eine Petition wegen des Archivs für praktishe Rechtswissenschaft wurde der Regierung in dem Sinne zu empfehlen beschtofsen, daß die geeignet sheinende Subvention aus dem Fonds für ‘ge- meinnüßige Zwecke zu entnehmen sein möchte.

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 14. März. Der Landtag hat die Gemeinde- und Kreis- ordnung zu Ende berathen. Der Kreistag geht danach aus direkten Wahlen von je 4 Landtags-Wahlkreisen hervor und besteht aus 16 Abgeordneten. Vom Kreistag wird der Kreis- aus\{chuß gewählt. Derselbe besteht aus 6 - Mitgliedern und dem ihm präfidirenden Landrath. Als oberste Instanz wird ein Verwaltungs - Gerichtshof eingeseßt. Derselbe besteht aus dem Chef des Ministeriums des Innern, aus zwei vom Herzog ernannten und aus vier von den Kreis- tagen gewählten Mitgliedern, welche mit Ausnahme des Mi- nifters ihr Mandat auf \sechs Jahre erhalten. Für die Univerfi- tät Jena hat der Landtag eine Nachbewilligung von 3600 genehmigt.

Anbalt. Dessau, 16. März. Der Erbprinz und die Erbprinzessin von Hohenzollern, die (anstatt des irrthümlih gemeldeten Prinzen Friedrich) seit einigen Tagen am hiefigen Hofe verweilten, haben fih mit dem heutigen Abendzuge nach Berlin begeben. Der Sohn des Landgrafen Friedrich von Hessen is gestern von Bonn hier eingetroffen. Die beiden ältesten Prinzen von Anhalt werden gleichfalls von Bonn heute hier erwartet. Die herzoglihe Familie wird fich am Abend des 18. an den Berliner Hof begeben, um bei der Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Kaisers dort anwesend zu sein. |

Desterreic - Ungarn. Wien, 16. März. Der Kaiser hat dem gewesenen Königlih ungarischen Minister des Innern, Grafen Szapáry und dem früheren dortseitigen Minister für -öffentlihe Arbeit und Kommunikation, Grafen Zichy von Vásonkedò jun, die Geheime Rathswürde mit Nah- siht der Taxen verliehen.

Im Abgeordnetenhause interpellirte Conte Begna den Handels-Minister, in welhem Stadium die Verhandlungen mit Üngarn wegen des Anschlusses der dalmatinishen Bahn die ungarishen Bahnen sich befinden. Bei der Verhandlung über die Salzkammergut-Bahn beantragte Brestl, den Entwurf an den Ausschuß zurückzuweisen. Nachdem der Minister Chlumecky für die Annahme des Entwurfes eingetreten, wurde derselbe in der Fassung des Aus\shusses angenommen. Bei dem Geseßentwurf, betreffend die Regelung der Verhältnisse der Alt- fatholiken, sprah Wurm gegen den Ausshußantrag, die Alt- katholifkfen mögen fich immerhin als neue Religionsgesellshaft fonstituiren, aber niemals auf Grund des Besigstandes der Katholiken. Nachdem noch mehrere Redner gesprochen, wurde die Generaldebatte ges{chlo}sen; als Generalredner wurden Pflügl und Fux gewählt. Nah der Rede Pflügls folgte der Schluß der Sitzung. Morgen wird die Debatte forigesezt. Foregger interpellirte den Minifter des Innern wegen des noch nit erledigten Rekurses anläßlich der Bildung der Freimaurerloge, „ZBufunsft“.

17. März. Das Abgeordnetenhaus hat den aus der Initiative des Hauses hervorgegangenen Geseßentwurf über die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken nah den Anträgen der Kommission ohne Veränderung in dritter Lesung genehmigt.

Prag, 16. März. Bei den gestern stattgehabten Ersaß- wahlen für den Landtag wurden in 41 Landgemeinde-Wahl- bezirken die altczehishen Kandidaten, in dem Wahlvezirke Leitomischl der jungezehishe Kandidat Wacek gewählt. In den Bezirken Deutshbrod, Königinhof, Landsfron, Neuhaus und Prachutiz erhielten die verfassungstreuen Kandidaten mit? unter sehr ansehnlihe Minoritäten. ) /

Pest, 16. März. Im Abgeordnetenhause wird die Spezialberathung des Budgets des Iustiz-Ministeriums beendet. Darauf begann di? Verhandlung über das Handelsbudget. Helfy meint, bei dem jüngsten Regierungswechsel Hätte man das Kommunikations-Ministerium mit dem Handels-Ministerium ver- einigen können. Er hoffe, daß der Zoll- und Handelsvertrag mit Oesterreich gekündigt werde. Der Handels-Minister Baron Simonyi sagte, er sei überzeugt, daß eine Vereinigung der bei- den Ministerien jegt, da das Handels-Ministerium und Verkehrs- Minifterium so besonders wihtige Angelegenheiten zu erledigen haben, nihi möglich sei und daß das vereinigte Ministerium gar zu viel Agenden umfassen würde. Baron Paul Sennyey spra die Ansicht aus, daß eine Vereinigung der beiden Mini- sterien, respektive eine Neueintheilung der Ministerien und deren

| verwendet und

| [iste für die Kammern um 122,

Agenden, jedenfalls mögli, ja aus Sparsamkeitsrückfichten sogar unumgänglich nothwendig sei. Der Handels-Minister erklärte,

daß er ganz derselben Anficht sei; nur glaube er, daß für jegt eine Vereinigung nicht durchführbar gewesen wäre. Gorove machte darauf aufmerksam, daß zur Vereinigung verschiedener Portefeuilles oder zur Neueintheilung der Ministerien das hierauf bezüglihe Geseß vom Jahre 1848 geändert werden müsse. Csernatony glaubte die Vereinigung der beiden genannten Mi- nifterien wäre gleihbedeutend mit der Decadenz des Handels und Verkehrs in Ungarn. Graf Albert Apponyi (rechte Opposition)

¡ war der Meinung, daß eine Vereinigung der beiden Ministerien | sehr praftisch näre.

Morgen wird die Debatte fortgeseßt.

Im Oberhause wurde der Kataster-Geseßentwurf, respek- tive das dritte Renuntium des Abgeordnetenhauses über diesen Gesetzentwurf, verhandelt und endgültig angenommen.

Das Amtsblatt veröffentliht heute die Ernennung B. E Kemenys zum Staats-Sekretär im Ministerium des

nnern.

Schweiz. Bern, 17. März. (W. T. B.) Der N a- tionalrath hat in seiner heutigen Sizung mit 74 gegen 27 Stimmen beshlofsen, auf die Rekurse, welhe von ultramon- taner Seite gegen die Regierungsbes{hlü}se, betreffend den fatho-

{ lishen Gottesdienst im Jura und die Internirung der reni-

tenten Geiftlihen erhoben find, nicht einzugehen, bevor. der Bundesrath über die seither eingegangenen neuen Rekurse ähn- licher Art entschieden hat.

Belgien. Brüssel, 14. März. Die Kammer der Abgeordneten hat die vier Sizungen der verflossenen Woche

i hauptsählih auf die Berathung des Notariatsreformgesetzes

wird dieselbe übermorgen wieder aufnehmen. Unter den vom Finanz-Minister eingereihten Gesegzentwürfen be-

| findet sih ein Kreditgesuch von 200,000 Frcs. für die Betheili-

gung Belgiens an der Weltausstellung von Philadelphia. Die Einleitung zum Gesetzentwurf auf Gewerbesteuerfreiheit zu Gunsten der Aerzte erweist, daß durch diese Maßregel die Wähler- die für die Provinzial- und Kommunalräthe um je 80 und 79 Stimmen vermindert werden wird; man erfährt bei derselben Gelegenheit, daß die Aerzte bis- her 11/4 Proz., die (gewerbesteuerfreien) Advokaten niht ganz 1 Proz. der Wählerkörpershaft ausmachten.

Großbritannien und Jrland. London, 16. März. In dem gestern in Brigthon im Alter von etwa 93 Jahren ver- ftorbenen Feldmarschall Sir W. Maynard Gomm, hat die britishe Armee ihren ältesten Offizier verloren.

Canada. Ein im Parlament des Dominion eingebrahter Antrag zum Erlaß einer Adresse an die Krone, die um eine Gescgebung zur Amendirung des britisch-nordamerikanishen Akts zu Gunsten eines konfessionellen Unterrichts in Neubraunschweig bat, ist, wie eine Depesche aus Ottawa meldet, verworfen worden. Dagegen gelangte mit einer Majorität von 59 Stimmen ein Amendement zur Annahme, / welches es für unrathsam erklärt, eine Reichsgesezggebung zur Beseitigung der Rechte irgend einer Provinz des Dominion anzurufen, aber die Königin bittet, ihren Einfluß auf die Legislatur von Neubraun- \hweig behufs einer Modifizirung der daselbs bestehenden Ge- seße zu Gunsten der fatholishen Minorität zu gebrauchen.

Frankreich. Paris, 16. März. Der Kriegs-Minister Ge- neral de Cissey hat allen Armee-Corps-Kommandanten neue Weisungen zugefandt, um die Ausführung des Reglements zu sichern, welches die Ober-Eisenbahn-Militärkommission für ge- wöhnliche oder ftrategishe Militärtransporte in Friedens- und Kriegszeiten ausgearbeitet hat. i

17. März. (W. T. B.) Heute Abend reit Herr Merry y Colomb nach Berlin ab.

Versailles, 17. März. (W. T. B.) Nationalver- sammlung. In der heutigen Sizung wurde die Diskussion Über die an eine Anzahl von Beamten des Kaiserreichs gezahlten Pensionen fortgesezt. Die Versammlung nahm mit 322 gegen 307 Stimmen ein Amendement Tirards an, durch welches die Regierung aufgefordert wird, vor weiterer Zahlung der betreffenden Penfionen festzustellen, ob alle for- malen Bestimmungen, deren Erfüllung gesezmäßig zum Bezuge der betreffenden Pension erforderli if, in den einzelnen Fällen eingehalten worden seien. Sodann wurde ein Zufagzartifel an- genommen, na welchem in Zukunft dér Bezug der Penfion von einem ärztlihen Gutahten abhängig gemaht wird. Schließ- lih bewilligte die Versammlung einstimmig die von der Regie- rung für diese Zwecke verlangten Geldmittel.

Die Kommission zur Berathung über den Beginn und die Dauer der Ferien der Nationalversammlung tritt heute Nachmittag zusammen, um von dem Minister des Innern, Buffet, fich darüber Auskunft zu erbitten, zu welchem Zeitpunkt etwa das Preßgeseß und das Budget vorgelegt wer- den können. Von der Antwort wird abhängen, ob der Wieder- beginn der Berathungen auf den 3., 11. oder 18. Mai festgeseßt wird. Nachdem in der gestrigen Sizung der Kommission der Deputirte Rolland darauf hingedeutet hatte, daß die Ansicht der Regierung darüber einzuholen sein werde, zu welchem Zeitpunkte die Auflösung der Nationalversammlung erfolgen werde, hat fich die Kommisfion einstimmig dahin geeinigt, zu erklären, daß der Nationalversammlung allein die Bestimuung hierüber zustehe.

Ein zweites Telegramm vom 17. Abends meldet: Der Minifter des Innern, Buffet, erschien heute in der Kom- misfion zur Berathung über den Beginn und die Dauer der Ferien der Nationalversammlung. Auf eine Interpellation über die Auflösung der Nationalversammlung erklärte der Minister, nicht antwotten zu können, da die Entscheidung dieser Frage lediglih der Nationalversammlung zustehe. Im weiteren Ver- laufe der Sizung bemerkte Buffet,-daß die Nationalversammlung niht werde auseinandergehen können, bevor fie nit verschiedene wichtige Geseßzentwürfe verathen haben werde. Dem Ber- nehmen der „Agence Havas* zufolge, wird die Kommission die Festsegung des Wiederzusammentritts der Nationalversammlung auf den 5. Mai in Vorschlag bringen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 16. März. (St. Petersb. Ztg.) Se. Majestät dec Kaiser hat Sonntag den 2./14. März den auf seinen Posten zurückgekehrten deutschen Botschafter Prinzen Heinrich VIl!. Reuß in Audienz empfangen.

Asien. Indien. Aus Calcutta wird vom 13. ds. per Kabel gemeldet: j

Das indische Budget ift veröffentliht worden. Die Aus- weise für- das Fisfaljahr 1873 74 geben die Einfünfte auf 49,611,711 Pfd. Sterl., die ordentlihen Ausgaben auf 51,404,448 Pfd. Sterl., und die außerordentlichen Ausgaben auf 3,553,307 Pfd. Sterl. an. In den regelmäßigen Boranschlägén für das Fiskaljahr 1874/75 find die Einkünfte auf 50,070,000 Pfd. Sterl. angegeben, die ordent- lihen Ausgaben auf 50,623,000 Pfd. Sterl. und die auße: ordentlichen Auzgaben auf 4,035,000 Pfd. Sterl. Jn den Budgetvoranschlägen für 1875/76 find dic Einkünfte auf 49,820,000 Pfd. Sterl. veranschlagt, die ordentlicea KAuégaben auf 49,314,000 Pfd.