1875 / 67 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 19 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

ien Landen und der Kirspielsgerichte des Landes Hadeln au

Hierzu beantragte Herr v. Dechend: ftatt „1876“ zu \a- gen „1877“. Nachdem der Antragsteller seinen Antrag befür- wortet, erklärten fich der Finanz-Minister Camphausen, der Re- gierungskommissar Geh. Justiz-Rath Kurlbaum Il., der Refe- rent und Herr Dr. Tellkampfff gegen denselben, während Graf Brühl um Annahme des Antrages bat, der jedoch vom Hause abge- lehnt wurde. Die è . 91 bis 99 wurden demnähft nach den Vorschlägen der Kommission angenommen. Zu §. 100, A ¿die Kommission in folgender Fassung zur Annahme empfahl:

„Rückfichtlih der Vormundschafts- und Pflegschaftsangelegen- heiten der Mitglieder der Königlichen Familie und des Hohenzol- lernschen Fürstenhauses behält cs bei der Hausverfassung sein Bewenden.

beantragtè Dr. Beseler diesen Paragraphen zu streihen event. demselben als Al. 2 hinzuzufügen: Die nah dem bisher gelten- den Privat-Familienrehte und der reihsständischen Familien werden durch dies Gesez niht berührt. Ferner beantragte Graf zur Lippe:

Diesem Paragraph hinzuzufügen:

_ yDie in den einzelnen Landestheilen rücksihtlich der Vormund- shafts- und Pflegschaftsangelegenheiten der Häupter nnd Mitglieder der früher reihsftändishen Familien, beziehungsweise dex Mitglieder der ehemaligen Reichêritterschaft bestehenden besondern geseßlichen Be- stimmungen bleiben in Kraft,“

An der Diskussion betheiligten fich die Herren Dr. Beseler, Graf zur Lippe, der Referent und wiederholt der Justiz-Minister, worauf der Antrag der Kommission und mithin der eventuelle Antrag Beseler angenommen wurde.

Der §8. 101 wurde ohne Debatte angenommen und- die Schlußabstimmung auf die nächste Sizung vershoben. Um 4 Uhr 5 Minuten wurde hierauf : die Sizung auf heute vertagt.

In der heutigen (13.) Sißung des Herrenhauses, welcher der Vize-Präsident des Königlihen Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Camphausen, und die Staats-Minister Dr. Leon- hardt, Dr. Achenbach, Dr. Friedenthal und eine große Anzahl von Regierungskommissarien beiwohnten und welche der erste Vize-Präsident von Bernuth um 11 Uhr 20 Minuten eröffnete, trat das Haus sofort in die ‘Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand der Bericht der Budget-Kommission über den Staatshaushalts-Etat für das Iahr 1875 war. “Der Antrag der Kommission ging dahin:

1) den Staatshaushaltsetat für das Jahr 1875 in der Fassung, in welcher derselbe aus den Berathungen des Hauses der Abgeord- neten hervergegangen ist, anzunehmen ;

2) dem Geseßentwurfe, betreffend die Feststellung des Staats- haushaltsetais für 1875 in der Fassung, welche derselbe im Hause at a r O erhalten hat, die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen.

An der Generaldiskusfion betheiligten sih die Herren Graf Rittberg, Baron Senfft v. Pilsah, Hasselbach, *Becker (Halber- stadt), Graf Udo zu Stolberg, v. Rath, Gobbin, Graf Schulen- burg-Beezendorf, v: Mirbach und der Referent Hr. Wilckens. Auch der Finanz-Minister Camphausen und der Handels-Mi- nister Dr. Achenbach nahmen wiederholt Veranlaffung, in die Diskusfion einzugreifen. Nah einer kurzen Spezialdiskussion

wurde sodann der Antrag der Kommission angenommen, ebenso auch ohne Diskusfion bei Schluß des Blattes das Etatsgeseß.

Im ferneren Verlaufe der gefirigen Sizung des, Hauzes der Abgeordneten, welher auch noch der Präsident;

des Staats-Ministeriums, Reichskanzler Fürst von Bismarck, die Staats-Minister Graf zu Eulenburg, Dr. Achenbach und Dr. Friedenthal beiwohnten, \sprach, nahdem der Abg. Wernèr für den S. 1 des Gesetzes, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römish-katholischen Bis- thümer und Geifilihen, gesprohen hatte, der Abg. Thissen, Domkapitular zu Limburg, als einer, der von dem Gesetze direkt betroffen würde. In namentliher Abstinmung wurde demnächst 8. 1 mit 263 gegen 88 Stimmen unverändert ange- nommen. y

8. 2 der Verlage lautet :

„Die eingestellten Leistungen werden für den Umfang des Sprengels. wieder aufgenommen, sobald der jeßt im Amte befindliche Bischof (Erzbischof, Fürstbischof) oder Bisthumsverweser, der Staats- regierung gegenüber durch f{riftlice Erklärung fich verpflichtet, die Gesetze des Staates zu befolgen.

Gegen diese Vorlage erklärte fich der Abg. Windthorst (Meppen); der Reichskanzler Fürst von Bismarck ergriff darauf das Wort, vm mehrere Angriffe des Vorredners unter großem Beifall des Hauses entschieden zurückzuweisen. (S. unter Land- tagsangelegenheiten.) Für den §8. 2 s\prach dann untex dem lebhäftesten Beifall des Hauses der Abg. Dr. Gneist, der den Abg. Windthorst (Meppen) ebenfalls widerlegte. §. 2 wurde mit großer Mehrheit angenommen.

Schluß 4 Uhr.

In der heutigen (34, ) Sizung des Abgeordneten- hauses, der am Minisiertishe der Staats-Minister Dr. Falk mit den Regierungs-Kommissarien Ministerial - Direktor Dr. Förster und dem Geheimen Regierungs-Rath Lucanus beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Geseßentwurfes, betreffend die Ein- fiellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römisch-katho- lishen Bisthümer und Geistlichen, fortgeseßt.

8. 3 lautet:

„In den Erzdiözesen Gnesen vnd Posen, sowie in der Diözese Paderborn erfolgt die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen für den Umfang des Sprengels, sobald die Bestellung eines Bisthums- verwesers oder die Einteßung eines neuen Bischofs in geseßmäßiger Meise stattgehabt hat,“

Der Abg. Reichensperger versuchte, bei diesem Paragraphen die allgemeine Diskusfion wieder aufzunehmen, wurde aber vom Präsidenten von Bennigsen zur Sache verwiesen und verzichtete auf das Wort. Der Abg. von Czarlinski führte aus, daß sei- ner Ansicht nach eine Sedisvakanz in Gnesen und Posen nicht eingetreten sei, daß also auch die Bestellung eines Bisthums- verwesers oder eines Bischofes nicht erfolgen könne. §. 3 wurde“ darauf unverändert angenommen.

. 4 lautet:

„Tritt die Erledigung eines zur Zeit beseßten bischöflichen Stuhles ein oder scheidet der jeßige Bisthumsverweser der Díivzese Fulda aus seinem Amte aus, bevor eine Wiederauf- nahme der Leistungen auf Grund des §. 2 erfolgt ift, so dauert die Einstellung derselben für den Umfang des Sprengels fort, bis die Bestellung eines „Bisthumsverwesers oder die Einseßung eines neuen Bischofs in geseßmäßiger Weise stattgehabt hat.“

Gegen diesen Paragraph erklärte fih der Abg. Dr. Lieber ; derselbe wurde aber nah einer kurzen Bemerkung des Ministerial- Direktors Dr. Förfter unverändert genehmigt.

8. 5, welcher lautet :

„Wenn für den Umfang eines Sprengels die Leistungen aus Staatsmitteln wieder aufgenommen sind, einzelne Empfangsberech-

tigte aber, der vom Bischof oder Bisthumsverweser übernommenen

Verpflichtung ungeachtet, den Geseßen des Staats den Gehorsam

verweigern, so is die Staatsregierung ermächtigt, die für die

Empfangsberechtigten bestimmten Leistungen wieder einzustellen“, a 4 einigen Worten des Abg. Dr. Lieber angenommen.

. 6 lautet:

„Die Wiederaufnahme der eingestelllen Leistungen an einzelne Empfangsberechtigte erfolgt außer den Fällen der §8. 2 bis 4, wenn dor Empfangsberechtigte der Staatsregierung gegenüber in der im A bezeihueten Weise sich verpflichtet, die Geseße des Staates zu »vefolgen.

__ Außerdem ift die Staatsregierung ermächtigt, die eingestelltén Leistungen einzelnen Empfangsberechtigten gegenüber wieder auf- zunehmen, wenn fie durch Handlungen die Absicht an den Tag legen, die Geseße des Staates zu befolgen. Verweigern dieselben demnächst den Geseßen des Staatcs den Gehorsam, so find die Lei- stungen aus Staatsmitteln wieder einzustellen.

Der Abg. Dr. Wehrenpfennig beantragte, statt „du rch Hand - lungen“ zu seßen „durch ihr Verhalten“ und motivirte in kurzen Worten sein Amendement, dessen Ablehnung der Ministerial-Direktor Dr. Förster empfahl. Der Abg. Dr. Aegidi sprach für, Abg. Ibach gegen §8. 6. §. 6 wurde ohne den An- trag des Abg. Wehrenpfennig angenommen. Ohne erhebliche Debatte genehmigte das Haus folgenden vom Abg. Dr. Jung beantragten §. 6a., nahdem sich der Regierungs-Kommissarius, Geheimer Regierungs-Rath Lucanus, mit den Intentionen, wenn auch nicht mit der Fassung desselben, einverstanden erklärte :

Die Entscheidungen der kirchlihen Behörden, , wèlche eine Dis- ziplinarstraße wider einen Geistlichen verhängen, dem gegenüber die Staatsregierung die eingestellten Leistungen in Gemäßheit des §. 6 wieder aufgenommen hat, können sowohl von dem Geistlichen als von dem Ober-Präsidenten im Wege der Berufung an den König- lien Gerichtshof für fkfirGlihe Angelegenheiten ohne die Beschrän- kung des §. 12 des Geseßes vom 12. Mai 1873 angefochten werden.

Die Berufung kann in diesen Fällen auf neue Thatsachen und Beweismittel gegründet werden.

S. 7 wurde ohne Debatte genehmigt:

Die Wiederaufnahme der eingestellten Leistungen erfolgt in allea Fällen vom ersten Tage desjenigen Bierteljahrs an, in wel{chem die geseßlihe Vorausseßung der Wiederaufnahme eingetreten ist.

Bei Schluß des Blattes wurde die Debatte über §. 8, der von der Verwendung der einbehaltenen Gelder handelt, begonnen.

Durch Verfügung vom 2. Februar 1875 hat der Mi- nister der geistlihen und Medizinal-Angelegenheiten angeordnet, daß, wie bereits auf Anregung der deutschen anthropologischen Gesellschaft in mehreren Theilen des Reiches geschehen, auch in Preußen einmalige Erhebungen über die Farbe der Au- gen, der Haare und der Haut der Schüler zum Zweck einer genauen ethnologischen Erforschung der gegenwärtigen Bevölkerung Deutschlands stattzufinden haben. Dieselben wer- den durch die entsprehenden Lehrer und Lehrerinnen vorge- nommen werden. Bei mehrklassigen Anstalten wird jeder Klassen- lehrer und jede Klassenlehrerin die Tabelle für die betreffende Kla}se auf besonderem Bogen aufzustellen und dabei das Durh- \hnittsalter der besichtigten Schüler dieser Klasse anzugeben haben. Die auf dieselbe Schule bezw. die auf die Schulen desselben Ortes bezüglichen Listen find als solhe genau zu be- zeichnen, etwa durch Zusammenheften in einen mit Aufschrift zu versehenden Umschlag. Ferner isst nothwendig, daß die Listen für bestimmte größere Bezirke auch äußerlih leiht erkennbar zu- summengehalten werden. Im Allgemeinen wird hierbei die Gin- theilung nah den landräthlihen Kreisen zu wählen sein.

Die wörtlihe Wiedergabe einzelnex Sätze aus den Verhandlungen des Reichstages oder eines Landtages in Aufsäzen, die zu anderen Zrwoecken geschrieben sind, sind, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals voni 23. Februar cr., von der ftrafrechtlihen Verantwortlichkeit nicht frei. Der Literat N. hatte in einem Kalender pro 1875 zwei Aufsäße: „Von 1870 bis 1874. Ein Rückbli{“ und „die Civilehe“ veröffentliht, in welhen er erdihtete und entstellte Thatsachen mit dem Bewußtsein, daß fie erdihtet und entstellt seien, öffentlih behauptete und verbreitete und dadurch Staats- einrihtungen und Anordnungen der Obrigkeit verähtlih machte. In den beiden ersten Instanzen auf Grund des §8. 131 des Str. G. B. verurtheilt; machte er in der Nichtigkeits- beschwerde unter Anderem geltend, daß die als ftrafbar bezeihneten Aeußerungen stellenweise wörtlich aus den ftenagra- phischen Berichten der Kammer entnommen seien, oder lediglih in Aeußerungen von Vertretern im Reichstage beständen, deren Verbreitung geseulih niht fsirafbar sei. Das Ober-Tribunal erachtete jedoch diesen Einwand für unbegründet und wies die Nichtigkeitsbeshwerde zurück. „Nach Artikel 22 der. Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 (Reihs-Geseß-Bl. S. 70) und nah §. 12 des Deutschen Strafgesezbuches sind“, wie das Ober-Tribunal in seinem Erkenntniß ausführt, „nur wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Reichstages (beziehungsweise eines Landtages) von jeder Verantwortung frei, während die Wiedergabe einzelner Sägze aus solchen Verhandlungen in Aufsägzen, die zu anderen Zwécken geschrieben sind, hierauf keinen Anspruch haben.“

Von-der deutschen zur Beobachtung des Venus- durchgangs nach der Kerguelen-Insel gesandten Ex- pedition ist eine Depeshe aus Aden vom 17. d. M. einge- troffen, welche den hauptsächlihsten Inhalt des am 9. Dezember von der Station abgesandten Berichts, der bereits vor einigen Tagen hier angekommen ift, wiederholt und außerdem die Mit- theilung enthält, daß die Mitglieder fich alle wohl befinden. Es ist nach dieser Depeshe und der Instruktion der Expedition anzunehmen, daß dieselbe auf ihrer Rückreise am 5. d. M. die Insel Mauritius verlassen hat und am 31. März in Marseille zu erwarten ift.

Der heutigen Nummer des Reichs- und Staats-Anzeigers liegt die tabellarische Zusammenftellung statistisher Daten der Bank- und Kredit-Institute im Rahmen des Courszettels der Berliner Börse bei.

Wir machen auf diese Beilage mit dem Bemerken auf- merfsam, daß wir derselben in möglih|t kurzer Zeit die Zu- \sammenstellung der Eisenbahnen und Industrie-Gesellschaften folgen zu lassen beabfihtigen.

Der General-Lieutenant Friedrih Graf Branden- burg, General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 11. Division, ist heute früh aus Breslau hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen. Ebendaselbst hat auch der regierende Graf zu Stolberg-Stolberg, welcher gestern Abend mit Gemahlin, geb. Prinzessin von Waldeck und Pyrmont, aus Stolb¿rg hier ankam, Wohnung genommen.

Der General der Infanterie z. D., Graf von Mon ts, ift von Dresden hier angekommen. Der General-Major Frei- herr von Meerschheidt-Hüllessem, Commandeur der 11. Infanterie- Brigade is von seiner Dienstreise hierher zurück-

gekehrt. Der General - Major Hebberling, Komman- dant von Ulm, hat fich nach Ulm zurückbegeben. Der Oberst Heinrich Xl!l. Prinz Reuß, Flügel - Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur des Königs-Husaren-Regiments (1. Rheinisches) Nr. 7, is mit Urlaub von Bonn hier eingetroffen.

Die fällige Englishe Poft, aus London, den 17. Abends, planmäßig in Cöln um 2. 50 Uhr Nahmittags, ist ausgeblieben. Grund: Seefturm.

S. M. S. „Gazelle“ is nach einem Telegramm d, d. Aden, den 17. März cr. am 26. Februar cr. auf der Insel Mauritius angekommen. An Bord Alles wohl.

Stettin, 15. März. In der heutigen vierten Sißung des Kommunallandtages wurden u. A. folgende Bescylüsse gefaßt: Der Landtag ermächtigt die Landfstube, auch pro 1876 die etwaigen Beiträge zum Reservefonds der Land-Feuersozietät selbständig festzusezen. Der Gesellshaft für Pommersche Ge- \hichte und Alterthumskunde wird die Summe von 50 Thlrn. zur Gr- werbung und zum Abdruck des Verzeichnisses der in der Universität zu Greifswald befindlichen, die Pommersche Geschichte betreffendenManu- \kripte bewilligt. Von der Uebersicht der Ginnahmen und Ausgaben des altpommershen Provinzial-Chaufseebau-Prämienfonds pro1874 wurde Kenntniß genommen, ebenso von der durh die Landstube erfolgten Aufftelung des Etars für den Landarmenfonds pro 1875; der Landtag erklärt fich mit den getroffenen Festsezungen sowie auch damit einverstanden, daß die bisher den Blinden-

instituten gewährte Beihülfe vom 1. Januar 1875 ab aus dem

Dispositionsfonds gezahlt wird. Mit den Beschlüssen det Landstube vom 15. Dezember 1874 erklärt \sich der Landtag einverstanden und findet gegen die Repar- tition der Landarmen - Beiträge nicht8 zu erinnern. Der Landtag ertheilt die Decharge über die Rehnung der Alt- pommerschen Provinzial-Hülfskasse für 1874, und ist damit ein- verstanden, daß der Zinsgewinn in der vom Stän- dischen “Ausschuß? vorgeshlagenen Art vertheilt ird, ebenso wurde die Decharge über die Jahresrechnung" der Centralkasse der Land - Feuersozietät pro 1873 ertheilt. Von dem Jahresbericht über die Verwaltung der Provinzial- Irrenanstalt Rügenwalde hat der Landtag Kenntniß genommen. Der Antrag: Die vom Lauenburger Kreise aufzubringende Quote der Provinzial - Chausseebau - Beiträge künftig auf den ganzen Kreis, und niht mehr zwischen Städten und plattem Lande ge- trennt aus\hreiben zu lassen, und. dem Kreistage die Unterver- theilung zu überlaffen, wurde abgelehnt. Gegen die Rehnung über den Irrenhaus-Baufonds pro 1873 und 1875 war nichts zu erinern. Von der Oekonomie - Wirthschaftsrechnung des Vorwerks der Landärmenanfstalt Neuftettin pro 1. Juli 1872/73; so wie von der Beantwortung der Kalkulatur - Monita wurde Kenntniß ge- nommen und Decharge ertheilt. Der Landtag genehmigt die Vorschläge der Landstube wegen Einziehung der gegenwärtigen Bestände des von der Königlichen Regierungs - Haupikässe zu Stettin verwalteten Provinzial - Chausseebau - Prämienfonds zur Ständischen Altpomuiershen Hauptkasse, so wie wegen künftiger direkter und portofreier Ablieferung der auf die Kreise und Städte auszushreibenden Provinzial-Chausseebaubeiträge an die- selbe Kasse. Ueber die JIahresrechnungen der Landarmenanstalt Ueckermünde und der Knaben-Detentions-Anstalt Zarow-Mühle pro 1873 wurde Decharge ertheilt, die Etatsüberschreitungen ge- nehmigt und die Landstube mit Verfolgung und Erledigung der Kalkulaturerinnerungen beauftragt. Von dem Jahresbericht der Anstalt für Blödfinnige zu Kückenmühle pro 1874 wurde Kenntniß genommen. j

Die nächste Sißung is auf morgen Vormittag anberaumt.

Birnbaum, 18. März. (W. T. B.) In Kähme haben, wie von dort gemeldet wird, bei Gelegenheit des gestern dort abgehaltenen Jahrmarktes tumultuarishe Auftritte gegen den Propst Kick stattgefundert, welche durch das Einschreiten der Gensd'armerie unterdrückt wurden. Eine gerihtlihe Unter- suhung der Vorgänge ift. eingeleitet.

Bayern. München, 17. März. Die „AUg. Ztg.“ meldet: Der Kriegs - Minister Freiherr v. Pranckh hat wiederholt um Enthebung von der Leitung des Kriegs-Ministeriums nachgesuht. Der Commandeur des 11. Armee-Corps, General-Lieutenant v. Maillinger und der Commandeur dex 7. Infanterie-Brigade, General-Major Frhr. v. Treuberg, wurden telegraphisch zu Sr, Majestät dem König beschieden.

18. März. (W. T. B.) Die Kammer der Rei chs- räthe hat dem Geseßentwurf über den Mislitäretat pro 1875 seine Zustimmung einstimmig ertheilt, der außerordent- lihe Militärkredit von 3,827,800 Fl. wurde mit allen gegen 4 Stimmen bewilligt.

Der „Deutsche Kriegerbund München“ wird die Geburtstagsfeier des deutschen Kaisers am Vorabend desselben, 21. d, im Saale des „Kreuzbräu“ begehen und Landtags- abgeordneter Dr. Sepp dabei die Festrede halten.

Württemberg. Stuttgart, 19. März. (W. T. B.) Zur Vorfeier des Geburtstages Sr: Majestät des Kaisers hat gestern Abend ein fesilihes Banket“ der hiefigen Bürgerschaft, unter Vorsiß des Ober-Bürgermeisters, im großen Saal der Liederhalle stattgefunden. Das Hoh auf den Kaiser wurde vom Reichstags-Abgeordneten Elben ausgebracht. Das Fest war zghlreih besucht, namentlich auch von Mitgliedern der Abgeordnetenkammer und der städtischen Kollegien.

In der Sizung der Kammer der Abgeordneten am 15. März wurde zuerst Minister v. Sick als Abgeordneter des Bezirks Blaubeuren eingeführt und auf seinen früher ge- leisteten Ständeeid hingewiesen. Finanz-Minister v. Renner legte den Hauptfinanzetat für-1875/76 vor, begleitet von einem längeren Vortrag. Hiernach belaufen sich die Gesammteinnahmen auf 24,440,736 Fl, denen eine Gesammtausgabe von 25,883,268 Fl. gegenübersteht, so daß \ich ein Defizit ergiebt von 1,442,532 Fl, welches aber durch Mittel der Refstverwaltung, frühere Einnahmeübershüsse, gedeckt werden kann, also zu seiner Bedeckung keiner außerordeutlihen Maßnahmen bedarf. Das Restvermögen berehnete \sich pro 830. Juni 1878 auf 9,670,358 Fl., ‘und wurden seither darauf angewiesen und verausgabt 8033701 Al, so daß 1637157 Sl verfügbar bleiben, und nah Abzug des obigen Defizits nohch 194,625 Fl. Von dem württembergishen Antheil an der fran- zösischen Kriegsentshädigung sind noch verfügbar 4,771,079 Fl, und sollen im Etatsjahr 1875/76 hiervon nur 1,091,039 Fl. verwendet, das übrige aber sammt dem disponiblen Restvermö- gen zusammen an 3,874,665 Fl., zur Verwendung im Jahré 1876/77 vorbehalten bleiben. Unter den außerordentlihen Aus- gaben für 1875/76 find zu nennen: Albwasserversorgung 60,000 FL., für ein Kanzleigebäude der Kammer der Abgeord- neten 150,500 F[l., weiterer Zushuß zu einem Bibliothekgebäude

außer bereits vorbehaltenen 1,100,000 Fl. noch 128,526 Fl., Er- weiterung des Kunstgebäudes 256,000. Fl.

Am 18. wurde die Wahl des Präsidenten vorgenom- men. Gewählt wurdê Hoelder (national-liberal) mit 64 von 80 Stimmen. 16 von der demokratishen Opposition abgegebene Stimmzettel waren unbeschrieben.

Waden. Karlsruhe, 17. März. Zum Ober-Bürger- meister der Stadt is heute wieder Hr. Lauter mit 103 von 106 Stimmen erwählt worden. Die zur Zeit in den verschiedenen Bezirken des Landes abzuhaltenden Diözesan-Synoden der evangelischen Kirhe werden dem Ober-Kirchenrath den Antrag unterbreiten, derselbe möge \sich bei der Staatsregierung für Auf- besserung der Pfarrgehalte aus Staatsmitteln verwenden, da die Einführung einer hierzu bestimmten Kirchensteuer „vorerst noch auf große Schwierigkeiten“ stoßen würde. Dem „Fr. I.“ zufolge beläuft sich die Zahl der anerkannten alt katholischen Ge- meinden in Baden gegenwärtig auf 15 mit 9 Geistlihen. Am selben Tage, wie Bischof Kübel, wurde von der Strafkam- mer in Freiburg der Neupriester Raible zu 4800 46 oder 101/24 Monaten Gefängniß verurtheilt.

Hessen. Darmstadt, 17. März. (Fr. I.) Nach einem heute gefaßten Beschlusse tritt die Zweite Kammer nun doch noh vor dem Feste zusammen, indem durch \{chleunigste Bericht- erstaitungen alle einschlägigen Vorlagen 2c. so weit gefördert find, um in nächster Woche zur Verhandlung kommen zu kön- nen. Als erster Tag isst der 20. d. M. bestimmt, und man glaubt, daß in der fraglihen Woche alle Angelegenheiten trotz der beiden Feiertage sih erledigen lassen. Am ersten Tage wer- den namenilich das Penfionsgesey bezüglich der widerruflich an- gestellten Beamten, die Vorlage wegen des Anlehens der evan- gelischen Kirhe und die leßte Rehenschaftsablage bezüglich der hessishen Militärverwaltung zur Berathung kommen.

Meckelenburg. Schwerin, 18. März. Se. Königliche Hoheit der Großherzog wird sich heute Abend von hier nah Dargun begeben, zum Besuch der dortigen Ackerbaushule, am andern Tage von dort weiter nah Berlin reisen und gedenkt am Mittwoch, den 24. d. M,, früh hier wieder einzutreffen.

Malchin, 19. März. (W. T. B.) Dèr Landtag ist gestern dur Verkündigung der Landtagsabschiede ge\chlo\sen worden. Der Passus des \{chwerin\schen Abschiedes über die Verfassungsangelegenheit lautet: Der Großherzog war zu der Erwartung berechtigt, daß Stände in einer mit ihm übereinstimmenden Würdigung der ernsten Lage des Landes den Weg zu einer Verständigung über die Modifikation der Ver- fasung finden würden, und kann nur sein \{chmerzliches Be- dauern darüber aus\prehen, daß die Verhandlungen über diese wichtige Angelegenheit auch auf dem gegenwärtigen Landtage erfolglos verlaufen find. Der Großherzog behält fih bei dieser Sachlage seine weiteren Entschließungen vor. Jn dem streliß\cheun Landtagsabscthied behält fich der Großherzog eben- falls weitere Entschließungen vor. Derselbe entsagt jedoh nicht der Hoffnung, daß durch weitere gemeinsame Berathungen Der Weg zu dén für das Heil des Landes erforderlihen Reformen gefunden werden wird.

Sachsen-Meiningen-SHildburghausen. Meiningen, 17. März. Die Sammlung landesherrliher Verordnungen veröffentliht ein Geseß vom 6. März 1875, den Betrag des Schulgeldes, sowie die Aufnahme- und Entlafsungsgebühren an den Gymnasien und Realschulen betreffend.

(L. 8tg.) Man hofft, daß bis Ende dieses Jahres 50 Häuser bewohnbar hergestellt scin werden. Der von der hiesigen Gemeindebehörde veröffentlihie Etat pro 1875 weist einen Fehlbetrag von 82,500 4 nach und werden daher 4 Ter- mine Grundsteuer, 8 Termine Gebäudesteuer und 8 Termine (bisher 5) Einkommen- und Klassensteuer pro 1875 zur Er- hebung kommen. Ï

Sachsen - Altenburg. Altenburg, 18. März. Ihre Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Moriz sind mit ihren Kindern, den Prinzessinnen Marie, Elisabeth und Marga- rethe und dem Prinzen Ernst, gestern nah Meiningen gereist, um an der am 23. d. M. stattfindenden Feier des 50jährigen Ehejubiläums des Herzogs. Bernhard und der Herzogin Marie von Sachsen-Meiningen Theil zu nehmen.

Schwarzburg - Nudolstadt. Rudol ftadt, 17. März. Ihre Königlihe Hoheit die Großherzogin von Mecklen- burg-Schwerin is in diesen Tagen zum Besuche am Fürst- lihen Hofe eingetrossen und am Bahnhofe von Sr. Durhlaucht dem Fürsten, Ihrer Durhlauht der Fürstin-Mutter, der Prin- zessin Adolf nnd anderen Fürstlihen Herrschaften empfangen worden, Es werden in dieser Woche noch andere Fürstliche Herr- haften hier zum Besuche erwartet.

Schwarzburg - Sondershausen. Sondershausen, 18. März. Das heute ausgegebene 4. Landesgeseßsamm- lungssttück enthält u. a.: Geseh, die Wiedereinziehung und Vernichtung der Kassenanweisungen betreffend, vom 9. März 1875.

Am 16. d. M. starb hier der Wirkliche Geheimrath a. D. Friedrih Chop. Derselbe “war seit 1839 Rath am Ober- Appellationsgericht zu Zerbst und wurde 1848 als Vorstand des Ministeriums hierher berufen, trat jedoh im Jahre 1852 wie- der zurüd.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. März. (W. T. B.) Der Kaiser wird, wie von gut unterrichteter Seite verlautet, auf dec italienischen Reise außer von dem Grafen An- drassy, dem Sektionschef, Freiherrn v. Hofmann, und dem Ka- binetsdirektor, Staatsrath Braun, auch von dem Referenten für die handelspolitishen Angelegenheiten im Ministerium des Aeuße- ren begleitet werden. Man zieht hieraus den Schluß, daß wegen Erneuerung der öfterreihisch-italienishen Handelsverträge Vor- besprehungen stattfinden dürften.

In der gestrigen Sißung des Abgeordnetenhauses interpellirte Hofer den Minister des Innern, ob ihm bekannt sei, daß troy der Reziprozität in der Zulassung ausländisher Ver- siherungsgesellshaften von den österreichishen Versiherungs- gesellshaften in Rumänien der Erlag einer hohen Kaution ge- fordert wurde und was er dagegen zu thun gedenke. Nach- dem Fux als Generalredner für den Gesegentwurf, be- treffend die Rechtsverhältnisse der Altkatholiken gesprochen und der Berichterstatter Kopp die Ausschußanträge vertheidigt hatte, beshloß das Haus, in \die Spezial- Debatte einzugehen. - Alle Paragraphen desselben wurden sodann nah den Ausschußanträgen angenommen und das ganze Geseß in dritter Lesung genehmigt. Das Geseß über die Handels- makler-wurde in der Fassung des Herrenhauses angenommen.

Weiter genehmigte das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf, be- !

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treffend den Vorschuß von 1,800,000 Fl. für die Przemysl-Lup- kower Bahn und begann die Debatte über das Gesetz, betreffend die Errichtung des Verwaltungsgerihtshofes. Prazak beantragte, das Gefey von der Tagesordnung abzusehen.

In der heutigen Sißung nahm das Abgeordneten- haus die Geseßvorlage über den Verwaltungsgerihtshof an, nachdem der Minister Unger in einer mit großem Beifall auf- genommenen Rede dieselbe empfohlen hatte und ein Vertagungs- antrag abgelehnt word-n war.

Die feierlihe Enthüllung des Maximilian-Denkmals in Triest ist auf den 3. April d. I. anberaumt.

Prag, 17. März. Das „Prag. Abendbl.“ veröffentlicht folgende Bulletins über das Befinden des Kaisers Ferdinand:

Während des gestrigen Tages hielt mäßige Transpiration an, die in der Nacht zu einem wohlthätigen reihlichen Schweiße wurde.

Das Fieber hat nachgelassen, der Auswurf wurde leichter, die nächtlihe Ruhe durch Husten wenig gestört.

Prag, am 17, März 1875.

Dr. Ehmig. Dr. Gaßner.

Se. Majestät der Kaiser Ferdinaud haben am Montag, den 15. l. M., um die Mittagéstunde, als Allerhöchstdieselben ih in der j:bigen Krankheit am unwohlsten \ühlten, die heiligen Sterbesakra- mente begehrt, die Allerhöchstdenselbeu mit Ausnahme der letzten ODelung von Allerhöchstihrem Beichtvater verabreicht wurden.

Pest, 17. März. Im Äbgeordnetenhause beant- wortete Minister Tisza eine Interpellation bezüglih der Waisen- Angelegenheiten und versprah, nächstens einen diesbezüglichen Gesetzentwurf vorzulegen. Zur Beantwortung einér jüngsten Interpellation Helfy's unterbreitete Minister Tisza eine Novelle zum Wahlgeseße. Hiernach können Steuerrüstände bis 15. April bezahlt werden und müssen Wahlberechtigte, wenn fie bis dahin ihrer Steuerpfliht nachkommen, in die Wählerliste einge- tragen werden. Der Minister ersuchte, diese Novelle noch vor den Osterferien zu erledigen. Das Haus erledigte hierauf die Spezial- berathung über das Budget des Handels-Ministeriums und trat dann in die Spezialberathung des Budgets des Kommunikations-Mi- nisteriums. Der Verkehrs-Minister Pechy erklärte, er acceptire die vom Finanzaus\hu}sse beantragten Abstrihe und werde bei den einzelnen Posten noch größere Abfstrihe beantragen. Ernst Simonyi forderte ‘den Minister auf, bezüglih seines Stand- punktes der bisherigen Eisenbahnpolitik gegenüber eine Erklärung abzugeben. Die Debatte wird morgen fortgeseßt.

Belgien. Brüssel, 18. März. Die belgishe Reprä- sentantenkammer hat dem Berner Postvereinsvertrag die Zustimmung ertheilt.

Großbritannien und Jrland. London, 18. März. (W. T. B.) Auf eine Interpellation von Lord Stratheden erklärte Graf Derby in der heutigen Sizung des Ober- hauses, daß ihm niht bekannt sei, ob die Nord- mächte die Note der Pforte vom 23. Oktober 1874, betreffend den Abschluß von Han delsverträgen mit Rumänien und Serbien, bereits beantwortet hätten. Seit seiner lezten in dieser Angelegenheit im Parlamente abgegebenen Erklärung hätte die Situation sih niht verändert. England werde seiné Interpre- tation der einshlägigen Bestimmungen des Pariser Friedensver- trages aufrecht erhalten, fönne aber die übrigen Mächte nicht nöthigen, fih die gleihen Gesichtspunkte anzueignen.

Unterhaus. Von Pease wurde der räuberische Ueberfall zur Sprache gebraht, welcher am 7. v. M. unweit Galacz auf den Engländer. Dodsham. und dessen Frau gemaht worden ist... Der Unter-Staatssekretär im auswärti- gen Departement, Bourke, erklärte, die Regierung sei mit den Behörden in Galacz in Verbindung getreten, um die Räuber zur Rechenschaft zu ziehen.

Frankreich. Paris, 17. März. Die Ansprache, mit welcher der neue Präsident der Nationalversammlung, Herzog von d'Audiffret-Pasquier, in der Sizung am 13. d. M. der Kammer sich vorfstellte, lautet wie folgt :

„Meine Herren! Mit tiefer Rührung . danke ich Jhnen für die mir erwiesene außerordentliche Ehre, die- zu beanspruclzen ih- nit gewagt haben würde. Indem ih den Präsidentenstuhl befteige, finde ih dort die von meinen ausgezeichneten Vorgängern hinterlassenen Traditionen dér Festigkeit und der Unparteilichkeit, Jch brauche sie nur zu befolgen, um das mir von Jhnen bezeigte Vertrauen zu ver- dienen. Ih würde indeß daran verzweifeln, auf würdige Weise die mir mir auferlegte Aufgabe zu erfüllen, wenn ih nicht wüßte, daß Sie fühlen, wie es mehr denn je nothwendig is, die Autorität Ihrer Beschlüsse durch die Ruhe und die Würde Jhrer Be- rathungen noch zu vermehren. Es is jene Regierung des Landes durch fich selbst, jenes fo oft verleumdete yarlamen- tarische System, welchem Frankreich in der Vergangenheit so glückliche und glorreiche Tage, welchen auch grausame Unglücksfälle folgten, verdankt; Dank ihm vermochte es seit vier Jahren die här- testen Heimsuchungen zu bestehen, welhe eine Nation erdulden kann; ihm haben Sie du:ch Ihre leßten Beschlüsse die Zukunft anvertraut. Sie haben nicht vergessen, was cinem Lande das Aufgeben feiner ffentlichen Freiheiten fosten kann. Es wird die Ehre dieser Ver- sammlung sein, sie-hergestellt und geachtet zu haben. Sie werden die- selbe, meine Herren, durch Ihre Mäßigung dem Lande tagtäglih wezrthvoller machen. Beweisen wir ihm, daß die siherste Bürgschaft der Ordnung und der Sicherheit, deren es jo sehr bedarf, die Frei- heit ist. Dort sind meine theuersten Erinnerungen und meine Ueber- zeugungen; zweifeln Sie nicht an meiner vollständigsten Ergebenheit, um deren Vertheidigung zu sichern.“

Versailles, 18. März. (W. T. B.) Die National- versammlung beshloß mit 431 gegen 260 Stimmen, sih bis zum 11. Mai d. I. zu vertagen. Der Zusaßantrag, die Nationalversammlung solle niht eher in die Ferien gehen , bis über die ausftehenden Ersaßzwahlen Beschluß gefaßt sei, wurde abgelehnt, ein anderer Zusagzantrag, nah welhem das Bureau der Versammlung beauftragt wird, die Ausführung des Arti- kels 9 der Konstitution sicher zu stellen, in welchem Versailles zum Sigze beider Kammern erklärt ist, wurde mit 371 gegen §12 Stimmen angenommen. Die ganze Feriengesezvorlage wurde hierauf genehmigt, und ebenso wurde. dem An- trage Soubeyrans, nach welhem der Finanz-Minister ermächtigt wird, die zur Einlösung der Anleihe Morgan erforderliGen- Maßregeln zu ergreifen, die Zustimmung ertheilt. Demnächst fand über den Antrag Cour- celle's, der die Unterlassung der Vornahme von Ersazwahlen

‘bis zur Vornahme neuer allgemeiner Wahlen bezweckt, eine län-

gere Berathung statt. Die Redner von der Linken, hauptsäch- lich Gambetta, erklärten, sie würden für den Antrag ftimmen, wenn der Termin für die Auflösung der Nationalversammlung festgestellt würde. Die Versammlung beschloß, den Antrag in Erwägung zu nehmen. Die Linke, die äußerste Linke und die Bonapartisten stimmten gegen diesen Beshluß. Von den Ab- theilungen soll morgen eine Kommission zur Vorberathung des Antrags gewählt werden; ebenso findet auch morgen die Wahl der, während der Ferien in Thätigkeit bleibenden Permanenz-

kommisfion ftatt.

Italien. Rom, 18. März. Die vom Papste neu ernannten 5 Kardinäle find nah der „Köln. Ztg.“: Monsignor Pietro Gianelli, Erzbishof von Sardes in pack, und Sekretär der Kon- gregation des Konzils, geb. zu Terni 11. August 1807; Mon- fignor M. Graf Ledochowski, bisheriger Erzbishof von Gnesen und Posen, geb. 29. Oktober 1822; Monsfignor Iohn Mac Closkey, Erzbishof von New-York, geb. 20. März 1801 ; Monfignor Henry Eduard Manning, Erzbischof von Westminster, geb. 15. Juli 1808; Monfignor V. A. I. Dechamps, aus der Kongregation der Redemptoristen, Erzbishof von Mecheln, geb. 6. Dezember 1810. Der neu ernannte Kardinaldiakon ist Monfignor Domenico Bartolini, Sekretär der Kon- gregation der heil. Riten, geb. zu Rom 16. Mai 1813. Ferner find folgende Bischofs\ize neu versehen: Malta und Rhodus, Lucca, Patti (Sicilien), Lucon, Valence, Mun- ïacs, Sidonia in part., Mariä Einsfiedeln (Abt), Milwaukee (zurck Metropolitane erhoben), Santafé (Metropolitankirche ge- worden), Philadelphia (nun Metropolitankirhe), Boston (jeßt Metropolitane), Chalcedonia in part., Braganza und Miranda in Portugal, Green-Bay, Wheeling, Portland, Hartford, King- ston, Peoria (neu errichtet), Bisthum von Maronea in part., Halia in part.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 17, März. Die „St. Pet, Ztg.“ meldet: Herr v. Radowiß, während der Abwesenheit des deutshen Botschafters in außerordentlicher Mission von der deutshen Regierung an unserem Hofe be- glaubigt, ist ám Sonntag, den 2. (14.) März von hier nah Moskau abgereist.

18. März. (W. T. B.) Der Berner Weltpoft- vertrag ist heute von dem Kaiser ratifizirt worden.

Schweöven und Norwegen. Stockholm, 12. März. Die Erste Kammer genehmigte bei Berathung des 7. Haupt- titels im Etat für 1876 den Anschlag für die Post mit 3,800,000 Kronen, und der Auslafsung des Staatsaus\chusses entgegen, die Theuerungszulage für den General -Pofstdirektor und die Bureauchefs. Fast sämmtliche ferner in dieser Position figuriren- den hauptsählihen Ausgaben « wurden genehmigt. Der Staatsaus\chuß hat bei seinem heutigen Zusammentreten be- \{lossen, dem Reichstag zu empfehlen, behufs Fortsezung und Vollendung der Arbeiten bei der Sköfde - Karlsborgsbahn 1,500,000 Kronen für 1876 zu bewilligen und gleichzeitig zu gestatten, daß der event, Uebershuß für eine andere Stammbahn verwandt wird. Die ferneren von der Regierung verlangten 4,500,000 Kronen zum Bau der Bahn von Stovik bis zur norwegischen Grenze wurden ebenfalls zur Genehmigung empfohlen.

Amerika. Aus Südamerika liegen der „A. A. C.“ vom 16. u. A. folgende Nachrichten vor:

Nach Berichten aus Calloo vom 10, Februar is eine außer- ordentliche Kongreßsession einberufen worden, um gewisse Maßregeln, die der Präsident für die vollständigere Pacifizirung des Landes vor- geschlagen hat, in Erwägung zu ziehen und auch dessen finänzielle Angelegenheiten auf einen besseren Fuß- zu stellen. Der Jujurgenten- führer Pierola und diejenigen seiner Offiziere und Freunde, denen es glüdte, mit ihm zu entkommen, weilen in La Paz, Bolivia. Der Kapitän des britischen Kriegsschiffes „Dryad“ hat in Aspin- wall eine Untersuchung in Betreff der rehtêwidrigen Einkerkerung von Dr. Pigott eingeleitet, die zu Tage förderte, daß der Gewaltthat eine schr nnbedeutende Affaire zu Gruyde lag, in welcher der Alkalde feine wifklihe Jurisdiktion besaß. Dr. Pigott fordert für die ihm zugefügte Unbill eine Schadloshaltung von 25,000 Dollars.

Asien. Indische Zeitungen enthalten ausführlihe Berichte über den Ueberfall einer militärishen Expedition, die aus- gesandt worden war, um das Naga-Land zu erforschen. Die Expedition bestand aus Lieutenant Holcombe, Kapitän Badgley, 42 Mann des 44. Sylhet-Infanterie-Regiments, 22 Mann der Sylhet-Polizei und 190 Kulis. Die Mannschaften wurden von den Nagas überfallen als sie ihr Frühstück fohten und mit Patken beschäftigt waren. Lieutenant Holcombe wurde zuersi niedergehauen. Kapitän Badgley -\ah es Und feuerte seinen Revolver auf die Nagas ab. Er wurde in seinem Zelt angegriffen, entkam aber, an vier Stellen ver- wundet. 80 Mitglieder der Expedition wurden getödtet, darunter Lieutenant Holcombe, 11 Soldaten und 8 Polizisten, und 42 verwundet. Kapitän Badgley führte die Expedition nah Burasali zurück. Auf dem Wege dahin wurde er mehrere Male angegriffen, trieb aber die Nagas zurück. Seitdem sind Ver- \stärkungen nah dem Naga-Lande abgegangen. Die neueste indische Post enthält auch die Nachriht von einem neuen Treffen zwischen den Truppen des Emirs von Cabul und denjenigen des rebellishen Shirdars Ayub Khan. Leßttere erlitten eine \chwere Niederlage.

Das Februar - Heft des Centralblatts für die ge- sammte Unterrichts-Verwaltung in Preußen, herausgegeben in dem Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-An- gelegenheiten, Berlin, 1875, Verlag von Wilhelm Herß (Bessersche Buchhandlung), Behrenstraße 7, hat folgenden Jnhalt: Außerkurs- seßung von Münzen. Reisekosten und Bureau-Einrichtungen der Kreis-Schulinsp-ktoren. Erhaltung von Bauwerken im Ressort des Köaiglichen Finanz-Ministeriuins. Diensteinkommen suspendirter Lehrer bei Einstellung des Disziplinarverfahrens in der Berufungs- instanz; Deckung der Stellvertretungskosten während der Amis-" suspension. Berufung®sfristen in Dtsziplinar-Untersuchüngssacen. Preisaufgaben zur Auffindung eines Verfahrens, um Gypsabgüsse gegen Abwaschungen A zu machen. Preisertheilungen bei der Akademie der Künste zu Berlin, Kommission für die Preisstiftung zum Andenken Schillers. Wissenschaftlihe Pcüfungs- fommission für das Jahr 1875. Maturitäts-Aspiranten im Jahre 1873. Befugniß der Auffichtsbehörde zur Anwendung von Ordnungs- strafen gegen Mitglieder der Kuratoriea höherer Unterrichtsanstalten. Dispensation vom Religionsunterricht. Statistishe ErLebungen über Farbe der Augen 2c. der Schüler in höheren und in Volks- schulen. Schröter: *Die Muttershule von Amos Comenius. Kehr und Kriebißzsch: Lesebuch für Lehrerbildungsanstalten. Methode des Gesangunterrichtes im Seminar. Termin für die Turnlehrer- prüfung im Jahre 1875. Zulassung der Kandidaten der Theologie und der Philologie zur Prüfung als Lehrer an Mittelschulen. Lehrerkonferenzen im Regierungsbezirk Coblenz. Militärdienfitnflicht der aus dem Schulamt austretenden Elementarlehrer. Leitung und Beaufsichtigung des Religionsunterrichtes in der Volksschule. Lefe- bücher für Volks-, Mittel- und höhere Mädchenschulen. Grenzen der rechtlichen Wirksamkeit eines Resoluts in Schulbausachen.

Nr. 11 des Just iz-Ministerial-Blatts für die preu- zishe Geseßgebung und Rechtspflege, herausgegeben im

ureau des Justiz - Ministeriums, euthäit folgendes Erkenntniß des Königlichen Ober-Tribunals vom-4. Januar 1875: Das Recht, die Strafyerfolgung wegen einer einem Beamten in Ausübung seines Be- rufs zugefügten Beleidigung zu beantragen, steht jedem Vorgeseßten des Beamten 2c. selbständig zu. Die Frist beginnt für Jeden mit der ihm gewordenen Kenntniß von That und Thäter. Daturch, daß ein Worgeseßter den von ihm gestellten Antrag zurückgenommen hat, wird der höhere Vorgeseßte niht behindert, seinerseits rechtzeitig ¿ einen erneuerten Antrag zu stellen. |