1875 / 75 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 31 Mar 1875 18:00:01 GMT) scan diff

gerlihen Behörden übergehende Vol!?--kung der von Militärgerichten erkannten Strafen èurch die bürgerlihen Behörden des Heimathsftaates, wenn entweder die strafbare Handlung außerhalb des Bundesgebiets verübt wor- den, oder der Véerurtheilte im Gebiete des Heimathsftaates sih aufhält, in anderen Fällen dur die bürgerlihen Behörden des Bundesftaates, in dessen Gebiet die strafbare Handlung verübt worden ist, zu erfolgen habe.

Die Zeiteintheilung für die Frühjahrs-Besichtigun- gen beim Garde-Corps pro 1875 is wie folgt festgestellt worden:

24. April. Eintreffen des Füfilier-Bataillons 3. Garde- Grenadier-Regiments Königin Elisabeth bei Spandau.

4. Mai. Befichtigung des Garde-Schüßen-Bataillons, des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 und des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regimentis Nr. 2 auf dem Exer- zierplaze östlich der Tempelhofer Chaussee bei Berlin.

5. Mai. Befichtigung des 4. Garde-Regiments zu Fuß und des 3. Garde-Grenadier-Regiments Königin Elisabeth auf dem Exerzierplaze an der Potsdamer Chaussee bei Spandau und Marsch des 1. Bataillons Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regi- ments Nr. 2 dorthin, zur Wahrnehmung des Wachtdienstes.

7. Mai. Besichtigung des Garde-Pionier-Bataillons, des 2, Garde-Regiments z. F. und des Garde-Füsilier-Regiments auf dem Exerzierplaze westlich der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. Eintreffen des 4. Garde-Regiments z. F. und des 3. Garde- Grenadier-Regiments Königin Elisabeth in Berlin.

8. Mai. Besichtiguug des Garde-JIäger-Bataillons und der Unteroffizier-Schule im Lufigarten, sowie des 1. Garde-Regiments 3. F. auf dem Bornstedter Felde zu Potsdam.

19. Mai. Besichtigung der 1. Garde- Infanterie - Brigade auf dem Bornstedter Felde zu Potsdam.

20. Mai. Besichtigung der 2. Garde- Infanterie - Brigade auf dem Exerzierplaß westlich der Tempelhofer Chaussee bei Berlin.

21. Mai. Befichtigung der kombinirten Garde-Infanterie- Brigade (Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiment Nr. 2 und 4. Garde-Regiment gz. F.) auf dem Exerzierplaz westlich der Tempelhofer Chaufsee bei Berlin.

22. Mai. Besichtigung der 3. Garde-Jnfanterie-Brigade auf dem Exerzierplaß öftlih der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. Zusammenseßung des Regiments der Gardes du Corps und des 3. Garde-Ulanen-Regiments bei Potsdam. Eintreffen der 2. Ab- theilung 1. Garde-Feld-Artillerie-Regiments bei Berlin.

25. Mai. Große Parade bei Berlin.

26. Mai. Große Parade bei Potsdam. Abmarsh des 4. Garde-Regiments zu Fuß und des 3. Garde-Grenadier-Re- giments Königin Elisabeth nah ihren Garnisonen und Rückehr des nah Spandau detachirten Bataillons nach Berlin.

2. Juni. Besichtigung der Garde-Feld-Artillerie-Brigade auf dem Tempelhofer Felde bei Berlin.

4. Juni. Rückkehr der 2. Abtheilung des 1. Garde-Feld- Artillerie-Regiments nach Oranienburg.

8. Juni. Besichtigung des 2. Garde-Ulanen-Regiments und des 2. Garde-Dragoner-Regiments -auf dem Exerzierplaße hinter der Hasenhaide bei Berlin.

9. Juni. Besichtigung des Garde-Kürasfier-Regiments und des 1. Garde-Dragoner-Regiments auf dem Exerzierplaz hinter der Hasenhaide bei Berlin.

11. Juni. Besichtigung des Garde-Husaren-Regiments und des 1. Garde-Ulanen-Regiments auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam.

12. Juni. Befichtigung des Regiments der Gardes du Corps und 3. Garde-Ulanen-Regiments auf dem Bornstedter Felde bei Potsdam.

14. Juni. Rückehr der detachirten Escadrons des Regi- ments der Gardes du Corps und 3. Garde-Ulanen-Regiments in ihre Garnisonen.

Die Bataillons-Besihtigungen werden in der Woche vom 19. bis 24. April stattfinden, die Schwadrons-Besihtignngen werden bis zum 22. Mai abgehalten.

Die Besichtigungen finden an den einzelnen Tagen in der Reihenfolge der vorstehenden Zeiteintheilung ftatt und beginnen jedes Mal bei Berlin um 9 Uhr Vormittags, in oder bei Pots- dam, wenn fie im Lustgarten abgehalten werden, um 9+ Uhr, wenn fie auf dem Bornstedter Felde abgenommen werden, um 93 Uhr Vormittags, - bei Spandau um 9 Uhr Vormittags.

Die große Parade bei Berlin beginnt um 10 Uhr, diejenige bei Potsdam um 11 Uhr Vormittags.

Ein Civilbeamter, welcher bei - einer Mobil- machung als Offizier zur Landwehr einberufen is, und keine Feldzulage erhält, hat Anspruch auf einen Zuschuß aus dem Civilgehalt. Diese Zulage hört nach einem Er- fenntniß des Ober-Tribunals vom 29. Ianuar cr. mit der Demobilmachung des betreffenden Truppentheils nicht auf, \on- dern dauert bis zur Entlassung des betreffenden Civilbeamten aus dem Militärdienfte resp. bis zur allgemeinen DemobilmaGung der ganzen Armee fort.

Der General-Lieutenant von Schweiniß, Kaiserlich deutsher Botschafter am Kaiserlih öfterreichishen Hofe, bisher General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs, ist aus Anlaß feiner Ernennung zum General-Adjutanten Aller- hôöchstderselben von Wien hier eingetroffen und if im Hôtel du Nord abgestiegen. Der General-Major Galster, à la suite der Armee und Dezernent bei der Kaiserlihen Admiralität, hat fich zur Beiwobnung von Schießversuchen nach Dülmen begeben.

Der Bezirkspräfident von Unterelsaß, Ledderhose, ist nach Straßburg zurückgekehrt.

Der neuernannte spanische Gesandte am Kaiserli russi- hen Hofe, Marquis de Bedmar, traf gestern Abend in Be- gleitung des Gesändtschaftssekretärs Marquis de Casa- fuerte, aus Paris kommend, hier ein und ftieg im Hotel Royal ab,

JÎn einer an der Küste von Plougerneau (Sous- Quartier von Aberwrach) angespülten Flasche fand fih ein Zettel mit folgenden Notizen: „Schiff Hohenstauffen. Freundlichen Gruß. K. Buschler. Hohenzollern.“

Breslau, 30. März. (W. T. B.) Sicherem Vernehmen nah ift dem Fürstbishof Dr. Foerster gestern Seitens des Ober-Präfidenten die Aufforderung zugegangen, sein bishöflihes Amt niederzulegen. Als spezieller Anlaß dazu wird, abgesehen von dem prinzipiellen Widerstande des Fürstbishofs gegen die Kirchengeseße, der Umstand angegeben, daß derselbe in einem amtlihen Schriftftücke ausdrücklich auf die Encyklika Bezug ge- nommen habe.

Fulda, 20. März. (W. T. B.) Die neun preußischen Bischöfe, welhe zu den hier ftattfindenden Berathungen heute ernartet werden, nehmen bei den Domkapitularen ihr Ab- steigequartier. Die Sizungen find geheim, finden aber nit, wie früher, in dem jeßt ges{lossenen Priesterseminar, \sonvern bei einem Domkapitular ftatt. Die Dauer derselben wird voraus- fihtlih zwei Tage nicht übersteigen. Als muthmaßliher Be- rathungsgegenfstand wird das Gesez über Entziehung der staat- lihen Dotationen für die preußischen Bischöfe bezeichnet und soll, wie es heißt, ein darauf bezüglicher Hirtenbrief an den Klerus und an die Laien gerichtet werden.

31. März. (W. T. B.) Die Sizungen der hier zu- \sammengetretenen Bischofskonferenz haben heute Morgen bei dem Domfkapitular Kalb begonnen. Außer den sämmtlichen preußishen Bischöfen is au der Bischof von Kettler von Mainz anwesend... Dem Vernehmen nach wurde auch der päpstliche Nuntius aus München erwartet; derselbe ist aber bisher noch nicht eingetroffen.

Württemberg. Stuttgart, 30. März. (W. T. B.) Der „Württembergische Staatsanzeiger“ glaubt in der Lage zu sein, die in einem größeren rheinishen Blatte enthaltene Mit- theilung, daß der Bischof Hefele fih den vatikanishen Be- \chlü}sen nicht unterworfen haben würde, falls ihm die württem- bergische Regierung Schutz zugesichert hätte, für unbegründet erklären zu dürfen. Das Gesuch, an einem hiesigen katho- lischen Institut Shulschwestern als Lehrerinnen zuzulassen, ist zurückgezogen worden.

Hessen. Darmstadt, 27. März. Dem „Frkf. I.“ wird geshrieben: Der kaum beendeten Sesfion der Zweiten Kammer wird in aller Kürze eine solhe der Ersten Kammer folgen, und zwar hört man, daß die Einberufung dieses Hauses in die zweite Woche nah Ostern (am 8. April) fallen werde. Es wird unter diesen Umständen beschleunigter Thätigkeit der betreffenden Aus\chüsse bedürfen, um bis dahin das sehr reihhaltige Ma- terial, das die Zweite Kammer fertiggestellt hat, gleihfalls zur Berathung reif zu mahen. Gutem Vernehmen nah tritt denn auch der Geseygebungs-Aus\chuß der Ersten Kammer be- reits am 31. d. M. zusammen und wird namentlich die Rekom- munikation der Zweiten Kammer wegen der Kirchengeseße in Berathung nehmen, da die Erste Kammer nicht wie die Zweite Kammer einen Spezialaus\{huß für diese Geseze gewählt, sondern die Begutachtung dem für geseßgeberische Arbeiten über- haupt gewählten Aus\huß überwiesen hat.

Die erste ordentlihe Lan des-Synode der evangelishen Kirche wird am 20. April zu ihrer Konstituirung zusammentreten.

Meelenburg. Schwerin, 30. März. Die militärische Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers für den Bereih des IX. Armee-Corps war, wie gemeldet, auf den zweiten Osterfeiertag verlegt worden. Den „Meckl. Anz.“ entnehmen wir über dieselbe Folgendes :

In unserer Stadt wurde die Feier gestern Morgens 7 Uhr durch eine von sämmtlihen Militärmusik-Corps ausgeführte Re- veille eingeleitet. Mittags fand die große Parade ftatt, welche eine zahlreihe Zuschauermenge versammelte.

Bor 12 Uhr nahmen die Truppen Parade-Aufftellung auf dem alten Garten ein. Um 12 Uhr erschien Se. Königl. Hoheit der Großherzog, begrüßt von den nihtregimentirten Offizie- ren, trat in die Miite des formirten Carré und brachte, wäh- rend die Truppen das Gewehr präsentirten und die auf dem Orleansquai aufgestellten Geshüßze den Salut gaben, ein drei- maliges Hurrah auf Se. Majestät den Deutschen Kaiser und Kriegsherrn aus. Darauf \{chritt Se. Königlihe Hoheit die gesammte Front entlang, nahm, während sich die Truppen zum Vorbeimarsch formirten, Aufstellung gegenüber dem neuen Krieger- denkmal und nahm den Parademarsh der Truppen ab.

Um 3 Uhr versammelte sih das gesammte Offizier-Corps der Garnison, die Militär-Aerzte und Beamten, sowie der lutherishe Divifionspfarrer und der katholische Geistlihe zu einem gemeinschaftlihen Festdiner im Hotel du Nord. Der General der Infanterie v. Zülow brachte den Toaft auf Se. Majestät den Kaiser mit folgenden Worten aus: :

Meine Herren! Es ift ein großer Kreis, in dem heute Jubel- flänge ershallen, denn nicht innerhalb ter Greazen uns-res gemein- samen großen Vaterlandes allein, sondern weit über dieselben- hinaus, in andern Ländern, ja anderen Welttheilen, wird der Geburtstag des Deutschen Kaisers festliG begangen. Unter allen Jubelnden ist es aber doch wiederum ein Element, das sich am heutigen Tage noch vorzugsweise freudig bewegt fühlt, das mit ganzem Herzen feiert. Das find des Kaisers Soldaten, das ist das ganze deutsche Heer, denn dieses Heer verehrt in des Reiches Oberhaupt zuglei feinen erhabenen, sieggewohnten Führer. Wenn aber das Heer ihn heute noch beson- ders warm doppelt feiert, so wird es sih auch heute gerade seiner ernsten und bindenden Pflichten gegen seinen Kaiferlihen Kriegsäherrn wieder lebbafter bewußt werden und fich erneuert geloben, solchen nachzukommen, mit aller Hingebung und Kraft und bis zum Ende! Und das lassen Sie auch uns jeßt thun, indem wir unsere vollen Gläser leeren und rufen: Se. Majestät unser vielgeliebter Kaiser und Kriegsherr lebe lange und hoch!

Diesem Toast ließ der Commandeur der 17. Division, General-Lieutenant Freiherr von Schlotheim etwa nachstehende Worte folgen :

Es ist eine alte schône Sitte, am Geburtêtage Sr. Majestät des Kaisers nur Einen Toast auszubringen und dies ist der auf Se. Majestät selbst. Wenn ih heute von dieser {hönen Sitte abgehe, fo diene mir zur Entschuldigung der Umstand, daß heute nicht der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers i st|, sondern wir ihn nur feiern. Meine 0a ich trinke auf das Wobl des treuesten Verbündeten Sr. Majestät, ich trinke auf das Wohl des fürstlichen Feldherrn, unter dem Sie Ihre {önsten Ruhmeêtage erlebt, der Sie von Sieg zu Sieg geführt, Jch trinke auf das Wohl des Fürsten, der si niht {eut auch auf dem Throne Soldat zu sein. Se. Königliche Hoheit der Großherzog lebe hoh!

Ein dreimaliges begeistertes Hoch antworteie diesen kraftvollen Worten.

Abends waren in beiden Etagen der Bürgerrefssource die Mannschaften des Jäger Bataillons zu Festlihkeiten vereinigt, in der Artilleriekaserne die Mannschaften der Artillerie-Abtheilung, die- Mannschaften der Grenadier-Bataillone in ihren Quartier- häusern am Wittenburger Thor und in der Seeftraße.

Aus Ludwigslust, 29. März, schreibt man: Heute früh leitete eine Reveille des Trompeter-Corps die Nachfeier des Geburtstages Sr. Majestät des Deutschen Kaisers ein. Mittags war auf dem Schloßplaß eine Parade dcs Dragoner-Regiments, welche der General von Stückradt abnahm. Der Major v. d. Lühe führte das Regiment und brachte das Hoh auf Se. Maje- stät den Kaiser. Eine Anzahl fremder Uniformen, Offizieren angehörig, die hier zu Besuch anwesend, oder die bleibend ihren Wohnfiz hier genommen haben, belebte das militärishe Schau-

spiel, welhes fich außerdem der Gunst des \{hönsten Wetters zu ¡ erfreuen hatte.

Verona, Graf Pianell, führen.

Sachsen - Weimar - Eisena. Weimar, 30. März (Weim. Ztg.) Heute Nachmittag is Se. Königliche Hoheit der Prinz Alexander der Niederlande, welher seit dem 24. d. M. zum Besuch am Großherzoglihen Hofe verweilte, wieder von hier abgereist. Herr Geheim-Rath Dr. Stichling ist an einem gaftrish-nervösen Fieber erkrankt. Am gestrigen Tage, dem neunten Tage der Krankheit, hatte das Fieber ab- genommen, war am Abend aber wieder gestiegen. Troßdem hat der Kranke die vergangene Nacht leidlih ruhig zugebracht.

Braunschweig. Braunschweig, 31. März. Die Gescz- und Verordnungs-Sammlung veröffentlicht: Verordnung, die Publikation des Vertrages mit der Krone Preußen wegen Herstellung einer direkten“ Verbindung zwischen dem Bergish-Märkischen und dem Braunschweigischen Eisenbahn- nete betr., d. d. Braunfchweig, am 18. März 1875; ferner: Verordnung, die Publikation der der Bergish-Märkischen Eisen- bahngesellshaft ertheilten Konzesfion zum Baue und Betriebe der auf das Braunschweigische Gebiet fallenden Strecke einer Ver- bin dungsbahn zwishen dem Bergisch- Märkischen und dem Braunschweigischen Eisenbahnnegze betr., d. d. Braunschweig, den 18, März 1875.

Anhalt. Dessau, 30. März. Die Geseß-Sammlung für das Herzogthum Anhalt veröffentlicht ein Gese, die Auf- hebung der Stolgebühren betreffend; ein Geseß, betreffend eine Abänderung der §8. 1 und 2 des Geseßes vom 24. Dezember 1873 (Nr. 329 der Geseßsammlung) und des §. 3 der Ver- ordnung vom 11. Februar 1874, betreffend Decisio XXXI. zu den Rev, Erläuterungen zur Anhalt. Landes- und Prozeß- Ordnung. Das erste Geseß lautet:

8. 1. Die nach dem Gejeße vom 26. März 1855, Nc. 480, unter Punkt TI1. wieder eingeführte Verpflichtung zur Zahlung von Ge- bühren für fkirchliche Akte (Stelgebühren) an die Staatskasse wird für die evangelishen Kirchen des vormals Dessau-Köthenschen Landestheils hierdurch aufgehoben. :

8. 2. Insoweit für kirchli@e Akte in den katholischen Kiren des Landes zur Zeit die Stolgebühren an die Staatskasse zu entrichten waren, findet künftig deren Erhebung niht mehr statt.

_§. 3. Dies Gefeß tritt mit dem 1. Januar 1876 in Kraft und wird das Staats-Ministerium mit Ausführung desselben beauftragt.

LübeŒ, 30. März. Am nächsten Montag findet eine außerordentlihe Sißung der Bürgerschaft ftatt, in welcher der Entwurf der revidirten Verfassung zur Verhand- lung und Beschlußfassung gelangen wird. Jnsbesondere mit Rückficht auf die im Juni und Iuli d. I. bevorstehenden Neu- wahlen zur Bürgerschaft ist die Erledigung dieser Angelegenheit dringend erforderlich.

Bremen, 30. März. (Wef. Ztg.) Zur Feier des Geburts- tages Sr. Majestät des Kaisers waren gestern, am zweiten Festtage, Nachmittags 3 Uhr, im geschmüdckten Saale der Union über 200 Herren aus den verschiedensten Berufsfreisen unserer Stadt zu einem Festmahle versammelt; namentlich war der Militärstand dur eine größere Anzahl von Offizieren zahlreih vertreten. Sehr ges{mackvoll war die Waffen- und Fahnen- deforation des Lokals, an dessen oberem Ende die Büste des Kaisers aufgestellt war. Das Hoch auf den Kaiser brachte Major Buek. Darauf wurde folgendes Telegramm verlesen und so- dann durch das Festcomité befördert :

Die zur Feier des Geburtstages Ew. Majefiät versammelten Offiziere, Beamte und Bürger Bremcus vereinigen sich zu einem jubelnden Hoch auf Ew. Majestät und knüpfen daran die wärmsten Wünsche für ihres erhabenen Kaisers ferneres Wohlergehen zum Heile Deutscblanbds. Das Festcomité. :

Während der Tafel spielte die Kapelle des hiefigen Regiments und intonirte außer ihrem Konzertprogramm auch „Die Wacht am Rhein“, in welhe woÿßlbekannte Weise die Versammlung freudig einstimmte. Am Vormittage fand auf dem Domshofe aroße Parade statt, und auch hier wurde nah einer kurzen An- sprache des Hrn. Major Buek von den versammelten Offizieren und Mannschaften unter lebhaftem Zuruf einer zahlreihen Menge ein dreimaliges Hoh dem Kaiser gebracht. Die Feier war Abends vorher. durch einen Zapfenstreih eingeleitet worden.

Gestern Abend 84 Uhr ging folgende Antwort auf das Glückwunschtelegramm ein :

An das Festcomité!

Für das soeben erhaltene Telegramm und für die auêgesproche- nen Wünsche sage Jcch der Festversammlung Meinen wärmsten Dank.

Berlin, Palais.

Wilhelm.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 29. März. Ueber den vor den Osterfeiertagen unter Vorsiß des Kaisers in Wien statt- gefundenen ungarishen Ministerrath bringt der „Pefter Lloyd“ folgende Mittheilungen: „Es wurde im Ganzen nur Eine Be- rathung abgehalten, in welcher die Regierung von Sr. Majestät die nächsten sechs Wochen die Ermächtigung der Krone zur Unterbreitung aller jener Vorlagen erhielt, deren Durh- führung in der jeßigen Session des Reichstages der Re- gierung für wünschenswerth und nothwendig erscheint, obwohl ein Theil dieser Vorlagen noch nicht formulirt, sondern nur in den Prinzipien und Hauptpunkten festgestellt ist. Es is selbstverständlih, daß auch der Schluß des Reichs- tages besprochen wurde, nachdem die Regierung, wenn wir gut unterrihtet find, die bald möglihste Auflösung des jetzigen Reichstages wünscht. Einen Zeitpunkt heute hierfür zu bestimmen, ist noch unmögli, da die nicht geringe Zahl der Angelegen- heiten, welhe noch zu erledigen sind, mögliher Weise auch mehr Zeit in Anspruch nehmen werden, als vorausgesehen wird; troßdem glauben wir, daß der Reichstag jedenfalls noch vor dem 1. JIuni l. I. aufgelöst wird. Auch bezüglih der Vorlagen über die nothleidenden Bahnen stattete die Regierung Bericht ab. Es dürften aber, wenn wir gut unterrichtet find, dem Keihstage jeßt nur jene Vorlagen unterbreitet werden, welche noch vom früheren Ministerium voll- ständig vorbereitet wurden und auch \{chon die Billigung des früheren Finanz-Ministers erlangt haten. Mit den öfterreichi- \{chen Ministern wurde zwar keine förmlihe Konferenz gehalten, es wurden aber bezüglich der die beiden Länder interesfirenden Bahnen ebenso wie bezüglich der Delegationen Besprehungen gepflogen.“

„L'Italia Militare“ in Ron: kündigt an, daß am 6. April zu Ehren des Kaisers eine Heershau über ein ganzes Arm-e- Corps auf den Wiesen von Vigonza bei Padua stattfinden werde. Den Oberbefehl wird dabei der kommandirende General von Die Gesammtstärke der aus- rückenden Truppen wird 29 Bataillone Infanterie, 12 Schwa- dronen Kavallerie und 10 Batterien Artillerie betragen. Ihre Majestäten der Kaiser und der König werden die Revue gegen 10 Uhr Vormittags abnehmen.

30. März. (W. T. B.) Der hiefige niht politische Verein La Giovane Dalmazia is anläßlich der Absendung eines Beglückwünschungs-Telegramms nach Venedig zur Ent- hüllungsfeier des Manindenkmals von der Statthalterei wegen Ueberschreitung seines Wirkungskreises, der statutenmäßig auf Mg wissenschaftliher Zwecke beschränkt is, aufgelöst worden.

Triest, 30. März. (W. T. B.) Der Kaiser wird hier am 2. April eintreffen und am 4. April nach Goerz abreisen. Seit gestern herrsht hier eine heftige kalte Bora, durch welche die Vorbereitungen für den Empfang des Kaisers sehr beein- trähtigt werden.

Pola, 29. März. Die italienische Eskadre unter dem Kommando des Contreadmirals Cerutti, auf der Reise von Spezzia nach Venedig begriffen, ankerte wegen Südoststurmes in der Bucht von Fasana. Das Hafenadmiralat von Pola hat derselben Kohlen, Wasser und Lebensmittel angeboten.

__ Schweiz. Nach Meldung des „W. T. B.“ aus Paris, 30. März, Abends, veröffentlicht „Univers“ eine an die Schweizer Katholiken gerihtete Encyklika des Papstes vom 23. d., welche die „Sekte der Altkatholiken® und den ihnen ftaatlicher- seits gewährten Schuß reprobirt. Der Papft spricht in derselben von Neuem die Exkommunikation gegen diese Sektirer und gegen alle Diejenigen aus, welche ihnen anhängen und fie be- günstigen, und fordert alle Gläubigen auf, die Einheit des Glaubens zu bewahren. Die Encyklika hebt ferner hervor, daß die Schweizer Regierung, welhe bereits früher verschiedene den göttlichen Geboten und der Autorität der Kirche zuwiderlaufende Gesetze erlassen habe, jezt auch Anordnungen getroffen habe, die mit den kanonischen Vorschriften über die christlihe Ehe im Widerspruch ständen. Die Bischöfe werden deshalb angewiesen, die Gläubigen durch geeignete Unterweisungen über die Grund- säße der fkatholishen Kirhe in Betreff der Ehe aufzuklären. Der Papf|t fordert \{ließlich zur Geduld, Standhastigkeit und

_ festem Zusammenhalten auf “und fleht zuleßt den Himmel um

Erleuéhtung der armen Verirrten an.

Großbritannien und Jrland. London, 29. März. Der deutsche Verein für Kunst und Wissenschaft in London feierte am vorigen Montag den 79. Gebuttstag des Deutschen Kaisers durch ein Festessen im deutschen „Athenäum“*, Mortimerstreet. Kapitän Neuhaus, der Vorsitzende, brate nach einem Hinweis auf die großen Ereignisse in dem Leben des Kaisers Wilhelm die Gesundheit Sr. Majestät aus, ein Toast, der begeisterten Wiederhall fand. Weitere Toaste galten der deutshen Armee und der deutshen Nation. Ein Telegramm wurde nach Berlin gesandt, das dem Kaiser die loyalen Gefinnungen der zahlreihen Festtheilnehmer übermittelte,

Frankreich. Paris, 28. März. Das „Iournal officiel“ veröffentliht heute das neue Cadresgeseß und ein Dekret des Präsidenten der Republik, durch welches die Wähler des Arrondissements Sceaux und Saint Denis auf den 11. April zur Wahl je eines Mitgliedes des Generalraths des Seinedepar- tements einberufen werden.

Das „Iournal des Debats“ vom gestrigen Tage meldet: „Der Ministerrath soll heute, Sonnabend, Vormittag zusam- mentreten. Wie man uns versichert, wird der Konseil fich nament- lih mit der Haltung beschäftigen, welhe die französische Regie- rung, nachdem sie fih hierüber mit dem Dberhandels-, Ackerbau- und Industrierath benommen hat, in den wichtigen Unterhand- lungen beobachten wird, die nächstens mit B-lgien, England, den Niederlanden und mehreren anderen Mächten zu dem Behufe eröffnet werden sollen, ein gemeinschaftliches Uebereinkommen über das internationale Zuckerregime zu treffen.“

Der Marine-M inister hat von dem Gouverneur von Neucaledonien eine am 25. März in Brisbane (Auftralien) auf- gegebene Depesche erhalten, welche ihm die Entweichung Rastouls und mehrerer anderer Deportirten von der Ile-des-Pins - anzeigte. Diese durch einen Sturm und eine finstere Nacht begünstigte Entweihung wurde erfl am folgenden Tage bekannt. Der Gouverneur von Neucaledonien ließ die Flüchtigen, die zu Schiff entkommen waren, fogleich verfolgen.

Spanien. Madrid, 29. März. (W. T. B.) General Concha hat gestern dem König Alfons eine Petition überreicht, welche mehrere Anklagen gegen den Kriegs-Minister Jovellar wegen seines Verhaltens als früherer General-Gouverneur von Kuba und als Winister “enthält und iha besonders beschuldigt, die Indisziplin der auf Kuba befindlihen Truppenabtheilungen veranlaßt zu haben.

Die heutige amtliche |Zeitung veröffentlicht den größeren Theil der in den leßten Monaten vollzogenen diplomatischen Ernennungen. D. Antonio Benavides is danach am 16. Januar zum Botschafter beim heiligen Stuhl, D. Augusto Conte am 26. Januar zum bevollmächtigten Minister in der Türkei, D. Eduüardo Romea y Yanguas am 26. Januar zum Gesandten bei Sr. Sheriffianishen Majestät (Marocco), D. Mariono Potestad am 22. Februar zum Geschäftsträger in Uruguay; D. Isidoro de Hoyos, Vizconde de Manzanera am 22. Februar zum bevolltnähtigten Minister zweiter Klasse in Bern ; D, Victoriano de Pedrorena zum Gesandten in Mexico; D. Carlos D’'Donnell y Abreu, Herzog von Tetuan, zum Ge- sandten bei Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreih, aposto- lishem König von Ungarn; D. Iosé Alvarez de Toledo, Graf von Xiquena, zum Gesandten in Belgien; D. Juan de Silva, Marquis von Arcicollar, zum bevollmächtigten Minister in den Niederlanden ernannt worden. Die leßten vier Ernennungen find vom 1. März datirt, ebenso diejenige, welhe die Vertre- tung Spaniens in Deutschland betrifft. Das auf lehtere bezüg- lihe Dekret lautet nah der „Köln. Ztg.“ wörtlih:-

Ich enthebe von seinen Aemtern als außerordentlichen Gefandten und bevollmächtigten Minister Spaniens bei Sr. Majestät dem Kai- ser von Dentschland, König " von Preußen, bei Sr. Majestät dem König von Sachsen und bei Jhren Königlichen Hoheiten den Groß- herzogen von Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Streliß und Sa jen-Weimar D. Juan Antonio Rascon, Grafen v. Raêcon, und er- fläre ihn für inaftiv mit der ihm beftimmungsmäßig zustehenden Pénfion, indem ich über den Eifer, die Einsicht und Treue, womit er besagte Aemter verwaltet hat, sehr befriedigt bin. Jn Erwägung der besonderen Eigenschaften, welhe in dem- bevollmächtigten Minister erster Klasse D. Francisco Merry y Colom zusammentreffen, ernenne ih diesen zu meinem außerordentlihen Gesandten und bevollmächlig- ten Minister bei Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser, König von Preuiben, bei Ihren Majestäten dem Könige von Sachsen und dem

nige von Württemberg und bei Ihren Königlichen, Hoheiten den Großherzogen von Mecklenburg-Schwerin, Medcklenburg-Streliß, Sach- sen-Weimar- und Hessen und bei Rhein.

Aus Bayonne, 30. März, Abends, wird telegraphirt: Trotz gegentheiliger Meldungen bestätigt es fich, daß zwischen Don Carlos und den Deputirten von Navarra ein ernster Zwiespalt besteht. Die Junta von Navarra hat Estella verlassen und fich nach San Esteban, nahe der Grenze, begeben.

!

Barcelona, 30. März. (W. T. B.) Ein carlistischer Oberst-Lieutenant, ein anderer Offizier und 24 carlisti \che Freiwillige haben fich bei dem General Mau1tinez Campos in Dlot gestellt und um Amnestirung gebeten. Die Desertio- E dem carlistishen Lager haben fich außerordentlih ge- mehrt.

Italien. Rom, 23. März. Der Geburtstag des Deutschen Kaisers wurde auch in Rom vielfah in Privat- kreisen, am glänzendsten aber auf der deutschen Gesandtschaft im Palaste Caffarelli, gefeiert. Herr und Frau v. Keudell hatten für den Abend des 20. zahlreihe Einladungen an die deutsche Kolonie ergehen laffen. Als Herr v. Keudell die Gesundheit des Kaisers ausbrachte, stimmten alle Gäste begeiftert in das drei-

malige Hoh ein und sangen das „Heil Dir im Siegerkranz.““

Der englische Ingenieur Mr. John Fowler, der vom Herzog von Sutherland ersucht wurde, Garibaldi mit unabhängigem Rath zu unterstüßen, hat, wie der „Daily News* gemeldet wird, Fiumicino besuht. Er billigt das Hafenprojekt und empfiehlt das Zusammenziehen der Marschen. Er studirt ees N für die Ablenkung der Tiber mit einem Kanal durch

ie Stadt.

Venedig, 22. März. -Geftern um 1 Uhr Nachmittags wurde in Gegenwart des Vertreters des Königs, des Unter- richts-Ministers Bonghi, der Repräsentanten des Senats und der Deputirtenkammer und der Spigzen der Civil- und Militär- verwaltung und einer unabsehbaren Volksmenge das Denkmal Daniele Manins enthüllt. Als der Vorhang fiel und die Bronzestatue des Gefeierten den Augen der Versammelten ent- gegenleuchtete, brach ein mächtiger Beifallsfturm aus. Der Meister des Werkes, Bildhauer Borro, wurde während desselben vom Minister Bonghi dekorirt. Der Bürgermeister betonte in der Einweihungsrede, daß, da das Denkmal durch Beiträge aus allen italienischen- Provinzen und selbft aus dem Auslande zu Stande gekommen sei, es nicht allein als Anerkennung der Verdienste Manins von Seiten Venedigs, sondern von ganz Italien, ja Europa, dürfe er sagen, zu betrahten wäre. Als Diktator habe der Gefeierte die Ehre und das Prinzip der Nationalität gerettet. Als Verbannter habe er in Paris un- ermüdlich an der Allianz Italiens mit Frankrei gearbeitet und dur seine politishe Haltung mächtig dazu beigetragen, daß Italien unter dem Szepter des Königs Victor Emanuel ge- einigt wurde. Der Vize-Präfident der Kammer und im-Iahre 1849 Finanz-Minister der provisorischen Regierung von Veaedig, Maurogonato, gedahte in \{chwungvoller Rede der Erhebung und Vertheidigung Venedigs, und des Einflusses, den die Lagunen- stadt dadurch auf die \päâter erfolgte nationale Wiedergeburt Italiens ausgeübt habe. Der Redner erklärte, daß das Par- lament durch. seine Betheiligung an dem Transport der Ueberreste Manins im Jahre 1868 und durch seine Vertretung beim Heutigen Feste bezeugen wollte, daß es die Verdienfie des leider zu früh Verstorbenen um die Wiedergeburt Italiens vollflommen zu würdigen wiffse. Der Vertreter Sr. Majestät des Königs, Hr. Bonghi, wies auf das politishe Glaubensbekenntniß Manins im Jahre 1849 hin, und betonte, wie der große Mann seine Privatmeinung dem großen Gedanken der Nationaleinheit in monar{hischer Staats- form, welche zur Befreiung und Einigung des Vaterlandes ge- führt hat, unterzuordnen verstand. Zuleßt ergriff der Senator Torelli das Wort, und beklagte in kürzerer Rede, daß Manin die Lösung des Nationalproblems niht miterlebt habe. Italien werde aber nie vergessen, seßte er hinzu, daß der edle Venetianer zur Befreiung und Einigung des Vaterlandes am mächtigsten mit beigetragen habe, und daß es ihm ein noch viel dauerhafte- res Zenfmal im Herzen bewahren werde, als es ihm heute in Bronze enthüllte. Alle diese Reden wurden mit großem Beifall aufgenommen. Die ganze Stadt hatte Flaggenshmuck angelegt. Die Börse und alle Läden waren geschlossen, und am Abend der Markusplaß und das Fenice-Theater außerordentlich glän- zend beleuchtet.

Türkei. Der „Neuen freien Presse“ vom230., März rbird aus Belgrad telegraphirt, daß 37 Abgeordnete dem Fürften Milan eine Danfkadresfe wegen des energishen Schrittes überreiht haben, welchen er zur Rettung der Würde des Thrones und der Ehre des Parlamentes gethan habe. Der Fürst wurde bei einer Ausfahrt von der Bevölkerung auf das Enthusiastischste begrüßt.

Nußland und Polen. Moskau, 22. März. (St. Pet. Z.) ZumGeburtsfestdes Deutschen Kaisers fand, wie schon seit einer Reihe von Jahren, ein solennes Banquet unserer hiesigen deutshen Kolonie auch dieses Mal, wie im vorigen Jahre, im Saale des Slawjanski-Bazar bei gehobenster Stimmung ftatt. Von dem Fefst-Comité war der Saal mit Flaggen und Pflanzen reich ges{mückt und die Büste Kaiser Wilhelms von prangenden Frühlingsblumen umgeben. Schwungvolle Toaste wechselten mit patriotische.n Gesängen und Orchester-Piecen. Eine Anzahl Kombattanten des 70/71er Krieges hatte fich an diesem Tage noch zu einer besonderen Feier zu einem Festmahl im Hotel d'Angleterre vereinigt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 22. März, (H. N.) Die von der Regierung verlangte Bewilligung zur Vergrößerung der Flotte is| jezt mit unbedeutender Ab- fürzung vom Reichstage angenommen worden. “In der Ersten Kammer, wo man den Ausschußantrag ohne Ab- stimmung annahm, wurde geäußert, daß es nicht die Meinung des Aus\hu}ses gewesen sei, die Bewilligung irgend einer Bedingung über eine bestimmte Art vom Ma- rine - Ministerium anzuschaffenden Schiffe zu unterwer- fen. In der Zweiten Kammer wurde dagegen der Vorschlag gestellt, man sollte mißbilligen, daß die Regierung das in einigen Jahren befolgte Kanonenboot-System zu verlassen gedenke und einen Theil der Bewilligung zum Bau eines Widderschiffes nah englishem Modell benußen. Dieser Vorshlag wurde indeß mit 79 gegen 59 Stimmen verworfen. Die Bewilligung if demnach au von der Zweiten Kammer ohne irgend eine beshränkende Bedingung hinsihtlih der Anschaffung gegeben worden.

Christiania, 24. März. Die im vorigen Herbst nieder- geseßte Eisenbahn-Kommission, welhe beauftragt war, einen vollständigen Eisenbahnplan für Norwegen auszuarbeiten, hat ihre Arbeit nunmehr vollendet und für die Mehrzahl der in Vorshlag gebrahten Eisenbahnbauten schmale Geleise beantragt. Die in erster Linie zu bauenden Eisenbahnen find: a, Verbin- dungsbahn zwischen der Hauptstadt und der Hamarbahn über Hedemarken, b. Verbindungsbahn zwischen der Kongsvinger- und der Hamarbahn durch Solör, c. Verbindungsbahn in Christiania, d. Westbahn von Drammen na Ekersund mit Seitenlinien nah den Städten und nah Strengen, e. Bergenshe Bahn, f. Nord- bahn mit Seitenlinien nach Rökenviken und nach dem Randsfjord, g. Gudbrandsdal-Romsdalbahn auf der Strecke zwischen Beblungs-

naes und Lillehammer, sowie von hier weiter nah Hamar, h. Stjör- dal-Namsasbahn; in zweiter Linie: a, Linie Blakjer - Thrygftad, b. Seitenlinie Chriftianssand-Kilefjord, c. Seitenlinie Vors-Gra- ven, d. Seitenlinie Vors-Gudvangen, e. Linie Feen-Valders, f. Linie Vetlungsnaes-Aalesund, «-. Linie Melhus-Surendalsören. Die Länge der in erster Linie genannten Bahnen beträgt 166,43, die der in zweiter Linie genannten Bahnen 51,75 norwegische Meilen, die Gesammtlänge der projektirten Bahnen somit 218,1g norwegische Meilen; die Baukoften find zu resp. 31,032,000 und 9,350,000 Species, insgesammt also “zu 40,382,000 Species veranschlagt. :

__ Amerika. In der Naht am 14. März zerstörte ein hef- tiger Wirbelwind fast die ganze Stadt Rienzi am Mississippi, wobei vier Personen ‘getödtet und mehrere andere verlegt wurden. Der angerihtete Shaden wird auf 150,000 Dollars geschäßt.

Asien. Indien. Wie aus Bombay vom 28. d. Mts. telegraphirt wird, ist in dem Prozesse gegen den Guikwar von Baroda noh kein Urtheil erfolgt.

In Calcutta find nach einer Mittheilung vom 29. März Nachrichten von der Expedition eingegangen, die nah den Naga-Hügeln gesandt wurde, um die Eingeborenen zu züchtigen, welche den Lieutenant Holcombe sowie eine Anzahl Sepoys und Kulis, de zu Kapitän Badgleys Forshungs-Erpedition in diesem Distrikt gehörten, angegriffen und ermordet hatten. Darnah wurden fünf der Naga-Dörfer gestürmt und zerstört, sowie Detachements zur Verfolgung der Missethäter, die an der Meyzelei besonders im- plizirt find, ausgesandt. Die Naga's gebrauchten reihlich Feuer- waffen, aber ohne den Briten irgend welche Verlufte zuzufügen. Ihre eigenen Verluste find unbekannt. Der Gesundheitszustand der Expedition if, wie hinzugefügt wird, ein äußerst guter.

Afrika. Marocco. Der neu ernannte spanische Ge- sandte am Hofe von Marocco, Don Edouard Romer, traf am 16. d. in Tangier ein.

Aus der Kapstadt wird vom 6. März berichtet:

Die Volkszählung am Kap sollte am 8. ds. ftatifinden. Die Zolleinkünfte für Februar zeigen einen Zuwachs von £ 2000, Präsi- dent Burgeß befindet sich auf dem Wege nah England. Langali- balele befindet sich noch immer auf der Robbeninsel. Der gestrandete Dampfer „Celt“ ift sammt seiner Ladung für £ 18,400 verkauft worden. Ueber die mit dem Verluft des Schiffes verknüpften Um- stände hat eine Untersuchung stattgefunden, und der Gerichtshof hat die Certifikate von Kapitän Bird und Mr. Miller, dem zweiten Offi- zier, für 12 Monate suspendirt. Die Synode der Diözese tritt am 29, Iuni zusammen.

Nr. 28 des „Amts - Blatts der Deutschen Reichs- Post-Verwaltung“ hat folgenden Jnhalt: Verfügung vom 30. März 1875: Vorkommen falscher Preußisher Banknoten zu 10 Thlrn, Verfügung vom 27. März 1875: Einführung des metci- schen Gewichts in Oefterreil-Ungarn.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die deutsche anthropologishe Gesellshaft wird im August des laufenden Jahres eine Generalversammlung in Mün chen abhalten und beabsichtigt, dem „Korr. v. u. f. D.“ zu- folge, zum würdigen Empfange der Gäste eine umfassende Aus e l- [lung der interessantesten Funde aus der keltisch-ger- manischen Vorzeit des Königreichs zu veranstalten. Bayern besißt in Staate-, Vereins- und Privatfammlungen kostbare Schätze, welche, aus längst verschollenen Wohnstätien, Gräbern und Grabbügeln ge- fammelt, für Geschichte und Kultur der frühesten Periode von höchster Bedeutung find. Jhre Vereinigung in einer Aufstellung, in forgsamec Gruppirung durch sachkundige Gelehrte wird für das rich- tige Verständniß mancher Vorkommnisse voa der größten Wirksam- keit sein und zuverlässig ein eben so anziehendes als lebendig?:s Bild der Urzustände Bayerns gewähren. Es find die Artefakten von Stein, von Bronz?: und von Eisen, welche auf kurze Zeit in München vereinigt und nach dem vorläufigen Programme in folgen- den Gruppen aufgestellt werden sollen: 1. Gruppe: Die in Bayzrn aufgefundenen Steinwaffen (Steinhämmer, Pfeilspißen, Stein- messer 2c.) 11. Gruppe: Die Waffen von Bronze und die Schmuck- gegenstände aus demselben Metalle, insbesondere Schwerter, Dolche, Sicheln, Lanzen und Pfeilspißen, Fibeln, Haarspangen, Zierscheiben 2c. IIT. Gruppe: Die Waffen aus Eisen: Schwerter, Beile, Dolche, Messer. IŸ. Gruppe: Schmu@ckgegenstände von Bernstein, Glas, Thon (Perlen). V. Gruppe: Urnen aus Glas und Thon. VI. Gruppe : Die auf bayerishem Boden aufgefundenen Gußformen für fkeltiich- germanishe Waffen. VIL. Gruppe: Münzen, und zwar vorzugsweise keltishe Münzen, die f. g. Regenbogenschüfselchen. i

Der „Allgem. Zto.* {reibt man aus Dreéd:n, 26. März: „Das Endergebniß d28 Konkurrenzausschreibens für den Hauptvorhang unseres neuen Hoftheaters wird höchst- wahrscheinlih folgendes sein: Der Entwurf, welh:.r Markarts Vate:schaft in jeder Hiusicht offenbart, wird den erften P.e's erhalten; dem Entwurf, dessen Schopfer man, wohl mit gleiher Untrüglichkeit, in Herm. Wiélicenus gefunden zu haben glaubt, wird der zweite Preis zuerkannt werden ; demjenigen endlich, der von dem hiesigen Professorder Kunstakzdemie Franz Theodor Grosfe herrühren foll, wird zwar nur der dritte zufallen, seinem Einsender wird aber der Auftrag ertheilt werden, den Entwurf mit gewissen B:ränderungen zur Ausführung zu bringen. Die hohe Forderung, welhe an die Nusführunck des erstgenannten Entwurfs geknüpft worden ist, macht leider dieselbe für unser Theater unmöglih, Beiläufig erwähnt, wird das neue Dresdener Hoftheater hinsichtlih der räumlichen Ausdehnung unter den Theatergebäuden des europäischen Festlandes unmittelbar nach der Neuen Pariser Oper rangiren. Lebtere hat nämlich 11,237 Quadratmeter Bodenfläche und 428,666 Kubikmeter Rauminhalt ; diesen Größenverhältnissen entsprechen bei unserem Hoftheater die Zablen 5600 und 139,800, Dann folgt das große Kaiserliche Theater in St. Petersburg mit 4559 Quadratmeter Bodenfläche und 114,288 Kubikmeter Rauminhalt, und das Münchener Hoftheater mit 4502 Quadratmetern und 129,480 Kubikmetern.“

Von der in Aden zur Beobachtung der totalen Sonnentinfsterniß befindlichen Expedition sind der „Nature“ zu- folge Bricfe eingegangen. Dr. Vogel und Dr. Schuster waren an Bord ihres Dampfers damit beschäftigt, die chemishe Intensität ver- schiedener Theile des Sonnenfpektrums zu verschiedenen Zeiten des Tages photographisch festzustellen, und es sind bereits wichtige Reful- tate gewonnen worden.

Im Jauuar d. J. ift in der lombardishen Provinz Be [l- luno ein Fund antiker Silbergeräthschaften gemacht wor- den, der zwar nit durch die Zahl und den Metallwerth der gefunde- nen Objekte, wohl aber durch die daran geknüpften Vermuthungen über den ursprünglihen Besißer und die Herkunft der Geräthschaften an den Hildesheimer Silberfund erinnert. So wie man nämlich in diesem anfänglich das Tafelgeschirr des Varus erkennen wollte, das bei der Schlacht im Teutoburger Walde den Germanen in die Hände gefallen, später aber wieder verloren gegangen sei, fo glaubt man, nach der Wiener „Presse“, die jüngst gefundenen Objekte für Reste der großen Vandalenbeute halten zu dürfen, welche bei der Eroberung und Plünderung Roms im Jahre 455 dem Geiserich in die Hände fiel, scinem Nachfol er, dem leßten Vandalen- könig Gelimer aber nach der Einnahme Karthagos durch Belisar 534 wieder abgenommen wurde. Der Fund besteht nur aus drei