1875 / 80 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Apr 1875 18:00:01 GMT) scan diff

nen. Es würde dies eirer Dividende von vielleicht 10 % entsprechen gegen 25 % im Vorjahre.

2 Wien, 9 April. Der Kongreß der öfterreich ischen Velkswirthe ift heute hier eröffcet worden. Zum Präfidenten wurde der General-Dircktor der Nordwestbahn, Dr. Groß, und zu Vize-Präfidenten die Herren Goegl, Zimmermann, Escher und Du- najewsfy gewählt. Die Versammlung {ritt darauf zur Berathung der Steuerreformfrage, wzlche den esten Gegenstand der Tagesord- nung btilckete und nahm die Anträge der Referenten Dr. Hoefker und Dr. Sar an, die Steuerreform durch Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer, anstatt der bestehenden Zuschläge durchzuführen,

Berliner Aunkansfellungen, I

(Vgl. Nr. 77 d. Bl.)

Eine Scene aus der Uebergabe von Meg, die Del fs aus- fiellte, der Vorbeimarsh gefangener französisher Garden vor dem Prinzen FriedriÞh Carl, der mit seinem Stabe und der militärishen Bedeckung auf einem Felde zur Linken des Be- \hauers hält, während rechts der wenig geordnete Zug der feind- lihen Soldaten einen regendurchnäßten Weg daherkommt, gab gerade in dem bewegten Gewimmel der in ihren bunten Uni- formen Kopf an Kopf gedrängt herannahenden Gefangenen, in der feuhten landshaftlihen Stimmung und der trefflihen Per- \pektive der weit in die Tafel hineingeshobenen Landstraße eine in hohem Grade gelungene Schilderung, während die andere Hälfte des Bildes gegen die Frische und Lebendigkeit dieser Partie einigermaßen zurücktrat. Auch in zwei Genrebildern von Wald\hmidt, einem Spazierritt von Kavalieren und Damen dur einen sonnendurhbligzten Laubwald und einem nächtlichen Rendezvous am Rande eines von bläulihem Mondschein erfüll- ten Parkes, den ein zwishen moosbewahsenen Steinblöcken hin- plätsherndes Flüßchen begrenzt, beansprucht das Landschaftliche und das Figürlihe eine gleihe Beahtung. Ein anderes vor- trefflihes Bild dieser Gattung, das ,Erntefeftreiten westfälischer Bauern von Hallaß “, ift bereits bei Gelegenheit der akademi- hen Ausstellung gebührend gewürdigt worden.

Eine historische Komposition, die den Simson seiner Locken beraubende Delila, von Adalbert Begas, kann bei ihrem anspruchsvollen Auftreten füglich nicht übersehen werden, ob- gleih der Maler die Arbeit vielleicht besser von der Ausftellung ferngehalten hätte. In der Zeihnung niht ohne Mängel, erscheint das Bild in seiner bunten Färbung grell und har1; die Figuren aber, von denen der am Boden auf einem Löwenfell ruhende, gegen das gelbe Polsterbett der Delila sich lehnende ungefüge Simson selber dem modernsten Salon entnommen zu sein scheint, während die Alte hinter dem rothen Vorhang unfrei- willig komisch wirkt, ermangeln ebenso jedes inneren Lebens, wie sie in der Auffassung völlig vergriffen find. Nicht viel besser steht es mit einem männlihen Brustbild, neben welchem ein nicht übles, warm und harmonish getöntes Porträt von Kay, der uns hier, soviel wir wissen, auf diesem Gebiete zum ersten Mal entgegentritt, eine desto gün- stigere Meinung erweckt. Ein blondhaariger Frauenkopf von E. Hildebrand imponirt durh vornehme Auffassung und sfurch den edlen Charakter seiner feingeshnittenen Züge. In dwei Studien von Zona endlich, in dem Brustbild einer blü- zenden jungen Spanierin, und mehr noch in dem anderen Bilde, has mit einem etwas gesuhten Gedanken unter dem Titel „Ver- dciedenec Beruf“ vor dem Profil einer Nonne mit niederge- \{chlagenen Blicken einen jugendlich reizvollen, aus dunklem Auge träumerish sehnend vor sich hinschauenden braunlockigen Mädchen- kopf erscheinen läßt und den Beshauer durch den pikanten Effekt seines halbvershleierten Ausdrucks fesselt, ift der früher bei dem Maler bemerkte, keineswegs kalte, aber do eigenthümlih trockene Ton nahezu gänzlich dem der Oelmalerei erreihbaren satten und weihen Schmelz der Farbe gewichen.

Aus der langen Reihe der Genrebilder möge zuerst G. Spangenberg's wandernde Zigeunerfamilie erwähnt sein, die zwischen den Stämmen eines entlaubten, in der kalten, grauen, nebelverhüllten Stimmung dcs Spätherbstes treflich wiedergege- benen Waldes daherschreitet, ein Gemälde von eigenartigem Reiz der etwas stumpfen Färbung und von gediegener, sicherer Zeihnung der ziemlich groß genommenen charakteristishen Ge- stalten. In noch größeren Figuren schilderte Hirschfel der ¿eei verlorene Leben“, das einer jungen barmherzigen Shwester in klösterliher Tracht und das eines gefallenen, in seiner erfkal- teten Hand noch das Bildniß der Geliebten haltenden bayrischen Soldaten, auf den Jene, die vor ihm steht, mit dem Ausdruck tiefer Theilnahme und Ergrifferheit in ihren wehmüthig sinnen- den Zügen niedershaut. Der innigen, aber allzuweihen Em- psindung des Bildes, die von der Sentimentalitäi des von dem Künstler gewählten Titels nicht völlig frei ist, entspricht eine nicht eben cnergishe Malerei, die aber doch cin unleugbares Talent bekundet, während in der „trüben Stimmung“ von Schwarz, einer Dame, die in sorgfältig geordnetem violetten Promenaden- kostüm, das Gesicht in den Händen bergend, durch das Ufer- \{ilf am Rande eines Flusses dahinrauscht, der affektirte Aus- druck ebenso {chrwählich wirkt, wie die flaue, charakterlose Farbe des Bildes.

In viel kleinerem Maßstabe malte Amberg die halb vom Rücken gesehene, dem Beschauer ihr reizendes Profil zukehrende, graziós bewegte Gestalt einer jungen Malerin, die, in cinem faltigen tiefblauen Kleide vor der Staffelei ihres geschmackvoll ausgestaiteten Ateliers auf einem niedrigen Tabouret ruhend, fich in feinempfundenem Kontrast von der goldig getönten Ta- pete des Hintergrundes abhebt. Ein ähnlih ansprechendes Sa- lonbild von Kiesel (in Düsseldorf) zeigt die Gestalt einer jun- gen glüdlihen Mutter in elegantem grauseidenem Morgenkleide, die behaglich auf einen Polftersessel hingestréck, ihr Kind mit beiden Händen \scherzend emporhebt. In der malerischen Schön- heit des prächtigen Renaifsance-Interieurs, in der reihen und noblen, harmonisch zusammengestimmten Farbe i der von bestem Erfolg begleitete Einfluß Wilhelm Sohns, in der tüchtigen Malerei das eigene Talent des stetig fortschreitenden Künstlers niht zu verkennen.

Auf derartige Wirkungen einer „\{hönen Farbe“ verzichtete Hirth in seinem „Allerseelentag" in mehr als wünschenswerther Weise. Er schildert den Blumenmarkt einer süddeutschen Stadt, auf dem die Trauernden ganz im Vordergrunde eine {hwarz- gekleidete Dame, die ein Kind an der Hand führt ihre Kränze und Blumen zum Shmuck der Gräber kaufen, die alien und jungen Händlerinnen, die zu beiden Seiten der Straße unter ihren Schirmen oder im Helldunkel ihrer Buden fi niederge- lassen haben, in einer Stimmung und Farbengebung, die offen- bar auf Munkaczy als auf sein künstlerisches Vorbild hinweist und an dessen Rihlung au in der trüben und kalten, jedes freundlich gemüthvollen Zuges \{heinbar gänzlih entbehrenden Empfindung und Anschauung erinnert. Dabei is aber doch auch an diesem Bilde die rücksihtslose Schärfe und Wahrheit der Beobachtung, die ss vornehmlich in dem Ausdruck der zumeist wenig anziehenden Köpfe kundgiebt, ebenso unbedingt anzu-

sowie die Gebäude-Ertragssteuer, die Grundsteuer, die Erwerbeësteuer, | Deaner Walde haben fich freiwillig erboten, eine Hzrabsezung ihrer

leßtere ohne Lohnsteuer, zu beshränken. Jn Betreff der Eisenbah Tarifreform, die darauf zur Diskussion gelangte, wurde das vorliegen Referat einstimmig abgelehnt und der Ausschuß beauftragt, die Fr

für den nächsten Kongreß vorzubereiten. J —— Die Kohlengrubenarbeiter von Nord-W ges drohen mit einem Strike, falls die Mister auf die projektirte Héab- seßung der Arbeitslöhne um 15 % bestehen Sie wollen sich /aber einer Herabseßung von 10 % fügen. Die Meister sagen, daß /e zur Herabseßung der Löhne gezwungen find, uw mit den Koblentuben besißern von Lancashire zu konkurriren, Die Kohlengräßr im

erkennen, wie die sihere und kühne Breite des Wrtrags, der die einzelnen Tonflächen mit seltener Festigkeit und Jestimmt- heit hinzuseßen versteht. Ergößliher, wenn auch geáde nit von jenem urwühsig frischen, innig erquickenden Hunor erfüllt, den ein Defregger ctwa bei solhem Cegenstande u entfalten weiß, wirk: Alois Gabl's „verbotene Tanz“ eixèr munteren Gesellschaft Tiroler Bauern und Bäuernnen, derex ausgelaf}en wildes Vergnügen der eben eintretende von Einigen noch gar niht, von dem zum Tanz aufspielenden Kantor dafür mit desto starrerem Entsegzen erblickte Pfarrer in mliebsamér Weise unter- briht. Glüdlih in dem Höhepunkt tr Situation aufgefaßt, lebendig und dabei durchaus natürli bewegt, so daß sie wie zufällig entstanden erscheint, dient tie ziemli umfangreiche Komposition zugleih sehr ‘geshick ali Folie einer wirkungs- vollen foloriftishen Anordnung. Reiglih fällt das Lißt, den Bli des Beschauers sofort dorthin lerkend, auf die Hauptgruppe der Tanzenden und auf die helle Wand linter ihnen, von welcher fich, niht ganz unähnlih der Art und Weif Lindenschmits, die dunkle- ren Figuren des Bildes abheben. Völlig im Charakter des eben genannten Meisters gedaht, nauentlih in der koloristishen Stimmung bis auf einzelne Details ter Farbenzusammenftelung deutlich an ihn anfklingend erschein die „Glockenprobe“ von Schirlow, die innerhalb der graua Mauern einer Werkftatt, einem trefflich gelungenen Interieur, porgenommen wird. Aber in Zeichnung, Modellirung und Vortiag, namentlih auch in der lebendigen Charakteristik der beiden, von einer Kindergruppe um- gebenen Hauptfiguren, des Meisters im Schurzfell, der, zum Anschlag bereit, den Hammer erhobe1 hält, und des Kantors, der gespannt horhend den Ton auf der Geige angiebt, tritt soviel tüchtige Eigenart hervor, daß diese Arbeit als ansprehende Probe einer ‘entshiedenen Begabung gelten muß.

Das Motiv einer „stürmischen Fahrt bayerisher Landleute auf dem Chiemsee“, das Naupp für eine große, fleißig ausge- führte Darstellung wählte, scheint dem Maler so manches duftig eleganten Bildes nicht besonders günstig gelegen zu haben. Da- gegen entfaltete Grüßner in einem Klosterbruder, der im kühlen Keller, bevor er das Glas an die Lippen seßt, erst noch d2s Auge an dem goldig blinkenden Schimmer seines Inhalts wei- det, in hohen Grade den in solhen Motiven oft von ihm be- wiesenen behaglihsten Humor und die feinste koloristishe Empfin- dung. Durh seine lustige Laune und dur eine gefällig har- monisch geflimmte” Färbung zeihnet fich ferner Ortlieb's „Einquartierung im Pfarrhause“ aus. Den noch jungen und [ebensfrohen geistlihen Herrn nimmt das an sein verdrießlih lauschendes Ohr dringende zärtlihe Gespräh, das die hübsche Magd hinter der Thür des Nebenzimmers mit einem eben eintreten- den deutschen Offizier führt, zum großen Ergößen der beiden Kame- raden desselbén, die bereits mit dem Pfarrer am Tische sigen, so sehr in Ansptuch, daß er die gerade in diesem Augenblick allerdings ein wenig boshafte Aufforderung des Einen, der ihm das ge- füllte Glas zum Anstoßen hinhält, völlig zu überhören \cheint. Ein son früher einmal an dieser Stelle erwähntes kleines Genrebild von Poecckh, ein Handwerksbursh, der an der Thür der Gefängnißzelle dem entsezt zurückfahrenden Gensd'armen freundlich lächelnd eine Prise anbietet, erfreut auch in dieser Ausstellung dur seinen feinen Humor und dur seine behag- lih sorgfältige Ausführung. Mit drastisherer Laune \cildert Andorff „Künstlers Erdenwallen“ in der Gestalt eines jungen Malers, der in seinem mit zahlreichen Skizzen gefüllten Atelier bei [eerstehendem Ofen durch die mit Stroh ausgestopften Filz- schuhe, durch den diht zugeknöpften Ueberrock und den auf den Kopf gestülpten Hut fich mühsam der grimmen Kälte er- wehrt und dabei mit wahrhaftem Galgenhumor an dem poetischen Gebilde einer nur mit luftigem Flor umhüllten empors{chwebenden weiblihen Gestalt arbeitet. Eine Scene „beim Trödler“, der einem sorgfältig prüfenden ältlihen Herrn eine Tasse zum

Kauf empfichlt, malte Cederström und bekundete ein nicht ge- !

ringes Geschick in der Lösung der \{chwierigen koloristishen Auf- gabe, die er \ich hierbei stellte, in der harmonishen Zusammens stimmung der bei heller Beleuhtung energisch ausgesprochenen Lokalfarben der buntscheckigen Sammlung von Fahnen, Wappen, Waffen, Bildern, Koftümen, Gobelins, Gefäßen und mannih- fachen anderen Antiquitäten des verschiedenartigsten Materials, die in dem Laden des Händlers in malerishe Unordnung zufam- mengehäuft sind.

Neben diesem Künstler find endlich noch zwei andere jün- gere Weimaraner in. der Ausstellung carakteristish vertreten. Graf Reichenbach zeigt in der Seitenkapelle einer alten Kirche, zu der einige ausgetretene Steinstufen von dem sonnig hellen Hauptraum derselben hinabführen, die widenvärtig häßliche Figur eines Kirchendieners, der die von der Decke niedergezogene Ampel mit frischem Oel versieht, und \{chlägt in der sharfen Charakteristik des unangenehmen Kerls, dem der offenstehende Mund und die \chlaff herabfallende Unterlippe ein unsäglih bornirtes Aussehen giebt, mit offenkundigem Talent denselben \pöttisz-satirishen Ton an, mit welchem bereits die „Kreuzigung* dieses Malers in noch bitterer Weise die abscheulihfte menshlihe Shwäche und Beschrärktheit geißelte. Wahrhaft wohlthuend wirkt diesem Sar- kasmus gegenüber Zimmer's trefflih gemalter, mindestens ebenso lebenswahr und charakteristisch, zuglei —- aber mit erquicklich gesundem, fröhli ven Humor geschilderter barfüßiger Kegelbube, der, eben aus Leibeskräften lustig sein „Alle Neune“ die Kegelbahn herabrufend, fich in seiner gelblih grauen, arg zerrissenen Hose von dem grünen Gebüsch irgend eines verwil- derten Wirthshausgartens abhebt. Durch die Frishe und Un- mittelbarkeit der Auffassung, durch die Munterkeit der Erfindung unddie freundlihanmuthende, kräftige Farbenstimmung beweist au dieses Bild von neuem die glücklihste Begabung des viel ver- \prehenden Künstlers. Einige Unklarheiten des [andschaftlichen Hintergrundes würden, s\elb#| wenn fie nicht, wie uns scheint, nur auf Rechnung der augenblicklich wenig günstigen Beleuchtung kommen follten, doch faum die Freude an einer so tüchtigen Leiftung vermindern. ;

Unter _den Architekturen der Ausftelung iff| neben zwei kleinen Straßenprospekten aus Kairo von Fiedler vor allem Wilberg's „Hauptportal zum Dogenpalast in Venedig“, ein Bild von meisterlicher Plastik der Formen und vollendeter Har- monie des warmen goldigen Tons, unter den Stillleben die von Hertel aus einer Büste, aus Noten und Instrumenten \{chwungvoll arrangirte und mit breitem Pinsel in sattem, tief-

Löhxe um 5 % zu acceptiren, wenn der Preis der Kohlen an der Zeche auf 13 Schillinge per Tonne herabgejezt wird.

‘Verkehrs-Anstalten.

Plymouth, 5. April. Der Dampfer „Holsatia* von der Hamburg-Amerikanischen Compagnie ift hier eingetroffen. , Konstantinopek, 5. April. (W. T. B) Hr. v. Lesseps ift hier eingetroffen, um mit der Pforte über die Abänderung der Taxen für den Suezkanal zu verhandeln.

gestimmten Ton gemalte Dekoration eines Musiksaales Hervorzu- heben. Inwieweit die künftige Aufstellung der Tafel das ihr von dem Maler gegebene, die Wirkung eines alten, bereits nahgedunkelten Bildes erfolgreich imitirende Aussehen erstrebenswerth erscheinen ließ, kann allerdings nicht ohne Kenntniß des Interieurs be- urtheilt werden, das fie zu chmüdcken bestimmt ist. Eine seltsam phantastishe Kompofition übergab \{chließlich noh Böcklin dem Salon des Künstlervereins. Zwei nackten, mit Vogelklauen und buntbefiederten Shwänzen versehenen Gestalten, deren eine die Arme ihres gebräunten hageren. Leibes fingend oder \chreiend in die Luft streckt, deren andere, weihlih \{hwammig gebildet, sih, auf einer Flôte s\pièlend, gegen einen Uferfelsen stützt, wäh- rend auf dem Boden gebleihte Knohen als Reste des eklen Mahles der Beiden erscheinen, verlieh der Maler in seiner be- kannten bizarren Laune den Namen von „Sirenen“; doch ent- behrt dieser groteske Scherz jedweder Feinheit und Grazie, und au ein interessanter koloristischer Akkord vermag mit dem wider- lihen Anblick und der ungesunden Empfindung des Bildes nit zu versöhnen.

Einen Rückblick von solhen Verirrungen zu der einfachen Schönheit der klassischen italienishen Kunst gestattet Raab's eben erschienener meisterhafter Stih nah Raffaels Madonna di Tempi, der in einem vortrefflihen Abdruck vor der Schrift in dem Eintrittsraum des Salons ausgestellt ist. Die innige Zart- heit, die von einem ganz leisen Anflug von Befangenheit noch niht freie holdselige Anmuth dieser Madonna, die mit dem süßen Gefühl der Mutterliebe ihr Haupt zu dem auf ihren Armen an die Brust gelehnt ruher en, das wundervoll klar blickende Kindergesiht an ihre Wangen \chmiegenden Knaben hinabbeugt, is in diesem Blatt mit seltener Vollkommenheit wiedergegeben. Und nicht allein der Zeihnung und Modellirung, sondern ebenso der eigentlich malerischen Haltung, den feinsten Nüancen des Tons, wird die edle, von jeder Einförmigkeit der Behandlung durchaus freie Arbeit in hohem Grade gerecht.

Die Gesellshaft der Gartenfreunde Berlins veran- staltet zum Besten des unter dem Allerhöchsten Protektorate Ihrer Majestät der Kaiserin-Königin stehenden „Vaterländischen Frauen-Vereins“ am Sonnabend, Sonntag, Montag, Dienstag und Mittwec, den 17., 18., 19., 20. und 21. April c. in der Reit- bahn des Königlichen Kriegs-Ministeriums eixe Blumen-, Pflan- zen- und Frucht-Ausstellung. Der Eingang is Wilhelmstr. 81. Folgende Preise sind zur Vertheilung an die Auëésteller festgeseßt: A. Königspreis. Die von Sr. Majestät dem Kaiser von Deutsch- land und Könige von Preußen bewilligte goldene Medaille. Diese Medaille soll für die nach dem Urtheile der Preisrihter aus- gezeichnetste Leistung der Ausstellung, sei es in Gruppen, neuen Ein- führungen oder Kulturen, ertheilt wrden. Derjenige, welhem von dem Preisrichter-Amte dieser Preis zuerkannt it, ift von der Kon- kurrenz um die übrigen Preise ausgeschlossen. B. Chrenpreis Ihrer Majestät der Kaiserin von Deutschland und Königin von Preußen. Dieser Preis ift für die zweitbeste Leistung der Ausstellung bestimmt. C. Ein Preis eines Freundes des Vereins, gestiftet zu Ehren des verewigten Professors Dr. Shulz-Schulßenstein in ungetheilter Summe von 60 M. für die beste ästhetisch aufgestellte gemishte Gruppe. D. 24 Preise der Gesellschaft, bestehend in 2 goldenen, 16 großen silbe- p 12 fleinen silbernen, 8 bronzenen Medaillen und 270M in Geld- preisen.

Der Delegirtentag der deutschen Hausfrau, 47 BVer- eine wird vom 14. bis 17. April tagen und zwar ats n 9—7 Uhr Nachmittags im Bürgersaal des Bexki-© is ) E Für die Unterhaltung der Delegirten außer dev eee Vet O Vor- èas Comité Sorge tragen. Meldungen nack f E E aftlichen fißenden Frau Lina Morgenstern, Ben Mit lieren de Neteina Aufnahme der Delegirten 1n Logis haba! 1 L Tag: Begrüßung der

bereit lärt. läufi esorMUngt ; M, ri lärt, Bor liufige Tagen erein und thre gegenseltigen

Bezi e i _— 9. Tag: Gebâck- und Fleischfrage; die E Le Zifuns billiger Lebensmittel. 3. Tag: Verhältniß der Havsfcauen-Bereine zu den Kaufleuten der Stadt; was vermögen die vereinigten Hauéfrauen zur Heranbildung fah- tüchtiger Dienstboten? 4. Tag: welche Fortbildungsanftalten für unsére Töchter find von den Hauéfrauenvereinen zu fördern? Selbständige Vorträge sind bis zum 6. April anzumelden.

Theaten Nicht, wie einige Blätter irrthümlich berihtet haben, mit Sutiss C sondern mit der „Hermannsschlacht he- ginnt am 16. d. M. das Gastspiel des Herzoglich Mein in- gishen Hoftheaters im Friedrich-Wilhelmstädtis cen Theater. 7

Im Woltersdorff-Theater findet am Sonnabend, den 10. April, eine Extravorstellung, und zwar zum Besten des „Vereins zur Stiftung eines Nationaldenkmals auf dem Nieder- wald“ statt. Wie wir vernehmen, werden für diese Vorstellung ganz besondere Vorbereitungen veranstaltet. Vorgeführt wird die neue Posse: „Ein unverdorbener Jüngling“ mit dem Wiener Gaste Ful. Sophie König, der es {on in der kurzen Zeit M gelungen ist, sih allseitige Sympathien zu erwerben. Nicht allein, daß die Direktion des Woltersdorff-Theaters für eine vervollständigte Juscenirung und Verstärkung des mitwirkenden Personals freund- lichst gesorgt hat, ist es auch dem Arrangeur der Vorstellung, Hrn. Redacteur Emil Prager, gelungen, mit gütiger Erlaubniß des General-Jntendanten Hrn. v. Hülsen die Betheiligunz von Mit- gliedern des Königlichen Ballets, unter Anderen der Solotänzerinnen Frl. Forsberg und Linda, zu erlangen. Schließlich tritt Frl. Sophie König in einer ihrer Glanzrollen, dem „Versprechen hinterm Heerd“, auf, und steht dem besuchenden Publikum demnach ein genußreicher Abend in Aussicht. L ;

Aus Wien wird gemeldet, daß im Herbst dem Burg- theater ein bedeutender Zuwachs bevorsteht. Außer Frl. Frank und Fr. Janisch sollen unoch Hr. Arnau an Stelle des verstorbenen Hrn. Franz und Hr. Reushe zum 1. September in den Verband dieses

Theaters treten.

Das neueste Bade-Blatt für Wiesbaden weist für das Jahr 1875 bis zum e April bereits einen Fremdenverkehr von 7465 Per-

fonen nach. m ——————

Redacteur: F. Prehm.

Berlin! Ferlag der Expedition (Kessel). Druck W. Elsner.

Vier Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage),

Erfte Beilage

zum Deulschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

2 80,

Königreich Preußen.

Geses§, betreffend die Leinwandleggen. Vom 15. März 1875.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 1c., verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt: :

_§. 1. Die in der Provinz Hannover und den Regierungsbezirken Minden und Cassel bestehenden Leggeanstalten können aufgelöst wer- den, sobald und soweit ihr Fortbestehen durch ein Bedürfniß des Verkehrs nicht mehr erfordert wird.

__§. 2. Ueber die Auflösung einer Leggeanstalt verfügt nach vor-

gängiger Anhörung des Kreistages, beziehungsweise in der Provinz Hannover der Amtsyersammlungen der betheiligten Amtsbezirke, der Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Von dem Tage der Betriebseinstellung an, welcher durch èas Amtsblatt des Bézirks bekannt zu machen ift, treten für den in der Bekanntmachung näher zu bezeichnenden Distrikt alle auf die Legge und Leinenschau bezüglichen Geseße und Verordnungen außer Kraft.

§. 3. Auch außer diesem Falle können für einzelne leggepflihtige Bezirke diejenigen Bestimmungen, durch welche vorgeschrieben ift, ge- wisse Gattungen von Leinen vor dem Verkaufe bei einer Legge zur A zu bringen, auf dem vorbezeichneten Wege außer Kraft geseßt werden.

S. 4. Die Leggeordnung für die Kreise Bielefeld, Halle und Herford (mit Auss{chluß der Aemter Bünde und Rödinghaufen) im Regierungsbezirke Minden vom 15. Mai 1853 (Geseßz-Samml. für Le ard R S s 6

rkundlih unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Ga

Gegeben Berlin, den 15. März 1875.

(L. 8.) Wilhelm.

Fürst von Bismarck. Camphausen. Graf zu Eulenburg. Leonhardt. Falk. von Kameke. Achenbach. Friedenthal.

3 %iges Anlehen der vormals freien Stadt Frankfurt am Main von 5,000,000 Fl. 4d. d, 12. März 1846. Bei der am 6. d. M. stattgefundenen 22. Verloosung des An- lehens der vormals freien Stadt Frankfurt a. M. vom 12. Mai 1846 wurden nachverzeihnete Nummern gezogen:

A. Zur Rückzablung auf den 1. Juli 1875.

Lit. E. à 1060 Fl. Nr. 3. 117. 152. 157, 320. 339. 556. 568. 992. 778. 780. 862. 1136. 1144. 1510. 1611. 1667. 1691. 1748 und 1787, 20 Stück über 20,000 Fl. oder 34,285 #4 72 „S. Lit, E. à 500 Fl. Nr. 1873. 1940. 1947. 2078. 2079. 2093. 2117. 2191. 2209. 2211. 2368. 2498. 2512. 2589 und 2594, 15 Stüæ über 7500 F. oder 12,857 Æ 14 S. Lit. E. à 300 Fl. Nr. 2816. 2921. 2939. 2980, 3103. 3115. 3167. 3179 und 3242, 9 Stück über 2700 Fl. oder 4628 #4 57 &§. Lit. E. à 100 Fl. Nr. 3435. 3543. 3558. 3967, 3643 und 3741, 6 Stück über 600 Fl. oder 1028 M 57 9. Lit. E. Summa 50 Stück über 30,800 Fl. oder 52,800 M

B, Zur Rückzahlung auf den 1. Januar 1876.

Lit, F. à 1000 Fl. Nr. 54. 100. 187. 228. 241. 245. 272. 492. 652. 1021. - 1036. 1057. 1149. 1235. 1271. 1286. 1502. 1612. 1641 und 1690, 20 Stück über 20,000 Fl. oder 34,285 4 72 s. Lit. F. à 500 Fl. Nr. 1818. 1857. 1866. 2072. 2231. 2238. 2247. 2352. 2881, 2451. 2519, 2585. 2636. 2671 und 2765, 15 Stück über 7500 Fl. oder 12,857 14 -. Lit. F. à 300 Fl. Nr. 2863. 2889. 2932. 2961. 2965. 3161. 3225. 3238 und 3297, 9 Stück über 2700 Fl. oder 4628 M 57 S. Lit. F. à 100 31. Nr. 3328. 3330. 3541. 3607. 3694. und 3716, 6 Stück über 600 Fl. oder 1028 M 57 g. Lit, F. Summa 50 Stück über 30,800 Fl. oder 52,800 M

Die Inhaber dieser Obligationen werden hiervon mit dem Be- merken benachrichtigt, daß sie die Kapitalbeträge, deren Verzinsung nur bis zum betreffenden Rückzahlungstermine stattfindet, bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M., bei der Königlichen Staatsscchulden-Tilgungskasse in Berlin, bei jeder Königlichen Regierungs-Hauptkasse, sowie bei den Königlichen Bezirks - Hauptkassen in Hannover, Lüneburg und Osnabrück gegen Rückgabe der Obligation und der dazu gehörigen, nicht verfallenen Zinscoupons (bei den Obligatio- nen Lit, E. des Coupons pr. 1. Juli 1876 nebst Talon und bei den Obligationen Lit, F, nur mit Talon) erheben können.

Der Geldbetrag der etwa fehlenden, unentgeltlich zurückzugeben- den Zinscoupons wird von dem Kapitalbetrage der betreffenden Obli- gation zurückbehalten.

Soll die Einlöfung von dergleichen Obligationen nicht bei der Königlichen Kreiskasse in Frankfurt a. M. oder - bei der Königlichen Regierungs-Hauptkafse in Wiesbaden, sondern bei einer der anderen Kassen bewirkt werden, so find die betreffenden Obligationen nebst Coupons und Talons vierzehn Tage vor dem Verfalltermine bei die- sen Kassen einzureichen, von welchen dieselben vor der Auszahlung an den Unterzeichneten zur Prüfung einzusenden sind.

Restanten

aus der 15, Verloosung: Lit. E. Nr. 12. 2822, Lit. F. Nr. 1634 und 3358; 16. Verloosung: Lit. E, Nr. 3607, 3745, Lit. F, Nr. 3201 und 3441; 17. Verloosung: Lit, E. Nr. 1941. 3186. 3544. 3729. 3798 und Lit. F. Nr. 2083; 18. Verloosung: Lit. E. Nr. 1044. 1208, 1450, Lit. F. Nr. 828. 1960. 2311. 2507. 2984. 3168. 3257, 3475 und 3619; 19. Verloosung: Lit, E. Nr. 3216. 3704, Lit. F, Nr. 99. 1897, 1937. 2715. 2809. 2828. 3010. 3446 und 3455; 20. Verloosung: Lit. E, Nr. 214. 1004. 1196. 1223. 2476. 2567. 2893. 3040. 3625 und Lit. F. Nr. 1098, 1324. 2573. 2606. 3287. 3921 und 3724: 21. Verloosung: Lit. E. Nr. 23. 563. 1497. 1791. 1831, 1904. 1912, 2014. 2553. 3135. 3149 und 3642, Lit. F. Nr. 47. 467. 503. 690. 848. 1512. 1863. 1962. 2195. 2921. 2934. 2988. 3171, 3209, 3302. ‘3363. 3453. 3507, 3703. 3721. 3755. 3778 und 3796. Z

Die Inhaber dieser Obligationen werden wiederholt zur Ein-

sung anigesürdett, J iesbaden, den 11. März 1875. Der Regierungs-Präfident. v. Wurmb,

Bekanntmachung.

Die nachstehende Polizeiverordnung : : j Polizeiverordnung, betreffend das Tödten, Einfangen, Ver- kaufen und Feilhalten gewisser nüßlihen Vogelarten. e

Nach den gemachten Erfahrungen hat das dur die Polizei- verordnung dec Königlichen Regierung zu Potsdam vom 24. April 1860 (Amtsblait Seite 157) ausgesprochene Verbot des Einfangens und Tödtens gewisser nüßlihen Vogèlarten keinen ausreihenden Schuß für diese Vögel gewährt, denn es werden die Märkte nah wie vor mit vielen Arten derselben in Menge versehen. Auch ist die Zahl dieser für die Land- und Forstkultur so wichtigen, Thiere notorish in fortwährender Abnahme begriffen.

Das Polizei-Präsidium sieht sich daher veranlaßt, auf Grund der §8. 5, 6, 11 und 12 des Geseßes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 (Geseßsammlung Seite 265) für den engeren und weiteren Dolizeibezirk von Berlin und den Polizeibezirk von Charlottenburg hiermit zu verordnen, was folgt:

8. 1. Das Tödten und Einfangen der nahbenannten Vogel- arten: n

Blaukehlchen, RothkehlGen, Nachtigall, Gräsmütke, Roths-

Berlin, Dienstag, den 6. April

\{wanz, Steinshmäßer, Wiesenschmäter, Bacftelze, Pieper, Zaun- könig, Pirol, Goldhähnchen, Meise, .Ammer, Fink, Hänfling, Sper- ling, Zeifig, Stiegliß, Baumläufer (Kleiber), Wiedehopf, Schwalbe, Tagschlaf, Staar, Dohle, Saatkrähe, Rake (Mandelkrähe), Fliegen- \{näpper, Würger, Kuckuk, Specht, Wendehals, Bufsard (Mäuse- falk) und Eule (mit Ausschluß des Uhu) is untersagt.

F. 2. Ingleichen ist das Ausnehmen der Eier oder der Brut, sowie das Zerstôren der Nester der im §. 1 aufgeführten Vögel verboten. Dasselbe gilt auch von allen Vorbereitungen zum Fangen dieser Vögel, insbesondere von dem Aufstellen von Vogelneten, Swlingen, Dohnen, Sprenkeln, Käfigen und Leimruthen.

S. 3. Zuwiderhandlungen gegen obige Bestimmungen werden mit Geldbuße von 1 bis 10 Thalern oder verhältnißmäßigem Ge- fängniß bestraft. S4

. 4. Vom 1. Januar 1868 an dürfen die im §8. 1 aufge- führten Vogelarten auf den Wochenmärkten niht mehr feilgchalten werden. Wer dies Verbot übertritt, hat in Gemäßheit des §. 187 der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 Geld- buße bis zu 20 Thalern oder verhältnißmäßige Gefängnißstrafe zu gewärtigen.

8. 5. Die Polizeiverordnungen vom 23. September 1852 (Amtsblatt St. 40) und 3. Juni 1858 (Amtsblatt St. 26) werden

aufgehoben. E Königliches Polizei-Präsidium. (gez.) von Wurmb. wird hierdurch mit dem Bemerken in Erinuerung gebracht, daß an Stelle des §. 187 der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Ja- nuar 1845, der §. 149 ad 6 der Gewerbe-Ordnung vom 21. Juni 1869 getreten ist.

Berlin, den 30. März 1875.

Königliches Polizei-Präsidium. von Madai. Bekauntma chung.

Behufs Neupflasteraung wird die Luckauer Straße zwischen der Oranien- und Sebastianstraße vom 19. April cr. ab während der Dauer der Pflasterungsarbeiten für Fuhrwerk und Reiter gesperrt, was hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.

Berlin, den 3, April 1875. i

Königliches Polizei-Präfidium. von Madai.

Nr. 31 des „Amts - Blatts der Deutschen Reichs- Post-Verwaltung“ hat folgenden Jnhalt: Verfügung vom 2. April 1875. Seepostverbindung mit Dänemark und Schweden auf der Linie Lübeck-Kopenhagen-Malmoe. Verfügung vom 1. April 1875. Aufforderung zur torgfältigen Anfertigung der statistischen Nachwei- sung 8k. Nr. 14 über den Postauftragêverkehr. Verfügung vom 1. April 1875. Postoxte mit früher polnischen, jeßt deutschen Namen.

Nr. 6 des „Marine-Verordnungs-Blatts* hat folgen- den Inhalt: Geseß über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden. Vom 13. Februar 1875. Abänderung des Krankenlöhnungssaßes für Mannschaften des-Unteroffizier- und Ge- meinenftandes der Marine. Verabreihung von Butter an Bord in Dienst gestellter Schiffe und Fahrzeuge. Unterhaltung der Dienstwohnungen der Reichsbeamten. Lebensversicherungsanstalt für die Armee und Marine. Bestimmungen zur Ausführung der SS. 101 bis 108 des Militärpensionsgeseßes vom 27. Juni 1871 und der §8. 15, 16 und 22 der Novelle vom 4. April 1874. Ver- pflegungszuschuß für das 2. Quartal 1875.

Das Beiheft Nr. 13 zum „Marine-Verordnungs-Blatt* hat folgenden Inhalt: 1) Neue Formen zur näherungsweifen Be- rechnung der beim Ingenieurwesen und beim Schiffbau vorkommenden Integrale. 2) Resultate der Desinfektions - Versuche des Bilge- wassers mit Carbolsäure auf den im vergangenen Jahre im Dienst gewesenen Schiffen. 3) Ueberseßung aus dem: „Journal officiel de la République Française“ vom 10. Sanuar 1875, betreffend die in Madagaskar cirkulirenden Münzen. 4) Ueber Mobilmachung der Flotte. 5) Zum Torpedowesen. ‘6) Ueberseßzung aus dem: „Journal officiel de la République Française“, betreffend die Schiffs- jungen der Franzöüsischen Handelsmarine.

Das Kursbuch der Deutschen Reichs-Postverwal- tung, April 1875, ist soeben im Verlage der Königl. Geh. Ober- Hofbuchdruckerei (R. v. Decker) in vier Theilen erschienen. Die- jelben umfassen die bis zum 1. April, resp. mit demselben Tage ein- tretenden Aenderungen in dem Gange der Eisenbahn-, Post- und Dampfschiff - Verbindungen, Der Gesammtinhalt is folgender: 1. Theil: Nordöstlihes Deutschland, Dänemark, Schweden, Nor- wegen und Rußland; 2. Theil: Südöstliches Deutschland, Oesterreich- Ungarn, Türkei und der Orient; 3. Theil: Nordwestliches Deutsch- land, Niederlande, Belgien, Luxemburg und England; 4. Theil: Südwestliches Deutschland, Tirol, Schweiz, Italien, Frankreich, Spanien und Portugal. Jedem dieser Theile ist eine Zusammenstel- lung beigefügt, in welcher die Fahrpläne der von Berlin ausgehenden Eisenbahnen, die Rundreisetouren, sowie Tabelken über Wegemaße, Münzen und Zeitunterschiede enthalten find.

Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 6. April. In der gestrigen Sizung des Hauses der Abgeordneten mate der - Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, Finanz-Minifter Camphausen, über die Finanz- verhältnisse Preußens 1874 folgende Mittheilungen:

Meine Herren! In der Sißung voin 19. Januar habe ih Bes reits ausführlich dargelegt, wie sich wahrscheinlich die Finanzverhält- nisse für das Jahr 1874 gestalten würden ; in der Mitte des Monats März hat nun wie gewöhnlich der Finalabschluß stattgefunden, und ih halte mich verpflichtet, doch die genauen Ziffern heute dem Hohen Hause mitzutheilen. i 7 /

Für das Jahr 1874 waren die gesammten Einnahmen des Staates veranschlagt auf 232,758,017 Thlr. In der Wirklichkeit haben si diese Einnahmen belaufen auf 249,629,485 Thlr., und es find also die Bruttoeinnahmen gegen den Voranschlag höher gewesen um 16,871,468 Thlr. E :

Die Ausgaben des Staates wären, wie immer, in derselben

öhe wie die Einnahmen e Gi. nämlich zu 232,758,017 Thlr. Biete wirklichen Ausgaben haben bei der etatêmäßigen Verwaltung si belaufen auf 241,694,726 Thlr., also auf einen Mehrbetrag von 8,936,709 Thlr. Neben dieser etatêmäßigen Verwaltung, meine Herren, läuft, wie Jhnen bekannt, die sogenannte extraordinäre Berwaltung einher, die im Jahre 1874 wiederum von sehr großer Bedeutung gewesen ist, indem bei der extraordinären Verwaltung die Summe von 80 183,504 Thlr. vereinnahmt worden ift, während bei dieser selben Verwaltung verausgabt wurde die Summe von 81,330,804 Thlr., also ein Mehrbetrag von 1,147,300 Thlr. Wie Ihnen bekannt, bestehen bei der sogenannten extraordinären Verwaltung Einnahmen und Ausgaben in der Haupt- sache in durchlaufenden Posten; in diesem Jahre hat sich aber unter den Ausgaben in Dees befunden von 1 Million Thaler, der aus einem speziellen Verhältniß herrührt. Der preußishe Staat e nämli im Jahre 1864 mit der Großherzoglich E

egierung einen Staatsvértrag geschlofsen, der in der Geseßz-

1187S,

Sammlung vom Jahre 1865 S. 301 puklizirt ift, wonach Preußen die Verpflichtung übernommen hatte, / im Laufe von 10 Jahren entweder dafür zu sorgen, daß eine Eisenbahn in der Strecke von Oldenburg nach der vormals hannoverschen Landesgrenze angelegt: werde, oder aber, wenn innerhalb dieser Frist diese Eisenbahn nicht gebaut werden sollte, daß der- preußische Staat an die Großherzogli oldenburgishe Regierung die Summe von 1 Million Thaler zu zahlen hâtte. Diese leßtere Zahlung hat eintretew müssen im Laufe des Jahres- 1874, weil der Eisenbahnbau nit stattgefunden hat. Den Mehrausgaben, die ich vorhin angeführt hatte, im Betrage von 8,936,709 Thlru., tritt nun bei der extraordi- nären Verwaltung ein Zushußbedarf von 1,147,300 Tblrn. hinzu, und es ergiebt fih also ein Mehrausgabebetrag von 10,084,099 Thlrn. Diese Mehrausgabe abgezogen von den Mehreinnahmen, die ih inr Eingange meiner Rede erwähnte, nämlich von 16,871,468 Tblrn., läßt nun einen disponiblen Ueberschuß für das Jahr 1874 von 6,787,459 Thlrn., den wir, wenn nit anders darüber bestimmt wird für die Ausgaben des Jahres 1875 reserviren.

Meine Herren! Ich bin {on bei einer früheren Verau]assun auf die Lage unserer Verwaltung so sehr eingegangen, daß ih mi beute nur auf einige wenige Bemerkungen beschränken darf. Die Mehreinnahmen vertheilen sich im Ganzen auf sebr wenige Verwal- tungen, ‘d. h. in der Hauptsache; die Bergwerksverwaltung ift dabei betheiligt mit 7,143,895 Thlr. wohlverstanden in der Brutto- Einnahme die Tllenbahavecwäliung mit 3,087,224 Thlr., die Forstverwaltung mit 2,373,105 Thlr. Die Ablösungen und Verkäufe haben gegen das Vorjahr einen Mehrbetrag von 862,581 Thlr. ex- geben, ferner ist dur die vorübergehende zinsbare Belegung von Kapital- beständen neben den Ersparnissen, die bei der Verzinsung derStaatsschulden eingetreten sind, noch ein Zinsgewinn von 644,372 Thlr. erzielt wor- den. Die wenigen Posten, die ih hier genannt habe, machen bereits mehr als 14 Millionen Thaler aus. Diesen treten noch hinzu die direkten Steuern mit 1,011,000 Thlr., die indirekten Steuern mit 132,473 Thlr., die Justizverwaltung in ihren Einnahmen mit 982,958 Thlr. sie hat allerdings auf der anderen Seite überwie- gende Mehrausgaben —, die Domänen mit 413,618 Thlr.

Was die- beträchtliche Erhöhung der Ausgaben betrifft, so fällt dieselbe beinahe aus\chließlich auf die beiden Verwaltungen, auf die Cisenbahnverwaltung und auf die Bergwerksverwaltung.

Bei der Eisenbahnverwaltung sind Mehrausgaben eingetreten, wenn man von den Ausgaben noch die Wohnungsgeldzuschüsse absetzt, in der Höhe von 5,436,991 Thlr.,, bei der Bergwerksverwaltung mit 3,089,040 Thlr. Das ergiebt allein mehr als 8 Millionen, während die Mehrausgaben \sich überhaupt belaufen auf 8,936,709 Thlr. Jch glaube, mich auf diese Bemerkungen beschränken zu dür- fen, ich will nur noch erwähnen, daß in Bezug auf Eisenbahnbau- ten ih in der Sißung vom 19. Januar bereits Auskunft ertheilt habe, ‘daß im vorigen Jahre 30,331,404 Thlr. verauêgabt worden find, ich kann heute noch hinzufügen, daß die Ausgaben auf diesem Conto sich sehr bedeutend herausgestellt haben, und daß in dem ersten Quartale dieses Jahres bereits weiter für Eisenbahnbauzweckte 24 Millionen Mark verausgabt sind.

Gewerbe und Sandel.

Die deutshe Spiegelglas - Manufaktur wird für das leßte Geschäftsjahr eine Dividende nicht zur Vertheilung bringen.

Am 1. April hat sich in Frankfurt a. M. ein provisorisches Comité für die Errichtung eines Gewerbe-Museu ms konstituirt. Sodann wurde die Frage der Abhaltung einer historischen Ausstellung von Erzeugnissen der Kunstgewerbe im Laufe des Sommers eingehend besprochen, der definitive Beschluß hierüber aber bis zur Erledigung ciniger Vorfragen ausgeseßt. Von auswärts waren im Ausschusse ver- treten: Darmstadt, Hanau, Offenba, Bockenheim. Wiesbaden hat den Vertreter noch niht gewählt.

In der Generalversammlung der Frankfurter Lebens- Versicherungs-Gesellshaft kam der Geschäftsberilßt zum Vortrag; demselben sind folgende Daten entnommen: Von der Ge- sellschaft sind im Jahre 1874 mit 1413 Personen Verficherungen zum Belaufe von 3,659,383 Fl. 20 Kr. Kapital neu abgeschlossen worden und am Schlusse des Jahres 1874 waren überhaupt versicert 9644 Personen mit 19,970,779 Fl. Kapital. Von den auf den Todesfall Bersicherten starben 167 Personen und war auf deren Polizen der Betrag von zusammen 258,502 Fl. Kapital zu bezahlen. An Leih- rentenkaufgeldern find im Jahre 1874 89,085 Fl. einbezahlt worden, wofür eine jährliche Rente von 10,206 F]. zu entrichten ist. Der nah Abzug aller Ausgaben und Verstärkung der Reserven verbleibende Uechber- {luß beträgt Fl. 67,408. Die Aktiónäre erhalten 7 Fl. pro Aktie, also 14% ihrer baaren Einzahlungen. Der Gewinnantheil der Ver- sicherten beträgt 1874 10% der .von ihnen bezahlten Prämien. . Die nah dem Amtsalter aus dem Verwaltungsrathe ausscheidenden Her-

* ren Georg von Heyder, Carl Minoprio und Freiherr Carl von

Rothschild wurden sämmtlich wiedergewählt. Die Garantiemittel der Gesellschaft bestehen außer dem Grundkapital von 3 Millionen Gul- den in der Prämien- und Gewinnreserve von 3,260,876 Fl. 49 Kr.

Dem Geschäftsbericht der Oldenburger Versicherungs=* Gesellschaft für 1874 entnehmen wir Nachstehendes: Das Jahr 1874 hat einen Gewinn von 21,628 M gebracht und den Verlust aus früheren Jahren auf 30,838 4 herabgemindert. Nach einer vor- läufigen Berechnung hatte die Direktion angenommen, daß der Ge= winn für 1874 sich auf ungefähr 30,000 ( stellen würde. Diese Berechnung stüßte fich auf die Annahme der Prämien-Reserve mit 45 % von der Nettoprämie, was nach den bisherigen Erfahrungen für ausreihend gehalten wurde. Bei der späteren genauen Auf- stellung hat sich indeß ein Prozentsaß von 46,4 oder ein Mehr von 7500 M ergeben und da die Ausgabe um diesen Betrag vergrößert werden mußte, so hat sich der Gewinn um ebeu jo viel verringert ; die Vergrößerung der. vorjähtigen Ausgabe kommt aber der Einnahme in 1875 wieder zu Gute. Die Netto» Prämieneinnahme betrug 1874 599,000 A gegen 522,000 Æ im Vors jahre; die besonderen Einnahmen betrugen 28,000 Thlr. gegen 22,000 im Vorjahre, die Prämienreserve aus dem Vorjahre 236,000 Thlr., daher Gesammteinnahme 863,000 M, gegenüber 757,000 in 1873. Die Ausgabe bezifferte fich 1874 insgesammt auf 842,000 .( (in 1873 646,000 ), mithin Gewinn 21,000 Æ gegen 111,000 Æ im Vorjahre. Die Vermehrung der Ausgaben gegen 1873 wax in 1874 um 90,000 Æ größer, als die Vermehrung der Einnahme. Die Mo- nate Januar und Februar des laufenden Jahres, haben einen Gewinn von 43,000 Æ gebracht; dieser Gewinn reiht aus, um den Geschäfts- verlust, den das Jahr 1874 hinterlassen hat, u Een und mehr als 1000 A als Uebershuß zurückzuftellen. er März brate ca. 15,000 A Schäden und einen Gewinn von ca. 10,000 Dem- nach besizt die Gesellshaft augenblicklichß außer dem vorhandenen Aktienkapital einen Vermögensüberschuß von mehr als 20,000 M.

Der Firma H. Häfcke in Barth (Pommern) ist es im Jahre 1868 gelungen, eine Sauce zu erfinden, welche fris gefange- nenen Heringen eine für Jahre dauernde Schmackhaftigkeit sichert und \ich in E Temperatur unverändert erhält. Gleich im folgen- den Jahre fand das Fabrikat solche Anerkennung, daß in den ersten drei Monaten 826 Fässer in Deutschland aklein versendet wurden und mehrte fich die Norhfrage derartig, daß im lettvergangenen Jahre hes reits Bestellunger: auf 12,621 Dosen vou allen Theilen Europas und Amerikas bei dieser Firma einliefen,

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