1875 / 79 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Apr 1875 18:00:01 GMT) scan diff

S E S E H T N R E S A G O T E Se E S E S S

R E tet t d Irie r Fark drin r are n 0E: o i R L erer Ou R

Nichtamtliches. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 5. April. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen im Laufe des gestrigen Tages den Präsidenten des Ober-Appellationsgerihts zu Wiesbaden

ermann und den Direktor der Sternwarte zu Athen, Dr.

chmidt. Um 14 Uhr begaben Allerhöchstdieselben Sih mit Ihrer Majestät der Kaiserin - Königin und Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden nach Charlottenburg zum Be- such uvd eingehender Besichtigung der Königin Augusta- Stiftung.

Heute nahmen Se. Majestät den Vortrag des Geheimen Kabinets-Raths von Wilmowski. entgegen und empfingen den Prinzen Kraft zu Hohenlohe-Ingelfingen, General-Adjutanten und Commandeur der 12. Division, sowie den General-Adjutanten und Botschafter in Wien, Herrn von Schweinigz, in Abschieds- audienz vor dessen Rückreise auf seinen Posten. Der Reichs- kanzler Fürst von Bismarck hielt Sr. Majestät Vortrag.

Ihre Majestät die Kaiserin-Königin wohnte gestern mit Ihrer Königlihen Hoheit der Großherzogin von Baden dem Gottesdienste in der Garnifonkirhe bei. Beide Kai- serlihe Majestäten besichtigten die Kaiserin-Augusta-Stiftung in Charlottenburg. Das Familiendiner fand bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Carl statt. Abends war Ihre Majestät die Kaiserin-Königin mit Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden in der Generalversammlung des Magdalenenvereins anwesend. r)

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sih am Sonnabend mit dem Kaiserlichen Botschafter in Wien, General von Schweiniß, zur Jagd nah Spandau und kehrte Nachmittags von dort zurü.

Geftern Vormittags wohnte Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit dem Gottesdienst in der Garnisonkirhe bei. Nachmittags 5 Uhr nahmen die Kronprinzlichen Herrschaften an dem Familien-Diner bei Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Carl Theil.

In der heutigen (36.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welhe um 17 Uhr begann und welcher am Ministertische der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums Finanz- Minister Camphausen, sowie die Staats-Minister Graf zu Eulen- burg und Dr. Friedenthal und mehrere Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident v. Bennigsen zunächst mit, daß nah einem ihm am 21. März zugegangenen Schreiben des Ober-Hofmarschalls Grafen Pückler es Se. Majestät dem Könige niht möglich ge- wesen sei, die Glückwünsche des Hauses zu Allerhöchhstseinem Ge- burtstage persöônlih entgegenzunehmen und Se. Majestät darauf habe verzichten müssen, das Präsidium des Hauses zu diesem Zwecke zu empfangen. An Vorlagen sind eingegangen: ein Geseh- entwurf, betr. die Kosten, Stempel und Gebühren in Vormund- \hafts\ahen; ein Gesegentwurf, betreffend die Wiederherstellung der Grundbücher des Grundbuchamtes Sickhausen und ein Gesezentwurf, betreffend die Ueberweisung einer Summe von 4,500,000 (an den Provinzialverband von Schleswig-Holstein. Ein Schreiben des Justiz-Ministers, welches die Ertheilung der Ermächtigung zur strafrechtlihen Verfolgung der Frankfurter Zeitung wegen Beleidigung des Abgeordnetenhauses nachsucht, wurde der Geschäftsordnungskommission überwiesen.

Nachdem hierauf der Vize-Präsident des Staats-Ministe- riums, Finanz-Minister Camphausen, das Resultat des Final- abschlu}ses der Rehnungen für die Einnahmen und Ausgaben

‘des Jahres 1874 mitgetheilt hatte, txat das Haus in die Tages-

ordnung ein und wurde zunächst“ folgende Interpellation des Abg. Dr. Virchow verlesen : „Das Haus der Abgeordneten hat in der Sißung vom 11. Februar d. J, beschlossen, die Königliche Staatsregierung aufzufordern, noch in der gegenwärtigen Session den Entwurf eines Geseßes über die Reform der Gemeinde-, Kreis- und Provinzialordnung für Rheinland und Westfalen dem Landtage vorzulegen. Seitdem is dem Hause feine Mittheilung zugegangen, woraus zu erkennen wäre} welche Stellung die Königliche Staatsregierung der an sie ergangenen Aufs forderung gegenüber einzunehmen gedenkt.

ch richte daher die Frage an die Königliche Staatéregierung, 1) ob sie dem Landtage noch in dieser Session den gedachten Ent- wurf vorlegen wird, 2) im Falle der Verneinung, ob die Königliche P L E die Vorlage in der nächsten Session einzubringen be- absichtigt.“

__Der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, beantwortete bei Shluß des Blattes diese Juterpellation ad 1 mit Nein, ad 2 dahin, daß- die Königliche Staatsregierung noch keinen Beschluß darüber gefaßt habe, auch niht habe fassen können, da noch nicht abzusehen sei, wie viele der bisher eingebrachten Den, betreffend die Provinzialverfassung, werden erledigt werden,

In der Woche vom 14.. bis 20. März 1875 sind geprägt worden an Goldmünzen: Mark Doppel- kronen, 1,562,960 Mark Kronen; an Silbermünzen: 402,010 Mark 5-Markftücke, 1,228,678 Mark 1-Markstücke, 182,054 Mark 60 Pf. 20-Pfennigstülke; an Nidcktelmünzen: 174,101 Mark 30 Pf. 10-Pfennigstücke, 76,157 Mark 95 Pf. 5-Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 53,182 Mark 20 Pf. 2-Pfennigstüdcke, 33,449 Mark 95 Pf. 1-Pfennigstücke. Vorher waren geprägt: an Goldmünzen: 884,540,800 Mark Doppelkronen, 242,616,720 Mark Kronen; an Silbermünzen: 18,595,985 Mark Z5-Mark- ftüde, 43,196,571 Mark 1-Markftücke, 12,273,092 Mark 80 Pf. 20-Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 6,086,971 Mark 20 Pf. 10-Pfennigsiüdcke, 2,703,604 Mark 30 Pf. 5 - Pfennigstücke; an Kupfermünzen : 2,294,353 Mark 64 Pf. 2-Pfennigstücke, 979,395 Mark 42 Pf. 1-Pfennigstücke. Mithin find im Ganzen geprägt: an Goldmünzen : 884,540,800 Mark Doppelkronen, 244,179,680 Mark Kronen; an Silbermünzen: 18,997,995 Mark 5-Mark- ftüde, 44,425 249 Mark 1-Markftücke, 12,455,147 Mark 40 Pf. 20- Pfennigstücke; an Nickelmünzen : 6,261,072 Mark 50 Pf. 10-Pfen- nigstücke, 2,779,762 Mark 25 Pf. 5-Pfennigstüke; an Kupfer- münzen: 2,347,535 Mark 84 Pf. 2-Pfennigstücke, 1,012,845 Maxk 37 Pf. 1-Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Goldmünzen : 1,128,720,480 Mark; an Silbermünzen: 75,878,391 Mark 40 Pf. ; an Nickelmünzen: 9,040,834 Mark 75 Pf.; an Kupfermünzen: 3,360,381 Mark 21 Pf. 6

Ein Kreistagsbe\chluß, nach welchem, unter Auf- hebung der Präzipualleistungen einzelner Kreistheile zur Ver- zinsung und Amortisation des Kreis-Chausseebaukapitals vom 1. Januar 1875 ab für diejenigen Gemeinden und Guts- bezirke, welhe das zur Anlage der Kreis-Chausseen erforderliche Terrain nit unentgeltlih hergegeben haben, eine nah Quoten zu bemessende, dem von der Chausseebau-Verwaltung gezahlten Entschädigungskapitale gleichkommenden Mehrbelastung nah Verhältniß der empfangenen Entschädigungen eintreten soll, ist

nach einem Reskript des Ministers des Innern vom 19. Februar d. I. zur Bestätigung niht gecignet. Die Motivirung dieser Entscheidung lautet, wie folgt: l

Die dem Beschlusse zu Grunde liegende Absicht, diejenigen Summen, welche den Grundstücksbefißern in den einzelnen Ort- \haften als Landentshädigungen gezahlt find, von den betreffen- den Gemeinden und Gutsbezirken als Präzipualbeiträge zurückzu- erhalten, verftößt gegen das in §. 13 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 zum Ausdruck gelangte Prinzip. Wenn- gleih die vom Kreistage besch"o}enen Mehrleistungen in der Gestalt von Quoten der zur Verzinsung und Amortisation des Chaufseebaukapitals dienenden Beiträge gefordert werden, \o kann do die gewählte Form, die in der That erfolgte, durch das Geseß aber ausges{chlossene Auferlegung quantitativ fest- stehender Beträge niht rechtfertigen. Au abgesehen hiervon ersheint ein Maßstab, nah welchem die adjacirenden Gemeinden zu den Mehrlaften in einem zwishen 11 und 692 Prozent schwankenden Verhältnisse herangezogen werden sollen, zur Bestätigung nicht geeignet.

Nach §." 12 Abs. 4 a. a. O. ist es ferner den Kreistagen zwar gestattet, in den Fällen, wo mit Königlicher Genehmigung zu bestimmten Zwecken Kreisabgaben nah besonderer Verthei- lungsart erhoben werden, bis zum 31. Dezember 1875 den Uebergang zu dem Kreissteuersystem der Kreisordnung zu be- \chließenz; anscheinend is es aber Seitens des“ Kreistages übersehen, daß der an rut gee L dessen Auf- hebung beabsichtigt wird, durch die [lerhöchste Ordre vom 9, März 1874 nur behufs Verzinsung und Tilgung der Kreishaussee-Schulden genehmigt worden if. Der Ersaß dieser Zushläge durch Einführung von Präzipualbeiträgen zur Deckung der Grunderwerbskosten würde mithin niht allein eine unstatthafte Veränderung des Zweckes zur Voraussezung haben, sondern auch den dur die Allerhöbsten Erlasse vom 11. Juni 1870 und 9. März 1874 gesicherten rechtlihcn Bestand der über den Bau der Kreischausseen gefaßten Kreistagsbeshlüsse in un- zulässiger Weise in Frage stellen.

Die „New-Yorker Staatszeitung“ vom 18. v. M. veröffentliht folgendes Gutachten, welches der Vereinigte Staaten General-Anwalt über die Frage, ob die in Phila- delphia ausgestellten Güter der Beschlagnahme durch etwaige Gläubiger des Ausfstellungsunter- nehmens unterliegen unterm 27. November v. I. ab- gegeben hat. A

„Ihren Brief, welcher die Frage enthält, ob von fremden Ausfstellern nah der Centennial - Exihibitation, welhe am 10. Mai 1876 in PRhiladelphia beginnen wird, ge- sandte Gegenstände von den Gläubigern der Ver. Staaten Centennial - Kommission und des Centennial - Finanz - Direkto- riums mit Beschlag belegt werden können, habe ih erhalten. In den bezüglih der internationalen Ausstellung erlassenen Geseßen fann ih keine Bestimmung finden, welche der Centennial-Kommis- fion oder irgend Jemanden, der damit in Verbindung steht, ein Eigenthumsrecht an den ausgestellten Gütern verleiht; diesen Kor- porationen undallen mit der Ausstellung in Verbindung stehendenPer- \sonenift nux die Bewachung der ausgestellten Gegenstände anvertraut. In Pennsylvania herrscht ebenso gut, wie in irgend einem anderen Staate, das Gesetz, daß das Eigenthum dereinen Persvn nicht dazu be- nugtt werden kann, die Schulden einer anderen zu decken. Jn diesem

Sinne is auch von dem höchsten Gerichtshofe dieses Staates

entschieden worden. És

eingöheyden Gegenstände

Fordbzungen gegen die Ænmission nit unterliegen, Pfand-

E derartige C7 ans nur in Klagen wegen rütck- r

dahex klar, daß die von Ausstellern ner Beshlagnaÿme auf Grund von

ftändién Steuern, Fenta Feder Arbéeitslohnes. Das' Geseß von Pennsplvanien erlaubt, an das persönliche Eigenthum eines Grun®Loesißzers wegen \chuli ‘ger Steuerauflagen zu halten, aber

die Eigenthumsgegenstände Anderer, die u dem Grundbesitze

Abi werden, sind von der Beshlagnahme ausgeschlofsen. ezüglich \chuldiger Miethe ift mehrfah von der Supreme- Court in Pennsylvanien entshieden worden, daß die Güter Fremder, die sich im Befiß des Beklagten befinden, von der Beshlagnahme eximirt sind, wenn das Geschäft des Beklagten den Besiß solcher Gegenstände nöthig maht. Fn dem Prozesse Brown gegen Simo sagt Oberrichter Gibson, daß Vernunft und Gerechtigkeit cs unmöglich machten, ein Recht auf Eigenthums- gegenstände eines Fremden herzuleiten. Der Grund und Boden ist öffentlihes Eigenthum, im Besitze der Stadt Philadelphia, ist steuerfrei und für diesen Zweck kostenfrei geliehen und die Centen- nial-Kommission steht niht im Verhältniß eines Miethers zur Stadtverwaltung.

Auf Grund der oben angeführten Ursachen is es meine Meinung, daß die Gegenstände, welhe von Ausftellern nah der Internationalen Ausstellung gesandt werden, gemäß den Gesetzen von Pennsylvania wegen irgend einer Shuld gegen die Cen- tennial-Kommission oder andere mit der Ausftellung in Verbindung stehende Korporationen oder Personen nicht mit Beschlag belegt werden können. Es kann hierdurch kein Verluft von Gütern fremder Ausstcller, noch irgend welhe Schwierigkeit beim Weg- schaffen der Güter entstehen.

George H. Williams. General-Anmalt.

Der Kaiserlih Deutsche Botschafter am Königlich groß- britannishen Hofe, Graf Münster, ist gestern früh nah seiner Besizung Derneburg,- im Hannöverschen, abgereist, und wird sich von da aus in einigen Tagen auf seinen Posten zurückbegeben.

Der General-Major Gal ster, Dezernent bei der Kaiser- lihen Admiralität, ist von den Schießversuchen bei Dülmen zu- rückgefehrt, Der Kapitän zur See von Blanc, Dezernent hei der Kaiserlihen Admiralität, hat sich behufs Beiwohnung M Frühjahrs-Inspizirungen nah Wilhelmshaven und Kiel be- geben.

___—— An Stelle des verstorbenen Oekonomie-Kommissars Ie- rike ift der Regierungs-Assessor Dr. Pelizaeus zum Spezial- Kommissar in Höxter ernannt worden.

Das Königlih preußishe Untersteueramt zu Mühl- hausen im Hauptamts-Bezirke Braunsberg is zum 1. April d. I. aufgehoben worden.

__ Düsseldorf, 31. März. Des Kaisers und Königs Ma- jestät haben die Stände der Rheinprovinz zu einem außerordentlihen Provinzial-Landtage auf den heu- tigen Tag für die Dauer von aht Tagen in der Stadt Düssel- dorf zusammenberufen und den Königlichen Ober-Präsidenten der Rheinprovinz Dr. v. Bardéleben zu Alerhöchstihrem Land- tags - Kommissarius, des Fürsten zu Wied Durchlaucht zum Landtags-Marschall, und den Freiherrn von Geyr-Schweppen- burg zu Aachen zu dessen Stellvertreter bestellt.

Nath vorhergegangenem Gottesdienste in den Hauptkirchen beider Konfessionen wurde der 23. Rheinische Provinzial-Landtag von dem Königlichen Kommissarius heute in der Aula der ftädtishen Realschule, weldze zu dem Zwecke von der Stadt Düsseldorf zur Disposition geftellt war, feierlich durch die nah- ftehende Rede eröffnet.

Hochgechrteste Herren ! j;

Se. Majestät unser Allergnädigster Kaiser und König haben mittelst Allerhöchster Ordre vom 9. d: M. die Stände der Rhein- provin« auf heute zu einer Sißung zusammenberufen, und die Dauer dieser Sißung auf acht Tage bestimmt.

Zum Landtags-Marschall haben Se. Majestät den Herrn Fürsten zu Wied, und zum Stellvertreter des Marschalls den Herrn Freihern von Geyr-Scchweppenburg zu ernennen geruht.

Meine hoægeehrteste Herren! Das erste Wort, welches heute von dieser Stelle ershallt, gelte dem Andenken eines Mannes, den ih zu meinem tief-innigsten Bedauern nicht mehr unter Ihnen sehe; Sie fühlen, daß ih von dem hocverehrten frühern Landtags-Mar- \chall, Hrn. Frhrn. Raiß von Frentß-Garath spreche, den in den leßz- ten Tagen des vorigen Jahres der Tod uns leider entrissen hat. Durch diesen Tod hat die Rheinprovinz einen ihrer edelsten Söhne verloren, insbesondere ift die provinzialständishe Vertretung und Ver- waltung dadurch ihres trefflihen Leiters und Führers beraubt worden.

Wenn Sie, meine hochgeehrtesten Herren, wenn wir Alle, die wir das Glück gehabt haben, dem Verewigten nah? zu stehen, diesen \{chweren Verlust tief beklagen, so soll auf der andern Seite die Er- innerung an das, was der Verewigte mit unermüdlihem Fleiße, mit Umsicht und Energie für unsere {hne ort geleistet hat, soll die Erinnerung an die ganz kedeutende Persönlichkeit, an den Mann von offenem und liebenswürdigem Charakter, von ritterlihem Sinne, von warmem patriotishen Herzen voll treèuester Hingab:2 an König und Vaterland foll diese Erinnerung in uns stets fortwirken, ein lebendiges Denkmal des Dahingeschiede- nen. Der Tod des Freiherrn von Frentß hat Veranlassung gegeben zur Berufung dieses außerordentlichen Landtages. Sie wissen, daß der Freiherr von Frenß ein zwiefahes Amt auf seine Schultern ge- laden hatte, einmal das Amt eines Landtags-Marschalls in dem Sinne unserer älteren provinzialständischen Geseßgebung, welches sich auf den Vorsiß in den Sißungen des Provinzial-Landtages beschränkt, und dann noch eine zweite amtlihe Funktion, die Leitung - der neu gegründeten provinzialständischen Verwaltung. Der Um- stand, daß der Freiherr von Freny in der glücklichen Lage war, seine ganze Zeit diesem umfangreichen und s{chwie- rigen Geschäfte zu widmen, ferner, daß die Verlegung des Amts- sißes der Provinzial. Verwaltung an den Wohnort des Freiherrn von Frenß angeordnet wurde, machte die Kombinirnng der beiden Aemter möglih. Es mußte deshalb sofort nach dem Tode des Freiherrn von Frenz die Frage entstehen, ob es angänglih sein würde, diese Ver- einigung noch ferner fortbestehen zu lassen, oder ob nicht bei dem be- deutenden Umfange, welchen die provinzialständische Verwaltung schon er- reiht hat, und künftig noch im höheren Maße gewinnen wird, die Gründung einer besondern Beaintenstelle für die provinzialständische Verwaltung, die Gründung einer Landesdirektorstelle oder wie man das Amt be- zeichnen möge, das anderwärts {hon besteht, auch für die Rhein- provinz ein unabweisbares Bedürfaiß geworden wäre. Jhr Ausshuß, der Provinzial-Verwaltungsrath, hat diese Frage pflihtmäßig geprüft, er hat sich für den zweiten Theil der Alternative entschieden und dem- gemäß an die Staatsregierung den Antrag gestellt, den Provinzial- Landtag baldigst zum Zweck der Wahl eines Landesdirek- tors zusammenzuberufen. Die Staatsregierung, die von Anfang an die Kreirung einer Landesdirektorstelle ins Auge gefaßt hatte, ist bereitwillig auf diesen Antrag eingegangen. Jhnen, meine Herren, liegt jeßt die Aufgabe ob, diese Angelegenheit, ‘welhe Sie bereits früher beschäftigt hatte, unter wesentlich veränderten Verhält- nissen einer ncuen Prüfung zu unterziehen. Treten Sie dem Antrage des Provinzial-Verwaltungsraths bei, so würde es zunächst eines Beschlusses Jhrerseits bedürfen, um die Abänderung des Allerhöchsten Regulativs, betreffend die provinzialständische Verwaltung vom 27. September 1871 zu beantragen, | weil dieses Regu- lativ, SFhrem früheren Beschlusse entsprechend, die Bestim- mung enthält, daß derx / Landtags - Marschall die Leitung der provinzialständischen Verwaltung führen soll. Ueberzeugt, daß Sie mit derselben Pflichttreue, mit derselben Einsicht, die Sie stets be- währt haben, auch an diese Frage herantreten werden, spreche ich die Hoffnung aus, daß Ihre dieêmaligen Berathungen ebenfalls zum Wohle unserer {önen Provinz auss{lagen werden.

_ Sie treten in diese Becathung ein, nieine Herren, unter der Leitung eines neu ernannten Landtags-Marschalls. 7

Gestatten Sie mir, Durchlauchtigster Herr Marschall, daß ich an diesem ersten Tage Ihres neuen Amtes Sie aus vollem Herzen begrüße, indem ich den Wunsch ausspreche, daß das Vertrauen dieser hohen Versammlung, Jhnen in demselben Maaße entgegen- kommen möge, wie das Allerhöchste Vertrauen Sr. Majestät des Kaisers und Königs Sie an dieser Stelle geführt hat. Was mich aber betrifft, meine Herren, so werden Sie mich jederzeit bereit fin- den, Ihnen die etwa noch erforderlichen oder Jhrerseits gewünschten Mittheilungen zu machen, wie es mir ftetis zur hohen Freude gereichen wird, Ihre Arbeiten zum Segen unserer Provinz fördern zu helfen.

Hiermit erkläre ich im Namen Sr. Majestät unseres Kaisers und Königs den 23. Landtag der Rheinprovinz für exöffnet.

Nachdem der Landtags-Kommissarius, geleitet von einer ftändishen Kommission, den Saal verlassen, begrüßte der Landtags-Marschall seinerseits die Versammlung, gedachte zu- nächst in warmen Worten ebenfalls des dahingeschiedenen Mar- \challs Frhrn. Raigz von Freng, sowie der seit der leßten Session verstorbenen Mitglieder Grafen Franz Egon Marquis von und zu Honsbroih von Schloß Haag, des Ober-Bürgermeisters Conhen aus Aachen und des Bürgermeisters und Guts- besizers Schulz aus Glessen, deren Andenken * die Versammlung durch Erheben von ihren Sißen ehrte. Demnäch|t wurde zu geshäftlihen Mittheilungen übergegangen. Zur Vor- bereitung der bereits vorliegenden Geschäftsvorlagen wurden vier Ausschüsse gebildet, der Schlußtermin zur Einreihung von Pe- titionen und Anirägen wegen der Kürze der dem diesmaligen, außerordentlichen Landtage bemessene Dauer auf den 3, April festgestellt, und die nähste Plenarsizung auf Sonntag, dea

3. April cr. Vormittags 11 Uhr anberaumt, und demnächst die |

heutige Eröffnungssfizung geschlossen.

Nach der Sizung folgten die Provinzialstände einer Ein- ladung des Landtags-Kommissarius zu einem gemeinschaft- lihen Diner in den Räumen des Breidenbacherhofes hierselbst.

Vayern. München, 2. April. (Alg. Ztg.) Die Ab- geordnetenkammer berieth heute den Geseßzentwurf betreffend die Kompetenzen des Magistrats und der Polizei-Direktion München. Bei Art. 14, wonach, wie der Aus\{huß vorschlägt, die Gesundheitspolizei dem Magistrat zuzuweisen if, wahrte Minister von Pfeufer energish die Polizei-Kompetenz, weil dem Magistrat bei einer Epidemie die nöthige Selbständigkeit zur Durchführung wirksamer Maßregeln fehle. Referent Edel, Henle, Wülfert, Schauß sprechen für den Aus\hußantrag, da das Prinzip der Selbstverwaltung der Gemeinden überall möglihst gewahrt werden solle. Der Aus\{hußantrag wurde hierauf einstimmig angenommen, ebenso erfolgte die Annahme des ganzen Geseh- entwurfs einstimmig nah den Aus\shußanträgen. Der Gesey- entwurf, die Bayerische Hypotheken- und Wechselba nk betreffend, wurde an den Finanzausshuß verwiesen.

Die bayerischen Behörden machen zur Zeit wieder auf die vom Kultus - Ministerium unterm 2, September 1873

erlassene Entschließung, das Collegium Germanicum in Rom betreffend, aufmerksam, wonach den bayerishen Theologen und Theologie-Kandidaten der Eintritt in genanntes Kollegium” so lange untersagt ist, als dessen Leitung den Jesuiten oder einem denselben verwandten Orden uv gge ist. Es wird hierbei gleichzeitig aufmerksam gemacht, daß dur Uebertretung dieses Verbots die Betheiligten sich von selb| von jeder erfolgreichen Bewerbung um inländische kirchlihe Pfründen aus\{ließen.

8. April. (W. T. B.) Der Redacteur des „Vater- land“, Dr. S igl, hat sih gestern von hier entfernt. Die heu- tige Nummer des „Vaterland“ veröffentlicht eine Erklärung desselben, worin es heißt, daß er vor Antritt der ihm zudiktirten Gefängnißstrafe noch einen dringend gebotenen Z3monatlichen Urlaub antreten müsse.

Waden. Karlsruhe, 3. April. Vorgefiern Abend fand im Hotel Grofse zur Feier des Geburtstages des Fürsten Bismarck ein Festmahl statt, an welhem fich etwa 60 Per- sonen betheiligten. Den Toast auf den Fürsten brate Hr. Ober-Bürgermeister Lauter aus, der \päter auch im Namen der Festtheilnehmer an den Reichskanzler ein Glückwunsh-Telegramm absandte. Eine öffentlihe Einladung zu der Feier war nicht ergangen. Aus Mannheim, Pforzheim, Offenburg und Ettlingen gingen ebenfalls Adressen mit zahlreichen Unterschriften an den Reichs-kanzler ab. Nachdem die Kaiser- lih türkishe Regierung den Kaufmann Karl Reiß in Mann- heim zum Konsul daselbst ernannt hat, ist demselben das zur Ausübung seiner Funktionen erforderlihe Exequatur ertheilt worden.

Hessen. Darmstadt, 3. April. (Fr. I.) Der Finanz- Ausschuß der Ersten Kam mer beantragt Beitritt zu den Beschlüssen Zweiter Kammer hinsichtlich der Theatervorlage und Ausbau des Eisenbahnnetzes in der Provinz Starkenburg. Da die Zustimmung des Plenums unzweifelhaft erscheint, wird mit dem Theaterbau in Kürze begonnen werden. Der Schluß des gegenwärtigen Landtags dürfte unter den obwaltenden Umstän- den voraus\fihtlich noch im Laufe d. M. erfolgen. Die Re- gierung hat an die Stände einen Geseßentwurf über die Aus- führung des Bauplans für die Erweiterung der Provin- zial-Hauptstadt Mainz gelangen lassen, welcher in 15 Ar- tikeln die Leistungen der Grundkesizer, die Leistungen der Stadt, die Eröffnung neuer Straßen, die Schließung bestehender Ge- meindewege, die Eintheilung der Grundstücke in Baupläte be- handelt. Dem Entwurfe sind eingehende Motive bei- gegeben, und derselbe ist dieses Mal zuerst der Ersten Kammer zur Berathung zugegangen, welche denselben voraussichtlich in ihrer am 8. d. beginnenden Session erledigen wird. Fast un- mittelbar nach der Uebergabe des Entwurfs an die Erfte Kam- mer ist auch bereits von dem Vorftand des Vereins für Gar- tenfelder-Angelegenheiten eine an beide Kammern gerichtete Ein- gabe eingelaufen, welche um Modifikation einzelner Theile des Entwurfes bittet. Die Grundbesißzer im Gartenfelde, indem fie anführen, daß sie ohne Widerspruch einen Beitrag von 500,000 Fl. zur Stadterweiterung übernommen hätten, auch sonst zur Erfüllung aller billigen und erfüllbaren Forderungen bereit seien, glauben, daß der Entwurf nicht überall diesem Prädikat ent- spreche.

Mainz, 1. April. Die von der hiesigen Fortschrittspartei an den Reichskanzler Fürsten von Bismarck abgeschickten Gratulationsdepeshe lautet, dem „M. Tagebl.“ zufolge: „Zum heutigen Geburtstage Eurer Durhlaucht sendet im Na- men und Auftrage der Fortschrittspartei in Mainz der unter- zeichnete Aus\huß seine aufrihligsten und innigsten GlückEwünsche. Möge es Ihnen beschieden sein zum Heile und Segen des Va- terlandes und zu einem unvcrgänglihen Ruhme, in vollster Frische des Geistes und des Körpers, noch recht lange die Ge- \chicke Deutschlands \o glücklich und glorreiß wie bisher zu leiten, und mögen Sie überzeugt sein, daß Ihre aufopfernde Hingabe und Ihr unermüdeter Kampfesmuth für die Sicherheit und Größe des Reiches in Millionen die dankbarste Anerken- nung und eifrigste Mitwirkung finden.“

Offenbach, 31. März. Heute Abend ging aus Anlaß des morgenden 60. Geburtstages des Fürsten Bismarck von hier eine Adrefse an den Reichskanzler ab, welche ihm, im Anschluß an den von nationalgesinnten Männern Bremens vorgeschlagenen Entwurf, die Gefühle und Gesinnungen des Dankes und unerschütterlihen Vertravens der hiesigen Be- völkerung aus\priht, und sich binnen 24 Stunden mit über 2000 Unterschriften bedeckte.

Mecklenburg. Schwerin, 3. April. Heute Mittag erfolgte die Ginführung des Staatsraths von Bülow in sein neues Amt als Mitglied des Staats-Ministeriums und Vorstand des Finanz - Ministeriums. Der nunmehrige Direktor des Kammer- und Forst-Kollegiums, Baron von Nettelbladt, ist am 31. v. M. in sein neues Amt eingeführt worden.

Sachsen -: Weimar - Eisenah+ Weimar, 3. April, Ihre Kaiserliche Hoheit die Großfürstin Konstantin reiste heute Nachmittag wieder von hier ab. 6

Sachsen-Meiningen. Meiningen, 2. April. Das Regierungsblatt veröffentliht folgende Danksagung:

Bei dem fünfzigjährigen Ehejubiläum, dessen Feier Gottes Gnade Uns vergönute, find Uns aus dem ganzen Lande so viele Beweise treuer und liebevóller Theilnahme zugekommen, daß Wir Uns gedrungen fühlen, allen denen, welche Uns dur ihre Glückwünsche, wie dur \chne und liebe Festgaben erfreuten, mit gerührtem Herzen Unseren aufrcihtigsten wärmsten Dank auszusprechen.

j Bernhard, Marie.

(Magdeb. Ztg.) Die Regierung hat das Gesey über Verwaltung erledigter Pfarrstellen publiziren lassen. Die an den Reichskanzler vorgestern abgegangene Glückwunsch- Adresse hat zahlreiche Unterschriften erhalten; es hatten sich an derselben 154 Orte mit 9079 Unterschriften betheiligt, Hildburg- hausen mit Umgegend hat noch eine besondere Adresse an den Kanzler gerichtet. Heute feiert das Land den Geburtstag des regierenden Herzogs.

Sachsen-Coburg-Gotha. Gotha, 2. April. In der heutigen Sißung des gemeinschaftlichen Landtags der Herzogthümer Coburg und Gotha fand zunächst die Büreau- wahl statt. Zum Präsidenten wurde wieder gewählt Abg. Berlet; zu dessen Stellvertreter Abg. Muther aus Coburg; zu Shrift- führern Abg. Grosh von hier und Abg. Forkel aus Coburg. Der Landtagsaus\{chuß besteht nah erfolgter Wahl außer dem Präsidenten Berlet und dem Schriftführer Grosh aus den hiesigen Abgg. Albrecht und Werner und aus dem Coburger Abg. Muther. Stellvertreter sind der Coburger Abg. Stegner und die hiefigen Abgg. Müller und Buddeus. Sodann fanden die Wahlen zur Verfassungs-, Finanz-, Verwaltungs-, Rechts- und Hypothekenkommission statt. Nächste Sizung unbestimmt.

Reuß. Gera, 2. April. Der sechzigste Geburtstag des Deutschen Reichskanzlers, Fürsten von Bismarck, ist hier in mannigfaltiger Weise festlich begangen worden. Die uniformirte Shügzen: Compagie hielt am Abend vorher ein Fest- conzert im großen Schüßenfalon ab. Am Nachmittag vorher war eine Adresse der hiefigen Bürgerschaft an den Reichs- kanzler abgegangen; dieselbe hatte, obgleih fie nur einen Tag aufliegen und, wegen Kürze der Zeit, nur ungenügende Bekanntmachung finden konnte, doch von über fiebenhundert Unterschriften, und zwar aus allen Ständen, erhalten. Das Comité, welches fich zur Leitung verschiedener Festlichkeiten ge- bildet, veranstaltete für gestern Abend noch großes Konzert in der Thonhalle, bei welchem abwechselnd das Herfurtshe Stadt- Orchester mit vershiedenen Reden und Gesangsvorträgen wirkte. Ober-Bürgermeister Sorger sprach über den Fürsten Bismark, der Direktor des Gewerbevereins, Reallehrer Gerhardt über Kai- ser und Reih, und Dr. Horn, Redacteur der „Geraer Zeitung“, über das deutsche Heer.

Bremen, 2. April. Der Geburtstag des Fürsten von Bismarck wurde am Donnerstag, 1. April, in der unteren Halle des Künstlervereins durch dessen Mitglieder in geselliger Vereinigung gefeiert. Hr. Dr. Bulle, welcher Namens des Vorstandes der Festtafel präfidirte, brahte das Hoh auf den Kaiser und den Fürsten von Bismarck aus.

Die mit nahezu 12,000 Unterschriften bedeckte Adresse an den Reichskanzler Fürsten von Bis3marck lautet wörtlih wie f 4

in

y den Reichskonzler Fürsten von Bismark. Durchlaulhtiger Fürst! = Ew. Durchlaucht bevorstehender sechszigster Geburtstag erweckt in den Herzen der Unterzeichneten das lebhafte Bedürfniß, den innigen Wünschen für Ihr Wohlergehen Ausdru zu verleihen.

Selten ist es einem Menschen beschieden gewesen, daß er toie Sie auf glänzender und thatenreiher Laufbahn die Herzen seiner Mitbürger so rasch und unwiderstehlich erobert hat und so sehr zum Liebling des Volkes geworden ist, daß sein für einen Augenblick be- fürchtet-r Rütritt von dieser Laufbahn allgemein wie ein National- unglück empfunden wurde.

Sie haben, von dem gerechten und unershütterliden Vertrauen unseres erhabenen Kaiserlichen Herrn getragen, der Naticn die Bah- nen eröffaet, auf welchen dieselbe das lange und s{chmerzlich ersehnte Ziel ihrer Einheit und inneren staatlichen Organisation in wunderbar kurzer Zeit erreicht hat.

Ew. Durchlaucht haben Ihren Namen mit dem des Deutschen Reiches und mit den Geschickên des deutshen Volkes für alle Zeiten unauflöslih verflochten. Aber zur vollständigen Befestigung des \chwer errungenen heiligen Besißes und zur Niederwerfung der leßten Widersacher des nationalen Gedankens bedarf und erhofft das Vater- land die férnere aufopfernde Hingabe Jhrer hohen Einsicht und Ihrer ungebrochenen Thatkraft. /

Ew. Durchlaucht \chreckt es niht, daß verbrecerishe Hände sid gegen Sie waffnen, daß Jhre Widersacher in verzweifelter, aber auf die Dauer ohnmächtiger Gegenwehr sich auf die finstere Macht tüß?n, welche, selber heimathslos, jeder volfsthümlichen Entwick. ¿ung und jeder unabhängigen Staatenbildung, vor allem aber deutscher Ari und Natur feindselig, kein Mittel s{eut, um ihre unheilvollen Pläne durchzusetzen. n

Wenn diee Feinde aber auch in anderen Kreisen, die den Ge- finnungen Ew. Durchlaucht einst nahe zu stehen schienen und die sih noch jeßt für Patrioten halten und ausgeben, zerstreute Anhänger finden, jo mag das freilih Ihre Seele mit gerechtem Schmerz und Unmuth erfüllen. Aber Sie mögea Sich an der tröftlihen Ueber- zeugung stärken und aufrichten, daß die überwältigende Mehrheit, die edelsten und besten Männer des üeutschen. Volkes treu zu Jhrer Fahne halten und daß “sie mit uy "an diesem Tage den biêher so sihtlihen Segen Gottes von Neue auf Ew.- Durchlaucht herab-

chen, damit er Jhnen noch lange die Gejundheit und die Geistes- rishe, den Scharfblick und dex Kampfesmuth erhalte, der dem be- währten Führer auf diesen steilen Bahnen ebenso unentbehrlich ist wie dieser Führer unserem Volke.

Bremen, im März 1875.

Ew. Durchlaucht treu ergebene“ (Folgen die Unterschriften.)

Oesterreich-Ungarn. Wien, 5. April. (W. T.. B.) Die „Montagsrevue“ enthält einen längeren Artikel über die Zusammenkunft des Kaisers Franz Josef und des Königs Victor Emanuel, in welhem es unter Anderem heißt : Die früheren universalen, an den einstigen Besiß der deutschen Kaiserkrone geknüpften Tendenzen Desterreihs sind der Einkehr in das eigene Staatsleben und der ruhigen Pflege der inneren Inter- essen gewichen. Kein Staatsmann Oesterreichs hat mehr daran denken fönnen, die großen an die Monarchie auf dem Gebiete ihrer staatlichen Rekonftruktion herangetretenen Aufgaben noch mit der Aufrechterhaltung oder Wiedergewinnung der alten historischen Machtstellung in Deutschland und Italien zu belasten. Die Kon- sequenzen des Prager Friedens und der von Preußen mit den

| süddeutschen Staaten abgeschlossenen Schuß- und Trußbündnisse

haben sich ohne den Einspruch Desterreihs erfüllt. Dhne Scheel- fut, ja mit einer Größe der Empfindung, die selbst den Gegnern Achtung abgerungen, hat es die Herstellung des Deut- \hen Reichs und die nationale Einigung Italiens begrüßt. Das Hinübergreifen über die September-Konvention und der Erwerb Roms als Hauptstadt haben die alten Traditionen der Feindschaft zwischen beiden Staaten nicht aufzufrishen vermoht. Ein Verhältniß aufrihtiger Annäherung und engen Zusammengehens mit Rußland ist angebahnt und herbeigeführt worden. Das Bündniß der drei Kaiserreihe hat als eine Thatsache ersten Ranges in das politishe System Europas eingegriffen. Die alten Gegnerschaf- ten erscheinen für immer abgethan, neue werthvolle Freund- \chaften find erworben und die Friedensinteressen finden in der Haltung Oesterreihs ihre wichtigste Bürgschaft.

Triest, 3. April. Der Kaiser wohnte gestern der Gala- vorstelung im Teatro comunale bei und wurde von dem zahl- reih anwesenden Publikum enthusiastisch begrüßt, Die von dem gesammten Sängerpersonale ausgeführte Nationalhymne mußte auf lebhaftes Verlangen wiederholt werden. Nah Schluß des Theaters besichtigte der Kaiser die glänzend illuminirte Stadt. Heute wohnte der Kaiser in Begleitung der Erzherzöge, der Minister und der Generalität der feierlihen Enthüllung des Denkmals des Kaisers Maximilian von Mexiko bei. Zu der- selben hatte sich eine überaus zahlreiche Menschenmenge eingefunden. Der Präsident des Denkmalcomités, Porenta, hielt in italie- nisher Sprache eine Anrede an den Kaiser, in welcher er die Verdienste des Kaisers Maximilian hervorhob und den Wunsch

ausdrückte, das Denkmal möge in der Gegenwart und in der |

Zukunft die Anhänglichkeit der Triestiner an ihr glorreihes Herrscherhaus bekunden, mit welchem sie stets Freude und Leid getheilt hätten. Der Kaiser dankte in feiner Erwiderungsrede für die seinem Bruder erwiesene pietätvolle Verehrung. Nah- dem die Hülle des Denkmals unter den Klängen der National- bymne gefallen war, begab sich der Kaiser unter dem enthu-

Bien Hochrufen der Zuschauermenge nach der Residenz zurü.

4. April. (W. T. B.) Der Kaiser hat in einem an den Statthalter gerichteten Handschreiben seine lebhafte Befriedi- gung über die unveränderte Anhänglichkeit und die loyalen Ge- finnungen der Bevölkerung, so wie seine herzlihe Freude über das liebevolle Andenken ausgedrückt, das Triest für den Kaiser Max bewahre. Der Kaiser dankt für diese Kundgebungen und hofft, es werde der Fürsorge der Regierung und der den ver- änderten Verhältnissen angepaßten Thätigkeit des Handelsftandes gelingen, die Schwierigkeiten zu überwinden, die fih im Augen- felle dem Aufshwunge der kommerziellen Verhältnisse entgegen- tellen.

Görz, 4. April. (W. T. B.) Der Kaiser, welcher heute Morgen 8 Uhr von Triest abgereist war, ist Vormittags 10 Uhr hier eingetroffen und von der Bevölkerung mit enthufiastishen Zurufen begrüßt worden. Die Stadt ift glänzend dekorirt.

5. April. (W. T. B.) Heute früh 7 Uhr reiste der Kaiser mit dem italienischen Hofzuge nach Venedig ab. Bor der Abreise erließ Se. Majestät ein Handschreiben an den Statt- halter, in welchem derselb beauftragt wird, der Bevölkerung für die Kundgebung treuer Anhänglichkeit und Loyalität den vollsten Dank des Kaisers auszusprehen und zugleih der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß es gelingen werde, ein fortshreitendes Aufblühen des Landes in dauernder Weise zu sichern.

Pest, 2. April. Im Abgeordnetenhause unterbreitete heute der Handels-Minister Simonyi den Handelsgeseßentwurf, zu dessen Begutahtung nächstens eine aus 15 Mitgliedern be- stehende Fachkommission gewählt wurde. Bei der Verhandlung des Geschentwurfes über die Inartikulirung des Staatsanlehens verlangte Ern|st| Simonyi Aufklärungen darüber, ob das Gerücht wahr sei, daß dem früheren Finanz-Minister günstigere Offerten bezüglith dieses Anlehens gemacht, aber vom Minister zurückgewiesen worden seien. Der Finanz-Minister Szell ant- wortete, daß die Geschichte dieses Anlehens in dem Motiven- berihte ausführlih dargelegt sei. Dieses Anlehen wurde unter \chwierigen Verhältnissen geschlossen; sein Vorgänger hat nah bester Einsicht gehandelt. Der Minister ersuchte, den vorliegen- den Gesetzentwurf zu acceptiren. Koloman Ghyczy erklärte auf die Anfrage Ernst Simonyi's mit voller Entschiedenheit, daß ihm günftigere Offerten überhaupt nicht gemacht wurden; die Weltpläße waren, mit Ausnahme Londons, damals für derartige Negoziationen nicht geeignet. Nach London habe'er einen vertrauten Freund zur Rekognoszirung geschickt; zu langen Unterhandlun- gen war keine Zeit ; es mußte in einigen Tagen die Entscheidung getroffen werden; dann konnte es auch nicht im Interesse des Staates liegen, nach vielen Seiten hin Unterhandlungen einzu- leiten. Redner trage die Verantwortung für diese Negoziation. Die Legislative müsse aber die eingangenen Verpflichtungen ein- halten. Redner bittet daher, die Vorlage anzunehmen.

Nachdem sich Ernst Simonyi mit dieser Aufklärung zu- frieden erklärt hatte, wurde die Vorlage angenommen. Bei der Verhandlung des Transportsteuer - Geseßentwurfes \prachen Kapp, Paczolay, Iranyi und Baußner gegen, Finanz-Minister Szell für, Almassy und Mocfary gegen und in eincr sehr wir- kungsvollen polemisirenden Rede Minister Tisza für die Vor- lage. Die Generaldebatte wird morgen fortgeseßt.

3. April. Das Abgeordnetenhaus sezte heut die Generaldebatte über die Transportsteuer fort. Jn derselben sprachen Csiky und Ernst Simonyi; legterer machte der Regie- rung den Vorwurf, fie. habe kein Finanzprogramm. Der Finanz- Minister Koloman Szell ging auf die Vorwürfe Simonyi's \o- fort ein, und gipfelte seine Rede in der Behauptung, daß man mit der von Simonyi empfohlenen Politik ein Gleihgewicht im Staatshaushalte auch nicht einmal annähernd herstellen könne. Helfy \prach gegen die Vorlage. Ihm antworteten Finanz- Minister Szell und Minister Tisza unter lebhafter Zustimmung des Hauses. Bei der Abstimmung wurde der Gesehentwurf vom ganzen Hause, mit Ausnahme der Sahsen und der äußersten Linken, als Basis zur Spezialdebatte acceptirt,

Schweiz. Bern, 1. April. Das Vertrauersvotum, welches der Große Rath des Kantons Bern heute dem Regie- rungsrathe wegen der von ihm verfolgten Kirchenpolitik nach heftiger Einsprache der Ultramontanen ertheilt hat, lautet wörtlih: „Der Große Rath nah Anhörung des Berichts der Regierung betreffend den Entscheid des Bundesrathes vom 27, März abhin in Sachen der jurassishen Rekurse (gegen Aus- weisung der renitenten katholishen Geistlichen aus dem Jura) beshließt: er nahm mit Befriedigung Akt von der Anerkennung der konstitutionellen Befugniß der Regierung zu den von ihr getroffenen Verfügungen und er spriht die Erwartung aus, daß sie die staatlichen Hoheitsrehte in getreuer Ausführung der verfassungsmäßigen Bestimmungen auch fernerhin festhalten werde.“

GroßFßbritannien und Jrland. London, 1. April. Die Königin ertheilte gestern auf Windfor dem italienish:n Gesandten, Ritter Cadorna, eine Abschiedsaudienz, .in welcher derselbe sein Abberufungs\schreiben Üüberreihte. Später empfing die Monarchin Señor Rances y Villanueva, den neuen spanischen Gesandten, der seine Akkreditive überreichte, 2

Unweit Lytham an der Küste von Lancashire wurde dieser Tage der Grundstein zu einer neuen Stadt, Namens St. Anne, gelegt. Eine Aktiengesellshaft mit einem gezeih- neten Kapital von 50,000 Pfd. Sterl. läßt die Stadt bauen.

Großbritanniens Staatseinkünfte während des am 31. März 1875 beendeten Finanzjahres beliefen sich den Ausweisen des Schaßamtes zufolge auf 74,921,873 Pfd. Sterl., d. i. 496,873 Pfd. Sterl. mehr als das leßte Budget verar\chlagte. An dieser Totalsumme partizipiren die Zölle mit 19,289,000 Pfd. Sterl. (1,050,000 Pfd. Sterl weniger als im Vorjahre), die Accise mit 27,395,800 Pfd. Sterl. (223,000 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre), die Stempelgefälle mit 10,540,000 Pfd. Sterl. (10,000 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), die Taxen mit 2,440,000 Pfd. Sterl. (116,000 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre), die Einkommensteuer mit 4,306,000 Pfd. Sterl. (1,385,000 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), das Postamt mit 5,670,000 Pfd. Sterl. (122,000 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), die Telegraphen mit 1,120,000 Pfd. Sterl. (90,000 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre), die Kronlände- reien mit 385 000 Pfd. Sterl. (10,000 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre), und diverse Einkünfte mit 3,776,873 Pfd. Sterl. (105,784 Pfd. Sterl. weniger als im Vorjahre). Die Gesammt- einnahmen ftellen sih somit für das soeben abgelaufene Finanz- jahr um 2,413,784 Pfd. Sterl. geringer als in dem vorhergehenden. Wenn man daber, fügt die „A. A. C.“ hinzu, in Betracht zieht, daß die Regierung im vorigen Jahre den Zoll auf Zuter, der sih auf 2,000,000 Pfd. Sterl. belief, und die Pferde-

steuer, die 480,000 Pfd. Sterl. einbrahte, aufhob, sowie die i Einkommensteuer um einen Penny pro Pfund Sterling er-