1875 / 82 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Apr 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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Lothar Schilling, bisher Vize-Präfident des Königlich \äh- fishen Appellationsgerihts zu Dresden und Mitglied der König- lichen Prüfungs-Kommisfion beim Ministerium der Justiz, in eigens dazu anberaumter Plenarfizung vom Präfidenten, Wirklichen Geheimen Rath Dr. Pape, in sein neues Amt eingeführt uud als Reichsbeamter vereidigt. Der andere neuernannte Rath desselben obersten Gerichtshofes, der bisherige Großherzogliche hessische

ofgerihts-Rath Bu ff konnte noh nit eintreffen, da er plöß- ih an Gelenkrheumatismus erkrankt war. Rath Shilling ist dem dritten Senate zugewiesen worden, der seine öffentlichen Audienztermine Montags und Donnerstags abzuhalten hat.

as Reichs-Oberhandelsgericht hat nunmehr drei Mitglieder aus dem höheren sächsishen Juristenstande; es find die Räthe Dr. Ponath, Dr. Werner und Lothar Schilling.

Hessen. Darmstadt, 6. April. (Fr. I.) Soeben haben wieder eine Reihe von Aus\chußberichten der Ersten Kammer die Presse verlassen. Es handelt fich dabei um folgende Gesezentwürfe: über die Aufhebung der bei Schuld-Uebernahme der Frauen in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen, sowie bei Bürgschaften der Bürger und Bauern im Geltungsbereih des Pfälzer Landrehts bestehenden beson- deren Vorschriften, über die Wahlen zur Zweiten Kammer, über das Verfahren bei unfreiwilligen Verseßungen von Mitgliedern eines JIustiz-Kollegs in den Ruhestand, über die Pensionirung der auf Widerruf angestellten Beamten, über“ die Zusammen- stellung der beiden- Kammern. Der Aus\huß beantragt zu allen diesen Gesezen, in Uebereinstimmung mit der Zweiten Kammer, Annahme, und zwar mit den bei den einzelnen Ge- segen vom lehteren Hause beliebten Aenderungen.

Oesterreich-Ungarn. Pola, 7. April. (W. T: B.) Der Kaiser Franz Iosef is von Venedig um 5 Uhr Nachmittags glücklih hier eingetroffen und wurde von der hier stationirten öôsterreihischen Flotte, von den Spigen der Behörden, fowie von dem zahlreih anwesenden Publikum in feierlicher Weise empfangen.

Pest, 6. April. Im Abgeordnetenhause interpellirte der Abg. Braié die Regierung, ob es richtig sei, daß fie den Ausbau der EGrenzbahnen verhindern. wolle und weshalb ? Das Haus nahm hierauf den Stempelsteuergesezentwurf und den e Rei unverändert an. Das Haus begann

ierauf die Berathung des JIagdsteuergesezentwurfes, dessen erfte 11 Paragraphen unverändert votirt wurden.

Schweiz. Bern, 7. April. (W. T. B.) Der Bun- desrath hat nunmehr die Volksabstimmung über die neuen Bundesgeseße, betreffend die Eheschließung und die po- Titishe Stimmberehtigung, auf den 23. Mai anberaumt.

Niederlande. Haag, 3. April. Der König empfing gestern den neu ernannten Minister-Residenten Spaniens am niederländishen Hofe, Marquis d'Arcicollar, welcher seine Afkreditive überreihte. Die April-Nummer des „Gids'' (des „Führers'') veröffentlicht unter dem Titel „Noch etwas über Atchin'* eine Abhandlung -des Generals de Stuers. Dieser allgemein hohgeachtete Militär gilt als Autorität in indi- \cchen Angelegenheiten; er hat eine ruhmreihe Laufbahn in In- - dien durchgemacht und is der Verfasser eines sehr gründlichen und lehrreihen Werkes über die Ausbreitung der niederländischen Herrschaft auf Sumatra. Seine Abhandlung im „Gids'! hat zum Zwece, die militärishe und politishe Leitung, welche van Swieten der zweiten Expedition in Atchin gegeben hatte, gegen die tadelnden Stimmen zu vertheidi- gen, die in Niederland f\ich vernehmen ließen; der Tadel gehe von Solchen aus, die in der Ferne sich nur eine oberflächliche, unvollftändige Vorstellung von der Lage der Dinge und von den Beschwerden machen könnten, mit welhen ein europäisches Heer von 11,000 Mann mit 300 Pferden und zahlreihem Schlachtvieh, mit seinem Train, feinen Kranken und Verwun- deten in einem solhen Lande ohne Wege, Brücken und Trans- portmittel zu kämpfen habe; nach dem Mißlingen der erften Expedition in Atchin (unter der Leitung General Köhlers, der bei seinem mißglückten Sturm auf den Kraton gefallen) \ei Vorsicht um \o mehr ein Haupterforderniß gewesen. De Stuers führt aus, wie van Swieren mit weiser Vorsicht und Mäßigung, für die ihm die koloniale Geschichte Lehrmeisterin gewesen, den Feld- zug geleitet und fich dabei als vollkommen erfahrener Offizier und Staatsmann erprobt habe; Generalmajor Pel beharre mit vollstem Rechte bei der Kriegsweise und der Politik van Smwietens; dieser verdanke man \chon die wichtigsten Erfolge ; der Krieg werde zwar - von einigen Häuptlingen noch fortge- seßt, welhe fich durch einen auf den Koran geleisteten Eid für gebunden halten, oder durh noch unaufgeklärte Gründe zu ihrer feindseligen Haltung veranlaßt seien; aber das Volk felbst sei des Krieges müde und von dem Radja von Pati wisse man, daß seine Anverwandten Panglima Polim, Iman Langbetta und andere Häuptlinge mehr und mehr zur Unterwerfung ge- neigt würden; bereits wehe die niederländishe Flagge in den Häfen von 31 Vasallendiftrikten, die als Pfefferhäfen bekannt seien, und in noch 10 anderen Häfen; den unglücklihen Aus- gang der ersten Expedition verdanfe man unvorsihtigem Sturm- laufe, dem Mangel an Vorsicht, die Erfolge der zweiten Cx- pedition verdanke man dcr Vorsicht und Mäßigung van Swietens.

Großbritannien und Jrland. London, 6. April. Der Prinz vonWales kehrte heute aus dem südlihen Frank- reich nach Marlborough-House zurück. In Chatham wer- den Vorbereitungen für den Empfang des Prinzen und der Prinzessin von Wales, die fich morgen dahin begeben, um dem Stapellauf des neuen großen Panzer\chiffes „Alexandra“ anzuwohnen, getroffen. Vom Bahnhofe bis zum Werfte werden 5000 Mann Truppen aller Waffengattungen Spalier bilden und von dem Eingange zum Werft bis zur Scene des Stapellaufes werden Matrosen von den verschiedenen Kriegsschiffen, die sih in Chatham befinden, aufgestellt sein. Die Prinzessin von Wales, nah welHer das Schiff benannt is, wird den Taufakt vollziehen und die demselben vorhergehende kurze gottesdienstlihe Feier wird der Erzbishof von Canterbury leiten. Außer dem Thronfolgerpaar werden der Herzog von Edinburgh, der Herzog von Cambridge, der Fürst und die Fürstin Teck, die Kabinets-Mi- nister, das diplomatishe Corps und Mitglieder beider Häuser des Parlaments bei der Feier zugegen \«in.

8. April. (W. T. B.) In der gestrigen Sizung des Unterhauses wurde der Gesezentwurf, betreffend das Stimmrecht der Frauen mit 187 gegen 152 Stimmen ab- gelehnt. Disraeli stimmte mit der Minorität.

Frankreih. Paris, 4. April. Der Minister des Ackerbaues und des Handels hat folgendes Rund\r ei- ben an die Präfekten gerichtet :

„Hr. Präfekt! Das Dekret vom 25. März 1852 hatte die Eir- ribtung der berathenden landwirthshaftlichen Kammern festgeseßt, und zwei vom 1. April und 20. Juni desselben Jahres datirte Rund- schreiben hatten die Präfekten aufgefordert, zu der Ernennung der Mitglieder dieser Versammlungen. zu schreiten, ihnen auc die bei der Abhaltung der Zusammenkünfte zu befolgenden Regeln bezeichnet. Die betreffenden Kammern find in allen Departements gebildet worden ; aber nachdem sie einige Jahre bestanden hatten, wurden mehrere von ihnen von den Präfekten nicht mehr einberufen und verschwanden end- lih ganz. Es ift Ihnen nicht unbekannt, Hr. Präfekt, daß diese Kammern Befugnisse haben, welche fie unentbehrlich mahen. So find fie unter Anderm mit der landwirthschaftlichen Statistik des Arron- dissements betraut, und ihr Gutachten kann hinusihtlich der in der landwirthschaftlihen Gesetzgebung vorzunehmenden Aenderungen, be- treffend die Einführung von Messen und Märkten, die Verwendung der von dem Staar und dem Departement gewährten Subventionen, sowie die Gründung landwirthschaftlißer Schulen und Musterwirth- schaften, eingeholt werden. In Folge dessen, und um den Verord- nungen des erwähnten Erlasses nachzukommen, erachte ich es für nöthig, den regelmäßigen Gang einer Einrichtung zu fichern, deren Zweckmäßigkeit zu verschiedenen Malen anerkannt worden ift. Jch ersuhe Sie daher, Hr. Präfekt, die nöthigen Maßnahmen für die Neubildung der berathenden landwirthschaftlihen Kammern in Ihrem Departement, falls fie eingegangen wären, anzuordnen und mir über die Ausführung der vorliegenden Weisungen Bericht zu erstatten. Genehmigen Sie u. st. w. Der Minister des Ackerbaues und Handels, C. de Meaux.“ L

Wie das „Bien public“ erfährt, hat der General de Cissey nah dem Vorgange des Hrn. Dufaure ein Rund- \chreiben erlafsen, in welchem er den Corps-Befehls- habern die Bedeutung der ‘am 25. Februar eingeführten Ver- fafsungsgeseze darlegt, und sie auffordert, der Republik, welche fortan die geseßlihe Regierung Frankreichs ist, in den Grenzen ihrer Befugnisse die gebührende Achtung zu verschaffen.

Ein großer Theil der Generalräthe hat am 5. d. M. seine Frühjahrsses\sion eröffnet.

7. April. (W. T. B.) General Leflô kehrt heute Abend auf seinen Botschafterposten nah St. Petersburg zurü. Aus Bayonne wird gerüchtweise gemeldet, daß carliftische Emissäre nah Frankreih gekommen seien, um einen Anschlag auf Cabrera auszuführen. Die Behörden seien mit Ermittelung derselben beschäftigt.

Italien, Venedig, 7. April. (W. T. B.) Nach dem Déjeuner verabschiedete sh der Kaiser Franz Iosef an der Landungstreppe des Palazzo reale von der Kronprinzesfin Marghe- rita und begab sih darauf mit dem König Victor Emanuel, den Ministern und der Generalität auf den Lagunendampfer. Die Abfahrt nah Malamocco erfolgte unter dem Donner der Ka- nonen, den Hurrahrufen der Matrosen und unter enthufiastischen Kundgebungen der diht gedrängten Zushauermenge. Jn Ma- laraocco gingen der Kaiser Franz Josef und der König Victor Emanuel an Bord der Kaiserlihen Yaht „Miramare“, woselbst die beiden Souveräne unter herzlihen Um- armungen von einander Abschied nahmen. Der König Victor Emanuel hielt sodann die Revue über die Flotte ab und fuhr nah Venedig zurück. Wie man hört, mani- festirte sich sowohl im Verkehr der Monarchen wie in dem der beiderseitigen Minister die größte Herzlichkeit. Der Kaiser hat ih mit großer Anerkennung über den ihm zu Theil gewordenen Empfang geäußert und dem Könige Victor Emaunel zur Kon- solidirung Jtaliens seinen lebhaftesten Glückwunsh ausgesprochen. Der Kaiser Franz Iosef verlieh den Königlichen Prinzen das gol- dene Vließ. Grof Andrafsy erhielt vom Könige Victor Emanuel das Porträt desselben mit der eigenhändigen Widmung des Kö- nigs zum Geschenk. Die Stimmung der Bevölkerung war bis zum leßten Augenblick der Zusammenkunft der Souveräne eine außerordentlich enthufiaftische.

(W. T. B.) Wie von unterrichteter Seite konstatirt wird, ist als die einzige gegen den Kaiser Franz Josef gerihtete De- monstration bisher bekannt geworden, daß am Tage der Ankunft des Kaisers das klerifale Blatt „Unità cattolica“ mit einem \{chwarzen Trauerrand erschien.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 7. April. (W. T. B.) Der „Regierungsanzeiger“ veröffentlicht ein Aller- höchstes Manifest, durh welches die gestern erfolgte Ent- bindung der Gemahlin des Großfürsten Thronfolger von einer Tochter angezeigt und der leßteren der Name Xenia beigelegt wird. Gestern fand das Fest des Regimentes Garde zu Pferde fiatt. Der Kaiser zog die Offiziere des Regimentes zur Tafel, an der au die Großfürsten theilnahmen.

Die Fregatte „Sswetlana‘!, deren Commandeur bekanntlih Se. Kaiserlihe Hoheit der Großfürst Alexei Alexandrowit\ch is, wird nah Eröffnung der Schiffahrt ins Mittelmeer abgehen und dort für ein Jahr Station nehmen.

Die Kommission zur administrativen Umthei- lung des russishen Asiens hat nach der russischen „St. P. 3.“ ihre Arbeiten vollendet. Nah Meinung der Kom- mission ist das ganze russishe Asien in zwei Gebietsgruppen zu theilen. Zur ersten wären zu zählen: die Gouvernements Dren- burg, Ufa, Tobolsk, Tomsk, Jenifscisk, Irkutsk, das Gebiet Ja- futsf, das Land der Bukejewschen Horde, welche aus dem Ge- neral-Gouvernement auszuscheiden find. In die zweite Gruppe gehören alle übrigen Transuralschen Provinzen, welche in drei General-Gouvernements zu vertheilen find. Das erste ist das Steppen-Generalgouvernement mit dem Centrum in Omsk, aus dem Uralsker, Orsker, Omsker Gebiet und Ss\emipalatinsk be- stehend. Das zweite ist das Turkestanshe mit dem Centrum in Tashkent (das Syr - Darja - Gebiet, Ss\auarkand, die Bezirke Tjanshan und Amu - Darja). - Das dritte wäre das Amur- Generalgouvernement mit dem Centrum in Blagoweschtschensk. Die Kommission if übrigens niht ganz einig in ihren Be- \chlüfsen. Einige Mitglieder haben fich im Gegensay zu der Majorität gegen die Vereinigung aller Kirgisen-Steppen ausge- \prochen. Andere find der Ansicht, daß die Verwaltung von Jakutsk, von den Irkutsker Gouvernementsbehörden unabhängig sein müßte. Eine dritte Sondermeinung geht dahin, daß der Küstentheil des Amurgebiets abgetrennt und dem Ober-Com- mandeur über die Seehäfen, dem die Rechte eines General- Gouverneurs zu ertheilen wären, unterstellt werden müßte.

Aus dem Amu-Darja-Bezirk erhält der „Ruff. Inv.“ vom 18. Februar einen Bericht über den günstigen Stand der dortigen Berhältnisse nah der Iwanowschen Expedition.

Im Chanat Chiwa herrscht vollständige Ruhe, man hört nicht einmal von geringfügigen Raub- und Plünderungsfällen unter den Turkmenen. Die Nachzahlungen zu der Strafsumme, welche 1873 den Turkmenen auferlegt wurde, dauern noch fort und zu den 36,000 Rbln, die während der Januar-Expedition und gleich uach derselben eingezahlt wurden, sind später noch gegen 5000 Rbl, eingegangen. Für die den Bucharen geraubten Schafe haben die Turkmenen 1800 Rbl. Schadenersaßz entrichtet. Dr Oberst Jwanow hat dem Emir von Buchara, welcher mehrfach den Chef des Amu-Darja-Bezirks um seine Beihülfe in der Angelegenheit ersuht hatte, darüber Mittheilung gemacht. Der Chan von Chiwa hatte die Absicht, am 20. Februar aus Chiwa

abzureisen, um alle Wohnpläßze der Turkmenèn zu besuchen. Er läßt fich dabei von 1500 Nuckern und 2 Kanonen das Geleite geben. Auch sollen ihn nach seinem Befehl alle seine Würdenträger und Verwandten begieiten, Als Stellvertreter währendo der Abwesenheit des Chans soll fein Bruder Tjura Murat fungiren, Der erste Besuch if den Chasawat-Jomuden zugedacht, von dort geht die Reife über Iljali nah Kunga-Urgentsh und an Chodsheili - vorbei u den Tschauduren und Karadshiagelden. Diese Marschroute ist den Turkmenen bekannt und sie halten sich ruhig auf ihren Wohnplätzen. Selbst die Fortgezogenen kehren auf ihre Wohnpläße zurück, darunter auch der Ugusen-Häuptiing Ata-Wafkil, welcher bis- her Niemandem und nirgends Gehorsam erwies. Er stand früher bei allen Unruhen und Unordnungen der Chasavat-Jomuden an der Spiße. Ießt ift er nicht nur zurückgekehrt, sondern hat dem Koschbegi des Chans auch den auf ihn entfallenden Theil der Koniribution von 1873 gesandt. Der Oberst Jwanow hat am 16. Februar vom Befehlshaber der Bucharaschen Garnison in Kabakly einen Brief erhalten, nach welhem auch in dem an den südöstlichen Theil Chiwas angrenzenden Territorium -von Buchara völlige Ruhe herrscht. Die Ueberbringer des Briefes meldeten, daß in der Umgegend von Kabakly {hon längst nihts mehr von Tefke-Banden zu spüren sei und daß am Tage vor ihrer Abreise mehrere aus Merw nach Buchara bestimmte Karawanen in Kabakly angekommen seien. Der leßte Zug der Russen in die Nomaderfißze der Tuxrkmenen soll dem Gerücht nach auch auf die Teke Ein- druck gemacht Haben. Der Vetter des Chans Iltasar-JIpak theilte dem Oberst Jwanow“ mit, die Jomuden hätten die Teke um Hülfe gegen die Russen gebeten, die Teke hätten das aber rund abgeschlagen und gesagt, sie gedächten, sich ruhig zu verhalten und die Diebe unter sich fortzuschaffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 3. April. (H. N.) In der heutigen gemeinschaftlichen Sißung beider Kammern wurde mit 169 gegen 116 Stimmen die beantragte Vermehrung des Unteroffizier-Corps bei den Garde-Regimentern zu Fuß um 4 Korporale bei jeder Compagnie abgeschlagen, ebenso wurden die von der Regierung mehr angescßten 420,000 Kronen zu Waffenübungen der Indelta-Armee und Vermlands Feldjäger-Regiments niht genehmigt. Mit 178 gegen 102 Stimmen wurde beschlossen, die vom Jahre 1871 rückständigen 484,000 Kronen (als extraordinär) zur Beschaffung von Infan- terie-Gewehren für 1876 zu bewilligen, jedoch dabei zu bedingen, daß der Reichstag vor Einführung eines neuen Modells unter- rihtet wird, welche Kosten durch diese Aenderung erwawhsen. Die Minorität stimmte für Genehmigung von - nur 200,000 Kronen und bestand zum größten Theil aus Mitgliedern der zweiten Kammer. Die im Etat figurirenden 75,000 Kro- nen für die topographishe Abtheilung des Generalstabes wurden genehmigt, dagegen die zum Bau von Kasernen für Svea Leib- garde angeseßten 134,000 Kronen mit großer Majorität gestrichen. Die als Theuerungszulage für die Offiziere der Flotte von der Regierung verlangten 30,260 Kronen fanden mit 159 gegen 134 Stimmen Genehmigung, die Minorität stimmte für Bewilligung von nur 27,560 Kronen für die Marine-Offiziere, deren Löhnung 5000 Kronen nit übersteigt. Den Borschlag, die für Uebungen der Flotte im Etat figurirenden 629,850 Kr. auf 550,000 Kr. herabzuseßen, \{chloß sich die Majorität der beiden Kammern an. Mit 171 (37 aus der Ersten, 134 aus der Zweiten Kam- mer) gegen 128 Stimmen (82 Erste und 46 Zweite Kammer) wurde beshlof}sen für 1876 500,000 Kronen als außerordentliche Ausgabe zur Beschaffung von Artillerie-Material zu bewilligen, die Minorität stimmte für Bewilligung der zu diefem Zweck von der Regierung angeseßten 1,000,000 Kronen. Der Beschluß der Zweiten Kammer, von dem Gewinn der Reichsbank im Be- trage von 2,501,534 Kronen die Hälfte dem Riksgäldscontor zu überweisen, die andere Hälfte aber der Bank behufs Einkauf ausländischer Staatspapiere, resp. zur event. Verstärkung des Metallvorraths zu belassen, wurde. mit 165 gegen 132 Stimmen angenommen.

Christiania, 3. April. Die Wiedereröffnung der Storthingsverhandlungen nach den beendeten Osterferien fand Mittwoch stait und in der ersten Sizung theilte Staatsrath Falsen dem Thinge mit, daß der König seine Einwilligung zur Verlängerung der Vexsammlungszeit bis auf Weiteres gegeben habe. In der Donnerstag-Sizung überbrachte der Staats- rath Helliesen dem. Storthing einen Königlihen Vorschlag über die Bewilligung eines Betrages von 61,000 Spezies zur Anschaffung und Ausrüftung eines Dampfschiffes, womit eine wissenschaftlihe Expedition in dem Theile des atlantischen Meeres vorgenommen werden \oll, welher zwishen Norwegen, den Färöer-Inseln, Island- und. Jan Mayn üiegt. Der Vor- \{chlag würde einem Comité überwiesen. Der Antrag des Konstitutionsaus\{hu}ses, betreffend den in 1871 aufs Neue ein- gebrahten Vorschlag wegen Veränderungen der Grundgeseß- bedingungen für das Stimmrecht liegt jeßt in fertiger Form vor und wird, nach Mittheilung des „Aftonbladet“, wahrscheinli in nächster Zeit zur Behandlung kommen. Eine Majorität .des Comités hat die Verwerfung sämmtlicher ruhenden Vorschläge beantragt und gleichzeitig in Vorschlag gebrachi, daß das Storthing die Regierung ersuchen solle, eine Kommisfion nieder- zusehen, deren Mitglieder aus verschiedenen Gegenden des Landes herangezogen werden sollten, und welche Kommission dann die ganze Frage einer nohmaligen Ueberlegung zu unterziehen und einen neuen Vorschlag zur Vorlage in dem 1877 zusammen- tretenden Storthing auszuarbeiten haben würde.

8. April. (W. T. B.) Die Diskussion des sogenann- ten konstitutionellen Deharge-Rapports wurde geftern vom Reichstage beendigt. Beide Kammern beschlossen ‘überein- stimmend, und zwar die Erste Kammer durch Akflamation, die Zweite mit 99 gegen 76 Stimmen und unter ausdrückliher Zu- stimmung zu dem im Bericht gegen das Ministerium ausgespro- chenen Tadel, den Rapport ad acta zu nehmen. In Folge die- \es Beschlusses werden erheblihe Aenderungen im Ministerium als bevorstehend bezeichnet.

Afrika. Aus Kairo, Ende März, wird der „Allg. Ztg.“ geschrieben, daß daselbs auch in diesem Jahre der Geburtstag Sr. Majestät des Kaisers von der dortigen deutshen Ko- lonie festlich begangen wurde. Ein Umstand fam außerdem hinzu, um dem Fest einen erhöhten Glanz zu geben, nämli die Anwesenheit zweier deutschen Prinzen, der Erbgroßherzoge von Mecklenburg-Shhwerin und von Oldenburg. Dieselben hatten die Rückehr von ihrer großen Nilreise zu beschleunigen gewußt, um am 22. März wieder in Kairo zu sein. Am Vormittag fand in der neuen deutschen Kirche ein iney es Gottesdienst ftatt, der sehr zahlreih besucht war, und zu welhem sich mit den Prinzen das gesammte deutshe Konsulatspersonal, die Herren v. Thielau und Travers an der Spitze und in voller Uniform, eingefunden hatte. Pastor Trautvetter, welcher der Kirhe und Schule vor- steht, hielt die Festpredigt. Wenige Tage vorher war die Nach- richt aus Berlin eingetroffen, nah welher durch Kaiserliche Mu- nificenz die finanziellen Verhäünisse der deutshen Schule endgültig geordnet find und“ die Zukunft derselben gesichert ist. Nach dem Gottesdienst empfing Hr. v. Thielau,—als

Guthaben der Einleger. 9,29 % gestiegen.

Vertreter des noch immer nicht eingetroffenen neuernannten General-Konsuls, alle hervorragenden Mitglieder der deutschen Kolonie. Der Empfangssaal war mit Palmen und Blumen dekorirt und an der Hauptwand hing unter Kränzen und Laub- werk ein Porträt Sr. Majestät des Kaisers. Abends fand ein großes Bankett im Hotel du Nil statt. Der große Palmengar- ten war mit farbigen Laternen erleuhtet. Gegen 60 Herren, sämmilich Deutsche, nahmen an dem Festbankett Theil.

Die Berichte von den Goldfeldern lauten dem „Natal Mercury“ zufolge seit Kurzem niht sehr ermuthigend und viele der Goldgräber haben wegen der Regensaison das Land ver- lassen» Den 119 Unzen wiegenden Klumpen, der vor einiger Zeit gefunden wurde, hat der Präsident des Freistaates für 475 Pfd. Sterl. angekauft und beabsihtigt, ihn nah Europa mitzunehmen, wenn er fich dahin begiebt, um die Staatsanleihe zu negociiren. Die Diamantenfelder befinden sich gegenwärtig in einer trübseligen Lage. Das Gerücht von der Entdeckung einer neuen Mine ftellte fich als unbegründet heraus.

Australiea. Das „Melbourne Age“ veröffentlicht eine Reihe von Artikeln über die gegenwärtige Lage der Fid\hi-Inseln, aus denen die „A. A. C.“ Folgendes mittheilt:

Es giebt im Ganzen etwa 225 Inseln; in nahezu 50 derselben leben weiße Ansiedler, im Ganzen 2000 Personen, hauptsächlih Erwathsene, zählend. Schäßungen der gesammten Eingeborenen-Bevölkerung variiren zwischen 75,000 und 150,000 Seelen. Unter der leßten Regierung wur- den daselbst nicht weniger als 650,000 £ in verschiedenen Unternehmungen angelegt, an welchem Kapitale Sydney mit nahezu 300,000 £, Mel- bourne mit 160,000 £, Neuseeland mit einer ebenso großen Summe wie Melbourne und Deutschland mit 30,000 £ partizipirte. Amerika ist bié jeßt nur durch 20,000 £ repräsentirt, während eine einzige Sidneyer Kirm 70,000 £ auf die künftige Wohlfahrt der neuen Kolonie einge- seßt hat. Von der erwähnten Totalsumme ift eine volle halbe Million hauptsählich in Zückerplantagen angelegt. Der Rest vertheiït sich über Haus- und Brod - Eigenthum incl. der Zuckermühlen, die in vollem Scch{hwunge find. Baumwolle erwei fih bei den jeßigen Arbeitsver- hältnissen nit als sehr lohnend, aber der Maisanbau für den Export na Australien und Neuseeland ist eine nußenbringende und rasch auf- blühende Industrie, und Tabak verspricht noch lohnender ‘zu werden. Das Klima variirt dem Vernehmen nach zwischen 65 und 69 Graden F. im Schatten Nachmittags, aber während der neun Monate des Jahres, in denen die Passatwinde herrschen, ift es-niemals überwältigend heiß.

Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 8. April. Bei der heute unter Leitung des Stadtraths Haack vollzogenen Ergänzungêswahl im dritten Berliner Land- tagswahlbezirk an Stelle des verstortenen Geheimen Regierungs-Rath Kerst wurden von 751 wahlberech{tigten Wahlmännern 635 Stimmen abgegeben, und zwar 343 für den Standesbeamten Knörke, 215 für den Stadtverordneten Dr. Zimmermann, 77 für den Redacteur Bürgers. Hr. Knörke ist demnach gewählt.

Am 2. d. M. starb zu Dresden als Lebter feines“ Geschlechts der frühere Landesälteste der Oberlausitz, Albrecht Graf von Loeben. Durch Königliches Vertrauen war er im Jahre 1855 ins Herrenhaus

berufen worden. Statistische Nachrichten.

Ueber den Stand der Sparkassen des Herzogthums Altenburg ist für das Jahr 1873 kürzlich eine übersichtlihe Zu- fammenst-llung veröffentlicht worden, welher wir die folgenden An- gaben entnehmen: Die Zahl der im F. 1873 im Herzogthum vorhan- denen Sparkassen betrug 12, von denen sich 10 in Städten und 2 in ländlihen Ortschaften befinden. Die Zahl der Einleger, welche An- fang des Jahres 1873 29,226 betrug, ist bis zum Schlusse des Sahr:s 1873 auf 32,175 gestiegen, hat also um 2949 oder 10,09% zugenommen, während die Zunahme inr J. 1872 nur 1595 oder 95,15% betragen hat. Das Guthaben sämmtlicher Einleger belief sich am 31. Dezember 1872 auf 1,272,354 Thlr., am 31. Dezember 1873 da- gegen auf 1,584,419 Thlr., so daß also im Laufe des Jahres 1873 ein Zugang von 312,065 Thlr. oder 21,53% stattgefunden hat; im J. 1872 war die Zunahwe des Guthabens der Einleger nur 161,879 Thlr. oder 14,6%. Die Abstufung der auf ein Buch gemachtez Einlagen beziffert \sich dergestalt, daß von den Einlegern ein Guthaben hatten von: 5 Ngr. bis 20 Thlr. 15,367 oder 47,7 %, 20—50 Thlr. 7938 oder 24,7 %, 50—100 Thlr, 4666 oder 14, %, 100—200 Thlr. 2792 oder 8,7 %, über 200 Thlr. 1412 oder 4,4 %. Das Aktivvermögen sämmtlicher Sparkassen am Schlusse des Jahres 1873 beziffert sich auf 1,673,611 Thlr., nämlich: baar 39,114 Thlr., in ausgeliehenen Kapitalien 1,612,145 Thlir., Stüdczinsen von leßteren 21,487 Thlr., Inventarienstücke 2c. 865 Thlr. Dasselbe ift gegen das Vorjahr um den Betrag von 326,963 Thlr. oder 24,28 % gestiegen. . Die Passiva bestehen durchgängig in dem Das reine Vermögen oder der Reservefonds ist Januar bis 31. Dezember 1873 um 6890 Thlr. oder Der Geschäftsumsaß sämmtliher Sparkassen war 1873: in Einnahme 721,122 Thlr., in Ausgabe 736,889 Thlr., üÜüberhaupt also 1,457,511 Thlr. Als allgemeine Ergebnisse der Sparkassenverwaltung ftellt si Folgendes heraus: Es beträgt der Flächeninhalt des Herzogthums 24,00 Rande Quadratmeilen, die Einwohnerzahl 142,122, so daß also im Durchschnitt auf je. eine Sparkasse 2,00 geogr. Qu.- Meilen und 11,843,5 Einwohner entfallen. Die Zahl der Einleger betrug am 31. Dezember 1873: 32,175, und der Gesammtbetrag des Guthavens derselben 1,584,419 Thlz., so daß also im Durchschnitt auf jeden Einleger ein Guthaben von 49,24 Thlr. kommt, während im Jahre 1872 dieser Durchschnitt nur 43,54 Thlr. betragen hat. Vertheilt man die Zahl der Einleger auf die Einwohnerzahl, so fommt auf 4,41 Einwohner cin Einleger (1872 kam ein solcher auf 4,86 Einwohner). Von dem nachgewiesenen Guthaben entfällt durh- scnittlich auf j:den Einwohner ein Betrag von 11,15 Thlr , während im Jahre 1872 dieser Durchschnitt fich nur auf 8,95 Thlr. berechnet.

Die „Nachrichten über Industrie, Handel und Ver- kehr aus dem Statistishen Departement im K. K. Nl (Wien 1875, in Kommission bei Ferd.

eyer, Tuchlaubenstr. 26) VIE Band, III. Heft, enthalten Mit- theilungen der K. und K. österreichisch-ungarishen Konsulats-Behörden: Leipzig. (Verhältnisse des Handels und der Industrie im Königreiche Sachseu während des Jahres 1873). Falmouth. (Schiffahrt und DOE im Jahre 1873). St. Petersburg. (Handels- und Schiff- ahrtsverkehc im Jahre 1873). Barcelona. (Waarenverkehr von Spanien im Jahre 1873). Richmond. (WirthschaftlihegVerhält- nisse des Staates Virginia im Jahre 1874), Rio de Janeiro. (Schiffahrts- und Handelsverkehr im Jahre 1873). Personal- nachrichten. : s

Den Statistiken des „Bureau Veritas“ über die Schif f s- unfälle im Februar zufolge verlor England in diesem Monat 44 Segelschiffe und 12 Dampfer; Amerika 10 Segelschiffe und einen Dambser: a 10 Segelschiffe und 2 Dampfer; Jtalien 10 Segelschiffe; Deutschland 8, Oesterreih 6, Norwegen 6, Däne- mark 4, Spanien4, Griecheuland 3, Niederlande 1, Nicaragua 1, Ruß- land 1, Siam 1, Schweden 1 und die Türkei 1 Dampfer, während ein Dampfer und ein Segelschiff Schiffbruch litten, deren Nationalität unbekannt is. Im Ganzen gingen 111 Segelschiffe und 17 Dampfer zu Grunde, aber 12 der ersteren “und 5 der leßteren gelten nur als verloren, weil sie seit geraumer Zeit nichts von fich hören ließen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus den Sitzungen der historishen Vereine im Monat Februar d. J. Verein für die Geschichte Berlins : Rektor

vom 1.

Fischer sprach über Graun, Rode, Ramler, jene drei gleichzeitigen und einander innig befreundeten Koryphäen der Berliner Kunstwelt im vorigen Jahrhundert; Graun (+ 1759) durch seine Komposition der Passions-Kantate „Der Tod Jesu“, Ramler (f 1796s) als Dichter, Rode (f 1794) als Maler rühmlihs bekannt. Von Rode besitzt Berlin 180 Gemälde in Kirchen, Anstalten u. . w. Major Jfing spra Üer die in dem Mobilmachungzsplan des Kurfürst Albrecht Achilles (1477) für Berlin und die Mark erwähnten Arkeley und den Troß. Nach demselben wurde die von den en benußte Wagen- burg auch von Albrecht Achilles in der arf angewendet. Nach seiner Vorschrift sind 1000 Wagen mit 2000 Pferden, zu jedem Wagen 10 Mann und ferner Schaufeln, Picken, Beile, Aexte, Leitern, Ketten und Seile mitzuführen. Von diesen Wagen wurden 400 im Quadrat. neben «nander aufgestellt, je 100 in gerader Linie, an einandeë befestigt, mit Ketten verbunden, mit Bret- tern 2c. ges{üßt und so beim Angriffe vertheidigt. Die übrigen 600 Wagen standen im Jnnern der Wagenburg und enthielten“ Alles, was das Heer bedurfte, so daß hierdurch das eigentliche Lager erseßt war. Auf dem Viarsche bewegte sich die Wageukolonne „4zeilig* und lehnte si bei der Aufstellung gern an Seen, Flüsse u. f. w. an. 50 Jahre später wurde die Wagenbürg fogar mit Wall und Graben versehen; nach abermals 50 Jahren ist fie ‘indeß aus dem Gebrauch verschwunden. Die 7—8 Ausfallthore der Wagenburg waren gut bewacht und konnten beim Angriff geschlossen werden. Maler Schulz wies na, daß die angebliche Friedenslinde in der Hasenhaide kein Friedensbaum sei. Sekretär Fd. Meyer \prach über eine alte Ber- liner Hausmarke vom Jahre 1541. Es ist dies ein einfacher Ziegel- stein, welcher an der Hinterfront des Hauscs Scharrnstr. 12 eingemauert war. Auf demselben is ein stehendes Kieuz eingekraßt, das auf jeder der oberen Hälften wieder ein kleineres Kreuz zeigt und dessen hori- zontale Linie durch zwei andere, s{chräg liegende kleine Kreuze durchschnitten ift. Unten steht die Jahreëzahl 1541, links und rets neben dem Kreuze befinden \sich die Buchstaben U und B, den Namen des damaligen Besißers (Heinrich Brandenburg) bezeich- nend. Die Sitte unserer Vorfahren, ihr Haus mit ißrem Namens- zeichen, der soa. Hauémarke, zu versehen, reiht tis in das 13. Jahr- hundert hinauf. Zur „Hausma:ke* gebrauchte man das Kreuz, indi- vidualisirte dasselbe durh Striche, besondere Zeichen, Handzeichnungen, und versah die Thüre oder den Giebel seines Hauses mit demselben, Erst nah dem 30 jährigen Kriege versah, man die Häuser mit anderen Abzeichen (Bäumen, Rosen, Engeln u. \. w.) Ein 2. Vortrag Fd. Meyers handelte von Moses Mendelssohn (+7 1786) und seiner Zeit. Historische Gef-Uschaft in Berlin: Dberl. Dr. Märkel spra über die Militärrevolution, welhe im Dezember 1825 bei Gelegenheit der Thronbesteigung des Kaisers Nifolaus T. von Rußland ins Werk geseßt wurde. Verein für die Geschichte Potsdams: Prediger Franke sprach über die Stiftungsurkunde und die Stiftung des großen Militärwaisenhaufes in Potêdam. Nachdem König Friedrih Wilhelm I. am 22. Mai 1722 den Grundstein zu dem erften, in Fachwerk errichteten Gebäude gelegt, wurde das Haus am 1. November 1724 eröffnet. Die eigentliche Stiftungsurkunde datirt indeß erst vom 24. Oftober 1734. Der jeßige Bau wurde unter König Friedri IL, bis 1767 ausgeführt. Hierauf sprach Dr. Sello über die alterthümlichen Gegenstände (namentlich ein Schwert mit Inschrift und cine metallene Deckelkanne), welche am 14. und 16. Oktober v. J. bei der Austiefung des neuen Havel-Schiffahrtgrabens gefunden worden find. Alter- thumêgesellschaft Prussia zu Königsberg i. Pr.: Geh. Reg. Rath Hagen stellte als „Erinnerungen an bezühmte und bekannte Männer in Königsberg“ mündliche Mittheilungen seines Vaters neben verbürgte Traditionen und eigene Erlebnisse zusammen, um einen Zusaß zu den Biographien v Hippels, Kants und Scheffners zu machen. Histor. Sekt. der Shchlefishen Gesellschaft f. vaterl. Cultur zu Breslau: Direkt. Dr, Reimann gab in einem Vortrage eine Vorgeschichte der Hubertsburger Friedenskommission. Verein für \{lesische Geschichte und Verein für das Museum s\ch{lesisher Alterthümer in Breslau: Direkt. Dr. Reimann gab, seinen früheren Vortrag fortseßend, eine Ge- {ichte der Hubertsvurger Friedensunterhandlungen. Hierauf beshrieb Geh. Medizinal-Rath Prof. Dr. Göppert den fleinen Urwaldrest auf dem Formberg bei Landeck und die ungleih groß- artigeren - Ueberreste der Urwälder des Böhmerwaldes auf den Be- sißungen der Fürsten Schwarzenberg und Windi\chgräß, die, mit etwaiger“ Ausnahme des Urwaldes zu Bialowicze bei Grodno in Lit- thauen, sowie einzelner einfamer Alpenthäler, als die einzigen in Europ@æ noch vorhandenen Urwälder anzusehen sind. Endlich spra Rektor Dr. Luchs über die in Schlefien gefundenen bemalten Grab- gefäße aus heidnisher Zeit, sowie über Altarformen des 16. Jahr- hunderts. Magdeburgischer Geschichtsverein. Stadt- und Kreis- gerihts-Rath Dr. Cohnstein fprach über das Cyriac. Spangenberg „Ehe)piegel“, eine Postille des 16. Jahrhunderts. Pastor Winter äußerte fih sodann über die in mehrfacher Hinsicht wichtigen Magde- burger Schöffenurtheile, welhe nah Salze hin ergangen find. Fer- ner wies der erste Sekretär hin auf Steine, welche als Rechtsdenk- mäler in früheren FJahrhunderten dienten. „Blaue Steine“ nannte man mehrfach die Steine, welhe die Grenze eines geisilihen Gerichtsbezirkes kennzeihneten. Säsish-Thüringischer Geschichts- und Alterthumsverein zu Halle: Professor Dr. Herßberg behandelte die folonisaterische Thätigkeit, welche das Haus Hohen- zollern von Kurfürst Friedrich Wilhelm an bis zum Tode des Königs Friedri IT entwidckelt hat. War Preußen-Brandenburg in der Periode seit dem Westfälischen Frieden bis zur Salzburger Einwanderung vorzugsweise der Staat des Kontinents, wo viele Tausende bedrückter Protestanten neue Wohnsitze fanden, so ward namentlich durch König Friedri II. in folofsalem Umfange das System durhgeführt, überall, vor Allem unter den Deutschen in Polen und in dem gefammten deutschen Reiche Kolonisten in Masse für den preußischen Staat, oft mit namhaften Opfern, zu werben; Westpreußen mit dem Nebdistrikt in erster Linie, dann Schlefien, aber auch Brandenburg und das Herzog- thum Magdeburg find mit solchen Ausländern, unter denen Mecklenburger und Württemberger die kompakteste Masse bildeten, beseßt worden. Interefsant ist die Gründung einer griechischen (macedonishen) Kolonie in Breslau durch König Friedrich Il. Historisher Verein für Niedersahsen zu Hannover: Studienrath Müller hielt einen Vortrag über die heidnishen Feste, besonders über solche, die sih bei den Germanen an den Wechsel der Jahreszeiten knüpften. Von den Frühlingsfesten- wurde eingehender der Mairitt geschildert, wie er sich beispiel8weise in der Stadt Hildesheim bis zum Jahre 1782 erhielt. Medizinal-Rath Hohn sprach über den Tanz und seine Ausartungen. Verein für Geschichte und Alterthumskunde zu Frankfurt a. M.: Justiz-Rath Dr. Euler und Professor Dr. J. Becker berichteten über den jeßigen Stand der Streitfrage über den Ort der Varianischen Nieder- lage. Es stehen sih jeßt zwei Ansichten gegenüber : 1) Die Klostermaier- Giéfersche, welche die Niederlage des Varus in das Land der Cherusfer zwischen Weser und Osning seßen und das Kastell Aliso bei Elsen, wo die Alme sich in die Lippe ergicht, suchen; 2) die Ansicht von Ejssellen in Hamm, wonach die Stelle ins Land der Bructerer fiele, in die Nähe von Hamm, wo bei Beckum noch Spuren eines Lagers sich finden. Die beiden Frankfurter Gelehrten find der ersteren Meinung beige- treten, wonach also das Hermanns-Denkmal auf der Grotenburg zwishen Detmold und Lemgo an der richtigen Stelle steht. Königlich sächsisher Alterthumsverein in Dresden: Geh. Rath Dr. v. Weber sprach über Friederike Karoline Neuber. Historischer Verein zu Darmstadt: Bezirksgeribts-Rath Dr. Bockenheimer sprach über das Unterrichtswesen zu Mainz unter französischer Herrschaft. Das Aprilheft der Jahrbücher für die Deutsche Armee und Marine, verantwortlih redigirt vom Major G. von Marées, enthält: I. Leopolds L., Fürsten von Anhalt-Deffau, mili- tärishe Thätigkeit im Kriege und Frieden. Von A. v. Crousaz, Major z. D. II. Studie über die Schlacht von Vionville-Mars la Tour am 16. August 1870, nach der Darstellung des preußischen Generalstabswerks. Von Frhr. v. Zoller, Königlich bayerisher Haupt- mann. III. Lehren des Krieges. Von W. T. Sherman, General der Vereinigten Staaten. Ueberseßt von Luetken, Hauptmann im Nebenetat des Großen Generalstabes. IV. Ein Postskriptum zur Geßler-Reminiscenz. V. Zur Verordnung über die Ehrengerichte der Offiziere im preußischen Heere vom 2. Mai 1874. VI, Die Be-

strebungen der Regierung Sr. Majestät des Kaisers Alexander Il. zur Hebung der Wehrkraft Rußlands. Von Krahmer, Hauptmann im Großen Generalstabe, VIL. Verzeichniß der bedeutenderen Auf- säße aus anderen militärischen Zeitschriften (15. Februar bis 15. März 1875.)

Der auf kommunalrechtlichem Gebiete bekannte Schrift- steller, Stadtrath Otte in Merseburg, giebt vom 1. April d. J. ab in Carl Heymanns Verlag hierselbst eine Wochenschrift heraus unter dem Titel: „Der Gemeindebeamte“. Wochenblatt für die Verwaltung deutsher Gemeinden. Organ für städtish? und ländliche Gemeinde- und Standesbeamte“, von welchem soeben die bg par ershienen ist. L iefelbe, 2 Bogen im größten Quart- ormat stark, zeichnet sich durch die Reichhaltigkeit und praktische Wichtigkeit ihres Inhaltes aus. Jn einer fortlaufenden wissenschaft- lichen Beilage giebt der Herausgeber aus der Praxis ges{öpfte Be- [ehrung und Erfahrungen auf dem wichtigen Felde der dur die neue Kreiéordnung völlig umgestalteten Kreis- und Gemeindeverwaltung. Der „Gemeindebeamte* kostet halbjährlich nur 10 Mark und kann dur alle Postanstalten und Buchhandlungen bezogen werden.

Der bisherige Hüttenmeiiter bei dem Eisenwerke zu Gröditz Ledebur ist zum Professor der Eisenhüttenkunde, mechanisch- metallurgishen Technologie und Salinenkunde an der Berg- akademie zu Freiberg ernannt worden.

Im Verlage von Adolph Wolf in Dresden erscheint eine neue illuftrirte Zeitschrift „Der Pionier“, herausgegeben von Wilh. Uhland, die in einfaher und bequemer ‘Weise Jedermann Gelegenheit bietet, von den Fortschritten auf allen Gebieten der Wissenschaft und Technik sich Kenntniß zu verschaffen. Dabei ge- währt „der Pionier“ dur seine Erzählungen u. |. w. eine angenehme Unterhaltung. Der Preis is pro Quartal (13 Wochennummern) nur 1 Mark, în Heften à 30 Pf.

Von dem vortrefflihen Handbuch der öffentlichen G e- sundheitspflege und der Gewerbefkranfkfheiten vcn Dr. A. Geiger, Dr. L. Hirt und Dr. G. Merkel (Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel), dem 1. Bande des „Handbuchs der speziellen Pathologie und Therapie“ liegt, nachdem die starke 1. Auflage seit Jahresfrist vergriffen gewesen, nunmehr eine 2. Aufl age vor. Dasselbe ist ein unentbehrliches Handbuch für praktische Aerzte, Behsr- den, IFIndustrielle, Landwirthe, Nationalökonomen, Gewerkschaften, Schulvorstände, Bibliotheken und in belehrender gemein verständliher Form geschrieben.

Das bei Duncker u. Humblot in Leipzig erscheinende „Rechtslerxikon“*, eine Encyklopädie der Rechtswissen- ichaft in alphabetischer Bearbeitung, welche unter Mitwirkung be- deutender Rechtsgelehrter vom Prof. Franz von Holtendorff heraus- gegeben wird, ift in der zweiten Auflage bis zu dem Artikel „Poli- tische V:rbrechen“ vorgerückt. Die vorliegenden Doppellieferungen 12, 13 und 13, 14 geben in zahlreichen Erweiterungen und Verbefse- rungen wiederum von der sorgfältigen Durchsicht Zeugniß, welche diesem vortrefflichen juristischen Rathgeber zu Theil geworden ift.

Der Kongreß der österreihischen Volkswirthe nahm in seiner gestrigen Sißung die s{chußzöllnerishe Resolution an, betref- fend die Kündigung der bestehenden Handelsverträge und die Einfüh- rung eines Ausgleihzolles von 10 bis 20 Prozent des Werthes der Waaren. Ueber die Bankfrage fand eine Abstimmung nicht statt. Der neue Aus\{chuß des Kongresses is im Wege des Kompromisses zur Hälfte aus Freihändlern und zur Hälfte aus Schußzzöllnern

gebildet. Laud- und Forstwirthschaft.

Mit Bezugnahme auf unsere Mittheilung über die Verwüstung des Exrbsenkäfers —- Bruchus pisi L, geht uns folgende Er- flärung zu, die aus praftischer Erfahrung refsultirt.

Die Felderbse —-Pisum satinum mit ihren zahlreihen Ab- arten, für welche faff eine jede Kualturzone in unserm Vaterlande eine große Anzahl tokalisirte Formen im Anbau besißt, wird seit mehr als zwei Jahrhunderten vom sogenannten „Befallen“ begleitet, das unter Umständen den Ertrag der Felder auf ein Minimum redu- zirt. Die in neuerer Zeit durch die landwirth\s{aftliche Literatur gehenden Mittheilungen über die „Erbsenmüdigkeit“ des Bodens stehen hiermit in Verbindung. Das fogenannte Befallen der Erbsen hat indessen mit dem Auftreten des Erbsenkäfers nichts gemein, indem dieses sih als ein Schimmelpilz Erysiphe commaunis Yvar,,

leguminosarüum erweist, der in der Regel durch Witterungsver-

Gältnisse, Etkä!tung der Pflanzen in der Blüthe, herbeigeführt wird und nur durch Aussaat früher Sorten und durch die Reihenfaat vermieden werden kann. Dagegen hat es mit der Ecbsenmade ein anderes: Bewandtniß. Zunächst kommt hierbei der gestreifte Erbséèn- fäfer Sitona lineata in Betracht. Derselbe richtet bei trockcnem Wetter die Biätter der Erbsen im Juni zu Grunde.

Der gemeine Erbsenkäfer Bruchus pisi seit mehr als hun- dert Jahren bekannt, tritt aber bei ter Reife der Samen auf und ist insofera für die Ernte verderblich, als die von ihm bereits in den Erbsenblüthen abgeseßten Eier in den Schoten zur Entwickclung gelangen, die nur als Made in den reifen Körnern ihr Wesen treiben. /

Der grüne Erbsenkäfer Bruchus granarius treibt in der reifen Ernte vollständig dieselbe Arbeit. ;

Indessen wird nah den - vorliegenden Erfahrungen die volle E-nte dur diese Arbeit zwar wesentlich beeinträchtigt, allein die Keimkraft der Samen wird dadurch durchaus nicht gestört, weil fich die ganze Gesellshaft von dem fogenannten Erbsenmehl Legurain ernährt und den Keim unversebrt läßt, weshalb auch die zur Aussaat bestimmten und von der Made bearbeiteten Erbsen dennoch eine gute Ernte geben, vorausgeseßt, daß der Boden zur Ausfaat eine wirthschaftlich zweckmäßige Vorbereitung erfahren hat. Daß aber ein fehlerfreics Saatgut den Vorzug verdient, liegt auf der Hand. Jst man indessen in dex Lage, nnxr solche Erbsen zur Aus- faat zu verwenden, die von dem Erbsenkäfer angefressen sind, fo tödtet das Darren derselben bet einer Temperatur von + 40° R. die ganze Gesellschaft, ohne den Keim zu verleßkn. E Í

Uebrigens sei hier noch hervorgehoben, daß die frühe Ausfaat der Erbse in Reihen, bei einer vierjährigen Tracht und Verwendung von zwei Jahr alter Saat nicht bloß die Erträge erhöhet, sondern au bei F Meter Entfernung der Reihen, in Bezug auf Auë- geglihenheit der Saat und Gesundheit der Ernte, insbesondere aber das Auftreten der Erbsenmade gänzlich verhütet. ; j

Diese Reihenaussaat kann fich aber nicht wie bei anderen Früchten einer Samenersparniß rühmen. Sie muß auf diefen Vor- zug vollständig Verzicht leisten, indem der Erbse, so kräftig sie fich au zu entwickeln vermag, das Vermögen der Bestockunz fehlt. Sie treibt ftets nur einen Stengel und verästelt sich diefer auch je nach dem Maße seiner Vegetationskraft in verschiedenem Grade, so findet do in den 5 Meter entfernten Zwischenräumen auch die kräftigste Ausbildung den hinlänglichsten Raum, wodur also vor allen Dingen ein dihter Stand der Pflanze in der Reihe hergestellt werden kann. Hiermit hängt gleichzeitig die fo wünschenswerthe Beschattung der ÄAckerflähe in der späteren Vegetationsperiode zusammen. Das für einen Morgen erforderlihe Saatquantum beträgt circa 1 Scheffel 6 Meßen. d

Der sogenannte s{chwarze Erbsen - Hornkäfer Phytomyza nigricornis lebt auf den Blättern der grauen preußischen Erbse und fehlt den diesseits gebauten Sorten gänzlich.

Gewerbe und Handel.

Der Geschäftsbericht der Berliner Handelsgesellschaft gedenkt Eingangs der mißlichen Verhältnisse auf dem Gebiete dcs Handels und der Industrie. Das Kapital wandte sich fast aus- \chließlich den gesicherten Anlagen zu und gestattete diese Strömung dem Institut an neuen Emissionen die Prioritätsobligationen der Ostpreußishen Südbahn Il. Serie, die Obligationen der Losowo- Sewastopol Eisznbahngefellshaft, der Braunschweiger Eisenbahn- gesellschaft, sowie die Pfandbriefe IIIa. der Deutschen Grundkredit-