1875 / 92 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 20 Apr 1875 18:00:01 GMT) scan diff

eins der liberalen Reichsfreunde gab der Freiherr v, Stauffenberg in dreistündiger Rede eine Uebersicht über die Thätigkeit des Reichstages in der abgelaufenen Sizungsperiode. Derselbe erörterte namentlich die Militär- und die Kirchenfrage, wobei er ausführte, daß eine Verminderung der Militärlast un- thunlih und ein Nachgeben der Regierung im jeßigen Stadium des Kirchenstreites unmögli sei. Zum S{hluß verlas Freiherr v. Stauffenberg eine von sämmtlichen Abgeordneten unterzeich- nete Ansprache an die Wähler, welche alle freifinnigen und reichs- treuen Männer auffordert, ihre ganze Kraft einzusezen in dem \{hweren Kampfe gegen die Feinde des Reichs und Staates, sei es daß dieselben für ihre Bestrebungen die Religion mißbrauchen oder die Grundlagen der bürgerlihen Ordnung und Sitte dur Wort und That untergraben.

Baden. Karlsruhe, 16. April. Das Ministerium des Innern hat die hiesige Stiftungs - Kommission aufgefor- dert, fih über die Zweckmäßigkeit der Mitbenußung der fatho- lishen Stadtkirhe von Seiten der Altkatholiken zu äußern. Zur diesjährigen Staatsprüfung über die „allgemein-wissen- \schaftlihe Bildung“ der Geistlichen haben fich nur drei pro- testantishe, aber keine katholishen Theologen gestellt. Die Zahl der selbständigen Mitglieder der Altkatholiken-Ge- meinde in Heidelberg, die bei der Gründung derselben im Mai vorigen Jahres 190 betrug, erreicht jeßt die Ziffer von 375, also mehr als das Doppelte der anfänglihen Zahl. Den von Len Pfarrer Rieks und 3 altkatholishen Lehrern der dortigen E ertheilten Religionsunterriht besuchen zur Zeit 94

inder.

Sefsen. Darmstadt, 17. April. Dem Vernehmen des «Fr. I.“ nah hat die zu Anfang dieser Landtagsperiode ange- regte, seitdem vielfach besprochene Gesindeordnung jeßt die mannigfahen Stadien der Vorbereitung, insbesondere au die betreffenden Verwaltungsbehörden durchlaufen, so daß augen- blidlih die Schlußredaktion vorgenommen wird. Dem gegen- R Landtag wird dieselbe jedoch nicht mehr vorgelegt werden.

Die „Darmst. Z.“ ergeht fich in Betrahtungen über die in beiden Kammern bezüglih der Kirhengeseß-Entwürfe erzielten Uebereinstimmung. Nachdem das Blatt hervorgehoben, daß, wenn die Geseße demnächst publizirt werden, wieder eine staatsrehtlich unanfechtbare Norm für die Beziehungen zwishen Staat und Kirhe vorhanden sei, woran es bis jezt gefehlt Habe, fährt dasselbe fort: „Bei aller bere- tigten Freude über das Ergebniß der Kammerverhandlungen, können wir freilih nit übersehen, daß die Kirhengesezentwürfe in gewissen kirchlihen Parteien unseres Landes- fehr entschiedene, wie es fast scheinen könnte, unversöhnlihe Gegner zählen, und die Regierung wird si darauf gefaßt machen müssen, bei der demnächstigen Ausführung der Kirchengesetze jene Gegner in voller Waffenrüftung gegen dieselben vereinigt zu finden. Wir zweifeln indessen nit, daß der alsdann unvermeidlihe Kampf durch den Sieg der Staatsgewalt \{ließlich zum Frieden führen wird. Der beste Bundesgenosse des Staates in diesem Kampfe wird aber die in immer weitere Kreise der Gegner durchdringende Erkennt- niß fein, daß was au die Kammerverhandlungen über die Kirchengesezentwürfe unwiderleglih dargethan haben die Waffen des Gefegzes nicht etwa dazu ge\s{lifen worden find, um einen au vom staatlichen Standpunkte aus \ elbmörderischen Kampf gegen Religion und religiòse Ueberzeugungen zu führen. Nicht um Sachen des Glaubens und des Gewissens handelt es \ih bei diesen Gesezen. Glauben und. Gewissen bleiben vollständig frei. Nux..in Beziehung auf die Verwaltung äußerer Kirchenangelegen- heiten soll dem Staat ein gewisser Einfluß gesichert werden, und auch hierin gehen die neuen Bestimmungen nit so weit, als die . früheren, jeßt noch formell zu Recht bestehenden Normen. In der Hand der kirchlihen Behörden liegt es zunächst, den Frieden mit dem Staat zu erhalten!“

Braunschweig. Braunshweig, 17. April. Mittelst Höchsten Reskripts vom 24. v. M. find dem hiefigen Landes- vereine zur Pflege verwundeter oder erkrankter Krieger auf Grund des vorgelegten Statuts dié Rechte milder Stiftungen verliehen.

Anhalt. Dessau, 18. April. Die Feier des Ge- burtstages IhrerHoheit der Herzogin fand gestern durch eine Militärmufik, Gratulationscour, Familiendiner und eine Festvor- stellung im Theater statt. An ders elben nahmen außer der ganzen engeren Herzoglichen Familie au die jegt hier weilenden Hohen Gâste, Prinzessin Friedrih Carl von Preußen mit Prinzeffinnen- Töchtern und Prinzesfin Wilhelm von Schaumburg Theil, sowie der dazu hier eingetroffene Prinz Friedrih von Hohenzollern. Der Landtag ist nah der gestrigen Sißung geshlo}sen wor- den, nachdem Seitens des Regierungs-Kommissars die Mitthei- lung der Ernennung des Herrn von Krosigk zum Mi- nister erfolgt war.

19. April. Der heutige „St.-A.“ veröffentliht folgende Bekanntmachung :

Se. Hoheit der Herzog haben den Staats-Minister und Wirk- lihen Geheimen Rath Dr. jur. yon Larisch auf sein motiviztes Ansuchen in Gnaden aus dem aktiven Staatsdienste zu entlassen und in den Nuhestand zu verseßen, so_ wie an dessen Stelle den frühzr Herzogli fa{hsen-meiningenshen Staats-Minister und Wirklichen Ge- S Rath yon Krof igk auf Grôöna zu Höchstihrem Wirklichen

jeheimen Rathe und Staats-Minister mit dem Prädikate „Ercellenz“ gnädigst zu ernennen geruht,

Bremen, 19, April. An den Reichstagsabgeordneten A. G. Mosle if folgende Antwort des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck auf die von Bremen abgesandte Glückwunschadresse eingegangen:

Berlin, 15. April. Den Bewotnern von Bremen, die mir ihre Glückwünsche zu meinem Geburtstage in so freundlicher Weise auüs- gesprochen haben, sage ich meinen herzlichsten Dank und freue mi, daß meine Thätigkeit im Dienste des Vaterlandes so zahlreiche An- ezfennung in der alten Hansestadt findet, deren Bürger in unserer Zeit freudig am Neubau des. Reiches helfen und deren Schiffe schon in den Kreuzzügen die deutshen Heere geleiteten, Bismarck,

Desterreich-Ungarn. Wien, 18. April. Das Reichs- geseh blatt veröffentlicht u. A.: das Geseg vom 28. März 1875, betreffend einige Aenderungen in der Gebahrung der auf Grund des Geseßzes vom 13. Dezember 1873 errihteten Slaats- Borschußkafsen; das Gesez vom 28. März 1875, betreffend die Verjährung des aus Staats\huldvershreibungen, welhe dem Staatsgläubiger keine Kapitalsrückforderung gewähren, gegen den Staats\caÿ zustehenden Verzinsungsanspruhes; das Geseh vom 28. März 1875 über die Verwendbarkeit der Obligationen des von der Gemeinde Wien auf Grund des Landesgeseßes vom 11. Januar 1874 aufgenommenen verzinslihen Anlehens von zehn ‘Millionen Gulden zur fruhtbringenden Anlegung von

Kapitalien der Stiftungen der unter öffentlicher Aufsicht stehen- den Anstalten, dann von Pupillar-, Fideikommiß- und Depositen- geldern, so wie zur Leistung von Kautionen; das Gese vom 3. April 1875, end die Eröffnung von Nathtragskrediten zuin Staatsvoranshlage für das Jahr 1875.

Schweiz. Bern, 17. April. Die Regierung des Kan- tons Aargau hat soeben an bie unter ihrer Autorität stehende katholishe Geiftlihkeit ein Kreis \chreiben erlassen, welches derselben nochmals, diesmal aber unter Androhung der Amtsent- seßung, die Weisungertheilt, fich jedes amilien Verkehrs mit dem von der Basler Diözesankonferenz abgesezten Bischofe Eugenius Lachat und dem ehemaligen päpstlihen Nuntius Mgr. Agnozzi, zu enthalten, welcher lehtere denselben, troßdem, daß ihm vom Bundesrathe seine Pässe zugestellt worden find, noch immer aufrecht erhält. „Wir hoffen, heißt es in dem Kreisschreiben, es werde diese einfahe und wohlmeinende Erinnerung hinreihen, um alle Aargauer fkatholishen Geistlichen zu veranlafsen, diejenige Haltung einzunehmen, welche sie Angesichts der vorerwähnten staatlihen Erlasse vermöge ihrer beschworenen Pflicht dem Staate und seinen Behörden gegenüber einzuneh- men verpflichtet find. Sollte dies wider Erwarten der Fall nicht sein und uns zur Kenntniß gebracht werden, daß von Geistlichen, sei es mit dem gedachten Bischof, sei es mit der von Bundes- wegen aufgehobenen Nuntiatur, sei es mit den Organen derselben ein amtlicher Verkehr unterhalten oder fortgeseßt oder Etrlassen, Weisungen oder was immer für Mit- theilungen derselben “in geistlihen Dingen Nachahtung oder Vollziehung verschafft wird, so find wir ents{hlos}sen, zu wirksamerer Wahrung der Rechte des Staates und in An- wendung des Geseßes vom 24. Mai 1871 folchen fehlbaren Geistlichen die ihnen seiner Zeit ertheilte hoheitlihe Geneh- migung ihrer Anstellung zu entziehen und die von ihnen befklei- deten Stellen als erledigt zur Wiederbesezung auszuschreiben. Die Drohung der “Amtsentsezung s\pricht das Kreis\chreiben \hlieztich auch gegenüber denjenigen Geiftlihen aus, welche die leßte päpfilihe Encyflika vom 23. v. M. gegen das neue Bun- desgeseh über Civilftand und Ehe, das näthstens zur Volks- abstimmung kommt, im Widerspru mit dem Placetgeseß öffent- lih von den Kanzeln verlesen sollten.]

Großbritannien und Jrland. London, 19. April. (W. T. B) Sitzung des Oberhauses. In Beant- wortung der Earl Russelshen Anfrage über den deutsch-belgischen Notenwehsel hob der Staats- sekretär des Auswärtigen, Lord Derby, zunähst den durchaus freunds\caftllchen Charakter der Vorstellungen hervor, die von der deutshen Regierung an die belgishe Regierung ge- rihtet worden seien. Die zweite deutshe Note sei ers am heu- tigen Nachmittage zu seinen Händen gekommen und habe er deren Jnhalt noh niht zu prüfen vermoht, von dem deutschen Botschafter sei ihm indeß versihert worden, daß dieselbe eben- falls in sehr freundshaftlihem Sinne gehalten sei und au von anderen Seiten werde die Note in ähnlicher Weise geschildert. Er könne daher durchaus nichts ecblifen, was einen von dieser Auffas- sungabweihendenEindrut hervorrufen könne. An England seiin der ganzen Streitfrage keinerlei formelles Ersuchen gerichtet worden ; sollte eine bezüglihe Aufforderung an England ergehen, \o gweifele er nicht, daß dieselbe auch an alle übrigen Garantie- mächte gerihtet werden würde nnd da würde es do voreilig und wenig politish gehandelt sein, wenn er jeßt \chon seine An- fiht über die Angelegenheit aus\sprechen wollte, zumal da man in England nur eine ganz * unvollständige Kenntniß von einigen der Thatsachen befize, durch welche der Notenwechsel hervorgerufen sei. Er sei überzeugt, daß die öffentlihe Meinung Europas durch eine ganz übertriebene Vorstellung von der vermeintlichen Wich- tigkeit des Zwischenfalles über die Gebühr erregt worden fei und sehe de 1 Ausgange der Sale nach den nunmehr vorliegenden Informationen ohne jede Beunruhigung entgegen. Die englische Regierung lege Werth auf Erhaltung des Friedens und der Un- abhängigkeit Belgiens, aber er \häße fich glüdcklih, die Ueberzeu- gung ausspreczen zu dürfen, daß bei dem gegenwärtigen Anlaß weder der Friede, noch die Unabhäugigkeit Belgiens irgendwie gefährdet crsheine. Jm weiteren Verlaufe der Sißung erwiederte. Lord Derby auf éine Anfrage Lord Strathedens, man könne gegen die Politik Desterreichs, welches ohne Genehmigung der Pforte auf Verhandlungen über den Abschluß von Verträgen mit denDonaufürstenthümern eingegangen sei, Bedenken exheben, die Diskussion darüber würde aber jedenfalls fruhtbarer und von größerem Vortheile sein, wenn die darauf bezüglihen Schrift- ftücke dem Hause vorlägen. Oesterrei habe niemals die Absicht einer Verlegung der bestehenden Verträge zugelassen, vielmehr ganz entschieden und bestimmt die zwingende Gewalt seiner Ver- pflihtungen der Pforte gegenüber anerkannt. Die Differenz be- stehe lediglich in der bereits erwähnten verschiedenartigen Aus- legung der Vertragsbestimmungen. Lord Derby fügte noh hinzu, er zweifele niht, daß die Pforte, sobald fie um ihre Ge- nehmigung ersuht werden \ollte, dieselbe ohne Weiteres ertheilen würde und könne in Allem, was überhaupt geshehen, durhaus nihts erbliden, was etwa eine Gefahr für den europäishen Frieden enthielte, oder auch nur ernsthafte Verwickelungen zur Folge haben könnte.

20. April, (W. T. B.)- In der gestrigen Sißung des Unterhauses richtete der irishe Deputirte O'Reilly an die

- Regierung folgende Interpellation: Ob es wahr sei, daß

die deutsche Regierung im Januar 1874 die englishe Regie- rung aufforderte, wegen der damals in Belgien ftattgehabten ultramontanen Agitation Schritte bei der belgishen Regierung zu thun, ob ferner die bezüglihen Meinungsäußerungen der deutshen und der englishen Regierung nur mündlihe waren oder in Depeschenform erfolgten und endli, ob die Regierung geneigt sei, den wesentlihen Inhalt ihrer Antwort mitzutheilen. Der Premier Disrael i antwortete, es sei richtig, daß der deutsche Reichskanzler gezwungen gewesen sei, gewisse Vorstellungen an Belgien zu richten und zwar wegen einer Konspiration zwischen nach Belgien geflüchteten fesuitishen Priestern und anderen Ka- tholiken innerhalb des Deutschen Reichs. Es sei dies geschehen im Januar 1874. Der deutsche Reichskanzler habe später dem englishen Botschafter îin Berlin gegenüber darauf hingedeutet, daß die englishe Regierung die deutscherseits gemahten Vor- stellungen unterstüßen - möchte, und der damalige Sekretär des Auswärtigen, Lord Granville, habe in Folge dessen bei einer Unterredung mit dem deutschen Botschafter in Lon- don fih dahin “geäußert, daß es der dringende Wunsch der englishen Regierung sei, daß zwishen Deutschland und Belgien keinerlei Differenzpunkt bestehe. Die belgische Regierung hâbe fich sonst in ihren Béziehurigen zu den aus- wärtigen Mächtén jeder Zeit klug urid vorfihtig erwiesen und immer den Wunsch gezeigt, ihren Nachbarstaaten keinen gerechten Grund zu Klagen zu geben. Er hoffe, daß seitens der deutschen Regierung den Verhältnissen des drtrchweg katholishen Landes

so weit als möglich Rehnung getragen werde. Die gleichzeitig verbreitete Nachricht, daß auch in neuester Zeit die deutsche Regierung fich in der belgishen Angelegenheit an England ge- wendet Habe, sei unbegründet; dem gegenwärtigen englischen Kabinet gegenüber habe die deutshe Regierung niemals einen bezüglichen ähnlihen Wunsch geäußert.

(W. T. B.) Die heutigen Morgenblätter besprechen in ihren Leitartikeln die gestern stattgehabten Interpellationen über den deutsh-belgischen Notenwechsel und gelangen sämmtlich zu dem Resultate, daß die gegenwärtige Situation nah den erfolgten Ausführungen der Minifter durchaus keinen Anlaß zu irgend welchen Befürchtungen biete.

__ Spanien. San Sebastian, 19. April. (W. T. B.) Die Carlisten haben unweit Seu de Urgel eine Brücke über den Oria geschlagen und gestern Morgen einen abermaligen Angriff auf Zudugarray versucht, sie find aber mit empfind- lichen Verlusten zurückgeworfen worden.

Italien. Rom, 19. April. (W. T. B.) Der päpstliche Nuntius am spanischen Hofe, Simeoni, ift mit seiner Begleitung

* heute nah Madrid abgereist. In der heutig:n Sitzung des Se-

nais wurde eine Petition des Patriarchen von Venedig, Kar- dinal Trevisanato, betreffend die Militärpfliht der Geistlichen, an eine Kommission überwiesen.

- Nußland und Polen. St, Petersburg, 17. April. Der „Reg.-Anzeiger“ veröffentliht den von der unirten Dom- geiftlihkeit und sämmtlihen Mitgliedern ‘des unirten Kon- fistoriuums am 2. v. M. im bishöflihen Palais zu Chelm feier- lih vollzogenen Akt der Los\agung der ganzen unirten Diôzese Chelm vom römishen Papst und der Wiedervereinigung derselben mit der griehisch-orthodoxen Kirche. Der Losfagungsafkt gründet fich auf die dem Konsistorium von sämmt- lichen Dekanen zugegangenen Berichte, nah welchen \ owohl die Geist- lichkeit wie die Gemeinden fast einstimmig ihre Losfagung von Rom verlangen und dring?:nd um ihre Wiedervereinigung mit der griechish- orthodoxen Kirche bitten. In dem Dokument wird der ein- müthige Entschluß der Los\sagung- von Rom ausführlich motivirt: 1) dur die in allen Herzen noch lebendige Erinnerung an die graufamen und unmens{hlihen Gewaltthätigkeiten, durh welche die griechish-orthodoxe Diözese Chelm im 16. Jahrhundert auf Antrieb der Jesuiten dur die damalige polnische Regierung von der orientalischen- Kirche losgerissen und dem römischen Papste unterworfen wurde; 2) dur die Wortbrüchigkeit der römischen Pâpste, die, ungeachtet der Diözese dur den ihr gewaltsam auf- gedrungenen Unionsakt die Beibehaltung des griechischen Ritus feierli garantirt war, dennoch unablässig dahin strebten, diesen Ritus zu beseitigen und dur den lateinishen Ritus zu er- segen; 3) dur die an den unirten Metropoliten Sembratowicz gerichtete päpstlihe Encyklika vom 13. Mai 1874, welche die auf die Purifizirung des unirten Ritus gerichteten Bestrebungen der Chelmer Diözesanbehörde als kezerisch und gottlos verdammte und Unfrieden unter der unirten Geistlichkeit und Bevölkerung zu stiften suchte; 4) durch die neuen rômischen Dogmen der un- befleckten Empfängniß Mariä und der päpfstlihen Unfehlbarkeit ; 9) dur die unabläsfigen Bestrebungen der Päpste, der rusfischen Bevölkerung ihre Nationalität zu entreißen, fie. zu polonifiren und dadur ihrem russishen Vaterlande zu entfremden.

Am Anfang des Schuljahres 1875/76 werden sech{chs neue Lehrerseminare zur Bildung von Volks\{ullehrern eröffnet werden, und zwar je eins in den Lehrbezirken St. Peters- burg, Moskau, Charkow, Kasan, Odessa und Wilna. Der zur Erhaltung dieser Anstalten nöthige Etat von 99,700 Rubel ist am 4./16. Februar durch Allerhöchste Bestätigung des betreffen- den Reichsrathsgutachtens genehmigt worden.

Die russishe „St. P. 3.“ meldet, daß im künftigen Jahre eine allgemeine Volkszählung im ganzen Reiche ver- anftaltet werden foll, zu welhem Zwecke die Reichsrentei 2 Mil- lionen Rubel ebenfoviel wie die leßte Revision kostete an- weisen wird. Die allgemeinen Grundsäße, auf welchen die Zäh- lung beruhen wird, find bereits von einer besonderen Kommission bei dem Centralcomitè bearbeitet worden. Uebrigens werden die Vorarbeiten \o viel Zeit kosten, daß man erst im Dezember des künftigen Jahres zur eigentlihen 2ählung wird \chreiten können.

Das neue Geseg über die Stempelgebühren wird einer im „Reg.-Anz.“ veröffentlichten Verfügung des Finanz-Ministers zufolge vom 1. Zuli d. I. an in Kraft treten.

Dänemark. Kopenhagen, 16. April. Die zweite Lesung der Militärvorlagen wurde in einer gestrigen Abend- sizung des Folkething beendet. Der Antrag der Majorität des Aus\{husses (Linken), nah welchem der betreffende Geseßz-

entwurf fowohl die Feftungsvorlage, wie den Bau des Kriegs-

hafens am Agersösund und die Vermehrung der Kriegsflotte umfassen und an die Bewilligung der hierzu erforderlichen Mittel die Bedingung geknüpft werden foll, daß leßtere durch eine Ein- fommen- und Vermögenssteuer aufgebraht werden, wurde mit 94 gegen 42 Stimmen angenommen, und darauf der Uebergang zur dritten Lesung mit 88 Stimmen gegen eine Stimme. Der besonderen Vorlage über den Kriegshafen am Agerfösund wurde der Uebergang zur dritten Lesung mit 54 gegen 36 Stimmen verweigert.

Die Nr. 35 des „Amts-Blatts der Deutschen Reichs- Post-Verwaltung* hat folgenden Inhalt: Verfügunzen vom 17. April 1875: Handhabung kes Telegraphendienstes bei den ver- einigten Poft- und Telegraphen-Betriebsstellen.

Dié Nr. 8 des Armee-Verordnungs-Blattes (heraus- gegeben vom Kriegë-Minifterium) hat folgenden Inhalt: Ausdehnung der Trennung des Offizier - Corps der Feld: und der Fuß - Ar- tillerie auf die Landwehr - Artillerie - Offiziere. Generalstabs- Uebungsreisen im [laufenden Jahre. Crageweise der Sähbel- troddel Seitens der mit dem FJufanterie -Gewehr M/71 resp. der Jäger - Büchse M/71 bewaffneten Truppentheile, Sührung von Personalbegen. Teplißer Bade- Angelegenheit. Auf- bewahrung und Erhebung des verwendbaren Guthabens der Militär- Va, Einheitlihe Benennung der Reichsgoldmünzen.

erbot des Umlaufs ¿polnisher Eindrittel- und Einsechftel-Talara- Stücke. Absouderungsräume für roßverdächtige Pferde. Fest- stellung der Liquidationen über Honorar für Civil-Thierärzte. Eifenbahn-Zerftörungszeug. Verpfleguigs-Zushuß für Flensburg pro 2. Quartal 1875. Deklaration der 88. 228 und 251 des Reglements über die Bekleidung und Ausrüstung der Truppen im Frieden vom 30. April 1868. Bekanutmahung eines Nachtrags- Verzeichnisses solcher höheren Lehranstalten, welche zur Ausstellung gültiger Zeugnisse über die wissenshaftlice Qualifikation um einjährig freiwilligen Militärdienst berecktigt sind. Landiwehe - Beztrköcintheümag des XII, (Königlich sächsischen) Armee- Corps. Liquidation und Zahlungéanweisung der Remonte-Trans- portkosten. Todtenschcine, welche wegen Unvollftändigkeit resp. Un- rihfigkeit der Angaben bisher nicht ausgehändigt werden konnten. Vetwälturngs-Ueberfiht über ‘das Vermögen der Krouprinz-Stiftung und dér Elberfelder Stiftung zur Unterstüüung der Invaliden gus

dem e Ls E und der E lpenen dee S demselben altenen fur den Zeitraum vom 1. Mär is d b 1875. Berbanticihes der Kavallerie. 5 E

Landtags- Angelegenheiten.

. Berlin, 20. April. In der gestrigen Sigzung des

auses der Abgeordneten entgegnete in der Diskusfion Über den Gesehentwurf, betreffend die Aufhebung der Art. 15, 16 und 18 der Verfassungs-Urkunde, der Justiz-Minister Dr. Leonhardt dem Abg. Windthorst (Meppen) : ESÆMeine Herren! Jh geîtatte mir nur wenige Worte zur Berich- tigung einer thatsächlihen Behauptung des Hrn. Vorredners. Der- elbe bemerkte, ich habe „im Reichstage gesagt, die Motive zu dem

eichsgeseß würden von keiner Regierung, auch von mir nit gebilligt. Ich habe weder diese noch eine ähnliche Behauptung im Reichstage emacht. Jh babe vielmehr gesagt, die verbündeten Regierungen önnten die Motive nicht vertreten, weil die zu umfassend seien, als daß sie im Bundeërathe hätten geprüft werden können. Aus dieser Bemerkung folgt in Betreff der Stellung einzelner Regierungen überall nichts, und noch viel weniger in Betreff der Billigung oder Nichtbilligung. Dann ift es aher do klar, daß die Stellung einer einzelnen Regierung einfahen Mo- tiven gegenüber eine ganz andere ift, als die Gesammtheit der ver- bündeten Regierungen gegenüber Motiven, welche den Raum vieler Bände in Anspruch nehmen: Es ist ganz selbstverständlich, daß die Se Staatsregierung die Motive zu diesem Gesetzentwurf vertritt.

Hierauf ergriff der Staats-Minister Dr. Falk das Wort: Der Herr Justiz-Minister it besser daran gewesen als i, er

wußte wenigstens, daß er Veranlaffung hatte, von seinem Stand- punfte aus gegenüber der Rede des Hrn. Abg. Windthorst etwas zu erwidern; ob i ch eine solche Veranlassung habe oder nicht, daß weiß ih leider nicht, denn an diesen Plaß kommen immer nur fragmen- tarische Behauptungen, faft niemals éin voller Saß. Das kommt daher, daß der Hr. Abg. Windthorst dieser Stelle hier regelmäßig nur den AnbliX seines Rückens gönnt. Was die Angriffe auf den Herrn Minister-Präsidenten und Reichskanzler, wie das vorhin ge- sagt wurde, betrifft, so stimme ih mit dem Hrn. Abg, Windthorst darin ganz vollständig überein, daß es außer- ordentlich erwünscht gewesen wäre, «wenn derselbe an Freitage diese Rede hôtte halten können, denn ih bin überzeugt, der damals anwe- sende Minister-Präfident würde ihn ebenso gründlich berichtigt haben, wie er einzelne seiner Freunde, als diese sich über historishe That- sachen älterer und neucrer Zeit des Näheren verbreiteten, berichtigt hat. Ex ist nun heute niht anwesend, und ich habe es nach seinem Wunsche übernommen, sein Ausbleiben, das er selbst in hohem Grade bedauert, gegenüber dem Hohen Hause zu entschuldigen. Die Wirkun- en einer starken Erkältung binden ihn an das Zimmer, und es be- steht kaum eine Ausficht, daß der Spruch des Arztes ihm gestatten wird, dasselbe heute zu verlassen.

Die XI[. Kommission des Herrenhauses zur Vorbera- thung 1) des Entwurfs einer Provinzialordnung für die Pro- vinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, S{hlesien und Sachsen; 2) des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Verfassung und Ver- waltung der Provinz Berlin; 3) des Entwurfs eines Gesetzes, betref- fend die Ausführung der 88. 5 und 6 des Geseßes vom 30, April 1873 wegen der Dotation der e s und Kreiêverbände; 4) des Entwurfs einés Gesetzes, betreffend die Verfassung der Verwaltungzë- gerichte und das Verwaltungssrreitverfahren, die „am 17. d. M. zu- sammengetreten ist, besteht aus folgenden Mitgliedern: Herrn Fürst zu Hohenlohe, Herzog v. Ujest, Vorsißender, Herrn Graf v. Jßten-

liß, Stellvertreter des Vorsißenden, Herrn Becker (Halberstadt), Schriftführer, Herrn Graf v. Zieten-Schwerin, Stellvertreter des Schriftführers, Herrn v. Kleist-Reßow, Herrn Rasch, Herrn v. Win- terfeld, Herrn Dr. Elwanger, Herrn Graf von Malgzan, A

reiherrn von Malßahn, Herrn Brüning, Herrn Hobrech{cht, Herrn

erzog von Ratibor, Herrn v. Wedell, Herrn Graf v. Carmer, Herrn von Rath, Herrn Graf Udo u Stolberg-Wernigerode, Herrn Frei- herrn v. Mirbach, Herrn v. Ploet, Herrn v. Voß.

Statistische Nachrichten.

Nach der vorläufigen Feststellung des Berliner städtischen ftatiftishen Bureaus betrug in der Woche vom 4. bis 10. April die Zahl der Gestorbenen 510, darunter 269 männliche, 241 weibliche Personen; 190 unter, 320 über ein Jahr.

Die Nr. 159 des Notizblattes des Vereins für Erd- funde und verwandte Wissenschaften zu Darmstadt und des mittelrheinischen geologischen Vereins (ITI. Folge. XIV. Heft) hat folgenden Jnhalt: Die Geburten, Sterbefälle, Hei- rathen und Ehescheidungen im Großherzogthum Hefsen in dem Jahr 1873. Me eann der Wohnräume in Mainz im Jahr 1871. Meteorologische Beobachtungen im Februar 1875. Sterbefälle und Todesursachen im Februar 1875. Durchschnittspreise der Frucht- märkte im Februar 1875. Angelegenheiten der Gr. Centralstelle für die Landesftatistik. Anzeigen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Nah dem Monatsberiht der Königlich preußischen Akademie der Wissenschaften lasen im Januar d. F. folgende E: Hercher, Ueber einige Fragmente béi Suidas. Hirschfeld,

etrishe Grabschriften. Virchow, Ueber niedere Menschenracen und

In der leßten Sißung des Deutschen Vereins für sf- fentlihe Gesundheitspflege hielt der Baurath Hobrecht einen Vortrag über die bisherigen Maßnahmen, betreffend die Ber- liner Rieselfelder. Gegenüber den zahlreichen, namentli der sani- târen Seite des Unternehmens geltenden Angriffen betonte Redner, daß sämtliche Anlagen miït der Zustimmurg einer unbestrittenen Auto- rität, dés Prof. Dr. Virhow, eingerihtet worden ; dieser Name werde für die Tüchtigkeit des Unternehmens bürgen, das in jo großartigem Maßstabe zum ersten Male in deutschen Landen zur Ausführung gebracht wird, Die südliche Hälfte Berlins wird in das Radialsystem I., Il. und IIL. zerlegt, deren Grenze der Schiffahriskanal bildet, was außer- halb deffelben liegt, ift in den Kanalisationéplan noch nit aufge- nommen. Die nöthigen Gelder sind ers zum -Bau des Radial- systems IIT. bewilligt, die bereits gekauften Rieselfelder reien aber für alle drei füdlihen Systeme aus. Die gekauften Güter Osdorf und Friederikenhof liegen in einer Entfernung von 12—13,000 Meter von der Pumpitation, der Weg zu ihnen führt über Tempelhof und Marienfelde. Die Pumpfstationen liegen an der Südseite der drei Systeme, von ihnen aus beabsichtigt man, je ein starkes Rohr zur Aufnahme der Effluvien zu legen; diese drei Leitungen sollen sich in der Belle-Alliancestraße, da, wo dieselbe von der Yorkstraße durhshnitten wird, treffen, und von da ‘aus in zwei ftärken Röhren weiter geführt werden. Die event. nöthige Legung eines dritten Rohres ist vorgesehen. Für den Durch- schnitt der Röhren sind Maximalverhältnisse angenommen, fo daß selbst heftige Gewitter, Wolkenbrübe und Plabßregen ihr Wasser in die Röhren ergießen können, außerdem stehen beide Röhren mit - einander in Verbindung, so daß eine Kommuni- kation und somit ein Ausgleich zwischen ihnen stets stattfindet. Nach Ankauf der erwähnten beiden Güter ist eine Aufmefsung und ein Nivellement fofort vorgenommen worden; die Maschen dieses großen Netes betragen je 100 Méter im Geviert. Die ganze Fläche wird durchschnitten von der“ Chaussee von Berlin nah Großbeeren ; die

öhenlage“ wechfelt zwischen 4-12 und + 21 Meter am Berliner egel, das Wasser wäre somit 21 Meter zu heben. Dazu tritt aber noch diejenige Höhe, die erforderlich ist, um den Reibungêwiderstand zu überwinden, welchen die Bewegung des “v im Drutckrohre verursacht. Wenn die Wassermasse die größte ist, so ift nit allein das Gewicht das größte, sondern auch die Hubhöhe, und leßtere ift

einzelne Merkmale niederer Entwickclung. Peters, Ueber Dasgmys, eine reue Gattung von murinen Nagethieren aus Südafrika. Deff- ner, Zafonisches. Dove, Ueber die Uebereinftimmung der Witterungs- ersheinungen in den ungewöhnlich trockenen Jahren 1857, 1858, 1874, Poggendorff, Fernere Thatsachen zur Begründung ‘einer endgültigen heorie der Elektromaschine zweiter Art. Ehrenberg, Die Sicherung der Objektivität der selbständigen mikroskopischen Lebensformen und ihrer Organisation durch eine zweckmäßige Aufbewahrung. Scott, Zur Uigurenfrage. Vogel, Ueber die Beziehungen zwischen Licht- absortion und Chemismus. Braun, Reiseplan des Hrn. Hildebrandt. Das soeben autgegebene Aprilheft (V1. Bd. 1. eft) der Deutschen Jugend *, illustrirte Jugend- und Familien-Bibliothek in Monatsbeften, herausgegeben von_ Julius Lohmeyer (Leip ig, Alphons Dürr) enthält folgende Originalbeiträge: Der Frosch mäusler, Heldengediht von Victor Blüthgen. Illustrationen von Fedor Flinzer. Der Wald in den vier Jahreszeiten von Theod. olshorn, illuftrirt von R. Schuster. Aus alten Zeiten des Henne- berger Landes. Historishe Erzählung von W. Bergwald, illuftrirt von Ludw. Burger. Der Rhein von Frdr. Bodenstedt. Die Kinder Finnlands und ihr Mai-Verein, Mittheilungen von J. Ludwig, illustrirt von G. Süß. Das Saatkorn, von Jul. Sturm, illustrirt von P. Thumann. Gedichte, Sprüche und Räthsel von Frdr. Gül, Srdr. Oldenberg, J. Trojan u. A., illuftrirt von Osc. Plets, Fr. Werkmeister, F. Flinzer u. A. Verstandesübungen von R. Lörwicke. Da mit dem vorliegenden Heft ein neues Abonnerzent beginnt, so nehmen wir Geleger.heit, auf diese Zeitschrift hinzuweisen. Dieselbe bemüht sih, durch Zusammenwirken aller besten Kräfte, der Jugend einen Hauéschaßz von bleibendem Werth und voll edelfter Anregungen zu hafen. Der Preis is im Vergleih zu dem Gebotenen, den reihen und gediegenen Originalbeiträgen und den meifterhaften Illustrationen, ein mäßiger zu nennen.

Anläßlich der am 8. d. M. erfolgten Besichtigung des hydro- graphischen Amtes in Pola durch Se. Majestät den Kaiser von Desterreih, wurde an denselben die Bitte um Benennung der beiden, an der Sternwarte zu Pola durch Palisa jüngst entdeckten Planeten Nr. 142 und 143 geftellt. Hierauf lief ein Telegramm ein, wonach Se. Majestät die Namen Polana und Adria für dieselben be- stimmt hat.

._— Am 12. April fand, wie {on kurz gemeldet, in Neapel die feterlihe Einweihung der vom Professor D ohrn gegründeten zoologishen Station ftatt. Die Spißen der Civil- und Militärverwaltung Neapels waren gegenwärtig und zahlreiche Gelehrte aller gebildeten Nationen. Die Professoren Dohrn und Pianceri hielten Reden, welhe mit großem Beifalle aufgenommen wurden. Der Gesandte des Deutschen Reiches und der Minister Bonghi konnten, obgleich sie ihren Besuch zugesagt hatten, der Feierlihkeit nicht bei- wohnen. Herr v. Keudell hat den Minister brieflich gebeten, der Ver- fammlung sein Bedauern darüber auêzusprechen, daß er durch plößlich ein- tretene Hindernisse von der Reise nah Neapel abgehalten sei, und den Behörden von Neapel in feinem Namen den tiefgefühßltesten Dank auszusprechen, daß sie seinem Landsmanne Dohrn so bereitwillig bei der Ausführurig seine? Planes behülflich gewesen. Ferner \prach HE v. Keudell in feinem Schreiben die wärmsten Wünsche für das Ge- deihen der Anstalt aus, welche der Entwickelung eines der \{chönsten Zweige der Wissenschaft und der Verbrüderung der Gelehrten aller Nationen, namentli aber der Jtaliens und Deutschlands, gewidmet.

_ Uebereinftimmenden Berichten aus Aalesund, Volden 2c. zu- folge ift, wie {on gemeldet, in der Naht vom 29. bis 30. März von der Westküste bis zur \{chwedis{hen Grenze von Trysil ein Ashen- oder Sandregen gefallen, wodurh unter An- derem das Tryfilfjeldet ganz grau erschien. Die Asche war in folher Menge gefallen, daß aus einem Bierglase voll Schnee beinahe ein Eßlôöffel Bodensay beim Schmelzen gewonnen wurde Mehrere Proben von dieser Asche sind _Chemikern in Chriftiania zugesandt worden. Ueber eine an Professor Waage gesandte Probe hat derselbe sich wie folgt geäußert: Die Asche besteht aus fleinen, unregelmäßigen, \{charfeckigen Körnern, welhe beis- nahe alle farblos sind einige wenige haben eine braune Farbe —, und enthält hauptsählich ein fkieselsaures Salz. Bei der Behand- lung mit Säure kann man aus dem Pulver etwas Kalk, Eisen und Thonerde ausziehen. Der Professor bält es für wahrscheinli, daß die Asche von einem vulkanishen Ausbruche auf Jsêland herrühre. Leßtere Ansicht wird durch eine von den Professoren Fearnley und Kjerulf im mineralogischen Kabinet der Universität vorgenommene Un- tersuchung einez andern Aschenprobe bestätigt, welche dieselbe als Bimsteinftaub erkannt, der mit dem Bimstein von Hekla identisch ift. Schwedischen Blättern zufolge hat fich der Aschenregen bis in die Gegend von Stockholm erftreck. (Professor Kjerulf {reibt aus Christiania: „Eruption von Jsland noch nicht gemeldet, ist aber schr wahrscheinlich.*“ Die Entfernung von den isländischen Vulcanen bis zur s{chwedischen Grenze ist glei derjenigen vom Aetna bis zu den Gesftaden- der Ostsee.)

Gewerbe und Handel.

Der Magistrat hat, wie die „Nat. Zig.“ mittheilt, in seiner außerordentlihen Sißung über die Aenderung des Statuts des Berliner Pfandbrief-Junstituts und namentlich aber die Auf- nahme von Bestimmungen über die Genen zweiter Hypotheken und die Auêëgabe von Handfesten nach den Anträgen der Herren Bürgermeister Duncker und der Stadträthe Runge und Friedel be- rathen. Dem Vernehmen nach hat sich s{ließlich der Magistrat mit den Anträgen auf Einführung der Handfesten im Junterefse der Ber- liner Eigenthümer einverstanden erklärt und beschlossen, nunmehr die geftellten Anträge dem Pfandbrief - Amt zur Aeußerung vorzulegen.

auf 40 Meter angenommen worden und hiernach die betreffenden Ma- schinen bestellt. Bot Kreuzberge aus wird der Druck nur ein gerin- ger sein, da er ziemlich der Höhenlage der Felder entspriht, die Haupt- thätigkeit der - Pumpstation wird fih fomit auf die Strecke vom Kanal bis zum Kreuzberge erstrecken. Die Felder reihen, wie bereits beme!kt, für System I. bis Il. aus, da sie 3200 Morgen umfassen; es is dies eine Fläche, die mehr“ als “vollständiz ge- nügt, da ungefähr die Effluvien von hundert Einwohnern auf einen Morgen kommen. - Es wird sicher einer geraumen Zeit bedürfen, bis die ganze Fläche rieselmäßig bewässert ist; ja wir müssen für einige Jahre darauf verzichten, einen Theil der Felder überhaupt zu berieseln und müssen eventuell das aale für die Vegetation aus dem Berliner Schiffahrtskana ents führen. Dem Radialsystem Ill. würde der westliG von: der Chaussee gelegene Theil des Gutes Osdorf zufallen, die ganze übrige Fläche bleibt für System IL und II[. aufgehoben. Redner berührte darauf in längerer Auseinandersezung die Entwässerung der Röhren und der Güter, sowie die Bewässerung der Felder. Beide Güter fönnen Are werden und zwar nach Süden hin, wo das Wasser sich in dem Sülowgraben sammelt, um von da aus in die Nuthe zu gelangen. Die e Nsgabe bleibt zur Zeit die, die Entwässe- rungstrace festzustellen, {on um nöthigenfalls das ganze Gebiet einer Drainage unterziehen zu können. Die Zuführung des Wassers eschicht fo, daß das Rohr von Berlin aus nah den verschiedenen öhepunkten des ausgedehnten Terrains geleitet wird und hier die ffluvien entleert; alle feste und mineralische Stoffe hält der Boden als einen vorzüglichen Dutig zurück und das Wasser sickert und fließt durch die in dên Senkungen gezogenen Gräben nah dem erwähnten Sülowgraben. Diese Spezialanlagen find jedoch nicht Sache des Br Hobre@ht, sondern fallen-in das Gebiet eines erst anzustellenden iefeltechnikers.

Berlin. Ju der leßten Sitzung der altkatholishen Gemeinde wurde mitgetheilt, daß ‘die diesjährige altkatholishe Synode am 19. Mai in Bonn beginnièn werde; die Wahl eines Delegirten wurde auf den 24. April angeseßt.

Die Vereidigung der 150 Mitglieder der Reklamations- Kommission des hiesigen Magistrats fand am Montag vor dem

Eventuell wird der Gegenskand vor die Generalversammlung des Pfandbrief-Jnstituts gebracht werden. j ;

In dec Generalversammlung der Berliner Holzkomtoir- Aktien-Gefellschaft waren 2832 Aktien mit 561 Stimmen ver- treten. Die Bilanz weist einen Reingewinn von 152417 Thlr. auf, wovon 120,00 Thlr. als 6 % Dividende zur Vertheilung an die Aktionäre gelangen. An Stelle der verstorbenen Auffichtsrathsmit- ider Carl Coppel und Justiz Rath Lewald wurden die Herren

Saal Ornold und Jugenieur Oechelhäuser durch Akklamation gewä

Dev Geschäftsbericht der Norddeutschen Papierfabrik, Aktiengesellschaft, weist nach, daß der Bruttogewinn aus der Fabrikation fich auf 82,627 Thlr. beläuft. Während im vorange- gangenen Jahre 2,077,141 Pfund Papier im Werthe von 211,736 Thaler produzirt wurden, ist im Jahre 1874 eine Produktion von 3,612,283 Pfund Papier im Werthe von 409,426 Thlr. erreicht worden. Im ersten Quartal des laufenden Jahres hat sich die

Sees gegen denselben Zeitraum des Vorjahres abermals ge- eigert.

Die Generalversammlung der Sthlesishen Porzellan- und Steingut-Vanufaktur nahm den vom Vorsitzenden des Aufsichtsrathes mitgetheilten Geshäftsberiht entgegen. Danach sind von dem Bruttogewinn von 16,195 Thlr. dur die Geschäftsunkosten und Zinfen 9855 Thlr. abfsorbirt und 6340 Thlr. auf Abschreibungen verwandt worden. Die im vorigen Jahre aufgenommene 6 % Priori- täts-Anleihe von 100,000 Thlr. ift zum Durchschnittscours von 90% vollständig yntergebraht. Die Neubauten find bis auf unwesentliche Einzelheiten fertig geftellt und die Produfktionékraft der Fabrik ift dadurch nahezu verdoppelt. In den Aufsichtsrath wurden neu ge- wählt: Hr. G. A. Dähl hierselbst unt der bisherige Direktor der Gesellschaft Hr. R. Matthiefsen. An Stelle des Leßtgenannten hat Hr. A. Wex aus Barmen die Direktion des Etablissements über- nommen.

__— In diesem Jahre haben, wie die „Lübecker Zeitung“ s{reibt, unf-re Ostseefischer im Heringsfang wieder sehr viel Glü&ck; namentlich in voriger Woche machten sie eine reiche Ernte, so daß inner- halb dreier Tage 63 Kähne voll Heringe an der Trave zum Verkauf kamen. Die Preise fanfen dadurch natürlich bedeutend; während noch vor 14 Tagen für cinen Kahn 60 Thaler gefordert und allerdings nur 24 Thaler gezahlt wurden, sank der D Anfangs voriger _ Woche auf 6 Thaler per Kahn. Auch im Detailverkauf wird nit mehr stückweise gehandelt, jondern pr. Schaufel zugemessen. Der diesjährige Reichthum wird nur von dem des Jahres 1871 übertroffen, wo der Preis auf 3 Thlr. pr. Kahn sank. Holft. Blätter melden: Nicht nur bei Neustadt fiel in neuester Zeit der Hecingsfang sehr reihlich aus; zu Hafkrug wur- den an einem Tage 10 BVôte voll gefangen, fo daß der Preis in den Ostertagen so niedrig gewesen ist, daß die Fraht nach Lübeck nicht einmal daraus hat gelöft werden können.

In der Generalversammkung der Bayerischen Wechsler- bank vom 16. d. M. wurde von der Verlesung des Geschäftsberih Abstand genommen, der Vortrag des Gewinnsoldo von 53,713 Sl. auf neue Rehuung und somit der Verzicht auf Auszahlung einer Dividende pro 1874 genehmigt, und dem Aufsichtsrath sowie der Direktion Decharge ertheilt. Zar Deckung der Liberirungskoften wurde festgeseßt, daß beim Umtausb der Aktien auf jeden Interims- schein eine Gebühr von 3 Æ entihtet werden soll. Die aus\cheiden- den Mitglieder des Verwaltungsrathes wurden wiedergewählt.

Aus dem Rechenschaftsberiht der Oberhessishen Eisen- bahn-Gesellschaft giebt die „B. B. Z.*® folgende Daten: Das Anlagekapital für die beiden 176 Kilometer langen Linien Gießen- Fulda und Gießen-Gelnhausen ist in seinem Hauptbestande von 28,400,050 Fl, unverändert geblieben. Disponibel ift noch die Summe von 28,000 Fl. Die Einnahme beziffert fich auf 550,820 Fl, die Ausgabe auf 501,284 Fl, so daß ein Ueberschuß von 49,536 Fl. ver- bleibt. Von diesem Reinertrag follen 33,000 Fl. dem Reservefonds und der Rest dem Erneuerungsfonds zugeschrieben werden. Die ga- rantirten Zinsen des Baukapitals (32 %4) hat also auch für 1874 die Großherzoglich hessishe Staatskasse zu leisten. Betriebsftörungen, Unfälle oder Unregelmäßigkeiten find bei der trefflihen Betriebs- leitung auch im Jahre 1874 nicht vorgekommen. Der Maschinen- und Wagenpark besteht aus 18 Lokomotiven mit 16 Tendern, 55 Per- fonen- und 320 Güterwagen. Befördert wurden 541,590 Personen, ferner 17,950 Ctr. Gepäck und 3,549,042 Ctr. Güter.

Paris, 19. April. (W. T. B.) Der Appellhof von Paris hat heute das Urtheil des Handelstribuna s in dem Prozesse Oudin (Aktionär des Crédit mobilier) gegen Philipyarkt, welches die Beschlüsse der Generalversammlung des Crédit mobilicr vom 2. März d. I. für ungültig erklärt und die Wahl einer provisorischen Administration behufs Einberufung einer neuen Generalversammlung anordnet, allen Inhalts bestätigt und dasselbe für sofort vollstreckbar

-erflärt.

Verkehrs-Anstalten.

Paris, 19. April. (W. T. B.) Der „Moniteur“ meldet, daß zwischen den Carlisten und der Gesellschaft der spanishen Nordbahn Verhandlungen \{webten über den Abschluß einer Konvention, welche den ungehinderten Verkehr der Œisenbahnzüge sicher stellen soll.

Der Richtstollen im großen St. Gotthard-Tunnel ist vergangene Woche auf der Nordseite bei Göschenen um 22,30, auf der Südseite bei Airolo um 24,60 Meter vorgerückt. Tägliher Durch- \chnittsforts{ritt 6,70. :

New-York, 19. April. (W. T. B.) Der Dampfer der Ham- burg-Amerikanischen Compagnie , Westphalia * ist hier eingetroffen.

Stadtrath Hübner im Obexlichtsaale des Rathhauses statt. Die vielen zwischen 20—30,000 eingelaufenen Reklamationen werden dur diese 150 Mitglieder, die sich wiederum in 12 Kommissionen durch- sämmtliche Bezirke der Stadt bilden werden, geprüft.

Im Salon des Künstlervereins sind außer einer Reihe anderer neuer Arbeiten ein Portrait Sr. Majestät des Kaisers von Steffeck, Portrait Jhrer Kaiserlihen Hoheit der Großfürstin Wladimir von Rußland von G. Richter und ein Portrait des Präfidenten Simson von H. v. Angeli öffentlich ausgestellt. Wir berichten demnächst ausführlihec über diese ausgezeichneten Werke,

Der Königliche Musikdirektor B. Bilse, welcher am 30. d. M. hier im Concerthausfe sein leßtes Concert giebt, um dann mit feinem Orchester wieder auf 5 Monate nah St. Petersburg zu gehen, wird auf der Reise dorthin fünf Concaite in Ostpreußen, und zwar eines im Schloß Remter in Marienburg, sowie je zwei in Danzig und in Königsberg geben,

Auf dem Friedhof in Aur i ch soll, der „N. Hannov. Ztg.“ zufolge, ein Mausoleum errichtet werden zur Bufnahine der Gebeine der vormaligen ostfriesischen Fürstenfamilie, welche bis dahin in dem beschränkten Gewölbe der dortigen lutherishen Kirche aufbe- wahrt wurden. In diesem Gewölbe befinden fich 46 Sä1ge, darunter 15 Kindersärge theils ohne Inschrift, ferner 31 Särge erwachsener Mitglieder des ostfriefishen Fürftenhauses, darunter die Särge von 8 regierenden Grafen und Fürsten Ostfrieslands: Graf Edzard II, (+7 1599), Graf Evno II1. (f 1625), Graf Ulrich (f 1648), ri Enno Ludwig (f 1660), Fürst Georg Christian (7 1665), Bürs Christian Eberhard (f 1708), Fürst Georg Albreht (+ 1734), Für Sa (f 1744), mit welchem das oftfriesishe Fürftenhaus erlos{.

In Bern ift am 13. d. M. kurz vor der Abendvorstellung der Cirfkus „Ulrich nnd Rebeshki-Renz* total abgebrannt. Das Feuer, welches durch Zerspringen einer Gasröhre éntstanden sein soll, hat den Junhabern wie den Künstlern großen Schaden gebracht,