1921 / 127 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 03 Jun 1921 18:00:01 GMT) scan diff

‘geseßt und ohne

Zusammenschluß în der unabhängigen Sozialdemokratie wird die - Arbeitershaft in der Lage 4 diese Steueranschläge der Koalitionsregierung abzuwehren. Wenn die Grundsteuern nicht herangezogen werden, müssen die Gemeinden, denen die Kulturaufgaben übertragen sind, bankerott werden. Wir müssen mit dem Wiederaufbau beginnen, ehe noch der Zusammenbruch erfolgt ist. Auf einem Trümmerhaufen kann man nicht wieder aufbauen. Vom Reichskanzler haben wir nichts gehört über die ‘Verbesserung der Lage der Arbeiterschaft, der Beseitigung der Wohnungsnot usw. Demgegenüber müssen wir unsere Forde- rungen aufrechterhalten, daß man in erster Linie nicht an die Kapitalisten denkt, sondern an die Arbzitershaft. Wir halten fest an den Grundsäßen des Sozialismus, deshalb fordern wir ein Amnestiegeseß und die Aufhebung der Ausnahmezustände. Die Anträge der Kommunisten in diesen Fragen sind nicht kar genug, ih empfehle deshalb die Fassung unseres Antrages. Der Be- lagerungszustand muß verschwinden, auch in Bayern, wo er ganz besonders die freie Meinungsäußerung unterdrückt hat. Unter dem Belagerungszustand werden ungeheure Strafen verhängt für Vergehen, die man früher nur als groben Unfug ansah. Das ist eine Rachefustiz. Herrn Wels mache ih darauf aufmerksam, daß die Märzunruhen die Folgen der unseligen Politik der Mehrheits- sozialisten gewesen sind. Gerade deshalb müssen diese cinem Amnestiegeseß zustimmen. Wir können allerdings in dieser Hin- sicht kein Vertrauen zu dieser Regierung haben, weil in thr der Demokrat Schiffer sit, der zur Zeit der Kapp-Regierung gewisser- maßen den Austrag hatte, diese Regierung zu vertreten, und der die Arbeiter durch sein Amnestiegesez anläßlih des Kapp-Putsches bemogelt hat. Die Regierung soll daran denken, daß wir immer zu einem Mißtrauensvotum bereit sind. (Beifall bei den U. Soz.)

Um 6% Uhr wird die weitere Besprehung auf Freitag, 1 Uhr, vertagt (außerdem FJnterpellation Stresemann wegen Fortbestandes der Sanktionen troß der Unterzeihnung des Ultimatums).

Preußischer Landtag. 94. Sißung vom 2. Juni 1921, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nahrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *®).)

Präsident Leinert eröffnet die Sizung um 12 Uhr 20 Minuten.

Ein Antrag des Zentrums, wonach den durch den pol- nischen Aufstand in ihrer wirtschaftlichen Existenz be- drohten Einwohnern des obershlesischen Ah- stimmungsgebietes zur Fortführung ihres Haushalts, Betriebes oder Gewerbes in gleicher Weise vom Staate zu Hilfe gekommen e soll, wie dies 1914 usw. in Ost- preußen geschehen ist, vird nachträglich auf die Tage2ordnung Erörterung einstimmig ange- nommen.

Abg. Dr. Meyer - Ostpreußen (Komm.) beantragt heute vor Eintritt in die Tagesordnung wiederum, auch den Bericht des Rechtsaus\chusses über die Sondergerichte auf die Tagesordnung zu seßen. Wenn die Rechte auch heute widerspreche, so tue sie es aus Sadismus. (Gelächter rechts.) Auf der Rechten säßen - Mitalieder. die der Mörderzentrale angehören. (Entrüstungssturm rechts.) Der Abgeordnete Engberding habe im Eisenbahnwagen davon gesprochen, daß Mittel und Wege gefunden werden müßten, um den kommunistishen Abgeordneten Eberlein ermorden zu lassen. (Große Erregung.) i

Abg. Siering (Soz.) unterstüßt den Anirag Meyer und

_ ‘bittet die Rechte dringend, keinen Widerspru zu erheben. Man

werde ohnehin bei der Beratung des Antrages auf Verfolgung des Abgeordneten Scholem wegen Hochverrats eine eingehende Debatte haben, so daß sich die Mitverhandlung eines Berichts nur empfehle. Präsident Leinert stellt fest, daß gegen den Antrag Widerspruch nicht laut wird. Unmittelbar nah dieser Fest- stellung erhebt Abg. G r ac f-Anklam (D. Nat.) Widerspruch und exklärt Abg. Dr. v. Cam p e (D. Vp.), sich rechtzeitig zum Wort gemeldet zu haben, um Widerspruch zu erheben. Der Viderspruh wird als zu spät erhoben zurückgewiesen. der Ausschußbericht wird heute zur Beratung kommen. Hierauf nimmt zur Einbringung des Staats- haushaltplans für das Rechnungsjahr 1921

das Wort der A i; H Finanzminister Sämish: Meine Damen und Herxen!

Wenn ih es in folgendem unternehme, dem Jhnen zur Be- ratung vorgelegten Haushaltsplane für das Fahr 1921 einige begleitende Worte mit auf den Weg zu geben, so möchte ih in meinen Betrachtungen dabei etwas weiter ausholen.

Es wird soviel von der trüben und trostlosen Finanzlage, Preußens gesprohen. Wer' den neuen preußischen Haushalts: plan zur Hand nimmt, und darin bereits auf der ersten Seite des Berichts liest, daß der Haushaltsvoranshlag au in diesem Fahre wiederum mit einem schr erheblichen Fehlbetrage über 2,9 Milliarden Mark abschließt, wird bestätigt finden, baß das, was von den gegenwärtigen finanziellen Verhältnissen Preußens gesagt wird, nicht übertrieben ist. Und. dabei darf dieser preußishe Haushaltsplan niht für sich allein betrachtet werden, er muß vielmehr, will man ihn in seinen Einzelheiten und Auswirkungen richtig beurteilen, im Rahmen der finanziellen Lage Gesamtdeutshlands bewertet werden. Diese steht im Zeichen 5e3 Vertrages von Versailles. Nach der Unterezichnung des Londoner Abkommens vom 5. Mai dieses Fahres, das nun ‘eine zahlenmäßige Klärung gebracht hat, ist jedem von uns die fürhterlihe Last der dem deutschen Volke seitens unserer Gegner auferlegten Verpflichtungen mit greifbarer Deutlichkeit nahegerückt. Jhre leßten Auswirkungen werden sich nit nur im Haushalt des Reiches, sondern auch im Haushalt der einzelnen Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, ja, \hließ- li auch im Haushalt jedes einzelnen Bürgers bemerkbar machen.

Bei der Frage, wie wir uns künftig finanziell einrichten, müssen wir uns daran gewöhnen, alles unter dem Gesichts- winkel der Verpflichtungen gegen unsere Kriegsgegner zu be- trachetn. Jh bitte Sie, sich zu vergegenwärtigeu, daß diese Ver- pflihtungen in Verbindung mit den ungededckten Fehlbeträgen im Reichshaushalt zahlenmäßig ein Vielfaches der sämtlichen Einnahmen des Reiches an Steuern betragen, der sämtlichen Einnahmen aus Steuern, in denen gugleih Der größte Teil der Einnahmen der Länder und Gemeinden enthalten ist. Jh wieder- bole: die Verpflichtung gegenüber den verbündeten Mächten fommt in ihrer Größenordnung etwa derjenigen der bisherigen Reichseinnahmen aus Steuern in dem von mir soeben bezeih- neten Rahmen gleich. Daneben und außerdem muß zur Deeckung der an den verschiedensten Stellen des Reichshaushalts befind- lichen Fehlbeträge ein annähernd ebenso hoher Betrag aufgebraht werden, so daß also allein im Reiche etwa mit einer Verdrei- fachung der Einnahmen gerechnet werden müßte, wenn i zu einer dauernden Balancierung des Haushalts gelangen wollte.

gewisser Trost, aber auch eine gewisse Gefahr. Bei der Ab-

* Diesen Beträgen gegenüber erscheint der ungedeckte Fehl- betrag ‘des preußisczen Staatshaushalts klein. Darin kiegt ein

hängigkeit der preußishen Finanzverwaltung und Finanz- gebarung von der des Reiches ist es an sich Aufgabe des Reiches, Preußen, soweit es Not leidet, zu helfen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Es wäre jedoch verständlih, wenn sich das Reich zunächst mit seinen eigeneu Aufgaben abzufinden suchte und der Größe dieser Aufgaben gegenüber die Sorgen der Länder in den Hintergrund treten ließe. Daß auch diese Sorgen der Länder aus dem Hintergrund hervorgeholt und beïont werden, ist die vornehmste Aufgabe der einzelstaatlichen Finanzminister, und ich darf sagen, daß die Finanzministerkonferenz dieser Woche mir das Vertrauen gegeben hat, daß . es gelingen wird, die angedeutete Gefahr zu Üüber- winden. Denn leßten Endes kann auch das Reich seine Ver- pflihtungen nur dann erfüllen, wenn die Länder finanziell gesund sind. (Sehr richtig! bei den Deutshen Demokraten.) Andererseits müssen die Länder angesichts der shweren Notlage des Reiches sih zweifellos starke Beschränkungen auferlegen und dürfen keine nur auf eigene Jnteressen gerichtete Finanzpolitik treiben. Dies gilt auch von den Gemeinden und Gemeindever- bänden höherer Ordnung, die sih ebenfalls mehr und mehr in finanzieller Not befinden. Diese Nöôte sind mir wohl bekannt, und ich bin gewillt, an meinem Teil alles zu tun, um diese Elemente des staatlichen Organismus lebensfähig zu erhalten. (Bravo! rechts.) Fch verstehe es, daß der Kommunalpolitiker bei seinen Hilferufen im einzelnen Wünsche hinsihtlich der steuer- lichen Bewegungsfreiheit der Gemeinden in weitgehendem Maße äußert. Aber es muß doch der Staatspolitiker diese Fragen auch unter den größeren Gesichtspunkten der Reichs- und Staats- finanzen sehen. Hier kann nur eine gemeinsame Arbeit und gegenseitige Rüksichtnahme zum Ziel führen. Auch das Reich muß Verständnis dafür haben, daß Gemeinden und Länder lebensfähig bleiben. (Sehr rihtig! rets.) Sonach kann das Problem der Deckung des preußischen Fehl- betrages für 1921 nit für sich allein betrahtet und gelöst werden; es bildet nur cinen Teil des allgemeinen deutshen Finanz- problems, wie es \sih gegenwärtig unter der Einwirkung des Versailler Vertrages und der sich anschließenden späteren Ab- machungen darstellt. Es muß also für die künftige Finanz- gebarung ein einheitlihes Finanzprogramm aufge- stellt werden, das in weitgehendem Maße auch auf die finan- ziellen Verhältnisse der Länder, Kommunen ud Kommunalver- bände Rüeksicht nimmt (sehr wahr! rets), die in unlösbarer Schicksalsgemeinschaft auf Gedeih und Verderb mit dem Reich verbunden sind. (Sehr richtig! rechts.) Deshalb wird es auch notwendig sein, daß bei den kommenden Beratungen im Reih über das zur Durchführung der übernommenen Listungen not- wendige Finanzprogramm auch die Länder und ebenso die Ge- meinden in einem Stadium beteiligt werden, wo sie noch ein entscheidendes Wort mitzusprehen imstande sind. (Sehr wahr! recht83.) Meine Damen und Herren, auch in dieser Beziehung habe ich in dieser Woche die erforderlichen Srhritte getan, um cine entsprechende Mitwirkung beim Reih in Anregung gzu bringen. : Um JZhnen den ganzen Ernst der Lage noch einmal vor Augen zu führen, möchte ih, ehe ih auf meine eigentliche Ausgabe komme, noch auf folgendes hinzuweisen mir erlauben. Das ver- armte und leistungsunfähiger gewordene Deutschland soll an die Verbündeten auf Menschenalter eine Fahresleistung abführen, die leßten Endes nur aus dem Uebershuß unserer Ausfuhr über unsere Einfuhr genommen werden kann, wenn sie nicht im Laufe der Zeit zur völligen Auszehrung des deutschen Wirtschafts- körpers führen soll. Aber es ist klar, daß es der größten Ans- strengung bedarf, um überhaupt erst einmal den Einfuhrüber- Guß der Gegenwart in einen Ausfuhrübershuß der Zukunft verwandeln zu können. (Sehr richtig! rechts.) Noch deutlicher erhellt die Größe der Aufgabe, wenn ih Jhnen sage, daß nah meiner Meinung die Einfuhr wesenilich unter den gegenwärtigen Stand gesenkt und die Ausfuhr auf einen den Höchststand der Friedenszeit erheblich übersteigenden Betrag gebracht werden müßte, um den zur dauernden Gewinnung der erforderlichen Zahlungsmittel notwendigen Ausfuhrübershuß zu erzielen, wobei es noch fraglich bleibt, ob überhaupt für eine solche gesteigerte Ausfuhr bei eingeshränkter Einfuhr die erforderliche Absah- möglichkeit vorhanden ist. (Sehr richtig! rets.) Hiernah kann in allen Fällen nur die Steigerung der Produktion und die Ein- shränkung unseres Verbrauches uns helfen. e

An der Produktionssteigerung ist die Finanzver- waltung nur mittelbar interessiert und beteiligt insofern, als sie sich bei allen finanziellen Dingen die Frage vorlegen muß, wie weit die steuerlihen Maßnahmen, die sie zu ergreifen gewillt ist, vroduktionsfördernd und nicht etwa produktionshemmend wirken. Viel größer ist die unmittelbare Möglichkeit, mit Zoll-- und Steuermaßnahme auf eine Einschränkung des vermeidbaren Ver- brauches hinzuwirken. Freilich darf dieses Ziel niemals das Hauptziel einer finanziellen Maßnahme sein, sie sih ja dann

Selbstbeshränkung ist hier ein weites Betätigungsfeld geöffnet. (Sehr rihtig!) | l _ Endlih kann die Finanzverwaltung unmittelbar auf die Ausgabenseite der öffentlihen Körperschaften einwirken. Hierbei werden sih gewiß sehr erheblihe Widerstände ergeben, sofern den Betreffenden der Ernst der finanziellen Lage noch nicht zum Be- wußtsein gekommen ist. Es handelt sich aber darum, alle Heil- mittel anzuwenden, deren der kranke Gesamtorganismus zur Heilung bedarf, und hierbei müssen auch unbequeme Fordérungen in Kauf genommen werden. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) N Meine Damen und Herren, in der Geschichte der preußischen Finanzen hat es wiederholt Zeiten gegeben, in denen es shwierig oder zunähst unmöglih war, die Ausgaben und Einnahmen im Gleichgewicht zu halten. Und, doch ist es bisher stets gelungen, aus eigener Kraft der Schwierigkeit Herr zu werden und dauernd die Einnahmen den Ausgaben wieder anzupassen. , S für Preußen in finanzieller Bezichung schwersten Zeiten sind wiederholt solche nach großen Kriegen gewesen: im 18. Fahrs

selber töten würde. Meine Damen und Herren, der freiwilligen /

Namen der Finanzminister Moß und Maaßen gewesen, die fi alle Zeiten in der preußish-deutshen“ Finanzgeschihhte einen Tuhm, vollen Klang erhalten haben. Und der aus der Tiefe der deuts Zersplitterung zur Reichseinheit zunächst auf Wirtschaftlihe, Gebiet hinaufführende Weg ist nicht zuleßt von denjenige Männern gewiesen worden, die im preußischen Finanzministeriy, die Gründung des Zollvereins. vorbereitet haben. So wes in der Finanzgeshihte Preußens Niedergang und Ausfstieg. Ni gibt uns den Mut, auch jeßt noch an eine Wiedergesundung dat Finanzen Perußens zu glauben. Wir müssen nur den Willey haben, unbeirrt durxch Tages3meinungen den rechten Weg zu suchen und entschlossen zu verfolgen. Der Grundsay einer jeglichen staailihen Finanzpolitik ÿ äußerst einfach: Keine Ausgabe ohne Dedckung., ihm hat sich au der Herr Ministerpräsident in seiner Programy, rede am 22. April bekannt. Er if in unserer Verfassung vy, ankert, und es ist ihm bis in die jüngste Zeit stets Geltung be; schafft worden. Das beweisen die Haushaltspläne sowohl vor mj während der Kriegszeit; das beweisen auch die wirklichen Y chlüsse dieser Jahre, die selbst in den Kriegsjahren bis zun Jahre 1919 nur mit verhältnismäßig geringen Beträgen ho den Voranschlägen abgewichen sind.

Inwiefern hat sich nun die Finanzlage seitdem geändert, y welches sind die Gründe dafür? /

Der Umschwung der geordneten Verhältnisse seßte mit dey Jahre 1918 ein, wo der unglücklihe Ausgang des Krieges, dj Staatsumwälzung das Steigen aller Löhne, Gehälter und Prei und andererseits der gewaltige Einnahmeausfall der Eisenbah alle Vorberechnungen über den Haufen warfen. Zwar hielt si der Haushaltsplan für 1918 noch das Gleihgewicht, aber der 1919 wies bereits einen Fehlbetrag bei der Eisenbahn auf, de auf Anleihe verwiesen wurde. Demgegenüber ergab aber dj Rechnung im Jahre 1918 bereits einen Fehlbetrag von 2,3 Mil liarden Mark, und die Rehnung für 1919 wird voraus\sictli cinen Fehlbetrag von ungefähr 4 Milliarden Mark ergeben (Hört, hört!)

Auch der Uebergang der Eisenbahnverwaltung mit ihrem hoffentlich bald vorübergehenden Fehlbetrage auf da Reich, dur den die preußishen Staatsfinanzen auf eine völli neue Grundlage gestellt wurden, hat nur scheinbar eine Besserun gebraht. Jn Ausführung des Eisenbahnvertrages gingen die ge samten shwebenden und fundierten Schulden nach dem Stanty vom 1. April 1920 mit rund 25 Milliarden Mark unter A rechnung auf den Kaufpreis auf das Reih über, so daß Preußen zu diesem Zeitpunkt als shuldenfrei anzusehen war, abgesehen vo der übernommenen Selbstbürgschaft für die bisherigen preußische Staatsschulden. Aus dem Restkaufgeld der Eisenbahn ergab si noch eine jährlihe Rente von 188 Millionen Maxk zugunstn des preußishen Staates. | Auf der anderen Seite erreichten aber die Ausgaben fi die infolge der neuen Besoldungsordnung und Tarife gestiegen Gehälter und Löhne eine bis dahin niht gekannte Höhe. êi stiegen um rund 3 Milliarden Mark, Troßdem wäre es infol der erhöhten Einnahmen aus Steuern und aus den Forsten n sich möglich gewesen, die Einnahmen und Ausgaben auch“14 annähernd ins Gleichgewicht zu bringen, wenn nicht zwei neu Aufgaben dem preußischen Staat zugefallen wären, die eine gan erhebliche Mehrbelastung für den Haushalt darstellen: einmal di Uebernahme von drei Vierteln statt bisher einem Viertel de Volks\chullehrerbesoldung, sodann die Uebernahme der Kosten fi die neugebildete Schußpolizei. Die erste Maßnahme ergab fi 1920 eine Mehrbelastung von über einer Milliarde, die zweit Maßnahme eine Mehrbelastung von rund 800 Millionen Mar) wobei eine Beteiligung des Reiches an den Kosten dev Shuß polizei nur in Höhe von 1,1 Milliarden Mark angenommen ia (Hört, hört!) Diese beiden Beträge zusammen ergeben annähert den Fehlbetrag von 1,9 Milliarden Mark, mit welchem der Haus haltsplan für 1920 abshloß. G

Zur teilweisen Deckung dieses Fehlbetrags wurde dem Land tag ein Gesetzentwurf über die Erhebung einer staatlichen Grun steuer vorgelegt, die in Höhe von 500 Millionen noch 1920 zu Erhebung gelangen sollte, während für den Rest des Fehlbetrag einstweilen auf den ErstattungsanspruÞh Preußens gegen d Reih auf Grund des § 59 des Landessteuergeseßes wegen bisht 'geleisteter Ausgaben für Krieg8wohlfahrtspflege und Beschaffung beihilfen zurückgegriffen wurde. Die Landesversammlung : bet abschiedete das Grundsteuergeseß nit, verwies vielmehr de ganzen Fehlbetrag von 1,9 Milliarden auf die genannte do derung Preußens an das Reich, ohne dabei zweifelhaft zu lasse daß dieses Verfahren nur einen Notbehelf darstelle und daß d gesamte zur Deckung herangezogéne Betrag dem Staatsvertmn0g binnen kürzester Frist, etwa in drei Jahren, ratenweise wid zugeführt werden müsse. Tatsählih ist denn auhch die a SFahresrate von 664 Millionen {hon im Haushaltsplan für 12 bei dem Extraordinarium der Allgemeinen Finanzverwaltung 0 Ausgabe eingestellt worden.

Wie \sich der wirklihe Abshluß des Jahres 1920 gestal“ wird, läßt sich noch nicht übersehen. Geringer als der veranla) Betrag von 1,9 Milliarden wird der Fehlbetrag jedenfalls n werden. Die Höhe “der shwebenden Schuld, die seit dem 1. 1920, dem Zeitpunkt des Uebergangs der Eisenbahnen an J Reich, neu aufgelaufen sind, beträgt zurzeit 2300 000 000 Me doch gibt selbstverständlich dieser Betrag noch keinen zuverlässig Anhalt für den endgültigen Betrag des Defizits. j

Je wende mich nunmehr meiner eigentlichen Aufgabe, J Entwurf cines Haushaltsplans für 1921, gu, 2 darf mir erlauben, hier zunächst einige persönliche Bemerkuns vorauszushicken. Als ich Ende April das Finanzminister! übernahm, befand ih mich, wie ih bereits im Staatshau8h aus\chuß des Staatsrats ausgeführt habe, in einer etwas N tümlichen Lage. Der Entwurf des Haushaltsplans für 1921 d unter der Leitung meines Herrn Amtsvorgängers ausgearb worden, und er wurde mir nun gleich am ersten Tage a Amtsantritts im wesentlichen abgeschlossen und bis auf L Einzelheiten druckreif vorgelegt. Da mußte ih mich ags ob ih diesen Entwurf unverändert unterzeihnen und dem S 7 ministerium zur Vorlage an den Landtag empfehlen oder ihn i einer gründlichen Durchprüfung und Umänderung na den

(Fortsehung in der Zweiten Beilage.)

hundert die Zeit nah dem Siebenjährigen Kriege, im vergangenen

ber bur Sperrbruck hervorgehobenen Reden ler Qa Ministe, bie fm Worilaute wiedergegeben find,

Jahrhundert nah den Napoleonischen Kriegen, Da sind es die

zum Deutschen Reichs8anzeigec und Preußischen Staatsanzeiger

weite Veilage

Verlin, Freitag, den 3. Zuni

E -

Ir. 127. e— (Förtsebung aus der Ersten Beilage.)

mir für rihtig gehaltenen Gesichtspunkten unterziehen sollte. Fch habe den ersten Weg gewählt, weil das Rechnungsjahr bereits begonnen hafte und ih vom Standpunkte des Beamten der Staats- verwaltung den allergrößten Wert darauf legen mußte, daß die Ressorts möglichst bald in den Besiß der Kassenanshläge ge- langten. Außerdem würde die Vornahme größerer Aenderungen

mit sehr erheblihen Mehrkosten verbunden gewesen sein, die mit

den Grundsäßen der Sparsamkeit niht zu vereinbaren gewesen wäre. So ist denn manches in dem Entwurf enthalten, was ih niht ohne weitexes mit meinem Namen gedeckt haben würde (hört, hört!), wenn ih niht in der geschilderten Zwwangslage gewesen wäre. Fm großen und ganzen aber ih betone das ausdrüdtlih hat au die gegenwärtige Staatsregierung dem vorstehenden Entwurf zustimmen können.

Auch der neu ins Leben gétretene Staatsrat, dem ver- fassungsmäßig erstmalig Gelegenheit zur gutachtlichen Acußerung über den Entwurf des Staatshaushaltsplans gegeben worden ist, hat wegen der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit nur in eine Prüfung des Plans im großen und ganzen eintreten fónnen. Er hat sich, um das Zustandekommen des diesjährigen Haushaltsgeseßes niht zu verzögern, dankenswerteriweise auf die Stellungnahme zu einigen grundsäßlihen Fragen beshränkt, wobei er im übrigen die in den Verhandlungen seines Haushalts- ausshusses- gegebenen Wünsche und Anregungen der Staats- regierung für die Weiterberatung des Haushaltsgeseßes als Material überwiesen hat. Den vom Staatsrat in dieser Richtung gefaßten Beschluß finden Sie in dem Schrejben . des Präsidenten des Staatsrats vom 28. Mai-auf Nr. 420 dex Landtagsdrucksachen.

In dem neuen Haushaltsplan, auf den ih nun eingehen will, fällt sofort ‘auf, daß die Shlußsumme gegenüber früheren

. Fahren sehr angewachsen ist. Der Entwurf schließt in Ein-

nahme und Ausgabe mit 16,7 Milliarden ab, während die Schluß- summe im Vorjahre nur 9,6 Milliarden betrug. Der Ausgabe-

- bedarf ist somit um rund 7,1 Milliarden höher als der Ausgabe-

bedarf von 1920. Dabei muß aber berücksichtigt werden, daß dies- mal der Anteil der Gemeinden und Gemeindeverbände an den Reichssteuern in Einnahme und Ausgabe mit 2,6 Milliarden ver- anshlagt worden ist, während dafür im Vorjahre blinde Titel ein-

geseßt waren. Äber auch nah Abzug dieser durhlaufenden Posten

vou 2,6 Milliarden verbleibt noch cine Ausgabesteigerung von rund 4!g Milliarden Mark.

Die Einnahmen weisen gegenüber dem Vorjahre eine Steigerung von 4,8 Milliarden auf, die sich auf rund 2,2 Mil- liarden ermäßigt, wenn der oben erwähnte Anteil der Gemeinden und Gemeindeverbände an den Reichssteuern mit 2,6 Milliarden außer Betracht gelassen wird. - /

Mithin ergibt sich zwishen Ausgaben und Einnahmen ein Fehlbetrag von 2,3. Milliarden Mark genaw 2 Milliarden 360 Millionen —, ein Fehlbetrag, für den Deckungstitel noh ge- funden werden müssen. (Hört, hört!)

__ Der Grund für die Steigerung der Ausgaben liegt vor- wiegend in der allgemeinen Senkung des Geldwertes, die vor allem bei der Beamten- und Lehrerbesoldung schr viel höhere Zahlen notwendig gemacht .hat. Außerdem hat, «wie ih vorhin {hon erwähnt habe, der“ preußishe Staat durch die Anstellung der staatlichen Schußpolizei und durch die Uebernahme von drei Vierteln statt bisher einem Viertel der persönlihen Volks- shullasten sehr beträchtliche dauernde Ausgaben übernommen. Die Gesamtsumme/ der Staatsausgaben für die Beamteu- und Lehrer- gehälter, die nah dem leßten Friedenshaushaltsplan 600 Mil- lionen Mark betrug, ist in dem Voranschlag für 1921 auf 5800 Millionen Mark, also fast das Zehnfache, gestiegen (hört, hört!); bei den Beamtengehältern allein ohne die Volksschullehrer- gehälter ergibt sih ein Anwachsen von 480 Millionen im leßten Friedenshaushaltsplan auf jeßt rund 4 Milliarden Mark. Doch ist dabei zu berücksichtigen, daß auch die Zahl der Beamten, insbesondere durch das Hinzutreten der Schußpolizei, sehr ge- wachsen ist. Damit nun aber aus dieser Steigecung der Ausgaben für Beamtengehälter in Verbindung mit der von mir angedeuteten Steigerung der Zahl der Beamten keine ‘falshen Schlüsse auf die Steigerung der Beamtengcehältec an sich gezogen werden, möchte ih mir, ohne Sie allzusehr mit Zahlen ermüden zu wollen, doch erlauben, anzugeben, wie sih die Steigerung der Beamtengehälter bei den vershiedenen Gruppen gestaltet. Sie beträgt

bei den Gruppen 1 bis 4 durhschnittlich etwa 516 %, bei den Gruppdn 5 bis 9 etwa 328 %, bei den Gruppen 10 bis 13 226 %.

Dabei bemerke ih für diejenigen, welche die Zahlen nachprüfen

wollen, daß die Kinderbeihilfen einschließlich des Ausgleichs- älshlags und des Notzushlags in diesen Zahlen nicht be-

‘rüdsichtigt worden sind.

Auf der anderen Seite konnten die Einnahmen nicht der all- gemeinen Senkung des Geldwertes entsprehend automatisch ge- steigert werden, die Einnahmesäße haben vielmehr den tatsäh- lihen Wirtschaftsverhältnissen entsprechend gestaltet werden müssen.

Meine Damen und Herren! Bet Vorlegung eines neuen Haushaltsplans war es in früheren Fahren üblich, diesen neuen

Plan mit dem zulegt vorgelegten Plan und dem zuleßt ab-

geshlossenen Rechnungsjahr in Vergleich ‘zu feygen. Aber diesmal würde ein Vergleih mit dem Haushaltsjahre 1919 kein zu-

treffendes Bild ergeben. Denn im Haushaltsplan 1919 waren noh

die Eisenbahnverwaltung und die Steuerverwaltung als preußische

Verwaltungen enthälten; auch waren die Besoldungen noch nach den alten Säßen aufgeführt, und neben ihnen besonders die damals noh gewährten Kriegsteuerungszulagen und Kriegs8beihilfen. Des- halb kann ih cinen solchen Vergleich, wie er früher gezogen ist,

in diesem Jahre nit ziehen, und muß mich darauf beschränken,

Uk auf einige große Mehrausgaben hinzuweisen, die neben den bereits erwähnten Mehrausgaben flir Besoldungen haben vor-

gesehen werden müssen. Entsprechend den Ausgaben für Gehälter sind auch die Ausgaben für die Löhne auf Grund der Tarif- reform gestiegen. Ferner macht sich das Sinken des Geld- wertes und das Steigen der Preise bei allen sächlihen Fonds bemerkbar. Troßdem hier hon im Fahre 1920 nach Möglichkeit cine Regulierung nah der Wirklichkeit versucht worden ist, hat diese sich niht als ausreihend erwiesen. Vielmehr haben die Geschäftsbedürfnisfonds um rund 120 Millionen Mark und ebenso die Reisekostenfonds um 18 Millionen Mark erhöht werden müssen. Um eine shärfere Kontrolle durchzuführen und die Mög- lihkeit eines künftigen Wiederabbaues zu erleichtern, sind von den soeben genannten Fonds nur drei Viertel im Ordinarium und ein Viertel im Extraordinarium jeder Verwaltung ausge- braht. Außerdem ist ein besonderer Reservebetrag im Extra- ordinarium des Finanzministeriums füx alle Verwaltungen vor- gesehen. i

&Sch will dann noch von einzelnen besonderen Meh r- ausgaben einige wenige Hervorheben, die Jhr besonderes Interesse in Anspruch nehmen dürften. Da sind beispielsweise 100 Millionen Mark für Erwerbslosenfürsorge, 23 Millionen Mark für Wirtschaftsbeihilfen für die Beamten in den beseßten Gebieten als Staatsanteil der Rest wird vom Reiche getragen —, 17 Mil- lionen Mark Unterhaltungszuschüsse für die Beamten im Vor- bereitungsdienst, 18 Millionen Marë für Fortbildungsschulen. Aber, wie gesagt, ih will das hohe Haus mit Zahlen nicht er- müden. Wir werden ja in diese Dinge noch tiefer hineinsteigen müssen.

Diesen Mehrausgaben gegenüber haben die Mehvein- nahmen nicht gleihen Schritt gehalten. ‘Die Haupteinnahme- quelle bildet nach wie vor der Anteil Preußens an den R e i ch s- steuern (Einkommensteuer, Körperschaftssteuer, Erbschaftssteuer, Grunderwerbssteuer und Umsazsteuer) auf Grund des Landes- steuergeseßes. Hier ergibt sich ein Mehr gegenüber 1920 von 194 Millionen Mark, aber dieses Mehr fließt im wesent- lichen aus der im vorigen Fahre noch nicht berücksichtigten Körper- schaftssteuer. Bei den Ansäßen bezüglich dieser Steuern im preußi- shen Staatshaushaltsplan ist wie im Vorjahre von den Ansäven des Reichshaushalts für 1921 ausgegangen. Beispielsweise sind bei der Einkommensteuer im Reih 12 Milliarden etngeseßt. Das ergibt für Preußen 4,8 Milliarden einschließlich 2,4 Milliarden Gemeindeanteil. Bei der Körperschastssteuex ist im Reiche mit 1620 Millionen gerechnet, wovon sih der Staatsanteil Preußens auf 210 Millionen beläuft. Wie hoh die Reichssteuern tatsächlich eingehen werden, läßt sich zum Teil auch noch nicht annähernd übersehen, da es an allen siheren Unterlagen fehlt. TFmmerhin spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß das tatsächliche Aufkommen nicht unwesentlich von den veranschlagten Sätzen ab- weichen wird. Jusbesondere haben die Eingänge in der aller- leßten Zeit, soweit ih das beurteilen kann, sich günstig entwickelt. Wenn die sehr shwierige Veranlagungsarbeit allgemein zu einer eindringlihen und gleihmäßigen Prüfung der Steuererklärungen geführt haben wird, dürfte sich der tatsählihe Eingang an Steuern noch wesentli heben.

Bei den landeseigenenSteuern ist bei den Stempel- steuern auf Grund der Novelle vom 14. Fanuar 1921 mit einem Mehr vou 35 Millionen Mark und infolge der Geschästszunahme mit einem weiteren Mehr von, 10 Millionen, insgesamt 45 Mil- lionen Mark, zu rechnen.

Die Netiocinnahme aus den Betriebsverwaltungen mußte gegenüber 1920 um 441 Millionen Mark niedri geL veranschlagt werden. Fu erster Linie kommt für diesen Rückgang die Forstverwaltung in Betracht. Fm ursprünglichen Haushalt- plau für 1920 war mit einer Holzeinnahme aus den Forsten von 530 Millionen Mark gerechnet. Dieser Betrag ist dann im Nach- tragsetat auf 1524 Millionen Mark erhöht worden. Mit diesem außerordentlich hohen Betrag auch für 1921 zu rechnen, erschien bei der Unsicherheit der Preise niht vertretbar. Daher ist der Vetrag für 1921 auf 1200 Millionen Mark veranschlagt, also um 324 Millionen Mark geringer, aber doch immerhin um 670 Mil- lionen Mark höher als dex ursprüngliche Haushaltplau für 1920.

Dagegen sind mit höheren Uebershüssen gegen das Vorjahr eingestellt die Domänen mit 3 Millionen Mark, die Lotterieverwaltung mit 20 Millionen Mark, die Staatsbank mit 18 Millionen Mark, die Bergwerke mit 58 Millionen Mark und die Porzellanmanufaktur mit 200 000 Mark. Jnsgesamt beträgt der Uebershuß aus den Be- triebsverwaltungen 923 Millionen Mark, aber wie gesagt, gegen- über 1920 um 441 Millionen Mark weniger.

Die Einnahmen aus Kosten und Gebühren bei den eigeut- lihen Staatshoheitsverwaltungen sind, soweit irgend durhführbar, erhöht worden, und ihre weitere Erhöhung ist in Arbeit. Zu erwähnen ist die Mehreinnahme bei der Justiz- verwaltung aus der Erhöhung der Gerichtskosten von 220 Millionen Mark, bei der Katasterverwaltung aus der Gebühenerhöhung von 20 Millionen Mark, bei der Eichve r- waltung von 86 Millionen Mark und bei der Handels - verwaltung aus Shulgelderhöhung usw. von 4,4 Millionen Mark. Wenn auch aus der weiteren Erhöhung der Gebühren und Kosten noch höhere Mehreinnahmen für die künftigen Jahre zu erhoffen sind, so können diese Beträge im Verhältnis zu den Ausgaben der Staatshoheitsverwaltungen doch immer nur eine geringere Rolle spielen.

Meine Dámen und Herren, daß auch der Voranschlag für 1921 troß aller Einschränkungen in den Ausgaben und Steige- rung in den Einnahmen mit einem ähnlichen erheblichen Fehl - betrage abshließt wie der Voranschlag für 1920, erweist, daß es sih hier um eine tatsählich dauernd vorhandene Lüdcke in unserem Staatshaushalt handelt. Die Höhe dieses Fehlbetrages ist an sich nur von vorläufiger Bedeutung, insofern erst die Rehnung für 1921 erweisen wird, in welchem Umfauge die für den Unterhalt des Staates im Fahre 1921 erforderlichen Mittek tatsächlih gefehlt haben.

Mag nun die im Haushalt fehlende Summe demnächst aus- sehen wie sie will jedenfalls muß unter allen Umständen für die Deckung des etatmäßigen Fehlbetrags gesorgt werden. Das Dispositiv zu Kapitel 24 Titel 3a im Haushalt .der allgemeinen Finanzverwaltung lautet: 2360 Millionen Mark aus neuen Steuern. Wenn ih die Feder geführt Hätte, würde rh lieber gesagt haben: durch Erhöhung der steuerlihen Ein- nahmen um der Regierung volle Handelsfreiheit in der Wahl des zu beshreitenden Weges zu wahren. Eine entgültige Ent- s{ließung ist in dieser Beziehung noch nicht exfolgt. Darüber fann allerdings kein Zweifel sein, daß eine Aus\{öpfung aller Steuermöglichkeiten bis zum Letzten unerläßlich ist. (

Auch die in dieser Woche eingeleiteten Besprechunge der Landesfinanzminister mit der Reihhsfinanzverwal- tung, über die gestern auch der Herr Reichskanzler andeutungs- weise gesprochen hat, können in threm Ergebnis nicht ohne Ein- fluß auf die Gestaltung der einzelstaatlichen Haushaltpläne bleiben. Aus diesen Gründen kann ih Jhnen im Augenblick zu meinem Bedauern kein klar umrissenes Steuerprogramm vor- legen. Dabei betone ih aber erneut, daß ih durch die nunmehr gewährleistete Mitarbeit eines aus einer Anzahl einzelstaat- liher Finanzminister gebildeten besonderen Ausshusses an der Ausgeftaltung des Reichsfinanzprogramms die- Möglich- keit haben werde, die Jnteressen Preußens rehtzeitig zur Geltung zu bringen. (Bravo! rets.)

Jh verkenne nicht, daß bei der Ershließung eigener neuer Steuerquellen vorsichtig zu Werke gegangen werden muß. Wird ô. B. auf die Grundsteuer zurückgegriffen, die bisher den Ge- meinden zur Verfügung stand, so darf niht aus dem Auge ge- lassen ‘werden, daß die finanzielle Not, in der sich Preußen be- findet, sih auch bei den Gemeinden zum Teil in ershreckendem Umfange bemerkbar macht. (Sehr wahr!) Auch den Gemeinden muß die finanzielle Existenzmöglichkeit gewahrt bleiben und darf niht dur staatlihe Maßnahmen gelähmt werden. Ebenso muß aber das finanzielle Juteresse dex Länder gegenüber den im einzelnen noch nit geklärten Finanzplänen im Reiche voll zur Geltung kommen. Der Staatsrat hat in seinem Schreiben vom 28. Mai, das ih vorhin erwähnt habe, bezüglich dieser ganzen Verhältnisse eine Erklärung unter Punkt a abgegeben, die ich gern verlesen möchte. Er sagt da:

Der Staatsrat verschließt sich keineswegs der Einsicht, daß in der Finanznot des Reiches auch auf dem Gebiete der Steuer- hoheit Opfer auf Kosten der Glieder des Ganzen gebracht werden müssen. Er hält es aber für unbedingt erforderlich, daß für die Zukunft, und zwar baldigst, eine reinliche Grenz=- sheidung auf dem Gebiete des Steuerrechts ¿wischen Reich, Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden vorgenommen wird. (Sehr wahr! rets.) / A

JIntwieweit es möglich sein wird, dieser Forderung und gleih- ¿eitig der Gesamtlage Rehnung zu tragen, werden die Verhand- lungen mit dem Reich in der nähsten Zeit ergeben. Jedenfalls kann ih erklären, daß ich beim Reichsfinanzministerium volles Verständnis für eine Revision des Landessteuergeseßzes gefunden habe, die nunmehr einen Teil des Gesamtprogramms bilden wird.

Mit der Erhöhung der Einnahmen muß selbstverständliß nach wie vor eine dauernde Enschränkung aller Aufgaben auf das unbedingt notwendige Maß Hand in Hand gehen. Jn dieser Bezichung werde ih auch weiterhin darauf bedacht sein, die Bestrebungen zu fördern, die auf die Erzielung äußerster Spa r- samkeit gerichtet sind. Die Arbeiten, welche dazu dienen sollen, alle niht unbedingt nötigen Ausdaben in Zukunft systematisch zu beseitigen, sind bereits seit längerer Zeit in meinem Ministerium im Gange. Die Erfolge werden sih natürli erst allmählich zeigen. Wichtig ist vor allem, daß auch weiterhin an der Vereinfahung dér Verwaltung unter möglichster Einschränkung der Beamten- und Angestelltenzahl gearbeitet wird. "Jn dieser Beziehung finden sich in den Vorberichtsausführungen Richtlinien, die nah Mög- lichkeit durhgeführt werden sollen.

Neue Beamtenstellen sind im Haushaltsplan für 1921 nur da vorgesehen, wo es sich um Lebensnotwendigkeiten des Staates handelte. Während im Vorjahre troy aller Sparsamkeit uo 4451 neue Stellen geschaffen verden mußten, hat \sih in diesem Fahre, abgesehen von der Polizei und der Landjägerci, die hier bei den besouderen Verhältnissen außer Betracht bleiben müssen, die Zahl der neuen Stellen auf 694 beschränken lassen. Es handelt ih da um neue Stellen bei der Justiz infolge Uebergangs der Militärgerichtsbarkeit und bei der Katasterverwaltung auf Grund der von der Landesversammlung gefaßten Beschlüsse. Demgegen- über sind aber von den früheren Stellen aus dem Abtretungs- gebiet 1394 Stellen in Wegfall gekommen. Das Reich hat in seinem Haushaltsplan den Weg eingeshlagen, daß 25 % aller Beam:tenstellen künftig in der Weise wegfallen sollen, daß nur jede zweite freie Stelle wieder beseßt wird mit der Maßgabe, daß bei den Zentralbehördén ein Teil der Stellen in Stellen niedrigerer Gruppen verwandelt werden soll. Fn Preußen erschien der Weg in dieser Form nit gangbar, da der preußishe Beamtenkörver in den Kriegsjahren nicht in d.r Weise wie im Reich vergrößert worden ist und die derzeitige Ueberlastung auf vershiedenen Ge- bieten einen shematishen Eingriff, der vielerorts ein Stocken der Geschäfte mit sih bringen könnte, verbietet. Fmmerhin soll überall, wo die Verhältnisse es gestatten, die Geschäfte von Becemtenkräften niedrigerer Gruppen übernchmen zu lassen, die Umwandlung von Stellen in solhe niedrigere Gruppen durchgeführt werden. Diesem Zwek dient der Vermerk am Sthlusse des Staatshaushaltsplans, den ih verlesen darf:

Im Laufe des Rehnungsjahres ist es zur Herbeiführung von Ersparnissen zulässig, Stellen ‘einer höheren Gruppe in Stellen einer niedrigeren Gruppe insoweit umzuwandeln, 28 erforderlich ist, um a) bei den Ministerialräten und Minifterialsekretären der

Zentralbehörden das Verhältnis von 2 zu 1 der höheren

gegenüber der niedrigeren Gruppe,