1899 / 180 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Aug 1899 18:00:01 GMT) scan diff

[ui eri v . Q; h j , im . Regt. Hartmann, septer örderung zu särzten, zu Bats. Aerzten, ernannt. Pr. Zimmermann, Ober-Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt vom 3. Chev. _Megt. Herzog Karl Theodor, in gleicher Eigenschaft zum 1. Schweren Reiter-Reat. Prinz Karl von Bayern, Dr. Göß, Stabsarzt vom Invalidenhaus, als Bats. Arzt zum 19. Inf. Regt. König Humbert von Italien, Dr. Mandel, Stabs- und Bataillons - Arzt vom 6. Inranterie - Regiment Kaiser Wilhelm, König von Pee zum JInvalidenhaus, Dr. Weinbucch, Oberarzt vom 3. Inf. Regt. Prinz Karl von Bayern, zum 4. Chev. Regt. König, Dr. Haßlauer, Asfist. Arzt vom 4. Chey. Reat. König, zum 3. Inf. Negt. Prinz Karl von Bayern, verseßt. Dr. Schmtdt, Ober-Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arit im 18. Inf. Negt. Prinz Ludwig Ferdinand, Dr. Lang, Ober-Stabéarzt 2. Kl. und Reats. Arzt im 20. Inf. Negt., Dr. Sator, Ober - Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt im 22, Inf. Regt.,, Dr. Dit, Ober-Stabsarzt 2. Kl. und Regts. Arzt im 23. Inf. Regt, zu überzähligen Ober - Stabtärzten 1. Kl., Dr. Kimmel, Stabs- und Bats, Arzt im 2. Train- Bat., zum Ober-Stabsarzt 2. Kl, Dr. Hill enbrand, Oberarzt im 4. Feld-Art. Negt. König, zum Stabsarzt, Dr. Zuber, Assist. Arzt im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Hir \ch, Assist. Arzt im 13. Inf. Negt. Kaiser On Joseph von Desterreih, Dr. Vith, Assist. Arzt im 21. Inf. Regt., Dr. Sch uster, Assist. Arzt im b. Chev. Regt. Erzherzog Albreht von Oesterrei, zu überzähl. Oberärzten, Sl! ck, Unterar;t im 4. Inf. Neat. König Wilhelm von Württem- berg. Fuß, Unterarzt im 21. Inf. Negt, Mattern, Unterarzt im 17. Inf. Negt. Ocff, zu Assist. Aerzten, befördert. Beamte der Militär-Verwaltung.

14. Juli. Hemberger, Bautechniker, Garn. Bauwart auf Perobe, zum Garn. Bauwart in Nürnberg IL ernannt.

24. Juli. Mayer, Zahlmfstc. des 4. Inf. Regts. König Wilhelm von Württemberg, unter Verleihung des LTitels Nechnungf- rath, mit Pension in den erbetenen Ruhestand getreten.

25. Juli. Lindemann, Kanzleifunktionär des Kadetten-Korps, zum Kanzlisten bei der Intend. I. Armee-Korps ernannt.

Nichfamllicßes. Deutsches Reich.

Preufsen. Berlin, 2. August.

_ Seine Majestät der Kaiser und König empfingen, wie „W. T. B.“ aus Kiel meldet, gestern Nachmittag dea Kommandanten des dänishen Panzerschiffes „Jver Hvitfeld“, Kapitän Arong, und nabmen die Meldungen des Stationschefs Admirals Köster sowie des Geschwaderchefs, Vize-:Admirals Thomsen entgegen. Um 31/5 Uhr unternahmen Seine Majestät Fh an der Yacht „Jduna“ eine Segeifahrt nah der Außen- öhrde.

Heute hörten Seine Majestät der Kaiser die Vorträge des den Staatssekretär des Reichs-Marincamts vertretenden Kontre-Admirals Büchsel, des Chefs des Generalstabes der Armce Grafen von Schlieffen und des den Chef des Zivil- kabinets vertretenden Geheimen Regierungsraths von Valentini.

Der Kaiserlihe Gesandte im Haag, Wirklihe Geheime Nath Freiherr von den Brincken 1st von dem ihm Aller- höchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königlihe Gesandte in Oldenburg Graf Henckel von Donnersmarck hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten.

Der Königlihe Gesandte in Hamburg Graf Wolff- Metternich hat seinen Posten verlassen, um auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers und Königs sih dem Allerhöchsten Gefolge bis auf weiteres als Vertreter des Auswärtigen Amts anzuschlicßen. Während der Abwesenheit desselben fungiert der etatsmäßige Legations - Sekretär der Königlichen Gesandt- schaft, Legationsrath Freiherr von Heinze-Weißenrode als Geschäftsträger.

Der Chef-Präsident der Ober-Nehnunagskammer und des Rechnungshofes des - Deutschen Reichs, Wirkliche Geheime Rath Mag deburg ist von seiner Urlaubsreise na Potsdam zurückgekehrt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M.S. „Gefion“, Kommandant: Korvetten-Kapitän Rollmann, am 31. Zuli in Kiautschou eingetroffen.

S. M. S. „Jltis“, Kommandant: Korvetten-Kapitän Lans, ist am 1. August von Kiautschou nah Yuensan (Korea) in See gegangen.

S. M. S. „Nixe“, Kommandant: Fregatten-Kapitän von Basse, ist am 31. Juli in Vigo angekommen und wird am 10. August nah Madeira wieder in See gehen.

S. M. S. „Moltke“, Kommandant: Kapitän zur See Schröder, ist am 1. August in Punta Delgada (Azoren) angekommen.

S. M. S. „Geier“, Kommandant: Korveiten- Kapitän Jacobsen, ist am 1. August in Acapulco angekommen und geht am 3. August nah San Francisco in See,

S. M. S. „Falke“, Kommandant : Korvetten-Kapitän On felder, hat * heute von Sydney die Heimreise an- getreten.

Hamburg. Gestern Vormittag fand in der Großen Michaels-Kirche ju omburg die Bestattungsfeier für den Bllecermeitee r. Versmann statt. Vor dem Altar war der von Palm- Seine er hatte dur den kfommandierenden General

wedeln und Kränzen bedeckte Sarg aufgebahrt. Majestät der Kai

des 1X. Armec-Korps, General der Kavallerie von Massow einen prachtvollen Kranz aus weißen und hellrosa Rosen

am Sarge niederlegen lassen. Der vom Senat gespendete Kranz war an der Stirnseite des Sarges befestigt. Zur Linken des Sarges nahm die Familie, zur Nehten nahmen ‘Freunde des Entschlafenen Plaß, diesèn zunächst die Mitglieder des Senats mit dem Bürgermeister Dr. Viönkeberg an der Spitze, gegenüber dem Bürgermeister der Vertreter Seiner Majestät des Kaisers, General von Massow. Ferner waren erschienen : der bayerische Gesandte in Berlin Graf von Lerchenfseld- eros und der sähsishe Geheime Rath Dr. Fischer als Ver- treter des Bundesraths, der preußische Gesandte bei den E städten Graf Wolff-Melternich,

der Unter-Staatssckreiär Rothe !

stedt als Vertrete aatssefretärs des Reichs-Marir der bremishe Senator Dr. Marcus un [lübeckische Senator Dr. Eschenburg, der Kommandant von Altona und derx in amburg stehenden Truppen, Generalleutnant Freiherr von hleiniß, sowie die Bürgerschaft. Senior Dr. Behrmann hielt die Trauerrede. Nach der kirhlihen Feier bewegte sih der Trauerzug noch dem Ohlsdorfer Friedhofe. Auf dem Wege dorthin bildeten sämmtliche Krieger- und Militärvereine mit ihren Fahnen Spalier.

Deutsche Kolonien.

__ Nach einer Mittheilung des „Deutschen Kolonialblatts“/ ist es erforderlich gewesen, gegen den im Hinterlande von Mikindani (Deutsch Ostafrika) sißenden Häuptling Machemba wegen wiederholter Unbotmäßigkeit eine Expe- dition der Schußtruppe auszurüsten. Da Machemba ziemli großen Anhang besißt, wurde es für wünschenswerth ge- halten, die Kompagnie in Lindi, die ihrem Standorte nach in erster Linie für die Durchführung der Aufgabe in Betracht kam, dur die in Dar-es-Salâm siehende ata zu ver- stärken. Nach einem jeg: vorliegenden Telegramm des Gouver- neurs, Generalmajors Liebert ijt Machemba nach leichtem Kampf vertrieben, die Ruhe wieder hergestellt und die 5. Kompagnie nah Dar-es-Salâm zurückberufen worden.

Durch Verfügung des Kaiserlichen Gouvernements vom 26. Mai d. J. ist wegen des ungünstigen Gesundheitszustandes Mikindanis dieses Bezirksamt aufgelöst und der Bezirk Mikindani mit dem Bezirks:Nebenamt Lindi zu einem Bezir ks- amt Lindi vereinigt worden.

Aus Kamerun wird in dem genannten Blatt über die Gründung der Station am Ngoko und eine Bereisung der Flüsse Ngoko, Bumba und Dscha von dem Forst- assessor Dr. Plehn Folgendes berichtet:

__ Ende März d. J. waren die Arbeiten auf dem für die neu zu gründende Station ausersehenen Hügel so weit vorgeschritten, daß das Lager der Expedition auf denselben verlegt werden konnte, und am 1. April wurde die deutshe Flazge dasclbst im Beisein der Agenten des Holländischen Haufes und der Société Anonyme Belge gehißt. Es war zunächst nur cin etwa 25 m langer Bambusschuppen für die Arbeiter und Soldaten vortanden, die Europäer wehnten in den Zelten. Es wurde nun eifrig an der weiteren Einrichtung der Station gearbeitet, das Nicdershlagen des dihten Busches und das Aufräumen ter abgeholzten Fläthe sowie das Herbeischaffen des Bambus, aus dem die ersten Wohnungen und Vorrathshän sex ber- gestellt wurden, nahm viel Zeit und Arbeitskraft in Anspruch. Am Fuß des Hügels, an dem Landungêplag der Station, wurde eine Ziegelei errichtet, um die weiteren Gebäude massiv auf- führen zu können, Die Lebensmittel mußten zunächst von den mehrere Stunden entfernt wohnenden Nzimus eingekauft werden, und hierzu waren beständig at Leute der Station unterwegs. Gegen Ende April waren die Arbetten bereits erbeblich gefördert, cin Vorrathshaus und ein Wohnhaus aus Bambus waren fertig, eine Fläche von etwa 200 m im Dutchmesser freizehauen u.d größtentheils geräumt, ein Garten von etwa 50 m im Durchmesser angelegt vnd mit Ananas, Bananen, Papaia sowie ceuropäischWen Gemüsen, die trefflich gedeihen, vollgepflan;t. Da die Lebensmittel von den Nzimu regelwäßig und obne Schwierigkeiten eingingen und die umwohnenden Ortschaften sih 1ußig und der Statton gegenüber durchaus 1reundlich und entgegenkommend verhielten, jo konnte ih daran denken, die Station auf einige Zeit zu verlossen, um in dem neuzn Bezirke Umschau zu balten. Es schien mir am wichtigsten, zunächst alle schiffbaren Flußläufe und ihre nähste Umgebung zu erforshen, und zwar beschloß ih, mit dem Ngoko und seinen Nebenflüssen zu beginnen, da cr zweifellcs für uns wichtiger ift als der Sanga und es auch ganz besonders geboten sien, über diz unsiheren und verwickelten Grenz- verhältnife im Süden des Bezirks vor allem Klarheit zu verschaffen, Am 28. April übergab ih tie Station an den Assistenten von Lüdinghaufen und brach mit dem Sanitäts-Unterosfizier Peter, 1 Dolmetscher, 15 Soldaten und 5 Banzalla-Arbeitern der Société Anonyme Belge, bie wenigstens einige Strecken tes Ngoko kannten, in zwei Kanus vom Landungsplatze der Station auf und fuhr den Ngoko bergwärts. Es ging an dem großen Misangadorf Tibundi am linken Üfer vorbei, dann nah etwa 13 Stunden an ciner Élcincrea Misanganicderlassung am rechten (französisen) Ufer. Von da ab ging es 24 Tage durch vôllig unbewohntes Land; nur zablreiche Jagdhüttcn, cinfache Blätter- \chirme, am Ufer zeigen an, d.ß diese Wildniß zuweilen - vorüber- gehend von Jägern und Fischern bewohnt wird; so trafen wir auch eine Jagdgesel schaft aus Kodiu am Bumha an, die sih anfangs sehr scheu zeigte, sih jedoch beruhigen ließ und eine Meuge geräuchertes Eleghantenflei]sch an uns verkaufte. Am 1, Mai erreichten wir den Zufammenfluß des Bumba und des Dscha, die, ven Norden und von Westen zufan1mensließend, den Ngoko bilden. Jh möchte hier gleich bemerken, baß die Angaben der Flußläufe auf der Karte des großen Kolonialatlas vollständig fals find; die Daist-Uurg beruht wobl auf unklaren Erzählungen der Kaufleute. Der Dscha is zweifellos der Hauptflufi, der den von Norden kommenden, nur wenig kleineren Bumba in sich aufnimmt. Vom Zusarnwmenfluß ab wird der Fluß Ngoko genannt, ein Name, der oberhalb desselben niemals angewandt wird Jh glaube, es ist zu empfehlen, daß diese Nomenklatur bei- behalten wtrd.

Der Bumba i} an seiner Mündung etwa 100, der Dshz an derselben Stelle etwa 150 m breit, Der außerordentlih reißznde Bumba, der viele Schnellen hat, ift bei ven Bcngalla nur unter dem Namen mayi makassì (reißendes Wasscr) im Gegensatz zu dem ruhiger fliefenten ODscha bekannt. Jch fuhr zunächst den Bumba hinauf und erreichte am 2. Mai das Dorf Kodiu, cin kleines Misangadorf, das sich aus Furcht vor dem einige Tagemärsche entfcêut auf ter linken Seite des #Flufses wohnenden Bang nduïtamm auf einer- Insel angebaut hat. Hier set man vôllig fih»r, wurde mir gesagt, die Bangandu hätten keine Kanus und fürchteten das Wasser. Etwa 1 km oberhalb von Kodiu ift eine schr starke Schnelle von etwa 400 m Länge, dies selbe ist mit beladeaen Kanus nicht zu passieren, es mußten daher die“ Lasten ausgeladen und zu Lande tranéporti-rt und dann die leeren Bceote durch die Schnellen gezogen werden. Am 3, Mat errcihte ich das letzte Mifangadorf, Dan- golo, am rechten Ufer; ißm gegenüber liegt je eine Faftorei der Société Anonyme Belge und des Holläadischen Hauses. Der farbige Cierk der ersteren {loß fih mic bei der Weiterfahrt an, und nach drei Siunden erreichte ih das Dorf Tsimburi am linkzn Ufer, das etwa 70 bis 80 Einwohner zäblen mag. Ich kani bei völliger Dunkelheit an und die Bevölkerung war ansançs ängstlih, do ließ sie fich leiht beruhigen, half meinen Leuten beim Ausladen der Lasten und brachte Lebensmittel in solen Mengen, daß ih sie bei dex Weiterfahit kaum in den Kanus unterbringen konnte Am nächsten Tage besuhte ih den auf der rechten Seite des Flusses, etwa eine Stunde vom Ufer entfernt sißenden Kunabembe- tamm, der in einem größeren und fünf fleineren Dö:fern wohnt und 500 bis 600 Seelen zählen mag. Da man mir gesagt hatte, daß die Leute sehr kriegerisch und ftreitlustig wären, nahm ih zehn Soldaten mit und ging mit Voisidtsmaßreeln in das Hauptdorf; doh war die Aufnahme eine E fceundliche und entgegenfommende, es fehlte au diz ängsilihe Scheu, mit der mir die anderen Dörfer anfangs entgegenkamen. Gleih am folgenden Tage besuchte mich cine Anzahl Kunabembeleute in Tsimburt und brate Hühner und Bananen zum Geschenk. Am 4. Mat fuhr ich mit nur einem Kanu den Bumba weiter binauf, um die teser Schnellen des- selben zu erreihen, die b bis 6 Stunden oberhalb von Tsimburi Vegen sollen Die Fahrt ging der starken Strömung wegcn nur sehe langsam von statten, und bereits rach 2# Stunden mußte

ts, | nebmen war.

_Katarakt ‘der mit n niGt zu men __ Das Kanu am Lande herum zu transportieren fe mir Leute und Zeit, und so kehrte ih um, die gentiue GefersGuLe n oberen Bumbalaufes für eine spätere Expedition aufsparend. Der nördlihste am Bumba erreichte rig dürfte etwa & = 209 30‘ À = 149 30! liegen. Die Thalfahrt ging fehr {nell von statten und am Miitage des 5. erreichte ih die Mündung. Von hier fubr ich am 6. den Dícha hinauf und erreihte in drei Stunden Dschama, ein Dorf, dessen etwa 49 Häuser auf zwei großen Inseln und am Ufer zerstreut liegen; es is die leßte Misanga-Ansiedelung am Dscha. Von hier ging es zwei Tage durch unbewohntez Gebiet. Am 8. erreihte ih Bomedali und Lokilo, am 9. Balla und Jamay. Alle vier Dörfer sind klein: sie werden von An- gehörigen des Bomabostammes bewohnt, der zahlreihe und große Dörfer drei bis vier Tagemärsche südlich, also zweifellos auf fran- zösischem Gebiet, hat. In Bomedali ist eine Faktorei des Holländi- hen Hauses, in Lodilo eine der Société Anonyme Belge unter s{warzen Angestellten. Das Verhalten der Eingeborenen gegen mich war, bis auf das Dorf Jamay, durchaus freundlich und entaegen- kommend, man brachte Lebensmittel in Massen. Im letzteren Dorfe war die Bevölkerung fehr mißtrauisch und ließ sich nur {wer und

R Oen, ß

__ Man hatte mic von großen Fällen des Dscha oberhalb Jama erzählt, und bis dorthin bes{loß ih die Expedition Tee Ich brach am 10. von Jamay auf und fuhr vier Tage lang (die Hauptrihtung war von der Station Westnordwest) durch un- hewohntes Gebiet. Das Terrain wurde mehr und mehr bergig. Alles Kuppen und Höhenrücken bis zu 700 m relativer Höhe, mit dihtem Urwald bedeckt, durch die ih der Fluß in vielen Windungen s{längelt. Die Ufer sind zum theil landschastlih sehr s{chöón. Am 14. Mai gelangten wir an eine etwa 300 m im Durchmesser haltende, rings von Bergen eingeshlofsene, secnartige Verbreiterung des Flusses, in die fi, aus einex \chmalen Felsfhlucht reißznd hervorbrechend, der Dscha ergießt; er ift an ter Durchbruchëstelle kaum 50 m breit. Wern man von „Fällen“ hier auch nit sprehen kann, fo ist doch zweifellos, daß die Schiffbarkeit hier zu Ende is. Die Gegend i} \chön. Das woeite Becken mit einer vorgelagerten Insel, alles von hohen Urwalobergen eingeschlossen, das s{äumende, brauscnde Wasser des Dscha, dessen Bett an der Durhbruchtstelle mit großen Felsblöcen bedeckt ift, alles bildet eine angenehme Abwechélung in dem Einerlei der afrikanischen Flußlands{hast. S{Wwärme von grauen Papageien kommen hier vor, deren Geschrei gegen Abend felbst das bekannte Konzert der Cikaden übertönt. Am 15. ging ih zu Fuß eine Strecke stromauf und durchschritt die Schlucht, ich fand noch drei weitere Kataraïte. Oberhalb derselben verbreiterte sih der Strom wieder bis zu etwa 150 m. Ein Ziehen der leeren Kanus über die Schnellen wäre wohl mögli, wenn man genügend Zeit und Leute hat, do% würde dies nur Tohnen, wenn man die Schiffbarkeit des Flusses oberhalb auf weitere Strecken festgestellt hat. Da ich gar keine Träger mit hatte, so hâtte ckch für mih eine wei:ere Fortseßung der Expecition von selbst verboten, auch wenn ich meine Abwesenheit von der Station nit von vornherein nur auf kurze Zeit bemessen hätte. Jch kehrte deshalb am 16. um und erreichte am 19. nah im Ganzen 25 ftündigem starken

Nudern wieder die Station.

Was das Ergebniß der dreiwöchentlihen Reise betrifft, so türfte vor allem die Konstatierung der Schiffbarkeit des Dscha auf eine fo große Strecke von Interesse sein. Jch habe von der Station bis zu den Schiellen mit gut bemannten, niht über- mäßig beladenen Kanus für die Bergfahrt 86, für die Thaltahrt 25 Stunden gebrauht. Wenn ih die wahrscheinlich zu gering ge- shägte Geschwindigkeit von 3 km pro Stunde für die Bergfabrt zu Grunve lege, fo liegen die Schnellen etwa p +=29 30, 2 = 139 40° östl. Greenwih. Doch mèchte ih vermuthen, daß die Geschwindigkeit größer war. Weine eingesandten astronomischen Ortsbestimmungen werden das ja ergeben. Die ganze Strecke von den Sthrellen bis zur Mündung des Ngoko in den Sanga (etwa 330 kg) ift selbst für größere Flußdampfer gut s{iffbar. Ich habe von den Fällen an alle zwei Minuten lothen lassen und erreihte bei dem jeßigen mittleren Wasserstand mit einer 3 m langen Ruthe nur an ganz vereinzelten Stellen Grund, wobei noch zu erwägen is, daß ih mit den Kanus natürlich fuhr, ohne mir das Fahrwasser irgendwie auszu- suhen. Das Bett des Ngoko und Dscha i 1ief in felsigen Boden eingeschnitten. Die Strömung wcchselt sehr, ist jedoch meist gering, Stellen, die für einen Heckraddampfer von 10 bis 15 Tonnen, wie sie auf dem Kongo fahren, irgendwie {hwierig sind, falls der Führer si einigermaßen mit dem Fahrwasser und namentlich mit den an etnzelnen Stellen vorkommenden. vom Wasser bedeckten Klippen bekannt macht, giebt es auf der ganzen Strecke nicht. Nicht ganz fo günstig steht es mit dem Bomba, welcher über Kodiu hinaus, ctwa 20 km von der Mündung entfernt, für Dampfer riht \chiffbar ist. Es sind au auf dieser Strecke an einzelnen Stellen Klippen vorhanden, doch lassen si dieselben bei Kenntniß des Fahrwassers leiht umgehen, Die übrigen Nebenflüsse des Ngoko be¿w. Dscha sind kleine Bäche, von denen einige niht weit von der Mündung Teiche bilden, die wegen ihres Fishreihthums von den Ein- geborenen viel besuht werden. Seiner Breite und Tiefe nah könnte der 90 m breite Kudu, der bei dem Dorfe Balla mündet, wohl schiftar sein, do versperren zahilose umgestürzte Baumstämme sein Fahrwasser {hon nahe bei der Mündung.

Was die Uper betrifft, so sind dieselben weiter oberhalb, wie son erwähnt, stark gebirgig; alles, soweit das Auge reiht, ist von dihtem Urwald bedeckt. Die Delpalme kommt in demselben nur von Dschama an stromaufwärts und nur in ganz vereinzelten Exemplaren vor, Gummi kommt überall, an einzelnen Stellen fogar in großen Mengen vor. Elephanten giebt es überall in großen Mengen, gesehen habe ih während der Reise zwar nur drei, doch sind beide Ufer auf der ganzen Strecke von ihnen buchstäblich zertreten; da ift keine Lache, fein Graéplaßy, auf dem man nicht frishe Spuren in Menge sieht, der ganze Wald ist von ibren Pfaden dicht durchzogen. Flußpferde und Krokodile sind im Fluß häufiz, Büffel spürt man viel am Ufer, der Ftich- reihthum is aroß. Was die Bevölkerung anbetrifft, so theilt man den feßhaften Theil derselben in die Nzimu und die Misanga ein. Der Name Nzimu bedeutet Buschbewohner und umfaßt eine Vielheit von Stämmen, deren größter Theil die unmittelbare Nähe der Flüsse metdet und überhaupt keine Kanus besißt, im Gegensaß zu den wafsser- [iebenden Misanga; zu thnen gehören die Tzimburi, die Kunabemke, die Bamabassa und Bangandu. Die sämmt- lichen Nzimu sind ihrer Sprache, ihren Waffen und Geräth- schaften nah mit decn Fan zweifellos stammoeiwandt, doch werde ih über alle rein völkerkundlihen Sachen später gesondert be- rihten. Auffallen muß hier vor allem die außerordentlih geringe Zahl der Bevölkerung. Der ganze Stamm der Misanga, der von der Nyokomündung bis Dshama und Dangolo dicht am Fluß oder auf den Inseln sißt, kann kaum mehr als 1000 Seelen betragen. Was die Nzimu anbetrifft, so {ließt sich an Kunabembe und Tzimburi nach Nordost der etwas zahlreihere Bangandustamm. Auf die kleinen bis an den Fluß vorgeshobenen Bamabassadörfer, die zu- fammen nicht 400 Einwohner haben mögen, folgt nah Süden der größere Bamabassastamm erft in einer Entfernung von drei bis vier Tagemärshen. Von der Station an zieht \ch bis zum Sanga hin in spärlichen kleinen Dörfern eine weitere Abtheilung der Nzimu, deren Zahl ‘wohl au kaum über 1000 hinausgeht. Hiermit ist aber auch die Be der seßhaften Stämme, die si in diesem großen Gebiet fest- stellen lassen, erschöpft. Nach meinen Erkundungen \oll man von Kuna- bembe aus die erste Ortschaft im Nordwesten erst nah zehntägigem Marsch durch unbewohnten Urwald erreihen. Von dcn Bangandu aus soll man nach Nordosten ebenfalls 10 Tagemärshe durch un- bewohnten Urwald gehen, ehe man ein Dorf trifft. Nah Norden und nach West:n zu über die Schnellen des Bumba und des Dscha hinaus wußten die Leute überhaupt nichts von der Existenz von Ortschaften. „Wer nach dort geht, stirbt im Busch und sindet kein Dorf“, lautete \tets die Antwort, so viel Leute ih auch aus den verschiedensten Ortschaften befragte. Völlig über-

cinstimmend lauteten auch die Angaben dahin, daß das ganze Terrain,

P rarnba nam putu“ (wörtlih

mit e E ift. Von Grasland weiß | harakteristisch ist, daß man dasselbe hier in Misanga N ten Kauderwels{ch „Busch der Weißen“) nennt. Es s{eint naH allem, daß wir es hier mit. einem ungebeuren, viele 1000 qkm großen, zusammenbängendea innerafrikanischen Urwald- gebiet zu thun haben, dessen spärlihe Bevölkerung, soweit sie sebaft ist, fi in die Nähe der Flußläufe zusammendrängt, im Junern große Strecken unbewohnt lassend. Neben der seß- aften Bevölkerung spielen hier wirthschaftlich die Stämne der wohnsiglosen Elephantentäger eine große Rolle, die von den Fingeborenen Badyiri, Bakollo oder Bayaka genannt werden, und die der französishe Forsher Crampel unter dem leßteren Namen etwa zwei Lngengrade westlich von bier am Dscha antraf. Es ist dies ein eigenartiger Stamm, über den ih Genaueres nur dur Vergleichen der Aussagen einer großen Zahl von Eingeborenen festzustellen vermochte. Die Bakolo sind sehr scheu, fürhten nament- lid den Guropäer und man bekommt sie shwer zu Gesicht, ich habe nur cinmal drei Weiber gesehen, die mir sofort dur ihr kupfer- farben-s Ausfehen und das starke Vor)pringen des unteren Theils des Gesichts von der Nasenwurzel ab auffielen, Leider erfuhr ih erst später, daß es Bakolo waren, Besondere Kleinheit, von der Crampel spricht, fiel mix hier niht auf. Die Bakolo leben in einer Art Abhängigkeitsverhältniß zu den scßhaften Stämmen, die ibnen Eisenwaffen, vegetakbilische Nahrungsmittel und Zeuge gegen Fleisch und Elfenbein verkaufen. Sie streifen tage- und wocenlang in dem unbewohnten Wald herum, meist in kleinen Trupps von 15 bis 20. Ste bauen sich Hütten, eigentli nur Schirme, gegen den Regen aus Zweigen und Blättern, diz sie meist nur kurze Zeit bewohnen, um daun weiter zu ziehen. Als Jagdwaffe führen fie nur eine Lanze, die sich durch eine lange, breite Klinge von denen der anderen Eingeborenen unterscheidet ; mit dieser Lanze, deren Spitze vergiftet wird, tödten fie die Elephanten und auch Büffel, an die sie sid diht berans{leichen, durch einen Stoß. Das Gift soll fehr {nell wirken. Haben sie eine gerügende Menge Elfenbein zusammen, so begeben sie fih in die Nähe der Len \{lagen einige Stunden von denselben ihr Lager auf und bleiben dort, bis sie es verkauft haben; dann ziehen fie wieder in den Bush, Das Fleisch wird nur verwerthet, wenn der Elephant nahe einer Ortschaft getödtet wird. Jch habe auf meiner Neise eine große Anzahl von verlassenen Bakololagern gesehen; die Hütten find alle genau in derselben Weise gebaut. Fh Flaube, daß 5/6 alles Elfenbeins, das von hier kommt, von durch sie getödteten Elepbanten stammt. Die übrigen Eingeborenen sind zur Elephanten- jagd meist zu furchtsam und fangen nur hie und da einen in Gruben, die man zuweilen im Walde sieht. j Auf der Station fand ih bei meiner Rückkehr am 19. alles in bester Ordnung und sämmtliche Arbeiten in energischer, sachgemäßer Weise zefördert. In der Mitte des Stationéterrains echebt sich ein etwa 15 m boßer Bügel, auf dem zunächst ein provisorishes großes Bambushaus mit einer Mittelhalle und drei großen Zimmern errihtet ist. Von hier aus kann man die ganze Station übersehen und hat aud) einen weiten, {önen Bli über die umliegenden U!waldberge. Vom Spiegel des Ngoko, über den s{ der Berg etwa 130 r erhebt, ift eine w-ite Strecke zu sehen. Die Luft bier oben ist fris und rein, die Brise \{läft fast nie ganz cin, und die Temperatur ist zu allen Tages- zeiten ecträglih. Von weiteren G-bäuden ist ein Arbeiterhaus aus Bambus hergestellt. Der erste Ziegelbau, ein Haus von 7 m im Quadrat Grundfläche, das für Vorräthe, Wachz, Apotheke, Krankenstuben und Gefängniß bestimmt ift, geht seiner Vollendung entgegen. Die ersten Maisfarmen der Misanga sind reif, und dieselben beginnen bereits Lebensmittel zur Station zum Verkauf zu bringen, was bisher noh nit geshah. Uebel sieht es hier mit der Beschaffung von frischem Fleis sür die Europäer aus, und das wird noch |chlimmer werden, wenn die bereits angekündigten elf Weißen dexr Gefellschaft Süd-Kamerun angekonmen sein werden. Die kleinen Dörfer der Umgegend haben kaum für ihren eicenen Bedarf genug Hühner und Ziegea. Seit wir bier oben sind, haben wir noch nichts von dem in Kinshassa zurückgelassenen Expeditionsgcpäk erhalten, da- gegen lagern 260 Lasten der Expedition jeit dem Februar in Lukolela, eine Jllustration für den oben erwähnten Mangel an Dampfern für den Sarga. Wir haben hier nur das Gepäck, das wir seiner Zeit in Booten und Kanus mit hberaufgebraht haben, unser Proviant ist zu Ende und unser Leben hier mehr als dürftig. Der Gesundheits zustand is troßdem bisher gut. Jn 8 bis 14 Tagen will ih mi nah Nzimu am Sanga begeben.

Oesterreich-Ungarn.

Der Unterrichts-Minister Graf von Bylandt hat das Gesuch des czehishen Vereins „Komensky“, der dem Verein gehörenden Privatvolksshule in Wien das Recht einer öffent- lichen Schule zu verleihen, abgewiesen.

Der Wiener Stadtrath faßte gestern, dem „W. T. B.“ zufolge, in außerordentliher Sizung eine Nesolution, welche besagt, die Regierung möge sofort den Reichsrath einbe- rufen und demselben die Verordnung über die Zuckersteuer vorlegen. Die Resolution giebt der Erwartung Ausdruck, daß der Reichsrath die Verordnung nicht genehmigen werde. Die Resolution wird in der morgen stattfindenden außer- ordentlihen Plenarsizung des Gemeinderaths zur Berathung gestellt werden. ;

Der Kreuzer der Vereinigten Staaten von Amerika „Olympia“ ist mit dem Admiral Dewey an Bord gestern in der Nichtung nah Neapel in See gegangen.

Großbritannien und Frland,

Dos Oberhaus nahm gestern in zweiter Lesung die Niger-Bill an.

Das Unterhaus genehmigte in der gestrigen Sißung die dritte Lesung der Bill, welche eine Zentralbehörde für den technishen Unterricht schafft, sowie der Viilitärbauten- Bill. Der Parlaments-Untersekretär des Aeußern Brodrick erklärte, der Schriftenwehsel über die Konferenz im Haag werde sobald als möglih vorgelegt werden. Er fürchte aber, daß derselbe vor dem Séluß der Tagung des Parlaments nicht zur Vertheilung kommen werde.

Frankreich.

Der Präsident Loubet begab sih, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag von Paris nach Rambouillet. n dem gestrigen Ministerrath theilte der Justiz- Minister Monis die Antwort mit, welche der seit einigen Tagen von Paris abwesende Präsident des Kassationshofes Mazeau auf die Aufforderung gegeben hat, sih über ein im „Echo de Paris“ per ite nterview zu erklären, in dem er gesagt hätte, daß die Entscheidung des Kassationshofes die

Verhandlung vor dem Kriegsgericht in Rennes in keiner Ee

beshränke. Aus der Antwort Mazeau's gehe hervor, daß die Unterredung in ungenauer Weise wiedergegeben worden sei, sodaß sie eine Tragweite zu haben scheine, die ihr nicht inne-

wohne. : j Der Minister des Auswärtigen Delcassé rist heute nah

Der Kaiser hat, nah einer Me des „W. T. B.“, dem französishen Delegirten zur Konferenz im Haag Bourgeois den Alexander-Newsky-Orden verliehen.

Spanien.

Bei der Verhandlung vor dem obersten Kriegsgericht in Madrid wegen der Uebergabe von Santiago de Cuba führte gestern der General Pareja zu seiner Vertheidigung, dem „W. T. B.“ zufolge, an, daß es in der Stadt an Lebensmitteln gefehlt habe und die Vertheidigung unmöglich gewesen sei. Die Kämpfe, welche geführt worden, Tien blutige gewesen; aber Muth allein könne in den Kriegen der Neu- zeit nichts ausrihten. Der Genéèral Toral bestätigte, daß es in Santiago an Mitteln zur Vertheidigung gefehlt habe. Marschall Blanco sei mit der Uebergabe einverstanden gewesen. Der General Es cario erklärte, er habe, als er nah Santiago ekommen sei, drei Viertel der Soldaten krank vorgefunden. Der enera! Pando bemerkte, von Havanna hätten Verstärkungen gesandt werdenmüssen. Der Marshall Blanco behauptete, er habe stets zum Widerstande gerathen; General Toral habe kapi- tuliert, ohne einen Befehl dazu erhalten zu haben. Der Ver- theidiger des Generals Toral führte aus, Toral habe, da er unter dem Befehl des Oberkommandierenden, Marschalls Blanco gestanden, nicht selbständig handeln können. Blanco habe sich bezüglih der ihm zugegangenen Befehle der Regierung in Schweigen gehüllt und, nahdem die Kapi- tulation bereits erfolgt war, gegen die Bedingungen derselben protestiert. Der Vertheidiger fügte hinzu, die Stadt Santiago habe auf keine Hilfe rechnen können, und beantragte shließlich volle Freisprehung Toral's.

Jn Barcelona veranstalteten gestern vierhundert zu den Fahnen einberufene junge Leute einen O, wobei sie Besen mit sih herumtrugen. Die Kundgebung, welche zunächst einen sherzhaften Charakter trug, artete s{hließlich aus, und es wurden revolutionäre Nufe ausgestoßen. Die Polizei schritt ein, mehrere Personen wurden dabei verwundet.

Sehweiz.

Aus Bern meldet „W. T. B.“, daß der Ständerath Scherb dem Bundesrath das Gesuch um Entlassung von dem Posten als cidgenössisher General -Anwalt eingereiht und der Bundesrath dasselbe genehmigt hat.

Velgien.

Gestern Vormittag trat der Ministerrath zusammen. Die Minister waren, wie dem „W. T. B.“ aus Brüssel ge- meldet wird, einstimmig der Ansicht, daß das Kabinet angesichts der vorgestrigen Abstimmung in der Wahlreform- Kommission der Repräsentantenkammer seine Entlassung geben müsse. Nah dem Schluß der Sißung des Ministerraths überreihte daher der Minister - Präsident Vandenpeere- boom dem König die Demission des gesammten Mini- steriums. 5

Bei Beginn der gestrigen Sißung der Repräsentanten- kammer theilte der Minister-Präsident Vandenpeereboom mit, daß das Kabinet infolge des vorgestrigen Beschlusses der Wahlreform-Kommission dem König seine Demission überreicht habe. Der: Minister fügte hinzu, das Käbinet werde, wenn die Kammer dagegen nichts einzuwenden habe, sich zur Ver- fügung derselben halten, um die laufenden Geschäfte zu erledigen. Vandervelde (Sozialist) protestierte dagegen und verlangte die Vertagung jeder Debatte, da man nicht verhandeln könne, wenn feine verantwortlihe Rc En vorhanden fei. Die Re- präsentantenkammer {loß sich dem Vorschlage Vandervelde's an, mit der Prüfung der auf der Tagesordnung stehenden Gesetzentwürfe fortzufahren, ohne einer Diskussion Raum zu gewähren. So unterblieb auch die Diskussion über die Vor- lage, betreffend die Brüsseler Straßenbahnen, t

Der König beauftragte gestern den früheren Minister- Präsidenten de Smet de Nayer mit der Bildung eines neuen Kabinets. Dieser erbat für die Ausführung des Auf- trags eine Frist von zwei Tagen und erklärte, er würde vor dem Parlament die Wahlvorilage des unabhängigen Abg. Theodor vertreten mit der Abänderung, daß die Theilung der Provinzen Luxemburg, Namur und Westflandern in zwei Wahlbezirke zulässig sein soll.

Amerika.

Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten von Amerika weist, dem „W. T. B.“ zufolge, eine Zunahme um 5 267 436 Doll. auf; der Baarbestand des Schaßamts beträgt 909 012810 Doll.

Nach einer Meldung des „New York Herald“ aus Buenos Aires sollen die Vereinigten Staaten mehrere Jnseln des Wellington-Archipels zur Verwendung als Kohlen- stationen von Chile angekauft haben.

Afrika.

Dec Londoner „Daily Mail“ wird aus Johannesburg berichtet, daß der Volfsraad am Montag in geheimer Sitzung den Antrag des Präsidenten Krüger auf Aufhebung der mit dem Glaubensbekenntniß zusammenhängenden Bce- shränkungen der politischen Rechtsfähigteit abgelehnt habe.

Statistik und Volkswirthschaft.

40. Allgemeiner Vereinstag der auf Selbsihilfe be- ruhenden Erwerbs- und Wirthschafts-Genossenschaften.

Fm großen Saale der Philharmonie fand gcstern Vormittag die erste Hauptversammlung des dieëjährigen Vereinstags der auf Selbst- hilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirthschafts-G-nofsenschaften ftatt. Der Vorsitzende, Verbands-Direktor Piöbst-München, eröffnete dieselbe, indem er darauf hinwies, daß jeßt 50 Jahre verflossen seten, seitdem Schulze - Deliysch die erste Wirthschafts - Genossenschaft

egründet habe. Der Grundgedanke sei dabci die Selbsi- bilfe gewesen. Die deutshen Wirthschafisgenossenschaften, die diesen Grundgedanken flets festgehalten hätten und noch heute auf demselben weiter bauten, troy aller Hindernisse, die ih ihnen entgegetstellten, hâtten G9 zu einer wirthschaftlihen Macht eniwickelt. Als 1859 der erste Genossenshaftstag in Weimar stattgefunden, habe Schulze- Delißsch mittheilen können, daß es bereits 100 Genossen- haften in Deutschland gebe; heute beständen in Deutschland 17 000 Genofssenshaften. Der genossenschaftlihe Gedanke habe sh inzwischen die zivilisierte Welt erobert, und der Allgemeine Verband erhoffe vom Staate S{uß und Schirm. Der Redner ges dachte sodann der Männer, die sich um das Genofseaschaft3wesea Ver- dienste erworben haben ; er begrüßte die Vertreter der Regterung und sonstigen Ehrengäste uud {loß mit dem Wunsche, daß die Akbeiten der Versammlung das Genossenschaftswesen und mit diesem auch den

wirthschaftlihen Frieden fördern möchten. Hierauf nahm der Geheime Ober-Regierungsrath Gruner

St. Petersburg af, um den Besuch des Grafen Murawjew zu erwidern.

j Zie n s Sie Mei Sreg!

treten zu lassen, um aus Jhren Verhandlun Reichsregierung begrüßt die Entwickelung des G [ V

mit Freuden und verkennt nicht einen A welch ien. / theil an dieser Entwickelung Ihr Verband Herr Vorsitzender hat bercits darauf hingewiesen, daß die Geno n en dadurch erstarkt feien, daß sie auf der Grundlage der Selbithilfe ih aufgebaut baben. Die deutsche Rei2zegterung steht diesem Ge- danken und dem Genossenshaftêwesen an sich sehr .sympathish gegen- über. Ste wird den Genossenshaften Schuß und Schirm, aber auh frete Entwickelung gewähren. Ich gebe mi der Hoffnung hin, daß SFhre Verhandlungen dazu beitragen werden, das deutsche Gen ossens schaftêwesen zu fördern und zu stärien. Jn diesem Sinne begrüße ich Sie und wünshe im Namen der deutschen Neiché¿regierung Jhren Verhandlungen den besten Cs,

Alsdann arne der Geheime Ober-Justizrath Vierhaus im

Namen des preußischen Justtz-Ministers, der Minister für Handel und Gewerbe, für Landwirthschaft 2c. und des Finanz-Ministers die anwesenden Delegirten. Auch die preußishe Staatsregierung, so etwa führte er aus, steht der Entwickelung des Genossenschaftêwesens sympathisch gegenüber und betrachtet es als ihre vornehmste Aufgabe, den Genossen- \chaften Shuß und Schirm angedeihen zu lassen. Ihr Herr Vor- fißender hat auf ein 50jähriges Jubiläum hingewiesen. Sie feiern diesmal Ihr 40 jähriges Jubiläum. Ich mache bei dieser Gelegen- heit darauf aufmerksam, daß das Genossenschaftsgesey seia zehnjähriges Jubiläum feiert. Das Ge}eß hat feinen Inhalt von dem sozialen Gz- danken erhalten, dem es zu dienen hat. Es ift für mi kein Zweifel, daß das Genossenschaftsgeset dazu beitragen wird, das Genossenshastswesen zu fördern und zu beleben. Die preußishe Staatsregierung verkennt nicht die hohe Bedeutung des großen foziolen Gedankens, der si in dem Genossenschaftswesen verkörpert. Ih kann Ihnen daher die Versicherung geben, daß die preußische Staatsregierung mit großer Aufmerksamkeit Ihre Verhandlungen verfoigt. Im Namen der preußischen Staatsregierung wünsche ich ebenfalls Jhren Verhand- lungen den besten Erfolg. Stadtrath Marggraff begrüßte hierauf den Genossenshhaftstag im Namen der Stadt Berlin und betonte, daß die Stadt Berlin haupt- fächlich ihre großartige Entwickelung dem Umstande verdanke, daß sie fes an dem Grundsaße der Selbstverwaltung fest- gehalten habe. Selbsihilfe, Selbstverwaltung und Selbstverant- wortung seien auch stets die Grundsäße der Vertreter der Stadt Berlin gewesen. Stadtrath Kaempf begrüßte den Ge- nossenschaftstag im Namen des Aeltesten-Kollegiums der Berliner Kaufmannschaft, der Geheime Ober-Finanzrath Dr. von Glaseuapyp im Auftrage des Reichóbank-Präsidentcn Dr. Koch, der es bedauere, am persönlichen Erscheinen verhindert zu fein; die Reichsbank stehe den Genossenschaften durchaus sympathisch gegenüber und sei bemüht, deren Bestrebungen zu fördern. Der General-Sekretär des Berbandes der landwirthschaftlißen Genossenschaften, Dr. Thies- Offenbach a. M., begrüßte den Genofsenschaftstag im Namen dieses erbandes und bemerkte, daß sh; ungeachtet der Anfeindungen der landwirthschaftlizen Genofsenshaften, dieselben immer weiter ent- widelten. Der genossenschaftlihe Gedanke brehe sich auch unter der ländlihen Bevölkerung immer mehr Bahn. Der Verband landwirthschaftliher Genofsenschaften hege die größten Sympathien zu dem Allgemeinen Genofsensczaftsverbande. Er wisse, was er dem Begründer des deutschen Genossen- {chaftêwesens, Schulze - Delißsh, schuldig sei. General-Sekretär Mr. J. C. Gray-Manchester begrüßte den Genofsenschaftstag im Namen tes Verbandes der 14 Millionen Mitglieder zählenden f 4 lihen Gencssenshaften, Anwalt Wrabeßz-Wie1 im Namen des All- gemeinen Verbandes der deutschen Erwerbs- und Wirthschafts-Ges nossen schaften in Oesterrei, wo sh das Genossenschaftswesen gleich- falls immer mehr ausbreite.

Alsdann erstattete der Anwalt des Allgemeinen Genossenschafts- verbandes, Abg. Dr. Crüger-Charlottenburg, den Jahresbericht. Er wies auf die grcße Entwickelung deé Genofsenschaftswesens hin, die man vor 40 Jahren noch nicht geahnt habe. Bedeutungsvoll sei es, daß die Vertreter der Regierungen und der Reichsbank die Versicherung ausgesproden hätten, daß man das Genofsenshaftäwesen fördern wolle. Als eine Hauptaufgabe der deutschen Genofsenshaften werde es betrachtet, einen wirthshaftlich selbständigen Bauernstand zu schaffen. Bedauerlih sei der A n der Genossenschaften in Afktiengesellshaften. Dieser bedeute die Verwandlung sozialec Interessen in kapitalistishe. Troy aller Entwickelung des Genofsen!caitéwesens sei die Versöhnung von Kapital und Arbeit noch immer nicht her- beigeführt. Die Zeitverhältnisse seien den Genossenschaften nit günstig. Immer größere Hindernisse stellten sich der Ausbreitung der Genossenschaften entgegen. Man hade die Schulze-Delißsh'shen Kreditvereine des Wuchers beschuldigt, man bekämpfe ganz besonders die Konsumvereine und die gemeinnüßigen Baugenofsenschaften. Allein man müsse sh mit dem Gedanken trösten, daß die soziale Frage in 25 Jahren niht gelös werden könne. Jedenfalls dürfe man niht verzagen, sondern man müsse mit Muth und Aus- dauer weiter arbeiten in der Ueberzeugung, daß die Genossenschaften das zuverlässigste Mittel zur Erchaltuna eines kräftigen Mittelstandes bildeten und auch dem Arbeiter die Möglichkeit böten, seine wirth- \chaftlihen Verhältnisse zu verbessern. J

Justizrath Gebhardt-Zweibrücken spra hierauf über „Die Geseßz-

ebnng und die Genossen]haften“. Der Redner gab eine eingehende

Darstellung der Entwickelung der Genossen sal gee ugen Alsdann erstattete Verbandsdirektor Jaeger-Berlin Bericht über die Hilfskasse und die Ruhegehaltskasse der deutshen Erwerbs- und Wirth- shafts-Gonossenshaften. Danach zählt die am 1. Januar 1899 errihtete MNuhegehaltekafsse 278 Mitglieder. Das versiherte Diensteinkommen erreichte die Höhe von 500 4, wor- auf 2257560 A an Prämien und Eintrittsgéldern vereinnahmt wurden. Die Hilfskasse nahm 20931,18 # ein. Unterstüßungen erhielten 30 Familien im Gesammtbetrage von 7771.25 M . Das Vermögen der Hilfskasse beläuft fich auf 186 877,33 M

Nach diesen Vorträgen wurde zum Versammlungëort für den nächstjährigen Genofsenschaftstag Hannover bestimmt, worauf die erste Hauptversammlung gegen 14 Uhr Mittags geschlossen wurde. Heute fanden nur Kommissionsfißungen ftatt.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Neunerkommission des Arbeitgeberbundes für das Maurer und Zimmerergewerbe von Berlin und den Vororten tagte, der „Vos. Ztg.“ zufolge, am Montag Abend gemeinschaftlich mit den Ver- tretern der Bauhilfsarbeiter. Vorbehaltlich der Zust mmung der Generalversammlung des Arbeitgeberbundes wurden als Stundenlohn für gewöhnlihe Bauhilfsarbeiter 35 bis 40 § für genügend erachtet. Wasßserträger und Rüstungsarbeiter follen 40 bis 45 H für die Stunde erbalten. Die von den Arbeitnehmern 0efocdeten Accord- lohnsäße der Stein- und Mörtelträger sind als für Nocmalbauten geltend anerkannt worden. Jm übrigen wurden die mit den Maurern getroffenen Vereinbarungen über die Baubuden, Aborte, Lohn- zahlurg 2c. au den Bauhilfsarbeitern ohne weiteres zugestanden. (Vergy Nr. 178 d. Bl.) E

on einem Ausstand abzusehen, beschlossen die Berliner Steinbildkauer, welhe sh mit den Steinm olid erklärt hatten (vergl. Nr. 179 d. Bl.), wie die „Dt. W rihtet, in ciner am Montag abgehaltenen Versammlunç sollen [ediglih die en: aus\hließlich von Steinmetzen geli Arbeiten voa den Steinbildhauern zurückgewiesen werden. Die der ausständigen Steinmeten beträgt zur Zeit 287; 64 den neuen Bedingungen, 50 sind von Berlin ab Ï

Aus Elberfeld meldet die „Rhein,- [Dgs ß bisher dort beshäftigten circa 2000 Maurern die

das Wort zu einer Ansprache, in der er ctwa Folgend:s ausführte :

aufgenommen n, während 97 noch aubständig find; die