1899 / 193 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Aug 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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für 1 Doppel- zentner

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Verkaufs- werth

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Dinkelsbühl 14,40 Biberach I. . . N Ueberlingen . 12,00 Rostock . . ) ® . . [) . a O, Waren i. M. . . . * * . . « E Braunschweig . . . . . . . “T Altenburg . N 14,00 Saargemünd . « 14,00 Landsberg a. W. Breslau . 11,80

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k . Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswerth auf volle Mark abgerundet mitgetheilt. Der DurGs Bemerkungen. Die verkauft E j daß der betreffende Preis nit vorgekommen is, ein Punkt (.) in den leßten ses Spalten, daß entspre

Ein liegender Strih (—) in den Spalten für Preise hat d

e Bedeutung,

Mh. M : No:

16,60 13/95

12,50 14,50 15,00 15,75

12,60

Hafer. 15,20

15,20 12/00

14,80 16/49

13,00 12/80

15,60

15,20 13/30 14,80 i 15,40 : 590

13,00 : 13/00 \

14,70 M 16,60

12,00 13,95 T 12,50

P 14,50 14,00 15,00 14,00 15,00 12,10 12,30

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108 796

7075

15,49 16,60

13,22

15,00 13,63

14,90

7 450

15,83

nittspreis wird aus den unabgerundeten “e berehnet, ender Berit fehlt.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 89. Sißung vom 16. August 1899.

Der Sang wohnen der Präsident des Staats-Mini- steriums, Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe, der Vize- räsident des Staats-Ministeriums, Finanz-Minister Dr. von iquel, der Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen, der Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammer- stein, der Minister des Jnnern Freiherr von der Nee und der Minister für Handel und Gewerbe Brefeld bei. Auf der Tagesordnung steht die Fortsezung der zweiten Berathung des Gesehentwurfs, betreffend den Bau eines Shiffahrtskanals vom Rhein bis zur Elbe.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Wenn ih mir gestatte, hier heute bei Beginn der Verhandlungen über die hohbedeutsame Frage, die uns beschäftigt, die wichtigste auf dem Gebiete der Verkehröpolitik, die seit der Verstaatlihung der Privateisenbahnen in den Vordergrund getreten ist, zu sprechen, fo bin ich mir von vornherein darüber klar, daß ich in einer Frage, die so gründlih vorbereitet, so eingehend nach allen Richtungen hin im Plenum und den Kommissionen erläutert worden ist, deren Gründe für und wider in der Presse so ausführlih beleuchtet sind, niht im stande sein werde, wesentlich Neues hier heute vorzubringen Es wird mir in dieser Beziehung nicht anders gehea wie voraussichtlich auch allen denjenigen Rednern, die nah mir das Wort ergreifen.

Ih möchte indessen niht versäumen, zunächst dem Herrn Bericht- erstatter im Namen aller derjenigen Regierungsvertreter, die an den Kommissiondberathungen betheiligt gewesen sind, für die Art und Weise, wie er diese s{wierige und mühevolle Arbeit erledigt hat, unsern Dank und unsere Anerkennung auszusprechen. (Lebhafstes Bravo!) Nah unserer Auffassung is der Bericht ein Muster einer eingehenden, klaren und unparteiishen Darlegung. (Erneutes Bravo.)

Sodann bin ich der Meinung, daß das hohe Haus Werth darauf legen wird, nahdem seit den leßten sahlichen Erörterungen im Plenum des hohen Hauses eine so geraume Zeit verflossen, in vierzehn Kommissionsverhandlungen die Sache berathen und geprüft worden ist, heute nochmals den Standpunkt der Staatsregierung kurz

dargelegt zu schen und die Auffassung der Staaksregierung über das Ergebniß der Kommissionéverhandlungen kennen zu lernen.

Meine Herren, da kann ih denn konstatieren, daß die Staatsregierung dur die Kommissionsverhandlungen in der Auffassung nur bestärkt und gefestigt worden ist, daß die Herstellung des Rhein-Elbe-Kanals eine Landesmelioration der allerbedeutsamsten Art ist, eine Landes- melioration, die allen Zweigen der Volkswirthschaft reichen Segen bringen, die Wehrkraft des Landes stärken und den Betrieb der Eisen- bahnen in denjenigen Gebieten, in denen er \sih heute nur mit Auf- wendung ganz enormer Kosten und Anspannung aller Kräfte ermög- lien läßt, in wirksamer Weise entlasten wird,

Meine Herren, diese Auffassung deckt sich vollkommen mit der- fenigen, von der der Ländtag der Monarchie im Jahre 1886 aus- gegangen ist, als er aus eigener Initiative in das Geseß über den Dortmund-Ems-Kanal das Programm der Herstellung einer Wasser- verbindung eingefügt hat, die die sämmtlihen großen Strôme Preußens umfaßt. Von derselben Auffassung is er im Jahre 1894 ausgegangen, als er die nur stückweise Ausführung dieses Pro- grams zurückwies.

Meine Herren, so unzweifelhaft es ist, daß der jeßt versammelte oder irgend ein anderer Landtag nicht formell gebunden ift an die Beschlüsse des Landtages von 1886, so unzweifelhaft s{heint mir doch andererseits die Erwägung zu sein, daß nit ohne klar zu Tage liegende, wihtige Gründe auß der heute versammelte Landtag von der Auffassung des Landtages von 1886 abweichen wird.

Meine Herren, hat sich denn die wirthschaftlize und die finanziélle Lage des Landes seit dem Jahre 1886 so wesentli ver- ändert, daß eine andere Auffassung gerehtfertigt sein würde? Allerdings hat fich die Situation des Landes nah den beiden Rich- tungen wesentlich geändert, aber doch ofenkundig nur in dem Sinne, daß die Gründe, welche damals für*die Herstellung dieser Wasserstraße sprachen, heute in noch weit stärkerem Maße zu, Tage liegen (sehr rihtig!), und ferner auch darin, daß die Bedenken, die damals {on geäußert worden find, Bedenken, die hauptsählich in der Finanzlage des Staates ihre Begründung hatten, heute wesentlich \@wächer in ihrer Begründung ausfallen müssen, als das damals der Fall ge- wesen ift.

Meine Herren, die Lage ist heute eine terartige, daß tie Her- stellung dieser großen Verbindungsstraße zwishen unseren Flüfsen eine wirthschaftlich dringend nothwendige Maßregel is, die nicht ohne Nacktheil für das * Gesammtleben des Staates verzögert und vershoben werden kann. Daß si in dem Verkehrsbedürfniß des Landes seit dem Jahre 1886 ein nie geahnter Aufschwung gezeigt hat, meine Herren, das bedarf wohl kaum einer näheren Aus- führung. Von Jahr zu Jahr ist der Eisenbahnyerkehr und der Ver- kebr auf den künsilihen und natürlihen Wasserstraßzn in ganz

enormem Maße gewachsen. Diesex Aufschwung hält von Monat zu Monat an. Es liegt mir von heute Morgen | die Aufstellung von dem Eisenbahnverkehr des Monats Juli vor, die wiederum eine sehr

erheblihe Zunahme des Verkehrs zeigt. Auf alle Theile des Landes, auf alle Zweige der Volkswirthschaft, auf Industrie, Handel und Gewerbe und nicht minder auf die Landwirthschaft erstreckt sich dieses zunehmende Verkehrsbedürfniß. Daß der Rhein-Elbe-Kanal ein wirksames Mittel ist, diesem wachsenden Verkehrsbedürfnisse für das. ganze Land, in- sonderheit aber für diejenigen Gebietstheile abzuhelfen, die unmittelbar von dem Kanal durchzogen werden, dafür liefert den besten Beweis der Sturm von Kompensationsforderungen, die fich aus Anlaß der ganz außerordentlihen Verkehrsleistungs fähigkeit dieses Kanals erhoben haben.

Meine Herren, das Verkehrsbedürfnif ist natürlich in erster Linie empfunden von Industrie, Handel und Gewerbe. Es ift wohl niemand, der nicht nach einer Vermehrung, nah einer Verbesserung der Verkehrs\straßen und nah einer Verbilligung der Transportkosten das dringendste Verlangen hat. Aber nit minder ist dies Verkelrsbedürfniß doch auch für die Land- wirthschaft begründet. Die Lage der Landwirthschaft hat sich in den leßten Jahrzehnten wesentlih dahin geändert, daß heutzutage, um eine Rente aus der Landwirthschaft zu erzielen, es unbedingt nothwendig ist, eine intensivere Wirthschaft zu führen, Maschinenbetri-b in höherem Maße zu verwenden und endlich zu Nebengewerben überzugehen.

_Das ifl aber nur dann mögli, wenn wirklih dem Verkehrsbedürfniß,

insbesondere auch dem Bedürfniß nach einer Verbilligung der Transportkosten auch für die Landwirthschaft, in höherem Maße ent- sprohen wird, als es bis jeßt der Fall gewesen ift.

Bezüglich der Stärkung der Wehrkraft is in den Kommissions- verhandlungen von autoritativer Seite, von seiten des Herrn Kriegs- Ministers sowohl, wie von seiten des Herrn Chefs der Eisenbahn- abtheilung im Großen Generalstabe, der Beweis erbraht worden, daß der Rhein-Elbe-Kanal zur Stärkong der Wehrkraft absolut er- forderlich ift.

Was endlich die Lage des Eisenbahnbetriebes innerhalb des eigent- lihen Industriebezirks im Westen anbetrifft, so habe ih mir gestattet, die Mitglieder der Kanalkommission in dieses Gebiet hineinzuführen, um ihnen, wenn auch nur einen flü@Gtigen Einblick in die dortigen Verhältnisse zu ermöglichen. Aus diesem Einblick werden sie die Ueberzeugung wenigstens gewonnen haben, daß der Verkehr z. Z. nur mit der äußersten Anspannung von Geld und Perfonalkräften möglich ist, daß in absehbarer Zeit die Situation sch so verändert haben wird, daß mit den jeßigen Mitteln ein geordneter und sicherer Verkehr nicht mehr aufrecht zu erhalten is, Mit Auf- wendung neuer großer Mittel wird es ja mögli sein, noch eine Zeit lang diesen Verkehr aufrecht zu erhalten; aber, meine Herren, ih mache darauf aufmerksam, daß die Ausführung des Nhein-Elbe-Kanals, des Entlastungsmittels, einen Zeitraum von mindestens aht bis zehn Sahren erfordert, und was nah acht bis zehn Jahren dort für Zu- stände sich entwickelt haben werden, wird heutzutage kaum jemand zu übersehen vermögen. Es i} unzweifelhaft, daß wohl ungünstige Konjunkturen vorübergehend dort die Entwickelung etwas aufhalten können, auf die Dauer aber ein stetiger Fortschritt mit elementarer Gewalt sich Bahn brehen wird. Die Situation kann in dieser Beziehuug nach meiner Auffassung niht ernst genug genommen werden. Ih halte mih dem Lande gegenüber und, wenn das in diesem Augenblicke gesagt werden darf, auch meiner Verwaltung und mir selbst gegenüber, verpflichtet, immer wieder darauf hinzuweisen, wie ernst die Situation ist, Der Landtag der Monarhie muß verlangen, daß ihm vollständige Klarheit darüber zu theil wird, welche Verantwortung er übernimmt, wenn er das wirksame Mittel zur Entlastung dieses Verkehrs der Staatsregierung niht gewährt, und das wirksame Mittel is der Kanal. Die Mittel, die anderwärts vorgeschlagen sind, insbesondere die von vershiedenen Seiten so warm empfohlenen Güterschleppbahnen, können eine wirksame Hilfe nicht gewähren, die Gütershleppbahnen {hon aus dem einen Grunde nit, weil es für jeden Sachverständigen ganz unzweifelhaft is, daß die Güter- {leppbahnen in das eigentliche Revier garniht hineingeführt werden können, sondern ihren Anschluß ers an den Peripheriebahnhöfen finden werden. Aber abgesehen davon, würde dies Mittel voraussihtlich theurer sein, und zwar theurer in der Kapitalausgabe und noch viel theurer in der Unterhaltung, in den Betriebsausgaben, als das Ihnen vorgeschlagene Mittel; dafür ist der Beweis in den Kommissions- verhandlungen nach meiner Auffassung vollständig und durhschlagend erbracht worden.

Meine Herren, aber auch in Bezuz auf die finanzielle Situation haben sich die Berbältnisse seit dem Jahre 1886 wesentlich zu Gunsten der Vorlage geändert. Die Finanzlage Preußens is unzweifelhaft beute eine solhe, daß Bekenken, au derartige Ausgaben und derartige finanzielle Risiken zu übernehmen, nicht mit Fug erhoben werden können; es bestcht in dieser Beziehung ein erheblier Unterschied gegen 1886.

Meine Herren! Die Kommissionsverb, andlungen haben erfreulicher Weise eine ganze Reihe von Bedenken auf ihren wahren Werth zurück- geführt. In erster Linie sind es diejenigen Bedenken, die aus land- wirthshaftlihen Kreisen gegen den “Kanal erhoben worden sind. “In der Einleitung zu dem Kommissionsbericht is aus- drücklich hervorgehoben worden, daß aus landwirthschaftlichen

Gründen Gegner de3 Kanals nicht entstanden sind, daß im d

aer E

Gegentheil eine ganze Reihe von Gründen angeführt werden kan die au für die Landwirthschaft den Känñal als vorthetlhaft erseiney lassen. Au die an sih ja durchaus berehtigten Klagen über Leut noth haben in den Kommissionsverhandlungen die Berichtigung er, fahren, daß erfahrungsgemäß der Kanalbau verhältnißmäßig wenh Arbeiter dem flachen Lande entzteht. Voraussihtlich* werde id im Lauf der Debatte Gelegenheit haben, in dieser Y, ziehung noch nähere ziffffernmäßige Angaben zu machen. Au dh technischen Bedenken sind wesentlih reduziert, wenn nicht überhaupt beseitigt worden, und zwar sowohl bezügli der Linienführung, al; auch bezügli der Abmessungen des Kanals, der Stauverhältnisse, de Wasserspeisung, des Ufershußes und der Meliorationen. - In ally

diesen Beziehungen konnten aufklärende und beruhigende Zusidfrmgen

gegeben werden.

Was insbesondere die Wasserspeisung anbetrifft, so konnk d Nachweis erbraht werden, daß die Befürchtungen, die beispieltwh an der Ruhr zu erheblichen Bedenken Veranlassung gegeben hatten, v ständig unbegründet sind. Es is mir noh heute ein Beschluß des Ruhv thalfperrvereins zugegangen, der ausdrücklich konstatiert, daß die Elk rungen, die seitens der Staatsregierung über die Benutzung des Ruhr wassers für den Rhein-Elbe-Kanal abgegeben worden sind, den Ruhrthal sperrverein vollständig beruhigen, und daß man auf Grund dieser Zu sicherungen zu“ einer definitiven Gründung dieses Ruhrthalsperr vereins, dem cin großer Theil der Wasfserinteressenten an da Ruhr beigetreten find, gelangt ist. Es sind also die Befürchtungen, dit besonders seitens derjenigen Herren hervorgehoben worden sind, welt als Vertreter dieser Bedenken in der Kommission aufgetreten sind, alß beseitigt anzusehen.

Dasselbe trifft auch für die übrigen als Wasserzubringer in Aut sicht genommenen Wasserläufe zu. Auch hier konnte nahgewiest werden, daß eine Benachtheiligung der betreffenden Anliegs oder derjenigen, die auf die Benußung des Wassers j irgend welhen Zwecken angewiesen find, nicht eintre#, wird. Es ift überhaupt in der Kommission meines Erachtens Nachweis vollständig erbraWßt worden, daß noch niemals ein nul unter so günstigen technishen, wirthschaftlißen und finanziellen dingungen gebaut worden ist, wie der Rhein-Elbe-Kanal.

Was nun die Finanzierung betrifft, so is in der Kommissin anerkannt worden, daß erreiht worden ift, was der Landtag di Monarchie von jeher als unerläßliGe WVorbedingung für ki Bewilligung weiterer Wasserstraßen aufgestellt Hat, nämli erstens eine angemessene Betheiligung der Interessenlä und zweitens eine angemessene Normierung der Kanalabgakbe

Es sind zwar in der Kommission Stimmen laut geworden, di da glauben, die Betheiligung der Interessenten sowohl an der A bringung des Kapitals, wie an der Verzinsung des Kapitals, wie au die Kanalabgaben scien noch nihcht hoch genug bemessen worde Indessen, einen Beweis dafür zu erbringen, ift niht mögli gewest es kann andererseits nur darauf hingewiesen werden, daß die wartungen, die man früher an die Heranziehung der Juterssentt geknüpft hat, in diesem Falle bei weitem übertroffen worden sin Denjenigen, die eine höhere Heranziehnng der Interessenten befi worten, möchte ih doch das Bedenken entgegenhalten, daß man li dann vielleiht ein Präjudiz haffen würde, welches in anderen, ih näher liegenden Fällen möglicherweise recht unbequem werden kön

Ein weiterer Gegenstand der Verhandlungen in der Kommiss waren die Verträge, die geschlossen find mit den Staaten Breit Braunschweig und Lippe-Schaumburg. Bedenken gegen den Jui dieser Verträge sind von keiner Seite geltend gemacht worden; Gegentheil ist anerkannt worden, daß fowohl das Necht des pra {en Staats, wie auch der preußischen Wafseranlieger und Wa|/ interessenten in vollständig genügendem Maße gewahrt worden ift

Fch wende mi endlih zu dem zweiten Akt in der Thäti der Kommission, zur Berathung der Kompensationsforderu® Ich glaube nicht fehlzugehen, wenú ih hier der Meinung Aud) gebe, daß diese Verhandlungen auf niemand, der ihnen beigew hat, einen erfreulihen Eindruck gemaht haben. Die Kollekte, * mit viel Fleiß und, wie ih anerkennen muß, auch mit viel Gesd im Lande nah Kompensationen angestellt worden ist, hat 0! Erfolg gehabt; das is unbedingt zu konstatieren. (Heiter! Andererseits würde die Staatsregierung aber in der Lage gewesen l das Verzeichniß der Kompensationen noch ganz erheblich zu yermet! (Heiterkeit), und zwar Kompensationen, die mindestens ebenso * rechtigt sind wie diejenigen, die aufs Papier gebracht sind. J

Die Staatsregierung hat keinen Anlaß gehabt, ihre grundsähl j Auffassung von der Berechtigung der Kompensationen aus dieset laß irgendwie zu ändern; sie darf sich in dieser Beziehung auf? von ihr in präziser Fassung abgegebenen Erklärungen und au ° dicjenigen Motivierungen beziehen, die sie für die Ausnahme für Sthlesien gemacht werden sollen, abgegeben hat, Meine für die Interessenten der Lippe is ja ebenfalls eine Erklärung [e der Staatsregierung abgegeben . worden; aber als eine Kompen® hat die Staatsregierung diese Erklärung nah keiner Richtuns aufgesaßt. Es liegt keine Kompensatton darin, wenn der Skl nicht nur einverstanden erklärt, sondern thunlihste Fördérung j wenn eine Prooinz auf ihre eigenen Kost,n eine Verkehrsstraßt

(lt, Das -ist keine Kompensation, sondern der Staat erfüllt in der

; N bing nur eine Pflicht. (Sehr richtig! links.)

Im übrigen sind diese Kompensationsforderungen sehr ver- schiedener Natur. Ein Theil derselben hängt überhaupt mit dem

Rhein-Elbe-Kanal garnicht zusammen (sehr rihtig! links) und das möchte wohl die Mehrzahl sein. Es sind Forderungen, die an und

für sich mehr oder weniger berechtigt sind, die zum theil {hon seitens des Staats in Ausführung genommen worden oder doch wenigstens

vorbereitet find. Meine Herren, die Staatsregierung i auch nicht zu der

an und für sich ja wohl nit unberehtigten Auffassung gelangt, daß diese Forderungen ihre Begründung nur in dem Rhein-Elbe- Kanal haben. Wenn man den Begriff der Kompensation richtig auslegt, müßte man sagen: wenn es keinen Kanal giebt, giebt es auch keine andere Forderung, die als Kompensation für diesen Kanal verlangt werden kann. Diese Auffassung hat, wie gesagt, die Staatsregierung nit. Sie erkennt an, daß eine ganze Reihe von den Forderungen an und für sich und ohne Nüclksiht auf den Kanal berechtigt sind und voraussihlich auch schon zu niht unerheblihem Theile bereits vor dem Kanal fertig gestellt sein werden. Da aber, wo der Zusammenhang der Forderungen mit dem Kanal klargelegt is und aus den Umständen \ich offenkundig ergiebt, wie das bei den Forderungen der Fall ift, die seitens der slesischen Montanindustrie aufgestellt worden sind, hat die Staats- regierung auch sofort ihre Bereitwilligkeit erklärt, den Forderungen

näher zu treten und Folge zu geben. Meine Herren, ih möhte {ließen mit den Worten, daß die

Staatsregierung {ih der sicheren Hoffnung hingiebt, daß der Landtag die Vorlage genehmigt und damit der Entwickelung des Landes in wirthshaftliher und politisher Beziehung - eine Förderung zu theil werden läßt, welche die kommenden Geshlehter erst vollkommen zu würdigen und zu preisen in der Lage sein werden. Meine Herren, die Staatsregierung empfiehlt Ihnen die Vorlage zur unveränderten Annahme. (Bravo! links.)

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (kons.): Diese Vorlage ist die wichtigste seit der Eisenbahnverstaatlihung. Graf Kaniß hat be- reits bei der früheren Berathung ausgeführt, daß der weit über- wieginde Theil meiner Freunde gegen die Vorlage ist. Die weiteren Verhandlungen haben sie niht eines Besseren belehrt, und wir werden nah wie vor in überwiegender Mehrheit dagegen immen. Die Vor- la)ge ist ein Bruch mit dem Eisenbahnsystem. Die Wahr- nehmungen im Lande haben unsere Abneigung gegen den Kanal noch verstärkt. Nur diejenigen, welhe unmittelbar mit dem Kanal zu thun baben, find für denselben, Wir sind im Allgemeinen nicht unbedingte Gegner von Kanälen. Sie sind Verkehrsmittel

wie alle anderen. Die Kanäle aber einseitig zu fördern, dazu fönnen wir nicht _ mitwirken. Die Interessen der Landwirth- haft spielen bei dieser Vorlage gar keine Rolle. Man sagt, der Kanal würde die Landwirthschaft fördern. Die be- rufenen Vertreter der Landwirthschaft bestreiten dies entshieden. Es ist unrichtig, daß wir aus Feindschaft gegen die Industrie gegen den Kanal sind. Der Kanal wird zwar der Lantwirthschaft keinen Vortheil bringen, aber deshalb sind wir niht gegen den Kanal. Der Konflikt der Jndustrien in den vershiedenen Distrikten bringt uns dahin, gegen den Kanal zu sein, Die tehnische Frage ist keines- wegs fo klar, wie man es darstellt. Welche Uebelstände im Wasser- bauwesen sind gerade durch die Wasserbauverwaltung hervorgerufen worden! Ich erinnere nur an die Erfahrungen mit dem Oder - Spree - Kanal. Und was haben wir erst zu er- warten bei dem \o viel größeren Mittelland - Kanal! Die Vertreter der Regierung haben den Kanal in der Kommission sehr ge\chidt vertheidigt, aber überzeugt haben sie uns nit. Die Militär- vexwaltung benußt ja natüclih jedes Verkehrsmittel, daß sie aber gerade den Kanal bevorzugt, glaube ich nit. Dies bestätigt auch eneral voa Blume in seiner Schrift über die Grundlagen der Wehr- kraft. In wirthschaftliher Beziehung habe ih mi niht überzeugen können, daß eine wesentlihe Entlastung der Eisenbahnen dur den Kanal in dem erhofften Maße eintreten wird. Bis dahin wird uns der Bau von Eisenbahnen nicht erspart bleiben. Eine einseitige Verschiebung des Verkehrs ist noch keine Vermehrung des Verkehrs. Die Verkehrspolitik muß eine gleihmäßige sein, wenn sie den allgemeinen Wohlstand fördern soll. Dieser Kanal soll nur einen Theil des Landes bereihern, und darum ift nur ein Theil der Interessenten dafür. Der Kanal kommt vorwiegend Holland und Belgien zu gute. Es is eine große Gefahr, daß wir die Herr- haft über unsere Tarifpolitik aus den Händen geben, die wir durh die Verstaatlihung der Eisenbahnen erworben haben. Die Verschiebungen, die dieser Kanal mit \ih bringt, sind fo groß, daß wir die Ausgleichung nicht von der Zukunft erwarten dürfen, jondern sie sofort fordern müssen, Die Staatsregierung hat von den Kompensationen mit einer gewissen Geringshäßung gesprochen ; es ist aber nicht zu bestreiten, daß der Kanal einzelne Landestheile fördert, andere schädigt. Darum waren die Kompensationsberathungen in der Kommission durhaus nicht über- flüisig. Jch glaube, daß die Staatsregierung ihre Zusagen bezüglich Oberschlesiens und Berlins halten wird. Wie steht es aber mit den anderen Theilen von Schlesien? Diese einseitige Berücksichtigung Schlesiens genügt uns niht. Dazu kommen die finanziellen Be- denken. Ohne Eisenbahnübershüsse können wir den Etat nicht balanzieren. Die - Regierung berechnet den Eisenbahn- ausfall auf 50 Millionen jährlich. Das ist do sehr erheblich. Da die Staatsausgaben {ährlih steigen, fo kommen wir leiht zu einem Defizit. Wie sollen wir nun die Mindereinahmen decken ? Dur neue Steuern? Es müßten die direkten Staats- oder Kom- munalsteuern erhöht werden, und das ist doch im höchsten Grade bedenklih. Daß die Regierung Landestheile, deren Vertreter sih gegen den Kanal erklärt haben, bei der Ausarbeitung der Sekundärbahnvorlage strafen würde, kann ich nit glauben. Da die Regierung für diese Vor- lage mit ganz außergewöhnlihem Nachdruk eintritt, haben wir no@mals unsere Haltung geprüft und sind zu dem Schlusse gelangt, daß es sih um zu shwer wiegende Interessen handele, als v wir der Vorlage zu- stimmen könnten. Die konservative Partei hat stets daran festge- halten und wird stets daran festhalten, daß die verfassungsmäßigen Ma@tbefugnisse der Krone gegenüber den Parlamenten unverminndert bleiben. Wir wollen ein fiarkes Königthum, denn nur eine machtvolle

Monarchie ist im stande, unser Vaterland ohne Erschütterung dur kri-

tische Zeiten zu führen. Aber nahdem die Verfassung den Parlamenten in wirth|chaftlihen und finanziellen Fragen eine mitstimmende Stellung ge- en hat, ist auf uns ein Theil der Verantwortung übergegangen, welche im absoluten Staat allein bei der Krone beruhte. Das Gefühl, daß jeder von uns mitverantwortlich ist für die Entwickelung Preußens, verbietet uns, einer Vorlage zuzustimmen, welche wir wirthsaftlih für bedenklich kalten und welhe in thren Wirkungen die jeßigen

rundlagen unserer Finanzen ershüttern müßte. Daher werden wir gegen die Vorlage stimmen, und wir werden der weiteren Entwickelung e aaante ruhig entgegensehen im Bewußtsein, ‘unsere Pflicht erfüllt

aben.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Der von dem Herrn Grafen zu Limburg-Stirum geäußerten Auf- fassung, die er allerdings nit zu der seinigen gemaht hat, die König- lihe Staatsregierung beabsidtige, denjenigen Landestheilen, deren Vertreter hier gegen den Kanal gestimmt haben, insofern cine empfind- liche Strafe zu theil werden zu lassen, als für sie in der Sekundär- bahnvorlage kein Play offen gelassen werde, muß ih auf dasaller-

entshiebdenste namens der Staatsregierung widersprehen. (Bravo! rechts.) Die Verzögerung des Abschlusses der Sekundärbahnvorlage, die-in diesem Jahr mit ganz besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt hat, liegt wesentlih darin, daß noch fortwährend Anträge an die Staats- regierung gelangt sind, die einen Einfluß, hatten auf die finanzielle Ausgestaltung der Vorlage sowohl in Bezug auf die Nebenbahnen, wie auch namentlich in Bezug auf den für die Kleinbahnen aus- zuwerfenden Subventionsbetrag. Diese Verhandlungen haben stich bis in die leßte Zeit hingezogen, und es ist naturgemäß, daß zu einer Zeit, in der ein großer Theil der Mitglieder der Zentralverwaltung in Urlaub gegangen: ist, diese Verhandlungen nicht so gefördert werden konnten, wie das in früheren Jahren der Fall gewesen ist. Ueberdies war sih ja die Staatsregierung auch vollständig bewußt, daß für diese Sekundärbahnvorlage noch in dem zweiten Abschnitt der Tagung des Landtages Zeit genug übrigbleiben würde. (Unruhe; Heiterkeit rechts.) Es ist Ihnen doch bekannt, daß die Ausführungsgeseße zum Bürgerlichen Geseßbuch au noch der Erledigung harren und noch verschiedene andere. Außerdem if doch nicht zu verkennen, daß namentlich in den Kommissionsverhandlungen eine Reihe von Grundsäßen aufgestellt worden sind bezüglih der Heranziehung der Interessenten zu den Kosten derartiger Verkehrswege und auch bezüglih der Grundsäße, von denen auszugehen sein wird hinsihtlih der Normierung der Tarife u. st. w., sodaß es nicht unzweckmäßig erscheint, doch zunächst die Verhandlungen hier in der zweiten Lesung abzuwarten, um ein Bild darüber zu gewinnen, welche Auffassung das hohe Haus in diesen Beziehungen - hat. Aber, wie gesagt, die Staats- regierung muß die thr supponterte Absicht, die vorhin von dem Herrn Grafen Limburg-Stirum geäußert worden ist, auf das allerentschiedenste von sih abweisen.

Inzwischen ist von dem Abg. Dr. Arendt und Ge-

nossen folgender Antrag eingebracht worden :

Das Haus der Abgeordneten wolle für den Fall der Ablehnung des Geseßentwurfs beschließen, die Königlihe Staatsregierung aufzufordern, die Vorarbeiten für die Herstellung ciner leistungs- fähigen Wasserstraße vom Dortmund-Ems-Kanal nach der unteren Weser und der unteren Elbe vornehmen zu lassen und dem Land- tage von deren Ergebniß Mittheilung zu machen.

Abg. von Eynern (nl.): Meine politishen Freunde werden für die Vorlage stimmen. Es handelt sih dacum, ob ein für die natio- nale Woblfahrt und die Wehrkraft des Landes hohwihtiges Werk zu stande kommen oder auf unabsehbare Zeit verschoben werben soll. Mit Erregung und Spannung blickt die wirthschaftlihe Welt auf diesen Tag. von ihm wird es abhängen, ob das Wort des Kaisers noch Geltung haben foll: Wir stehen im Zeichen des Berkehrs! In der Kommiisionsberathung haben ih die entgegen- stehenden Auffassungen in erfreuliher Weise genähert. Eine ganze Neihe von Zmweifelm und Bedenken ist verstummt. Wenn der Abg. Graf zu Limburg-Stirum meint, daß das ganze Land gleich- mäßig berücksihtigt werden müsse, so müßte er zunächst dafür sorgen, daß die Kohlen- und Eisenlager gleihmäßig vertheilt werden. Der Bund der Landwirthe will dea Kanal nicht im agrarischen Interesse bekämpfen. Graf zu Limburg-Stirum fragt seinerseits, welche berufenen Vertreter der Landwirthschaft den Kanal für fördexlih für die Lands- wirthschaft halten. Jst er etwa der alleinige berufene Vertreter der Land- wirthschaft? Ich meine, der Minister für die Landwirthschaft ist der berufenste Vertreter derselben. Wir sollen mit diesem Kanal die holländischen Häfen fördern. Giebt denn etwa Bremen Millionen aus, um die holländ!schen Häfen zu fördern? Daß wir das Kanalney nicht auch nach dem Osten erweitern konnten, ist ja zu bedauern. Deswegen aber, weil irgend eine Wasserstraße versumpft ist, kann man doch nit die Kanäle überhaupt befämpfen. Wenn man den Rhein - Elbe - Kanal als Einbruchsstele fürchtet, so trifft diese Befürchtung in viel höherem Maße von dem Küstenkanal zu. Glaubt man etwa mit weiteren Gisenbahnen billiger zu fahren? Der Eisenbahn-Minister ist anderer Ansicht. Der Kanal erfordert viel weniger Persoval und demgemäß auch weniger Koften als die Eisen- bahnen. Im Interesse der Landesverthtidigung ist der Kanal von der größten Bedeutung. Davon haben -wir uns in der Kommission über- zeugt. In finanzieller Beziehung is der Kanal unbedenklich und die entgegengesetzte Ansicht des Grafen zu Limburg-Stirum um so befremd- licher, als selbst der Finanz-Minister sih bereit erklärt hat, das Risiko für diesen Kanal zu übernehmen. Da steht mir die Autorität des Finanz-Ministers höher. Die Konservativen wollten früher für Kanäle stimmen, wenn sie eine mäßige Verzinsung des Anlagekapitals und die Aufbringung der Verwaltungskosten garantierten. Diese Voraussetzung trifft hier durhaus zu. Man hat uns wieder das Schreckbild einer riesigen Vermehrung der direkten Steuern an die Wand gemalt. Jch glaube mit der Regierung, daß der Verkehr des Kanals den Eisenbahnen niht s{chaden wird, sondern daß im Gegentheil fogar die daneben laufenden Eisenbahnen höhere Tarifeinnahmen abwerfen werden. Verschiebungen können ja durch den Kanal eintceten. Das bewirkt aber jede neue Eisenbahn, jede neue Chaussee 2c. Wir müßten uns dann ruhig s{chlafen legen und überhaupt keine neuen Verkehrswege bauen. Die Regierung hat im übrtgen Gegenkonzefsionen versprochen. Den Antrag des Zentrums, die Vorlage nochmals an die Kommission zu verweisen, habe ih nicht als einen Vershleppung8versuh angesehen. Die Berhandlungen der Kommission haben die Sachlage erheblih ge- klärt. Jch betrachte die Kompensationen als ein großes Programm der nationalen Verkehrspolitik. Dieser Kanal if noch nicht der Schluß- stein unserer Kanalpolitik. Diese Kompensfationsforderungen können aber unmögli sofort in Angus genommen werden, wir müfsen doch erst abwarten, ob sie in der That nothwendig sind. Der Rhein-Elbe- Kanal ist ein Kulturwerk ersten Ranges. Wir dürfen hinter anderen Nationen nicht zurückbleiben, Stillstand wäre hier Nükschritt. Jch bin überzeugt, daß wenn der Kanal einmal besteht, die jeßigen Gegner nicht begreifen werden, wie sie eine andere Politik haben treiben können.

Negierungskommissar Obecst Budde: Der Kriegs-Minister ist durch Dienstgeschäste verhindert, die Vorlage hier zu vertreten. Die Militärverwaltung glaubte, nachdem ihre Ausführungen in der Kommission als berechtigt anerkannt waren, nicht mehr zu Worte kommen zu brauen. Nah der Rede des Abg. Grafen zu Limburg - Stirum will ich aber zum Ausdruck bringen, welhe hohe Bedeutung die Militärverwaltung auf diese Vorlage legt, sons würde eine unrichtige Vorftelung über die Bedeutung des Kanals in cinem Kriege vorhanden sein. Ich muß mir dabei große Reserve auferlegen, denn wir können unsere Transport- dispositionen für den nächsten Krie niht preisgeben. Die Landes- vertheidigung hat ein großes Interesse an dem Kanal, und in der Kommission haben wir gezeigt, daß unsere Gründe dazu nicht als Vor- \pann sür diese Vorlage von gestern auf heute erfunten sind, sondern haben eingehendes Material als das Ergebniß eines Studiums vieler Jahre, welches in einem geheimen Buch von 1896 niedergelegt ift, dex Kommission mitgetheilt. Das Buch enthält sowohl allen Nußen wie alle Shwächen der Wasserstraßen. Wir haben nichts übertrieben, aber die Wasserstraßen sind eines dec vielen bedeutenden Hilfsmittel im Kriege, um die Massengüter nah dem Kriegsshauplaß zu führen. Das nothwendige Kriegëmaterial hat sich seit unserem leyten Kriege bedeutend mehr gesteigert, als die Zahl der Eisenbahnen. Darum müssen die Eisenbahnen durch die Wasserstraßen entlastet werden. Die Wasserstraßen tollen die Eisenbahnen zwar nicht ersegen, aber ergänzen. Daher ist der Vergleich, ob die Cisenbabnen oder Wasser- straßen werthroller sind, hinfällig. Gewiß sind die Eisenbahnen werthvoller als die Wasserstraßen. Aber diese lehteren sind eine nothwendige Ergänzung der ersteren. Wir müssen nach Often und Westen Front machen. Im Westen is unsere Operations- bafis der Rhein, im Osten sind es die Weichsel und die Warthe. Die Operationsbasis des Rheins giebt uns die Möglichkeit, die Magazine

an den Wasserstraßen, wo große Mühlen un eier sind, grit zu füllen, wo die Eisenbahnen von der Mobilien j ufmarsh der Armee völlig in Anspru genommen sind. Kriege haben die Eisenbahnen Glänzendes beim geleistet. Als aber der Aufmarsch beendet war, der Transport der Güter. In kurzer Zeit überfüllt. Wir Haben Vorbereitungen getroffen, daß solche Zustände nicht wiederkehren. Die Kriegsshaupläße wehseln von Tag zu Tag. er Eisenbahnbétrieb \tockt, wenn nicht Alles Hand in Hand geht, Der Mittelland-Kanal is, wie ein Blick auf die Karte lehrt, ein Moningee ersren Ranges von Berlin, Hamburg, Magdeburg aus. enn Sie uns eine neue Wasserstraße geben, is tragen Sie zur Lösung des Zufuhrproblems in hohem Maße bei. Der Kanal wird sowohl für den Weften als für den Osten bei der Zubringung von Kriegsmaterial von Nußyen sein. Die Militärverwaltung wird von den Eisenbahnen den Ge- brauch machen, welchen sie für nothwendig hält. Volkswirthschaftlih ist aber-von Bedeutung, daß im Kriege die Eisenbahnen außerordent- lih in Anspruch genommen werden. Es müssen dana Stockungen eintreten, da der Verkehr sich fieberhaft für die Armee verstärken wird. Eine Wasserstraße vom Rhein bis {ließlich zur Weichsel ist nun ein sehr werthvolles Korrektiv. Der Kanal is} also eine Reserve für die Volkswirthschaft, und ih glaube, daß manhe Industrie vor dem Thür- \chlvß steht, wenn der Kanal nicht gebaut wird. Der General yon Blume hat gesagt, daß die Eisenbahnen \{neller arbeiten. Dieser Ansicht bin ich auG. Graf Moltke hat heute vor 25 Jahren, am 16. August 1874, in seinem Gutachten über den Rhein-Elbe- und Dortmund - Ems - Kanal gesagt: Ein Kanal zur Verbindung des Rheins mit Weser und Elbe über Minden - Hannover nah Wolmirstedt führt aus dem Innern nach der Westgrenze des Neichs in die Nähe eines wahrsheinlihen Kriegs|chauplayes und stellt somit eine Verbindung her, die für Kriegstransporte zweisellos große Vortheile bietet. Graf Moltke wies auch auf das Beispiel Frankreichs hin, ih stelle dieses Exposés der Meinung des Generals von Blume gegenüber. Dieser hat übrigens an einer Stelle ausdrüdcklih anerkannt, daß ein Kanal unter Umständen mehr leistet als eine Eisenbahn. Graf Moltke hat 1883 betont, daß Kanäle neben den Eisenbahnen gebaut werden follten. Die Eisenbahnen sind seitdem ausgebaut worden; die zweite Auf- gabe liegt Ihnen jeßt vor. Ih betrachte das Gutachten des Grafen Moltke als ein theures Vermächtniß, das jeßt einz" werden kann. Nach dem Kriege hat Frankreich seine Wasserstraßen parallel mit den Eisenbahnen ausgebaut und dafür 737 Millionen Francs ausgegeben. Dieser Kanal stellt eine Verstärkung der Defensivkraft des deutschen Vaterlandes dar, nah der Meinung niht nur des Kriegs-Ministers, fondern der ganzen Hceresverwaltung.

Abg. Newaldt (fr. kons.): Es ift zweifellos, daß die Heeref- verwaltung jedes Transportmittel willkommen heißt, für uns aber kommt es darauf an, das Ausführbare zu wollen. Handelt es sih etwa hier um einen militärischen Kanal, der unbeckingt nothwendig ift, oder um einen wirthshaftlihen Kanal? Ein Drittes giebt es nicht, Ist der Kanal ein wirthschaftlihes Unternehmen, so fragt es sh, ob er wirthshafilich durchführbar i. Einseitige agrarische Interessen verfolgen wir in dieser Frage nicht. Ist der Kanal wirklich ein Kulturfortschritt? Als wir noch keine guten Chausseen, keine Eisenbahnen hatten, waren die Kanäle ein jolher Kulturfortschritt; heute stehen Kanäle erst in zweiter Linie, ja sie können die Eisenbahnen s{hädigen. Man beabsichtigt, Preußen mit einem großen Kanalneh zu überziehen; dieser Kanal ist nur ein Stück davon und wir dürfen deéhalb dieses Projekt nit als ein abge|chlofsenes Ganzes behandeln und darüber entscheiden. Diese Vorlage weicht von dem alten Grundsatz ab, daß Handel, Industrie und Landwirthschaft zusammens- gehen sollen. Es ist niht richtig, daß 1886 der Dortmund-Kanal nur unter der Bedingung bewilligt wurde, daß der Mittelland-Kanal gebaut werde. Der Vize-Präsident des Staats-Ministeriums hat \ich darin geirrt. Viel wichtiger wäre die Hersteüung einer leistungsfähigen Wasserstraße vom Dortmund-Ems-Kanal nah der unteren Weser und der unteren Glbe. Den Antrag Arendt kann ih nur unterstüßen. Er ift eine mittlere Linie, um Freunde und Gegner des Kanals, welcher hier ge- fordert wird, zu versöhnen und damit der Industrie und der Stadt Dortmund entgegenzukommen. Der Mittelland-Kanal spielt eine Provinz gegen die andere aus, während der Küstenkanal sich gegen die Konkurrenz des Auslandes rihtet. Redner geht unter großer Unruhe des Hauses noch näher auf die wirtbschaftliden Bedenken gegen den Kanal ein und {ließt mit der Erklärung, daß er gegen den Kanal timmen werde.

Minister für Handel und Gewerbe Brefeld:

Meine Herren! Wenn wir in ausführliher Weise alle diejenigen Gesichtspunkte, die für und gegen die Voriage in der Kommission eingehende Erörterung gefunden haben, hier nochmals zum Gegen- tande der Erörterung machen wollten, so würden wir, glaube ih, sowohl an die Redeleistung der Herren Redner, als auch an die Auf- merksamkeit der Mitglieder des Hauses eine Anforderung stellen, die unter den gegenwärtigen erschwerenden Verhältnissen shwer zu erfüllen sein wird. Jch glaube deshalb, daß ich mich darauf beschränken muß, cinige Gesichtspunkte hervorzuheben, die, wie ih glaube, bisher noch keine genügende Beachtung gefunden baben.

Sie beziehen sich zunächst auf den nunmebr vorliegenden Antrag auf Nr. 320 der Drucksachen. Von dem Herrn Abg. Grafen Limburg und von dem Herrn Vorredner is des näheren auseinandergeseßt worden, daß, wenn seiner Zeit bei der Berathung der Geseßesvorlage über den Dortmund-Ems-Kanal im Jahre 1886 darauf hingewiesen sei, der Dortmund-Ems-Kanal bilde einen Theil der Verbindung zwischen Rhein und Elbe daß man damals nicht etwa gedaht habe an den Mittelland-Kanal, sondern an eine Verbindung nach der Mündung der Weser und der Elbe, indem es die Absicht gewesen sei, dem Nhein, der jeßt auf ausländishem Boden münde, eine deutshe Mündung zu geben —; wenn das die Auf- fassung der Herren is, so wuß ich daraus entnehmen, daß Sie nunmehr geneigt sein werden, für die Verbindung vom Rhein nach Dortmund, also für den Dortmund-Rhein-Kanal, zu stimmen, denn sonst würde die Mündung des Rheins nah der Ems und der Weser nicht geschaffen sein. Jh würde nun diese Auffafsung, obgleih sie keineswegs dem entspriht, was die Regierung wünscht, doch immerhin als eine Verbesserung zu Gunsten der Auffassung der Regierung ansehen und würde auch annehmen, daß das seinen guten Grund hätte. Denn, meine Herren, sür den Dortmund-Rhein-Kanal \spriht eine ganz besondere Erwägung, dicjenige, die in dem heutigen Vortrage des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten ihre ganz ausdrücklihe und s{chwerwiegende Betonung gefunden hat, die nämlich, daß der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten die Verantwortung für die Sicherheit und Ordnung des Be- triebes der Eisenbahnen im Ruhrrevier niht :nehr übernehinen kann, wenn nicht eine Entlastung durch eine Wasserstraße herbeigeführt wird. (Zurufe rets.) Ja, meine Herren, wenn das der verantwortliche Ressort-Minister erklärt, dann, glaube ih, hai das hohe Haus doh alle Ursache, darauf einiges Gewicht zu legen. (Zurufe rets.)

Ich möchte mir erlauben, in dieser Beziehung auf einen Vorgang aus dem Jahre 1883 hinzuweisen. Damals war von der Régierung der Umbau des Bahnhofs Stegliß gefordert wörden und zu diesem Zweck eine Summe von # Million in den Etat eingestellt. Derzeit war das Abgeordnetenhaus der Meinung, es sei nicht genügend gerecht-

und

M fam

fertigt, die Summe aufzuwenden, man könne ein anderes Projekt