1831 / 118 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Ser ti R ziem E Cm T n T

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fertigkeit aber, womit der Herr Präsident des Minister:-Rathes diese Proposition aufgenommen hat, als sie kaum erst aus dem Munde ihres Verfassers hervorgegangen war, hat sie gleichsam zu einem Werke des Ministeriums selbst gemacht. Von diesem ge- billigt und von dem Justiz-Minister mit Liebe vertheidigt , ist der Entwurf jezt unendlih wichtiger geworden, als er es von Anfang an war, und so sehe ih mi denn genöthigt, ein Stillschweis gen zu brechen, das ich aus anderen Nücksichten gern beobachtet hätte. Die Berathung, die über diesen Gegenstand in der anderen Kam- mer gepflogen worden ist, war gleihsam das Debut eines Mini- steriums, das unter dem Paniere der Energie auftreten wollte : alle hochherzige Gemüther sind dadurch befümmert und entmu- thigt worden; sie, die geneigt waren, das Ministerium zu unter- flüßen, mußten tiefen Schmerz empfinden, als sie sahen, daß dasselbe sich für verpflichtet halte, eine solche Bürgschaft einer Partei zu geben, die es hätte hinlänglich kennen sollen, um zu ‘wissen, daß fie durch nichts zu befriedigen ist, daß sie nie zurük- weicht, nie still steht, und daß diese immerwährende Thätigkeit ihre eigentliche Schwäche vollkommen erseßt. Vielleicht glaubten die Minister durch ein solhes Zugeständniß den Associationen ein Ende zu machen. Glauben sie dies anch jekt noch? Fühl- ten sie sich niht vielmehr durh ihre Nachgiebigkeit ges{chwächt, als sie sich kur; darauf genöthigt sahen, jene zweite Regierung, die sih unvershämter Weise neben der des Königs erhebt, auf Tod und Leben zu bekämpfen? Gleichwohl verdient die Art und Weise, wie der Herr Präsident des Conseils diesen Kampf bestanden hat, unseren besten Dank; auf einer folchen Bahn wird er mich stets bereit finden, ihn mit meinen {wachen Mit- teln zut unterstüßen, und wenn ich daher heute einen Geseß-Entwurf befämpfe,den ich ihm nur ungern beime}e, und dessenUnschicklichkeit er vielleicht hon erkannt haben wird, so fühle ich ein lebhaftes Bedauern, ihn unter meinen Gegnern zu finden. Der Haß, m. H. , is eine traurige Leidenschaft, um so trauriger, als die Mets desselben dem Menschen niemals genügt: \o daß fich in der Regel annehmen läßt, daß der Mann, dem man am meisten Böses zugefügt hat, immer auch der ist, den man am hartnáckigsten verfolgt. Jch weiß sehr wohl, daß man in dem vorliegenden Falle durch rednerische Wendungen ein solches Ge- fühl zurückgewiesen hat; in der Hiße der Berathung aber machte die Nhetorik gar bald der Leidenschaft Plak, so daß der innerste Gedanke ans Tageslicht kam. Nein, m. H., es ist fein politi- hes Geses, das man Jhnen vorgelegt hat, sondern ein Gesetß des Hasses und der Rache, und aus diesem Grunde ist es un: würdig des Königs, in dessen Namen es uns überbracht wird, unwürdig der Kammer, der man es vorschlägt, unwürdig des Landes, das größer denkt, als diejenigen, die si{ch für seine Or: gane ausgeben. Der wahre Charakter des Geseves leuchtet aus dem 6ten Artikel hervor. Was hat der 21. Fannar mit der ur- \prúinglichen Proposition gemein? Wie sehr mußte es mich nicht wundern, aus dem Munde des Herrn Berichterstatters zu hören, daß das Gese, das diesen Tag zu einem Tage der Sühne macht, eme Verlegung der Charte von 1814 sey, wonach alle politische Meinungen der Vergessenheit übergeben werden sollten. Wie läßt sich dies ‘von einer Feier behaupten, in welcher die zarten Gewissen, wenn sle sich ja an diesem Tage in die Kirche verirrten, nichts weiter vernahmen, als die Verzeihung, die ihr Opfer ihnen in seinem Teftamente vererbt hat. Befürchtete man, daß diese ga die öffentliche Ruhe stôren möchte, \o reichte ein ministerielles irkular-Schreiben hin, um dieselbe an allen Orten zu verbieten. Aber ein früheres Geseß gebot an demselben Tage die Freude, und ‘dies ist es, was gewisse Leute noch nicht vergessen haben. Heute verbietet man die Trater, d. h. man fordert zur Gleichgältigkeit gus, Die Gleichgültigkeit aber ift, einem der furch{chtbarsten Er- * eignisse -der neueren Ha gegentiber, unmöglich: #o lassen sich die Herzen nicht lenken. Jmmer wird man zur Freude oder zum Schmerze zurüickkehren müssen. Entweder wird die uns drohende Partei den Sieg davontragen, und alsdann wird man am 21. Fanttar auf dem Revolutions-Plate jubeln : oder Frank- reiz wird groß und frei seyn, und alódam1 wird es \ich bei jeder Rückkehr jenes Schmerzenstages, den es geru aus den öFahr- büchern feiner Geschihte streichen möchte, in Trauer húl- len. Die Ausschließung - des älteren Zweiges der Bour- bonen ist eine Thatsache; drei Generationen eines Herr- \cherstammes sind gerichtet , verurtheilt und bestraft wor- den. Was verlangt man mehr? Will mau dieser Thatsache geseblich eine Ewigkeit geben? Man lasse diesen Irrthum fah- ren; die Thatsache wird nur fo lange dauern, als Gott es will, feine Minute länger. Was ist aus dem Eide des Hasses gegen „däs Königthum, was aus dem Todesurtheile geworden, das ge- ? Teblich. Jeden treffen sollte, der das bloße Wort König ausspre- chen würde? Napoleon trat auf, vernichtete mit einem Schwerdt- A flreiche Eid und Geseß, und die Gesetzgeber selbst waren die er- A Bn die slch ihm zu Füßen warfen. Jch weiß nicht, welches Schicksal die Vorsehung meinem Lande aufbewahrt, weiß nicht, was sle mit dem Königlichen Kinde beschlossen hat, das {on in der Wiege, ja schon vor der Geburt der Gegenstand der nie- drigfien Verleumdung war. Aber von zwei Dingen eines: ent- weder wird die Verbannung dieses Kindes ewig seyn, oder Frank- reich wird es wieder auf den Throm seiner Väter heben. Jm ersieren Falle aber wird wahrlich nicht das vorgeschlagene Gese des: sen Verurtheilung besiegeln ; die Freiheit, der Friede, das Glück, welche die neue Dynastie dem Lande bereitet hat, werden dies bewirken. Ju der zweiten Boraussegung würde, da jenes Kind nur dur die Gewalt der Dinge und durch die innige Ueberzeugung aller Franzosen zurück- berufen werden fönnte, eine solche Macht auch unwidecestehlich seyn und Euer Geseß würde von dem Strome mit fortgerissen werden, der schon so viele andere verschlungen hat, Der Herr Berichterstat- ter theilt in dieser Beziehung meine Aufsicht nicht: er uicht, den Schicier der Zukunft zu lüften, und behauptet, die Verbannung des älteren Zweiges der Bourbonen werde ewig seyn, weil fein Arm sich bewaffnet habe, um ihn zu vertheidigen, keine Stimme sich erhoben habe, um ihn zurüczuhalten, Dies ist immer die Sprache des Siegers gewesen. Alle Revolutionen, von denen wir seit 40 Fahren heimgesucht wordeu, haben das Stillschweigen zu ihren Gunsten ausgelegt und sih auf die Ein: müthigfeit des Landes berufen, ohne die Stimme desselben je- mals ‘einzuholen. Hätte man bei einer jeden dieser großen Kata- sirophen den Adressen Glauben schenken wollen, die dem Sieger aus allen Punften Frankreichs zugingen, so hätte mau allerdiugs glauben müssen, daß sch auch nicht eine Stimme gegen die obén eingeführte Ordnung der Dinge erhöbe; bald aber trat eine neue Revolution ein und bewies das Jrrige dieser Ansicht. eute will man ein feierliches Urtheil aussprehen, und der Hr. BciGürstättèe meint, dasselbe müsse fest, unwandelbar und für ewige Zeiten sehn. Je nun! es giebt nur ein Mittel, ihm die- en Eharafter zu leihen; man wähle zwischen folgenden beiden Beispielen. Zu der Zeit, als Ludwig XVI. verurtheilt werden sollte, verlangten diejenigen, die ihn zu reiten wünschten, einc Appellation an das Volk; die feierlihe Bestätigung dieses lebte- én aber, dem man damals wie jeyt einredete. daß es der alls

scheut fich |

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einige Souverain seh, wurde von der Partei verweigert, die nun einmal entschlossen war, einen Kön1g aufs Schaffot zu führen, und wohl wußte, daß das zu Rathe gezogene Land eine solche monstruöse Ungerechtigkeit mit Abscheu zurückweisen würde, Als Napoleon von Elba zurüctfehrte, hütete er sich sehr, ein solches Beispiel nachzuahmen. Und doch han- delte es slch nicht von einem Todes - Urtheile, sondern bloß von der Zusaß-Akte, die der uns heute vorgeschlagenen Maaßre- gel vollkommen gleich sieht. Aber jener Mann, der doch auf seine Kraft rechnen und nöthigenfalls das Schwerdt in die Wage schale legen konnte, war der Meinung, daß das Votum der Kammer nicht hinreiche, um die ewige Verbannung einer Dyh- nastie auszusprechen, die sich durch #o viele Erinnerungen an Franfreich fnüpfte. Er 1nteriwarf jene Afte daher der Bestäti- gung der gesammten Nation, weun gleich die Bedingung, das L-otum offen abzugeben und den Namen hinzuzufügen, dieser Maaß- regel jeden Schein von Fceiheit nahm. Die Zeiten haben sich seitdem geändert, und würde die Frage heute dem Lande vorge: legt, so würde dieses frei und ohne Rückhalt darüber entscheiden. Welches von diesen beiden Beispielen will man si{ch nun zum Vorbilde wählen? Das erstere, das von aller Welt mit dem Stempel der Verwerfung gebrandmarkt wor- den ist, oder das lettere? Mit einem Worte, will man Frankreich zu Nathe ziehen? Und wagt man dies nicht, so spreche man mir nicht mehr von Einmüthigkeit. Eine Haupt- Absicht, die man bei dem uns gemachten Vorschlage hat, ift, daß man dadurch alle die Fäden abschneiden will, die den älteren Zweig der Bourbonen noch an das Land kuüpfen. Diese Ab- sicht ist mehrmals als ein lihtvoller Gedanfe offen eingestanden worden, und doch fann man sich des Lächelns nicht enthalten, wenn man vernünftige Nänner, oder doch solche, die seyn sollten, dergleichen Abgeschmacktheiten im Ernste vortragen hört. Man müßte hiernach die ganze Geschichte Frankreichs auslöschen, denn sie’ ist es, die alle jene Fäden enthält, welche Euch so ge- fährlih scheinen. Man überschaue die leßten acht Fahchunderte, überall wird der Blick auf einen Bourbonen fallen, überall wird man jene Fäden wiederfinden, die der Haß vernichten zu fönnen glaubt. Und wollte man auch Franfkreihs Geschichte nurx von dem Jahre 1789 an gelten lassen, so würde der mit dem Blute der Bourbonen gedimigte Boden uns noch an die Existenz derselben mahnen. Man verbiete den Franzosen, den bloßen Namen eines Bourbonen auszusprehen, man verbrenne die Bücher, worin derselbe vorkommt; umfonst! er wird nur um so glänzender leuchten in der Getreuen Herzen, die ein Heilig: thum sind, wohin fein Sterblicher zu dringen vermag. Es liegt einmal in der Natur des Menschen, daß er sich des Unglück- lichen annimmt, und Großmuth zu üben is sein edelstes Ge- scháft. Man verzichte daher auf jene fkleinlichen und elenden Maaßregeln, die, statt den Parteigeist zu ersticken, ihn vielmehr ins Leben rufen. Mit einem bischen Ueberlegung hätte man dies erfannt; aber der Haß ist ein s{lechter Rathgeber und dient oftmals denen, die er ins Verderben stürzen \oll, Glaubt man z. B., durch die lächerliche Verbannung der Lilien die legte Revolution sehr gefördert mmd den Thron Ludwig Philipps befestigt zu haben? Gewiß nicht: ih bin hier- bei ganz unparteiisch, denn ih erkläre offen, daß, seit die Lilien nicht mehx das Symbol der alten Monarchie find, ich anch nur noch sehr wenig Werth darauf lege. Wie konnten aber die Minister nicht fühlen, daß, nachdem der König die Lilien angenomnicn, sie in seinem Wappen und in den Staats-Siegeln beibehalten hatte, die Beschimpfung derselben, die angeblich nur dem älteren Zweige der Bourbonen gelten sollte, auf ihn zurücfiel? Die Maaßregel war eben so ungeschickt, als unpolitisch; man hat dadurch nur einen Fenerbrand in das Land geworfen. Ein ganz ähnliches Resultat würde auch das uns vor: geschlagene Geses haben. Mit welchen Schimpfnamen man auch die Männer belegen mag, deren einziges Unrecht darin be- steht, daß sie eine Meinung haben, die' niht mehr in der Mode ist, es bleibi deshalb nicht minder wahr, daß die sogenanuten Karlisten sich in großer Menge unter den Grund - Eigenthümern und Wählern befinden. Das gedachte Geseß aber wird diejenigen von den Wahl: Kollegien entférneu, die durch ihre Mitstimmung dem Ministerium zur Bewahring der Ruhe und Ordnung noch hätten behülflih seyn fonnen. Das Land. bedarf vor Allem der Kraft und der Einigkeit : ohue diese ist aber jene undenkbar, und doch verscheuncht man sie. Fu diesem Augenblicke bekämpft man strafbare Associationen mit lobenswerther Energie; das vorliegende

- Geseß aber wird deren andere in einem entgegengeseßten Sinne

hervorrufen,“ Bei dieser Aeußerung unterbrach Hr. Ca. Pé- rier den Redner lebhaft mit den Worten: „Wir werden sie eben so gut befämpfen; wir werden niemals zurückweichen ! ‘‘ „Es wäre aber besser,“ fuhr der Herzog fort, „wenn man der- gleichen Affociationen zu verhindern strebte. Das vorgeschlagene Gesez wird dem Könige auch uicht einen Diener mehr zuwen- den und der vorigen Dynastie auch nicht einen Freund entzie- hen ; die Korrespondenz mit Holyrood wird dadur nicht verhin- dert; auch ist dies nicht die Absicht des Gesetves, da keine Strafe auf eine solche Korrespondenz geseßt wird und das Geseß Alles gestattet, was es nicht ausdrücklich verbietet, Jst die Korrespon- denz unschuldig, so bietet sie keine Gefahr dar; ist sie strafbar, so reichen die bestehenden Gesege hin, um sie zu unterdrucfen. So lange es noch eine Ueberfahrt vou Dover nah Calais giebt, wird es auch täglich hundert Mittel geben, mit Holyrood zu forrespon- diren. Im Uebrigen siud es nur die Schwägter, die viel schreiben, und Schwäßer sind nicht gefährlih. Die wahren Verschwörer ver- stehen sich mit einem halben Worte und in einer Entfernung von hundert Meilen. Man behauptet, daß die vorige Dynastie immer noch damit umgehe, den Bürgerkrieg zu entzünden, Fch glaubte, daß man diese lächerliche Beschuldigung endlich aufge- geben hätte, Es bleibt mir jekt noch übrig, einige Worte über den Meineid zu sagen ein Wort, das man seit einiger Zeit täglich wiederholt. Jch gebe zu, daß die verderblichen Verocd- nungen eine Verlekung des (Grundvertrages waren. Aber der Monarch glaubte, dadurch das Land zut retten: er war über- zeugt, daß, was für Miuister er anch wählen möchte, die Angriffe gegen die Krone dieselben bleiben würden. Und hatte er Unrecht? Wußte er nicht, daß man sich offen gegen ihn verschworen hatte und si{ch sogar des Meineides gegen ihn rühmte?“ Hier unterbrach Hr. Cas. Périer mit Lebhaftigkeit den Redner und fragte: „Wer rühmt sich dessen? Unbestimnite Anschuldigungen treffen eden, Nennen Sie die Meineidigen.“‘ Der Herzog von Fiß-James: „Jch habe uicht gesagt, daß Ihr Eid eine bloße Jronie gewesen seh, und daß S ie cine Ko- mödie gespielt hätten.“ Herr Cas. Périer: „Niemand nen- nen, heißit Jedermann nennen,‘‘— Der Herzog v. Fib-Fame s: „Ich habe diejenigen bezeichnet, die sich selbst genannt haben ; es giebt Männer, die sich gerühmt, 15 Jahre lang fonspirirt zu haben. Wie hät der Präsident des Ministecraths - glanben fönuen, daß meine Worte ihm gálten? Jch frage die ganze Kammer, Niemand hat sich über meine Absicht täuschen können,“ —— Graf v, Mous

talembert: „Persönliche Anspielungen finden hier uie stay reden Sie weiter.‘ „Der König““, so fuhr der Herzog ny mehr fort, „glaubte in dem Rechte einer natürlichen und gese máßigen Vertheidigung zu seyn; bei Gott! ih sage Ihnen dj Wahrheit. Man wendet mir den verhängnißvollen Kampf ejy den er angeordnet habe, und der so furhtbaren Groll gegen ih erregt hat. Aber der Prozeß gegen seine Minister hat bewiesty daß die blutigen Scenen der drei Tage ein furchtbares Unglüg nimmer aber ein vorher überlegter Aft waren. Nachde man die Minister wegen der blvßen Unterzeichnung der Vi ordnungen verurtheilt hat, fann man nicht auch noch Kj X, wegen derselben anflagen. Die Sache is aäbgeurthej( Je mehr ih auf der schwierigen Bahn, die ih verfolge, vo schreite, wird meine Aufgabe leichter. Fch habe jet nicht meh einen vom Unglück gebeugten Mann zu vertheidigen , \ondey uur das "Zeugniß der Geschichte anzurufen. Die Geschichte unser Richter in lebter Jnstanz, es ist daher im Interesse All von Wichtigkeit, daß sie nicht nah falschen, von Parteigeis eingegebenen Dokumenten geschrieben werde. Man hat dj Bourbonen für alles während 22jähriger Kriege vergossene Bly verantwortlich machen wollen, ohne zu bedenken, was man h, hauptete. Jedermann weiß, daß die Sache der gegen Frankreih verblindeten Mächte nicht die Sache der Bourbonen wax! Nachdem der Redner durch weitläuftige Auseinanderseßh gen zu beweisen gesucht hatte, daß die Wiederherstelluy der Monarchie nur ein Neben-Umstand, aber durchaus nit der Zweck der Juvasion der fremden Mächte gewesen seh, {l} er in folgender Weise: „Hat die Restauration in ‘der Thi Frankreich 15 Jahre unter einem demüthigendeèn Joche gehalty und die Interessen, so wie die Ehre des Landes, den Fremd aufgeopfert? Die Minister haben alle Dokumente der Restay ration in Hánden; mögen sie das Archiv der auswártigen Anz legenheiten öffnen und uns entweder durch Kcrrespondenzen ly

weisen, daß die Montmorench, Richelieu, Chateaubriand u}

Laferronnahs Verräther waren, oder der Verleumdung Schweigy gebieten. Durch diese Archive würde Frankreich in Stand gese werden, zu beurtheilen, ob die Diplomatie der Bourbonen ein Red hat, vor ihren Feinden und Freunden mit Stolz aufzutreten, oder ( sie vor der Diplomatie des Juli erbleichen muß. Jchjdarf woll nicht erst hinzufügen, daß ich gegen den Geseß-Eutwurf stimme." Der Großsiegelbewahrer replicirte dem Herzoge von Fiy James in folgender Weise: „Jch will dem vorigen Redner nicht h dem langen und glänzeuden Vortrage folgen, den er ftr die vori Dynastie gehalten. Die Regierung und Frankreich können sh einer Widerlegung überheben; es ließ sich voraussehen, daf si in eine Debatte, wie die gegenwärtige, alte Neigungen und (y innerungen, um nicht alter Groll zu sagen, mischen würden. My hat gesagt, das vorliegende Gese sey von der Regierung nj einer Art von Haß aufgenommen worden; man hat mich per sonlich angeklagt, demselben mit Liebe beigetreten zu seyn. Ohni Zweifel verdanke ich diese Aeußerungen über mich meiner Eige1 {aft als Deputirter von Paris, dieser Stadt, wo die Yuli:

volution vollbracht worden ist, Dergleichen Aeußertingen habn nichts Verlevendes für mich, meine Herren, doch muß i hi merken, daß ich niht einem Gefühle des Hasses gefolgt bin, son dern daß ich das Gese vertheidigt habe, weil mein Verstand ihm beistimmte, und weil mein Gewissen. nichts der Gerechtiß feit Zuwiderlaufendes darin fand. Stellen Sie jene Erinneri gen und Neigungen bei Seite und nehmen Sie an, Sie l sen in der. Geschichte eines großen Volkes folgende Zeilen ¿7 1, És bestand bei demselben eine Verfassung, dié eine Dynastf bestätigte, wobei dieser leuteren zugleich die Achtung gegen di Geseße und Freiheiten zur Bedingung gemacht wurde. Ein Tages brach gegen diese Geseye eine vorher überlegte Verschwü rung aus, Die Dynastie wurde entthront, und eine neue erhiel den s{önen Auftrag, den öffentlichen Frieden und die Rechte un Freiheiten des Landes zu beshügen. Zu der entthronten Dhnw stie sagte man: Erscheint niht wieder in einem Lande, in d Jhr nur Unglück und Unordnung bringen fönntet; Euer Eig thum werde verkauft und der Ertrag davon Euch übersandt, oh nah dem Gebrauche zu fragen, den Jhr davon machen wollt.“ Würden Sie, wenn Sie alle Leidenschaftlihkeit bei Seite lassen, eine solche Revolution wohl anflagen können, sie sey räuberisd und verfolge das Unglück? Als die Charte von 1830 votirt un Ludwig Philipp dér Eid der Treue geleistet wurde, da war i dieser neuen Charte und diesem neuen Eide die Ausfchließun der entthronten Familie enthalten. Jch brauche nicht ' das in

Jahre 1816 gegen die Napoleonishe Familie erlassene Gese}

ein (eses, worin Härten ent

als Beispiel anzuführen, —- dem vorliegenden nicht finden;

halten waren, die sich in

das Bedürfniß, den iuneren Frieden zu erhalten und gefährlich}

enschen

Aufreizungen zu verhindern, reichen für den gesunden Verstand hin, un! dieses Gesey zu rechtfertigen. Man hat g

‘sagt, um ein solhes Gesey anzunehmen und eine ewige. Aut}

E u seh eine Appellation an das Volk nöthig Waren Sie nicht die Organe des Nationalwunsches, als Si die neue Charte annahmen und Eide leisteten, die Jhunen werth und theuer sind? Denken Sie sich in die Lage zurück, worin Frankreich sich zur Zeit der Julitage befand. Seen Sie det

Fall, das System der Verordnungen hätte die Oberhand behal:}

ten, die Einwohnerschaft von Paris und das gute Necht wäre! besiegt, die Hauptstadt wäre den Flammen preisgegeben und mit Trümmern bedeckt worden, was würde wohl die Zukunst

Frankreichs gewesen sehn? Was den Nationalwunsch betrifft, habe ih ihn in Allem ausgesprochen gefunden; in jeuer Reise}

auf welcher sich keine Stimme zu Gunsten der éntthronten Fe} ammt [in furzer Zeit überfüllt waren.

milie vernehmen licß, obgleih die Truppen, von denen sie bt gleitet wurde, ihr ergeben waren; die Kommissarien, welche sie im Nanmien der Revolution geleiteten, waren nicht da, um das Volk gege! die Königl. Familie aufztireizen, sondern vielmehr, um dieselbe gege! etwanige Aeußerungen des Unwillens zu beshügen. Jch finde

diesen Nationalwunsch ferner in der Bewaffnung der National | Garden ausgesprochen ; ist die dreifarbige Kokarde auf der Müßt} des National - Gardisten nicht ein Zeichen, daß man die neut}

Dynastie liebt und die vorige für immer ausschließt? Man spricht von der Volks-Souverainetät und versichert, daß die Regierung dur ihren Beitritt zu dem vorliegenden Geseß-Entwurfe dieses Prin:

cip verläugne. Ich zweifle, daß es gut ist, täglich zu wiederho:}

len, daß eine Verfassung jeden Angenblick verändert werden fönne und uur eine provisorische sey. Eide werden mit dem Gedanken der Dauer geleistet, und die Verfassungen müssen dit: ses Princip der Bestándigkeit enthalten, das die Bedürfnisse der Nationen erfordern. So lange die gegenseitig bindenden Eide bestehen, so lange der Fürst den gethanen Schwur hält, find auch die Völker eifersüchtig, den ihrigen zu halten, und in der gegenseitigen Achtung der eingegangenen Wezpflich- tungen sind die öffentlichen Freiheiten mit dem Bedürfniß

der Ruhe und der Besorgniß vor zerstörenden Umwälzungen ver}

söhnt. Frankrei

ir haben keinesweges gesagt, Franfreich sey. mit Komplotten,

Ordnung derDinge zu unterhalten, die man nicht anerfeúnt. Wie fönn-

Sie votirt haben, ein immerwäahrendes Eigenthumsrecht gewähren ?

man in den übrigen Sectionen etwa 250 Deputirte zählte. Um

2 wiederhole es den Anhängern der vorigen Dynastie: | hat in souverainer Weise gesprochen und ist nicht ge

igt, auf seinen Beschluß noch einmal zirücfzukonuneu; voll Bertrauen auf den Fürsten seiner Wahl, bedauert es die Vergan- nheit nicht und blickt hoffnungsvoll in die Zukunft, Dies find je Rücksichten, die uns bestimmten, einem Gesege beizutreten, s weder eine Maaßregel der Verfolgung, noch der Ungerech- (feit ist, Wie wir denjenigen, der -durch Aufforderungen zu unsten der vorigen Dynastie die bestehenden Gesepe bedrohte, ichtlich verfolgen müßten, also missen wir anch auf die: An- ahme eines Geseßes antragen, welches verhindern soll, daß eine perso- ificirte Herausforderung von Holyrood unser Gebiet betrete. Der den ßerkauf der Güter betreffende zweite Artikel ist wie eine Coufiscation argestellt worden, undman hatuns bei dieser Veranlassung überflüssi- er Weise eine lächerliche Uebertreibung in unserer Sprache beigelegt.

zerschwörungen angesftillt und stehe in fortwährender Verbindung it Holhrood, Wir waren vielmehr die ersten, die den vorlie- enden Antrag für unnüß erklärten ; nachdem er aber ein Mal horgelegt worden, war es unsere Pflicht, ihm beizutreten. Was zie Verbindungen mit Holyrood anlangt, so theile ih nicht un- jedingt das von dem edien Herzog mit solcher Wärme geäußerte Vertrauen. Jch glaube nicht, daß man in Holyrood jede Hoff- ung auf eine Rückkehr nach „Franfreich aufgegeben habe, und gar keine Verschwörung möglich sey; ich befürchte vielmehr, daß man sich beintiht, im Innern strafbare Verbindungen gegen eine

en Sie einer Familie, die Sie entthront, deren ewige Ausschließung

Fs ist sonderbar, eine Confiscation in der Bestimmung finden u wollen, daß die Eigenthümer ihre Besizungen in einer be- immten Zeit verfänfen und daß die lebteren nach Verlauf die- ex Frist durch den Staat veräußert werden s\ollen, da doc der Frlós den Eigenthtimern nicht entzogen wird. Diese Magßregel versohnt den vffentlichen Frieden mit dem Eigenthums - Rechte. Die Regierung hegt also weder ein Gefühl des Hasses und der Rache, noch empfindet sie die Liebe und Zuneigung, die ihr von dieser Rednerbühne herab vorgeworfen worden sind. Man hat an die Reise nach dem Elsaß erinnert, um zu beweisen, daß es der vorigen Dynastie in Frankreich an Anhängern nicht gefehlt habe. Aver gerade diese Reise ist ein strenger Richter gegen die entthronte Dhuastie. Jenes Land war von fremden Heeren ver- wüstet worden und war im Y. 1822 Zeuge der beklagenswerthe- sten Attentate des damaligen Ministeriums gegen die Ehre der Nation und der Armee, so wie gegen die Ruhe des Landes, gewesen. Bald nach Einführung der Preßfreiheit zeigte sich der Fürst in dieser Provinz, und sogleich war aller Groll vergessen. Es ist in Frankreich ein solches Bedtirfniß der Ordnung, eme solche Ein- scht in die Nothwendigkeit der Regierungs-Gewalt vorhanden, daß man die leßtere mit offenen Armen empfängt, sobald man sieht, daß sie mit der Freiheit verträglich ist, Nach der Rückkehr des Fürsten von dieser Reise erschien das Ministerium des 8, August und mit ihm der erste Gedanke an die Juli-Verordrun- gen, und man will behaupten, daß jene Provinz mit den Gesin- nungen der Hauptstadt nicht-übereinstimme? Es herrscht in die- ser Beziehung nur eine Ansicht, meine Herren, welche Theorie man anch über den Art. 14 der alten Charte aufsiellen, wie mau ihn gquh auslegen mag. Nach dem in Rheims feierlich geleisteten Eide waren die Juli - Verordnungen ein Meineid, der die Dynastie Karls X. stürzte. Nachdem ich mich über die von dem edlen Pair angestellten Betrachtungen mit einiger Freimüthigfeit geäußert, habe ich nur noch einige Yorte hinzuzufügen. Die Regierung ist keinesweges geneigt, Gefühlen des Hasses und der Rache zu fröhnen; sie trachtet vielmehr danah, eine Zukunft für Frankreich zu begründen. Wenn Gedanken der Rache zum Vorschein kommen sollten, so würde die Regierung die erste sehn, die sle unterdrükte und sich ihnen aus allen Kräften widerseßte. Eben so ruft sie aber auch gewissen Männern zu: Bedenft, daß das Land des Vertrauens ¡u den verfassungsmäßigen Gewalten des Staats bedarf; trach- tet nicht danach, dieses Vertrauen zu ershüttern. Eure Liebe ju dem vorigen Fürsten mag sich auf alte Verbindungen gründen; ih eriunere aber daraa, daß es ein Frauk- reich giebt, dessen Bestes befragt werden muß. Der öffentliche Frieden bedarf des Schußes; das Zurückkommen auf die Ver- gangenheit und die hestigen Angriffe auf die Gegenwart fönnen denselben aber nur gefährden. Man sagt zwar, das Alles werde aus Liede zum Lande gesagt; das ist aber eine schlecht verstan- dene Liebe, oder, um die Wahrheit zu sagen, man vergißt viel: mèhr, was man seinem Lande schuldig ist, um alten Neigun- en, die das Land nicht theilt, einen Tribut zu zollen.‘ (Einen agu aus den beiden Vorträgen des Vicomte Lainé und des Handels-Ministers morgen.)

Schluß der Session von 1830. Am 20. April wur- den beide Kanmiern von Sr, Majestät dem Könige in Person prorogirt. Schon vom frühen Morgen an drängte slch eine zahl- lose Menge von mit Billets versehenen Zuschauern an sämmt- | lihen Eingängen zu dem Sigungs-Saale der Deputirten- Kam- mer, in desseu Junern feine weitere Veränderung vorgenommen ivorden war, als daß man, wie bei der Eröffnungs-Siuung, an der Stelle, wo die Rednerbühne si befindet, den Thron errichtet | hatte. Die demselben gegenüber befindlihe Tribune für die Zeitungsschreiber war diesmal ausnahmsweise dem diplomati- | schen Corps vorbehalten worden. Als gegen 10 Uhr die Zugänge geöffnet wurden, füllte der Saal sih alsbald mit Zuhörern, na- | mentlih auch mit einer großen Menge zierlih geschmüÜickter Da- men, so daß sämmtliche Tribunen, mit Ausnahme der mittelsten, i Auch in dieser erschienen all- [ málig die Mitglieder des diplomatischen Corps. Jn der Mitte [uahm der Päpstliche Nuntius, ihm zur Rechten der Neapolita- nische und zur Linken der Russische Botschafter Plaß. Zu bei- den Seiten besanden sich überdies die Gesandten Oesterreichs, Englands, Preußens, Schwedens, Dänemarks, der verschiedenen Deutschen Staaten u. \. w., und hinter ihnen stellten sih die Legationlsräthe und Secretaire auf. Jm Saale selbst war das rechte Centrum den Herren Pairs vorbehalten worden, während

125 Uhr verkündigte eine Artillerie-Salve vom Juvaliden-Hotel erber den Aufbruch des Königs vom Palais-Royal. Se. ajestät waren zu Pferde in der Uniform der National-Garde,

Ihnen zur Seite die Herzöge von Orleans und von Nemours

in der Uniform der ihuen gehörenden Regimenter. Jm Kou- ferenz-Saale wurden Höchstdieselben von den beiden großen

Deputationen der Pairs - und der Deputirten-Kammer empfan-

gen und sofort in den Sitzungs - Saal geleitet. Der König

bestieg unter dem lautesten Jubel der Versammlung den Thron ; ihm zur Rechten stellte sich der Herzog von Orleans, zur Linken der erzog von Nemours und auf die Stufen des Thrones die 8

inister, während F. M. die Königin mit den Prinzessinnen

zum gestrigen Blatte der Staats-Zeitung gegebene) Rede.

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vorbehaltenen Tribune des Staats-Raths Plaß nahmen. Nach:

dem der Monarch die Herren Pairs und Deputirten ersucht hatte, ihre Sive einzunehmen, hielten Se. Maj. dix (in der Nachschrift Na

Beendigung derselben verlas Herr Cas. Périer die Königl, Verordnung, wodurch die Session von 1830 bis zum 15. uni d. J. prorogirt wird. Der König stieg sodann vom Throne herab und wurde mit demselben Ceremoniel, wie er eingeführt wordén, unter dem wiederholten Ruse: Es lebe der König! bis an die äußere Thür des Palastes Bourbon zurückgeleitet, von wo aus Se. Majestät zu Pferde, und umgeben von einem glänzenden General: stabe, den Rückweg nach dem Palais-Royal antraten. Die Königin und die Prinzessinnen folgten in einem offenen 2spännigen Wagen.*)

Paris, 21. April. Borgestern ertheilte der König dem Spanischen Botschafter, dem General Belliard und dent Prá- sidenten der Pairs-Kammer Privat-Audienzen, Abends präsidirten Se. Majestät von 8 bis 11: Uhr in einem Minister-Rath. Ge- stern früh um 11 Uhr versammelten fi die Minister im Kostüm beim Könige. Um 122 Uhr begaben sich Se. Majestät zu Pferde, begleitet von den Herzogen von Orleans und vou Nemours, und einem glänzenden Generalstabe, nah dem Palaste der De- putirten - Kammer, Der Zug wurde von zwei Husaren - Schwa- dronen und einer Schwadron der reitenden National - Garde er: offnet und von zwei Schwadronen Dragoner geschlossen. Die Linien-Truppen und die National-Garde zu Fuß bildeten zu bei den Seiten des Weges vom Palais-Nohal nah dem Palast Bourbon ein. Spalier. Se. Majestät kehrten um 12 Uhr mit demselben Gefolge nach dem Palais-Royal zurück.

Der heutige Moniteur publizirt mit dem Datum des 11ten d. M. das Geseg wegen der Militair - Pensionen bei der Land-Armee. Dasselbe Blatt enthält eine Königl, Verord- nung, wodur der Finanz-Minister ermächtigt wird, das dem von ihm gestellten Minimum gleihkommende zweite Gebot des Vereins hiesiger Banquiers für die neue Anleihe von 120 Mil: lionen anzunehmen. s

Die Tilgungsfasse hat vom 1. Yanuar bis zum 31. März, einer im- Moniteur enthaltenen Uebersicht zufolze, 348,675 Fr. 3 proc. Rente für 6,668,363 Fr. und 724,194 Fr. 5 proc. Rente für 12,920,460 Fr. zurügefauft.

Der Minister des Haude!s und der öffentlichen Arbeiten hat folgende Fonds für Unternehmung von Bauten im bevorsteheu- den Sommer angetoiesen: 2,860,000 Fr. für die Straßen, die Kausffahrteischifffahrt und die Handelshäfen, 260,000 Fr. für den Kaual in der Bourgogne, 80,000 Fr. für den Kanal von Berry, 285,000 Fr. für den Kanal von Nantes nach Brest, 125,000 Fr. für den Kanal der Ardennen, 135,000 Fr. für den des Niver- nais und 98,000 Fr. für die Brücke in Rouen und den Hafen von D im Ganzen 3,774,000 Fr.

Der Königl. Gerichtshof hat den Geschäftsführer des Na- tional, Hrn. Paulin, wegen Aufreizung zu Haß und Verachtuug gegen die Regierung, vor die Assisen gestellt. Der angeschuldigte Artikel betraf die Ernennung des Périerschen Ministeriums. Der Courrier français beklagt sich darüber, daß das Ministerium des Fnnern sich die Bühnenstücke vor ihrer Auf- führung zu verschaffen suche und sie censire; die Bühnendichter hätten hierauf beschlossen, ihre Stücke von allen Direftoren zu- rückzufordern, welche dieselben dem Ministerium mittheilen würden. :

Großbritauien und Krland.

Parlaments-Verhandlungen. Jn "den Sizungen beider Häuser vom 20. und 21. April gab die im Unterhause anm 19. d. geschehene Abstimmung, die eine Niederlage der Mi: nister herbeigeführt hatte, zu mannigfaltigen Diskussionen An- laß; meistens darüber, ob es gegründet sey, daß die Regierung das Parlament auflösen würde. Fm Oberhause nannte Graf Grey eine in diesem Bezuge von Lord Wharncliffe an ihn gerichtete Frage ungewöhnlih und lehnte jede Antwort darauf ab. Lord Wharncliffe kündigte demnach an , daß er eine Adresse an den König vorschlagen werde, in der Se. Majestät ersucht. werden sollen, von Höchstihrer nicht zu bezweifelnden Prärogative zur Auflösung des gegenwärtigen Parlaments feinen Gebrauch zu machen. (Lauter Beifall.) Fm Unterhause- fragte Sir R. BVyvyan, ob die Minifter mit der Neform-Bill fort- fahren, oder ob sle Sr. Maj. die Auflösung des Parlaments rathen würden. Der Kanzler der Schaßkammer verneinte das Erstere und sagte in Bezug auf das Lettere, daß es seiner Pflicht entgegen seyu würde, eine Antwort darauf zu ertheilen. Sehr viele Mitglieder nahmen sodaun Aulaß, ihre Meinung in dieser Hinsicht, und zwar gegen die Vill, so wie gegen die Minifter auszusprechen. Die Debatte, die feinen eigentlichen, beftimmten Gegenstand zum Zwecke hatte, war bereits bis 1 Uhr nah Mitternacht ver- längert worden, als Herr W. Bankes auf die weitere Ver- tagung derselben antrug, weil noch mehrere Mitglieder darüber zu sprechen hätten. Der Kanzler der Schaßkammer wider- seßte sih zwar diesem Antrage; als jedoch darüber abgestimmt wurde, nahm ihn das Haus mit 164 gegen 142 Stimmen an. Die Belangung des Druckers der Times hatte in beiden oben genannten Sißungen dem Oberhause Stoff zur Disfussion ge- geben. Ju der ersten überreichte Lord King eine Bittschrift des Herrn Lawson, in der er sein Bedauern darüber aussprach, die Vrivilegia des Oberhauses verleßt zu haben. Graf v. Lime- rick erklärte, daß es ihm nicht darum zu thun sey, dem genaun- ten Buchdrucker eine {were Strafe auferlegen zu lassen. Jn der - folgenden Sibung wurde die Debatte über den Gegenstand im geheimen Comité fortgesest. Das Resultat der 2¿stlmdigen Berathung war, daß Herr Lawson, wieder vor die Schranken des Hanses gestellt, vom Lord - Kanzler einen scharfen Ver- weis erhielt, aus seiner Haft entlassen und in die Bezahlung der Kosten verurtheilt wurde. (Auf die Details der oben er- wáhnten Sigungen werden wir nachträglich zurückkommen.)

Oberhaus. Sigzung vom 22. April. Da das Gerücht sich verbreitet hatte, daß Se. Majestät heute das Par- lament in Person auflösen würden, so hatte sih eine große An- zahl von Nengierigen nah Westmiufter begeben. Der Zudrang um Einlaßbillets in die Gallerie des Oberhauses war ungeniein groß, doch wurden uicht viele ausgegeben. Schon um halb 3 Uhr hatten fih viele Pairs, wovon ein großer Theil in Staats- Roben, im Oberhause versammelt; auf den Oppositionsbänken er: blickte man auch mehrere edle Pairinnen. Kurz vor 3 Uhr trat der Lord - Kanzler ein, worauf der Bischof von Exeter die

*) Die Session von 1830 if die lângste gewesen, die bisher noch Uan leeren Da sie am 3. August v. F. erdffnet wurde, so hat sîe volle 82 Monate gedauert, in welcher Zeit sie nur einmal auf 25 Tage (vom 9. Oktober bis 3. November) zur Ergänzung der damals im Schooße der Deputirten-Kammer cxledigten Stellen

Adelaide, Luise, Mariaue und Karoline und dea jungen Kaul v, Aumale und v. Montpensier auf der für die Königl. Familie

unterbrochen wurde.

gewöhnlichen Gebete ablas. Eine Bittschrift, die der Herzog

v, Gordon gegen die Reform-Bill überceichte , erregte allge- meines Lachen 1m Hause. \christen Übergeben worden waren, verließ der Lord-Kanzler den Wollsack, um im anstoßenden Zimmer den König zu erwarten. Während nun der Graf v. Shaftesbury den Präsidialplay ein- |

Nachdem noch einige andere Bitt-

nahm, erhob sich eine stürmische Unterhaltung über einige Förm- lihfeiten, wobei der Marquis von Londonderry die Bemer- kung fallen ließ, daß der (von den Ministern allein anwesende) Herzog von Richmond, der sich eben gegen einige Mitglieder laut geäußert hatte, sich sehr irre, wenn er glaube, daß man ihn für den einzigen Helden bei dem heutigen coup d'état halte. Lord Wharncliffe, der am vorigen Tage einen Antrag ange- fündigt hatte (S, oben), erklärte, daß er diesen mun auch machen wolle, Er verlangte darauf, daß das Haus dem Könige in einer unterthänigen Adresse vorstelle, wie die geistlichen und weltlichen Lords nur mit großer Besorgniß vernommen hätten, daß eine Auflösung des Parlamentes stattfinden solle. Sie bäten Se, Maj. demnach, das Parlament jevt nicht zu prorogiren oder auf- zulösen, da dies bei der gegenwärtig in Frland und Großbrita- nien herrshenden Aufregung leiht eine große Gefahr für die Krone herbeiführen und hindern möchte, daß eine ruhige wohlüberlegte Erörterung der Reform - Maaßregel, wie de- ren Wichtigkeit sie erheishe, stattfinden fonne. Als der Lord ausgesprochen hatte, trat der Lord-Kanzler plöb- lich wieder ein und sagte mit großer - Lebhaftigkeit: „Fch habe doch niemals gehört, daß die Krone das Parlament nicht soll auflösen dürfen, wenn sie es für zweckmáßig erachtet, und be- sonders in einem Momente, da das Unterhaus es für angemessen hált, den äußersten und ohne Beispiel sevenden Schritt zu thun, der Regierung die Subsidien zu verweigern,“ *) „Der König, der König !‘/ rief man jeßt von mehreren Seiten, worauf der Lord-Kanzler das Haus wieder verließ, Ein fürchterliher Tumult er- hob sih im ganzen Hause; der Lär:n und die Unorduung sollen so groß gewesen seyn, daß es, wie Englische Blätter ver- sichern, bei einer Wahl-Versammlung faum stürmischer hergehen kann. Endlich gelang es dem Lord Mans field, sl{ Gehör zu verschaffen. Nachdem er seinen Unwillen über die eben siattge- habte tumultuarische Scene ausgesprochen, äußerte er: „Mit Er- staunen habe ich vernommen, daß der König das Parlament auf- lösen müsse, da das Unterhaus zu dem äußersten und beispiel- losen Entschluß gekommen sey, die Subsidien zu verweigern. Fch wünsche, mich feines ungemäßigten Ausdrucks zu bedienen. Aber so weit mir Gott meinen vielleicht s{chwachen Verstand verliehen hat, fommt es mir vor, als ob der König und das Land jeyt in eine furchtbare, noch nie erlebte Lage verseßt worden. Nicht des Mangels an gutem Willen klage ih das Ministerium an, aber der Schwäche und der Pläne gegen die Sicherheit des Staates und gegen den Monarchen, den sie zum Werkzeuge seiner eigenen Vernichtung machen wollen. ( Hört, und großer Lärm. ) Ueber die Reform habe ich meine Meinung noch niht abgegeben, weil die Bill dem Hause noch nicht vor- lag, und weil ich überzeugt war, sie würde niemals hierher kom: men, wie ih auch glaubte, sie werde von jenen ruhmlosen Ver- irrungen, jenen Theorieen und unhaltbaren Speculationen von Ministern, die sich bloß durch eine noch niemals vorgekommene Unfähigkeit auszeichneten, den Beschluß machen.“ Der Red- ner theilte nun seine Ansichten über die Bill mit, dieer eine Borläuferin vieler anderen Neuerungen nannte; er \prach fo lange, bis endlich der Ruf: „„der König, der König !“/ ihn über: tónte und eine Stimme laut „God save the King!” rief.

Se. Majestät, in der Uniform eines Admirals, traten it den Saal, begleitet von den Großwürdenträgern des Rees Die größte Stille herrshte im Hause, als Se. Majestät* M Thron bestiegen, Sich niederließen und die Lords ersuchten, ihré Sige ebenfalls einzunehmen. Nachdem der König mehreren Vills , worunter die in Bezug arf die Civilliste, Seine Zustim- mung ertheilt hatte, wurden die Mitglieder des Unterhauses in üblicher Weise eingeladen. Als diese erschienen waren , verlas der König mit fester und deutlicher Stimme die nachstehende Thronrede : \

,„„Mhlords und Herren.

Ach bin gekommen, um dieses Parlament zu prorogiren, das mit es demnächst sofort aufgelöst werde.

Fch bim bewogen worden, zu dieser Maafiregel zu schreiten, um Mich über die Meinung Meines Volkes auf dem einzigen Wege, auf dem diese am angemessenften und sichersten ausgedrückt werden kann, zu vergewissern, und zwar zu dem-ausdrücklihen Zwecke, solche Veränderungen in der Repräsentation zu bewirken, wie die Umstände sie zu fordern scheinen, und die, gegründet ausbie anerkannten Grundsäge der Verfassung, zu gleicher Zeit. dahtu

aufreht zu erhalten und Sicherheit den zu verleihen. Herren vom Hause der Gemeinen.

Fch danke Jhnen für die Anschaffungen, die Sie zur Be- hauptung der Ehre und Würde der Krone gemacht haben, und spreche Mein besonderes Anerkenntniß wegen der Anordnung aus, die Sie in Bezug auf die Lage und das Wohlbefinden Meiner Königlichen Gemahlin getroffen haben. Jch habe Fhnen auch für die Geldbewilligungen zu danfen, die Sie dem öffentlichen Dienste zugestanden. Mit Zufriedenheit habe Jch Ihre Bemú- hungen wahrgenommen, eine strenge Oekonomie in jeden Zweig dieses Dienstes einzuführen, und Jch vertraue darauf, das die Sorgfalt eines neuen Parlaments, dessen Einberufung Jch sofort anordnen will, sich baldigst auf die Fortsezung dieses wichtigen Gegenstandes richten werde.

Mylords und Herren.

Fch bin fo glücklich, Jhnen anzuzeigen , daß das freundliche Vernehmen, das zwischen Mir und den auswärtigen Mächten besteht, die besten Hoffnungen einer Fortsesung des Friedens darbietet, auf dessen! Erhaltung Meine sorgfältigsten Bemtihungen fortwährend gerichtet seyn werden.

Mylords und Herren.

Fn dem Entschlusse, zu der Meinung Meines Volkes, unter den gegenwärtigen Umständen des Landes , Zuflucht zu nehnen, bin ich durch den Wunsch und dur das eigene sehnliche Vegeh- ren nach der Zufriedenheit und Glückseligkeit Meiner Untertha- nen bestärkt worden; vertrattensvoll zähle Jch dabei auf Jhren fortwährenden und eifrigen Beistand. ‘“

Nach Beendigung dieser Rede wandten sich Seine Majestät an den Lord: Kanjler und sagteu: „Es ist Mein Wille, daß dieses Parlament sofort bis zum Dienstage den 10. Mai proro=z girt werde,“ Der Lord-Kanzler sprach demnach die Königl. Serte aus. Se. Majestät hatten \sich soglei, naGdem

ie die obigen Worte ausgesprochen, vom Throne erhoben und verließen den Saal, Die Lords folgten bald darauf.

*) Einige Mitglieder hatten sich in der Sißung des Unter. an * ses vom 21. April in diesem Sinne ausgesprochen. G ' E

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gereichen, die begrlindeten Rechte und Prärogative der Kone. #4, Freiheiten des Volkes