1831 / 207 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Unter dem Titel „Simple roeu* ist hier seit einigen Tagen eine Broshúre im Umlauf, welche ein äußerst heftiges Manifest gegen die jeßige Ordnung der Dinge und die Aufforderung zum Umsturze der Regierung Ludwig Philipps und zur Rücberufung Heinrichs V. enthält. j

Die hiesige Gazette medicale brachte _neulich von dem nach Warschau gesandten Dr. Legallois eine Skizze von der ei- genthümlichen Operations - Methode des Dr. Dieffenbach, dirigi- renden Wundarztes an dem Berliner Charité - Krankenhause.

Großbritanien und Frland.

Parlaments-Verhandlungen. Unterhaus. Siz- zung vom 19. Juli. (Nachtrag.) Capitain Gordon über- reichte eine aus Glasgow fommende Bittschrift von 28 Geistli- cen und 111 Kirchen - Vorstehern der Kirhe von Schottland, die darum nachsuchten, daß dem katholischen Kollegium von May- nooth feine Geld - Unterstüßung mehr bewilligt werden möge. Hr. O?Connell fragte soglei: „Will das ehrenwerthe Mit- glied dafúr. einstehen, daß die Bittschrift in anständigen Aus- drücken abgefaßt seh? Jch frage dies, weil ein edler Lord vor ei: nigen Tagen eine áhnliche Bittschrift überreichte, die so voller Unanständigkeiten gegen die katholische Religion war, daß dem unmöglich länger ruhig zugesehen werden fann.‘“ Capitain Gor- don erwiederte, er billige nicht allein die Fassung der Bittschrift, sondern auch jede Geslunung, die fie ausspreche, und willige gern darein, daß ihr Jnhalt dem Hause vollständig mitgetheilt werde. „Fch bin reht wohl überzeugt, entgegnete darauf Hr. O’Con- uell, daß das ehrenwerthe Mitglied alle diejenigen Geslunun-

__ gen gut heißt, die den Ritus der katholischen Kirche herabseßen.““ : er Sprecher rief hier den Redner zur Ordnung. „„Jch wüßte nicht‘, sebte dieser hinzu, „wodurch ich die Ordnung ver- legt haben fönnte, doch sollte ih es gethan haben, so geschah es unabsihtlich.‘/ Die Bittschrift wurde uun ihrer ganzen Länge nach - vorgelesen und schien allgemeinen Unwillen zu erre- gen. Die katholische Religion wurde darin als Göbendienerei dargestellt: sie seh, wurde hinzugefügt, dem Prinzipe nach eben so verwerflih, als dem Resultate nach gefährlich und sammt den Königreichen, von denen sle unterstüßt werde, von Gott dem Untergange geweiht; deshalb müsse jede Bewilli: gung vou Staatsgeldern zur Verbreitung ihrer Jrrthümer die nachtheiligsten Folgen für die Sicherheit, Ehre und Wohlfahrt des Britischen Reiches haben. Als Capitain Gordon darauf antrug, daß diese Bittschrift auf die Tafel des Hauses gelegt werde, erschallte ein lautes „Nein !‘“/ durch das Haus. Herr E. Fergusson erhob sich zunächst und meinte, er könne dem Un- willen, den diese Bittchrift in ihm erregt, nicht Worte genug geben; er sche sie als eine direkte Beleidigung aller Mitglieder desjenigen Parlamentes an, das den Katholiken gleiche bürger- liche Rechte mit den Protestanten bewilligt habe. Ganz beson- ders verdamme er das Wort „göbendienecrisch““, auf eine Reli- gion angewandt, die von mehr als der Hälfte aller Europäischen Staaten für heilig geachtet werde. Er habe nie geglaubt, daß die Kirche von Schottland auch nur Einen Geistlichen zähle, ‘der die Pflicht der christlichen Liebe so weit außer Augen seßen könne, daß er eine solche Bittschrift unterzeihne. Jhm, als Schotten, müsse es um so mehr leid thun, daß ein solher Fall stattsinde, und er glanbe, daß das Mitglied für Dundalk (Capitain Gordon) mit Ueberreihung der Bittschrift beauftragt wor: den, weil die Bittsteller keinen einzigen Vertreter von Schottland hátten finden fönmien, der es übernehmen wollte, ihre Petition nicht bloß zu überreichen, sondern aucch noch mit Worten zu be- gleiten, welche Schmähungen gegen die katholische Religion ent- hielten. Lord Milton theilte den Unwillen des eben vernom- menen Redners und fügte hinzu: „Die Bittsteller sagen, daß die fatholische Religion sammt den Königreichen, von welchen sle unterstüßt werde, von Gott dem Untergange geweiht sey; wie können jedoch fo gebrechliche und unwissende Wesen -— ich will nicht sagen, wie „die Bittsteller (man lacht), sondern wie die Menschen übechaupt und wie kann das ehrenwerthe Mit- glied für Dundalk von den künftigen Rathschlüsseu der unend- lichen und allmächtigen Weisheit etwas wissen? Jch bin gewiß, wenn man den Ausdruck gebrauchen darf, ein Ultra-Protestant : da ih jedoch weiß, wie gering die Urtheilskraft des Menschen ist, so blie ich mit Nachsicht auf dasjenige, was ih für die irrige, aber gewissenhafte Meinung derjenigen halte, die nicht e i- ner Religion mit mir slnd. Leider mtissen wir oft bemerken, daß die Menschen gerade genug Religion besißen, um einander zu hassen ; besser wäre es in der That, sie hätten nur so viel Re- ligion, um sich gegenseitig zu lehren, wie man einander lieben músse.‘“‘ Sir Rob. Jnglis nahm sich der Bittschrift an, und meinte, daß die Worte derselben, gegen die ein so großes Geschrei erhoben werde, aus dem Eide entlehnt seyen, den 658 Mitglieder noch bis vor zwei Fahren beschworen “hätten. Herr OD’Connell stellte die Frage sest, um. die es sich eigentlich handle. „Jst“, sagte er, „die Bittschrift in Aus- „drücken abgefaßt, welche die dem Hause schuldige Achtung nicht verleßen?‘/ Da, fügte er hinzu, mehrere Mitglieder des Hauses katholischer Religion seyen, so werde mit der Achtung gegen sie auch die gegen das ganze Hans verleßt, wenn gesagt werde, daß ihre Religion göbendienerisch sey. Der Glaube, der hier gelá- stert werde, sey der eines Drittels der ganzen Britischen VBe- völkerung, und wer ein Drittel aller Konstituenten des Hauses beleidige, der trete diesem selbst zu nahe. Herr Hume sagte, daß, wenn er fatholisch wäre, die in der Bittschrift enthaltenen Ausdrücke ihm nicht Unwillen, sondern mw Mitleid und Be-

dauern darüber erregen würden, daß in einem aufgeklärten Lande, wie Schottland, so viele fromme Männer gefunden werden, die so unwissend und vorurtheilsvoll seyen. Da Herr Dikson darauf angetragen hatte, daß das Haus die Bittschrift gar nicht

annehmen und darüber abstimmen möge, so bemerkte Lord Alt- horp, daß er gewiß die in der Bittschrift gebrauchten Ausdrücke mißbillige, allem er halte doch dafür, daß man das Petitions- | Recht so wenig* als möglich beschränken dürfe, daher er dafür | seh, daß die Bittschrift auf die Tafel des Hauses gelegt werde, jedoch würde er slch gegen den Druck derselben erklären. Dem- gemäß würde die Petition auch auf die Tasel gelegt ; da si je- doch Capitain Gordon nicht damit begnügte und auch auf den Druck autrug, so entspann sich eine neue Debatte, bei der auch Sir Rob. Peel als Gegner des Antragstellers auftrat, wonächst der Antrag ohne weitere Abftimnsung verworfen wurde. Auf den Antrag des Herrn O’Connel, der von dem General:-Se- cretair für Jrland, Herrn Stanley, unterstüßt wurde, ertheilte das Haus dem Ersteren die Erlaubniß, eiue Bill zur Konsolidi- rung der Jrländischen Jury - Geseße einbringen zu dürfen, wo- durch dieselben übereinstimmender mit den Englischen gemacht werden sollen. Herr Dickson lenkte die Ausmerksamkeit des Hauses auf die Ansprüche, welche Britische Kaufleute an Brasilien zu machen hatten, und zwar in Folge der dür ein Brasilianisches Geschwader, welches im Jahre 1827 den Plata- Strom blokirte, geshehenen Wegnahme mehrerer Britischen

1230

Fahrzeuge, Herr D, trug auf Vorlegung der auf dieses. Ereigs niß Bezug habenden Papiere an, worein jedoch Lord Althorp nicht willigte, weil in diesem Augenblicke Unterhandlungen über den Gegenstand gepflogen werden. Herr D. nahm demzufolge seinen Antrag zurück. t

Unterhaus. Siyung vom 20. Juli. Nachdem eine Bittschrift des Burgfleckens Cockermouth gegen dessen Auf- nahme in die Liste B und eine andere von Newcastle am. Tyne gegen die Wahlrechts - Entziehung dortiger Wähler mitgetheilt worden war, zeigte Lord Althorp: an, daß es seine Absicht sey, heitte darauf anzutragen, daß an denjenigen Tagen, an welchen der Ans\{chuß über die Reform-Bill anberaumt sey, die- fer den Vorgang vor * allen anderen Fragen und selbsi vor den Bittschriften haben möge. Hr. When, der auf die dritte Le- sung der Bill antrug, welche die Eide betrifft, die von den Mitgliedern des Uuterhauses vor dem Lord Steward zu leisten sind, wurde von Lord Althorp ersucht, der Reform-Frage den Borgang zu lassen, bestand jedoch auf sein Recht und sebte es durch, daß die Bill zum dritten Male gelesen und mit einer Majorität von 78 gegen26Stimmen genehmigt wurde. Das Haus ging nun wieder in den Ausschuß über die Reform-Bill über. An der Reihe war zunächst der Burgflectken Groß-Bedwin, dessen Aufnahme in die Liste A., so wie die der Burgflecken Beevalston , Bischops- Castle, Bletchingih, Boroughbridge, Bossiney, Brackley, Bram- ber, Callington Camelford, Castle- Rising und Corfe-Castle, nach einigen Debatten und Protestationen genehmigt wurde. Als die Reihe an den Burgflecken Boroughbridge kam, den bekanntlich Sir Ch. Wetherell vertritt, erhob slch ein allgemeines Geläch- ter. Sir Charles lehnte es jedoch ab, als Vertheidiger von Bo- roughbridge aufzutreten und meinte, daß, da er Bletchingy für Lord Palmerston vertheidigt habe, der für den leßtgenannten Burgflecken erwählt wurde und sich heute zum erstenmale in die- ser Session im Unterhause befand, der Lord sich nun revanchiren und der Sache von Boroughbridge sich annehmen möge; Lord Palmerston machte jedo von dieser Einladung keinen Grbrauch. Als an den Ort Bramber die Reihe war, wollte Sir Char- les Wetherell auf Vertagung antragen, - weil so viele Burg- flecken schon erschlagen dalägen und man s{ch doch Zeit nehmen müsse, die Todten zu begraben; Lord Althorp wünschte jedoch noch einige andere Burgflecken beseitigt, und so kam man bis zu dem Orte Downton, über den am nächsten Tage eine besondere Diskussion stattfinden sollte.

Unterhaus, Sivung vom 21. Juli. Lord Althorp machte den gestern ‘angefündigten Antrag in Bezug auf eine mehr zu beschleunigende Disfussion der Reform-Bill, wonach das Haus an jedem Sißungs-Tage die Zeit von 4 Uhr Nach- mittags’ bis 12 Uhr Nachts diesem Gegenstande widmeu sollte. Nach einigem Hin- und Herreden darüber, sah er sich veranlaßt, die Zeit des Beginns der jedesmaligen Diskussion für die fünfte Stunde festzuseßen. Eine lauge Debatte fand nun über einen Antrag des Obersten Evans auf Vorlegung der das Benehmen eines Mitgliedes, Hrn. Bingham Baring, in seiner Eigenschaft als Friedensrichter, betreffenden Papiere ftatt; doch gewährte die Debatte kein Resultat. Im Ausschusse des Hauses wurde m genehmigt, daß Downton auf die Liste A gebracht werde, jedoch- nux mit einer geringen Majorität, indem 274 für und 244 Stimmen gegen die Minifter waren. Di: Wahßhlrechts- Entziehung von Ehe, Forveh, Gatton und Haslemere wurde ohne Abstimmung genehmigt,

London, 22, Juli. Se. Majestät kamen vorgestern von

Windsor nach dem St. James-Pallaste und hielten dort ein gro- ßes Lever, dem eine feierliche Verleihung des militairishen Bath-

- Ordens voranging, bei welcher Gelegenheit Sir Fohn Byng da-

mit bekleidet wurde.

Der Graf von Munster ist an die Stelle des kürzlich ver- storbenen General Loftus zum Statthalter des Towers ernannt worden. '

Am 19teu d. fand in Windsor ein glänzender Kinder-Ball statt, den Jhre Majestäten hatten veranstalten lassen und mit Höchstihrer Gegenwart beehrten.

Für Talleyrand giebt heute dem Herzoge von Braganza, Dom Pedro, ein großes Diner, zu welchem alle Mitglieder des diplomatischen Corps Einladungen erhalten haben.

Nachdem unsere Minister gestern einen dreistündigen Kabi- netsrath gehalten, hatten die Gesandten OÖesterreihs, Frank- reihs, Preußens und Rußlands eine Konferenz mit Lord Pal- merston im auswärtigen Amt.

Im Courier liest man: „Das Gerücht, daß der Graf Pozzo di Borgo von Paris mit einem besondern Auftrage nah England abgereist sey, hinsichtlih dessen vielerlei Konjefturen in Umlauf waren, hat slch nicht bestätigt; Se. Excellenz wird von déèr Russischen Gésandtschaft in London durchaus nicht er- wartet.“

Graf Felski, Präsident der Polnischen Bauk, is vor eini- gen Tagen hier angekommen.

London, 22. Juli. Prinz Leopold hat, wie man es von ihm erwartet hatte, sowohl sein Regiment, das er in England inne hatte, als seine Appanage von 50,000 Pfd. auf: gegeben; doch hat er es mit der leßteren so eingerichtet, daß er dieselbe, falls er der Krone von Belgien wieder entsagen müßte, aufs neue beziehen fönnte. Denu er läßt sle fortwährend von Bevollmächtigten empfangen, welche, nachdem die Unterhaltung von Claremont- Haus und gewisse von seiner verewigten Gemah: lin gegebene Pensionen daraus bestritten sind, den Uebershuß an den Staatsschaß zurückzubezahlen haben, Das Englische Publi- fum ift also auf jeden Fall mit seiner Erhebung auf den Nie- derländischen Thron zufrieden, und wenn es ihm gelingen sollte, alle noch bestehenden Streitigkeiten zwischen seinem Lande und Holland zu hebe, und den Ausbruch von Feindseligkeiten zu ver- hindern, so wird man unserem Minssterium doppelt dafür dan- fen müssen. Manche unserer Tories wollen freilich behaupten, daß, weun der Herzog von Wellington am Ruder geblieben wäre, Belgien auch ohne einen Krieg wieder unter die Herrschaft des Kouigs von Holland zurückgekehrt sehn würde, besonders weil Frankreich am Ende des vorigen Jahres noch nicht zu einem of- fensiven Krieg bereit gewesen wäre. Dieses aber bleibt noch in- mer problematish, und nach einigen Umständen s{ließend, möcy- te man im Gegentheil behaupten können, daß der Herzog {on einen Monat vor seinem Austritt jene Hoffnung aufgegeben habe. Die Reformbill geht einen langsamen Gang fort; denn ob- gleich alle Versuche der Opposition, die Annahme der ersten Clau- sel, welche allen Ortschaften, die im Fahre 1821 nicht 2000 Ein- wohner besessen, die “beiden Vertreter entzieht, zu verhindern, durch eine große Mehrheit vereitelt worden sind, so weiß sie doch noch jeden Abend durch besondere Einwendungen gegen die Aus- schließung einzelner Orte Zögerungen zu bewirken. Fudessen hat man doch bereits über 20 solher Orte (aus 57) entschieden , so daß man sich schmeichelt, etwa kommenden Montag oder ‘Dien- stag úber 14 Tage mit der Englischen Reformbill im Unterhause

fertig zu werden; besondecs da man geftérn Abend dahin übe eingekommen ist, daß, mit Ausnahme -von außerordentlich Fállen, die Reformbill vor allen anderen Geschäften, felbst Bitt \chriften, den Vorgang haben solle, E man jeden Abend y 5 Uhr damit anfangen und derselben 7 bis 8 Stunden widmey und sich überdies auch Sonnabends um Mittag versammeln wolh um Bittschriften einzureihen. Der Schag- Minister (Lord Y thorp) wtinschte Anfangs diese Einrichtung imperativ zu machey aber anf die Einrede mehrerer Herren von der Opposition be gnügte er sich mit der gegenseitigen Zustimmung. Hinsithtlig der geftrigen Parlaments-Verhandlungen ist die sehr lange Erfl rung über das Betragen eines Hrn. B; Baring bemerkenswett welcher ein Mitglied des Hauses ist, und vor wenigen Tagen j einer Entschädigung von 50 Pfd. verurtheilt worden ift, inde er bei der Verhaftung eines Ehepaars, welches beschuldigt my bei den neulihen Unruhen in Hampshire, das Volk aufgereit und geleitet zu haben, und der er als Friedensrichter beiwohy eine ungebührliche Härte und Grausamkeit, befonders gegen d Frau, verübt zu haben. Nach allen Umständen zu \{hließen, m; ren die Angaben falsch, und da man diejenigen, die er hätte az Zeugen für seine Unschuld vorbringen können, mit in die Yy; fiage einshloß, so blieb ihm fein Mittel, seine Unschuld zu hz weisen. Die Sache wird obne Zweifel zu weiterer gerichtlih, Untersuchung kommen; aber so weit sle gegangen ist, zeigt sy wie sehr in diesem Lande die Formen der Rechtspflege als Mit: tel zur Unterdrückung gebraucht werden können. Das Schlimmsy für Herrn Baring war, daß fast alle Zeitungen gegen ihn mw ren, so daß, wenn er nicht als Parlaments-Mitglied Mittel gefundy hätte, sich vorläufig zu rechtfertigen, er vielleicht mehrere My nate lang den Schimpf tragen missen, ein Frauenzimmer du den Koth geschleppt und ihren gefesselten Mann geschlagen y haben.

Niederlande.

Aus dem Haag, 22. Juli. Se. Majestät der Könj und Se, Königl. Hoheit* der Prinz von Oranien sind heüute voy hier über Rotterdam zur Armee abgereist. Fn lebtgenanntey Orte sind die Allerhöchsten Herrschasten von dem tungeme}ensty Jubel des versammelten Volkes begrüßt worden. -

Folgendes ist das Schreiben der Londoner Konferenz an dey Niederländischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten he Uebersendung der bekannten Präliminar - Artikel: „Mein Hmn Baron! Es is} der Herr Baron von Wessenberg, den wir beauf: tragt haben, Ew. Excellenz das Gegenwärtige zu überreichen, In eine äußerst s{wierige Lage verseßt und beseelt von den Wunsche, den Ew. Excellenz unbezweifelt nah Werth \chäbn werden, die Unterhandlungen , mit denen wir beschäftigt sind, zu einem Ende zu bringen, ohne den Frieden von Europa in dit Waagschale zu legen, haben wir beschlossen, noch den Versuch ju machen, ob nicht eine neue Reihe von Vorschlägen in den Au: gelegenheiten Belgiens einen gegenseitigen Vertrag sollt zu Stande bringen können, der das - Ziel unserer Sor: gen und Wünsche ausmacht. Die Gründe, die uns bewog haben, diese Vorschläge zu macheu und dem Könige vot: zulegen, find in unseren Augen von so großem Gewichte, daß es uns unumgänglich schien, sle durch Einen von uns Sr, M jestät und deren Ministerinm entwickeln zu lassèn. Unsere Wahl ist auf Herrn von Wessenberg gefallen, und zwar wegen der Ct neigtheit, mit der der König ihn beehrt, und wir würden uns gegen Ew. Excellenz wahrhaft verpflichtet erachten, wenn \ ihm die Gelegenheit verschaffen wöllten, Sr. Majestät die wid: tigen Gründe auseinander zu seßen, denen wir nachgegeben un! deren Erwägung der König, wie wir hoffen, in seiner Gere: tigkeit, seiner Weisheit und seiner Freundschaft für die Mähtt nicht verweigern ‘wird, deren Augenmerk es ist, fo viel als von ihnen abhängt, seine Rechte und Interessen mit der Erhaltuz des allgemeinen Friedens in Uebereinstimmung zu bringen. Vi benußen diese Gelegenheit, um Fhnen, Herr Baron, die Ver sicherung unserer hohen Achtung zu ertheilen.

London, 17. Juni 1831.

(Gez) Esterhozy; Wessenberg. Talleyrand. Palmer: ú ston. Bülow. Liewen; Matuszewicz.

Das Rotterdamer Nieuwsblad beginnt seine heutig Nummer mit folgendem Artikel: „Es lebe der König! S, Majeftät stnd den 18 Artikeln nicht beigetreten. Der König hat dadurch scine Würde und die des treuen Holländischen Voik behauptet. Er hat aufs neue gezeigt, daß er seiner erlautei Vorfahren würdig sey. Das ganze Holläudische Volk dankt dem Könige für die männliche Antwort, die er der Konferen ertheiite. Se. Majestät reisen zur Armee ab, wo hunderttal send Herzen ihm mit begeisterter Liebe \{chlagen. Es sind großt Ereignisse im Werden ; Oranien und Niederland sind inl: ger verbunden, als je. Es lebe der König!“ |

Brússel, 21. Juli. Vom frühen Morgen an strömte eilt ungehenre Menschenmenge in den Straßen, durch welche der 31 fommen mußte. Alle Häuser waren mit Fahnen, Guirlandtl und grúnen Zweigen geschmücckt. Die Neugierigen drängten s besonders nach der Place Royale. Dort hatte man vor der Kir he „St. Jacques von Caudenberg‘“ eine Gallerie von zierlich und leihter Bauart errichtet; in der Mitte derselben erhob der Königliche Thron. Längs der Einfassung der Gallerie wart! Felder angebracht, welche die Namen „Brüssel“, „Lüttich“, ,„„St. Walburge‘‘, „„Berchem“/, „„Walhem““, „„Lierre“‘, „N mur“, „Löwen““, „„Venloo“/ trugen. Diese Felder waren m! Waffen oder mit der Blouse verziert. Auf der Lehne des Throns las man die Worte: „Eintracht giebt Krast.“ Schon sel 8 Uhr Morgens war eine unermeßlihe Menge von Zuschauet" auf den Estradeu, welche für die vom Kongresse cingeladent! Personen reservirt waren. Alle Fenster und Thüren der Hâuset auf der Place Royale waren 1mit gepußten Damen beseßt, Zw hen 10 und 11 Uhr kamen nach und nach der obere Gericht hof von Brüssel, der Nechnungs- Hof, der Militair Gerichtshof das Civil-Tribunal, die General:Administratoren , die Civil-Gol verneure, die Deputationen der Staaten und die Provinzial-Gouvtl nere an und seßten sich links und rechts von der Treppe unter del Plázen, welche für die Mitglieder des Kongre ses eingerichtet watt Der Kongreß, welcher sich um 10 Uhr im National: Palast versammiel hatte, schickte eine Deputation nach dem Schlosse Laeken, un den König zu begleiten, und um 11 Uhr ging eine andere & putation dem Regenten bis an die Stufen der großen Trepp! entgegen. Der Regent trat in den Saal, begleitet von de" Ministern und seinen Adjutanten; er wurde mit lebhaften M anhaltenden Beifalls-Bezeigungen empfangen und war dern

ßen davon ergriffen, daß er faum einige Worte des Dankes het: 1 vorbringen fonnte. Um 12 Uhr verkündigte auf der Place Roy

hale eine Abtheilung Lanciers die Ankunft des Kongresses e des Herrn, Regenten. Vor dem Throne standen fünf rei vetzie!

Lehnstühle, welche für den Prásidenten des Kongresses, den Ko Fun

nig, den Regenten und für die Vice-Präsidenten des Kongresses bestimmt waren, Den Herren Secretairen wurden Stühle al

colesen; das Bureau nahm Play, und die Mitgliedér des Fongresses seuten sich in die Gallerie, links und rechis vom rone. Der Kongreß und der Herr Regent wurden mit Bei- jallflatschen und Vivats empfangen, Der König hätte das

loß Laeken um 11 Uhr verlassen; er wurde in St. Jean von Molenbeck empfangen, wo man ihm den Ehren-Wein über- ichte. Am Laekeuer Thore hatten der Bürgermeister, der Ma- istrat und die Municipalität der Stadt Brüssel den König be- (ißt, und der Zug bewegte sih langsam durch die Menge, welche jgierig war, ihren König zu sehen. Die Bürgergarde und die Linien: Regimenter bildeten ein Spalier vom Laekener Thore bis nah ur Place Noyale. Um 14 Uhr kam die Spie des Zuges auf jem Playe au, und zwar in folgender Ordnung: die Gendarme- je zu Pferde, die Lauciers, die Kürassiere , die Bürgergarde zu ferde, die freiwilligen Jáger, die im September Verstümmiel- in, die Pompiers, die Municipalität, der Generalstab der Ar- nee und der Búrgergarde ; diese verschiedênen Corps stellten fich or der Gallerie rechts und links von der Treppe. Hierauf kam hie Deputation des Kongresses und endlih der König zu Pferde n der Uniform eines Belgischen Generals, Bei seinem Anblick jah die Menge -in die ungestümsten Beifalls-Bezeugungen aus ; jn allen Seiten ertönte der Ruf: Es lebe der König! Der qubel war so einstimmig, so herzlih und frásftig, daß es {wer ¿hn würde, denselben gentigend zu schildern, Der König schien mit diesem Empfang ausnehmend zufrieden zu. seyn, er grüßte die Zuschauer mehreremale und stieg bei der Treppe vom Pferde, wo eine Deputation des Kongresses ihn empfing. Oben auf der Treppe angelangt, wo ihn der Regent und das Bureau erwarte- jen, begrüßte der König den Regenten mit einem freundschaftli- hen Lächeln und begrüßte ebenfalls die Mitglieder des Bureaus ind den Kongreß. Man bemerkte, daß er dem Vice-Prási- dmnten Herrn Destouvelles die Hand drückte. Der Prä- dent des Kongresses, Herr v. Gerlache, nahm auf dem \ehnstuhl Plat, nachdem er den König und den Regenten ein: laden hatte, si zu seiner Rechten niederzulassen. Der Kö- nig hatte zu seiner Rechten den Herrn Regenten, Herrn Rai- im und die Herren Liedts und Ch, v. Brouckère; zur Linken herrn von Gerlache, Herrn Destouvelles und die Herren Vi- ain X, und Nothomb. Hinter dem Könige befanden si verschiedene Generale und Minister. Der Präsident gab ein Zei- hen mit der Hand, um der Menge, welche bisher ununterbrochen zejubelt hatte, Stillschweigen aufzuerlegen. Er wendete sich dar- auf an den König und sagte: „Sire, wir sind hier versammelt, um den Eid entgegen zu nehmen, welchen die Constitution vor- hreibt. Zuvörderst aber werde ich dem Herrn Regenten das Port ertheilten, welcher seine Vollmachten in die Hände des Kon- gresses zurückgeben wird. Der Negent erhob sih darauf und hielt, gegen den König gerichtet, folgende Rede :

„„Meine Herren! Durch Fhr Dekret vom 24. Febr. und dem fen Artikel der Constitution gemäß, haben Sie mir die Ehre er- igt, mich zum Regenten von Belgien zu ernennen; am 25sten lei- N ich im Schooße des Kongresses auf eine feierliche Weise den

durch den Artikel 9 unseres gesellschaftlichen Vertrages vorgeschrie- -

jenen Eid. Meine crste Sorge war, das Minisierium zusammenzusez: n, Fch berief dazu dieselben Bürger, denen die provisorische Regierung die verschiedenen Zweige der allgemeinen Verwaltung anvertraut hatte. Dadurch, daß tch diejenigen Männer int ihren hohen Aem- ern bestätigte, welche so mächtig dazu beigetragen hatten, unsere Freiheit zu erobern und zu He wollte ich der Nation das (e Pfand meiner vollkommenen Billigung der Grundsäße unserer {volution und meines festen Willens geben, daß das Volk in den nuß aller ihrer Folgen treten solle. Fch ließ der Französischen 1nd Englischen Regierung Jhr Dekret vom 24. Februar notiftciren, wdurch ih zum Regenten Belgiens ernannt wurde; auch ließ ih jn Belgischen Agenten bei diesen Höfen Beglaubigungs-Schreiben inter dem Titel und Rang bevöllmächtigter Minister aushändigen. Nie Französische Regierung nahm keinen Ansiand, unseren Gesand- tin zuzulassen, welcher augenblicklich seine Stelle unter den fremden Dhlomaten cinnahm, die am Hofe des Palais-Royal empfangen urden. Se. Majestät der König Ludwig Philipp erzecigte mir, durh einen cigenhändigen Brief, die Ehre, mir zu meinem An- tritt der Regentschaft GlÜck zu wünschen, und drückte mir zu- gleich in bestimmten Worten das lebhafte und unveränderliche Interesse aus, welches er an Belgien nähme. Durch diese ese Handlung begann der König der Franzosen die Verspre- chungen zu erfüllen, welche “er mir im vergangenen Februar gegeben hatte, als ich die Ehre hatte, von ihm Abschied zu nehmen ; e sagte mir damals, meine Hand ergreifend: „Sagen Sie der Velgischen Nation, daß ich in der Person des Präsidenten des Kon- teses ihrc Hand ergreife, und daß dic Belgier immer auf meine Freundschaft zählen können./// Bei dem Kabinet von St. Fames aren wir nicht so glücklich; unser Gesandter wurde von den Eng- [schen Ministern nur auf eine diensiwillige Weise empfangen, und d die National-Ehre mir nicht erlaubte, ihn länger in dieser zwei- eutigen Lage zu lassen, so ließ ih thm sein Abberufungs-Schreiben gehen. Da das Ministerium indeß der Unbehaglichkeit ein Ende ju machen gedachte, welche gus dem provisorischen Zustand einer Regentschaft hervorging, und die Revolution durch Feststellung einer leinitiven Regierung fließen wollte, so hatte es unserm Agenten ll London Fnftructionen geschickt, welche zum Zweck hatten, die Ge- smungen Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Sachsen-Koburg zu tforschen; aber Hindernisse, welche rein in der Etiquette ihren vrund hatten, stellten sich dieser Ansicht entgegen. Fn der Zwi- lhenzeit wurden andere Männer in’s Ministerium berufen , und die euen Minister folgten den Wegen ihrer Vorgänger. Was sich in liser Beziehung zugetragen hat, ist Jhnen bekannt; Sie wissen, n, H., auf welche Weise das glückliche Ende herbeigeführt worden , dem wir heute beiwohnen. Fch werde Sie nicht von den Hand- en meiner Regentschaft unterhalten; ich werde mich darauf be- hrânken, Fhnen zu sagen, daß die Aufregungen der ‘Leidenschaften,

vlche unzertrennlih von unserem revolutionnairen Zustande waren, j

le Stokung der Handels - Geschäfte, die Unruhe über die Zukunft s Vaterlandes, Ereignisse herbei geführt, und Verlegenheiten ver- laßt haben, wodurch die Regierung verhindert worden ist, sich so bitfsam , wie sle es gewünscht hätte, mit den Fnstitutionen zu be- lhäftigen, welche das Werk unserer politischen Wiedergeburt ver- \lständigen müssen. Fn dem Zustande drohender Feindseligkci- in mit unseren Nachbarn hat sich die Regierung vorzüglich mit der limee beschäftigen müssen; die Fnfanterie is beträchtlich vermehrt id geordnet: die Organisation der Kavallerie ist vervollständigt wor- U; die Artillerie ist auf einen Achtung gebietenden Fuß geseßt; der Nenst der Lebensmittel, der eee und der Transporte ist ge- shert: endlich bilden sich neben der "regulairen Armee die Reihen r Bürgergarde, welche eben so ungeduldig isi, sich mit dem Feinde il messen. Das Zusammenwirken aller Bürger, welche, den Par- tet-Geist vergessend, sich um den Thron vereinigen werden, wird, nicht veniger als der Muth und der vortreffliche Geist unserer Armee, du beitragen, die Unterhandlungen zu einem ehrenvollen Frieden U utitecstühen , unsere Unabhängigkeit zu befestigen und im Noth- fall die Unabhängigkeit unseres Gebiets zu vertheidigen. Unsere nanzen sind in einem so gedeihlichen Zustande, als es die Umstände ur immer erlauben, und der Eingang der Steuern findet beinahe le im tiefen Frieden statt. Wenn ich, m. H., glücklich genug ge- [esen bin, dazu beizutragen, das Staats- Schif in den Hafen zu iten (denn ih betrachte die Thronbesteigung des Prinzen Leovold d seine Anerkennung von der Mehrheit der großen Mächte, als en Schluß unserer glorreichen Revolution und als die Befestigung nserer Freiheiten: wenn ich einiges Gute habe bewirken kdnnen,

so bin ih weit davon entfernt, mir ein Verdienst deshalb beiiumes-

1231

sen; nein; m. H./, ih nehme nur den kleinsten Theil davon in An- spruch; denn ih bekenne in Gegenwart der Nation und im Ange- siht von ganz Europa, daß ohne einen ganz besonderen Schuß der

- Vorsehung, keine menschliche Klugheit weder die Ereignisse, noch

deren Folgen vorhersehen, und also noch viel weniger sie zum Vor- theil des Vaterlandes leiten konnte. Eben so habe ih in der ed- len Festigkeit des Kongresses und in der Weisheit seiner Berathun- gen den mächtigsten Beistand gefunden. Erlauben Sie daher, m. H., daß ih FJhnen hier meinen lebhaftesten und aufrich- tigen Dank ausdrücke. Aber bekennen wir, m. H., daß unsere Aufgabe, durch die vortrefflichen Eigenschaften des Belgischen Volks, uns sehr erleichtert worden ist: dieses Volks, das eben so schr den Geseßen unterwürfig, eben so achtsam auf die Stimme seiner Oberhäupter isi, die sein Vertrauen verdienen, als es sh eifersüch- tig auf seine Rechte und ungeduldig zeigt, das Joch des Despotis- mus abzuschütteln: dieses Volks, so muthig in der Schlacht , so fesi in seinen Entschlüssen; dieses Volks, das so moralisch is, von dem die Geschichte sagen wird, daß bei ihm, während 11 Monaten der Revolution und der Entbehrungen für die zahlreichsie Klasse ( einige offenbar angeregte Ausschweifungen ausgenommen), niemals weniger Verbrechen ftattgefunden haben; dieses Volks, dessen Anhänglichkeit und Liebe stets die schönste Belohnung einer guten Regierung seyn werden. Mit der vollkommensten Sicherheit, m. H., lege ich das Schicksal dieses guten Volîs in die Hände eines Prinzen, dessen ed- ler Charakter und dessen Privat-Tugenden uns die sichersten Bürgen derjenigen sind, welche er auf dem Throne entwoickeln wird. Mit aufrichtigem und Übersirömendem Gefühl fann ich sagen: ih habe die Sonne des Glücks über mein Vaterland aufgchen sehen. Fch gebe, m. H., in Jhre Hände die Vollmachten zurück, welche Sie mir anvertraut haben, und ersuche Sie, mir eine Bescheinigung dar- Über zu ertheilen ‘/ E von Gerlache beantwortete diese Rede folgender-

maßen : ¡Herr Regent! Als ih Jhnen vax 5 Monaten im Schoße des Kongresses sagte, daß /,,zum momentanen Oberhaupt der Nation ernannt , Jhre Ernennung durch den einstimmigen Beifall Fhrer alten Kollegen und des ganzen Belgischen Volks ratificirt werden würde - daß diese freiwillige Erhebung eine Ehrerbietung, die man Ihren Tugenden bezeige, und ein Zeichen der innigen Dankbarkeit für die Dienste sey, welche Sie dem Vaterlande schon geleistet hât- ten, und ein Aufruf zu neuen Diensten‘/‘/, konnten wir leicht aus JFhren früheren Handlungen schließen, welchen Weg Sie in der er- habenen Stellung befolgen würden , zu der Sie Jhre Kollegen und die ganze Nation berufen hatten. Eine große Gewalt inte ge- habt zu haben , ohne dieselbe einen Augenblick zu mißbrauchen, in den allershwierigsten Umständen immer derselbe geblieben zu seyn, ist etróas ganz Natürliches für den, der Jhren Charakter kennt. Mein Herr Regent, ich begnüge mich hier, das zu wiederholen, was alle Welt sagt. Eines Tages wird die Geschichte es berihten, welche versdhnende Nolle Sie, inmitten der verschiedenen Meinungen und der sich bewegenden Parteien, gespielt haben. Sie wird. sagen, daß, da die National-Versammlung, als sie die zu sehr vertheilten Gewalten in den Händen eines Einzigen Magaltrtcen wollte, Jemand suchte, der Niemanden mißfiele, der die Achtung und das Zutrauen Aller besäße, und der fih für sein Vaterland aufopfern wollte, Sie, Herr Regent, dieser Mann waren. Die Geschichte wird sagen, daß, nach- dem er während einer 5monatlichen Revolution einen Theil der Kö- niglichen Prärogative ausgeübt, dieser Mann sich keinen Freund entfremdet und feinen Feind gemacht hat. Jm Namen des Kon- gresses und der Nation danke ih Fhnen und nehme mix die Frei- heit, Jhnuen zu sagen, daß Sie, in dem dohen Amt, welches Ste in die Hände der Versammlung zurückgegeben, unsere Erwartungen er- füllt haben. 7

Unter den Vivats und Bravo?s der Menge ließen \ich der Regent und der Präsident auf ihre Pfäye nieder. Hr Ch. Vi - lain XIIHI. verlas hierauf, vor dem Könige stehend, die Consti- tution. Hr. Nothomb überreichte dem Könige die Eidesfor- mel. Die Herren Plaisant und Thysebaert, Ceremonien- meister, seßten einen Tisch vor den Lehnstuhl des Königs. Auf dem ganzen Plate herrschte eine tiefe Stille. Der König sagte mit starker und fester Stimme: „,„„Jch \{wöre, die Constitution und das Gese des Belgischen Volks zu beobachten, die Natio- nal-Unabhängigkeit und die Integrität des Gebiets aufrecht zu erhalten. ‘‘‘‘ Se, Majestät betonten die lezten Worte. Kaum waren dieselben ausgesprochen, so erneute sich der Ruf: „És lebe der König!“/ Trompeten - Geschmetter und Kano- nendonner mischte sich in den allgemeinen Jubel. Herr Liedts- überreichte dem Könige eine Feder, und derselbe unterzeihnete das Protokoll der Eidesleistung. Das Bureau unterzeichnete das ProtofoU ebenfalls, und während der Jeit nahm der König auf dem Throne Plaß. Von dort herab hielt der Kö- nig eine Rede (die Belgischen Blätter enthalten dieselbe wegen Kürze der Zeit noch nicht, und wir müssen uns daher die Mit- theilung derselben ebenfalls vorbehalten). Es ist unmöglich, eine Beschreibung davon zu machen, mit welchem außerordentlichen Jubel diese Rede aufgenommen wurde. Hierauf seßte sich der Zug in derselben Ordnung, wie er angekommen ar, wieder in Bewegung. Se. Majestät wollten uicht wieder zu Pferde stei: gen, Sie begaben sich zu Fuße nah Fhrem Palaste, mitten unter dem Zujauchzen und dem Beifall der Menge,

Der König hat alle Mitglieder des Kongresses zu einem Diner auf heute um 6 Uhr im Palais - Röyal einladen lassen.

Konige beauftragt ist, zeigt an, daß der Köuig die Militair- und Civil: Behörden am 22, Juli, Mittags um 2 Uhr, empfangen werde.

" D 0 C n Aus dem Run ssishen Hauptquartier zu R a-

zionceztf vom 8. (20.) Zuli. der Feldmarschall Graf Pasfkewitsch von Eriwan an Se. Majestät den Kaiser folgenden Bericht erstattet :

„Während am 4. (16.) Juli die Armee in Lipno stand, wurde die Nachhut näher herangezogen und faßte in Fasien Posfto, indem sle ihre Fufanterie von Kdamen-Kotowo an in Echelons aufstellte. Die Vorposten hielten eine Linie beseßt, die sich von Sierpe über Kurow bis an das rechte Ufer der Sfkrwa erstreckte. Nachdem an 5. (17.) die Brücken, die man gegentiber dem Dorfe Ossiek über die Weichsel \{lug, fertig waren, gab der Ober-Befehlshaber dem General Grafen v. Pahlen Befehl, an der Spiye des ersten Armee-Corps atif das rechte Ufer überzuge- hen und seine Streifparteien in der Richtung vou Nieszawa und Sluczewo vorjupoussiren. Unter dem Schute dieser vor- geshobenen Stellung beganuen die Feld-Lazarethe den Uebergang über die Weichsel und seßten denselben am 5. n.6 (17. u. 18.) fort. Das Gros der Armee verließ ‘seine Stellung bei Lipno und nahm eine andere zwischen Kifol und Wola ein, während die Nachhutt Befehl erhielt, sich auf den Punkten, die sle am ten (16ten) eingenommen, zu behaupten. Der Ober-Befehlshaber

ter Kikol geblieben. Hier waren alle Anordnungen getroffen, um den Jusurgenten eine rangirte Schlacht zu liefern, falls sle vorrücken sollten, um die Russische Armee von ihrem Uebergange über die Weichsel abzuhalten, Die Nachhut erhielt Befehl,

sich mit ihrer ganzen Jnfanterie auf Lipno zu repliiren, ihre

Borpoften aber auf denselben Punkten zu lassen, und die Kavalz lerie sollte inzwischen nah Sfompe und Glodowo zurückgehen. Am sten (18ten) erhielt ‘der Ober - Befehlshaber die Nach- rit, daß die Vorposten der Jusurgenten, die bis zu diesem Au- enblicke, ihrem Heere vorangehend, den Bewegungen der Russischen Armee stets gefolgt waren, ihre Offensiv-Bewegung aufgegeben hät- ten und'aus den Augen unserer leichten Truppen verschwunden wären. Dies war ein dentlicher Beweis, daß ihre Armee, indem sié es weder wagte, sich mit der Russishen zu messen, noch dieselbe von ihrer Hauptbewegung abzulenfen, sich beeilte, auf Modlin zurückzugehen, um hier über die Weichsel zu seßen und auf dem linken Ufer Warschau zu vertheidigen. Am 7. (19.), dem vum Ober-Befehlshaber für den Uebergang des Gros der Armee über die Weichsel bestimmten Tage, verließ diese ihre Stellung hinter Kikol und fam in Ossieck an. Es wurde Befehl zum Ueber-

| gange gegeben und die verschiedenen Kolonnen seßten sich in Be-

wegüng, um den Strom zu überschreiten. Diese ‘Operation dauerte von 19 Uhr Morgens bis zum Abend und der Ober-Be- fehlshaber nahm nach Beendigung derselben sein Hauptquartier in Razioncezk, während die vetschiedenen Corps sich um die- sen Flecken gruppirten. Die Nachhut näherte \l{ch dem Uebergangspuufkfte, indem sle in Sjzarnikowo Posto faßte, während der Graf von Pahlen an der Spitze des ersten Armee- Corps bis nach Lowischec vorrúckte. So wurde dieses s{wierige Unternehmen des Weichsel - Ueberganges ' ohne einen Schwert- streih bewerkstelligt. Die Insurgenten, die in ihren Bewegun- gen wenig Sicherheit und noch weniger Entschiedenheit in ihren Operationen zeigten, wagten weder, ein Gefecht mit der Russi- schen Armee während der rücgängigen Bewegung derselben an- zufangen, noch langten sie zeitig genug auf dem linfen Ufer an, um ihr den Uebergang streitig machen zu fönnen.““

—— Bon derPolnischenGräánze, 25, Juli. DieStadt Slupze ift heute Abend von den Russischen Truppen beseßt wor- den. Kolo war \{chon am 22sten von denselben besezt. Die di- rekte Communication zwishen Posen und Warschau if sonach nunmehr unterbrochen.

Deutschland.

Dresden, 22, Juli, (Leipziger Zeitung.) Unser Land- tag eilt seinem Ende entgegen, und was auch vorschnelles Urtheil und böstwillige Verkeßerungssucht von der versammelten Stäude zögernder und wenig befriedizgendec Wirksamkeit unkundig verlau- ten ließ, die Frucht ihrer Bemabaan wird ihren Fleiß und ihre Vaterlandsliebe unzweideutiger befunden, als dies schriftliche Polemik vermöchte. Darum láßt man die Schreier, bis sie, des Verleumdens müde, von selbst verstummen. Dieser Tage feierte die allgemeine Ritterschaft ihrem würdigen Vorsißenden, dem Fürsten von Schönburg, zu Ehren, ein s{önes und wúrdi- ges Fest, Mit tiefer Einsicht, mit Unbefangenheit , Gradfinn und mánnlicher Festigkeit hat dieser in jeder Hinsicht ausgezeich- nete Mann die Berathungen der allgemeinen Ritterschaft gelei- tet und so die allgemeine Achtung- und das Verträuen, das ihm auf früheren Laudtagen geworden, befestigt und verstärkt, Darum weihte ihm der allgemeine Dank“ eiuen práchtigen Pokal, welcher auf zierlihen Blättern die Namen der einzelnen Mitglieder der allgemeinen Ritterschaft ein- gegrabeu trägt. Ueberreicht wurde ihm derselbe bei einem feier- lichen Mahle von Sr. Excellenz dem General - Lieutenant und Gouverneur hiesiger Residenz, Herrn- von Gablenz, welcher dabei unter allgemeiner Bewegung und Acclamation die hachstehenden Worte sprach:

„Das nahende Ziel ihrer ständishen Berathungen mahnt die allgemeine Ritterschaft an eine heilige Pflicht-Erfüllung ge- gen Ew. Durchlaucht und gegen sich selbst, Es ist die Pflicht des Dankes und’ gerechter Anerkenntniß alle des Trefflichen, was Ew. Durchlaucht inmitten unserer Versammlungen und als de- ren allverehrter Vorstand, unter vielfach vershlungenen Verhält- nissen gewirkt, wo oft die Grundsäye so verschieden, die Ausich- ten so getheilt, die Interessen so widersprehend, daß nur die vollkommenste geistige Unabhängigkeit, das freieste Urtheil und der Muth es auszusprechen, Eigenschaften, die in Ew. Durch- laut sih zu so s{chónem Kranze einigen, solcher Aufgabe ge- wachsen blieb. Die Vergaugenheit ift unserer Vormundschast entwachsen; nur die Gegenwart gehört uns, und die Zukunft, in wie weit wir sle durch die Gegenwart zu gestalten wissen ; möge dar- 'um au der Erfolg solhes Wirkens, bei der reizbaren und un- stäten Stimmung unserer Zeit, nicht Allen genügen; nur der Wille ist unser, der Erfolg aber der Natur, dem Schicfsal, der Vorsehung anheim gegeben, Ew. Durchlaucht dienten der Menschheit, dem Vaterlande, der Freiheit und geseßlichen Ord- nung mit dem Höchsten, was der Mensch besißt, und so bringen denn auch wir unser Bestes, unseren Dauk und unsere Huldi- gung, dar, und dieser Pokal soll uns dabei als Mittel dienen,

Die Komniission, welche provisorisch mit dem Dienste beim |

Unterm heutigen Datum hat |

war mit der Hauptmacht am 6ten (18ten) in der Stellung hin:

Ew. Durchl. unsere darauf eingegrabene Namen, als eben \o

| viele treue und dankbare Zeugen Jhrer segensvollen und frucht-

bringenden Leitung, dann und wann ins Gedächtniß zu rufen. Ihr Geist aber wirke fort in- jedem Einzelnen unter uns auch nach unserer Trennung, und was Sie Treffliches ausgesäet mund noch fürder ousftreuen, es gehe nach dem Geseke der Unsterd- lichfeit alles Guten über auf die fünstige Zeit und pflanze sich fort von Geschlecht zu Geschlecht !‘“ i

Karlsruhe, 22. Juli. Jn der vorgestrigen Sißuug der 2ten Kammer erstattete der Abg. Rutschmann Namens - der Budget - Kommission Bericht über die Einnahmen der Gerichts - und Polizei- Verwaltung in den Jahren 1827 —29, und über die bei den Minisierien der Juftiz und des Junern , so wie bei

ihren untergeordneten Branchen stattgefundenen Ausgaben,

OkAeure it

Wien, 22. Juli, Die Wiener Zeitung enthält wiederttm ein Verzeichniß von Beförderungen und Veränderungen, welche bei der Kaiserl. Armee statt gefunden haben; der Oberst von Boehm ist zum General - Major, 2 Oberst: Lieittenants- sind zu Obersten, 2 Majore zu Oberst- Lieutenants und 9 Kapitains und Rittmeister zu Majoren ernannt worden.

Zu mehrerer Beruhigung der Bewohner hiefiger Residenz haben Se. Kaisecl. Majestät neben einer Provinzial - Sanitäts Kommission für Nieder - Oesterreich, noch insbesondere für die Hauptstadt die Zusammenseßung einer Lokal -Sanitäts- und Approvislonirungs - Kommisslon anzubefehlen geruht. Diese Kommission, deren Aufgabe es ist, für die Stadt Wien \sowohk in Sanitäts-, als in Approvisionirungs - Rücksichten die nöthigen Vorkehrungen zu treffen, is am 18ten d, M. in Wirksamkeit getreten. Durch eine unterm 2sten d. erlassene Bekanntma: chung bringt dieselbe zur Widerlegung aller von lei{tgläubigen Judividuen ansgestretiten üblen Gerüchte zur allgemeinen Kennt niß, daß der Gestmdheits- Zustand hierselbst fortwährend vollfon=

R E

Es

E MEE L R S I E E E E; E R:

T E

E S 9

Fri E B s F Ster R R E T R T I T IEET E I FIaET G