1831 / 231 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

dex Dynastie beseitigt wäre. Also habe Frankreich in ae 4 doner Konferenzen gelogen, es habe dem Könige Leopold 7 ganz Europa gelogen, und zur eigenen Schmach Hrralge er Kleinmuth der Minister sch hinter Arglist und Unredlichkeit ; un- mögli könne ein großes Volk tiefer sinken. Bei Ben Worten erscholl von allen Seiten der Ruf: „Zur Ordnung - Der Prä: sident bemerkte zwar, man solle den Redner seinen Saß beendi- gen lassen, damit ec seine Gedanken entwickeln fónne. Da die: ser aber solches niht vermochte und anfangs auszuweichen schien, späterhin aber, da er von allen Seiten gedrängt wurde, den obi: gen Say seiner Rede wiederholte, so sagte der Präsident: „Nach dem Sinne dieses Sayes wollen Sie den Glauben verbreiten, daß die Regierung den fremden Mächten gelogen habe und also das Französische Volk zu einer Lüge erniedrige, Ich verweise Sie zur Ordnung.“ Herr Pagès brachte hierauf seine Rede ohne weitere Unterbrehung zu Ende. Im Laufe derselben tadelte er noch die Französische Politik in Bezug auf Jtalien und Polen. Wenn, meinte er, Frankreich si in diesen beiden Angelegenhei- ten eben so energisch, als der Portugiesishen Regierung gegen- über, gezeigt hátie, so würde es den ihm gebührenden Rang unter den Nationen wieder eingenommen haben, Eine bloße Vermittelung zu Gunsten der Polen seh nicht hinreichend; als Breunus ge- wollt, daß scin Wort von eimgem Gewichte sey, habe er scin Schwerdt mit in die Wagschale geworfen. „Fch mag nicht,“ éußerte der Nedner am Schlusse seines Vortrages, ¡die vielen Täuschungen der Minister theilen; die Adresse darf nicht für sie eine Indemnitáts-Bill seyn; die Verantwortlichkeit muß auf ihnen allein, nicht auf uns lasten, Die Zeitumstände sind ern- fter Art ; sie fönneu gesährlich werden, und für den Fall, daß ein allgemeiner Krieg ausbrechen sollte, dürfen wir unseren Nachfol- gern nicht die Trübsale verbergen , die ihnen zu einer Anklage der Minister Stoff bieten möchten,‘“ Hr. Thiers verlangte das Wort wegen eines persönlihen Faktums. Der vorige Redner, äußerte er, habe ihn ein Organ der Regierung genannt ; gegen diese Bezeichnung müsse er protestiren; wenn er auf der Rednerbühne erscheine, so geschehe es nicht, um die Meinungen des Ministeriums, sondern um seine eigenen zu behaupten. Jm Uebri- gen habe er in Bezug auf Belgien nicht gesaät, daß die Regierung sl treuloser Weise den einmal unterzeichneten Verträgen zu entziehen beabsichtige, sondern, daß die Männer, die eine Gebiets-Vergrö- ierung Frankreichs wtinschten, gewandt genug seyn müßten, um eine günstige Gelegenheit dazu wahrzunehmen. Hierauf bestieg der Großsiegelbewahrer die Rednerbühne, um namentlich die Beschuldigungen des Herrn Pagès zurückzuweisen. Nicht der bedrängten Lage des Volks dürfe man die in der Hauptstadt vor- gefallenen Unruhen beimessen ; es seh offenkundig, daß es in Pa- ris, wie in anderen Städten Frankreichs, eine kühne leidenschast- liche Partei gebe, die tiber ganz anderen Dingen, als der ver: fassungsmäßigen Regierung, brüte; so lange der Republikanismus eine bloße Meinung gewesen seh, habe die Regierung ihn geehrt, als er aber in offene Feindschaft gegen die Verwaltung ausgear- tet sey, habe man ihn als ein Vergehen betrachten und bekämpfen müssen. Man spreche von angeblichen Todtschlägern, die mit der Pariser Polizei beauftragt seyen; wenn einige Ruheflörer zu Scha- den gekommen wären, so müßten sie sich selbst die Schuld beimessen ; man solle aber andererseits auch uicht vergessen, daß mehrere Na- tional-Gardisten insultirt und verwundet worden wären, und daß sle diese Schmach geduldig ertragen hätten. Man verlange Be- \cchäftigung sür die arbeitende Klasse. Glaube man aber etwa, daß eine solche Beschäftigung sich von Volfs-Aufläufen oder re- volútionnairen Reden erwarten lasse? Nach einigen Bemerkungen üver die Unruhen in der Vendée, deren ersten Ursprung der Mi- nister den widerspenstigen Konskribirten zuschrieb, die aber, äu: ßerte er, überall fráftig und nach dem Buchstaben des Gesepes nzterdrlickt würden, fagte er noch einige Worte in Bezuz auf die auswártige Politik. Hätte die Regierttuug, äußerte ex, den Nathschlägen des Generals Lamarqgtte Gehör gegeben, so würde ste hon mit Oesterrei, Preußen und Enzland in Krieg ver- wicelt sehn. Auch der Baron Bignon habe Tages zuvor den Ninistern vorgeworfen, daß sie Polen aufgäben ; frage man da- gegen die Opposition, wie sle denn glaube, daß Polen zu retten set, so wisse sle höchstens zu antworten: „Eine Kugel, auf die ein Prinzip eingegraben is, trägt schr weit !‘/ (Großes Gelächter.) „Dies sind“, fügte der Minifter hiuzu, „die Piäne zu einem Feldzuge, die man ms giebt.‘ Nach einigen Bemerkungen über das Benehmen Frankreichs in Bezug auf Belgien und Jtalien, {loß Hr. Barthe mit folgenden Worten: „Jch sage den Freunden unserer Revolution und der Freiheit, daß eiu einziger Tag des Friedens für die Fcei- deit und die Civilisation der Welt wohlthätiger wirkt, als zehn Kriegsjahre.‘“ Hr. Duvergier de Hauraune Sohn be- stieg hierauf zum erstenmale die Rednerbühne und bemühte sich das Ministerium vou dem doppelten Vorwurfe zu reinigen , daß es im Fnneren der Entwickelung der Revolution gutgegengewirkt, nach außen hin aber die Würde und Sicherheit Frankreichs kom: promittirt habe. Der General Subervic, ebenfalls ein nener Deputirter, erklärte sich auf das bestimmteste für die Auf- rechthaltung des Friedens-Systems umd verlangte daher, daß die Regierung die übrigen Mächte auffordere, zu cntwaffien und, wenn se sl dazu bereit zeigten, soiches gleichfalls thue. Hr. Guizot sprach sich im Wesentlichen folgeudermaßen aus :

¡Der Augenblick ist gekommen, wo Jeder von uns seine ganze | Meinung sagen kann; Aufrichtigkeit scheint mir jeßt das beste, 1a |

das cinzige Mittel zu scyn, unseren Einfluß geltend zu machen. Gestern würde ih davon ohne die geringste Besorgniß Gebrauch gemacht haben; denn ungeachtet die Debatte lebhaft war, so Über- schritt sîic doch, nah meiner Ansicht, keinen Augenblick unsere par- lamentarishen Sitten: Alles wurde mit vollkommener Frethecit ge- sagt und miît der größten Aufmerksamkeit angehdrt. Heute aber hege ih, ih bekenne es, etwas weniger Zuversicht, denn ich fühl mich verpflichtet , Dinge zu sagen, die etnigen Personen miffallen fönnen und müssen. Jch habe tedoh nicht dic Absicht, irgend Je- mand zu beleidigen ; ich will vielmehr iede Ucberzeuaung und (Ges

unseren Schicklichkeitögeseßen entferne, so bitte ich die Kammer mir davon einen Wink zu geben. Was mich bcèi der gegenwär tigen Diskussion besonders befremdet und betrübt, is dic Tendenz, diejelbe hauptsächlich auf das Gebiet der auswärtigen Angelegenhei ten hinüber zu spielen. Ein chrenwerthes Mitglicd, das die Dis kussion gestern auf unseren inneren Zustand zurückzuführen suchte, fand bei der Kammer weniger Aufmerksamkeit als gewdhnlich, und als er berechtigt war, zu fordern. Diese Stimmung der Kammer theilt Europa nicht. Seit scchs Monaten ordnet Euroya alle scine Beschlüsse dem tnneren Zustande Frankreichs unter: Alles bleibt dort so lange unentschieden, bis unsere innere Politik einen bestimmten, definitiven Charakter annimmt. Sie wundern sich Über die Lang- samkeit, mit der die Oesterreicher Jtalien räumten; kennen Sie aber auch den Grund dieser Zögerung? Man wartete den Ausfall der Wahlen Frankretchs ab. Sie wundern sich, daß England Anstafd nimmt , fih mit uns Behufs der Emancipiraung Polens zu verbün- den? England will vielleicht, che cs sich in eine \0 wichtige Angele-

fellt is. Sie wünschen eine allgemcine Entwaffnung: auch diese ist

1 hat

D : a | i ) Alles genheit einläßt, wissen, ob das Schicksal Frankreichs definitiv feikge- ; i , z j der Gegenwarr dem inneren Zustande Frankreichs untergeordnet und kann erft dann |

stattfinden, wenn Sie Europa Vertrauen einfldßen werden. Bei uns ruht also das Geschick Europas; die Aufregung unseres in- neren Zustandes ist die Wunde, woran es leidet. Europa hat Recht, zu zdgern; es hat den ießigen Charakter der neuen Re- gierung in Frankreih begriffen und wartet nun ab, ob er Sympathie oder Widerstand in der Nation finden wird. Das Ucbergewicht der JFdeen und Fnstitutionen Über die Diploma- tie und die Gewalt der Bajonette charakterisirt den heutigen Zustand Europas; dur die Herrschaft der Jdeen entscheiden sich icht die Dinge, und der Siß dieser Jdeen ist Frankreich. Von unserem in- neren Zustande hängt Krieg und Frieden ab; Europa selbs spricht dies aus; vergessen wir es also nicht, und suchen wir nicht außer= halb unseres Landes dic Ursachen von Ereignissen , die nur aus un- serer inneren Lage entspringen; hieria liegt der wahre Grund dex Aufregung in Europa. Außerdem ist es die Pflicht der freien Völker, thre ganze Aufmerksamkeit zunächst auf ihren inneren Zu- ftand zu wenden, denn auf diesem beruht das Glück oder Unglück der Nationen. Die großen Epochen, wo der Krieg und die Diplo- matie cine glänzende Rolle spielten, waren nicht die der Freiheit, und wenn BVdl er nach großen Revolutionen sch nicht vor allen Dingen mit ihrer inneren Lage, mit ihrer Verfassung beschäftigen, so kann man überzeugt seyn, daß se nicht frei und der Fretheit auch noch nicht nahe sind. Was ich an dem Systeme des jeßigen Ministeriums besonders achte und billige, is / daß es über die- sen Punkt die Ansicht Europa's theilt - daß es begriffen hat, das Erste, was man thun mi e, sey dieses, die Regierung zu be- festigen, die Gesellschaft wieder in ihre Fugen zu bringen und den FJdeen und Jnteressen thre wahre Grundlage und Richtung zu ge- en. Das if der eigentliche Sinn des Friedens-Systems. Der Friede erspart außerdem den Völkern viel Unglück, aber hauptsächlich ift er das Mittel, um neue Regierungen zu befestigen und zu konsoli- diren. Rach einer Revolution is jeder Krieg cine neue Revolution ; das erste Bedürfniß nach einer solchen ist die Ordnung, und Drd- nung is Friede. Man behauptet, das Friedens-System habe unsere Regierung um ihr Ansehen und îhre Kraft gebracht und die Unab- hängigkeit des Landes gefährdet. Alles, was man in dieser Beztie- hung von einer allgemeinen Juvasion der fremden Mächte in Frank- reich, von der Unmöglichkeit, sich den Frieden zu erhalten, gesagt hat, is durch die Ereignisse widerlegt worden; nichts von alle dem ist eingetroffen ; der Friede besteht, die Beziehungen der Staaten zu etit- ander sind regelmäßig. Auch ein anderes Symptom is nicht zu Über- schen: die Herzogin von Berry reist seit einiger Zeit auf dem Koit- tinente; wir alle legen dieser Reise politische Zwecke bei, und es läßt sich auch unmöglich antiehmen, daf diese Prinzesstn nicht daran den- fen sollte, Fntriguen anzuspinnen und der Fuli-Revolution Schwie- rigkeiten zu bereiten: se tritt als Frau, und zwar als unglückliche

rau, auf, und dennoch is sie überall abgewiesen, nirgends ift ihr die

rlaubniß ertheilt worden, sh an unserer Gränze nicderzulassen ; sogar ihre eigene Familie fühlt einige Unruhe, sie bei sih in Nea- pel, 4 bis 500 Lieues von Frankrcich, aufzunehmen; 1789 dagegett wurden die Emigranten Überall aufgenommen, fesilich bewirthet, ste konnten sich an allen Punkten unserer Gränze festiseßen und dort un Kriege rüsten; keine Macht Europa's schlug ihre Bitten ab;

er kleinste Fürst des Deutschen Reiches konnte zwei Jahre lang der National-Versammlung troßen; zwei Fahre lang ertrug sie, was wir nicht 14 Tage ertragen würden. Der Grund davon liegt darin, daß die Ansichten Europas über uns sich vollkommen geändert ha- ben, daß es uns nicht mehr für eine Nation hält, die ih in vdli- ger Auflösung befinde und im Begriff stehe, in gänzliche Anarchie zu versinken, und die zugleich unfähig sey, fich gegen Angriffe zu verthei- digen. Zweien großen Mächten verdanken wir diese in den Ansich= ten Europa's vorgegangene Veränderung, Napoleon und der Juli - Revolution; Napoleon, weil er Europa gezeigt hat, daß der Staat in Frankreich wiederhergestellt werden und in Frieden mit der gesellschaftlichen Ordnung der anderen Staaten bestehen könne ; der Juli - Revolution, weil fc Europa Überzeugt hat, daß Frank- reich, si selbst Überlassen , einer regelmäßigen politischen Ordnung fähig sey; daß die politische Freiheit, die Reyräsentativ - Regierung bei uns begrundet werden könne, ohne die Ruhe, Sicherheit und Freiheit Europas zu bedrohen. Napoleon hat unsere gesellschaftliche Ordnung und die Franzdsische Revolution mit Europa versöhnt,/ die Juli-Revolution hat die Versöhnung der liberalen politischen Mci- nung Frankreihs mit den Europdischen Regierungen begonnen. Die Juli- Revolution is von der Partei, die ih dic-außerparlamett- tarische nenne, nie richtig begriffen worden. Bei aller Mcinungs- verschiedenhcit der Ministerien, die seit derselben auf einander folg- ten, haben doch alle im Grunde ein und dasselbe System gchabt; alle hatten in legislativer Hinficht ein Ziel, achteten bei dem Be- amtenstande alte Dienste und Rechte, vermieden allgemeine Abseßun- gen und sprachen sich in unseren auswärtigen Angelegenheiten für den Fricden aus. Woher also diese hartnäckigen und heftigen De- batten? woher diese Zwiste bei so ähnlichen Ansichten? Hier ist es, m. H./ 100 îch Sie um die Erlaubniß bitte, meine ganze Meinung sagen zu dürfen. Fch Übergehe eine Partei, deren Abneigung gegen

' unsere Regierung natürlich i, und die erf nach langen Fahren des Fric-

dens, nachdem alle Männer von Verstand und Ehre, und sie bilden die Mehrzahl fich von ihr losgesagt haben, verschwinden kann. Auch spreche ich nicht von dem, was gegen ihre strafbaren Umtriebe zu thun ist ; darüber sind wir alle einig. Es giebt aber cine andere Partei, de- ren Grundcharafter darin besicht, daß die Juli - Revolution ihr nicht genügt, daß fle sich nicht in die . Gränzen einschlieficn will, welche die Revolution von 1830 sich selb| geseßt hat: ste ist nicht zufrieden mit der Art, wie die Revolution vollbracht wor- den, noch mit dem, was seitdem geschehen ist. Was diese Partei laut auf den Straßen und sogar vor der Thüre dieser Kam- mer verlangte, war cin Fnterrcegnum, eine provisorische Regie- rung, einc neue Verfassung, die mit der bisherigen nicht cinmal den Ramen einer Charte gemein haben sollte: sie verlangte die Zusani=-

¿ menberufung der Primar- Versammlungen, das allgemeine Votum,

die Verachtung aller bestehenden Gesche, die Umwälzung der ganzen gesellschaftlichen Ordnung. Jn Bezug auf die auswärtigen Angele- genheiten verlangte sie den allgemeinen Krieg, den Kricg um Prin- zipien: alle unjere Jdeen und Grundsähe sollten wir gegen

|- die Jdeen und Grundsäße des übrigen Europa ins Feld schicken.

Da es ihr nicht gelang, Krieg anzustiften, so versuchte fic, es unter

| der Hand zu thun: durch die Propaganda, durch Aufreizung zur | Fnsurrection gegen dic bestchenden Regierungen. ] | Art von Krieg; es if nicht loyal, dies Frieden zu nennen; es if ein

Das ift auch eine

nicht erklärter Krieg , der unserer Zeit und unseren Sitten wider-

| ftrebt. Wir haben Subscriptionen zu gewissen Revolutions-Plänen

erdfnen fehen, denen nicht einmal die Ehre des Mißlingens zu Theil

| geworden is; wir haben gesehen, wie Revolutionen auf Speculation D ; : | unternommen wurden, und wie sch anonyme Gesellschaften bildeten, sinnung achten; ¿ch werde ofen sprechen, und wenn ih mich von | ejelchaf dete

| that jene Partci, als ste den Krieg, den sie wünschte, nicht erlangen

um im Auëlande ähnliche Unternehmungen hervorzurufen. Das

konnte. Welchen Namen soll man dieser Partci geben? Man se die republikanische genannt. Obgleich Niemand mehr denn ich Überzeugt seyn kann, daß die Monarchie die einzige Frankreih zusagende Staatsform is, so will ih den- noch der Republik nicht den Schimpf anthun, cine solche Partei nach ihr zu benennen. Die Republik is eine regelmäßige Regie- rungsform, die gerccht, loyal seyn kann, und die zu der Partei, die ih zu charakteristren versuche, in gar keiner Bezichung steht. Diese artei it der Schweif der schlechten Französischen Revolution, die Sammlung aller Trümmer, das caput moctnom alles dessen, was von 1789 bîs 1830 bei uns geschehen is; fle ist eine Sammlung al- ler falschen Ansichten, aller Leidenschaften, aller unrechtmäßigen Jn- teressen, die sich an unsere glorreiche Revolution anschlossen und sie eine Zeit lang verdarben. “Der erste Gedanke dieser Partei is, Alles von vorn anzufangen, eine tahala rasa zu machen, es zu vernichten, um cin neues gesellschaftlihes Gebäude aufzuführen; fle will weder in der Vergangenheit, noch in \ etwas Rechtmäßiges, Gutes anerkennen, son- dern das Werk der Schdpfung gleichsam von neuem beginnen.

Es giebt kein gefährlicheres Hirngespinnst; nichts verdirbt die : schen mehr, als der thörichte Hochmuth, zu glauben, es stehe D f rer Macht , die Welt jeden Tag von vorne anzufangen. Dem ky nicht so seyn. Die Staaten , die Lehren können nur das langsqy Werk-der Zeiten und Geschlechter seyn, und es bedarf hundertj er Erfahrungen, um sie zur Reife zu bringen. Es is eine h horheiten, eines der Verbrechen der Partei, den gesunden Siy der Völker und der Menschheit nicht zu beachten. Fhr zweiter 6, danke ist die Jnsurrection und immer wieder die Insurrection; ein wahres Schwerdt des Damokles, das über dem Haupte h Regierungen schwebt, und ein Unheil für den Privatmann, n mehr aber für die Regierung, welche die Bürger {hüten soll. Y jeder Handlung, ieder Demonstration der Regierung is die Jnsy rection bereit, sih auf sie zu stürzen und sie zu (lesen. Di sind die Grundsäße dieser Partei; die Mittel, welche sie gebrau sind Jhnen bekannt: der Aufruhr, die materielle Gewalt sj die Waffen, die sie gegen Alles, was Regierung und Ordnung heiji anwendet. Wollen Sie ihre Sprache kennen lernen? Schlagen Ci auf! Lesen Sie! Es ist die Sprache der shlechtesten Zeit , jeßt zj noch shüchtern, weil ste erst wissen will, ob Sic im Stande si ihr Widerstand zu leisten und ste zu unterdrücken; wenn Sie aber shwach zeigen, so werden Sie die Leute dieser Partei sïch j} rem Cynismus überlassen, auf die Straßen und Pläße herabsteig und dort (vergeben Ste mir das Wort) den Schmuß threr Se( zeigen schen. Das ist die Partei, mit der Sie es zu thun habe ich nenne ste nicht dic republikanische, sondern die schlechte revol tionnaivre, der Besserung und Reue unfähige. Die Fuli- Revolutij! umfaßt in sich Alles, was unsere erste Revolution Gutes, Recht} ßiges und Nationales hatte, und zwar dies Alles dem Staate angepas jene schlechte revolutionaire Partei dagegen umfaßt Alles, was Schle tes, Unrechtmäßiges, Anti-Nationales von 1789 bis 1830 geschehen jj! Dies, m. H./ sind die beiden Parteien , zwischen denen Sie Zu enl scheiden haben; einige aufrichtige, einsichtsvolle Freunde der Jy Revolution glauben, daß man die Partei, die ich geschildert, schon müsse, daß man ihrer bedürfe und sie so lange als möglich in sein Reihen behalten, ia daß man ihr sogar Zugeständnisse machen müs um sie nicht zu entfremden. Diese Partei aber, wenn sïe in unse Reihen steht, verdirbt uns, entehrt uns in den Augen von Europ Bedingung unseres Heiles ist, daß wir sie nicht hinter uns, nicht unseren Rethen, sondern uns gegenüber stechen haben, um ste bekty" pfen zu kônnen. Jch befürchte nicht, daß sie, auch nur indirekt, dieser Kammer siegen kdnnte: ih weiß, daß sle einmüthig zurü! wiesen werden würde. Aber in der Kammer, wie unter all! Freunden der Juli - Revolution, herrsht Zwiespalt; es gid# Männer, die man dulden, Andere, die man bekämpfen mij Zwischen diesen beiden Systemen haben Sie eine Wahl zu thu} von der in diesem Augenblicke Alles abhängt. Fällt diese nicht auf wic Frankreich es erwartet, nehmen Sie kein vollständiges, entschj/ denes System an, so fallen Sie in alle die Schwankungen, Unen/] schiedenheiten und in all das Durcheinander zurück, das Fran! reich seit cinem Fahre ermüdet. Sehen Sie sich wohl vor; nf jedem Jhrer Vota können Sie entweder dic größte Aufgabe erfi! len, die einer Versammlung noch jemals für das GIlÚck ihres Luk des gestellt war, oder aber jenen gewöhnlichen Versammlungen äh? lich werden, die dem Vertrauen und der Erwartung ihrer Kommi tenten nicht zu entsprechen wußten.“

Dieser Rede foigte aus allen Theilen dès Saales ein lebhafter Applaus, daß der Práäfident fich genöthigt sah, an dl Neglement der Kammer zu erinnern, wonach jede beifällige o ; mißfällige Acußerung verboten ist. Den Beschluß der batte an diesem Tage machte Hr. Odilon-Varrot.

: , Als ‘/, äußerte er, „der Prâstkdent des Minister-Rathes di Tribune bestieg und uns ankündigte, daß er sein System ausfü lich entwickeln werde, da hoffte ih, daß endlich jede Ungewißh schwinden, und daß dieses Sysiem so klar ausetnandergeseßt w

den würde, daß keine Täuschung darüber mehr möglich wäre. Sti F

dessen aber haben weder der Herr Minister selbsi, noch alle die Rel ner, die ihm auf dieser Tribune gefolgt sind, irgend eine bestimnt Ansicht ausgesprochen, dergestalt, daß keine der Theorieen, die aufgestellt haben, nicht zugleich auch von der Opposition aufgestel werden könnte. Wenn z. B. der Präsident des Minister-Rathes System in die Worte zusammenfaßt: der Friedeund die Chart so fönnten wir als das unsrige ebenfalls die Charte und de Frieden bezeichnen. Der vorige Redner sagte: wir hätten zw schen schlehten Leidenschaften und der wahren Freiheit zu wälle Mit demselben Rechte könnten wir thm zurufen: „Fhr badt zwisch der Freiheit und schlechten Leidenschaften eine Wahl zu “treffen, Es wäre endlich einmal Zeit, sich von solchen Gemeinpläten , w durch das Land nicht klüger wird, als es war, loszusagen und sü} kategorisch Über diejenigen Punktc auszusprechen, worüber die beid entgegengeseßten Meinungen sowohl innerhalb als außerhalb diest Kammer entzweit sind. Jn der vorigen Session wurde das Lat in diejer Kammer nicht so repräsentirt, wie es nah der Juli - R volution repräsentirt seyn sollte. Diesem Uebelstande if set abg}! holfen. Hiermit ift die Sache aber noch nicht abgemacht. Dani ein Land gut konstituirt sey, müssen die sämmtlichen Elemente de verfassungsmäßigen Gewalten geordnet seyn; dies ist aber bei un noch niht der Fall. Wir durften daher von der Freimüthigkeit de} Ministeriums erwarten, daß es sich Über die wichtige Frage dts Pairie bestimmt erfläâren würde. Statt dessen spricht es uns vi Ruhestôrern und Republikanern und mißt diesen die allgemeine Un} behaglichkeit bei. Fch meinerseits erblicke den eigentlichen Grun der allgemeinen Besorgniß der Gemüther in unscrer noch mangl} haften politischen Verfassung.“ Der Redner entwickelte hierat| seine Ansichten Über die künftige Organisation der Pairs - Kammä|} wobei er sich auf das bestimmteste gegen die Erblichkeit der Pair aussprah. Eine zweite Ursache der allgemeinen Unzufriedenht | müsse man, meinte er, in Frankreichs äußerer Politik suchen; t} könne in dieser Beziehung nicht die Meinung des vorigen Rednet| theilen, daß die auswärtigen Mächte h: neren Zustande Frankreichs abhängen ließen; der wahre Grund, wat um diese Mächte immer noch unter den Waffen ständen, sey die Of ganisation, dic man in den Fahren 1514 und 1815 dem gesamnite! Europa gegeben habe, und die durch die lebte Revolution bedroht! worden: es lcide keinen Zweifel, und der Minister der auswärtigen Aif gelegenheiten räume es selbs ein,— daß ohne die Polnische Fnsurrecti i: die Russen ihren Marsch nach Frankreich fortgescbßt hätten. Ungeach dieser Stimmung habe dic Opposition nie verlangt, daß Frankre die Traktaten von 1814 und 1515 zerreißen solle, und ¡war nid aus Furcht, sondern aus Achtung vor den Rechten der Völker selbsi wohl aber habe fie cin politisches Prinzip aufgestellt, das man glei sam als das Europäische Sittenbuch betrachten müsse, nämlich di Prinzip der Nicht-Einmischung. Der Redner suchte hicr aus füht| lich zu beweisen, daß, diesem Prinzipe gemäß, Frankreich sich de} Einmarsch der Oesterreicher in Ftalien nicht bätte gefallen lass dürfen. Zugleich verlangte er, daß das Ministerium sich darütc criläre, ob cs dem Wiener Kabinette wirklih das Recht zugeftandl habe, bei künftigen Unruhen in Jtalicn immer wieder zu interven! ren. Am Schlusse seincr Rede berährte Hr. Odilon - Barrot not die Polnische Sache. „„Wir sind weit entfernt ‘/, äußerte von dem Ministerium zu verlangen, daß es das Unmby liche thue: ih glaube aber, daß es fúr Polen mehr hätte thun kit nen, als es gethan hat. Frankrcih hâtte, nahdem die Russisd! Regterung ihm erklärt, daß sic ch cinc Vermittelung zwischen il! und einer revoltirten Provinz nicht gefallen lassen Édnne , antworte! sollen, daß Polen keine Russische Provinz sey. --Sie schen‘, bemett!! der Redner schließlich, „daß ich mich über unsere inucre und äußere Pf litt ohne Rückhalt äußere. Jch beshwbre das Ministerium, eben bestimmt scine politischen Ansichten auszusprechen , damit Fran erfahre, woran cs si zu halten hat. Stimmen diese Ausichten den seinigen Überein, 0 wird man uns auch zu allen mögli Opfern stets bereit finden. Der grdßte Nachtheil für cin Land i Ungewißheit in der Politik. ; :

Die Sißzung wurde um 6 Uhr aufgehoben.

hom 12. Aug.

ihre Entwaffnung von dem it

Paris, 13. August, Vorgestern Abend hatten der Köuigl. jreußishe und der Schwedische Gesandte Privat-Audienzen beim

nige.

G Der Herzog von Orleans hat an den Obersten des ersten (usaren - Regiments folgendes, aus Mons vom 9. August da- rte Schreiben gerichtet: „„Der Ort, von wo ih Jhnen schreibe, ¡gt Jhnen hon, daß wir die erste Jahreswiederkehr des 9, Aug. adur gefeiert haben, daß wir auf Belgisches Gebiet einrüctten nd Tournai, Ath, Mons, Eharleroi uud Namur beseßten, wo gsere Truppen morgen eintreffen werden. Der Enthusiasmus den Regimentern, die wir hier haden, ist groß. Das 5te Dragoner: Regiment ging heute fcüh um 5 Uhr mit den lebhaf- sten Freudenbezeugungen und unter dem Rufe: Es lebe der dénig! Es lebe Frankreich! zuerst über die Gränze. Vom er- en Selgischen Dorse an bis zu den Thoren von Mons sind vir mit den lautesten Acclamationen empfangeri worden; man herschüttete uns mit Blumen, reite den Soldaten zu trinken nd wetteiferte, sie zu bewirthen. Unaufhörlich hörten wix den uf: Es leben der König und seine Söhne! Es leben die Fran- sen! worauf wir und die Truppen als Erwiederung den Bel- jern und Belgien ein Lebehoch brachten. Wir wurden in Mons n der unter den Waffen stehenden Bürgergarde empfangen, nd unser Einrücfen glih einem wahren Triumphzuge.““

Das Echo du Nord meldet, daß die Offizier - Corps der s Feld rückenden Truppen jeßt die vom Ministerium verwei- erte Reinigung selbst vornehmen und die Verdähtigen unter ih- en Kameraden aus ihrer Mitte stoßen. Ju Douai seyen vier Dffiziere des 7. Linien - Regiments von ihren zu einer Jury zu- mmengetretenen Waffengefährten auf diese Weise ausgestoßen vorden; der Oberft habe dem Kriegs-Minister davon Anzeige

aht,

F Das Fourual du Commerce meldet, eine Reserve : Ar- ée von 25,000 Mann werde in Met zusammengezogen werden und den General Sémélé zum Befehlshaber erhalten.

Der Prinz von Joinville ift von seiner ersten Seereise, auf er er Korsifa, Neapel, Sicilien, Algier und Mahon besucht hat, uf der Fregatte „Artemisia“/ am 7ten d. nah Toulon zurü- ekehrt. Der Prinz hat eine 10tägige Quarantaine zu bestehen.

Dem Constitutionnel zufolge, hätte das Ministeriunt, um ine Niederlage zu vermeiden, beschlossen, sich dem Amende- nent des Baron Bignon zu Gunsten Polens nicht zu wide.- eben. G Aus Brest vom Sten d. berichtet der Courrier fran- ais: „Die Brigg „Endymion““ ist in der verwicheuen Nacht on Lissabon, das sie am 21. Juli verlassen hat, hier angekom: en. Die Portugiesische Flagge wehte seit dem 19ten wieder uf dem Linienschiffe „Joao Vi.“ Die Entschädigung von

00,000 Fr. befaud si am Bord des Linienschiffes „Suffren““. lle Seeleute crtheilen dem militairishen Benehmen des Vice- dmirals Roussin großes Lob, sagen aber, sein Benehmen als Di- Wlomat entspreche nicht der Tapferkeit und den Talenten, die er Wei der Erzwingung der Einfahrt in den Tajo bewiesen.“

Der General Berthezène hat die Einfuhr aller zur Verser- igung von Waffen geeigneten Metalle in Algier verboten.

Grofibtöttanien und Jrland.

Parlaments-Verhandlungen. Unterhaus. Sibung Herr Croker brachte neuerdings die Holländisch: Belgischen Angelegenheiten zur Sprache und blieb dabei, daß die hatsahen von Seiten der Minister unrichtig dargestellt worden ehen, daß Holland beschuldigt werde, einen Waffenstillstand ver- eßt zu haben, während doch kein eigentlicher Waffenstillsiand mit Holland existirt habe, daß übrigens auch von Seiten Hol- ands die Anzeige, daß es die Feindseligkeiten wieder begin- ien werde, gemacht worden sch, indem es, was man edoh immer zu vertuschen suche, ansdrülich erklärt habe, daß es die Unterhandlungen durch militairische Mittel unter- stüßen werde; und daß endlich Lord Palmerston unverantwort- ih gehandelt, indem er 24 Stunden lang die an die Londouer Konferenz gerichtete Note des Holländischen Ministers der aus: vártigen Angelegenheiten uneröffnet gelassen habe. Hr. Croker rug demnächst auf Vorlegung dieser vom 2. August datirten Note an. Lord Palmerston erwiederte, daß die Vorlegung dieser Note ohne alle andere Aufklärung nußlos, diese lebtere edo, wenn sie in diesem Augenblicke geschähe, dem Staats- Dienste nachtheilig sehn würde, Er sähe sich demnach auch An- ¡riffen ausgeseßt, während es doch ziemlich befannt wäre, daß er jezwungen sey, zu s{chweigen, und sich mithin außer Stande be- inde, zu antworten, Was die Erklärung Hollands betrese, die nterhandlungen durch „„militairishe Mittel“/ unterstüßen zu ollen, so hátten ihn diese Worte freilich etwas stugig gemacht ; allein da die Holländischen Bevollmächtigten gekommen seyen, m zu unterhandeln, so hätte ihn dies zu dem Glauben verlei: t, daß jene Sprache feinen feindseligen Charakter habe. Das an die Konferenz gerichtete, oben erwähnte, Schreiben sey ihm brigens, als man es ihm übergeben hätte, gar nicht als so dringlich dargestellt worden, und er habe daher keinen Anlaß ge- habt, von der Regel, solhe Schreiben nur in Gegenwart der ganzen Konferenz zu eröffnen, abzuweihen. Der Minifter be- Qwerte sich über den übelwollenden Angriff des Hrn. Crofker, neinte jedoch, daß er von einem Corps herrühre, das heute dhne Offizier fehte. (Sir Rob. Peel, Sir H. Hardinge und andere Mitglieder der Opposition waren nämlich abwesend.) In- wischen ließen sich noch Lord Elliot, Lord Stormont und Sir George Murray zur Unterstüßung des Antrages ver- ehmen, Der Lettgenannte äußerte: „Jch will keinesweges nen Verdacht auf den edlen Lord werfen, so lange er durch die Umstände verhindert wird, sich zu vertheidigen, oder Papiere ordern, deren Vorlegung jeßt mit Unannehmlichkeiten verknüpft ehn würde, aber es erscheint mir nichtsdestoweniger do nothwen:

dig, die Aufmerksamkeit des Publikums anf unsere auswärtige

Politif zu lenken, und namentlich auf die leßten Vorgänge in en Niederlanden und Portugal, so weit wir dabei interessirt wa- en, Denn es scheint mir, daß die Britische Politik der einer deren Macht untergeordnet worden ist, gegen die ich jedo Veit entfernt bin einen beleidigenden Ausdruck gebrauchen zu wol- en, Niemand hegt wohl eine aufrihtigere Achtung für die Fran- ösische Nation, als ih. Jch, als Soldat, zolle gewiß ihrem mili- irischen Charakter die verdiente Rücksicht: aber mit den Gesinnun: gen eines Briten kann ich es nicht gleichgültig ansehen, weun man, vie es mir eint, in rein Französische Zwecke ruhig eingeht; und so darf ih wohl verlangen, daß unsere Minister gegen einen solchen Verdacht sich rechtfertigen. Das Gerücht sagt, daß die unter em Befehle des Sir Edw. Codrington stehende Flotte zur Ver- igung der Konferenz: gestellt worden; wird aber auch die Armee 8 Marschalls Gérard von derselben Autorität geleitet? Wird sle, auf das Ersuchen der. Konferenz, sich von Belgien oder Hol- and zurückziehen, wie sich Sir Edward mit seiner Flotte zurück-

Diehen dürfte?“ Der Redner berührte nun noch mehrere andere, die Niederländische Angelegenheit betreffende Fra-

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gen; namentlich bedauerte er, daß, der Französishen Thron- Rede zufolge, der König der Belgier a es Deutschen Bundes ausmachen würde. Ferner fragte er, welche Bestimmungen hinsihtlih der Nachfolge des Königs Leopold ge- troffen worden? Derselbe seße sich tägliher Gefahr aus und könnte leicht ein Raub des Todes werden. Es befände si aber jeßt der Sohn des Königs der Franzosen, der früher für den Belgischen Thron bestimmt gewesen, mit einem Heere von 50,000 Mann in Belgien, und leiht könnte nun, in jenem vorausgesey- ten Falle, die Thronfolge auf eine unerwartete Weise entschieden werden. Lord Althorp antwortete auf alle diese Fragen nur mit der Bemerkung, daß es die Umstände unmöglich zuließen, in deren Erörterung einzugehen. Nachdem auch noch Sir Char- les Wetherell seine Meinung abgegeben, wurde der Antrag des Herrn Crofïer ohne Abstimmung verworfen.

London, 14. August, Gesiern war der Geburtstag Jhrer Majestät der Königin, der sowohl in der Hauptstadt, als in Windsor, wo große Gala bei Hofe war, gefeiert wurde. Abends rourde “daselbsi ein glänzendes Feuerwerk abgebrannt.

Der Herzog von Sachsen - Meiningen, Bruder JFhrer Maj. der Königin, is am 11ten d. hier angefommen.

Im Sun het eo: ¡Ot vernehmen, daß Dom Pedro mit jeiner Famiire nah Paris abreisen will, indem, wie es heißt, seine Unterhandlungen mit Großbritanien, um Donna Maria wieder auf den Portugiesischen Thron zu bringen, - fehl: geschlagen sind.“

Niederlande

Aus dem Haag, 16. Aug. Folgendes is der von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen von Oranien abgestattete Bericht über die Kriegs-Ereignisse von Löten :

„An den König. Hauptquartier Thienen (Tirlemout), 12. Aug. 1831, Abends 9 Uhr.

„Jch habe die Ehre, Ew. Majestät zu berichten, daß das Königliche Heer, an dessen Spiße zu stehen ich die Ehre habe, heute einen glänzenden Vortheil über das feindliche von Tieken de Terhove befehligte Heer erlangt hat, bei welchem sih auch der Prinz Leopold befand. Die feindlichen Truppen sind aus allen Stellungen, in denen wir sle angriffen, vertrieben worden und haben sih genöthigt gesehen, in die Stadt Löwen und unter die Kanonen derselben sich zurückzuziehen. Die Folge davon war das Nachsuchen eines kurzen Waffenstillsiandes, um die Stadt Löwen zu räumen und den Truppen Eurer Majestät zu überge- ben. Die Bedingungen dieses Waffenstillftandes, durch welche der Feind seine Niederlage anerkannte, sind von mir vorgeschrie- ben worden. Dieses Resultat ift auf nachstehende Weise er- langt worden: Die dritte Division, unter dem Befehle des Ge- neral Meyers, begleitet von der Kürassier-:Brigade unter dem Ge- neral Post und den Reserve-Artillerie-Batterieen, brach des Mor- gens um 5 Uhr auf, Wir hatten des Abends vorher Bautersem ráumen müssen und die Avant-Garde, wegen der Uebermacht des Fein- des, auf Roosbeek zurückziehen lassen. Heute fanden wir den Feind auf der Löwenschen Seite von Bautersem in einer vortheilhaften Posi- tion, die sowohl durch Gebüsche als durch die vordersten Hauser von Bautersem gedeckt wurde, ausgestellt. Seine Macht bestand aus Jnfanterie und Artillerie. Jch war sogleich der Ausicht, daß es uur ein nubloses Blutvergießen zur Folge haben könne, wenn wir die Debouchirung aus diesem Dorfe und einen Angriff in der Fronte anf die Stellung -des Feindes wagen wollten. Jh gab daher Befehl, diese Stellung rechts und links zu umflügelu, um ibn dadurch zum Rucfzuge zu zwingen. Der Feind hielt lange Stand; als er, aber gewahrte, daß wir uns an seiner lin- ken Flanke einiger Hügel, die ih durch die freiwilligen Jäger- Corps der dritten Division beseßen ließ, bemächtigt hatten, sah er sich gezwungen, seinen Rückzug eiligst anzutreten. Wir ver- folgten ihn soglei auf der Straße nah Löwen, Jch hatte ebeu Befehl gegeben, ihm mit unserer Kavallerie naczzusegen, um von seiner Verwirrung Vortheil zu ziehen, als ein Parla- mentair auf der Landstraße mir entgegenkam. Es war Lord William Russell, der ein Schreiben von Sir Robert Adair úüberbrahte. Dasselbe war an den Herzog von Sachsen - Wei- mar gerichtet, weil man der Meinung gewesen war, daß der Herzog den Beschl über diese Kolonne sühre. Das Schreiben enthielt das Begehren eines Waffenstillstandes und die Meldung, daß das Französische Heer bereits mit seiner Avant-Garde in der Nähe von Wavre stehe. Nachdem ich einen Augenblick die Sache berathen hatte, erflärte ih, daß das Einzige, was mich zur Ge- währung eines Waffenstillstandes bewegen könnte, die Räumung Löwens und die bestimmte Ueberzeugung wäre, daß sich bereits ein Französishes Heer auf Belgischem Boden befande. Jh wollte, um mir diese Ueberzeugung zu verschaffen, einen Offizier an Ort und Stelle senden. Lord William Russell entfernte sich wieder, und ih seßte meine Bewegung nach vorwärts fort, Der Feind flüchtete auf allen Punkten. Als wir uns Löwen näher- ten, fanden wir ihn mit einer ansehnlichen Macht in einer sehr vortheilhaften Position auf der Höhe vou Pellenberg aufgestellt. Fch zwang ihn, diese Stellung zu veriassen, indem ich der ersten Division, die von St. Foris Winghe vorrückte, den Befehl er- theilte, sich vou dieser Seite auf derselben Höhen-Linie aufzu: stellen und ‘daun, auf das Plateau gekommen, vorwärts auf den linken Flüge! des Feindes zu rüccken. Diese gung wurde vom General Favauge, der die zweite Bri- gade der ersten Division befehligte, mit vieler Schnelligkeit und glücflichem Erfolg ausgeführt. Eine kurze Kanonade, die sowohl von sciner, als voi der Seite der dritten Division auêge- führt wurde, zwang den Feind, | zu verlassen und si eiligst auf Löwen zurückzuziehen, _Wir besezten nun dieselbe Position, so wie außerdem die Heerstraße und die auf unserem linfen Flügel gelegenen Weiler. Hier be- fanden wir uns in der Entfernung eines Kanonenschusses von

Lord Russell an Sir Rob, Adair, als meine Antwort auf fein Schreiben, überbracht hatte. Sir Nob. Adair fam selbst; er suchte um einen Waffenstillsiand nah. Jch erklärte ihm, feine andere Bedingungen annehmen zu können, als die völlige Räu- mung der Städt vom Prinzen Leopold und den Belgischen Truppen. Sir Rob. Adair nahm es über sich, dies zu Stande zu bringen. Bald nach seiner Rückkehr in die Stadt ershien ein Offizier vom Generalstabe der Belgier und ersuchte mich um die Bedingungen, die ich vorschreiden wollte. FJch ließ sie durch den Chef des Generalstabes, General-Lieutenant de Constant de Rebecque, aufsezen und ver- langte sofortige Antwort. Ich empfing sie anch sogleich, ratifi: zirt vom Belgischen Brigade - General und interimistishen Chef des Stabes, A. Goblet. Sobald diese Uebereinkunft abgeslos- sen war, ließ ich die Truppen in ihren Positionen den Bivouac bis zum anderen Morgen beziehen. Fch muß Ew. Maj. noch

berichten, daß wáhrend dieser Unterhandlungen ein heftiges Ka:

Betwe-

diese ungemein starke Stellung }

nonenfeuer aus einem der Stadt- Thore gegen unsere Truppen eröffnet wurde. Da ich mir die Ursache nicht zu erkláren wußte, so sandte ih soglei den Hauptmann van Stirum, vom Stabe des Prinzen Friedrich, als Parlamentair nah der Stadt, um den Befehlshaber der Besaßung über die Ursachen dieser scheinbar verrátherishen Handlungsweise zu befragen. Bald fehrte der Hauptmann van Stirum mit einem Offizier zurü, der sein Leid- wesen über das Ereigniß zti erkennen gab und die Versicherung ertheilte, daß es mit den positiven Befehlen, die der Oberbefehls- haber der Truppen dort gegeben habe, ganz im Widerspruche sey. Wir betrauern in Folge dieses Angriffs den Tod des Lieutenants Prinsen von der Artillerie und deú Verlust des wackeren Oberften Gail- lières für den Königlichen Dienft, indem derselbe das linke Bein dürch einen Kanonen-Schuß verloren ‘hat. Seinen Sohn, der, als Adjutant desselben Kúrassier - Régimentes, bei seinem Vater den Dienst hatte, traf dasselbe Unglück durch dieselbe Kugel. Der Herzog von Sachsen-Weimar verließ heute früh um 3 Uhr mit einem Corps, das aus der zweiten von ihm fommandirten Division , aus der Kavallerie-Brigade und dem nöthigen Ge- {übe bestand, seine Stellung bei Nethene und Umgegend, um- ging die Stadt Löwen und ftellte sich auf der Straße vou Lö- wen nah Brüssel auf der Höhe des Eisenberges auf. Diese Bewegung wurde von ihm mit eben so vieler Geschicklichkeit als gutem Erfolg ausgeführt. Der Herzog hat sowohl hier als in diesem ganzen zehntägigen Feldzuge feinen unershrockenen Muth und seine kriegerishen Talente auf eine glänzende Weise an den Tag gelegt. Er muß mit dem Feinde handgemein geworden seyn, denn ich hörte das Feuer seines Corps an der anderen Seite der Stadt. Noch habe ih keine nähere Berichte / darú- ber, doch sandte ich ihm meinen Adjutanten, den Grafen von Limburg-Stirum, um ihn von dem abgeschlossenen Waffenftill- ftande in Kenntniß zu seben, Der Ober-Befehlshaber des Heeres,

Wilhelm, Prinz von Oranien.“

Ueber die Ereignisse bei Löwen enthalten unsere Blätter noch folgende besondere Mittheilungen: „Beide Prinzen, sowohl der Prinz von Oranien als Prinz Friedrih, haben mit muster: haftem Muth und mit Umsicht verfahren und gekämpft. Unbe- \chreiblich ist die Begeisterung, mit der dieselben, nach errunge: nem Siege in Thienen ( Tirlemont) wieder ankommend, von den Truppen begrüßt wurden. Der Prinz von Oranien errwie- derte den Gruß mit seiner gewöhnlichen Freundlichkeit und rief den wackeren Kriegsleuten zu wiederholten Malen zu: „„,„„Kame- raden, toir haben das Feld behauptet!‘ Die Division des Herzogs von Sachsen: Weimar war am 12ten Mittags auf der Straße von Löwen nah Brüssel ongelangt, wo sie vielen Tau- senden flüchtiger Militairs und Einwohner Löwens begegnete, die bei ihrer Annäherung nach Löwen zurückkehrten, Rasch wandte sih auch der Herzog nach dieser Stadt und wollte eben anfangen, sie beschießen zu lassen, als er die Meldung von ihrer Capitulation erhielt, Das Jáger - Corys der Leidenshen Stu- denten, das am 1sten in das Hauptquactier Tirlemont einrückte, marschirte bald wieder weiter und sah sich, 17 Stunden von der Stadt entfernt, genöthigt, ein Kleingewehrfeuer zu beginnen, in welchen? es durch die Gröningschen Jäger unterstüßt wurde, und das bis um 10 Uhr dauerte. Zwei Leidensche Studenten wurden dabei leicht verwundet; das Gröningsche Jäger - Corps verlor sei- nen tapferen Obersi-Lieutenant.— Sonnabend den 13, früh haben die beiden Prinzen ihren Einzug ‘in Löwen gehalten, wohin das Hauptquartier verlegt wurde. Die Belgier gaben die Stärke ihres Heeres, das vor Löwen gestanden, auf 30,000 Mann an. -— Unsere Verwundeten sind zum- Theil nah Diest gebracht worden, wo sie in einem Kloster von den barmherzigen Schwe- stern gepflegt werden, doch fängt es dort an, an Charpie und Leinwand zu fehlen, uud werden unsere Frauen zur schleunigen Hinsendung solher Bedürfnisse aufgefordert. Ueberall, wo die Holländer durchzogen, weigerte sich die Bürger - Garde, die Waffen gegen sie zu führen, und warf sie zum Theil fort; Einige haben fie sogar an unsere Truppen abgeliefert. ‘‘

Brüssel, 14. Aug. Hiesige Blätter enthalten nunmebr in einer Korrespondenz-Nachricht aus Löwen ausführliche Mit: theilungen über die Ereignisse vom {2ten, woraus wir Fóölgendes entnehmen. „Löwen, 112 Uhr Morgens. Man hört von mehreren Seiten Artillerie Feuer; an dem Tirlemonter und Diester Thore sind Batterieen aufgepflanzt. Die Holländische \cwere Kavallerie befindet sich zwei Flintenschüsse weir von den Wällen, ihre Infanterie stellt sich hinter Tivoli in Schlachtord- uung auf. Auf der linken Seite bietet sich ein anderes Schau- : spiel dar: der Feind bemächtigt sich der Höhen, welche Löwen beherrschen, seine Reihen wachsen mit jedem Augenblick, Unsere Bürgergarde, die sich von ihrem panischen Schrecken erholt hat, ist mit der Jufanterie und Artillerie vermischt, Der Ober:Be- sehlshaber zeigt so eben an, daß eine Vertheilung von Bier ftatt: finden werde; Alles ftürzt sih auf die Fässer; die Kugeln vfei- fen man trinft; der Feind nimmt die vortheilhaftesten Stel: lungen ein man trinkt noch immer. Die verdoppelten Schtisse des Feindes seven die Bürgergarde und die Freiwilligen in Be- stürzung, die Reihen lösen sich auf, Alles flieht nah der Stadt, die Straßen sind zut eng, um alle diejenigen durhzulassen, welche von der Furcht getrieben werden, Die Berwirrung ist nicht zu beschreiben. 127 Uhr. Jn allen Straßen sind Kavallerie:Ab- theilungen aufgestellt, weiche mit dem Karabiner oder dem Sa- bel in der Faust die Massen aufzuhalten suchen, welche das Schlachtfeld verlassen ; sie fönnen sich indeß feinen Gehorfam verschaffen. Der Baron von Hooghvorst mit noch einem Ge- neral und mehreren General -Stabsoffizieren kommen langsam durch die Tirlemonter Straße in die Stadt zurück, Der Ober- Befehlshaber der Bürgergarden ruft, daß die Holländer im vol: | len Rückzuge begriffen sind; dessenungeachtet hört man die Kanonade und das Gewehrfeuer am Diester Thore zunehmen; man sagt, daß das tapfere 9te Regiment und die Artillerie der Blirgergarde von

Löwen. Fch erwartete indessen das Resultat der Botschaft, die |

Mons und Namur daselbst einen hartnäckigen Widerstand leisten : der General Niellon fommandirt auf dieser Seite. Es verbreitet sich das Gerücht, daß manu wegen eines Waffenstillftandes un- terhandle, daß ein HYarlamentair in die Stadt gekommen sfe, und daß der König sein Hauptquartier in Mecheln aufschlagen werde. 1 Uhr. Man bringt die Verwundeten vom Schlacht- felde herein, fast alle kommen von der Linken, wo mau sich noch immer s{lägt. Beim Tirlemonter Thor ist ein Pulverkasfien in die Luft gesprungen; 3 Leute sind dadur getödtet und mehrere verwundet. Es trifft ein zweiter Parlamentair aus dem Hollän- dischen Lager ein; es ist ein Ober - Offizier der Kürassiere; da man ihm nit, wie sonst gebräuchlich, die Augen verbunden hat, so konnte er si von der hier herrshenden Unordnung überzeu- gen; die in der Tirlemonter Straße errichteten Barrikaden betrach: tete er mit einem ausdrucksvollen Lächeln. Unsere Truppen vex- ándern ihre Stellung; die Batterieen außerhalb des Tirlemonter Thors sind verlassen und die Kanonen vernagelt. Offiziere vom Generalstabe stürzen im Galopp durch die Straßen und scheinen

beauftragt, den Rückzug zu beeilen, 2 Uhr, Der Holländische