1831 / 276 p. 1 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

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tagion zu erklären; eine bescheidene Zurückhaltung erlaubt ihm aber nicht, die Möglichkeit einer Ansteckung gänzlich zu läugnen.

Es kann nicht die Absicht seyn, den Jnhalt dieser fast nur aus Bruchstücken bestehenden Werke im Auszuge wle- derzugeben und ohne Urtheil eine bunte Rcibe von Mel- nungen, Erklärungen, Thatsachen und Vermuthungen zur blo- ßen Notiz zusammenzustellen. Auch das gewdhnliche polemische Verfahren würde wenig Vortheil und am Ende doch nur ein ne- gatives Resultat gewähren kdnnen, zumal bei einem Gegenstande, der offendar manche Seiten zeigt, die für die Kritik noch nicht reif geworden sind, und wo sich oft der bloßen Meinung eben nihts An- deres als wieder eine Meinung ents enstellen läßt. Die Masse der Einzelnheiten is Überdies so groß, af selbs eine gedrängte Ueber- cht derselben weit Übér den Umfang einer Recenfîon hinausgehen und für die Erklärung und Verbindung aller zerstreuten Glieder feinen Raum übrig lasen würde. Besser wird es seyn, den Kern der Sache ins Auge zu fassen und an eine Hauptfrage jene Erlâäu- terungen anzuknüpfen, welche vorläufig die nothwend gsten und für die Pathologie sowobl als auch für die Praxis vorzugswetie von Wichtigkeit ïind. Die Hauptfrage betrtfft aber ohne allen Zweifel die Anfieckung, und wie schr man sih auch drehen und bemúhen möge, um dicfen „anguis in berba*“ zu umgehen, sie drängt sich den- noch bei jedem Schritte von neuem wieder hervor, und wir dürfen uns nicht verhehlen, daß über die Ursachen und den Gang der Seuche, fo wie über die Wahl und Anordnung der dentlichen Vorkehrungen, ein gründliches Urtheil nicht fiattfinden kann, so lange die Lôsung einer Frage verzögert wird, die in theoretischer Hinsicht Manchem vielleicht unerheblich scheinen mag, für die Welt aber von unek- meßlichen Folgen ist. i

Vor Allem müssen wir bemerken, daß hier nicht von der Mei- nung jener Pathologen die Rede seyn kann, welche gußer der ge- wöhnlichen von einem Fndividuum zum anderen fortgehenden Ueber- tragung eines Kontagiums noch ein athmosphärisches und telluri- sches Kontagium anerkennen und, jede Epidemie ohne Ausnahme cine Luft- Ansteckung nennend, keinen Anftand nehmen, in diesem Sinne auch die epidemische Cholera für ansteckend zu erklären. Fhnen is nicht allein der kranke Mensch, sondern auch die Ath- mnosphäre und der Erdboden eine Quelle des Kontagiums; cin sol- ches ist nach ihrer Lehre Überall vorhanden, wo viele Menschen gleichzei- tig von einer und derselben epidemischen Krankheit befallen werden, es mdgen diese ihre Krankheit anderen Menschen mittheilen können, oder nicht. Eben so wenig mdchten wir uns unbedingt zu der entgegengeseßten Theorie bekennen, welche die ansteckende Eigenschaft ausschließlich nur jenen Krankheiten beilegt, die ur- sprünglich-durh Exhalationen menschlicher Kdrper (iiuman elllu- vium) hervorgebracht und verbreitet werden. Die erste Ansicht geht von der primitiven Entstehung und den entferntesten Ursachen der Seuchen aus, die andere hat vielmehr die schon entstandene Krank- heit und ihre weitere A im Auge; jene scheint zu allge- mein, indem sie den Begriff des Kontagiums bis ins Unbestimmte erweitert, diese ist zu beschränkt, weil sie vdllig Übersicht oder in Ab- rede stellt, daß eine aus A der Atmosphäre und des Erdbo- dens entstandene ursprünglich nicht ansteckende Kranfheit im weite- ren Gange ebenfalls ein Kontagium entwickeln kann.

JFndessen haben wir es hier nicht mit allgemeinen Lehren und mit den verschiedenen Über die Ansteckung herrschenden Vorstellun- gen, sondern mit einer einzelnen Volks - Krankheit zu thun, deren Entfchen und Verbreiten nur durch ihre besondere Natur und durch bestimmte Thatsachen erklärt werden soll. Wenn es aber etne aus- gemachte Wahrheit ist, daß keine Krankheit unbedingt anstecken kann, so sollten wenigstens die Aerzte nicht unbedingt fragen, ob die Cho= lera anstecke, oder nicht. Diese Alternative, #0. scharf und entschic- den gestellt, geht offenbar von einem Vorurtheil aus und sett vor- aus, daß darauf eine kategorische Antwort. erfolgen wÜüsse, da dieje doch mdglicherweise hdchst relativ und theils bejahend, theils vernei- nend ausfallen kann. Die Pocken, der Scharlach u. st. w. sind für einige Menschen ansteckend, für andere nicht und cs giebt Epide- mieen, die nicht im Anfange, sondern erst in der Folge cin Konta- gium erzeugen. Bei der Cholera aber, “die man wie dîe Pest mit Quarantainen und Armeen bekämpfen will, kommt es für jeßt weit weniger auf jenes relative Verhältniß, sondern hauptsächlich auf die einfache Frage an: ob diese Scuche aus Fndien sich bis zu uns al- lcin und einzig durch unmittelbare oder mittelbare Ansteckung von einem Menschen zum anderen fortgevflanzt habe, oder mit anderen Worten, ob e, aus dem Bereich ihrer ursprünglichen Erzeugung vertragen, in Europa wie die Pest als cine reine Kontagion zu be- trachten sey? Wenn dieses bejaht werden muß, so sind jene großen Maaßregeln, die man gegen dic Krankheit ergriffen hat, gercchtfer- tigt; wenn nicht nicht. Von diesem praktischen und jeßt noth- wendigsten Gesichtspunkt ausgehend, lassen wir vorldufig alle Rebenfragen dahingestellt seyn, cine unbefangene Prüfung soll zu- vdrdersi nur die Annahme der reinen Kontagion erweisen oder wi- derlegen, und dann wird sich von selbst ergeben, welchen Antheil die atmosphckrisch-tellurischen und die individuellen Verhältnisse auch in unseren Gegenden auf die Entfichung der Cholera haben, und in wie

fern etroa eine Ansteckung anzunehmea sey.

Es ift bekannt, daß die Kontagionen , zu welchen vorzugsweise die Pest des Orients, der anfieckende Typhus und die Rinderpest ge- bôren, nur durch eine nahe Gemeinschaft mit Kranken und deren Sachen fortgepflanzt - durch Absonderung aber in ihrem Fortschrei- ten gehemmt und überall unterdrückt werden können, w0 zwedckmä- ßige Anstalten die Gegen zur Ansteckung entfernen Die Rich- tung, in welcher diese Seuchen, sich selbs überlassen, verbreitet wer- den, ist keine bestimmte, die immer und Überall einer gewissen Him- melsgegend folgen müßte; die Pest z. B. kann aus Alexandrien eben omo nach Ober - Aegypten , Syrien und Klein - Asien , als in die Barbarei, nah Marseille, Konstantinopel und Livorno gelangen : die Rinderpest wird aus den Savanen des súddstlichen Europa bald nord- wärts bis zur Ofisee, bald gegen Westen bis an dic Pyrenden - bald durch das südliche Ungarn nach Jtalien gebracht: der ansteckende Typhus oder die Europdische Krlegspest begleitet die HeereszUge/ in welcher Richtung sie sich fortbewegen. Die Verbreitung dieser Krank- heiten hängt wenigstens in Europa überall von den, Berúhrungs- punkten und den elegenheiten der Ansteckung ab, sie folgt genau dem verschiedenen Zuge, welchen die an esteckten Fndividuen und die mit dem Kontagium beflekten Gegenftände genommen haben, und diese Weise der P gehört zum unterscheidenden Charakter einer Kontagton. Die Cholera dagegen behauptet ungeachtet man- cher drtlichen Abweichungen im Ganzen bet ihrem Vordringen, wie die Fnfluena- eine entschiedéne Richtung nach Westen, und aus dîe- ser Figenthünilichkeit zogen mehrere Aerzte hon vor zehn Jahren den Schluß, daß das künftige Fortschreiten dieser Seuche durch kein Hinderniß und keine Vorbauungsmittel werde aufgehalten werden, daß sie im Gegentheil ihren langsamen, aber festen Gang úber den Resi des Asiatischen Kontinents nehmen, nach Europa Übergehen und ihr Vordringen nur -durch den Ocean werde gehemmt werden

cn. L dat 9 Lauf einer Kontagion wird durch Sperren, Cordons und O uarantainen unterbrochen, und fönnen mit sicherem Erfolge selb| Gegenden geschübt werden, die s{ in der nächsten Nachbar- schaft eines angesteckten Landes befinden. Auf diese Weise bewahren sich die Oesterreichischen Staaten scit sïicbzig Jahren vor der Pest, die in den benachbarten Türkischen rovinzen häufig und allgemeit herrscht und, wenn se dennoch zuwe len in einige ränzbezir e von Ungarn eindringt, doch immer in Meages Orten festgehalten und in furzer Zeit ausgerottet woird. Die Abwehr einer Kontagion ge- lingt Lgar durch Mittel, die weit geringer und unzulänglicher er- scheinen, als diejenigen sind, welche man heut ju Tage der Cholera entgegenseßt. Fm erbst 1828 war das Preußische Ober- Schlesien in ciner Ausdehnung von mehr als 10 Meilen von der Rinderpest umgeben, viele Orte in Galizien und Oesterreichisch - Schlesien, wo diese Seuche herrschte/ lagen von der Landesgränze kaum eine halbe oder Biertelmetle entfernt, und dennoch bewirkten die mit wenigem Aufwand getroffenen Vorkchrungen , daß nicht ein cinziger Pestfall

Lf L516 ich diesseits ereignete. Ein Fahr später blieben die Bukowina und Sicbeiticraen von der Pest des Orients verschont, obgleich dieselbe in Bessarabien, in der Moldau und Wallachei cinige hundert Orte und unter ditsen mehrere betroffen hatte, die sich hart an der Gränze des Oesterreichischen Gebictes befanden. Ein so glückliches Resul- tat is, wie der Referent sich damals an Ort und Stelle Überzeugte/ selbst in den Gegenden erreicht worden, wo der wechselseitige Verkehr und der Schleichhandel nicht ganz zu verhindern wgren und die vielen Schleichwege, besonders auf den Karpathen, die Gemeinschaft mit dem Pestlande ungêmein begünstigten. Wo ‘ist aber das Land, welches durch seine Vorkehrungen die Cholera von sh abgewendet hâtte? Jn Rußland haden alie Gewaltmittel die Ausbreitung des Uebels zwischen Astrakan und Riga, zwischen Odessa und St. Pe- tersburg nicht hintertreiben können, und die vielgepriesenen Schuß- wehren sind zuleßt noch an der Newa zu Schanden geworden. Das militairische Preußen, wo Ordnung, Gehorsam und Energie zu den Charafterzügen des Volkes gehdren, war in seinen Ansirengungen nicht glücklicher; die Ankunft der Seuche schien durch die Beseßung der Gränzen nicht einmal“ verzdgert zu werden, und in diesem Au- enblick hat sîe den Mittelpunkt der Monarchie erreicht. Der Oe- fevreithische Kaiserstaat hat dieselben Maaßregeln, durch welche er sich augenscheinlich vor der Pest bewahrt, mit noch grdßerer Aus- dehnung und Strenge gegen dîe Cholera gerichtet und wie ijt der Erfolg gewesen? Die Seuche durchbrach oder übersprang (wle man fich auszudrücken beliebt) zuerst den dreifachen Cordon gegen Podo- lien und Bessarabien, so daß man zeit diesem unerwarteten Ercigniß sie als eine einfache Epidemie zu betrachten anfing und einige 2Wo- hen nur als solche behandelte; sie schritt dann ungufhaltsam bis Lemberg fort, und während ste in der Folge auch den zweiten Cor- don am Sanfluß und den dritten an der Wisboka hinter sich ließ, drang sie auch über den vierten in Ungarn ein, und noch iebt zie“ hen sich die Truppen wie vor einem verfolgenden Feinde zurüd und suchen vergebens eine feste Stellung zu gewinnen. Endlich ist auch die fúnste zum Schuß des Erzherzogthums gegen Ungarn ge- zogene Linte überschritten worden. Und dennoch joll die Cholera nach dem einstimmigen Zeugniß Aller, welche sie für eine Kontagton ausgeben, bei weitem nicht so ansteckend seyn, wie die Pest; es soll vielmehr die AnsteÉung von Zeit und Umständen, von der Art der Mittheilung und ganz besonders von der Anlage / Lebensweise und Empfänglichkeit der Menschen auf dke vielfachsie Weise bedingt und beeinträchtigt woerden. Welche wunderbare Kontagkon,/ die ungleich seltener und schwieriger als die Pest anstecken soll und dennoch nicht wie diese si beschränken läßt! Die Verwunderung steigt, wenn 1n91 sieht und erfährt, daß das Fortschrciten der Cholera auf eine * eise erfolgt, die von der Verbreitung ansteckender Krankheiten völlig ver- chieden if. i i;

W Bei der Pest is man im Stande, die Einschleppung des Kot- tagiums in den davon betroffenen Orten unzweifclhaft nachzuwetien ; die Schiffe, die Waaren, die Menschen, durch welche das Ucbel ein- gebracht und ausgebreitet wurde, stnd deutlich zu bezeichnen: - die Wege und Mittel der Ansteckung werden oft durch aufmerfsames Rachforschen so vollitändig entdecit - daß man das Herfommen und die allmälige Fortpflanzung der Seuche von Glied zu Glied mit der- selben Gewißheit, wie die Genealogie einer Familie auf einem Stamm-

baum, beweisen kann. , e Dasselbe gilt auch von der Rinderpest, die int unseren Gegenden nirgend entsteht, wo nicht keanke Thiere oder verpestete Sachen hîn- gekommen waren, und oft durch gleichzeitige Absonderung auf etnen oder zwei Höfe beschränkt werden fann, wie dieses namentlich vor einigen Jahren in dem Bezirk des Ref. bet dreizehn Ortschaften ge- lungen tis. Dagegen konnte mat weder: in Danzig, Königsberg und Posen, noch in Moskau, Riga und Warschau, noch in irgend einen Orte in Schlesien die Einschleppung der Cholera vollständig bewet- sen, oft nicht cinmal vermuthen, und wenn, einige falsch verstandene Thatsachen und unbegründete Annahmen nicht als vollgültige Be- weise betrachtet werden, so läßt sich faum von einem Orte 11 der Welt behaupten, daß diese Krankheit nah Art, einer Kontagio! da- hin gebracht und verbreitet woorden sey. Fnmitten einer Stadt und Gegend, wo die Pest, der Typhus und andere ansteckende Krankhet- ten die schrecklihste Verheerung bewirken, kdnnen Menschen mit größter Sicherheit ihre Gesundheit bewahren, wenn sie die Berüh- rung der Kranken und der mit dem Kontagium befleckten Sachen vermeiden; von der Cholera hingegen werden unzählige Personen befallen, die mit den Kranken oder mit verdächttgett Gegenstän=- den nie zuvor Gemeinschaft hatten. Am deutlichsten bemerkt man dieses bei jenen Menschen „die in cinem Orte zuersk die Reihe der Krankheits - und Sterbefälle erdffnen. Zwischen den Kranken verschiedener Häuser und Straßen is daher oft gar fein Zusammenhang zu entdecken, die Cholera bricht häufig bei Mech- reren aus, die sich in wcit von einander entfernten Theilen einer Stadt und Gegend besinden , wo cine frühere Gemeinschaft und Berührung nicht möglich oder nicht wahrscheinlich war. Durch die \chnelle Absonderung der ersten Kranken und Verdächtigen läßt sich jede Kontagion im Entstehen unterdrúcken; bis jeyt ist aber feine einzige große Stadt und keine Gegend befannt, wo die schleunigsie Entfernung und Einschließung der ersten Cholera-Kranken die wet- tere Ausbreitung der Epidemie hätte verhindern können. Die Zu- und Abnahme dersclben erfolgt überhaupt in den meisten Orten viel schneller, als bei einer Kontagion/ die Zahl der Kranken nimmt im Anfange haufenweise zu und in demselden Verhältniß wieder ab, es mögen die ersten Kranfen von den Gesunden abgesondert werde, oder nicht. Daher bleibt es unerklärlih, wie die ersten Kranken, welche sogleih nach dem Ausbruch des Uebels isolirt wurden und starben, so viele Menschen anstecken konnten, die bald darauf in ver- schiedenen Häusern oder Vierteln derselben Stadt erkranken; und eben so begreift man nicht, warum in der Folge nicht viel Mehrere angesieckt werden, nachdem bet vermehrter Krankenzahl die Gelegen- heit zur Ansteckung si vervtelfältigt hat. Wäre die Cholera eine wirkliche Kontagion, so múßitte die Zahl der Kranken in einem gera- den Verhältniß zu den Gelegenheiten der Ansteckung stchen, es müßte im Anfang eine viel geringere und später cine weit größere Menge Menschen von ihc befallen werden, als es wirklich geschicht. Ein einziges Beispiel kann statt vieler genügen, um den Unterschied zu zeigen , welcher in der Verbreitung eincr ansteckenden und einer bloß epidemischen Krankheit stattzufeuden pflegt. An dev Orientali- schen Pest, welche im Herbst 1770 aus Podolten nach Mosfau ver- \{chleppt wurde, erfrankten daselbs in dem langen Zettraume vom Monat November bis zum Monat März des folgenden Jahres im Ganzen kaum 159 Personen, zu Ende Fult starben schon täglich 200, in der Mitte August täglich 400, und als ein Bolts - Aufsiand die angeordneten Vorkehrungen mit Gewalt vereitelt hatte, sticg die tägliche Zahl der Gestorbenen im September sogar auf 1009 und 1200, obgleich ein großer Theil dex Einwohner aus der Stadt ge- flohen war. Erst im Winter 1771 hôrte die Pest in Mosfau auf, nachdem sle gegen 80,0 0 Menschen dahingerafft hatte. Als aber zu Ende Juni d. J. die Cholera nach St. Petersburg kam, erreichte sle chon in den ersten zwei Wochen den höchsten Grad ihrer Verbret- tung, o daß bald nah dem ersten Erscheinen täglich 3 500 Men- schen erkrankten; eben so {nell nahm sie seit dem cilften Juli wie- der ab, so daß bereits zu Anfang August nicht mehx als 40 bis 50 täglich, im Ganzen aber bis jeßt nicht mehr als 8 9000 erfrank- ten, obgleich auch hier nach cinem Yolfs - Tumult die Sperr- und Quarantaine- Maaßregeln aufgegeben wurden. Wollte man dagegen einwenden, daß durch Absonderung und Häuser-Sperre die Ausbret- tung der Cholera in manchen Orten verhindert worden sey, so is zu bedenken, daß die Epidemie nicht überall mit gleicher Heftigkeit herrscht, und daß auch manche Orte ohne jene Maaßregeln noch früher ges wurden, als andere, wo man die Sperre mit größter Strenge in Anwendung brachte. Fn der That scheinen die gewalt- samen Mittel von keinem oder doch nur sehr geringem Einfluß auf dfe Abnahme der Seuche zu seyn; in manchen Orten, z. B. in Warschau , verminderte sich sogar die Zahl der Kranken, \o wie die Bösartigkeit der Kranfheit, von dem Tage an, als man, die sirengen

Maaßregeln der Absonderung aufgebend,/ sich fast allein auf die P, und Heilung beschränkte. i j Während die Cholera nit selten in Orten erscheint, die nj den mindesten Verkehr mit dén von ihr betroffenen Gegenden h ten, schen wir andere von ihr verschont, die sich in beständiger y bindung mit Städten befanden, worin sie herrschend ist. Aus N fau sind während der Seuche mehr denn 40,000 Menschen und unter die meisten ohne Quarantaine ausgewandert , und denno

Allgemeine

Preußische Staats-Zeitung.

fein Fall bekannt, daß die Cholera aus dieser Stadt nach ir einem anderen Orte verschleppt worden oder in einer Qua taine ausgebrochen wäre. Zwischen Krakau und Warschau | den während der Fnsurrection äußerst lebhafte und ununterbrod Verbindungen , Zufuhren und Truppenzuüge fiatt, und deny

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Berlin, Mittwoch den 5ten Oftober.

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herrschte die Cholera in Warschau drei Monate lang, bévor si

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Krakau erschien; diese Stadt blieb so lange verschont, bis die S auch aus Galizien immer näher herbeigekommen war. Fn der rantaine-Anstalt, welche an der Süd-Oestlichen Gränze Ober-S1 siens gegen das Gebiet von Krakau errichtet war, und worin oft gleichzeitig mehr als hundert Menschen befanden, ist kein E ger an der Cholera erfranft, obgleich die Seuche jenseits allgey verbreitet war. Jn der Englischen Armee von Mysore wÜtbete Seuche im Fahre 1818, gleichwohl wurde sie durch 6090 Hin die auf einmal ausrissen, nicht in der Umgegend verbreitet, und die Stadt Cawnpur, die mit dem Lager in beständiger Verbin) tand, blieb volle fünf Monate von der Krankheit verschont.

Die Behauptung, daß die Cholera vorzüglich den großen straßen folge, beruht auf einem übereilten Schlufi und wird d die Verbreitung der' Epidemie in Preufien und Oesterreich wi legt. Die dentlichen Nachrichten können allerdings die Forts der Seuche in Rußland, Persien u. # w. nur durch die Namen fannter Städte bezeichnen, Landstraßen führen zu allen Städten, es is unmdglich, immer auch die Namen der vielen unbekan Dörfer anzuführen , die sih seitwärts und in beträchtlicher En nung von diesen Straßen befinden. Dagegen unterltegt es fei Zweifel, daß die Krankheit in der Nähe der Flüsse und in den liegenden¿Niederungen am häufigsten erscheint und ihre größten f heerungen bewirkt; dies besiätigen die Fndishen Strôme/ der vhrat und Tigris, die Wolga, der Don/ Dnieper,/ Dniester Pruth, die Newa, Dúna und Weichsel , die Donau, die Theis die Oder, besonders da, wo das Gefäll an den Mündungen in schwächer wird. An der Neße und Warthe gtng die Seuche raschen Schritten bis zur Oder fort und gewann guf diese Wels nen Vorsprung, der s\ch am Finow - Kanal noch weiter erstr während fast ganz Schlesien und Hinter- Pommern - obwohl in mittelbarer Nähe von Polen und Westpreußen, noch frei von Uebel blieben, weil jene Provinzen von Osten her keine bedeut Flüsse empfangen. Nicht dem Schiffsverkehr, sondern dem V muß dieses Vordringen an den Strôinen ron werden, wenn die Schiffer häufiger als andere Menschen erkranken, schieht es deshalb, weil sie die Anstrengung - die Erkältungen Diätfehler am wenigsten zu vermeiden wissen.

(Schluß folgt.)

Amtliche Nachrichten. Kronik des Tages.

Se. Majestät der König haben den bisherigen Konsistorial- ) Schulrath De. Kortüm zurn Geheimen Negierungs-Rath, wie den bisherigen Negierungs- Medizinal : Rath Dr. Trüú- dt zum Geheimen Medizinal : Nath, und Beide zu vortrazen- Räthen in dem Ministerium der Geistlichen -, Unterrichts: ) Medizinal-Angelegenheiten allergnädigst zu ernennen und die ¿fálligen Patente zu. vollziehen geruht.

Se. Majestät der König haben den Kaufmann Christian edrih von Koepff, in Venedig, zum Konsul daselbst zu ennen geruht.

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Zeitungs-Nachrichten. Ausland.

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Deputirten-Kammer. Jn der Sißung vom 26sien ptember berichtete zunächst Hr. Mérilhou über den von Pairs-Kammer veränderten Geseg - Eutwurf wegen der dies- igen Revision und Publication der Wähler- und Geschwor- - Listen, uud trug auf die Aunahme desselben mit den von gedachten Kammer darin vorgenommenen Amendements an. j der Dcinglichkeit des Gegenstandes, da die neu anzulegen- Listen schon mit dem 21. Ofrober in Kraft treten sollen, be- die Kammer, ihre Berathungen dartibex sofort zu beginnen. chdcm hierauf der Präsident die 4 Artikel des Entwurfes vor- sin und die Versammlung sie einzein angeuommen hatte, g das ganze Geses mit 265 gegen 9 Stimmen durch. --- der Tages-Ordnung ivar jevt die allgemeine Diskussion über Budget für 1831. Nur zwei Redner, der jüngere Herr ÿ Cases und Hr. Dubois-Ahmé ließen sich im Laufe selben vernehmen. Der Erstere äußerte, es würde überflüssig n, slch in eine weitläuftige Untersuchung dieses Budgets ein- assen, da È davon bereits verausgabt wáren: indessen müsse i A R E : L: doh auf zwei Dinge die Aufmerfsamfeit der Versammlung |Z/- Brief. Geld. f | Z/. riesen, nämlich auf die Salzsteuec, die unmöglich länger beide- S Sala - Schl 4 [9127908 98 | Mien werden föane, da sie vorzugsweise auf der ärmeren Klasse Pr, Enel. Anl. 18} 5 [100 fPorm. Pfandbrf. 10:7 e und allgemein verhaßt sey, und auf den Elementar - Unter- Pr. Engl. Anl. 29 987 S u. (aevane BO 1057 icht, füc decn nothwendig mehr als bisher geschehen müsse, Di V O 21 43 1 8 & chiesische 0. fti; \ r i ß di | j Di O n ges It Ca K uN, 59 n manu ernfilich wolle, daß die grobe Unwissenheit und iu Neum. Lnt.Sch. do. 89 Z-Sch. d.K.-u. N. 93 Berl. Stadt-Oblig. 9447 avnigshbg, do. Lal 2 0 Elbinger do. = Banz. do. 1 Th. Et 347 avo VVestinr. Pfandbr.| 4 | 967 - Grosshz. Pos. do. 994 | 987

Be L E T E Den 83. Oktober 1881.

Amll. Fonds- und Geld-Cours-Zettel. (Preuss. Ca

RRE “i . ©Oestnor. Pfandbrf.

| ge dersetben der Fanatismus, die slch noch an so vieleu Or- , namentlich auf dein flachen Lande, bemerflich machten, all-

lig vershwänden, „Wir wollen“‘/, äußerte der Redner, „an Spitze der civilisirten Nationen stehen, und nehmen, was Eiementar-Unterrcicht anbetrifft, unter allen Völkern den un- en Rang ein.‘ Als Belag für seine Behauptung führte Las Cases das Seine-Departement an, wo bekanntlich noch größte Aufklärung herrsche, dessenungeachtet ader von 140,000 dern in dem Aiter von 6 15 Jahren kaum 19,000 die hule besuchten. Man solle, meinte er, die im Buoget aus- B 3rsen. porfenen 500,000 Fr. für literarische Subscriptionen lieber u anwenden, die ärmere Klasse lesen und schreiben zu lehren. hließlich verlangte der Redner, daß man alle etwauige Erspar- e auf das Budget vou 1831 der Salzsteuer und dem Ele- itar:Unterricht zu gute kommen lasse. Hr. Dubois-Aymé 6 auf die Nothwendigkeit hin, die Staats-Ausgaben zu ver- dern, M seiner M erie er, hätten die Mei- E c H, cu! 801 25. Tlamb. Cen Mig geaußert, daß si auf die Besoldungen der Staats-Beam- Ia, Ns 22 Dän. 998. Poln. 100. E 2A noch manche Ersparnisse machen lasen würden ; er seinerseits s A 2 be indessen, daß man die Zahl der Beamten seldst vermin- 81. Petersburg, 23. September. müsse; man solle ihnen nur die Aussicht auf ein ihren Hamburg 3 Mon. 95. Silber- Rubel 370 Kop. )igfeiten angemessenes Avancement eróffuen, und was bisher in Bank-Assig. 1084. i, vier verrichtet, das werde künftig cin Einziger zu Stande gen; aber wie die Sacheu jeßt lägen, müsse sich nothwendig tmuthigung ihrer bemächtigen; mit Ausnahme der Armee, das Avancement nach den geseßlihen Bestimmungen vor sich e, würden alle Aemter im Staate von den Ministera nach Mi für beseßt, wenn anders diese nicht die Wahl irgend einem disions - Chef, dieser einem Rathe, dieser einem Subaltern- Königlihe Schausp iele. iten eat es e endlich neen zu Mae ait : 3 lle vielleicht gar verhandelte; nur ein Mittel gebe es, um ; Diensiass L. hl, Im ZQpetnhaule e. SeE, Wasser] m s{chmählicheu Mißbrauche abzuhelfen, wenn man nämlich Sins spiel in Z Abtheilungen; Musik von Cherubini. Hit 9 : h 7 A m Das Tyroler Divertissement, geseßt vom Königl. Ballet lvancements-Gesep für alle öffentliche Aemter, vom Super- G / erarius an bis zum General-Direktor, oder im Justizfache tba s, U "ot Ga Giiealifa MUGAL I Pridanien des, Sassationshofes, emfhet, La die s L Nets, 1B I j / Mcheiser an die Stelle der Jntrigue, Geschäftskenutniß an die derleven, Lusispiel in 4 Abtheilungen. Hierauf: Der S il / Dea | des Tausendshón, Burleske in 1 Aufzug elle der Unwissenheit, Redlichkeit an die Stelle der Bestech- Des 2a I e drs feit trete; denn es sey nicht genug, daß der Beamte Geschik- keit in seinem Fache besiye, er müsse auch ein durchaus un- holtener Mann sehn; daß dieses aber bisher nicht immer der gewesen sey, gehe {hon daraus hervor, daß mancher in der anz : Partie angestellte Beamte si unter der vorigen Dhyna- in weñigen Tagen zum reichen Manne gemacht habe; keine eihe, kein Kontrakt müsse hinführo anders als mittelst Publicität ) Konkurrenz abgeschlossen, fein öffentliches Amt durch Ein- 1b vergeben werden, sobald der eine Stufe niedriger stehende iziant dazu qualifizirt sey. „Ein Avancements - Gese“, #\o der Redner, „könnte die Königliche Prärogative nur ver- en, da die getroffenen Wahlen geachteter als jeßt sehn wür- , und die Minifter ihrerseits würden sich dadurch von jener }e von Sollicitanten befreit sehen, die sie von allen Seiten lagern, Jch überlasse es daher der Regierung, ein solches Le L denn DH A pee die ma 03 (68 fe RONI nicht entgehen werden, lassen es als wünschenswerth erschei 1593. G. Polu. Loose 504. G, i daß dasselbe von ihr angehe. Es sollte mir leid thun, « - n sle den Wink unbeachtet ließe, und dadurch die Kammer Redacteur X ohn. Mitredacteur Cottel. ne, G ihres Vorrechts zu bedienen.“ 7A Die Versamm F ; e i inzelnen Artikeln d 2 Gerrude vi du Gi g beschäftigte sch hierauf mit den einzeln n des Bud

Holl. vollw. Duk. | 18 Neue dito. —| -— H

Friedrichasd’or. . 135 ||

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\usWwärtige

Amstoerdam, 28. September. Viederl. wirkl. Schuld 374. Kanz-Billets 137 Metall. 771 Russ. (bei MWope) 87.

Oesterr, Ÿ

Hamburg, 1. Oktober. ) OVesterr. 5proc. Metall. 89 4proc. 681. Bank-Actien 960. ü

6proc. Insd

Wien, 28. September.

5praoc. Metall. 79. proc. 684. Bank-Actien 952.

Königstädtisches Theater.

Dienstag, 4. Oft. Graf Ory, komische Oper in 2 V Musik von Rossini.

A C CE D S A I E O E R U R TS I O F OIT A RIRAR S E Ba CENIBC N (F EESCHLN PEREA NEUESTE BŒRSEN- NACHRICHTEN,

Paris, 27. Sept. Z5»roc. Nente fin cour. 83. 40. 9 fin cour. 59. 60. S5proc. Neap. lin cour, 70. 5proc, © Reute perp. 47.

Franffurt a, M., 30. Sept. Oesterr. 5proc. Metall. | 795. proc. 685, 68%. 2?proc. 40x. lproc. 175. Br. 2 Act, 1146. 1142. Partial - Obl. 1175. 1172. Loose zu 10

- Artikel des Budgets auf 1,172,512,435 Fr. veranschlagt.

gets, und zwar zunächst mit der Einnahme, die im Ganzen ge- nommen auf 1,303,979,702 Fr. berechnet wrd. Ju dieser Summe ist der Ertrag der Salzgruben und Salzwerke zum erstenmale nur mit 1,400,000 Fr. angesegt, während die Salinen im Jah: re 1825 durch ein Geses um die Summe von 1,800,000 Franken verpachtet worden waren und bis zum YJahre 1829 noch dem Schaze eine nicht undedeuteude Tant¡ème des Gewinnstes zugewandt hatten. Der Graf v. Mosbourg beshwerte sich über jene willfürlihe Herabseßung der Pacht und dete bei dieser Gelegenheit verschiedene Mißbräuche guf, die be- reits unter der vorigen Dynastie stattgesunden hätten, und wo- na man z, B. im Januar 1830 allein der Salz- Conpagnie durch die Hecabsezung der Pacht von 1,509,000 auf 1,200,000 Fr. für den Zeitraum von 10 Jahren, ein Geschenk von 6 Millionen gemacht habe. Der Redner veriangte am Schlusse seines Vor- trages, daß man im Einnahme-Budget die ursprüngliche Pacht- Summe von 1,800,000 Fc. wieder in Ansag bringe, Der Köuigl, Kommissär, Hr. Duchatel, berief si darauf, daß die Salz- werke im Jahre 1829 nur 1,200,000 Fr. wirklich eingetragen hät- ten, und daß aus diesem Grunde die Pacht bis auf diese Summe herabgeseßt worden sey; auch im laufenden Jahre würden die Salzwerke nicht mehr wie höchstens 1,400,000 Fr. eintragen; wollte man nun den Ectrag mit 1,800,000 Fr. anseßen, so würde die Balance zwischen der Eunahme und Aus- gabe nicht mehr rihtig seyn. Hr. Saglio, welcher einer der Administratoren der Salz - Compaguie is, bemerkte, daß, weit entfent, irgend einen Vortheil aus den Salinen gu ziehen, die Gesellschaft vielmehr bei dem Unternehmen viel Geld ver- liere; wolle die Regierung ihr ihren Veclust erstatten, so würde sie noch heute mit Vergnügen in die Aufherung des Pacht-Kon- trafts willigen. Mehrere Redner ließen sih hierauf noch theils für, theils wider das Amendement des Grafen von Mosbourg vernehmen, welches zulegt mit ziemlich starker Stimmen : Mehr- heit angenommen wurde, obgleich Her: Thiers daranf hinwies, daß jeder Staat nicht bloß das unbestreitdare Recht, sondern so- gar die Pflicht habe, ciuen Pacht - Kontrakt wieder aufzuheben, sobald er sich von der Unmöglichkeit überzenge, ihn in Ausfüh- rung zu bringen. Sänmtliche Ausgaben twerden im 4ten Herr Marchal ließ sich über das Kapitel der Civil: Pensionen im Betrage von 1,720,000 Fr. vernehmen und beschwerte sich dar- über, daß die General: Revision dieser Pensionen, die kraft des Gesebzs vom 29. Januar d. J. binnen 6 Monaten erfolgen sollte, auch jegt noch nichr beendigt sey; daß die betreffende Kommission vielmehr sih gänzlich aufgelöft habe. Herr Duchatel erwie- derte, der Gruad davon liege darin, daß diese Komniisston sich niht das Recht habe zuerkennen wollen, als eine Bikligkeits- Jury zu entscheiden, und daß also das Ministerium jevt eiue neue Kommission zusammenstellen würde. Nach einigen Bemer- kungen des Barons Pelet, des Handels-Minifters und des Hrn. Laffitte, oestieg auch noch der Finanz-Minister selbst die Rednerbühne um ss über den beregten Gegenstand zu äu- ßern. Allerdings, bemerkte er, bestimme das Geses vom 29. Januar 1831, daß die Pênsiouen revidirt werden sollten; es f:age sich nun aber, welche Pensionen? wahrscheinli habe man doch nur solche im Sinne gehabt, die nicht kraft eines Gesezes, son- dern nach Gutdünken, Ministern, Marschällen, Großwirrdenirä- gern u. st. w., bei Unzulänglichkeit ihres Vermögens oder dem Staate geleisteten wichtigen Diensien, bewilligt wor- den wären; die große Schwierigkeit liege nun aber darin, zu beurtheilen, was unter Vermögens-Unmzuiänglichkeit und wich- tigen Dienstleistungen eigeutlich zu verstehen sey, und wahrschein- lich werde das Minisierium sich in der Nothwendigkeit befinden, hierüber ein erläuterndes Heseß von den Kammern zu verlangen. Herr C. Périer fügte hinzu: die Kommission, die mit der Revision der Pensionen beauftragt gewesen sey, habe aus den achtbarsten Männern bestanden, von denen sich gewiß nicht au- nehmen lasse, daß sle sich aus Privat-Rücksichten für die Juter- essenten vor einer Entscheidung in der Sache gescheut hatten ; lange habe fie daruber hin und her debattirt, und erst gegen Ende Juli habe sie erklart, daß sie durchaus kein Mittel er- blie, die ihr gestellte Frage zu lösen. Herr Demarçay meinte, daß in Fällen, wo der Finanz - Minister úber die Ansprüche eines Pensionärs in Zweifel gewesen wáre, er die Pension getrost hätte streichen sollen, da die Mehrzahl der Jahrgelder ohne icgend einen Grund betvilligt worden seh; der Finanz-Minister sey der Vertreter des Schages, und als sol- her müsse er die Pensionen aller derer einzieben, deren Ansprüche ihm nicht klar erwiesen zu seyn schienen, Zur Widerlegung die- ser Ansicht ergriff der Präsident des Minister-Rathe s zum zweitenmale das Wort und gab zugleich das Versprechen, dec Kammer binnen kurzem ein neues Geseß zur Erläuterung desz jenigen vom 29. Januar vorzulegen. Die Sigung wurde so- dann, da die Versammlung zum Berathschlagen uicht mehr zahl- reich genug war, ausgehoben.

Paris, 27. Sept. Vorgestern stattete der Kaiser Dom Pedro, begleitet von dem Brasilianischen Botschafter, dem Ko- nige einen Besuch ab. Geftern führten Se. Maj. den Vorsis im Minifier: Rathe. Nach Beendigung desselben, gegen 22 Uhr, fuhren Höchstdieselben mit der Königin und der Prinzessin Ade- laïde nach den Tuilerieen, um die dort neu eingerichteten Ge- máächer zu besichtigen, Der König wird in einigen Tagen sammt seiner ganzen Familie das Schloß der Tuilerieen beziehen und am 2ten k. M. daselbst zum erstenmal große Cour halten.

Die wiederholten Excursionen, die der König in der leßteren Zeit nah Vincennes und der Umgegend gemacht hat, hatten die thátigere Betreibung der Arbeiten zur Befeftigung von Paris zum Zweck. Unter Anderem. soll bei Saint-Maur ein Brücken- kopf angelegt werden.

Der hiesige 8te und 12te Wahlbezirk haben gestern statt der Herren Daunou und Arago, die resp. für Brest und Per- ignan optirt hatten, andere Deputirte gewählt, Jm ersteren

ezirfa fiel die Wahl anf Herrn Patuxle, der nur eine Stims

n b Emma

| von Neapel hier- angekommen.

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me mehr als die absolute Majoritát (324 unter 665) hatte, und im leßteren auf Herrn Panis, dem von 421 Stimmen 292 zu Theil wurden. Sein Mitbewerber, Herr Chardel, der noch im vorigen Jahre als Deputirter des 6ten Pariser Bezirks in der Kammer saß, erhielt nur 123 Stimmen.

Die Bureaus der Deputirten-Kammer beschäftigten sl{ch ge- stern mit der Proposition des General Lamarque, in Betreff einiger in dem Gesehe über die National-Garde vorzunehmender Veränderungen, welche insbesondere die leichtere Mobilmachung derselben bezwecken. Dem Journal du Commerce zufolge, haben vier Bureaus die Vorlesung dieser Proposition in öffent- licher Sipung genehmigt.

Der Graf v. la Ferronnays, Minister der auswärtigen Au- gelegeuheiten unter dem Ministerium Martignac, und Herr Pé- rier, Sohn des Präsidenten des Minister-Raths , sind vorgestern er- ange Mehrere der hiesigen WBiätter meldeten heute früh, die Regierung habe dur den Telegraphen die Nachricht von dem Ausbruche der Cholera in Calais erhal: ten; der Handels-Minister hat indessen dieses Gerücht durch ei- N MnsGlas an der Börse für vollkommen ungegründet erklären

assen.

Der National hatte in einem Privatschreiben aus Lon=- don von Uneinigfkeiten gesprochen, die unter den Mitgliedern der Londoner Kouferenz ausgebroheu wären, Der Messager des Ch ambres erflärt dagegen, aus guter Quelle versichern zu kön- nen, daß die Korcespondenz-Nachrichten des National gänzlich er- funden sehen, und daß unter den bei der Konferenz beglaubigten Ministern fortdauernd das besie Einversiändniß herrscwe.

/ Der Minister der auswärtigen Angelegeuheiten fertigte vor- gestern Couriere nah Wieu, Berlin und St. Petersburg ab.

Am verwichenen Sonnabend legte General Lamarque eine Petition mehrerer Französischer Kaufleute von Port - au- Prince, welche durch den plöblichen Bruch des General - Konsus Mollieu mit der Haitischen Negierung Verluste erlitten haben, auf das Bureau der Deputirtea- Kammer uieder. Das Journal du Commerce bemerkt, der Minister der auswärtigen Augelegen- heiten habe zwar. das Benehmen des Herrn Mollien durchaius gemißbilligt ; da indesseu das Ministerium noch immer Anstand nehme , sich über diese Angelegenheit in offizieller Weise auszu- sprechen, so sehen die beeinträhtigten Französishen Handlungs- häuser Willens, Herrn Mollien gerichtlich “wegen Entschädigung zu belaugen. Î

Oberst Feisthanmmel, Chef der hiessgen Municipal: Garde,

wird, wie es heißt, zur Belohnung für sein muthiges und ener- gisches Benehmen bei den lebten Unruhen, zum General-Major befördert werden. Aucch hat der Piaß- Kommandant, General Darriule, um Belohnungen und Beförderungen für die verschie- denen Jufantecie: und Kavallerie: Regimenter der hktesigen Gar- nison nachgesucht. / : Auf den Dörfern des Departements des Ain cirkuliren, wie der Préecurseur.de Lhon meldet, seit zwei Monaten ein Paar höchst aufriithrerische Oden, .Philippiques‘* betitelt, ohne An- gabe des Verfassers und Drukers.

Auch in Toulon haben nach dem Eingange der Nacliricht von den Falle Warschau?s am 20sten d. M. einige unruhige Auftritte stattgefunden. Ungefähr 1000 Judividuen versammec(- ten sich auf dem Plage vor dem Rathhause, um sich von da zu dem Unter-Präfefkten und dem Maire zu begeben und ihnen eine Petition an die Deputirten-Kammer zu überreichen, worin sle auf Bersezung der Minister in Anklagestand autragen wollten. Bald war die ganze Garnison unter den Waffen; die National-Garde wurde nicht zusammenberufen. Um 8 Uhr Abends wollte die Menge vor die Wohnungen der beiden genanuten Beaniten zie- hen, beschränkte sich aber, da die Truppen sich widerseßten, dar- auf, den Freiheitsbaum zu umringen, die Parisienne und Mar- seillaise zu singen und dazwischen zu schreien: Fort mit den Ministern! Es lebe Polen! Um 9 Uhr begab sich der Haufe na dem Kaffeehause in der-Lafayhette-Straße, und hier würde die beab- sichtigte Petition vorgelesen und von Vielen unterzeichnet. Ei: nige Truppen: Detaschements bivouacquirten die ganze Nacht auf den Straßen. Um 10 Uhr war die Stadt ruhig. Am folgen: den Tage lud der Königl. Prokurator einen Drucker und meh- rere audere Individuen vor: sih, welche angeklagt waren, die Zettel gedruckt und vertheilt zu haben, durch welche die Einwoh- uer zu der Versammlung des vorigen Abends eingeladen wor- den waren.

Ueder die Verbrennung der Griechischen Flotte durch den Admiral Miaulis äußert der Messager des Chambres unter Anderem: „Die Nachricht von der Verbrennung der Griechischen Flotte ist bei der Lebhaftigkeit unserer leuten parlamentarischen Debatten fast unbemerkt vorübergegangen; und dennoch is sie ein Ereigniß von der höchsten Wichtigkeit; denn sle gefährdet die äußere Sicherheit Griechenlands, indem sie dasselbe seiner Flotte beraubt, sie seßt den Europäischen Handel aufs neue der Sec- räuberei aus, nimmt der Central - Regierung das Mittel ihres Einflusses auf die Juseln und beraubt den Staat seiner haupt- sächlichsten politisheu und militairishen Kraft. Der Admiral Miaulis hat diese That aus persönlichem Hasse gegen den Prá- sidenten Capodistrias gethan. Die ganze Macht des Staats in seiuer Flotte zu vernichten uud dem Vaterlande aus Privat: Leidenschaft ei- nen ungeheuren unerseßlichen Verlust zuzufügen, ist ein Verbrechen, das durch nichts entschuldigt werden kann und alle von dem Urheber früher geleistete Dienste aufhebt. Die 28 Kriegsschiffe, aus denen die Griehishe Marine bestand, sind niht mehr vorhanden. Von den Millionen, die Europa dem neuen Staate gegeben, damit er si dieses wichtige Vertheidigungsmittel hae, ist nichts mehr ubrig. Was Europa bei Navarin an der Türkisch-Aegyp- tischen Flotte vollbrachte, hat Miaulis an der seines eigenen Va- terlandes. gethan und in dem Augenblicke, wo Aegypten und die Türkei ihren Verlust zu erseßen suchen, giebt der Eigeusinn eines einzigen Menschen die Griechische Marine den Flammen preis, Um ihrer Wuth die Krone aufzusezen, haben Miaulis und die Seinigen sogar die s{önen Feftungswerke in die Luft gesprengt, mit denen ein Europäischer Fngenieux s Oberst den Hafen vou