1831 / 326 p. 2 (Allgemeine Preußische Staats-Zeitung) scan diff

Ste eitle Worte und vérbrecherische Hoffnungen verschmähen, und daß mant nur durch den Willen der Franzosen auf den. Franzdstschen Thron gelangen kann. Fene entthronten Familien, deren Nebenbuhlerscha

man fürchtet, ich achte fe, weil ih sie als Bürgen für die Freiheit meittes Vaterlandes betrachte; ihr Schicksal enthält für die regte- rende Dynastie die Warnung, nie von dem Geseße abzuweichen. Wenn die Krone fortfährt, gerecht zu seyn, so hat se nichts zu fürch- ten; hört se auf, es zu seyn, was if uns dann an ihren Besorg- nissen gelegen? Glauben Sie nicht, daß eine falsche Großmuth mich irre leitet. Das Kaiserthum iff mir dem Kaiser untergegangen. Durch Haß und Habsucht haben die Royalisten von 1515 ihr Kd- nigthum ins Verderben gestürzt. Wie viele Fehler müßte die iezige Regierung noch begehen, um den Wunsch nach den früheren Regterungeik rege zu machen" Das Ministerium weiß dies und hat darum nicht die Fnitiative bei cinem Verbannungs-Geseße ergriffen, das es, bei aller Teinex Liebe fúr die jeßige Dynastie? für überflüssig hält. Täuschen" wir uns nicht Über die Zeit, in der wir leben. Die Civilisation mit ihrer Presse, ihren Posten, Telegraphen , mit der Rednerbühne, mit dem Durste nah Freiheit und Wohlfahrt, mit der gegenseitigen Verknüpfung der Bedürfnisse und Dienste macht gus einer großen Nation gleichsam etne Stadt; fasi zu gleicher Zeit denken und fühlen wir Alle dasselbe, und wenn ein Volk auf diesem Standyuakte steht, so geschieht bei ihm nichts, was es nicht vill, und cine Regierung, der es abgeneigt wäre, würde sich nicht lange halten fönnen. Der triftigste Grund gegen den Geseß- Entwurf if aber dieser, daß das vollständigsie und beste Verban-

nungs-Geseß in einer guten BVerwgltung enthalten it: um dîe fvl- here Dynastie auf ewig zu verbannen, regiere man besser - als fte. Fede Regierung hat ihren gefährlichsten Gegner an sich selbsi, und wenn sie untergeht, so hat sfe untergehen wollen. Die Kraft der jeßigen Regierung liegt in dem Prinzip, durch das sic entstanden : sfe if kein Kaiserthum und suche also keine Erôberungen; sie is feine Restauration und zeige fich also nicht begierig nach Allianzen : aus dem Volke entsprungen, gehdrt sie dem Volke an: als ein Kind der Freiheit, ehre sie ihre Mutter, und sie wird nie der Verban- nungs-Geseße gegen ontfernte Nebenbuhler bedürfen. ‘/ i

Herr-Salverte bemerkte, daß eine von einem erblichen Throne gestürzte Dynaftie siets die Hoffnuug nähre, denselben einst wieder zu besteigen; es seh hiernach nothwendig, daß man die Verbannung des álteren Zweiges der Bourbonen durch ein Geseß „verfüge. Daß man dem Uebertreter dieses Geseßes mit der Todesstrafe drohen wolle, sey in seinen Augen durchaus nicht grausam, da diese Drohung ewig ohne Wirkung bleibe, so lange

Mánner, an die sle gerichtet sey, ihr nicht Troy böten. Ein wichtigerer Einwand sey derjenige, daß das verlangte Gese tiberflüs: iz und mithin mit der Weisheit und Würde Frankreichs unverträglich e, indem ein Kron-Prätendent nie auders als an der Spiße eines Heeres zurückkehren, in diesem Falle aber das Schwert zwi- Hen ihm und der Nation entscheiden würde. Hierauf könne er x erwiedern, daß, bevor man sich an die Spitze einer solchen Macht stellen könne, man diese Macht organisiren und zu diesem Behufe heimliche Neisen unternehmen müsse. Angenom- nen z. B,, daß die Herzogin von Berry mit ihrem Sohne der weftlihen oder mittäglihen Provinzen besuchte, würde, wenn auf solhe Rückkehr keine Strafe stände, Regierung nichts weiter übrig bleiben, als beide Jn- dividuen auf einem Punkte zu vertreiben, ‘(um sie auf ven anderen wieder zurücéfommen zu sehen; das vorgeschlagene Gese sey sonach nothwendig. Der Redner bieß sich hierauf uber denjenigen Theil der Bricquevilleschen Proposktion aus, der 1 auf die Napoleonische Familie bezieht, und behauptete, daß s eben so schr gegen die Würde, als gegen die Gerechtigkeit der Kammer verstoße, beide Bestimmungen in ein Geseß zusammen- fassen: Napoleon, der so oft der Rächec und Retter Frank- reichs gewesen, fönne nicht mit einer Familie, die dem Lande zedriimgen worden, in eine Linie gestellt werden; befe seh es daher, das Geses vom Jahre 1816 in sei-

c gamen Stronge beizubehalten, als es mit demjenigen rermengen, womit die Kammer sich in diesem Augenblicke cháftige. Hr. Portalis stimmte dafúr, daß man die Pro- sition des Hrn, v. Bricqueville, nachdem die Kommission die n enthaltene Strafbestimmung gestrichen habe, gang und gar werfe, indem sle in ihrer jegigen Form eine völlig illusorische aßregel seh. Die ewige Verbannung des älteren Zweiges der Bourbonen sey an und für sich eine vollendete Thatsache, und vedúrfe sona feines Geseßes mehr dazu. Der Redner hierauf sein Bedauern zu erkennen, daß das Ministe-

; se m dieser Angelegenheit so -ganz passivy verhalte, a dasselbe doch in einer so hochwichtigen Frage die Junitiative átte ergreifen sollen. Er tadelte es ferner, daß man in dem se6-Entrourfe die Familie Napoleon mit dem älteren Zweige der Bourbonen vermengen wolle, und äußerte si in dieser Be- ziehung ganz in derselben Weise, wie Horr Salverte. Schließlich finmte er gegen die Proposition, wie solche von der Kommission verandert worden ist, Auch Herr Augnis, der nah Herrn Jortalis das Wort ergriff, war der Meinung, daß nur die ursprünge ce Proposition des Herrn von Bricqueville mit der darin enthaltenen Zrafvestimmung dem Lande von Nuzen seyn könne. Nach ihm berief

Präsident den Vicomte v. Martignac auf die Nedner- oline. Die Aufmerksamkeit der Zuhörer sowohl im Saale selbst als auf den úberflillten Tribunen wurde dadurch von neuem be- lebt, Da es indessen bereits 41 Uhr war, so mußten zuvörderst die Kronleuchter angezindet wecden, wodurch die Ungeduld der Neugierigen noch einige Minuten unbesriedigt blieb, Nachdem

- Saal erhellt worden, verfügten die Deputirten sich wieder ihre Pläye, und es trat sofort die tieffie Stille ein.

M. H.//, hob Hr. v. Martignac an, ¡indem ich diese Rednerbühne vesteige, um einen Antrag zu bekämpfen, den meine Vernunft verdammt 10d mein Herz verwirft, kann ich mich ciner doppelten Besorgniß nicht

wehren. Einmal fürchte ih, daß meine durch eine lange und

merthafte Krankheit geshwächten physischen Kräfte mir nicht ver 2 ónnen möchten, die Aufgave, die ih mir gestellt habe, zu ldsen: an- dererseits beunruhigt mich die Obliegenheit, auf einen Augenblick

gre Aufmerksamkeit von dem eigentlichen Gegenstande dieser De batte abzulenken und für den Redner selbs in Änspruch zu nehmen. Eins trôfiet mich, nämlich die Ueberzeugung, daß Sie selbs, wenn auch nicht die Rothwendigkeit, doch die Angemessenheit dieser kurzen Abschweifung erkennen werden. Jch war der Minister Karls X. und habe thm als solcher mit einem gewissenhaften Eifer und ciner aufrich- ¿fgen Ergebenheit gedient ; und obgleich dieser Eifer und diese Ergebenheit mifiverstanden worden sind, so habe ich nichtsdestoweniger nach des &ônigs Falle in dieser Versammlung noch mit Ehrfurcht von sei nem Alter und mit Rhepns von seinem Unglücke gesprochen. Es is mdglih, m. H., daß diese Sprache in befangenen Gemüthern den Grund zu einem dauernden Argwohn gelegt hat und, -0h- aleich von der reinsten Vaterlandsliebe cingegeben, noch lange einem {chmerzlichen Vermissen der Vergangenheit und persönlichen Rei- zungen beigemessen werden wird. Fch bin hierauf gefaßt, und doch vundere tch mich darüber, denn ich gestehe, daß ih meinerseits eben nicht sehr bereitwillig mein Vertrauen solchen Männern schenken würde, die rasch von der Ehrfurcht der bestehenden Macht zu der Zerachtung der gefallenen übergehen kbnnten. Kennte ich vielmehr einen Ehrenmann, deri scinem Könige treu und eifrig gedient hätte und ihn nach seinem Sturze öffentlich bedauerte, nichtsdestoweniger aber den Fnteressen seines Landes zugethan bliebe, #0 würde 6 nicht abgeneigt seyn, einen solchen Mann für aufrichtig zu halten and Vertrauen zu ihm zu haben. Diese Aufrichtigkeit, m. H, fitt-

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den Sie in mir, wogegen ih um Fhr Vertrauen bitte, dessett ih bedarf, weil ich entschlossen bin, nie anders als nah meinem Ge- wissen zu reden und nur das vorzuschlagen, was ich für recht und nüßlich halte, und weil ih sonach ein augenscheinliches JFuteresse habe, daß Sie mir, wenn auch nicht mit Gun, doch mit jener Un- parteilichkeit zuhdren , die Sie Jedermann schuldig sind. Jch habe fúur die Revolution von 1830 nichts gethan: was noch mehr ist ich habe das Mògliche dagegen gethan. Gott ist mein Zeuge , daß ich Alles, woas in meinen Kräften stand, versucht habe, um ste zu ver- hindern. Als Bürger meines Landes, als ein Zeitgenosse meines Fahrhunderts, über den wirklichen Zustand der Dinge durch die mir übertragene Macht aufgeklärt und niht verblendet, erblickte ih ganz deutlich den Abgrund, welchem die Dynastie zuge- führt wurde, und that daher, was ich vermochte, um ste am Rande desselben zurücizuhalten. Aber ungeachtet aller meiner Bemühungen wollte man nicht einsehen, was doch so klar wie das Sonnenlicht war: man verfolgte die verderbliche Bahn, die man cinmal eingeschlagen hatte, der Thron stürzte in einander, eine ganze Dynastie verschwand, und cine andere Stirn wurde, wenn guch nicht durch das Volk, doch in seinem Namen und durch scine Repräsen- tanten, mit dem Diademe geschmückt. So lange die Katasiroph&) dauerte, ging ich gebeugten Hauptes einher - weil ich außer Stande war, den Sturm zu heschwdren. Nachdem dieser sich aber gelegt hatte, warf ich einen Blick umher, um zu schen, was von ihm ver- schont geblieben sey; und was gewahrte ih? die Trümmer ciner achthundertiährigen Monarchie nach einem kaum dreitägigen Kampfe. Bei diesem Anblicke bemächtigte sich meiner ein schmerzliches Ge fühl, das ich nicht zu verbergen suchte, denn ehen so wentg, wie ich cin Gefühl, das ich nicht empfinde, auch nicht zu erfünstilen vermag, eben- so wenig fann ich cin Gefühl, das ih empfinde, verleugnen. Aber unter jenen Trümmern cines versunkenen Thrones erkannte ich mein Frankreich, den Boden meines Vaterlandes wîfeder, dem ih so ganz zugethan war, und dessen Juteressen, innig verwebt mit den moinigen, mir immer theuer und heilig gewesen sind. Diesen Fnteressen widmete ich mich fortan frei und offen, arglos und ohne irgend einen Rückhalr. Was auch meine Meinung über einen Zu- siand der Dinge, dex nicht mehx i, gewesen seyn mag und noch) ist, wie sehr mich auch das vldbliche Verschwinden desselben geschmerzt haben mag, nie werde ich darum das Glück, die Ruhe und Unab- hängigkeit meines Landes aufopfern; nie werde ich wie jene Kaba- listen Karls 11. , deren Andenken uns die Geschichte Englands auf= bewahrt hat, der Rückkehr zur Vergangenheit durch alle Gräuel der Anarchie die Bahn brechen eine abscheuliche Politik, die sich in meinen Augen durch nichts rechtfertigen, ja nicht einmal entschuldigen läßt! (Lau- ter Beifall.) Diejenigen, die mich in diese Versammlung geschickt haben, sind Freunde der Ordnung, der geseßlichen Freiheit und der dfent- lichen Wohlfahrt. Die Erhaltung dieser Güter haben sie mir zur Pflicht gemacht ; ich verstehe ihren Willen, und da ich das mir an- vertraute Mandat angenommen habe, so muß ih auch wohl ent- schlossen seyn, es getreulich zu erfüllen. Es handelt sich also nicht mehr, m. Q von Nükerinnerungen und Neigungen, die ih in ver- hâängnißvollen Tagen nicht verleugnet habe und nie verleugnen werde : es handelt sich von den Pflichten eines Bürgers und Deputirten. Diese Pflichten werde ich stets redlih und ohne irgend einen ande- ren Beweggrund, als die Liebe zu meinem Lande, ohne einen ande- ren offenen oder geheimen Zweck, als dessen GlÜk und Ruhe, erfül- len. Mit solchen Gesinnungen kann man sch ohne Zweifel (und dies kann mir noch oft begegnen) selbs täuschen , doch hat man kein Junteresse, Andere zu täuschen. Dies war es, meine Herren, was ih Jhnen zuvor sagen wollte. Fch komme jeßt guf den eigentlichen Gegenstand der Debatte zurück.// Nach einer kurzen Pause fuhr hiecauf Herr von Martignac în folgender Weise fort: „Der ältere Zweig der Bourbonen hat Frankreich ver- lassen; sein Panier ist zerrissen, sein Wappenschild zertrümmert wor- den; dic von ihm gegründeten Jnstitutionen sind verschwunden ; das Schwerdt und mit ihm ‘die Gewalt sind in des Feindes Hände übergegangen. Wir haben eine andere Charte, cine andere Dynastie, andere Fnteressen. Dies sind unermeßliche Neuerungen, unter denen wir nun schon länger als ein Fahr leben. Was \chl gt man uns nun vor? Wir sollen jene Neuerungen durch ein Geseß bestätigen. Und warum? Haben die Thatsachen, deren Zeugen wir gewesen sind, nicht zu- gleich auch Europa, ja die ganze Welt zu Zeugen gehabt, und wie könnte ein vorübergehendes Geseß ein Ereigniß bestätigen, das schon für sich allein laut genug spricht, indem es die Gesellschaft bis in ihre Grundveste erschüttert hat? Dergleichen Krisen gleichen einer von ienen au ßerordentlichen Natur - Erscheinungen , die sich nicht nach gewdhnli- chen Grundsäßen erklären lassen. Nicht auf geseßlichem Wege ver- fügt man heutiges Tages úber das Schicksal der Staaten. Wir sollen die Nachkommen des ältern Zweiges der Bourbonen auf ewige Zeiten verbannen und (so lautet wenigstens die Original - Propost- tion, auf der man noch immer besteht) die Uebertreter dieser Acht - erflärung mit dem Tode besirafen. Dic Kommission dagegen ver- wirft diese leßtere Beftimmung und begnügt sich mit der bloßen Verbannung. Aber wie viel läßt sich nicht auch noch gegen diesen also modifizirten Vorschlag einwenden? Die Verbannung ift nach unseren Geseßen eine infamirende Strafe, die der Richter nur nach reiflicher Ueberlegung verhängt; und wir sollen dieselbe hon im voraus ohne trgend eine Untersuchung gegen alle jeßige und künftige Geschlechter des älteren Hauses Bourbon aussprechen. Jch mag nicht untersuchen, wie \{chmerzlich es if, iene Strafe guf cine Familie anzuwenden, deren Namen über die Hälste unserer Geschichte hinausreiht. Jch mag nicht fragen, ob ein s00jähriger gesellschaftlicher Verband sih überhaupt also aufldsen sollte, ob eine solche Auflòösung möglich wäre, ohne beide Theile mit Schande zu bedecken. (Sensation.) Man verlangt im Namen der Würde und Sicherheit Frankreichs die ewige Verbannung. Was heißt dies aber in den Zeiten, wo wir leben? Wie kann man nach 40jährigen Revolutionen und Reactiònen, Usurpationen und Restau- rationen noch von ewigen Maaßregeln sprechen? Haben wir nicht Fahre lang an den Mauern des Palastes unserer Könige die Worte gelesen: ,/,„Am 10. August 1792 wurde das Königthum in Frank- reich abgeschafft : es soll nie wiederhergestellt werden.//// Und beruhte dieser prophetische Spruch nicht auf einem Geseße des Konvents, das Fe- den,deres noch wagen würde, von der Wiederherstellung des Königthumes zu reden, zum Tode vezurthetlte? Haben wir nicht einige Jahre später das absolute Köntgthum sene Trophäen an derselben Stelle aufhängen sehen, wo kurz zuvor noch jene Weissagung geprangt hatte? Hat im Fahre 1814 Rapoleons Dynastie nicht an einem

| Dage jenem alten GGeschlechte, das unser Zeitalter schon ganz ver

gessen zu haben schien, weichen müssen? Mußte dieses Geschlecht- nicht bald darauf wleder Napoleon Plaß machen, der um sein ge- ächtetes Haupt aufs neue das Kaiserliche Diadem wand? Wurden die Bourbonen nicht gleichzeitig auf ewige Zeiten verbannt, und kehrten sie. nicht wenige Monate später nach dem Palaste ihrer Ah- nen zurück? Was sprecht Fhr uns also von ewiger Dauer? welchen Glau- ben kann dieser Ausdruct houtiges Tages nochin der Meinung der Völker finden! M. H., es ift beretts gesagt worden und verdient, wteder

holt zu werden: was die Gewalt begründet hat, kann nur durch die (Kewalt behauptet werden : nicht von dem gewdhnlichen Geseze darf man die Erhaltung dessen verlangen , was man errungen hat. So lange die Gewalt dem Steger verbleibt, wird er guch sein Werk aufrecht zu erhalten wissen. Entgeht diese Gewalt ihm, wer erin

nert sich dann noch seiner früheren Erklärungen? ( Sensation.) Die ewige Verbannung ift also ein Hirngespin. Man sicht dies ein: damit also diese Strafe nicht ohnmächtig sey, will man dîeie- nige damit verknüpfen, die das Straf - Geseßbuch über Feden ver

hängt, der sich eines Komplotts gegen die Sicherheit des Stag- tes schuldig macht. Ein solches Geseß if aber in Frankreich unausführbar. Ein Redner sagte unlängft in dieser Versammlung mit jenem Scharfsinne des Gedankens und der ihm eigenen male- rischen Energie tim Ausdrucke: „Die Proscription absolvirt.// Die ser eben so tief gedachte als wahre Spruch bricht Über die uns ge- machte Proposition den Stab. Fn der That liegt in dem Anblicke eines Profsfkribirten etwas, das lauter zum Herzen spricht , alv- alles

Uebrige. Käme ein Kron-Prätendent nach Fraue #0 würde man die Behörde auf die Gefahren aufmerksam machen, die aus eine, verlängerten Anwesenheit desselben im Latnide hervorgehen könnten Wo fände aher cin Pro skribirter wohl einen Mann, der den Schgyç Königliche Haupt! Ueberzeugt Euch, daß es einem Verbannten ge. hôrt, und legt es ihm vor die Fúße!// Um Proscriptions - Geseße von uns zu verlangen, müßte man uns erst selbst zu anderen Men- schen machen, als wir sind. Oder hat man ganz und gar vergessen, daß im Jahre 1816 gegen die Familie Napoleons ein éhnliches. sei erlassen wurde, als dasjenige, das man in diesem Augenbli, von uns verlangt? Dieses Geseß besteht noch in voller Kraft, und doch schen wir zwet Mitglieder der proskribirten Familie (die Könj. gin Hortensie und ihren Sohn) Frankreich durchreisen, um sich hierher zu begeben. An wen wandten sie sih, um Schuß und Stcherheit für ihre Person zu erlangen ? An den König und scinen Premier-Minister. Glautt man nun aber wohl, daß es diesen auch nur im entferntesten in dey Sinn gekommen sey, die Ausführung ienes Geseßes zu verordnen; Das Geseß ist also von ihnen auf das feterlichste verleßt worden, Hat gleichwohl der verantwortliche Minister, als er Fhnen von die: sem Ümstande sprach, sich auch núr entschuldigt, daß er das Gesez

\ übertreten habe? Nein; erx erzählte das Faktum als eine ganz eih:

fache natürliche Sache. Haben Sie selbst ihn wegen seines Beneh- mens getadelt? Nein: es is Jhnen gar nicht einmal eingefallen, daß der Minisier anders hätte handel können. Und glaubt may etiva, daß. dies das einzige Beispiel sey, was sich für Proscrly: tions - Geseße anführen lasse. Erlauben Sie mir, daß ich miqh noch auf ein anderes berufe. Außer der Napoleonischen Familie wurden im Fahre 1816 noch Männer verbannt, deren Name q cine blutige und schmerzliche Epoche in unserer Geschichte erinnerte, und die an jenem berüchtigten Prozesse Theil genommen hatten, dessen Andenken bei uns nie erlöschen wird; auf ihre Rückkehr war di Strafe der Deportation geseßt. Vor 3 Jahren nun, al§ ich die mühsame und traurige Ehre hatte, Minister des Fnnern zu seyn, fam einer von jenen Männern nah Paris; ih erfuhr es; mein Pflicht nah dem Geseße war, den Mann verhaften und ihn vor die Gerichte laden zu lassen, die ihn, nachdem ste ihn rekognoscirt, lange in Ketten hâtten legen lassen, bis wir ihn nach trgend einem zweiten Botany=- Bay, irgend einer Wüste von Sinamarj hätten schickéen können, um dort sein trauriges Leben zu enden. Ehre und Menschlichkeit machten mir es aber zur Pflicht, thn dur eine Person, die Sie errathen werden (Hrn. Debelleyme, der damals Polizei - Präfekt war), auf die Gefahr, in der er sich befand, auf: merêfsam zu machen und ihm die Mittel an die Hand zu gebe, Frankreich sicher wieder verlassen zu kôunen. Der Greis wurde ge: pflegt, denn er war krank; er erhielt Unterstüßung, denn er bedurfte ihrer; er wurde mit aller dem Alter und dem Unglücke gebührenden Achtung bis zur Gränze geführt. Nachdem das Werk vollbracht, legte ich Rechenschaft darüber ab, und mein Benehmen wurde gebilligt, wie es jeßt auch von Jhnen gebilligt werden wird. Wie nun vollends, wenn auf die Rúkkehr die Todesstrafe gestanden hätte? Fch glaube in Wahrheit , ich häâtte in diesem Falle gar nicht einmal der Sache gegen Sie Erwähnung gethan. ( Beifall.) Wozu also ein Pro- scriptions-Geseß , wenn man im voraus die Ueberzeugung hat, daß es nie zur Ausführung kommen kann? Und daß dieses leßtere der Fall ist, wird mir Jedermann zugehen; das Schicksal führe einen von denen, die Sie jeßt verbannen wollen , nach Frankreich zurüd, um hier einen Zufluchts- Ort zu suchen; er klopfe an die Thür des Urhebers der Proposition selbs; diese Thür dffne sich ihm, er nenne seinen Namen, trete ein, und ih verbürge mich dafür, daß ihm kein Leides geschehen wird. Man beruft sh auf Schottland. Als aber der Enfel Jafob’s 1l., von Allem entbldßt, nah je nem Lande kam, wandte er sih gerade an die Familie seiner Feinde, und er konnte es, denn er war verbannt. Ein solches Bel- spiel ift \hôn; es gereicht der Menschlichkeit zur Ehre, aber es bricht auch Über die uns vorliegende Propofition den Stab; nie soll ein Geseß verordnen, was die Ehre verbietet. Die Regterung, #0 sagt man uns, muß die Mittel in Händen haben, kühne Pläne und ftraf bare Versuche vereiteln zu können. Ganz gewiß; ist denn aber das Geseß bet uns vbllig ohnmächtig ? Man séblage das Strafgeseßbuch tach, und man wird darin viel, vielleicht zu viel finden, was dazu geeignet ist, die Ruhe des Staates aufrecht zu erbalten. Man verzei nicht, daß dieses (Beseßbuch von einem Manne herrührt, der seine Waffen wohl zu wählen wußte. Wozu also noh ein Proscriptions - Geseh? Noch andere Gründe wollte ih geltend machen: der Ruf Jhrer Revolution, die Sie sich rein und frei von jeder Reaction zu be wahren wünschen; die Ehre des Thrones selbs, den Sie errichtet hâben, und den Sie gewiß nicht in eine mit den Erinnerungen der Vergangenheit unvereinbare Lage werden bringen mdgen. Aber id fühle mich zu s{chwach, um alle diese Betrachtungen ausführlich zu entwickeln. Wenn ith überhaupt das Schweigen brach, so geschah éé, weil ich einem Pflichtgefühle folgte, und Sie Alle wissen, m. H., wte un- widersiehlich dieses Gefühl zu uns spricht. Meine Absicht war nicht, mich an die Leidenschaften oder den Parteigeist zu wenden; es is dies eine Sprache, die ich, wenn ich sie Überhaupt je gelernt hätte, geru vergessen möchte. Als Zeuge der inneren Kämpfe und der gewalt: samen Auftritte, die schon so lange mein Land verheeren und auf einem gemeinsamen Boden zwei feindliche Lager bilden, wünsche ih sehnlichst, daß diese verderblichen Zwistigkeiten endlich aufhdren md- gen: ich darf nicht erwarten , daß meine schwache Stimme oft Ge- hdr finden wird - aber ich will, daß wenigstens mein Gewissen mi von den Uebeln, die ich nicht zu verhindern vermochte, freispreche.“

Diese völlig aus dem Gedächtnisse gehaltene Rede wurde mehrmals durch laute Zeichen des Beifalls unterbrochen. Als Herr v. Martignac nah scinem Plage zurückehrte, empfing el die Glückwünsche einer zahlreichen Menge von Deputirten aus allen Theilen der Versammlung. Noch ließ si{ch Herr Tesie vernehmen, der zwar den hochherzigen Gesinnungen des vorigen Redners volle Gerechtigkeit widerfahren ließ, in- dessen doch der Meinung war, daß man mit der Groß: muth die Klugheit paaren müsse; es sey ganz natürli, daß ein Bolf, das sich selbst befreit, auch Alles aus sei nem Schoße zu weisen suche, was ihm sein früheres Jo in Erinnerung bringen fonnte und es mit einem neuen bedrohen möchte, „Sind Sie der Meinung,‘/ so {loß Herr Teste, „daß der Augenbli gekommen sey, wo Frankreich , gesiüßt auf seiu nenes Königthum, in blindem Vertrauen der Zukunft entgegen gehen könne, so mögen Sie keinen Anstand nehmen, nicht bloß die 1s vorliegende Proposition zurückzuweisen, sondern zugleich auch das Gesey vom Jahre 1816 wegen der Verbannung der Napoleonischen Familie abzuschaffen. Die Verantwortlichkeit für einen solchen Beschluß würde aber allein auf uns zurücffallen, und die Großmuth ist nur dann eine Tugend, wenn sie nicht bis zur Unvorsichtigkeit getrieben wird.“ Am folgenden Tage sollte die Berathung fortgeseßt werden. Die zunächst eingeschriebenen Neduer sind die Herren Rémusat, Pelet, Guizot, Duvergier de Hauranne und Mérilhou.

Paris, 16, Nov. Gestern ertheilten Se. Majestät den Dayon Pasquier, Prásidenten der Pairs - Kammer, eine Privat- ludienz.

Der Shaatsrath Baron Favard de Langlade, einer der Kant- mer-Präsidenten am Cassations- Hofe, ist- vorgestern hierselbst einer langeu und schmerzhaften Kraukheit erlegen.

_ Nachrichten aus Bourbon - Vendée vom 11iten d. M. zufolge, hat man in der Meierei, in welcher die Gräfin von La- rochejacquelein verhaftet worden ist, mehrere Kisten mit Geweh- ren und anderen Waffen, eine heimliche Presse und 20,000 Fr. baares Geld gefunden. Der Gräfin selbst soll es gelungen seyn, sih den mit ihrer Bewachung beauftragten Personen durch die Flucht zu entziehen,

richter auf ihn aufmerksam machte, indem ér ihm sagte: „Seht da diet x

Das im Boulogner Gehölz gelegene Landhaus des Hercn (s Pes ist in einer der legten Nächte erbrochen und geplün- t worden. j Der Marschall Clausel will, dem Vernehmen nach, in einer b; nächsten Sizungen. der Deputirten - Kammer einen Plan zur lonisation Algiers von der Rednerbühne herab entwickeln.

Den neuesten Nachrichten aus Oran zufolge, gewinnen adschi:-Mustapha und Benardi, Häupter zweier mächtigen, dem aiser von Marokko ergebenen, Arabischen Stämme täglich mehr ¡nfluß anf die Beduinen, so daß der in Oran kommandirende eral Boyer für nöthig gehalten hat, auf den Kopf eines ven dieser beiden Häuptlinge einen Preis von 600 Algierischen houros (2000 Fr.) zu seyen. Bei der bekannten Habsucht der aber hot der General von dieser Maaßregel guten Erfolg,

Großdritanien und Frlaud,

London, 16. Nov, Am Sonntage ertheilte der König in jrighton dem Lord - Kanzler und gestern dem Sir F. Maitland ¿ Audienz. Die Königin ift unpäßlih gewesen, befindet sich er jeßt wieder vollfommen wohl.

Die Bevollmächtigten der fünf Höfe hielten vorgestern im ¿wärtigen Amte eine Konferenz, welche bis geftern Morgen n 1 Uhr dauerte. Um 3 Uhr Nachmittags begannen sle ihre rathungen aufs neue. Um 4 Uhr wurde im auswärtigen

te ein Kabinets - Nath gehalten.

Aus Portsmouth meldet man unterm 12ten d., daß die Revenge‘“ von 78 und die „Magicienne‘““ von 24 Kanonen, (he zu der Flotte in den Dünen gehörten, in den dortigen (fen eingelaufen sind. Die Flotte in den Dünen besteht nun ch aus der „„Talavera‘’, dem „„Wellesley‘“, der „„Tribune““, Falathea‘‘, dem „Curaçao‘‘, der „Fmogene‘“, dem „Tweed““, ; „Charybdis‘/ und dem „Brisk‘/, Der Englische Botschafter h Haag soll dem Admiral Warren angezeigt haben, daß die

otte, aller Wahrscheinlichkeit nah, uicht nöthig haben würde, h wieder an der Holländischen Küste zu zeigen, da die Regie- g jenes Landes von dem Beisammensehn und dem Qweck des hwaders vollkommen überzeugt sey. Die Lootsen für jene ste waren indeß fortwährend am Bord.

Ueber die jeßt von viélen Seiten sich äußerndeu Besorgnisse Bezug auf den Erfolg der neuen Reform-Bill sagt die Ti- s: „Wir behaupten nicht, daß eine solche Besorgniß noth- ndigecrweise begründet seyn muß, aber sie ist, Alles wohl über: t, durhaus. nicht unnatürlich und müßte unverzüglich und ¡lich beseitigt werden. Man hört nicht auf, Beweise zu ver- gen, daß die Minister wkrklich im Besiß der Mittel sind,

dem Englischen Volke so theure Maaßregel ohne twoeitere ndernisse durhzubringen. Und was für Beweise bringt die iwvaltitng bei? Sie s{hweigt, schweigt wie das Grab. Es ist ht ein Wort vorgebracht worden, welches darauf berechnet wäre,

Land zu überzeugen, daß das Oberhaus geneigt ist, nete Bill anzunehmen. Die Dorh-Lords haben ihrer: s ebenfalls feine Sylbe vernehmen lassea, welche zu er solchen Hoffnung berechtigte. Es ift ein Haupt - Grundsaß litairisher Klugheit, den Angriff auf denselben Feind nicht

geringeren Kräften wiederzubeginnen, als diejenigen waren, derselbe {hon einmal geschlagen hat. Die Minister müssen her entweder die Macht ihrer Feinde verringern oder für sl{ch

1 refrutiren. Sie müssen das Land durch Creirung neuer

irs beruhigeu und dem Volfe zeigen, daß sie die Kraft und

Willen deslzen, slch den Jntriguen der Tories entgegen zu «i, Jn einem Puuft ftimmen wir mit den Journalen der 1gfleckenhändler überein, daß nämlich der gegenwärtige Zu- 1d der Dinge nicht länger dauern kann, Wir nehmen um weniger Anstand, die Unhaltbarkeit des jeßigen Zustandes zu aupten, da ein Wort des Grafeu Grey zur Umgestaltung elden hinreicht.‘“ | Die Adresse der Grafschaft Durham au den König und den afen Grey zählt bereits 11,000 Unterschriften.

Fn Bristol ift man jet sehr eifrig mit dem Wiederaufbau zerstörten Häuser beschäftigt, Der Betrag des Schadens soli,

dortigen Blättern zufolge, sehr itdertrieben worden seyn.

n s{äpt denselben jeßt, in so weit er Privat - Eigenthum dbe- t, auf 67,600 Pfd. Sterl.

Man ist in Bristol sehr begierig auf die Entscheidung der giecung in Bezug auf die eingereichte Bitte um Uatersuchung

Betragens der Municipal : Behörden, Vier Kirchspiele der adt haben erklärt, daß, wenn nicht bald eine Versammiung mtliher Einwohner angeordnet würde, sle entschlosseu seyen,

in ihren resp. Distrikten zu versammeln, um ihren unverän- en Wunsch, daß eine Untersuchung eingeleitet werde, auf eine immte Weise auszudrücken.

Aus Norwich sind wieder traurige Nachrichten liber die iróbrünfte in der Umgegend eingegangen. Herr T. W. Coke

eine Belohnung von 200 Pfd. Sterl. auf die Entdeckung

Thäter geseßt. Auch von anderen Orten her wird noch im-

über die vielen Brandstiftungen \{merzliche Klage geftihrt,

Die Times sagt in ihrem Börsen: Berichte von gestern: vie Erörterungen über die kritishe Lage des Ministeriums iu ¡ug auf die Reform-Frage dauern in der City fort: aber wir

ben nicht, daß die Meinung, die Minister würden ihre Ent- ing einreichen, seit gestern mehr Grund gewonnen hat. Jm gentheil glauben wir, daß, nah den Erörterungen , welche die

se über diesen Gegenstand angestellt hat, ein solcher Schritt den unglaublichen gehört. Es zeigt übrigens, wie sehr sich

Eity noch immer für die Reform interessirt, daß das bloße

iht von Zweifeln, welches gestern und heute im Umlauf

, allenthalben eine sehr unbehaglichhe Stimmäüung hervorbrachte.““ | Der Globe äußert: „Wie wir vernehmen, soll Sir Strat- Canning beauftragt seyn, mit der Pforte über die neuen nzen Griechenlands zu unterhandeln. Mau glaubt, daß die

lte keine Einwendungen machen werde: aber die Schwierig-

ivird seyn, wie man mit den Griechen unterhandeln soll, die jeßt fast in einem anarchischen Zustande befinden. Die fünf hte, welche slch die Aufgabe geftellt haben , Europa zu paci- in, werden genöthigt sehn, ihre Aufmerksamkeit auf die Le- te zu richten.‘

ie in einer Englischen Uebersezung erschienenen „Briefe

#8 Verstorbenen‘/ werden fast von allen hiesigen Zeitungen gunstig beurtheilt. Die Times äußert sich folgendermaßen

iber : „Dieses kürzlich bei Wilson erschienene Werk scheint

its in einem solchen Grade Eingang in die Gesellshaft ge- en zu haben, wie dies nicht oft bei einem anonymen Werke

Fall ist, wenigftens nicht in so wenigen Tagen, nachdem es

Presse verlassen hat, Die Bemerkungen des Verfassers

die Sitten, politishen Parteien und über den Charakter der ander, untermischt mit Vorfällen, welche dur das ungeblen-

luge eines s{harfen und fühnen Beobachters einen Anstrich enheit erhalten, werden den Erfolg des Werkes sichern, wenn die erfte Neugierde befriedigt worden ist. Wir müssen en, daß der Verfasser bei vielen Gelegenheiten einen nicht Ómeichelhaften, aber au öfters einen niht ganz treuen

1723

Spiegel vorhält, Der Frländische Theil seiner Reise ift fe geiftreih und so launig wie der Gail selbft, Bus - Uebersepung anbetrifft, so ift es die befte, welche uns jemals Ur Sue E A vorgekommen is, ‘‘ Dieser Anzeige olgt eime früher im Deutschen erschienene 5 ? libee dasselbe Werk schen ers Beurtheilung Goethe?s Niederlande:

_ Aus dem Haag, 18. Nov. Sowohl im Kreise der Kö- niglichen Familie, als an allen Orten der treuen Niederländischen Provinzen, ist heute der Geburtstag unserer eben so geliebten als allgemein verehrten Königin gefeiert worden. Mit diesem Feste ist auch immer die Feier des Jahrestages der Befreiung von der öramösischen Herrschaft (im Jahre 1813) verbunden. Sowohl die Prinzen von Oranien und Friedrich, als der junge Prinz Ale- xander, sind zur Feier dieser \{önen Feste in der hiesigen Residenz eingetroffen,

| Bei unserer Armee, die fortwährend verstärkt wird, finden auch beständig Bewegungen von einem Punkte zum anderen statt.

__ Der Sturm, der m der Nacht vom 13ten zum ten d. wüthete, hat sowotl auf der See, als an unseren Küsten große Verheerungen angerichtet. Es wird, wie die Staats-Cou- raut berichtet, ausehnliche Kosien bedürfen, um den Schaden, den der Sturm an den Meeres - Dämmen angerichtet, wieder git zu machen,

Brüssel, 17, Nov. Geftern hat der General Belliard mit mehreren Ministern, Senatoren und Deputirten beim Kö- nige gespeist.

In der gestrigen Sizung der Repräsentanten-Kam- nier trug Hr, v. Meulenaere auf Bewilligung der provisori- schen Kredite für das Ministerium des Fnnern an. Dieselben ivurden sogleich einer Kommission Überwiesen, welche nah Ver- lauf einer Stunde durch Hrn. de Theux darüber Bericht abz fiatten ließ. Die Berathung wurde auf morgen verlegt.

Durch eine Königl. Verordnuug vom 15ten d. is dem Mi- nisterium des Funern eine besondere Kommission fúr Handel und Industrie beigegeden worden, welche aus 19 Mitgliedern besteht. Sie soll die geeignetften Mittel zur Beförderung des Handels und der Jadustrie vorschlagen und hat das Recht, durch Ver- mittelung des Ministeriums des Fnnern von allen öffentlichen Verwaltungen diejenigen Notizen zu verlangen, deren sie zu be- dürfen glaubt.

Hr. Fallon hat, dem Courrier zufolge, das Ministerium des Fnnern deshalb abgelehnt, roeil er sich nicht im Besiß der dazu nöthigen Kenntnisse glaubt, h

Brüssel, 17, Nov. Während sich König Leopold einige Tage auf der Jagd zu zerstreuen suchte, haben unsere Blât- ter ihr Publikum täglich mit ciner neuen Anerkennungs - Form des Belgischen Staates und seines Souverains zu unterhalten gesucht. Unsere Blicke sind jedoch jeßt minder nach London, als nah dem Haag gerichtet. Die Konferenz hat das Jhrige ge- than, und ihre förmliche Anerkeunung des Königs Leopold wäre zwar ein wichtiges Moment für den neuen Staat; seine Konso- lidirung kann er jedoch erft durch die Zustimmung des Königs der Niederlande erhalten. Die Weigerung des Haager Kabinet- tes, die 24 Artifel des Londoner Kouferenz:Beschlusses anzuneh- men, hat hier natürlich zu Vergleichungen dieser Artikel mit den HPcotofollen vom 20. und 27. Fanuar (Nr. 11 und 12) oder dem sogenannten Anhang A des 12ten Protokolles Anlaß gege- ben, um auf diefe Weise die Bewegungsgründe aufzufinden, welche Holland niinder geneigt zur Annahme der 24 Artikel, als zu der der Protokolle Nr. 11 und 12 gemacht haben, denen der König der Miederclande bekanntlich am 18. Febr. durch seine Bevoll: nirächtigten in Londou ohne irgend einen Borbehalt beigetreten ist, Dreierlei streitige Puufkte sind es hauptsächlich, um die es sich in der Holländisch - Belgischen Angelegenheit handelt: die Gránz-Bestimmungen, die Schulden:Theilung und die freie Fahrt auf Strömen, Flüssen und anderen Handelswegen. Wie siad diese drei Punfte in den von Holland genehmigten Protokollen vom 20. und 27, Zan, zur Erledigung geführt ? Hinsichtlich des ersten slud die Gränzeu des Jahres 1790 zur Grundlage ange- nommen: das ganze Großherzogthum Luxemburg sollte, als ein Theil des Deutschen Bundes, dem Hause Nassau verbleiben, dagegen sollten Anstauschungen gegenseitiger Enklaven unter Bermittelung der fünf Höse stattfinden können. Nehmen wir unn die Gränzbestimmungeu der 24 UArtifel zur Hand, so finden roir auch hier nichts Anderes, a!s die Gränzlinie des Jahres 1790, und uur der Unterschied ergiebt sich, daß der Aus- tausch der Enklaven, der dort vordehalten wurde, hier unter Bermitte- lung der füuf Höfe geivissermaßen s{on insWerk gesebt wird, indem der Großherzog von Luxemburg einen Theil seines Großherzogthums abtritt und dafür die im Jahre 1790 deu Geueralsigaten uicht gehörenden Enklaven auf dem rechten Maas-Ufer der Provinz Limburg, so wie das volle Souverainetäts-Recht über die Stadt Mastricht, erhält. Der zweite Punkt, die Schulden - Theilung, ist freilich in den 24 Artikeln nach einem ganz anderen Verhält- nisse zuc Erledigung gekommen, als in dem Protokolle vom 27, Fan. Dem letzteren zufolge, sollten die wirkliche sowohl als die ausgeseßte Schuld, die Schuldscheine des Amortisations- Shyndifats und die Domainen - Loos - Reuten G nach dem Durchschnitts - Betrage der Summe, welche beide Länder

während der Fahre 1827 28 und 29 an direkten und indirek- ten Steuern bezahlt haben, unter Holland und Belgien vertheilt

werden. Demzufolge hätte zwar das leßtgenannte Land 47- also mehr als die Hälfte der ganzen Schuld, übernehmen müúüs- seu; dagegen war ihm als Entschädigung der freie Verkehr mit deu Niederländischen Kolonieen ganz auf demselben Fuße und mit denselben Rechten und Vortheilen, wie ihn die Holländer führen, zugesichert worden. Dieser Theil des Protokolls vom 97, Fan. war es ganz besonders, den die Belgier als unbillig darftellten. Fu dec That schien es auch hart, Belgieu die größere Hälfte einer Staatsschuld tragen zu lassen, die sih Hol: land in den alten Kämpfen für seine Unabhängigkeit und bei der Erwerbung eines den Neichthmm aller anderen Europäischen Lónder übersteigenden National - Vermögens zugezogen hatte. Jn Holland selbst wurden Stimmen laut, die das Unrecht zwar nur ahnen ließen, das den Belgiern dadurch widerfahren würde, die aber auch ofen gegen die Bestimmungen selbst sich ausspra- chen, weil es feinem Holländer recht war, die Vorthelle seiner alten Kolonieen mit den Belgiern zu theilen, Da aun auchch Belgien diese Vortheile keinesweges als ein Aequivalent fúr die Bürde der 2 wollte gelten lassen, so traten hier die 24 Artikel vermitttelnd ein, indem sle einerseits dem Verlangen der Hol- lánder nachkamen und den Belgiern den freien Verkehr mit den Kolonieen nicht zugestanden, andererseits aber auch eine der Nas tur der Sache gemáßere, im 48sten Protokolle vollstándig moti- virte, Theilung der Schuld anordneten und demnach die Bel- gier mit einer jáhrlihen Rente von 8,400,000 Fl, belaste- ten, eine Summe, Mi keinesweges 4 Mr E Belgien zu groß erscheint, wenn man sle mit de

G, eh Laue e seine Nachbarländer die Kosten der

Franzöfischen Nevolutions - Kriege. verzinsen missen, bei welchen doch Belgien mindeftens eben so nahe becbelie ‘war, als T ganze úbrige Europa. Auch würde Belgien, wenn es im Fahre 1814 mit dem Französsschen Reiche vereinigt geblieben wäre, bet weitem mehr als 8,400,000 Fl. als seinen Antheil an der Last der gemeinsamen Französishen Staats\{Guld zu tragen haben. Die Summe if aber auch nicht zu klein, wenn wir sle mit der- jenigen vergleichen, die nun nur noch zu Hollands Lasten verbleibt, und die augenscheinlich viel in hätte seyn müssen, wenn jedes Land genau den Theil der Schuld, den es vor der Vereinigung der beiden Länder besessen und außerdem noch die Hälfte der ge- meinschaftlich gemachten Schulden übernommen hätte, Belzien zahlt, wie es im 48ften Protokolle heißt, mit- den 8,400,000 Fl. zugleich eine billige Entschädigung für das vor dem Jahre 1790 nicht gehabte Recht der Benugung der freien Strom:Schifffahrt und der Durchzugswege, und dieses führt uns, nahdem wir ge- sehen, daß auch in Betreff des zweiten Punktes Holland keinen Grund hat, sich fiber die 24 Artikel zu beschweren, auf den dritten, der eben die freie Fahrt auf den Strömen, Flüssen und anderen Handelswegen betrifft. Dieser dritte Punkt giebt auch ostensibel und den Hollándishen Blättern zufolge, das hauptsächlihste Motiv zur Verwerfung der 24 Artikel von Sei- ten Hollands ab. Es scheint indeß, als ob die Konferenz hier ganz eben so verfahren, wie in Betreff des ersten Punktes, daß sie nám- lich nihts Anderes that, als dasjenige, was, den Protofollen vom 20. und 27. Januar gemäß, einer späteren näheren Regulirang noch vorbehalten war, sofort vollständig zu ermitteln und fest stellen. Der Art. 3, des Protokolls vom 20. Yan. lautet: ¿Es verfteht sih, daß die Bestimmungen der Art. 108 bis einschließ: lich 117 der allgemeinen Wiener Kongreß-Akte, hinsichtlich der freien Beschiffung der Ströme und \chiffbaren Fllisse, für die Flússe und Ströme, welche das Hollándishe und das Belgische Gebiet durchshneiden, gültig bleiben.“ Die Art. 108 bis 117 der Wiener Kongreß : Aîte haden bekanntlich zu allerlei Auslez gungen und Wortdeutungen Anlaß gegeben; es war mithin nd: thig, der späteren Exegese zuvorzukommen und einem Prinzipe, das sih durch ganz Europa Bahn gemacht hat, auch hier einen sicheren Eingang zu verbürgen. Dieses Prinzip will zu- nächst, daß fein Staat das Necht habe, auf dem Strome, der aus dem Nachbarstaate kommt, eine Barrière anzulegen, un dadurch diesem Nachbarstaate seine ihm von der Natur ange- wiesene Verbindung mit anderen Ländern und dem Meere zu verbieten; zu dieser Verbindung gehören nächstdem au kurze Kanále und Heerftraßen, wenn selbige die einzigen Vermittler zweier Landstriche sind, die zu den Echaltungsfosten dieser Durch: zugswege das Jhrige beitragen wollen. Alle in Gemäßheit der Wie- ner Kongreß: Akte abgeschlo}sene Verträge verschiedener Staaten über gemeinschaftlihe Stromschifffahrt und Durchzugswege haben jenes Prinzip im Auge gehabt und zur Ausführung gebratht. Man blicke nun auf die Art. 9 u. 10 der von Holland zurückgewiesenen Konferenz-Beschlüsse, und man findet dann eben auch nichts weiter als die Bestimmungen des Art. 3. des von Holland angenommenen Protofolles vom 20, Januar, jedoch nach einem allgemein gel: tenden Prinzipe náher aus einander gesezt. Nicht bloß die Schelde ift ein von Belgiern und Helländern gemeinschaftlich umwohnter und befahrener Fluß, sondern auch die Maas. Die viel größere Landstree, die Holland an der Maas, im Vergleiche mit der Schelde, besiyt, ftann hier nichts zur Sache thun; Oesterreichs Elbschiffen ift eben so gut die freie Fahrt bis zur Strom -Múün- dung und über dieselbe hinaus gestattet, als Preußischen uud Medcklenburgishen. Den Schiffer aus Lüttich trägt sein Strom eben so gut bis an das Meer, als den Schiffer ans Düsseldorf oder Köln der seinige. Ja, der Strom des Ersteren, die Maas, hat sogar das nominelle Vorrecht, nachdem er die alte Kraft des VBaters Rhein dur die Waal in sich aufgenommen, ihn, unter Beilegung seines Frauen -: Namen, bis an das Meer zu sührenu. Von den Múndungen der Rhein-Maas bis zu denen der Schelde werden die Provinzen Süd- Holland uud Seeland vou Gewässern durchs{chunitten, die entweder Fortsezungen der Maas, wie dec Bies-Bosch, Hollands Diep, Haringvliet, das Bolk-Rak u. s. 10., oder Fortsezungen der Schelde, wie die Ooster-Schelde u. #. w., sind. Den {hon im Protokolle vom 20. Januar angedeuteten Bestimmungen gemáß, könnte sonach den zwischen der Rhein- Maas und der Schelde gehenden Fahrzeugen aus dem Juncrit der hinter Holland gelegenen Staaten der Weg durch jene (Gewäsz- ser der Provinzen Süd-Holland uud Seeland nicht verwehrt werden, Das Recht, das die Hollándischen Kaufleute zu haben glauben, die den hinter ihnen gean Ländern eine direkte Verbindung mit einander wehren möchten, könnten slch z. B. die Dänischen Kaufleute in Bezug auf den Schleswig: Holsteinishen Kanal oder wohl gac auf den Sund anmaßen wollen. Kiel könnte eben so gut wie Rotterdam verlangen, daß eine Verbiudung zwischen Hamburg und den nahen Ostseehäfen durch die Eider nur unter der Bedingung stattfinde, daß in seinem Hafen eine Umladung vorgenommen werde. Die im Art. 11. der Friedens-Beschlüsje festgeseßte nicht zu hindernde Benußung der Hanudelsstraßen durch Masiricht und Sittard bedarf wohl kaum einer Recht: fertigung, und man fönnte viel eher sl{ch wundern, daß es einer solhen Stipulation gar bedurft habe, da ähnliche Durchzugs- Straßen slch in allen Ländern nachweisen lasseu, welche, dem Holländisch - Limburger Landstriche ähnli, den Uebergang vou einem Staate zu dem andereu bilden. Die Eisenbahn, welche auf idre Kosten“ anzulegen, und der Kanal vou Sittard, welchen ebenfalls auf ihre Kosten fortzuseßen, den Belgiern gestattet wird, sind zwar an slch uene Erscheinungen, die in die bisher erwähnten Kategorieen nicht gehören; doch welches Land würde es sih nicht gefallen lassen, wenn sein Nachbar sich erdöte , dergleichen groß artige Verbesserungeu kostenfrei für den Boden, den sie une- mittelbar treffen, anlegen zu lassen? Bleibt es dem Lande nicht unbehindert, einen solchen Kanal, eine solche Eisenbahn für ch selbfi zu benugen, und kann es dies niht mit größerem BVor- theil, als dec Frentdling, dem nur der Durchflug gestattet ift? Ánwiefern hat denn Holland überhaupt die Belgische Konkur- renz, die es, es koste, was es wolle, unterdrucen möchte, tirks lich zu fürchten? Wo sind in Belgien die Kapitalien, wo die rein fommerziellen, nit durch Fabriken bedingten, Juteressen, die eine Nebenbuhlerschaft mit dem reichen, feiner Schug-Zölle be- dürfenden, Holland zulassen? Und war dle Aussicht auf die m ö g- li ch e Konkurrenz niht auch son vorhanden, als das Haager Kabinet unterm 18. Februar dieses Jahres seine Zustim- mung zu den Protokollen vom 20. und 27. Januar ertheilte ? Fn meinem nächsten Schreiben will ich mich mit den Gründen descháftigen, die hier ob mit Recht oder Unrecht, lasse ich vorläufig unentschieden der Weigerung Hollands untergelegt

werden. So eben verbreitet sich hier die Nachricht,

Nachschrift. L dafi auf außerordentlichem Wege aus London die Anzeige von den die Bevollmächtigten der

einem Traktate eingegangen seh fnf Höfe am 16ten T M. mit dem Bevollmächtigten Belgiens

abgeschlossen haben.

C S A