1875 / 108 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 11 May 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Die Ausgabe betrug an Rütckversicherungsprämien abzüglih Courtagen, Rabatte und Storni 474,672 Thlr., an Schäden, abzüg- lich Provenu und Antheil der Rückversicherer 278,357 Thlr., an E sen und Tantième, Organisations- und Verwaltungs- Tosten abzüglich der von den Rüversicherern rückvergüteten Provision 99,913 Thlr. und an Abschreibung auf Mobilien 435 Thlr., Für am 1. Januar d. J, s{chwebende Schäden und noch nit abgelaufene Risiken find in Reserve gestellt 331,819 Thlr., wovon auf den Antheil der Rüversicherer 214,210 Thlr. kommen.

Die Gesammteinnahme zuzüglich der Schaden- und Prämien- reserve aus dem Jahre 1873 ftellt fich auf 969,376 Thlr. und die Gesammtausgabe auf 813,378 Thlr., es verbleibt somit ein Uebers{uß von 155,998 Thlr, von welher Summe die Netto-Schaden- und Prämienreserve mit 117,609 Thlrn. in Abzug zu bringen ist. Der Reingewinn beziffert sich demnach auf 38,989 Thlr., wovon nach Abschreibung des statutenmäßigen Beitra- ges zum Kapital-Reservefonds, der ftatutarischen Tantième an den Borkttind, Verwaltungsrath und die Direktion im Gesammtbetrage von 11,517 Thlrn. und einer Dotirung. des Extra-Reservefonds mit 1,064 Thlrn. die Summe von 25,808 Thlrn. zur Vertheilung einer Dividende von 16 Thlrn. pro Aktie oder 16% der baaren Einzahlung bestimmt wurde.

Die Kapital- und Extra-Reserve der Gesellschaft beträgt nun- mehr 114,907 Thlr., der Immobilien-Mehrwerth 19,876 Thlr., die Schaden- uud Prämien-Reserve 117,609 Thlr., wodur sih zusammen mit dem Grundkapital von 1,613,000 Thlrn. die Gesammt-Garanties- mittel der Geiellshaft auf 1,865,392 Thlr. = 5,596,175 stellen.

Nah dem Rechnungsabs{luß der Elisabeth-Westhahn betrug die Brutto-Einnahme des Hauptneßes im Jahre 1874 9,461,039 Fl., um 2,067,369 Fl. weniger als im Jahre 1873, Die Ausgaben für den Betrieb beanspruchten 4,948,804 Fl., um 606,948

[. weniger als im vorangegangenen Jahre. Der Reinertrag des Sahres 1874 hat sich darnah gegen 1873 unr 15460,420- Fl, ver- xingert, der erzielte Reinertrag reduzirt s|ch in Folge andertveitiger Auslagen auf 3,666,875 Fl., der Reinerträg der Linie Lambach- Gmunden auf 38,112 Fl. Da zur Verzinsung und Amortisation des garantirten Aktienkapitals pro 1874 5,007 859 Kl. nothwendig find, muß die Staatsgarantie in der Höhe von 1,302,871 Fl. eintreten. Nach dem Abschlusse der Salzburg-Tiroler Babn waren bis Ende 1874 laut Baurechnung in Aktien und Obligationen al pari 27,391,200 Fl. verausgabt, das gesammte Aktienkapital derselben be- trägt 40 Millionen Gulden, wovon 16 Millionen Aktien und 24 Millionèn Prioritäten. Fm Rechnung®abschlusse der Linz-Budweiser Bahn sind als Forderung der Bahn gegen die allgemeine Oesterrei- chische Baugesellschaft für die Vervollständigung des Baues 1,754,917 Fl. eingestellt. Die Linz-Budweiser Bahn hat nur ein Reinerträgniß von 14,945 Fl. geliefert, der Staatsvorshuß muß in der Höhe von 1,456,995 Fl. eintreten.

_— Der in der zweiten ordentlichen Generalversammlung der Wiener Gas-Jndustrie-Gesellschaft erstattete Geschäfts bericht pro 1874 E daz die Gasproduktion der unter Leitung der Gesellshaft stehenden Gasanstalten 324,866,600 Kubikfuß engl. (+ 4,292,968) betragen habe. Laut Bilanz wird der Gewinn pro 1874 mit 295,415 Fl, und nah Hinzurechnung des Gewinnvortrages von 1873 mit 302,726 Fl. Silber ausgewiesen. Hiervon ab die 5 % Kapitalzinsen per 200,000 F[., bleiben 102,726 Fl. Hiervon kommen weiter in Abzug 5 % für den Reservefonds und 15 % für Tantième, zusammen 19,033 Fl., fo daß 83,643 Fl. Silber disponibel verbleiben. Der Verwaltungsrath beantragte hiervon 2% = 80,000 F[. in Silber, das ist 1,60 Fl. per Aktie als Superdividende zu vertheilen und den Rest auf neue Rechuung vorzutragen.

Auf den Wunsch zweier Aktio- j

näre wurde beschlossen, auf die Tagesordnung der nächsten ordentlichen Generalversammiung Statutenänderungen zu setzen, durch welche 1) die Ausschreibung einer weiteren Einzahlung auf die Aktien von der Zustimmung der Generalversammlung abhängig gemacht wird, und 2) die Auszahlung der Dividende in Zukunft niht mehr in Silber zu erfolgen habe.

Die Aus8weise des britis{hen Handelsamtes für den Monat April zeigen zum ersten Male seit einem Zeitraum von etwa zwei Jahren eine paitielle Besserung des Exportsgeschäfts. Der deklarinte Gesammtwerth der Ausfuhr beläuft sich auf £ 20,221,830 gegen £ 19,432,270 im April 1874, d. i. ein Zuwachs von 4 %. Die Besserung zeigte sich hauptsächli bei Baumwollstoffen, für welche im vorigen Monat ein ausnahms- weiser Begehr für den- Orient vorherrs{hte. Der Export in denselben stieg um 184 % im Werth und um 21 % in der Quantität. Mit einem Zuwachs figuriren ferner: Baumwollgarne, Chemikalien, Metallwaaren, Leinengarne und Fabrikate, Maschinen, Tele-

raphendrähte, Wollen- und Kammgarn - Fabrikate Und diverse

Artikel; während Kleidungsstücke, Biere, Säuren, Kupfer, Kurzwaaren, Zinn, Blei, Seidengarne und Seidenstoffe, Eisen und Stahl, sowie Kohlen eine Abnahme aufweisen. Für die ersten vier Monate des Jahres stellt sich das Resultat indeß noch immer ungünstig. Jn diesem Zeitraum belief sich der Ausfub;rwerth auf £ 73,282,069, d. i. £ 3,952,255 oder 5% weniger als in de: Parallelperiode von 1874 und £ 10,437,223 ‘oder über 12% weniger als in den ersten vier Monaten von 1873. Was den Import an- langt, so betrug der deklarirte Gesammtwerth desselben im vorigen Monat £ 30,327,214 gegen £ 31,616,521 im April 1874, d. i. eine Abnahme von 4%. Während Cerealien und Wolle in vergrößerten Quantitäten und Werthbeträgen importirt wurden, hat sich die Ein- fuhr von Baumwolle, Flahs, Rohseide, Thee und Rohzucker mehr oder _weniger-beträGUli& verninsezt- Bci» Kaßfee barder Geseufftäte werth der Einfuhr um 83% abgenommen. Die Quantität ist aber um 63% gestiegen.

Wie die „Nature“ erfährt, hat die englische Regierung die Angelegenheit, betreffs Schonzeit in dem grönländischen Nobbenfang in die Hände genommen, und im Parlamente ist vom Handelsamte ein Geseßentwurf eingebraht worden, der zum Erlaß einer Geheimraths-Verordnung ermächtigt, welche den Fang oder die Vernichtung irgend einer Art von Roblèn ‘in irgend cinem Theile des Flächenraumes zwischen den Parallelen des 67. und 75. Grades nördlicher Breile und dem Meridian des 5. Grades östlicher und 17. Grades westliher Länge innerhalb sfolcher Fristen, welche diese Verordnung spezifiziren mag , verbietet. Eine solche Verordnung soll stets erlassen werden, wenn die anderen Staaten, deren Unterthanen und Schiffe sich mit dem Robbenfang beschäftigen, ähnliche Be- stimmungen treffen. Die ansehnliche Vernichtung von Robben wäh- rend der leßten Jahre hat den Erfolg dieses wichtigen Indu“ rie- zweiges ernftlich beeinträchtigt. Dieses Jahr sind viele der Schiffe leer zurückgekehrt.

Verkehrs-Anstalten:

Die Nr. 36 der Zeitung des Vereins Deutscher Eisen- bahn - Verwaltungen hat folgenden Inhalt: Zur Neform des Güter-Erpeditionsdienstes. Ueber den Kohlenverkehr auf den Preu- bischen Eisenbahnen, von H, Schwabe. Oesterreih-Ungarishe Kor- respondenz. Die März-Einnahmen der Oesterreichis{ch-Ungarischen Eisenbahnen. Muldeathalbahn: Glauchau-Penig eröffnet. Magde- burg-Leipziger und Halle-Casseler Eisenbahn-Geselschaft, Fahrplan-

Aenderung. Ausland: Frankreich, Fersonal - NaGrichten, Die Fre- quenz und Einnahmen der Oesterreichisch-Ungarischen Eisenbahnen im März 1875. Eisenbahn-Kalender, Coursblatt, vom 30. April 1875. Beilage: Offizielle Anzeigen. Generalversammlungen. Auszahlungen,

Tarif-Publikationen. Fahrplan-Aendecungen. Submissionen. Privat-

Anzeigen.

Telegraphizehe Witierungsherlehte.

AllgemeiRe Eimmelg- angicht,

Bar. |Abw| Temp.| Abw : P. L.\v.M,| B. |v.M,| Wind,

e 5 Ort,

7|Haparanda .'336,7 7\Christiansd,/338,2 7|Hernösand ./335,7 7 Helsingfers 336,3 7 Petersburg 337,1 7 Stockholm ./335,9 7Skudesnäs ./339,4 7/Oxöe 338,9 8 Frederiksh,|

8 Helsingör..| 6 Moskan .,.,/335,3 6 Memel ..../336,5 7Flensburg .|340,1 7 Königsberg (336,5 —0,1/ GDanzIig.... |

0., schw. SW,, mäss, Windstille, Windstille, trübe, S, schw. bedeckt, !) WSW,, schw. bedeckt. W., mäss, jetw. bew. WNW., mäss. |heiter, WNW, lebh. 2) NW,., mäss, 3 5 |S., mÄss, bedeckt, )/+0,5/NW., mäss. |bedockt, 4) |NW,, lebh. heiter, 2|—0,6|W., schw., |bed,, Regen. 0,0) __— bedeckt, 5) —1,4N., stark. | bedeckt, s) e N W,, nrr ®.-.- —0,8|W., mäss,: bedeckt, |NW.,, schw. sheitoer. |NW,, schw. [fast trübe, |+1,2/NW,, schw., |bedeckt,?) | W,, stille. |bewölkt, NWe mäss. |etw. bewölkt. |SW., s. schw, | 0/W., mäss. [ganz bedeckt 8} 2|W , stark, |bedeckt, 9) 4NO0,, schw. heiter. „LNW.,, lebh. |bedeckt, 10) ,4—0,8/NW., müäss, |bedeckt, Regen. : |W.. schw. schön, ,3|—1,4/NW,, schw. heiter. |NW,, lebb. |sehr heiter, 11) „2|+41,2/NW., heftig. „S|NW,., mäss.

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¡dichter Nebel, WNW.,fetille. etw. bedeckt. NW,, schw. heiter.

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1) Gestern Nachmittag Gewitter und Regen. *) Gest. Nachm. WNW. mässig. 5) Strom N, Gestern Nachm, Windstille. Strom 8. 4) Staubregen. *) Regen, Nachts Regen. #) Gestern Abend Regen, 7?) Gestern viel Regen, #®) Gestern Nachm. Gewitter, Hagel, starker Regen. Abends Regen. 9%) Sechwacher Regen, “Nachts Regen, 10) Gestern Gewitter, Nachts Regen. 1) Gest. Vorm. Gewitter und Regen, Nachm, Regen,

Berlin, 11. Mai. Gestern tagte hier, wie die „Nat.-Ztg." mittheilt, unter Vorsiß des Abg. Professor Dr. Nasse aus Bonn der Ausfcchuß des Vereins für Sozialpolitik. Es wurde be- chlossen, die nächste Vereinsversammlung am 10,, 11. und 12. Oktobec dieses Jahres zu Eisenach abzuhalten und auf die Tagescrdnung zu seßen: für den ersten Tag speziell die Einkommensteuer tim Verhält- niß zu der Ertragssteuer, wie Grundsteuer und Gewerbesteuer und die Perfonalsteuerfrage. Für den zweiten Tag die Lehrlingsfrage; für den Dricten Tag die Münzfrage, speziell die Doppelwährung oder die Ein- iebung des Silbers. Eine Reihe von Gutachten über diese Gegen- Lände joll demnächst veröffentliht werden.

Die 29 Hauptversammlung des Gesammtvereins der Gu stav- Adolf-Stiftun a soll am 24,, 25. und 26. August d. J. in Pots- dam stattfinden. Das Programm wird seiner Zeit bekannt gemacht werden,

Am s. fand hierselb eine Wahl zum Ehrenrathe der Rechtsanwälte für den Bezirk des Kammergerichts statt. Nach- dem der langjährige Vorsißende des Ehrenrathes Geh. Justizrath Lüdicke erklärt hatte, eine Wiederwahl nicht annehmen zu können, wurden die fünf im Ehrenrathe vakanten Stellen durch Wahl der Justizräthe Caspar, Geppert, Freßdorfff und Humbert zu Berlin und Grieben zu Angermünde beseßt. Zu Stellvertretern wurden Iustizräthe Hoffmann, Koffka, Simson, Lesse und Drews gewählt. Nach voll- endetem Wahlafte wurde zum Vorsißenden des Ehrenrathes der Justizrath Ulfert zu Berlin erwählt. Demnächst vereinigte \ich der größere Theil der versammelten Anwälte zu einem gemeinsamen Diner im Zoologischen Garten.

E DSYbater.

Se. Majestät der Kaiser von Rußland ließen am Montag, eine halbe Stunde nach Seinem Eintreffen in Berlin, der Direktion des Wallnertheaters noch für denselben Abend Seinen Besuch aysagen. Jun aller Eile wurde das Gebäude möglichst festlich bergerihtet; von dem Dache herab wehte die deutsche Fahne und der Aufgang zur Loge war mit prächtigen Blumen und Teppichen deforirt. Dur die auf der Straße aufgestellten Schußmannê- posten hatte sich das Gerücht von der Ankunft der Hohen Herrschaften \chnell verbreitet und ein elegantes Publikum in das’ Theater und zahlreiche Schaulustige in die Nähe desselben geführt. Zuerst e: hien Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz in offenem Wagen, darauf Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz Carl und ber Prinz August voa Württemberg, fowie ein überaus glänzendes Gefolge, unter welchem sich General von Werder und die Grafen Lehndorff und Perponcher befanden. Kurz darauf fuhren Se. Majestät der Kaiser und König and wenige ¿Minuten später Se. Majestät der Kaiser von Nußland in die festlich geshmücktte Einfahrt. Herr - Direk- tor Lebrun empfing die Fürstlichen Herrschaften, welche von dem Grafen Perponher nah den Logen hinauf geführt wur- den. Die Vorstellung: „Ehrliche Arbeit“ erregte den lebhaftesten Beifall der Majestäten, welche dem Herrn Direktor Lebrun wieder- holt ihre Allerhöchste Anerkennung darüber aussprachen. Se. Kai- ferlihe Hoheit der Kronprinz hatte die Gnade, Sih vor dem Eintreffen der Majeftäten geraume Zeit mit dem Hexrn Direktor Lebrun zu unterhalten. Die Fürstlichkeiten verweilten bis zum Schlusse des zweiten Aktes und sprachen Herrn Direktor Lebrun beim Scheiden Jhre ganz besondere Befriedigung aus.

Zhre Königlichen Hohgiten! der Großherzog von Mecklen'- burg-Schwerin und Die Prinzessin Friedri{ch Carl besuch- ten am Sonntag die Vorstellung im Victoria-Theagter.

Am Sonntag beehrte Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl die Vorstellung „Ehrlihe Arbeit“ im Wallner-Theater mit Höchstseinem Besuch und wohnte derselben bis zum Schluß bei.

Ihre Königliche Holeit die Prinzefsin Carl, \o- wie Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß- herzogin von Mecklenburg-Scchwerin wohnten am Montag der Aufführung des „Fiesco" durch die Meininger Gäste im Friedrih-Wilhelmstädtishen Theater bei.

Am -15. Mai, dem Tage vor Pfingsten, findet in Weimar eine Aufführung von „Tristan und Jsolde“ mit dem Ehepaar

Vogl aus München statt. Wahrscheinliß wird auch Richard Wagner zu der Aufführung, die übrigens am Mittwoch, den 19., wiederholt werden wird, nah Weimar kommen, wo auch Liszt bereits eingetroffen ist.

Nächstens soll in der Kaiserlichen Hofoper in Wien „Lohengrin“ zur Aufführung gelangen, und zwar von Kürzungen frei, wie dies bei den „Meisterfingern“ der Fall war. Der Erfolg der leliteren veranlaßte die Direktion, eine Wiederholung für den 14. d. M. anzuseben.

Im Drury-lane Theater in London feiert gegenwärtig ein italienischer Tragöde, Signor Salvini, “Triumphe. Dieser Tage gaben ihm zu Ehren die Mitglieder des Jüngeren Garrick-Clubs,

rößtentheils Schauspieler und dramatische Scbriftstelle in Din N h z A : É N grey E A d atishe Schriftsteller, e 3 Uhr Morgens von der Brücke über Bord gewa\chen, ‘ein Schorn-

und der Athenäum-Club hat ihn zu feinem Ebrenmitglied ernannt, eine Chre, die bisher keinem auswärtigen Künstler zu Theil ge- worden ist,

Als Ergänzungsheft zu dem Jahrgang 1875 der „Geo- graphischen Mittheilungen“ von Dr. À. Petermann ist soeben im Verlage von Justus Perthes in Gotha der dritte Jahrgang von E. Behms und H. Wagners übersichtlicher statistischer Darstellung der „Bevölkerung der Erde“ erschienen. Dieser neue Jahrgang des statistishen Werkes ist hauptsächlih der Darstel- [lung der Ortsbevölkerung in allen fünf Erdtheilen gewidmet und ent- hält speziell für Central-Europa, den größten Theil von Asien, die Hauptstaaten von Amerika, ferner für Theile Afrikas (Algerien und Egypten) und Australiens (Neu-Südwales, Queensland und die Sandwich-Jnseln) ausführliche Ortsverzeichnisse zumeist der Orte mit mehr als 2000 Einwohnern, etwa 10,500 an der Zahl mit Angabe ihrer Bevölkerung nach den neuesten Erhebungen. Die Gejammtbevölkerung der Erde ist rund mit 1397 Millionen Bewoh- ner angegeben. Genauer genommen ist der aus der Addirung der Bevölkerungsziffer der einzelnen Erdtheile sich eraebende Ansatz 1,396,842,000 auf 2,448,769 deutschen geographischen Quadratmeilen. Weit mehr als die Hälfte dieser Zahl (798,907,000) eutfällt auf Asien, nicht ganz ein Viertel auf Europa (302,973,000) und der Rest vertheilt sih auf Afrika (206,007,000), Amerika (84,392,000) und Australien (4,563,000). Durchschnittliß kommen von der Bevölke- rung der ganzen Erde 570 Einwohner auf jede Quadratmeile Landes. In Europa ist jedoch die Dichte der Vevölkerung fast dreimal stärker als dieser Durchschnitt (nämlich 1684 Béwohner auf die deutsche geo- graphische Quadratmeile) und in Asien fast zweimal stärker (nämlich 982 Bewohner auf die Quadratmeile); unter dem Durchschnitt sind mit der auf die Quadratmeile entfallenden Bewohnerzahl Afrika (380), Amerika (112) und Australien (28) Das Verzeichniß der Ortsbevölkerungen des Deutschen Reiches enthält alle Ortschaften, die nah der Zählung vom 1. Dezember 1871 mehr als 2000 Einwohner hatten. Das Verzeichniß ist für jeden Staat alyhabetisch und über- dies für Preußen nach den Provinzen und Regierungsbezirken, für Sachsen nach den Regierungsbezirken, für Barn und Württemberg nach den Kreisen, für Elsaß-Lothringen nah den Bezirken geordnet. Der Hauptwerth für den Statistiker beruht aber in der genauen An- gabe der neuesten authentischen Quellen und amtlichen Erhebungen für jede, selbst kleinere Gruppe. Das Verzeichniß der Ortsbevölkerung Frankreichs beruht auf der Zählung von 1872; die Orte find inner- halb der Departements alphabetisch geordnet,

Ueber den Schiffbruch des Dampfers „Schiller“ liegen heute folgende weitere Telegramme vor:

Plymouth, 10. Mai. (W. T. B.) Von den geretteten Passa- gieren und Mannschaften des „Schiller“ sind gestern Abend 32 Per- sonen hier eingetroffen und, da die „Pommerania* bereits Nachmit- tags 2 Uhr die Heimreise angetreten hatte, hier geblieben. Nach den Berichten der Geretteten war Kapitän Thomas drei Tage lang, be- vor der Unfall sich ereignete, außer Stande, irgendwelche aftronomische Beobachtungen anzustellen und deshalb unermüdlih mit Senkbleiyer- suchen beschäftigt. Als man si dem Lande näherte, befand \sich der Kapitän auf der Brücke und ließ mit halber Kraft fahren, ex glaubte fih jedoch mehrere Meilen von den Scillyinseln entfernt. Der Nebel war gußerordentlich dicht und das, Schiff stieß auf Klippen ehe irgend eine Gefahr befürchtet wurde. Es wurden Versuche gemacht,

| Schiff rasch in Stücke.

die Boote flott zu machen, aber mit Ausnahme von zwei Booten, die auch die Jusel Tresco erreichten, wurden die Übrigen entweder von dem heftigen Wellenschlage zerschellt oder umgeworfen. Der erste Bootsmann, Simon Jansen, machte mit 4 Mann ein Boot flott und ruderte landwärts, um sich über das Ufer zu orientiren, er gelangte in das Licht von Bishopê-Leuchtthurm, hörte die Nebelglocke und kehrte, da er si von der Unmöglichkeit einer Landung Überzeugte, näch dem gescheiterten Schiffe zurück. Auf dem Wege dahin wurde der zweite Steuermann und 10 Männer, sowie eine Person vom Wrack eines Schiffsrettungsbootes, das sih in sinkendem Zustande befand, von dem Boote aufgenommen. Man ruderte scewärts, blieb dort bis Tagesan- bruch und ruderte alsdann nach Tresco, wo gleidzeitig auch ein zweites Boot mit weiteren 10 Männern ankam. Kapitän Thomas wurde

stein wurde Morgens um 4 Uhr fortgerissen, beide Masten standen

| noch, eine große Anzahl von Personen befand sich in den Raen. Um

9 Uhr Morgens wurde der Hauptmast fertgerissen, zwischen 6 und 7 Uhr der Vordermast, auf dem fih der erste und vierte Steuermann befanden. Nachdem das Quarterdeck fortgerissen war, ging das Die geretteten Passagiere spenden dem Kapitän hohes Lob wegen seiner sorgfältigen treuen Pflickterffillung vor dem

| Eintreten des Unfakls und wegen seiner muthigen Bestrebungen zur

Rettung von Menschenleben, nachdem das Unglüeck geschehen war. Von den Postbeuteln sind bis jeßt nur 56 geborgen worden.

Scilly, 10. Mai. (W. T. B.) Bis heute Mittag sind keine Schiffbrüchige vom ', Schiller * mehr gerettet worden. Die See geht zu hoch, als daß das Wratck erreicht werden konnte. Dasselbe fißt, nah den Berichten von Fischern, anscheinend fest auf den Felfen, und ist keine Gefahr vorhanden, daß es in tiefes Wasser wegsinkt. Die Bergung der Ladung kann nx bei sehr {önem Wetter versucht werden.

London, 10, Mai, (W. T. B,) Folgende weitere Namen von geretteten Passagieren und Mannschaften des Dampfers „Schiller“ find heute bekannt geworden: Von Passagieren: Josef Legendre, Richard Williams, Charles Henry Percy, Marx Cohen. Von Mann- schaften: Simon Jansen, Noel, August Rihberge, R. Wallis, Frederid Bathaus, Hans Beckme, Christian Adamsen, Heinri Heitmann, Carl Ernst, Hans Balling und Carl Heinke.

Die „Ural. Heer-Ztg.* klagt über die maßlose Vermehrung der Wölfe auf der Steppe, welche sowohl bei den Kosaken, als insbesondere bei den Kirgisen eine furchtbare Verwüstung unter den Hausthieren anrihten. Jm Uralsker Kreise allein werden jährlih etwa 16,000 Schafe und außerdem sehr viele Pferde, Hornvich, Ziegen, sogar Kameele aufgefressen. In einem Ort verlox ein Wirth im legi: Semmer allein 16 Pferde durch die Wölfe. Troß der großen Verluste werden keine energischen Maßregeln gegen das Neberhand- nehmen der räuberischen Bestien“ getroffen. Die Kirgisen haben keine guten Feuerwaffen, daher bleiben die Treibjagden erfolglos. Auch die Wolfseisen haben hier wenig Nußen, da die Wölfe niht wie anderer Orten auf bestimmtén Wegen gehen, Auch ausgestelltes Gift wird wenig benußt, da man die eigenen Haushunde zu vergiften fürhtet und die Wölfe bei ihrem sehx ausgebildeten Geruchsinn die Spuren der Menschenhand an der Lokspeise wittern und sie nux bei starkem Hunger anrühren.

Aus Stockholm schreibt man den H. N. unter dem 6. Mai: Im Mälarhafen herrs{cht noch immer die Winterstille, da) das Eis bisher noch immer ein Hinderniß war, die Schiffahrt au in dieser Richtung hiu zu eröffnen. Von Motala wird gemeldet, daß das Eis auf den Kanal-Seen und dem nördlichen Theil des Wettern-See noch ganz stark ist, doch glaubt man, falls sich das Wetter so günstig hält, binnen 8 Tagen offen Wasser zu haben. Die Häfen von Carlstad und Mariestad find eisfrei, doch werden noch immer mehrere Tage vergehen, ehe ih Dampfer durch das beim Eingang derselben noch dick liegende Eis zu bahnen vermögen.

Medacteur: F. Prehm. Berlint Verlag der Expedition (Kessel). Druck W. Elsner Fünf Beilagen (eins{ließlich Börsen-Beilage), außerdem cin[Fahrplau der Main-Weser-Bahn.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

72 1O8,

Berlin, Dienstag, den 11. Mai

1878.

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Landtags- Angelegenheiten.

Berlin, 11. Mai. In der Sigung des Herrenhauses am 8s. d. M. begründete der Justiz-Minister Dr. Leonhardt den Geseßentwurf, die standesherrlihen Verhältnisse des Herzogs von Arenberg, nah den Grafen von Landsberg und zur Lippe, wie folgt:

Meine Herren! Ich werde den beiden Herren Vorrednern auf das Gebiet der abstraften Erörterung nicht folgen, mich vielmehr, zur Zeit wenigstens, darauf beschränken, darzulegen, wie die konkreten Verhältnisse sich gestaltet haben. Jch werde die Verhältnisse prüfen und betraten, wie sie in der That liegen und nicht, wie sie Jemand in seiner Phantasie sich zurechtlegt.

Der Herzog von Arenberg gehört zu den Mitgliedern des hohen Adels, auf welche die Vorschriften des Artikels XIV. der Bundesakte Anwendung fanden. In diesem Artikel XIV. der Bundesakte hatten

*bie verbündeten Regierungen sich gegenseitig, keinesweges aber den Standesherren gegenüber, verpflichtet, diesen Standesherren gewisse Rechte zu gewähren. „Diese Vorschriften mußten ausgeführt werden, und für die Ausführung sollte maßgebend sein die bayerische Deklaration vom Jahre 1807.

Die betreffenden Vorschriften sind dem Herzog von Arenberg gegenüber-von der Königlih hannoverschen Regierung nah stattge- habten Verhandlungen mit derselben ausgeführt worden, und zwar in der allerliberalsten Weise, was jedoch den Herzog von Arenberg nicht gehindert hat, zu protestiren gegen die Verordnung von 1826, wie denn derselbe überhaupt gegen jeden Akt der hannoverschen Re- gierung protestirt hat. _Zweierlei, meine Herren, fällt bei der Ver- ordnung auf, einmal die großen Opfer, welhe die hannoversche Re- gierung brachte für die Jurisdiktion der Verwaltung des Herzogs. Es konnte nicht zweifelhaft scin, insbesondere nah der bayerischen Deklaration, daß der Herzog von Arenberg selbst für die Jurisdiktion und Verwaltung die Koften zu tragen hat; allein die hannoversche Regierung brachte in dieser Beziehung erheblihe Opfer, sie gewährte erhebliche Zuschüsse. Zweitens hatte die Bundesakte bestimmt, daß den Standesherren Jurisdiktion in zweiter Instanz gewährt werden solle für den Fall, daß das Gebiet groß genug sei. Auch dieses Vor- recht wurde dem Herzog von Arenberg gewährt, obwohl man nicht behaupten konnte, daß das Herzogthum auch nur entfernt die Größe habe, um ein Gericht zweiter Instanz zu beschäftigen.

Ein recht \{lagender Beweis für die Richtigkeit dieser Behaup- tung liegt in dem auch sonst seltsamen Umstand, daß der Direktor der Mediatkanzlei zu Haseiünne, welche einshließlich des Direktors beseßt war mit drei Mitgliedern, niht etwa in Haselünne wohnte, sondern in dem zwei Meilen entferntca Meppen. Die Verordnungen von 1826 und 1827 hatten die Verhältnisse gestaltet, eine Neugestal- tung trat ein im Anfang der fünfziger Jahre. Jn dieser Zwischenzeit wurden nun bei der hannovershen Regierunq viele Beschwerden ein- gereicht, welche davon ausgingen, daß die Eingesessenen des Herzog- thums über Mangel an Zustizverwaltung zu klagen hätten, Man klagte insbesondere darüber, daß sämmtlihe Beamte und Advokaten verwandt seien, und daß sie verba ipsissima eine „tompafkte Masse“ bildeten; man klagte über Justizverzögerung, über Geschäfts- überhäufung der sftandesherrlichen Beamten, In der Zwischenzeit versuchte auch die hannoversche Regierung, den Herzog durch das Angebot einer Entschädigung zu veranlassen, seine Rechte auf Jurisdiktion und Verwaltung abzugeben. Das wollte nicht gelingen. Als man hiermit beschäftigt war, wurde von einem slandesherrlihen Beamten berichtet: in neuerer Zeit hätte sich die Stimmung im Herzogthum zu Gunsten der standesherrlichen Verhältnisse geändert, die Ursache würde in der größeren Liberalität der standesherrlichen Verwaltung, namentlich aber der Aufregung der katholishen Bevölkerung durch die Geistlichkeit zugeschrieben, am meisten würde darauf Gewicht gelegt werden, dem Herzog cine sichere Garantie für die Bescßung der Stellen mit katholischen Beamten zu verschaffen und zu diejem Zwecke dem Herzog ein Präsentationsrecht zu gewähren, Im Jahre 1850 war die große Organisation der Justiz und der Verwaltung in Hannover mit dem Landtage verabschiedet. Das JInöslebentreten dieser Organisation seßte voraus die Regelung der Verhältnisse zu dem Herzog von Arenberg. Man trat also von Neuem mit ihm in Verhandlungen ein. Die Versuche, den Herzog zu bestimmen, gegen eine Entschädigung zurückzutreten, hatien wiederum keinen Erfolg. Die Königlich hannoversche Regierung ging mit Recht davon aus, daß der Herzog größere Zuschüsse zu der Jurisdiktion und Verwaltung geben müsse, da die neue Organisation auch größere Kosten verursachte. Daraus ift nichts geworden, vielmehr umgekehrt hat sich die Königlich hannoversche Regierung entschließen müssen, die aller- erheblihsten Opfer in dem zweiten Vertrage von 1852 zu bringen.

Ferner konnte es der neuen Organisation gegenüber doch keinen Augenblick zweifelhaft sein, daß dem Herzog das Recht auf eine zweite Jnstaù nicht gewährt werden dürfte, ein Gericht zweiter Instanz

würde nicht ein Zehntel Beschäftigung gehabt haben, Dennoch kam

es dahin, daß die Königlich hannoversche Regierung si ents{loß, cin

Gefammt-Obergericht zu konstituiren, für einen größeren das standes-

herrlihe Gebiet mitumfassenden Bezirk eine gemeinschaftliche Juris- diktion eintreten zu lassen. Wie ist es überhaupt erklärbar, daß der

Vertrag von 1852 ‘ins Leben treten konnte. Dieser Vertrag hat zu

allen Zeiten die allerlebhaftesten Anfechtungen erlitten, insonderheit find die Minister, welhe den Vertrag abgeschlossen haben, auf das herbste getadelt. Nicht mit Recht, glaube ih. Der Herzog von Aren- burg benußte die Situation und erlangte dadur große Vortheile. Die

Königlich hannoversche Regierung hatte wichtige politishe Gründe, die

neuen Organisationen ins Leben treten zu lassen, fie waren auf das alleräußerste gefährdet, wenn die Einführung aufges{oben werden mußte.

Dieses fürhtete man, wenn der Herzog von Kteubeng sih nicht be-

ruhigte. So ist es erklärlih, daß man alle Opfer brachte, die mög- licherweise gebraht werden konnten, immer in der Furt vor dem

Bundestage; denn die Königlich hannoversche Regierung war nicht einen Augenblick zweifelhaft, daß, wenn fie vorwärts ging, der Herzog

von Arenberg mit Beschwerden an den Bundestag sich wenden würde; dann wurde, wie die politischen Verhältnisse lagen, die Einführung der Organisation gehindert, jedenfalls aber Tebebet So erklärt sich der höchst merkwürdige Vertrag von 1852. Der Vertrag war gesteut auf zehnjährige Kündigung. Man ließ in Hannover das erste

ezennium verstreichen; als aber das Ende des zweiten heran- nahte, faßte das prenßishe Abgeordnetenhaus wiederholt Re- solutionen, dahin gerichtet, daß die Königliche Regierung die

Verhältnisse im Herzogthum Arenberg-Meppen regeln und dieselben mit der Verfassung in Einklang bringen möge. Die Königliche Re- gierung hat darauf den Vertrag gekündigt. Man \cheint nun ganz zu übersehen, daß die Kündigung eingetreten ist, \{eint sich nit zu vergegenwärtigen, was denn die Folge dieser Kündigung gewesen if Man spricht immer so, als wenn es fich jeßt darum handelte, einem Standesherrn der preußishen Monarchie seine Rechte zu entziehen.

Davon is gar keine Rede. Die Folge der Kündigung nah dem Vertrage sollte einfa die sein, daß der alte I Gu wieder eintrete. Man hatte jedoch bei aller Schlauheit Herzoglicher- seits im Jahre 182 nicht beachtet, daß der alte Zustand gar nicht mehr wieder eintreten konnte; denn die Verfaf-

sung der Gerichte und der Verwaltung, sowie das Gerichts- verfahren waren ganz unverträglich mit den alten Verhältniffen. Zu der Behauptung, daß durch die Kündigung des Vertragcs die Organisationen und das darauf basirte Prozeßverfahren für die Provinz Hannover weggefallen sei, wird man fich doc nicht verstei-

gen. So liegen die Sachen jeßt. Die Rechte aus dem Vertrage sind hinfällig geworden, wir stehen ganz einfa gegenüber dem Ar- tikel 14 der Bundesakte. Materiell sind alle Rechte hinfällig gewor- den, welche auf Vereinbarungen beruhten, sie werden nur formell ge- halten durche eine Königliche hannoversche Verordnung aus dem Jahre 18592, Wird diese Verordnung eingezogen, \o sind alle Rechte des Herzogs, soweit sie Jurisdiktion und Verwaltung betreffen, beseitigt, und die Verhältnisse müssen neu geordnet werden bis dahin, daß eine anderweitige Vereinbarung eintritt. Jch bitte, diese Sachlage doch wohl zu erwägen.

Meine Herren! Was soll denn nun geshehen? Wie sollen die Verhältnisse geordnet werden? Darüber bin ih meinerseits nicht zweifelhaft, erörtere das aber nicht näher, daß die Landesgeseßz- bte: freie Hand hat, wie die Sachen liegen, die Verhältnisse neu zu ordnen,

Der Herzog von Arenberg hat für gut befunden, ih mit einer Beschwerde gegen die preußishe Regierung, wegen des in Rede ste- henden Geseßentwurfs, an den Bundesrath zu wenden. Der Herzog von Arenberg hat damit den Bundesrath als zuständig anerkannt, über die Frage zu entscheiden, ob die Landesgeseßgebung berechtigt sei, die beregten Verhältnisse zu regeln. Der Bundesrath hat fi sür zuständig erklärt und dann die aufgeworfene Frage bejaht. Da- mit bin ich meinerseits einverftanden, kanu aber nit für nöthig er- achten, wie ich auch im Abgeordnetexzhause erklärt habe, diesen Punkt ausführlich zu erörtern, Was foll denn nun geschehen durch die Landesgeseßgebung? Die Rechte des Herzogs, wenn überhaupt folche aus der Bundesakte Art. 14 herzuleiten, find ganz anderer Art als die Rechte, welche den übrigen preußischen Standesherren zustehen. Es handelt sich dort um Regierungsrechte. Der Herzog von Arenberg hat sih immer betrachtet wissen wollen als Mitregent in Arenberg, sowohl in Betreff der Justiz als der Verwaltung. Wollen Sie etwa diese Rechte dem Herzog von Arenberg neu gewähren? Das halte ich für unmöglich; solche Rechte sind keinem anderen Standesherrn gewährt worden, und können nicht gewährt werden, weil dieses im {roten Widerspruch stehen würde mit der Entwickelung der staatlichen Verhältnisse. Nur auf solhe Rechte hätte der Herzog Anspruch, wenn er überhaupt einen Anspruch hätte. Auf ein Anderes hat er keinen Anspruch ; würde ihm ein Anderes gewährt, so könnte dieses uur geschehen aus Gründen der Billigkeit. Nun ift von dem Herrn Herzog, daneben von anderer Seite, auch soeben von dem Herrn Vorredner hervorgehoben worden, dem Herzog müßte doch gewährt werden, was den übrigen Standesherren der preußishen Monarchie gewährt sei. Bei einer solchen Behaup- tung übersieht man die völlige Verschiedenheit der Verhältnisse. Die Herren des hohen Adels, welchen Präsentationsrechte für einzelne Richterstellen zustehen, haben ihre Residenz innerhalb der preußischen Monarchie; sie sind und fühlen \sich als Bürger des preußischen Staates; die Interessen des preußischen Staates sind mit den ihrigen verwachsen; sie stehen zu den Eingesessenen des Gerichtsbezirkes in den nächsten Beziehungen; sie tragen mit ihnen Freuden wie Leiden ; sie übersehen die Verhältnisse wie die Personen und können beide würdigen; es liegt nahe, daß zwischen ihnen und der preußischen Staatsregierung ein Verhältniß der größten Loyalität sich entwickelt. Und das hat sih denn auch im vollen Maße bewahrheitet. Jh bin jeßt im achten Jahre preußischer Justiz - Minister; wäh- rend“ dieser Zeit ist nie ein auch nur geringer Mangel von Harmonie zwischen der preußischen Justizverwaltung und den betreffenden Standesherren eingetreten. Jede Seite ift der andern gefällig gewesen, -- hat jedenfalls Fkeine Oppo- sition ge:rieben. Jch bin überzeugt, daß, wenn ein Standesherr eine Präsentation vornimmt, und der Justiz-Minifter si dahin äußert, daß der Präfentirte nah Lage der Verhaltnisse ihm weniger geeignet für die Stelle erscheine, so wird der Standesherr seine Präsentation zurücknehmen, umgekehrt wird der Justiz-Minister nicht leicht Jemanden beim Gericht, in dessen Bezirke der Standesherr residirt, als Richter ernennen, wenn der Standesherr erklärt, daß die Person ihm nit genehm sei. Das Alles liegt im Interesse des Dienstes, insonderheit aber im Interesse der Justizbeamten selbst und ihren Beziehungen zu denjenigen Herren, welche in Deutschland eine so hohe Stellung ein- genommen haben und immer noch einnehmen.

Wie stellen fih aber die Verhältnisse im Herzogthum Aren- berg? Das Amt Meppen ist kein Stammland des Herzogs, es war früher eine bis{chöflich Münstershe Besißkung und wurde dem Herzog von Arenberg als Entschädigungsland überwiesen. Dem Herzog von Arenberg ist das Amt Meppen von Anfang an fremd gewesen und ist ihm fremd geblieben, Jch weiß nicht, ob die früheren Herzöge von Arenberg jemals im Lande gewesen sind. Der jüngst verstorbene Herzog ist als regierender Herr (seit 1862) nicht in Meppen ge- wesen; als Erbprinz war er da, im Anfange der fünfziger Jahre. Fast 25 Jahre sind verflossen, ohne daß der Herzog von Arenberg das Herzogthum gesehen hat. Das Herzogthum Arenberg-Meppen ist kein Land mit blühenden Gefilden; es mag für den Herzog von Arenberg um \o weniger Anziehungskraft haben, als derselbe so viel ich weiß nit einmal ein Schloß im Lande hat. Ein Jnter- esse hat er an dem Herzogthum aber ein ganz allgemeines —, was mit Ländern und Provinzen nihts zu thun hat, nämlich das Interesse des Katholiziómus. Jch will dem Herzog von Arenberg die Schuld dcrx Verhältnisse, wie sie in unerträg- liher Weise in dem Herzogthum s\ich entwickelt haben, nicht zuschreiben. Sie trifft seine Beamten, und wenn man sagt: den Herzog treffe die Schuld insofern, als er die Beamten nicht richtig gewählt habe, so muß man diesen Punkt billig beur- theilen; es war für den Herzog shwer, eine gute Wahl zu treffen. Nach den Verhältnissen mußten dem Herzoge von Arenberg die Zügel entfallen, und in die Hände von Personen gelangen, welche a waren von einer Vettern- und Basenwirthschaft, welche denn ihrerseits wiederum beeinflußt wurde. Die Verhältnisse haben {ch eigenthümlich entwickelt. Jn der ersten Zeit hatte das Ohr des

erzogs noch ein Beamter, der nicht aus Meppen stammte; im Laufe der Zeit wurde derselbe jedoh um allen Einfluß gebracht und gewann diesen Einfluß erst wieder in neuester Zeit, kurz vor seinem Tode. Wenn dieser Einfluß nicht verloren gegangen wäre, so würden sich_ die Verhältnisse vielleiht ganz anders ge- staltet haben. Wie gestalteten sich nun die Verhältnisse? Erstens nahm der herzoglihe Regierungsrath Oberaufsichtsrehte in Anspruch. Damit wurde er zurückgewiesen; man wandte sich dann mit einer Beschwerde an dea Bund. Man nahm Geseßgebungsrechte insofern in Anspruch, als dur die allgemeine Geseßgebung die standesherr- liche Jurisdiktion niht berührt werden sollte. Als in Hannover die Schwurgerichte eingeführt wurden, protestirte der Herzog gegen diese Einführung, weil seine Jurisdiktion dadurch berührt wurde. Er be- schwerte sich über die Institution der Anwaltskammer, weil der Be- zirk des Gesammt-Obergerichts nicht groß genug war, um bei dem- selben eine Anwaltskammer einzusezen. So wurden Beschwerden nach allen Seiten geführt und gegen die hannoverschen Minister, sowohl katholische als evangelische geltend gemacht. : :

Als der leßte katholische Justiz-Minifter aus seinem Amte s{chied, war er überzogen mit einer großen Masse von Beschwerden, die bei dem Bunde kollektiv anhängig gemacht waren, jedoch wegen der Ver- änderung der Verhältnisse in Deutschland niht zur Erledigung ge- langten. Am s{chlimmsten stellten sich die Verhältnisse, insofern es fich R um Ernennung standesherrliher Beamten. Hier wurden

uteressen geltend gemacht, wie fie gegeben waren dur die Meppenschen Verhältnisse, Lit die Familienverbindungen, kurz durch Basen und Vetterschaften. Man hat gesagt, die Regierung sei in der Lage gewesen, die Ernennungen uurtmnwellen, Das ift aber leichter gesagt als gethan ;

die Meppenschen Verhältnisse sind sehr verwickelt, die Familien stehen fo zu einander, daß man den ganzen Zusammenhang derselben {wer übersehen kann. Die hannoversche Regierung konnte die Verhältnifse nit vollständig übersehen, noch viel weniger ist dieses auf Seiten der Königlich preußischen Regierung der Fall. Rücksichten, die unbe- denklih und gern genommen werden zwischen den übrigen Standes- herren und der Königlichen Regierung, kamen in Meppen nicht in

etraht ; hier erfuhr die Regierung die allerrücksi{htsloseste Behand- lung. Zu einer Zeit, als bereits das Abgeordnetenhaus sih sehr lebhaft gegen die Arenberg - Meppenschen Verhältnisse erklärt hatte, wurde als ‘ein Mitglied für das Gesammt - Obergericht der preußishen Regierung ein junger Mann, der so eben das Eramen gemacht hatte und noch nit einmal Gerichts - Assessor war, präsentirt. Nun war es aber eine durch die Verhältuisse gebotene Staatspraris in Hannover, daß man bei den Obergerichten Nieman- den anstellte, der nicht einige Zeit bei den Amtsgerichten angestellt ge- wesen war. Dem Herzog von Arenberg wurde alles dieses dargelegt, mit besonderer Rücksiht darauf, E im Abgeordnetenhause seine Rechte so lebhaft angegriffen seien, allein ohne rfolg; aber die Kô- nigliche Regierung, welche dem Herzog von Arenbe.g gegenüber immer loyal gewesen ist, mußte fich beruhigen, da sie keiñen Grund hatte, die Tüchtigkeit des Präsentirten in Zweifel zu zichen, und die Prä- fentation nur aus triftigen Gründen zu versagen war. °

Es kommt aber noch Zweierlei in BetraGt: Nach der hannover- schen Ge richtéverfassung gestalten si die Verhältaisse anders, als in den alten Provinzen. Den Standesherren der altes Provinzen wird es nicht leiht an Personen fehlen, welche sie präsentiren können. Das liegt in dem Umstande, daß Jeder, welcher von ihnen repräsentirt wird, seiner Anciennetät nah einrückt in das betreffende Gericht. Jn Hannover liegt die Sache ganz anders. Aus den alten Provinzen kann in die hannoverschen Gerichte, also auch in die Meppenschen, Niemand gebracht werden, es wäre denn an unterster Stelle. Der Etat ist geschlossen, Niemand kann eingeschoben werden. So erklärt es sich denn, ph während die übrigen Standesherren gar keine Sorge haben in Betreff ihrer Präsentationen, der Herzog von Arenber ¡aus in der Lage war, überhaupt Stellenbeseßungen vorzunehmen. Anfangs ging _es, weil ein Ueberfluß von Assessoren vorhanden war; in spâte- rer Zeit aber fand sich Niemand. Der Herzog wünschte wiederholt, daß ihm Jemand genannt würde, während der Justizminister nicht in der Lage war, dies zu thun. Í

Der zweite Punkt aber ift folgender: In den alten Provinzen rihtet sih die Anciennetät nah der Zeit der bestandenen leßten Prü- fung, In Hannover ift das nicht der Fall; es richtet sih vielmehr die Anciennetät nah der etatsmäßigen Anstellung. So kam es denn, daß in Meppen die Anstellung Herzoglicher Beamten den Königlichen Beamten zu größtem Bedruck gereihte. Jene jprangen diesen vor. Der junge Beamte, dessen ih vorher gedachte, ist 13 Personen vor- gesprungen, denen er nachgestanden haben würde, wenn es fich um eine Königliche Anstellung gehandelt hätte. Das sind Verhältnisse, die wohl Beachtung verdienen, denn es ist nicht wünschenswerth, daß die Königlichen Justizbeamten einer Provinz mißvyergnügt werden, E ohne sahliche Gründe standesherrlihe Beamte ihnen vorgeseßt werden.

Meine Herren! Diesen Allem nah kann ih nur den dringenden Wunsch hegen, daß Sie die Vorlage der Königlichen Staatsregierung annehmen. L

Preußen erfreut sich seit langer Zeit des Ruhms einer vortreff- lichen Rechtépflege und Justizverwaltung, jeder Landestheil hat einen gleichen Anspruch hierauf, fo insbesondere auf eine geordnete Justiz- verwaltung. Dem Herzogthum Arenberg-Meppen ist diese Wohlthat diesem Landestheile nach nicht zu Theil geworden, fo werden Sie, wie ih glaube, nicht zögern dürfen, Abhülfe zu schaffen. y

Man legt Gewicht darauf, daß in neuester Zeit Petitionen über- reicht seien, in welhen Angesessene des Herzogthums sih lebhaft dafür interessirt hätten, daß die alten Verhältnisse blieben. Meine Herren! Auf derartige Petitionen gebe ih gar nichts. Das Motiv, was zu diesen Adressen geführt hat, die Agitation, welche ihnen zu Grunde liegt, ist für mich nicht zweifelhaft. Die Agitation be- gann {hon im Anfange der fünfziger Jahre; sie geht darauf hinaus, eine Garantie zu gewinnen, daß im Herzogthum Aren- berg - Meppen nur fkatholische Richter und Berwaltungsbeamte angestellt werden- Eine solche Garantie wird gefordert und ih weifle au gar nit, daß sie in der Person der Herzöge von Aren-

erg gewährt ist. Die Königliche Staatsregierung ist dagegen nicht

in dieser Lage, nur katholishe Beamte im Meppenschen anzustellen. Ein weiteres Juteresse, glaube ih, besteht für Niemanden, insbeson- dere glaube ih nicht, daß die Beamten des Herzogthums ihrer größe- ren Anzahl nah ein Juteresse daran haben, in den alten Verhältnis- sen zu bleiben; sie werden sich wohler finden unter dem Schutze der Königlichen Staatsregierung.

Dem Herrn v. Kleist-Rezow entgegnete der Justiz-Minister Dr, Leonhardt:

Ich will Herrn von Kleist erwidern, die Verhältnisse im Herzog- thum Arenberg-Meppen sind mir allerdings ziemlich genau bekannt ; aber daß ich besonders darunter gelitten hätte, kann ich nicht be- haupten. Ih bin weder als Minister noch als Referent bei den Sachen betheiligt gewesen. Aber ih habe bereits in Hannover das Gefühl gehabt, daß in Arenberg-Meppen ein Zustand. Sai pi der mit der Würde des hannöverschen Staates und der hannöverschen Rechts- pflege nicht vereinbar sei, und ein solches Gefühl beseelt mich auch als preußischer Justiz-Minister. Jch bin nicht derjenige gewesen, welcher die Sache in Angriff genommen hat, vielmehr hat das Abgeordnetenhaus, wie ih Jhnen bereits hervorzuheben die Ehre hatte, Resolutionen in dieser Mas gefaßt; die Königliche Staatsregierung hat nun diesen Resolutionen Foige gegeben. Darüber, glaube ih, kann wohl kein Zweifel sein, daß die Zustände im Herzogthum wenigstens in ihrem ganzen Umfange, ver- fassungsmäßige nicht find. Das Gesammt - Obergericht ist jedenfalls eine verfassungswidrige Institution; es kann nicht geduldet werden, daß Herzoglihe Beamte über Unterthanen Seiner Majestät des Königs welche dem standesherrlichen Bezirke nit angehören, Ret sprechen. Jh hoffe, auch Herr von Kleist wird anerkennen, daß dies ein unerträglicher, der Verfassung widersprehender Zustand ist. Im Uebrigen kann man über die Verfassungsmäßigkeit des Rechtszustandes immerhin zweifeln; eine nähere Prüfung dieser Punkte hat für mih jedoch kein Yaaresiés weil ih davon ausgehe, daß die Landesgeseßgebung in der Lage sei, die öffentlich rechtlichen Verhältnisse der Standesherren zu regeln. Anders mag es fich in Betreff des Privat-Fürstenrechts verhalten. Präsentationsrechte konnte man dem Herzog von Arenberg nicht ge- währen; {hon aus dem Grunde nit, weil die Königliche Staats- regierung der Meinung war, daß die Präsentationen bei den Gerichten überhaupt durch Reichsgeseß zu beseitigen seien. Es wäre illoyal ge- wesen, wenn man unter solchen Umständen dem Herzog Präsentations- ret hätte anbieten wollen.

Ferner:

Herr von Kleist hat mih doch wohl mißverftanden, wenn er glaubt, ih habe -dem Herzoge einen Vorwurf daraus gemacht, daß er in der Fremde und nicht in Arenberg residire. Jh bin weit davon ent- fernt, Ich finde es ungemein erklärlih, daß der Herzog lieber in Brüssel refidirt und in seinen {önen Schlössern, beladen mit den größten Kunstschäßen, als in der Dede von Meppen. (Heiterkeit.) Ih

abe nur gesagt, daß der Herzog niht in Meppen restdirt, P ein oment, welches in Betracht kommen müsse, wenn man den Herzog