1875 / 126 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 02 Jun 1875 18:00:01 GMT) scan diff

visorishen Anhaltischen Bahnhof, von wo um 94 Uhr die Abreise Sr. Nad ât des Königs . von Schweden nach Dresden erfolgte.

einer kurzen Spazierfahrt durch den Thiergarten kehrten Se. Majestät in das Palais zurück und nahmen um 11 Uhr im Beisein des Stadtkommandanten militärishe Meldungen ent- gegen. Hierauf folgten die Vorträge des Civil- und Militär-

Na

Tabinets dur die bezüglihen Kabinets-Chefs.

2. Juni, Se. Majestät der KönigvonSchweden und Norwegen empfing gestern vor der Besichtigung der Truppen eine Deputation der in Berlin ansässigen Schweden und Nor- weger. Der Sprecher derselben, der Kaufmann Storjohann, übermittelte Sr. Majestää den unterthänigsten Gruß und den Ausdruck treuer Ergebenheit. Die ihr zugefallene Ehre erfülle die Deputation ‘mit Stolz, da sie auf deutshem Boden ständen, der einem großen Theile der hier lebenden Landsleute eine zweite Heimath geworden sei. Es gereihe der Deputation zu aufrihtiger Freude, Sr. Majestät die besten Wünsche für Allerhöchstsein und des König-

lihen Hauses Wohl überbringen zu dürfen.

Se. Majestät der König dankte der Deputation und betonte, welche Freude es Ihm bereite, gerade auf deutschem Boden einer so großen Anzahl von Landsleuten zu begegnen. Allerhöchst- derselbe ließ Sih alsdann die Mitglieder der Deputation, der sih au der \{chwedis{he Konsul in Stettin angeschlossen hatte,

vorstellen und verweilte in längerem Gespräche mit denselben.

Nach der Truppenbesichtigung fuhren J hre Majestäten der Kaiser und König und der König von Schweden, Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Kronprinz, Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg und das Gefolge nah der Kaserne des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2, in welcher Allerhöchst- und Höchstdieselbeu am ersten Portal des Exer-

zierhauses von Offizier-Corps ehrfurchtsvoll empfangen wurden.

Unter Führung des Obersten Bogun von Wangenheim nahmen die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften zunächst das auf dem Kasernenhofe zum Gedächtniß ‘der in den Iahren 1870/71 gefallenen Krieger errihtete Denkmal in Augenschein

und betraten den hinter dem Exerzierhause gelegenen Raum,

woselbst mehrere Abtheilungen an Gerüsten turnten, mehrere

Contra-Fechter aufgestellt waren und eine Abtheilung die Hin- dernißbahn passirte. Se. Majestät der König von Schweden besichtigte darauf die Kaserne I1lI speziell, verweilte längere Zeit in den Mannschaftsstuben und nahm von vielen Einzelnheiten ein- gehend Kenntniß. In der Küche geruhte Se. Majestät der König von der für die Mannschaften bereiteten Speise zu kosten. Die Allerhöhsten und Höchsten Herrschaften begaben Sich alsdann durhch den Offiziersgarten nah der Ressource, wo die Regiments- musik \pielte. Bei dem vom Öffizier-Corps angebotenen Déjeuner dinatoire brahten Se, Majestät der Kaiser und König auf des Königs von Schweden Majestät folgenden Toast aus:

„Erlau®en Mir Ew. Majestät, in diesem engeren militärischen Kreise Meinen Dank für das ersichtlichß gnädige Interesse aus- zusprechen, welches Sie für Meine Armee bewiesen haben, wie es fi besonders bei der Besichtigung der Truppen des Garde-Corps gezeigt. Im Namen Meiner Armee rufe ih: Es lebe Seine Majestät der König von Schweden und Norwegen! Hurrah !*

Se. Majestät der König von Schweden antwortete mit sehr herzlihen Worten, wie werth Ihm Sein hiesiger Aufenthalt dur die herzlihe Aufnahme geworden fei, die Er überall ge- funden, besonders aber dur die vielen Beweise der persönlichen Freundschaft Sr. Majestät des Kaisers \eit dem ersten Zusam- mentreffen im Jahre 1846 in St. Petersburg bei Vermährung ¿der Großfürstin Olga, und trank dann auf das dauernde Wohl

Sr. Majestät des Deutschen Kaisers. Demn3H| widmete des Königs na» S4Heocoen Weazestat auch dem Regimente einen

LZrin R f

ah fast einstündigem Aufenthalte fuhren die Allerhöchsten Herrschaften nach dem Centraldepot der Feuerwehr, O Attees höchstdieselben vom Branddirektor, Geh. Regierungs-Rath Sca- bell, ehrfurchtsvoll empfangen wurden. Einer Lokalallarmirung folgte eine Paradeaufstellung der Feuerwehr-Mannschaften, ein Vorbeimars ch in Sektionen, Uebungen mit Sprißen und Hakenleitern ; den Schluß bildete eine Allarmirung der gesammten Feuerwehr, die aus den verschiedensten Stadtgegenden in kürzester Zeit herbei- eilte. Die Uebungen, denen auch der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, und der Polizei-Präsident v. Madai beiwohnten, erregten das lebhafte Interesse Beider Majestäten. Nach Beendi- gung der Exerzitien begaben Sich Allerhöchstdieselben nah dem Zeughause, von wo Se, Majestät der Kaiser und König in Allerhöhstihr Palais und Se. Maj-stät der König von Shwe- den in das Königlihe Schloß zurückehrten.

__ Nah kurzem Aufenthalt im Schlosse stattete Se. Majestät der König von Schweden dem Reichskanzler &Sürsten von Bismark éinen Besuch ab, nahdem Se. Durchlaucht Tags zuvor die Ehre Que Empfangs bei des Königs von Schweden Majestät gehabt atte.

Nachmittags um 5 Uhr nahm Se. Majestät der König von Schweden am Diner im Kaiserlichen Palais Theil, zu dem gegen 60 Einladungen ergangen waren.

Abends 7 Uhr 50 Minuten besuhten Beide Majestäten die Vorstellung im Opernhause, der auch Ihre Kaiserlihen und Kö- niglihen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin bei- wohnten, und fuhren nah S{hluß der Vorstellung zux Soirée bei dem Minister des Königlichen Hauses, Frhrn. v. Schleiniß.

Heute Morgen um 9 Uhr 40 Minuten is Se. Majestät der König von Shweden mit der Anhalter Bahn nach Dresden abgereist. Allerhöhstderselbe wurde von Sr. Ma jestät dem Kaiser und König, Sr. Kaiserlihen und Königlichen O dem Kronprinzen, Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen

riedrih Carl und Alexander und dem Prinzen August von Württemberg nach dem Bahnhofe geleitet, woselbst \ih zur Verabschiedung der \{wedische Gesandte Baron von Bildt nebst Gemahlin und Tochter, der Gesandtschafts-Sekretäc Graf de la Gardie, der General-Feldmarschall Freiherr von Manteuffel, der Kriegs-Minister General der Infanterie voï Kameke, mehrere Generale, der Kommandant von Berlin, General-Major v. Neu- mann, die Militärbevollmächtigten, die zur Zeit hierher komman- dirten \{wedishen Offiziere und der Polizei-Präsident v. Madai eingefunden hatten.

Um die hölzernen Träger der interimistishen Bahnhofshalle waren breite- Vänder in \{chwedis{chen Farben geshlungen, ebenso war die Decke geschmackvoll durch aufgespannte Fahnen dekorirt. Zahlreiche Fahnen und Standarten in \{chwedis{en, norwegischen, deutshen und preußishen Farben verliehen mit hohstämmigen Blattpflanzen und brünen Guirlanden, die fih von Säule zu Säule \chlangen, der Halle ein festlihes Aussehen; vor dem Königlichen Salonwagen lag ein prahtvoller Teppich, von dem eine purpurrothe Plüschdecke bis zum Kaiserlihen Abfahrtssalon reihte. Unter Vorantritt des Polizei-Präsidenten v, Madai und

des Ober-Stallmeisters v. Rauch betraten Beide Majeftäten entblößten Hauptes den Perron, auf welchem das zahlrei ver- sammelte Publikum ein enthusiastishes Hoh ausbrachte. Majestät der Kaiser und König führten Ihren Königlihen Gast bis an den Salonwagen und nahmen wiederholten Küssen druck von Allerhöhstdemselben Abschied; Schweden Majestät den Höchsten Herrschaften die Hand, den übrigen Herren und bestieg den Salonwagen. höchstderselbe trat alsdann an das offene Fenster und reichte, als sih der Extrazug in Bewegung seßte, nochmal dem Kaiser und König die Hand zum Abschied.

Se. Majestät der Kaiser und König verweilten noch kurze Zeit auf dem Perron und beehrten die Gemahlin des \chwedi- schen Gesandten und die anwesenden shwedischen Offiziere mit einigen huldvollen Worten.

Shre Majestät die Königin von Shweden und JShre Kaiserlihe und Königlihe Hoheit die Kron- prinzessin besuhten am Sonntag Mittag das Augusta-Hospital in der Scharnhorststraße und das mit demselben verbundene Asyl für Krankenpflegerinnen. Unter Führung der Oberin Fräulein von Jena, der Asylvorsteherin Fräulein von Arnim, Kurators Charité-Direktors Spinola und der beid Aerzte Dr. Küster und Dr. Senator besi Höchstdieselben alle Räume,

herzlihem Hände- des Königs von

Sih vor

s Sr. Majestät

des technishen en dirigirenden chtigten Allerhöhst- und die Krankensäle. Damen, begleitet arlottenburger „Flora“.

namentlih auch

Am Montag Mittag besuchten Beide Fürstliche vom Fürsten zu Putbus, die Ch

Der Ausshuß des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen trat heute zu einer Sißzung zusammen.

Im weiteren Verlaufe Herrenhauses wurden die §8 betreffend die Aus

der gestrigen Sißung des . 8 und 10 des Gesetzentwu führung der §8. 5 bis 6 des Gesezes Lom 30. April 1873 wegen der Dotation der Provinzial- und hne Diskussion genehmigt. Zu §. 11, welcher

seßes vom 30. Juni 1841 (Gesetz- inz Schlefien angesammelten Fonds für die drei Regierungsbezirke dieser cherungs8gesellschaften, dem

Kreisverbände, 0

„Die in Ausführung des Ge Sammlung S. 285) in der Prov werden, unter Aufhebung der Provinz bestehenden Vieh-Versi verbande von Schlesien zur Verwaltung und Verwendu teresse der Rindviehzucht derjenigen Bezirke, angesammelt sind, Überwiesen."

stellte Herr v. Seydliß den Zusazantrag: verbande von Schlesien den Fonds zur Un \{chwemmten vom Jahre 1854 zu übergeben, tragfteller diesen Antrag befürwortet, der Re Geh. Ober - Regierungs - Rath Persius si hatte, wurde derselbe vom Hause abgelch genommen. Ohne Diskussion wurden ferner die nah den Vorschlägen der Kommission angenomm Die Diskussion über §. 20 wurde mit der Der §. 2 lautet nah den Beschlüssen der stimmend mit den Beschlüssen des Ab-

Provinzial- Ÿ ng im Ja- für welche diese Fonds

auch dem Provinzial- terstüßung der Ueber-

Nachdem der An- gierungs-Kommissar ch aber dngegen erklärt S. 11 aber an- S8. 12 bis 17

iz jenigen über §. 2 zu¡ammengefaßt. on und überein geordnetenhauses: heilung der im §8. 1 gedahten Gesammtsumme von folgt zu einer Hälfte nah dem Maßstabe des Flächen- deren Hälfte nah dem Maßstabe der Zahl der Civil- die Volkszählung im Dezember 1875 auf die einzelnen Kommunalverbände tas warden durch Köônialiche Verordnung fest- &hßgabe derselben zu bewirkenden Aus- i Jahresreuten: 1) der Provinzialver- H, 2) der Provinzialverband von Bran- and von Pommern d von Pofen 1,160,073 4, 5) 081,058 M, 6) der Provinzial- 7) der Provinzialverband von M, 8) der Provinzialverband von West- rband der Rheinprovinz 4,897 M, 11) der Stadts i, 12) der Landeskommunalverband 13) der Provinzialverband te Jadegebiet 1266 M

0,000 Æ er inhaltes, zur an bevölkerung, wie folche dur festgestellt wird. Die hizrnah entfallenden Jahresren "gestellt. « Bis zu derx gleichung erhalten vorläufig a band von Preußen 2,465,166 denburg ‘1,539,531 A,

3) der rovinzialverb 1,131,114 M, / L U

: 4) der Provinzialverban der Provinzialverband von Schlesien 2, verband von Sachsen 1,229,319 M, chleswig-Holstein 730,581 falen 1,017,285 Æ, 9) der Provinzialve : i, 10) der Stadtkreis Berlin 26 kreis Frankfurt a. M. 36,090 der Hohenzollernschen L von Hannover für das dem)elben einverleib

40 lautet nah den Beschlüssen des Abgeordneten-

ande 47,865 M,

Für die Uekernahme der Staatschausseen eins{hließlich der Ko fionirung_ des für die obere L owie für die Beau den, beziehungsweise

altung und Unterhaltung der sten der Befoldung und P und Unterhaltungs- jeen neu anzuftellen- npersonals wird den Jahresrente von 19 Rente erhalten: 1) der Pro- M, 2) der Provinzialverband and vom Pom- ofen 401,520 M,

Leitung der Neu-

fsichtigung der Chaus {hon vorhandenen Beamte §. 18 genannten Kommunalverbänden eine Millionen Mark gewährt. Von dieser vinzialverband von Preußen 1,581,840 von Brandenburg 940,400 4, 3) der mern 656,540 M,

D). PVrovinzialverb 4) der Provinzialverband von

S. 223) und des Geseßes vom 11. März 1872 (Geseß-Samml. S. 157) zu gewährenden Jahresrenten - werden demgemäß um die anges gebenen Beträge erhöht, und ist dabei der den Provinzialverbänden n dem Schlußsaße des §. 18 zu machende Äbzug zu berüdsih- igen. i

Hierzu lagen folgende Anträge vor: 1) vom Grafen Udgo zu Stolberg-Wernigerode:

Jür den Fall der Ablehnung der Kommisstonsvorsläge zu §. 20 den Paragraphen wie folgt zu fassen: 1) den ersten Absaß in der Fassung des Abgeordnetenhauses, 2) als zweiten E „Bon dem Reste der 4 Millionen Mark wird vorweg 1 Million Mark auf die Provinzialverbände von Preußen, Brandenburg, Pommecn, Posen, Schlesien und den Stadtkreis Berlin, die anderen 3 Millionen Mark werden auf die sämmtlichen vorgenannten Kommunalverbände nach dem Maßstabe und den Vorschriften im §. 2 dieses Gesetzes vertheilt ; bis zu dem Erlaß der hierin vorgesehenen Königlichen Vers ordnung wird der Vertheilung vorläufig die Volkszählung vom De-

Absaß nah den Kommissionsbeschlüssen ;

2) von Herrn von Kleist-Reßow:

1) den zweiten Saß nah der Vorlage des anderen Hauses wieder- herzustellen ; 2) den zweiten Ma derselben wie folgt zu fassen: Von dem Refte der 4 Millionen Mark wird vorweg 1 Million Mark auf die Provinzialverbände von Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlefien und den Stadtkreis Berlin, die anderen 3 Millionen Mark werden auf die sämmtlichen vorgenannten Kommunalverbände nah dem Maßstabe und den Vorschriften im 8. 2 dieses Gesetzes vertheilt; bis zu dem Erlaß der hierin vorgesehenen Königlichen Ver- ordnung wird der Vertheilung vorläufig die Volkszählung vom De- zember 1871 zum Grunde gelegt; 3) den leßten Absaß nah den Kommissionsbeschlüfsen anzunehmen ;

3) -vom Freiherrn von Mirbach:

Den §. 20 nah den Beschlüssen des Hauses der Abgeordneten

dem wird noch eine Million Mark jährlich den Kommunalverbänden von Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen und Schlesien über- wiesen zu Chaussee Neubauten Behufs Ausgleichung dieser Kommunal- verbände mit den übrigen betreffs der Staatschausseen. Diese eine Millio Mark wird nach §. 2 dieses Gesetzes unter die 5 Kommunal- verbände vertheilt“ ;

4) von Herrn von Voß:

, 1) AlSega 2 die Worte: „und Einnehmer* zu streichen; 2) dem Alinea 2 folgendes neue Alinea folgen zu lassen: „Soweit Chaussee- geld-Einnehmerhäuser zugleich zu Wohnungen für Chausseewärter und Aufseher gedient haven, geht das Eigenthum an denselben auf die Provinzialyerbände über. Bezüglich aller sonstigen Chausseegeld- Cinnehmerhäuser steht den Provinzialverbänden das Recht zu, die- selben gegen deren Taxwerth zu übernehmen; 3) dem 8. 20 als leßtes Alinea folgenden Zusaß beizufügen: Soweit die im Schlußsaße des 8. 18 gedachten Staatsftraßen aus dem Chaussee-Unterhaltungsfonds unterhalten find, wird der bezügliche Kostenbetrag bis zu anderweitiger Megeno der Sache von den vorgedachten Jahresrenten in Abzug gebracht.

Nach längerer Diskussion, an der sich die Herren v. Mir= bach, v. Kleist - Reßzow und der Referent Graf Zieten- Schwerin sowie auch der Handels - Minister Dr. Achenbach betheiligten, wurden sämmtlihe Anträge, auch derjenige der Kommission der Antrag Graf Stolberg durch Namensauf- ruf mit 67 gegen 32 Stimmen abgelehnt und der Beschluß des Abgeordnetenhauses angenommen. Dann wurde die Debatte

um 4 Uhr vertagt.

In der heutigen (30.) Sizung des Herrenhauses, welher der Justiz - Minister Dr. Leonhardt und mehrere Regierungs-Kommissare beiwohnten, und welhe der Vize- Präsident von Bernuth um 114 Uhr eröffnete, wurde \o-

fort die SpezialdiskussioÎn über das Geseg, betreffend

die Ausführung der S8. 5 und 6 des Gesetzes, betreffend die Dotation der Provinzial- und Kreisverbände, begonnen. Die 8SS. 21 bis 26 wurden in der von der Kommission vorgeshla- genen Faffung angenommen. , Den §. 27 empfiehlt die Kommission in folgender, von dem Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung zur Annahme: Scheidet gemäß §8. 4 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872

eine Stadt aus einem Landkreise aus, so ist derjenige Theil der dem leßteren auf Grund der 88. 3 und 4 des Geseßes vom 30. April

1873 zur Durchführung der Kreiorduung überwiesenen Summe,

welcher nach dem im §. 2 jenes Gesetzes vorgeschriebenen Maßstabe auf die a eee Stadt entfallen würde, nach eben diesem Maß- llare auf

theilen und um den hiernah auf jedea Landkreis entfallenden Betra

die Dotation desselben zu erhohen. ' N :

ämmtliche Landkreise der betreffenden Provinz zu ver-

Diese Bestimmung findet auch auf die seit Erlaß des Gesetzes

vom 30, April 1873 bereits ausgeschiedenen Städte Anwendung.

Dagegen beantragte Herr Beer (Halberstadt), den §8. 27

wie folgt zu fassen :

Die Stadtkreise erhalten vom 1. Januar 1873 ab aus den Ein-

nahmen des Staatshaushaltes eine Jahresrente nach denselben Grundsäßen, nach welchen die Jahresrenten der Landkreise zur Durch- führung der Kreisordnung auf Grund des 8. 1 Nr. 2 und 3 des Geseßes vom 30. April 1873 bemessen und vertheilt find. Die Fest-

and von Schlesien 1,522,170 erband von Sachsen 1,549,510 le8wig-Holstein 1,001,690 M, "annover (einshließlich des Jadegebi vinzialverband von Westf rerband des Regierungsbezirks munalverband 12) der Stadtkreis Fr verband der R

9) der Provinzialverb Á, 6) der Pro- M, 7) der Provinzialverband 8) der Provinzialverband von ets) 1,896,890 Æ, 9) der Pro- 10) der Kommunal- Cassel 1,071,110 A, 11) der Kom- Wiesbaden 114,072 M, 13) der Provinzial- 14) der Stadtkreis Berlin -«Kommunalverband der Hohenzolle 15,000,000

alen 1,746,340 M,

Regierungsbezirks i ankfurt a. M. heinprovinz 1,605,850 Á, 15) der Landes Lande 111,970 , Summa: Der Rest der 4 Millionen M Kommunalverbände nach dem dieses Geseßes vertheilt ; Königlichen Verordnun zählung vom Dezembe Die den Kommun weise nach §8. 1 des Ge und des Gesetzes vor währenden J träge erhöht. Hiergegen beantra maßen zu fassen :

Sür die Uebern Staatschausseen eius fionirung des für die ten, wie für die Beau beziehungsweis S. 18 genannten Komm lionen Mark gewährt.

Dieselbe wird unter diese Kommunalverbä T | N irte ret gsbezirken zur Unterhaltung bisher verwandten ch dem Maßstabe der Vorschriften des S2

esehenen Königlichen Verordnung olkszählung vom 1, Dezember

ses Geseßes, bezie-

ark wird auf die vorgenannten orschriften im §, 2 i : )ierin vorgesehenen g wird der Vertheilung - vorläufig die Volks- r 1871 zum Grunde gelegt.

alverbäñden nach §8. 2 dieses Ges seßes vom 7. März 1868 (Gesehz- n 11, März 1872 (Gesez-S ahresrenten werden demgemäß 11

m Maßstabe und den V bis zu dem Erlaß der k

ees, beziehungs- Samml. S. 223) amml, S. 157) zu ge- n die angegebenen Be-

gte die Kommission, den §. 20 folgender-

g und Unterhaltung der sten der Besoldung und Pen- und Unterhaltungsbau- een neu anzustellenden, l l ersonals wird den im unalverbänden eine Jahresrente von 19 Mil-

nde zur Hälfte nah aen und der in den

ahme der Verwaltun chließlich der Ko eitung der Neu- fsihtigung der Chauss e {on vorhandenen Beamtenpy

der Länge der in i einzelnen Regierun Kosten, zur Hälft dieses Gesetzes vertheilt. m Erlasse Dee Prin vorg vorläufig die 1871 zu Grunde gel s Kommunalyverbänden nach 8. 2 die

stellung der Höhe dieser Jahresrenten, sowie deren Vertheilung auf die einzelnen Stadtkreise erfolgt durch Königliche Verordnung.

Bei der Debatte wurde dieser Antrag von dem Antrag-

steller, Herrn von Kleist-Reßow und Herrn Bredt zur Annahme empfohlen, während der Regierungs-Kommissar Geheimer Ober- Regierungs-Rath Persius empfahl, ihn abzulehnen. Bei der Abslimmung wurde der Antrag Beer verworfen und der §. 27 nah den Anträgen der Kommission angenommen. :

Ohne Diskussion wurde sodann auch §. 28 genehmigt

und in der Shlußabstimmung das ganze Geseh nach den Be- s{hlü}sen der zweiten Lesung. ganze Gesez nah e

Ebenso wurden die beiden anderen Anträge der Kommission an-

genommen: die Petitionen des Osteroder Kreises, des Kreises Heilis genbeil in Ostpreußen, des Kreises Jüterbog-Luckenwalde dur den Beschluß ad 1 für erledigt zu erklären und die folgende Resolu=- tion anzunehmen: Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, den Verkauf von Chaufssechäusern fortan zu sistiren, die Zu- stimmung der Majorität des Hauses, obgleih der Regierungs- fommissar fih gegen die Resolution aus\prach.

Es folgte sodann als zweiter Gegenstand der Tagesordnung

der Bericht der XII, Kommission über den Gese entwurf, be- treffend die Verfassung der Ver w attundégetihleund Ea Ver= waltungs-Streitverfahren. An der Generaldisfkufsion betheiligte sih neben dem Referenten der Kommission, Herrn von Winter- feld, nur noch Graf zur Lippe; beide empfahlen die An- nahme der Kommissionsvorschläge, welhe das Geseß in vielen Paragraphen Abänderungen unterworfen hat. Bei Schluß des Blattes begann die Spezialdiskasfion.

Am Schlusse seiner gestrigen Sizung beschäftigte si

das Haus der Abgeordneten- nach Crledigung zahlreicher Petitionen mit dem von den Abgg. Dr. Virchow, Dr. Petri und Windthorst (Bielefeld) eingebrahten Antrage „die Staats- regierung aufzufordern, dem Landtage in der nächsten Session einen Geseßentwurf über die Aufhebung des kfonfessio- nellen Charakters der Kirhhöfe vorzulegen,“ Der Abg.

e nah §. 1 des Geseßes vom 7. März 1868 (Geseß-Samml,

Dr, Virhow empfahl, die Uebergabe der Kirchhöfe an die bürger-

zember 1871 zum Grunde gelegt." 3) Als leßten Absahß den leßten

wiederherzustellen, jedoch am Sehlusse desselben hinzuzufügen : „Außfter-

lihe Gemeinde nit mit einem Schlage zu vollziehen, \ondern die Umwandlung der bestehenden Einrichtung hon mit Rücksicht auf das materielle Interesse mancher Kirchen \{rittweise vorzu- bereiten. Der Staats-Minister Dr. Falk erklärte, daß die Regie- rung mit dem Gegenstande bereits beschäftigt sei, jedo bei der außerordentlihen Ueberbürdung mit zum Theil noh dringenderen legislatorishen Arbeiten, sh unmögli verpflihten könne, den gewünschten Gesehentwurf, der die eingehendsten Vorarbeiten verlänge, {hon in der nächsten Session vorzulegen. Nachdem die Abgg. Goetting und Windthorst (Bielefeld) den Antrag warm befürwortet und der Abg. Frhr. v. Fürth ihn als einen Eingriff in die Gewissensfreiheit der an ihrem Glauben fest- haltenden Gemeinden aller Konfessionen bezeichnet hatte, wurde er mit Weglassung der Worte „in der. nähsten Session“, welhe Abg. Jung beantragte, angenommen und die Sizung um 33/, Uhr geshlo}en.

In der heutigen (71.) Sizung des Hauses der Ab- geordneten, welher am Ministertishe die Staats-Minister Camphausen, Dr. Falk, Dr. Ahenbach und Dr. Friedenthal, \o- wie mehrere Kommissarien beiwohnten, erhielt vor Eintritt in die Tagesordnung der Abg. Dr. Roeckerath das Wort, welcher sich gegen die von dem Staats-Minister Dr. Falk in der Sizung des Herrenhauses vom 22. Mai gegen ihn gerichteten Angriffe zu ver- theidigen suhte. Diese Angriffe waren durch verschiedene Ausfüh- rungen des Abg. Dr. Roeckerath in der Sißzung des Abgeordneten- hauses vom 10. Mai in Betreff mehrerer im Ministerium für die geist- lichen 2. Angelegenheiten eingegangener Gutachten über die Thätig- keit der barmherzigen Schwestern, insbesondere in Düren, veranlaßte worden.“ Der Staats-Minister Dr. Falk beshränkte sch auf eine thatsählihe Berichtigung. Erster Gegenstand der Tagesord- nung war die zweite Berathung des Gesehentwurfs, be- treffend dén Ankauf und die Vollendung der Pom- merschen Centraleisenbahn und der Berliner Nord- Eisenbahn, sowie die Verwendung der verfallenen Kautionen für die bezeichneten Eisenbahnunternehmungen. Zu §. 1, welcher den Handels-Minister ermächtigt, beide Eisenbahnen, jedoch die erstere für höchstens 2,250,000 1, die andere für höchstens 6,000,000 M für Rehnung des Staates anzukaufen, waren 13 Redner zum Wort gemeldet und zwar 4 (Kieshke, Richter (Hagen), Schmidt (Reeß) und Hoppe) gegen, 9 für den 8. 1. Bis zum Schluß des Blattes \prahen die Abgg. Kieschke und Richter (Hagen) gegen, Abg. v. Löper-Löpersdorf für 8. 1.

Der General-Major Dieterich, Inspecteur der 2. In- genieur-Inspektion und der vereinigten Artillerie- und Ingenieur- Schule, hat \fich zur Inspizirung eines Theils der NPionier- Bataillone und der Fortifikationen des Inspektionsbereihs zu- nächst nach Torgau, der Contre-Admiral Henk, Direktor der Kaiserlichen Admiralität, zur Uebernahme des Kommandos. des Panzergeshwaders, und der Kapitän zur See von Blanc, Dezernent in der Kaiserlichen Admiralität, zum Antritt des Kom- mandos als Chef des Stabes des Uebungsgeshwaders nah Kiel begeben.

Aus Echternach wird der „Luxemburger Zeitung“ der am 27. d. erfolgte Tod des Großherzoglih luxemburgischen Geschäftsträgers am hiesigen Hofe, Dr. Föhr, gemeldet.

S. M. S. „Augusta? hat am 25. Mai cr. Vormit- tags von Lissabon aus die Reise nah Brasilien angetreten.

Der Thierarzt Hein sen zu Raßteburg is zum kommissa- rischen Kreisthierarzt für den Kreis Ploen ernannt worden.

Bayern. München, 31. Mai. (Allg. Ztg.) Der Priester I. B, Bittl, Inspektor und Professor an der König- lichen Pagerie dahier, ist wegen Aeußerungen, die er vor einiger Zeit über das Dogma der Unfehlbarkeit gemacht haben f\oll, mit dem erzbishöflihen Ordinariat in Konflikt gerathen. Derselbe wurde wegen jener Aeußerung zur Rede gestellt und ihm eine Erklärung zur Unterzeihnung vorgelegt, die Unterschrift aber verweigert. In Folge dessen wurde Hr. Bittl durh den Vor- stand der Königlihen Pagerie sowohl der Professur als der Inspektorstelle enthoben. Der Ober - Stabsarzt 1. Klasse bei der Kommandantur der Residenzstadt, Dr. Stadelmeyer, ist im besten Mannesalter heute geftorben. Vor dem hiesigen Be- girksgerihte begann heute“ der Sozialistenprozeß. Den Vorsitz führt Hr. Bezirksgerihtsrath Freiherr v. Castell, während die Staatsbehörde Hr. Staatsanwalt Barsch vertritt. Es sind zur Durchführung der Verhandlung 3 Tage anberaumt, heute \óll die Anklage gegen die erschienenen und abwesenden Mitglie- der der hiesigen Sozialdemokratie, morgen die Vernehmung der (18) Zeugen durchgeführt und alsdann zur Begrün- dung der Anklage und Vertheidigung geschritten wer- den. Von den angeshuldigten Mitgliedern sind heute Morgen 24 anwesend gewesen. Die meisten derselben bezeihnen ih als konfessionslos. Der erste Anklagepunkt betrifft die Uebertretung des Vereinsgeseßes, indem der betreffende Vor- stand, Michael Jung, den politishen Verein niht vorschrifts- mäßig anzeigte, und derselbe mit andern politishen Vereinen in Verbindung getreten ist. (Vergehen wider die Art. 14 und 17 des Ver.-Ges. v. 1850.) Der beshuldigte Vorstand stellt den Bestand eines politischen Vereins in Abrede, die einzelnen Mitglieder \{hließen fih dieser Anschauung an; sie wollen zwar der sozial- demokratishen Arbeiterpartei angehören, allein keinem der be- \huldigten Vereine beigetreten sein. Die weiteren Anklagepunkte find gerichtet gegen Ernst, Kiefer und Oehme (als Vorstand der I, Münchener Genossenshaftsbuchdruckerei) wegen Vergehens gegen das Reichsgenossenshaftsgesez, gegen Böxler, Mich und Konsorten wegen Uebertretung des Vereinsgeseßes und gegen Oehme wegen Vergehens der Unterschlagung.

Sachsen. Dresden, 1. Juni. Der offizielle Empfang Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Schweden wird morgen (Mittwoch) auf dem Böhmischen Bahn- hofe hierselbst stattfinden, woselb Allerhöchstdieselben Mittags nah 12 Uhr eintreffen werden. Zum Ehrendienst sind bestimmt : bei Sr. Majestät dem König Oskar [l, der Commandeur der Kavallerie-Divisfion General-Lieutenant Senfft v. Pilsach und der Commandeur des 1. Jäger-Bataillons Nr. 12 Oberst-Lieutenant v. Cerrini, welche Beide Sr. Majestät bis Röderau entgegen- reisen werden; bei Ihrer Majestät der Königin Sophie der Ober- Kammerherr v. Gersdorf} und der Kammerherr v. Wuthenau. „In den Paradesälen des Königlihen Schlosses wird morgen Nachmittag 4 Uhr Galadiner und Abends Hofkonzert ftattfinden.

Auf Allerhöchsten Befehl wird wegen erfolgten Ablebens Ihrer Durchlaucht der Fürstin Luise, Prinzessin Reuß-Köstriß, geb. Prinzessin Reuß-Greiz, am Königlichen Hofe eine Trauer auf drei Tage, von heute bis mit 3. d. Mts., in Verbindung mit der bereits angeordneten, angelegt.

Württemberg. Stuttgart, 30. Mai. Se. Königliche

Hoheit der Prinz Wilhelm von Württemberg ift gestern zum Gebrauch einer Brunnenkur nach Carlsbad abgereist.

Meecklenburg, Schwerin, 30. Mai. Der Groß-

herzog verweilt gegenwärtig zur Kur in Gräfenberg. Wenn im nächsten Monate der Hof wieder in Shwerin vereinigt ist, wird der Besuch der Königin von Württemberg erwartet.

Anhalt. Dessau, 81. Mai. Der Herzog, die Her-

zogin und die Prinzessin Elisabeth haben \sich von Düssel- dorf nah Wien begeben, um bei der Bestattung der zu Ernst- brunn bei Wien verstorbenen Prinzessin von Reuß, geb. Prin- zessin Reuß (früher vermählt mit dem Prinzen Eduard von Sachsen - Altenburg und somit Stiefmutter der Herzogin) zugegen zu sein. Die beiden jüngsten Kinder Sr, Hoheit sind von Sondershausen hier wieder eingetroffen.

Desterreich - Ungarn. Wien, 1. Juni. Der Kaiser

hat si gestern nah Ishl begeben, woselbst derselbe heute früh eingetroffen ist.

Das , Reichs-Gesehblatt“ und die „Wien. Z.* veröffent-

lihen den Erlaß des Ackerbau-Ministers vom 19. Mai 1875, be- treffend das neue Statut für die Verwaltung der Bukowinaer | griehisch{ch-orientalischen Religionsfondsgüter.

Schweiz. Basel, 1. Juni. (W. T. B.) Die „Baseler

Nachr.‘ veröffentlichen den Gesehentwurf über die Störung

des religiösen Friedens, welchen die Regierung des Kantons

Bern demnächst in der Bundesversammlung einbringen wird.

Der Entwurf untersagt die kirhlichen Ceremonien außerhalb

der Kirchen und gestattet sie allein bei den Begräbnissen. Die

Atersreizuntg *zanr Haß ®gegett 7 äftbere Kifssiöonen Tord “mif” Strafe bis zu 1000 Fres. oder bis zu einem Jahre Ge-

fängniß bedroht. Geistlicze, welhe bei Gelegenheit eines

Gottesdienstes die Einrichtungen des States in ciner

den Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande ihrer Erörterungen machen, sollen mit einer Geldbuße bis zu 1000 &Jres. oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft werden.

Die Vornahme von Akten der bischöflihen Jurisdiktion soll den vom Staate niht anerkannten kirchlihen Oberen nur mit aus- drücklicher Bewilligung des Regierungsrathes gestattet werden. Das Zuwiderhandeln hiergegen soll mit einer Geldbuße bis zu 2000 Fres. oder Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft werden. Die Versammlungen von Religionsgesellshaften , welche die öffentlihe Ordnung stören, sollen aufgehoben werden und die Theilnehmer an diesen Versammlungen dem Richter überwiesen werden.

Velgien. Antwerpen, 1. Juni, (W. T. B.) Als sich heute ein Priester zu Kranken begab, um denselben die Sterbesakramente zu spenden, waren die bei solcher Gelegenheit in den Fenstern der Häuser brennenden Kerzen von Zöglingen des Athenäums ausgelöscht worden. In Folge dessen hatten, besonders heute Abend, vor dem Athenäum und an mehreren

anderen Punkten \ich große Menschenmassen angesammelt; die

Polizei wußte aber durch ihr Einschreiten größere Unordnungen zu verhindern.

Grofbritannien und Jrland. London, 31. Mai.

Zu Ehren des Geburtstages der Königin fanden am Sonnabend bei sämmtlihen Staats-Ministern und den obersten Hof-Würdenträgern die üblihen Gala-Diners statt. Zu den Gästen des Premier-Ministers Disraeli gehörte auch der Prinz

von Wales,

1. Juni. (W. T. B.) In der Sizung des Unter- hauses theilte der Deputirte Cochranê=mit, daß er nah einigen Wochen die Aufmerksamkeit des “Hauses auf die Ausdehnung lenken werde, welhe Rußland an Macht und Territorium in

Centralafien gewonnen habe.

2. Juni. (W. T. B.) Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen, Lord Derby, empfing eine Deputation, welche um die freundschaftlihe Vermittelung Englands behufs Unter- drückung des Aufstandes in Kuba und Abschaffung des Sklaven- handels auf der Insel nahsuchte. Lord Derby erklärte in seiner Antwort jede Einmishung der englishen Regierung in die An- gelegenheiten Kubas für inopportun, bemerkte aber, daß Eng- land eine sih eventuill bietende Gelegenheit gern benußen werde, um die gegenwärtig auf der Insel Kuba herrschenden Zustände zu beseitigen. Die bisherigen Versuche zur Unterdrückung des Aufstandes seien allerdings wenig erfolgreih gewesen. Dennoch könne man’ der Meinung der Deputation nicht beipflichten, daß

der Aufstand zur Zeit Ausfihten auf Erfolg habe.

Frankreics. Versailles, 1. Juni. (W.T. B.) In der heuti- gen Sißung der Nationalversammlung wurde der Herzog von Audiffret-Pasquier zum Präsidenten wiedergewählt. Es wurden 508 Stimmzettel abgegeben, von diesen lauteten 431 für den Herzog von Audiffret-Pasquier, 77 waren unbeschrieben. Zu Vize-Präsidenten wurden Martel, Duclerc, Kerdrel und Ricard wiedergewählt. Die.Dreißiger-Kommission hat Laboulaye zum Berichterstatter über das Geseh, betreffend die öffentlichen

Gewalten, gewählt.

Spanien. Madrid, 1. Juni. (W. T. B.) Dem Ver- nehmen nach hat das Ministerium von dem Erlaß einer neuen ‘Verfassungsurkunde durch den König abzusehen beschlossen, will es vielmehr den Cortes überlassen, eine neue

Verfassung festzustellen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 2. Juni, (W. T. B.) Der ,„Regierungsanzeiger“ zeigt die Eröffnung des vierten internationalen Telegraphenkongresses durch den Minister des Innern, General-Adjutanten Timaschew an. Derselbe hielt eine längere Ansprache, welche von dem italienischen Delegirten D'Amico erwiedert wurde. Für heute Abend sind die Mitglieder des Kongresses von dem General- direktor der Telegraphen, Lüders, zu einem großen Raout ein- geladen worden. Bei dem Großfürsten Thronfolger wird morgen in Zarskoe-Selo den Kongreßmitgliedern zu Ehren ein größeres

Diner stattfinden.

Die Wiedervereinigung der Griehisch-Unirten im Königreih Polen mit der rechtgläubigen Kirche ist, einer neueren Nachriht des „Reg.-Anz.“ zufolge, nunmehr an der gesammten Geistlihkeit und allen unirten Gemeinden des Gou-

vernements Lublin vollzogen worden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. Mai, Beim ersten Zusammentreten der Interims-Regierung am vorigen Mittwoch wurde Justiz-Minister Freiherr de Geer für die erste Wohe zum Vorsißenden durch das Loos bestimmt. Die nächste Zusammenkunft wird am nächsten Montag stattfinden.

Christiania, 28. Mai. Das Storthing hat gestern Abend nach langen Debatten die Berathung über die neue Or- ganisirung der Norwegischen Seekriegs\chule been- digt und sind die Grundzüge dafür, wie folgt, festgestellt worden : Die ‘Aspiranten werden auf der Seekriegs\hule bis zu einem Alter von 19 Jahren aufgenommen, Sie müssen vorher das

Examen für die Mittelshulen bestanden und 21 Monate auf Kauf- fahrteishiffen gefahren haben und außerdem noch ein besonderes Auf= nahmeexamen in Sprachen und Mathematik ablegen. Der eigent-= lihe Kursus dauert in der sogenannten unteren Abtheilung 24—34 Jahr, während welcher Zeit die Shüler Unteroffiziers= Löhnung erhalten. Darnach werden sie zu Seconde-Lieutenants ernannt und als folhe bleiben fie entweder 2 Jahre im Dienst und scheiden dann zur Reserve aus, oder gehen in die höhere Abtheilung der Kriegs\{ule über und nahdem fie den zwei- jährigen Kursus in dieser Abtheilung abfolvirt haben und 18 Monate mit Kriegs\ch{i|en gefahren find, können sie als Lieute- nants bei dem festen See-Offiziercorps eingestellt werden. Jn diese höhere Klasse werden jedoh nur fo viele Eleven aufge- nommen, als der Bedarf des festen Offiziercorps es erfordert.

Dänemark. Kopenhagen, 29. Mai. Prinz Wal- demar is, der „Berl. Tid.* zufolge, vom König von Schwe- den und Norwegen zum Ritter des Seraphinen-Ordens ernannt worden. Unterm 24. Mai is eine Bekanntmachung über die Ausprägung \chwedischer Münzen erlassen, welhe mit Bezug auf das Münzgeseß vom 23. Mai 1873 und die unterm 27. Mai d. I. abgeschlossene Konvention zwishen Dänemark und Schweden, betreffend ein für beide Reiche gemeinschaftlich auf Gold basirtes Münzsystem Art. 9, in Dänemark als geseß- lihes Zahlmittel gelten sollen.

Amerika. Washington, 1. Juni. (W. T. B.) Die öffentlihe Schuld hat \fich im vergangenen Monat Mai um

1,189 N00 Dollagzs verringert,

E S r E ERZE L2E E 20) Ueber die jüngste Revolte in Hayti liegen der „A. A. C.“ zufolge aus Jamaika vom 11. Mai folgende Einzel- heiten vor: « : ‘Seit geraumer Zeit circulirte das Gerücht, daß in Port-au- Prince eine Vershwörung zum_Sturz der bestehenden Regierung be- stehe. Präsident Domingue sollte ermordet werden. Die Oppo- fitionspartei hatte indeß keine öffentlihe Ruhestörung gewagt. Die Bewegung ging von der Regierung aus. Am Vorabend der Eröff- nung des großen landwirthschaftlihen Festes in Port-au-Prince am 1. Mai wurde der kommandirende General des Plaßes, St. Mäcary, benachrichtigt, daß dem Präsidenten ein Komplott enthüllt worden sei und daß eine organisirte Vershwörung bestehe, deren Zweck es sei, ihn während der Feftlichkeiten am folgenden Tage zu ermorden. In Macarys Hände wurden Verhaftsbefehle gegen eine große An- zahl von Personen, darunter mehrere der einflußreihsten in der Stadt, gelegt. Am folgenden Morgen hielten Macary und die Polizei Haussuchungen bei vielen der Parteien ab. Mehrere Per- sonen weigerten sih, unter Polizei-Eskorte in Gewahrsam genommen zu werden, versprachen aber, sich der Polizeibehörde während des Tages selber zu ftellen. Zweihundert Soldaten wurden dann abge- sandt, um fie festzunehmen. General Brice, dem die Polizei auf der Straße begegnete, wurde in dem Rencontre tödtlih verwundet, aber es gelang ihm, sih nach dem britishen Konsulat zu flüchten, wo er starb. General Pierre vertheidigte sein Haus mit einer sech3zehn- läufigen Spencerbüchse. Nachdem er zwanzig Soldaten nieder- geschossen, erschien er am Fenster mit der Büchse in seiner Hand und erschoß sich selbst. General Boisrond Carral entkam nach der Privatwohnung eines Konsuls. Mehrere der Proffkribirten wurden verhaftet, aber eine große Menge suchte eine Zuflucht in den Konsulaten. Wie gerüchtsweise verlautet, werden dieselben im amerikanishen Konsulat ausgeliefert werden, da die Regierung der Vereinigten Staaten Rebellen keine Zuflucht gewährt. General Remeau, der wegen seiner Energie und Festigkeit, mit der er Domingue in dieser Angelegenheit unterstüßte, sehr gelobt wird, ist mit der „Mofelle“ als Gesandter Hayti's bei den europäischen Höfen abgereist. Präsident Domingue selber weilt gegenwärtig in Jamaika.

Afrika. Ueber Gibraltar wird vom 25. Mai gemeldet: Nach den neuesten Berichten aus Oran und Flemcen hatte der maurishe General Muley Abbas mit 2000 Reitern und 1500 Mann Fußvolk den Fluß Mulonya überschritten und nähert sich Oudjdah zu dem Zwecke, diesen Plaß zur Unter- würfigkeit zu zwingen. Der Sultan von Marocco empfing am 14. April den britishen Gesandten Sir John Dru- mond Hay in einer öffentlihen Audienz, wobei freunds\chaftliche Reden ausgetauscht wurden. Der Sultan Muley Hassan ver- sicherte dem Gesandten, daß er höchst willflommen sei, und wies auf die alten Bande der Freundschaft hin, die seine Ahnherren mit den Monarchen Großbritanniens verknüpft hätten.

Voreinstvesen.

Berlin. Bekanntlich besteht hier bereits ein Verein für Geflligel- zucht, die-„Cypria“, welcher sich lebhafter Theilnahme erfreut. Da aber in demselben nur die Liebhaberei für Tauben und Hühner vorzugsweise zur Geltung kommt, so erachtete es eine Anzahl der Vogelliebhaber und Züchter in Berlin für angemessen, daneben - noch einen anderen Verein, „Aegintha“, zu bilden, welcher mit dem ersteren möglichst Hand in Hand gehen soll. Die „Aegintha“ hat sih folgende Auf- gaben gestellt : Eerdeviina der Kenntniß des Vogels und des Vogel- lebens nach allen Seiten hiu, Verbreitung der Vogelliebhaberei und Vervollkommnung der Pflege und Züchtung aller Käfigvögel, sowie thatkräftiger Vogelschuß. Der Jahresbeitrag ist auf fechs Mark festgestellt und bis zum Ende Juni steht die Betheiligung ohne Ein- trittsgeld Jedermann, auch auswärtigen Liebhabern, frei. Als Vor- sißender wurde Dr, Karl Ruß gewählt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Im Königlichen Kupferstih-Kab inet findet seit einigen Tagen für das größere Publikum eine Ausstellung der bedeutendsten Radirungen Rembrandts in den vorzüglichsten Druen ftatt, sowie diejenigen Handzeichnungen, deren Originale dem Museum angehören. Unter den leßteren is eine {ône Silberstiftzeihnung mit eigenhän- diger Unterschrift des Meisters besonders hervorzuheben. Sie stellt die junge Frau des Künstlers dar, welche dieser zeichnete, kurz nah- dem fie nach ihrer Trauung die Kirche verlassen hatten. Dem Ver- nehmen nach beabfichtigt der Vorsteher der Kupferstihsammlung, Hr. Prof. Weiß, in folhen Koellektivausstellungen dem Publikum nah und nach die bedeutendsten Meister der Grabsticheltechnik vorzu- ühren, ny In Düsseldorf wird {on in den nähsten Wochen nach dem Plane Riffurths der Neubau der Kunst-Akademie be- gonnen werden. Der Landtag hat dazu bekanntlich 1,200,000 4 be- willigt. E p Wie der „Allg. Ztg.“ mitgetheilt wird, is die seit dem Tode Liebigs erledigte Professur der Chemie an der Universität Mün- chen nunmehr wieder beseßt, indem es, nah vilseitigen Verhandlun- gen, gelungen ist, für diesen Lehrstuhl Hrn. Professor Baeyer von der Hochschule Straßburg zu gewinnen. Hr. Professor Baeyer ist gleichzeitig auch zum Vorstande des chemischen Laboratoriums ernannt, für dessen dex Anforderungen der Wissenschaft vollständig entspre- hende Erweiterungen im Budget der laufenden Finanzperiode bereits bedeutende Mittel bewilligt sind, und wird derselbe seine Thätigkeit an der Universität mit dem bevorstehenden Wintersemester beginnen.

Die Verbindung für historische Kunst fordert die Künst- ler des historischen Faches auf, fertige Bilder oder Entwürfe mit Angabe der Größe und des Preises des auszuführenden Bildes gegen die zweite Hälfte September d. Is. nah Stuttgart einzusenden, da 50,000 A zu Ankäufen oder Bestellungen dort in der Versamm- lung zur Verwendung kommen. Nähere Adresse für die Einsendun-

gen wird Anfangs Juli bekanut gemacht werden.