1875 / 131 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Jun 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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„In Fällen T f gleicher Weise wie der Ober-Präsident (8. 76) befugt,

unter Zustimmung des Bezirksrath® für mehrere Kreise oder für den Umfang des ganzen Bezirks gültige Polizeivorschriften zu erlassen.

Soi Polizeivorschriften bedürfen der nachträg- lien Zustimmung des Provinzialraths. Wird die Lane niht innerhalb sechs Monaten nach dem Tsag e der Publikation der Polizeiverordnung ertheilt, Fo Hat der Ober-Präsident dieselbe außer Kraft zu seßen.“

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(Grundsäße über die Vertheilung und Aufbringung der Pro- vinzialabgaben.) Die Vertheilnng der Provinzialabgaben erfolgt auf die einzelnen Land- und Stadtkreise nah dem Maßstabe der in ihnen aufkommenden direkten Staatssteuern mit Auss{chluß der Gewerbesteuer vom Hausirgewerbe.

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F: dieser Vertheilung kommen die behufs Aufbringung der Kreis- beziehungsweise der städtischen Kommunalabgaben in den einzelnen Land- und Stadtkreisen nach den Vorschriften der §Z. 14 bis 16 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872, beziehungsweise des 8. 4, Absatz 3, der Städte-Orduung vom 30. Mai 1858 beson- ders veranlagten Steuerbeträge auf Höhe der Staatssteuern, welche von dem ihnen zu Grunde liegenden Einkommen, Grundfteuer-Rein- ertrage, Gebäudesteuernußungswerthe oder nach dem Umfange des Gewerbe- oder Bergbaubetriebes zu entrihten wären, "mit in Anrechnung. Dagegen bleiben die von einer Belastung mit Kreis- und Gemeinde-Abgaben ganz oder theilweise befreiten Steuer- beträge (88. 17 und 18 der Kreisordnung, §. 4 Absaß 7 f. der Städte-Ordnung) mit Einschluß der Steuerbeträge der Militärperso-

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ie nach Maßgabe diefes Geseßes zu handhabende Aufsicht über die Verwaltung der Angelegenheiten der Provinzial- verbände wird von dem Ober-Prösidenten, in höherer Instanz von dem Minister des Jnnern geübt. / Magd

Die Beschwerde an die höhere Instanz ist innerhalb 21 Tagen zuläsfig.

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Die Aufsichtsbehörden haben mit den ihnen in diesem G e- seße zugewiesenen Mitteln darüber zu wachen, daß die Ver- waltung den Bestimmungen der Geseße gemäß geführt und in geord- netem Gange erhalten werde. ;

Die gesperrten Worte sind das Resultat der Miquelschen Anträge.

Die namentlihe Schlußabftimmung über das ganze Geseh wurde auf heute festgeseßtz Schluß 4 Uhr.

In der heutigen (75.) Sizung des Abgeordneten- hauses, welher am Ministertishe die Staats-Minister Graf zu Eulenburg, Dr. Falk, Dr. Ahenbach und Dr. Friedenthal, sowie mehrere Kommissarien - beiwohnten, erledigte das Haus ohne De- batte die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der in den hohenzollernshen Landen zur Erhebung kommenden Abgaben auf Hunde; sowie die erste und zweite Be- rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Deckung der bei Begebung der Eisenbahnanleihe äus dem Jahre 1867 ent- standenen Kursverluste. Der Entwurf eines Geseßes, betreffend die Uebernahme einer Zinsgarantic des Staates für eine Priori- tätsanleihe der Münster-Enscheder Eisenbahngesellschaft bis auf Höhe von 2,100,000 / wurde auf den Vorschlag des Abg. v. Benda an die Budgetkommission verwiesen. An der vorangegangenen Debatte betheiligten fich die Abgg. Windthorst (Meppen) und Lauenstein, auch der Handels-wimifter Dr. Achenbach. Lekterer antwortete auf mehrere Fragen des Abg. v. Benda, 4)ch auf die Anfrage, ob die Regierung die Bahn Hannover-Harb1® 7 gus- bauen wolle. Der Handels-Minister machte insbesondere datäu] aufmerksam, dgß der Aushant mit aroßen Schmiorigkoiten ver- buerbeir sch, Daß aber mit alleiniger Ausnahme der Stadt Celle die Adjazenten den Ausbau dringend verlangten.

Hierauf folgte die namentlihe Schlußabstimmung über den Entwurf einer Provinzialordnung für die Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen. Derselbe wurde mit 213 gegen 148 Stimmen angenommen. Zwei Mitglieder haben \ich der Abstimmung enthalten. Mehrere zu dem Gesez eingegangene Petitionen wurden der Re- gierung zur Erwägung überwiesen. Sodann trat das Haus in die Berathung des“ von dem Herrenhause in veränderter Fassung zurückgelangten Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Ausfüh- rung der §9. 5 uad 6 des Gesezes vom 30. April 1873 wegen der Dotation der Provinzial- und Kreisverbände. Bis zum Schluß des Blattes waren die §8. 1—17 unverändert angenommen.

__— Am 20. Mai ist in Paris der Vertrag, betreffend die einheitliche internationale Verwaltung der «Grundlagen des Maß- und Gewichtswesens, ins- besondere des metrischen Systems, von den Vertretern von 17 Staaten unterzeihnet worden. Von den europäischen Staaten haben fich zur Zeit allein ausgeshlo}sen: England , die Niederlande und Gri?henland, von den amerikanischen nur einige tleinere Republiken Central- und Süd-Amerikas. Es ist jedo zu erworten, daß au die wenigen augenblicklich nohch zögernden Staaten Europas und Amerikas in kurzer Frist zum Beitritte ‘Anlaß finden werden. Der Vertrag ordnet die einmaligen und dauernden Beitragspflichten der betheiligten Staaten zum Zwecke der Begründung und Unterhaltung eines permanenten inter- nationalen Institutes für Maß und Gewicht, welches in Paris

„-ærrihtet werden soll. Das Institut wird von cinem bedeutenden, von französishem Einflusse gänzlich unabhängigen wissen\chaft- Aihen Personale verwaltet werden und unter der aus\chließlihen Ueberwachung und wissenschaftlihen Kontrole cines internatio- {nalen Comités stehen, welches aus 14 verschiedenen Nationen angehörigen Fahmännern zusammengesetzt ist, unter denen auch Die Wissenschaft Englands und der Niederlande troß der einfst- weiligen Nichtbetheiligung dieser Staaten vertreten ist. Comité Und Institut zusammen werden gewissermaßen eine oberste inter- zationale Normal - Eichungs - Kommission darstellen. Das Comité wird alle 6 Jahre durch eine Generalkonferenz von Delegirten aller betheiligten Staaten zur Hälfte e rieuert werden. Zum Präßidenten dieses internatio- malen Maß- uad Gewichts-Comités if der General Ibañez aus Madrid, zum Sekretär des Comités Professor Sirsch aus Neuf- châtel, zum Direktor des internationalen Maß- und Gewichts- Institutes Professor Govi aus Turin ¿ivi resp. designuirt

zvorden, sämmtlih hervorragende Fachmäuner auf dem Gebiete dur exakten Wissenschaften.

Die Aufgaben des internationalen Instituts für Maß- und GewnŸt und des leitenden Comités werden hauptsächlih die folgenden sein: 1) Die definitive Feststellung des neuen für alle betheiligten Staaten als seßte Instanz zu legalisirenden gemein- samen Urn'aßes und Urgewichts. 2) Die verantwortlihe Auf- 5 Dies dieses internationalen Urmaßes und Urgewichts. 3) Die sofor.ige Prüfung und Beglaubigung einex großen L. Kopien, welhe nach dieser neuen Urmaße und Urge-

wichte herzustellen und den Maß- und Gewichtsbehörden der

welche keinen Aufs{chub zulassen, ist der Regierungs-

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einzelnen Nationen in größter Genauigkeit zu liefern sind. 4) Die künftige Prüfung und Beglaubigung aller neuen Kopien des Urmaßes und Urgewichtes und die Ausführung aller von Zeit zu Zeit zu wiederholenden Kontrol-Vergleihungen der sämmtlichen ausgegebenen Kopien mit den Originalen. 5) Die Ausgabe von Normal-Maßstäben und Normal-Gewichtssäßen

metrischen Systems an wissenschaftlißhe Institute, _Behör- den und Private, insbesondere derjenigen Länder, welche das metrishe System noch nicht angenommen haben. 6) Die Vergleihung aller bisher in der Wissenschaft be- nußten und noch zu benußyenden Fundamental-Maßstäbe und «Gewichte der älteren Maß- und Gewichts\ysteme mit dem neuen Urmaße resp. Urgewichte. 7) Die Ausführung aller derjenigen Arbeiten auf dem Gebiete des Maß- und Gewichtswesens, welche die vertragshließenden Regierungen überhaupt im Interesse des Verkehrs und der Wissenschaft auf gemeinsame Kosten auszu- führen wünschen werden. | : ?

Hiernach wird alfo ein permanenter internationaler Dienst von bedeutender Wichtigkeit auf gemeinsame Kosten organisirt und unterhalten, und es wird dadurhch niht nur für die Grund- lagen der exakten Wissenschaften und aller Anwendungen von Maßen und Gewichten eine Vermehrung der Sicherheit und Gleichartigkeit angebahnt, sondern auch ein weiterer wichtiger Vorgang für die geordnete internationale Behandlung gemein- samer Angelegenheiten der civilisirten Nationen geschaffen, in ähnlihem Sinne, wie dies bereits durch die internationale Post- und Telegraphenorganisation geschehen ist.

rat e Der aile ociuzalige Beitrags des „DQe1tschera, Neiczes füleiie

Begründung der vertragsmäßigen Einrichtungen wird \ich auf etwa 45,000 M, der jährliche Beitrag in den nächsten 5 Jahren auf etwa 8000, später auf etwa 5—6000 4 belaufen.

Unter dem Ausdruck: „die Gemeindebehörde“, durch welchen in der Landesgeseßgebung dieser Behörde gewisse Befugnisse eingeräumt werden, ift nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 22. April d. JI., nicht die eine oder die andere der geseßlich bestehenden Gemeindebehörden, insbesondere also niht aus\{chließlich der Gemeindevorsteher, zu verstehen, \son- dern nur diejenige Behörde, welcher es nah den bestehenden ge- seßlihen Bestimmungen obliegt, die Gemeinde in allen Gemeinde- angelegenheiten zu vertreten.

Se. Majestät der Kaiser und König häben mit- telst Allerhöhster Kabinets-Ordre vom 13. Mai 1875 be- stimmt: 1) das Artillerie-Depot zu Jülih und das Filial-Depot zu Wiesbaden eingehen, 2) die selbständigen Verwaltungen der Artillerie-Depots zu Wittenberg, Schweidnigt, Graudenz, Minden, Oldenburg, Bitsh und Boyen au fgelöst und in Filial-Verwaltungen der Artillerie-Depots resp. zu Torgau, Breslau, Thorn, Münster, Hannover, Straßburg und Königs- berg umzuwandeln sind, 3) die Ausführung bis zum 1. Januar 1876 zu bewirken ift.

Der Kaiserlih russishe Botschafter v. Oubril ift heute früh aus Ems wieder hierher zurückgekehrt.

Der am hiesigen Hofe beglaubigte französishe Bot- schafter Vicomte de Gontaut-Biron hat sich heute auf vier Wochen zur Kur nah Reichenhall begeben.

Der Königlih niederländische Gesandte in St. Peters- burg, Chevalier von der Hoeven, traf gestern Abend aus dem Haag kommend hier ein und stieg im Hüte! Royal ab.

Der General-Lieutenant von Budrißki, Comman- deur der 2. Garde-Infanterie- Division, hat fich mit mehrwöhent- lihem Urlaub nah Wiesbaden und Norderney begeben, ebenso der General-Major von Thile, Commandeux der 4. Garde- Infanterie-Brigade nach Karlsbad und Wiesbaden.

__— Dex General-Major von Schmidt, beauftragt mit Führung der 7. Division, welcher mit kurzem Urlaub zur Ab- stattung persönliher Meldungen hier eingetroffen war, hat fih nach Magdeburg zurückbegeben.

S. M. S. „Ariadne* hat am 4. April cr. den Hafen von Amoy verlassen, die Pescadores-Inseln, sowie Häfen des südlichen Formosa besucht und am 16. desselben Monats im Hafen von Hongkong geankert.

Posen, 7. Juni. (W. T. B.) Der päpstliche Hausprälat Kozmian sollte heute in Betreff der Erkommunikation des Propstes Kick in Kaechme vernommen werden und wurde, da er jede Aussage verweigerte, wieder in Haft genommen.

Bayern. München, 6. Juni. Die Ministerialent\chließung Betreffs der „außerordentlichen Kirchenfeierlichkeiten und Prozessionen bei dem Jubiläumsablasse im Jahre 1875 lautet:

vZU den herkömmlichen Prozessionen im Sinne des Art. 4 Abs, 2 des Geseßes vom 26. Februar 1850, die Versammlungen und Vereine betreffend, können die nah Ort und Zeit ihrer Abhaltung jeweils erst neu zu bestimmenden Prozessionen aus Anlaß des Jubiläums nit gerechnet werden. Die gedachten Prozessionen bedürfen deshalb nach ber bezeichneten Geseßesvorschrift und nah Ziff. 3 der Verordnung vom 20. Juni 1851, die Abhaltung außerordentlicher kirhlicher Feier- lichkeiten betreffend, der Genehmigung der Distriktspolizeibehörden. Nach 8. 58 der 11, Verfafsungsbeilage dürfen keine Gesetze, Verord- nungen und sonstige Anorduungen der Kirhengewalt ohne Allerhöchste Einsicht und Genehmigung publizirt und vollzogen werden. Durch Erlaß vom 8, April 1852, den Vollzug des Konkordats betreffend, war für die von dem Oberhaupte der Kirche oder von den Bischsöfen auêgehenden Jubiläums- und Ablaßverkündigungen das Placet bis auf Weiteres im Voraus ertheilt. Dieser Erlaß i} indeß durch den späteren vom 20, November 1873, den Vollzug des Konkordats betr., aufgehoben und damit qu die Bestimmungen über die Jubiläums- verkündigungen außer Wirksamkeit geseßt worden. Für die Publikation des jüngsten großen Jubiläums ist bis jeßt von keinem Bischofe des Königreiches das Verfafsungsgeseß beachtet und das hierin vorge- shriebene Placet eingeholt worden, Als geseßlich nothwendige Folge ergiebt sih, daß zu jenen öffentlichen Prozessionen, welhe aus Anlaß des Jubiläums zum Zwecke des Kirchenbesuhes im Sinne des apostolishen Rundschreibens stattfinden und einen mehrmaligen privaten Kirchenbesuch erseßen sollen, eine staatliche Genehmigung nicht ertheilt werden darf, so lange für die Jubiläums-Publikation das landesherrliche Placet niŸt vorliegt.

S Dr. v, Luß. v. Pfeufer.“

Im Sozialistenprozeß begründete am 2. d. M. der Staatsanwalt Barsh die Anklage gegen die verschiedenen Beschuldigten und stellte \{hließlich gegen Mich. Jung we- gen Vergehens gegen die Art. 14 und 17 des Vereinsgesezes den Antrag auf 6 tägige Gefängnißstrafe und 10 Thlr. Geld- buße; age Hell, Oberndorfer wegen Agitationen 2c. auf 8tägige Vergehen ftrafe und 6 Thlr. Geldbuße ; gegen M. Ernst wegen Verge ens gegen Art. 14 und 24 des Vereinsgeseßes auf 14- tägige Gefängnißstrafe und 6 Thlr. GSeldbuße; gegen Bösniller, La Roche, Oberndorfer und Konsorten (Uebertretung des Art, 14 des Vereinsgeseßes) auf 3 "Tage Haft und 6 Thlr. Geld-

buße; ferner beantragte er gegen Ellwanger Ioh. und M., Hops,

Gallenmüller (wegen Vergehens gegen Art. 17 und Art. 24 des Vereinsgeseßes) eine 10tägige Gefängnißstrafe; gegen Rottmannerx und Kons. (wegen Vergehens gegen Art. 17 des Vereinsgeseßes) eine Haftstrafe von 6 Tagen; gegen M. Ernst wegen Ver=- gehens gegen Art. 17 und 24 des Vereinsgesezes eine Gefängniß= strafe von 12 Tagen und 10 Thlr. Geldbuße; gegen Oehme (als Vorstand der ersten Münchener Genossenschaftsbuhdruckerei) wegen Verleßung des Vereinsgeseßes und Unterschlagung eine 5 monatliche Gefängnißstrafe; dagegen beantragte er die Frei- \sprehung des Vorstandes der Maler- und Lakirergewerbschaft von der Uebertretung des Vereinsgeseßes, sowie des Angeklagten Ant. Schmitt von einem Vergehen der Agitation für die \ozial= demokratische Arbeiterpartei; die sämmtlihen Beschuldigten seien in die solidarishe Haftung, soweit es die einzelnen Partei- genossenschaften betrifft, zu verurtheilen, endlih solle die Auf- lôfung der ersten Münchener Buchdruckergenossenshaft ausge- sprochen werden. \

Nürnberg, 7. Juni. Se. Majestät der König von Schweden kam vorgestern Abend auf der Fahrt von Tepliß hier an und fuhr direkt vom Bahnhofe, woselbft sich zur Be- grüßung der {hwedishe Konsul Lang eingefunden hatte, in den „Bayerischen Hof“. Kurz vor Ankunft des Königs war Prinz Nikolaus von Nassau, Schwager des Königs, zu seiner Be= grüßung hier im „Bayerischen Hof“ eingetroffen. Den gestri= gen Tag widmete der König dem Besuche der hiesigen Sehens- würdigkeiten, Abends fuhr Se. Majestät nah dem Bahnhofe, um die verwittwete Fürstin von Wied (eine geborene Prinzessin

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zur Begrüßung des Monarchen hier eingetroffen und ebenfalls im „Bayerischen Hof“ abgestiegen ist.

Sachsen. Dresden, 6. Juni. Sc. Majestät der König fuhr gestern Nachmittags 2 Uhr in Begleitung des Vormittags von Dresden eingetroffenen Kriegs-Ministers, General der Ka- vallerie v. Fabrice, und des General-Lieutenants v. Montbé nah Gohlis und besuhte nah einander die Ortschaften Mötern, Leuß\{ch, Lindenau und Plagwiß, welche sämmtlich in reichem Flaggenshmuck, Ehrenpforten und Blumen- und Laubgewinden prangten. Nach der Rückehr nah Leipzig fand in dem König=- lihen Palais ein größeres Diner statt, zu welchem außer den Staats-Ministern v. Fabrice und Pr. v. Gerber, der Stadt- kommandant General-Lieutenant v. Montbé, der Präsident des Reichs-Ober-Handelsgerihts Dr. Pape, der Rector magnificus Konsistorial-Rath Dr. Baur, General-Major v. Rudorf, Appel- lationsgerihts-Präsident Dr. Pehschke, der Vize-Präsident des Reichs-Dber-Handelsgerihts Dr. Drechsler, die Geheimen Regie- rungs-Räthe v. Wißleben und v. Schönberg, Vize-Bürgermeister Dr. Georgi, Stadtverordnetenvorsteher Justiz-Rath Dr. Tröndlin, der Handelskammer-Präsident Geheime Kommerzien-Rath Beer, Professoren der Universität, höhere Beamte, Offiziere und andere distinguirte Personen der Stadt zugezogen zu werden die Ehre

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, Zu Vervollständigung des lehten Berichts is noch zu er- wähnen, daß beim Empfange Sr. Majestät auf dem Dresdner Bahnhofe in Leipzig auch der Reihs-ODber-H andelsgerihts-Prä- sident, Wirkliher Geheimer Rath Dr. Pape, mit den Vize-Prä- fidenten und mehreren Räthen dieses Hohen Gerichtshofs gegen- wärtig gewesen ist. Den Kreishauptmann von Burgsdorff hat, als er in Wurzen Se. Majestät begleitete, bei der Besichtigung der dafigen Domkirche leider ein Unfall betroffen, indem er beim Ver!assen der Kirhe über einen vorspringenden Stein geftürzt ist und dabei sich mehrere {were Verleßungen zugezogen hat, von denèn die eine, wie \päter dur die ärztlihe ÜUntersuhung ko statirt worden ist, fih als ein leichter Bruch am linken Hand- gelenk herausgefiellt hat. Der “Kreishauptmann von Burgsdorff ist dur diesen Unfall behindert, Sr. Majestät, wie beabsichtigt und bestimmt war, während seines Besuchs in Leipzig und im Regierungsbezirke das Geleit zu geben.

7. Juni. Gestern Vormittags wohnte Se. Majestät der König zunächst der Messe in der katholischen Kirche in Leipzig bei, besihtigte sodann in den Stunden von 10 bis 1 Uhr in Begleitung des Staats - Ministers Dr. von Gerber und des Rector magpnificus Konsistorial-Rath Dr. Baur die Universitäts- Bibliothek, das Münzkabinet, das zoologische Institui, sowie den botanischen Garten, stattete hierauf dem Kreishauptmann von Burgsdorff, sowie dem Stadt-Kommandanten General-Lieutenant von Montbé in deren Wohnungen Besuhe ab, nahm um 11/, Uhr in dem Königlichen Palais das Dejeuner ein und fuhr Nachmittags 21/7 Uhr in Begleitung des Staats-Ministers Dr. von Gerber mittels Extrazugs von dem zum Zweck des Empfanges Sr. Majestät höchst geschmackvoll dekorirten Eilenburger Bahnhof aus nah Taucha. Von dort besuhte Se. Majestät die Ort- haften Portiß, Cleuden, Abtnaundorf, Schönefeld und Neu- \hönefeld.

Abends 9 Uhr fand in dem Königlichen Palais in Leipzig Assemblée, zu welcher zahlreihe Einladungen erlassen worden waren, ftatt, wobei Se. Majestät der König an eine große An- zahl der Anwesenden, namentlih aus dem Kreise der Universität, huldvolle Worte richtete, sowie mehrere ihm persönlih noch nit bekannte Herren durch den Geheimen Regierungs-Rath v. Wiß- leben (als Stellvertreter des Kreishauptmanns), \sih vorstellen ließ, Während der Dauer der Assemblée wurde von den beiden akademischen Gesangvereinen Paulus und Arion, unter deren Leitern Dr. Langer und Müller veranstaltet, ein Gesangständchen unter Fackelbegleitung dargebracht, das der König vom Balfon des Palais anzuhören geruhte. Die Vorstände beider Gesang- vereine hatten sodann die Ehre, von Sr, Majestät empfangen zu werden und den Ausdruck des Allerhöchsten Dankes für die dargebrahte Aufmerksamkeit entgegen zu nehmen. Nach 11 Uhr zog Se. Majestät ih zurück.

Heute Vormittag kurz nach 8 Uhr verließ Se. Majestät der König das Palais und begab sh nah dem Augusteum, um in Begleitung des Staats-Ministers Dr. von Gerber die Vorlesung des Rector magnificus Konsistorial-Rath Dr. Baur über das Syftem der praktishen Theologie anzuhören. Nach deren Beendigung fuhr Se. Majestät nah dem in der Waisen- hausftraße gelegenen neuen Anatomiegebäude, um dasselbe un- ter Führung des Professor Dr. His einer eingehenden Besichti- gung zu unterziehen. Im weiteren Verlauf des Vormittags besuhte Se. Majestät mehrere industrielle Institute und begab fich um 12 Uhr wieder in das Augusteum, um der Vorlesung des Dr. Leuckhart über allgemeine Naturgeschichte der Thiere bei- zuwohnen.

Württemberg. Stuttgart, 6. Juni. Das unter dem 30. v. M. veröffentlihte Gesetz, betreffend die weitere Aus-

bildung des Tele graphennegzes bestimmt in seinem einzigen Artikel zu diesem Zweck in dem Finanzjahr 1875/76 die Summe von 172,000 / aus den für den Bau von Eisenbahnen in

demselben Jahre bewilligten Mitteln. Die gestern ausgegebene Nr. 15 des Regierungs-Blattes enthält eine Königliche Verord-

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nung, betreffend die Veröffentlihung des am 29. Dezember 1873 Baden über Herstellung weiterer abgeschlossenen Staatsver-

Minister, Professor jur. Nellemann Justiz-Minister und Staat revisor Fischer, Kultus-Minister. Sammäiée Offiziere der deutschen Fregatte „Niobe“ sind heute vom König in Audienz empfangen worden.

Amerika. Aus Südamerika liegen der Ms

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, «lus Balparatso wird unterm 16. April beri tet, daß Señor Vicuna Ma Kenna, der Inteudant von Santiago, tes Aa für die Präsidentschaft von Chili haben soll. Mr. Hemy Cood, der in Sngland erzogen wurde, ift zum ileuischen Minifter für auswärtige Angelegenheiten ernannt worden. Der Schiedsrichter zwifchen Chili und Peru über die Liquidation der Ausgaben des alliixten Ge- [chwade:s während des Krieges mit Spanien hat Chili 1,130,000 Dollars zuerkannt, von welcher. Summe indeß die bereits an Peru gezahlten 654,000 Dollars in Abzug zu bringen sind. Es - verbleiben sonach 476,000 Dollars zu Gunsten Chilis,

Nach Berichten aus Callao vom 27. April hat der peruanische Senat mit großer Stimmenmehrheit die Erekutive bevollmächtigt den Guano in sämmtlichen Märkten der Welt nah einem System, das si als das vortheilhafteste für die Interessen der Nation und am geeignetsten für die besonderen Umstände eines jeden Marktes er- weist, sowie den besten Preis für den Artikel erzielt, zu verkaufen.

__ Australien. Ein Kabeltelegramm aus Adel ai de die Bildung eines neuen südaustralischen S inde La Des wie folgt zusammengeseßt ist: Boucaut, Premier ; Morgan Ober- Sekretär; Cotton, Schaßmeister ; Ward, Aerbau-Minister ; Way Attorney-General und Ersfkine, Kommissär für öffentliche Arbeiten.

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(n G Dar 5 aus der Capstadt vom

zwishen Württemberg und Eisenbahnverbindungen trages vom 28, Mai 1875.

__ Schwarzburg - Nudolstadt. Rudol 00.4 Juni Die hierländischen Kassenanweisungen dg und 10 Thlr. sind durch ministerielle Verfügung zur Einlösung aufgerufen. Nach Schluß des laufenden Jahres verlieren dieselben die Eigenschaft eines geseßlichen Zahlungsmittels und vom 1. Ianuar 1876 an sind nur noch die Staatskassen zur Annahme derselben verpflichtet. Der Staats-Minister von Bertrab hat nah vollständiger Wiedergenesung die Leitung der Staatsgeschäfte wieder übernommen.

Oesterrei - Ungarn. Wien, 7. Iuni. (W. T Erzherzog Albrecht hat heute in Begleitung Vis Bert, Hofmeisters Baron Piret und des ¿Glügel-Adjutanten Grafen Wallis seine Reise nah Trouville angetreten. Auf der Hinreise wird der Erzherzog Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser in Ems Ihrer Majestät der Deutschen Kaiserin in Coblenz und Sr. v dan dem Kaiser von Rußland in Jugenheim Besuche ab-

en.

Schweiz. Bern, 7. Juni. (W. T. B.) Der National- rath hat Staempsli aus Bern zum Präsidenten und Frey aus Baselland zum Vize-Präsidenten gewählt. Vom Ständerath

Chaux de Fonds zum Vize-Präsidenten gewählt. Der Bun- desrath hat der Bündesversamuilung Ait éroist daß die Berner Regierung gegen den Beschluß des Bundesraths, durch welchen die Berner Regierung aufgefordert wird, den Aus- weisungsbeschluß gegen die jurassishen Geiftlihßen binnen öwei Monaten zurückzunehmen, den Rekurs angekündigt hat.

Großbritannien und Jrland. LonDon, 5. Iuni. Der Prinz und die Prinzessin Ludwig von Hessen werden am Montag kommender Woche in der Königlichen Yacht „Victoria und Albert“ England verlassen, um via Ant- werpen nach Darmstadt zurückzukehren. Im Bulckinghatin- Palast fand vorgestern der erste Hofball in dieser Saison statt. Der Prinz und die Prinzessin von Wales, der Prinz und die Prinzessin Ludwig von Hessen, der Herzog und die Herzogin von Edinburgh, Prinz und Prinzessin Christian von Schleswig-Holstein, der Herzog von Connaught, der Herzog von Cambridge, die Prinzessin Louise und ihr Gemahl, der Marquis von Lorne, der Fürst und die Fürstin Teck, die Kabinets-Mei- nister, sehr viele Mitglieder des diplomatishen Corps und der hohen Aristokratie nahmen an demselben Theil. Die „London Gazette“ meldet die Kreirung von drei neuen Pairs des Vereinigten Königreiches. Dieselben sind: Der Earl von Home, ein schottisher Pair, der künftighin den Titel eines Baron Douglas führen wird; der Earl von Dalhousie, ein anderer \{ottisher Pair, der seinen Siz im Oberhause als Baron Ramsay einnehmen wird, und der Viscout Grey de Wilton, dessen Pairstitel B aron Grey de Radcliffe in der Pfalzgrafshaft Lancaster sein wird. Leßt- Mae E inshar älteste Sohn des Earls Wilton Und omit nun in Gemeinschaft mit \einem Va Mitgli Sia LGTAT, \ Vater Mitglied des

(U, (W, T. .B) In der heutigen Sigzung des

Unterhauses machte der Denntirto hal [on dis Mun tr. daß er demnächst an den Premier-Minister Disraeli eine Jnter-

pellation darüber zu richten beabsihtige, ob der Minister davon unterrichtet sei, daß eine beträhtlihe Anzahl von Jesuiten im Widerspruh mit dem Geseß in England ansäßig sei und ob die Regierung bereit sei, dieselben zu verfolgen oder welhe Maß- regeln fie gegen dieselben zu ergreifen gedenke.

Frankrei. Paris, 8. Juni. -(W. T. B) Prinz Karl, der jüngste Soha d¿s Grafen von Paris ist plößlich gestorben.

Versailles, 7. Juni, (W. T B) Nationalvers sammlung. Bei der Berathung des Geseßentwurfs über den höheren Unterricht sprah der Deputirte Bischof Dupanloup lebhaft für die Vorlage. Ein Amendement des Deputirten Chesnelong, welches den Diözesen das Recht giebt, entsprehend den Departements und den Kommunen, höhere Unterrichis stätten zu gründen, wurde mit 339 gegen 300 Stimmen genehmigt. Den israelitishen Konsistorien wird dieselbe Befugniß ertheilt. Der Unterrihts-Minister behielt sich Anträge zu diesem Amendement noch vor. Die Berathung der Vorlage foll morgen fortgeseßt werden, Der Deputirte Laboulaye, welcher von der Dreißiger-Kommission zum Berichterstatter über das Gesetz, be- treffend die öffentlihen Gewalten, gewählt is, hat seinen bezüglichen Bericht dem Hause vorgelegt.

Spanien. Madrid, 7. Juni. (W. T. B.) Der Krieg s- Minister Jovellar wird sih heute Abend nach Valencia begeben, um den Oberbefehl über die Armee des Centrums zu übernehmen. Der päpstlihe Nuntius, Simeoni, hat bean- tragt, daß die rückständigen, dem \panishen Klerus gebüh- renden Befoldungs-Emolumente in Münze ausgezahlt werden.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 6. Iuni. Ihre Königlichen Hoheiten der Großfürst Thronfolger und Gemahlin haben sich am 23. Mai/4. Juni um 8 Uhr Abends mit Extrazug der Warschauer Bahn von Zarskoje-Sselo nah Peterhof begeben, von wo aus Ihre Hoheiten mit der Yacht yZarewna“, die auf der Peterhafer Rhede ankerte, eine Tour durch die Scheren Finnlands machen wollten. Heute mit Tagces- anbruch sollte die Yacht die Anker lihten. Ihre Kaiserlichen Hoheiten der Großfürst Nikolai Nikolajewitsch der Aeltere und die Großfürstin Alexandra Petrowna sind mit ihren Kindern, den Großfürsten Nikolai und Peter Nikolajewitsh, am 23. Mai zum Sommeraufenthalt nah Snamenskoje bei Peterhof übergesiedelt. Der deutshe Botschafter am Kaiserlih russishen Hofe, Prinz Heinrih VII, Rouß, hat, wie das „Iournal de St. Peters- bourg“ meldet, einen zehntägigen Urlaub genommen und \ih zur Beerdigung seiner verstorbenen Scwägerin, der Prinzessin Luise von Reuß, nah Deutschland begeben. Der Botschafts- Rath v. Al vensleben, welcher bereits mehrfah als Geschäfts- träger fungirte, hat die Bertretung des Botschafters übernommen, Der peruanische Gesandte, Senator de Lavalle, ist am 20. Mai wieder in St. Petersburg eingetroffen.

Dänemark. Kopenhagen, 7. Juni. (W. T. B,) Das neue Kabinet if, wie „Faedrelandet“' erfährt, bereits gebildet. Es befleht aus nachstehenden Mitgliedern des Landsthings : Gutsbesißer Estrup Minister-Präsident und Finanz-Minister, Graf Moltke-Bregentved, Minister des Aeußern, Kammerherr Skeel, Minister des Innern, der frühere Kriegs-Minister im Ministerium Frijs, General Haffner, Kriegs- und Marine-

11, Mai melden:

m NRegierungsgebäude hat eine Unterredung zwis{e è Gouverneur und dem Commandeur der Truppen A A Off zieren, sowie den Mitgliedern der Deputation stattgefunden, die von den Diamantenfeldern angekommen, um dem Gouverneur die Be- {werden der „dortigen Gemeinde zu unterbreiten und thn zu ersuchen, die _Leitung der Negierungsgeschäfte in den Fel- dern für eine Zeit lang persönlich zu übernehmen. Der Stand der Angelegenheiten wurde ausführlih erörtert, aber ohne besonderen Erfolg, Der Gouverneur erklärte, daß, ch? er irgend welche Versprechungen betreffs seines künftigen Verfahrens ertheilen fönne, die Assoziation aufgelöst werden, jede militärische Organisation ein Ende finden müsse, und die Waffen, welche si einige Mitglieder der Assoziation verschafft, innerhalb eines gewissen Zeitraums an die Regierung ausgeliefert werden müßten. Die Depu- tation versprach den Versu zu machen, diesen Bedingungen Rech- nung zu tragen. Die nah den Diamantenfeldern abgegangene mili- tärishe Expedition besteht aus einem Kapitän, zwei Subalternoffi- zieren, 5 Sergeanten und 100 Gemeinen des 24 Regiments, nebst einem Proviantbeamten „und cinem Arzte. Dieser Streitkraft sollen 29 Artilleristen mit zwei Armstrongkanonen Und weitere 190 Maun des 24. Negiments nebst den erforderlihen Offizieren folgen. Aus Natal wird vom 3. Mai gemeldet, daß der projektirte neue Rath für Natal aus 30 Mitgliedern, von denen das Volk und die Regierung je die Hälfte wählt, bestehen wird.

Nationaldankk.

Bekanntmachung.

Ll Nah den Bestimmungen der unterm 6. November 1854 Höchstbestätigten Stiftungs-Urkunde über die zur fortdauernden Erinnerung an die Feier der silbernen Hochzeit Igrer Kaiserlichen und Königlichen Majestäten am 11. Juni 1854 gegründete Berliner Spezial-IJubelfest-Stiftung werden in diesem Jahre, wie igt "die Zinsen des Grund- Kapitals der mittags 11 Uhr, ti der evanQeN 11, Juni, Bor- an die von dem unterzeihneten Ver-

Invalidenhauses 1 waltungsrathe dazu ausgewählten Veteranen nach voran-

gegangener kirchliher Feier vertheilt werden.

Indem wir solches zur öffentlihen Kenntniß bringen, laden wir zugleih alle Wohlthäter und Gönner der gedachten Spezial- Stiftung, wie auch der Nationaldank-Stiftung zur Theilnahme an diesem Akte der National-Dankbarkeit für unsere hülfsbedürf- tigen alten Krieger hiermit ganz ergebenst ein.

Invalidenhaus Berlin, den 24. Mai 1875.

Der Verwaltungsrath der Berliner Spezial-Jubelfest-Stiftung. von Maliszewski, Glaue,. Hemptenmacher.

Landtags3- Angelegenheiten.

Berlin, 8. Juni. In der gesirigen Sißung des Hauses der Abgeordneten nahm der Minister des Innern Graf zu Eulenburg in der Diskussion über die Provinzial- ordnung, nahdem der Abg. Richter seine Rede mit den Worten geschlossen hatte: „Ih knüpfe zum Schluß an die Worte des Ministers des Innern bei der ersten Berathung an: wir müssen diese Provinzialordnung ablehnen, wir würden durch ihre An- nahme einen politishen Fehler begehen!“ das Wort: j

Ich muß doch bemerken, ih Habe gesagt, Sie müssen die Provinzialordnung annehmen, Jch habe nicht von diefer Provinzial ordnung gesprochen. Auf Seite 1314 des stenographischen Berichts heißt es: :

6 Ich glaube, meine Herren, Sie müßten die Pcovinzialordnung annehmen, d. h. in dem Siune: Sie dürfen keinen politischen Fehler machen.

Meine Herren! Jch habe aus den ganzen Verhandlungen des Abgeordnetenhauses und Herrenhauses eninommen, daß wir zu einem Einverständniß über das Geseß kommen werden. Sie bezeichnen ein solches Einverständniß fortwährend mit dem Worte „Kompromiß“ und hängen diesem Worte und diesem Begriff einen unängènehmen Beigeschmack an. ; v

Allein so weit sind wir doch noch gar nicht. Bisher ist zwischen der Regierung und dem Abgeordnetenhause und im Herrenhause ver- handelt worden. - Jett kommt der Geseßeutwurf aus diesem mit Abänderungen zurück. Die Zeit ift so kurz, daß wir wahrscheinlich dazu kommen werden, das fernere Hin- und Hergehen zwischen den Häusern uicht lauge mit ansehen zu können, es wird nichts übrig bleiben, als einen Kompromiß zu {lian i

Das ist wahr, aber dieser Kompromiß wird fich auf wenige Punkte beziehen können, und wird der Schluß fein, mit der fast jede Geseßesberathung endet, Ein Kompromiß wird jedesmal stattfinden müssen, wenn eine Gesetßesvorlage mit Abänderungen von cinem H use zum anderen gekommen ist. Ein Haus muß dann von seiner Ansicht zurückommen, sonst kommt das Geseß niht zu Stande, das nennt man ein Kompromiß,

Meine Haren! Wer Z-uge der Verhandlungen des Herren- hauses gewesen ist, wird sich dem angenehmen Eindruck nicht haben entziehen können, den es macht, daß eine Körperschaft, welche vor wenigen Jahren dem Gedanken, welcher der neuen Organisation zum Grunde liegt, widerstrebte, nunmchr ein Geseß, nahdem es zum Geseß geworden war, nit nur voll zu accepliren, und ihrer staats- bürgerlichen Pflicht gemäß zu befolgen bereit ist, sondern, daß fie si auch überzeugt hat, daß in dem Gesehe keine große Gefahr für das Land liegt und daß die Gesichtspunkte, von denen damals die Regie- rung und das Abgeordnetenhaus ausgingen, si in der Praxis be- währt haben und hoffentlich auch ferner bewähren werden,

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Dies war cine Haltung des B avied die ih k in di i 4 } des Hauses, aum in dief- Umfange erwartete und die zur Prüfung os neuen A natürlich den ersprießliften Besorgniß ,

Beitrag lieferte, Die welche die Regierun b t ) O L g haben fonnte, daß das agen m in

ä I Wahlsystem Aenderü [ ix daß es cine Menge Rene Ie Von äpisen Dee sammenseßungen und Vildungen mit in die-Provinzialordnun hi1 über nehmen würde alle diese Besorgniß ist ungegründet. D 8 ¡M L Val sich in dieser Beziehung auf den Standpunkt N Aa bten be Tp das Abgeordnetenhaus eingenommen haben. Die

iten Uber die Besteuerung des Kommunalverbandes haben einen anderen Ausdruck gefunden, als erwartet wurde. Jm Resultate kommt er, wie schon dort nachgewiesen, ungefähr auf dasselbe RESE Su der Theorie, glaube ih, haben Regierung und Abgeordnetenhaus Recht if du cin S A 2E bleiben müssen. Worauf sich alles zuipißt

iger Punkt und ¿1 i er ° i / Selbstverwaltung und iten Deo ata S O nal)me an dez Staatsgeschäften, soweit sie den Or "S ; verwaltung zufallen soll. Jn dieser Beziehung ire n der Selbst- daß die Verhintlungen im Herrenhause von gan aufen Von gen, Nußen für die Beurtheilung des ganzen Feldes wel N Sie u ie bauen haben, gewesen sind: Sachlich und klar waren die Auséinand N seßung{n, welche die Kommisston des Herrenhauses in ihrem S fi pslog und in ihrem Berichte niederlegte, interessant und carakterifti j war dasjenige, was die hervorragenden Bürgermeister der Städte s ihrem Gesichtêpunkte aus über die ueu zu schaffenden Organe sa ten, W S nichts weiter damit gewonnen ift , jo hat wenigftens eine viel artiide Klarlegung des Bedürfnisses und eine genauere Prüfung der Form die dem Geseß gegeben werden muß, um die Srfüll j “fn iren rürem Toft Wmm Ta tgesunden. Unter feiner Bedingung konnte ih damals mit irgend wel{er Schärfe mi von vornherein ablehnend gegen die gestellten Anträge verhalten. Es wäre das weder mein Ret gewesen, noch hätte es: mein Pflicht entjuroGen, Das Haus hat in voller Freiheit seiner Berathung fich zu Gntschlüssen bestimmt gefunden, welche unter Umftänden einer Ab- anderung werden unterliegen müssen, wenn das Geseßz Stand fommen soll, die aber an si vernünftig sind Me E n ; allen innerhalb der Linien bewegten, von. welchen. der et Aba Haenel sagt: „Die Linien, welche die Kreisordnun v t Nun ift, glaube i, der Hauptunterschied zwischen der Ansicht, vel j die Majorität des Herrenhaujes gehabt hat und barienia “0A L die Majorität dieses Hauses ist, daß sich unter derjenigen Abthei! As des Provinzialausscusses, welche künftig mit den Staatá 4g heiten betraut werden soll, die Majorität des Hertenbausts a Be: bilde denkt, welches so aussicht wie cine Regierung mit Laien während das Abgeordnetenhaus und die Regierung sich darunte cine wirkliche Abtheilung des Ausschusses denkt, präsidirt und unterstüßt von Staatsbeamten, um ihr einen staatlichen Charakter zu geben. Ich habe diese Ansicht bereits im Herrenhause ausgesprochen, und man hat nit widersprochen, weil . ih glaube, das ist wirklick der Kern: und Angelpunkt der Meinungéverschiedenheit. Wer nun aus dem Provinzial- oder Bezirksrath eine Regierung machen will, dec hat natüclih das Interesse dabei, au die Form desselben danach E ne struiren, das wirklihe Beamtenelement stärker zu machen “Pari Kater element mehr die berathende Stellung zu geben, während die entgegen eseßt Ansicht daran festhält, in der Abtheilung des Ausschusses ne Mes Körperschaft zu sehen, unterstüßt dur ein Regierungsmitglied und präsidirt und dirigirt von einem Staatsbeamten. Die NRNegicrung hält das Lektere in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause sür das Richtige. Für die Generaldiskussion wird es genug fei diesen Gesichtépunkt im Allgemeinen hervorzuheben, wie die Eoitin, lirung_der einzelnen Paragraphen stattfinden wird, darüber wird die Spezialdisfussion entscheiden; halten Sie “ur den Ge- sihtspunkt fest, daß das zu meiner großen Beruhiguna von Hrn. Lasker sehr scharf herausgestellte Priu N ee nbe Jen Trennung der Handlungen imcu Gri bef cvetheiten von

) Ali, FrIeE E e T, Rue E _Selbliperp{e sie im ersten Anfang beretis „und präziser Haenel gewünscht Hat, wie das Herrenhaus fie hinterher zum Augs- das? egt hat, und die wir iebt im Stande sein können, v1 Zus geben Sie ihr durch Annahme dec Miquelshen “utlle#4, Ft, U druck, so ist die Regierung im Stande, mit aller Wärme im Herren- haufe für diese Amendements einzutreten. Was mi beruhigt, ift der außerordentliche sachliche Ton, der in der Generaldebatte bis jeßt geherrscht hat und uns hoffentlih noch ferner begleiten wird. Die Auseinandersezung des leßten Herrn Vorredners war in einzelnen Theilen geistreich, namentlich so weit, als erx zu beweisen suchte, daß die Provinzialordnung ein viel zu kon- servatives Ding wird, wozu er und seine Gesinnungsgenossen einmal ihre Zustimmung geben werden. Jch bin natürlich ganz anderer Ansicht und ih hoffe, die Majorität des Hauses auch. Nur gegen das Ende der Rede 1} mir der Herr Redner nicht mehr klar gewesen, Was war denn nun eigentlich der Zielpunkt? Mir kam es im Anfang so vor, als hielte er cs für das Zweckmäßigste, die Pro- vinzialordnung jeßt ganz zu verwerfen. Das wäre also noch einen Schritt weiter gegangen, als wie diejenigen Herren im Herrenhause beabsichtigten, welche den Wegfall des 5. Abschnitts verlangten, aber freilich mit der Provinzialordnung im Ganzen nicht brechen wollten. Diese Ueberzeugung, daß wir die Provinzialordnung brauchen und mit dem fünften Abschnitt brauchen, ist wohl nah gerade hier in der Majorität fo fest begründet, daß ich besondere Wocte der Unterstüßung hinzuzufügen niht brauche. Nur das möchte ih dem Hrn. Abg. Richter gegen- über bemerken, er sagte, wir möchten die Provinzialordnung jeßt bei Seite lassen, wir kriegen sie über kurz oder laug, eine treibende Kraft sitzt dahinter. Jch weiß nicht recht, wie er sih das denkt, mit der treibenden Kraft. Wenn ih ein nahe liegendes Bild machen will, fo denke ih an die treibende Kraft einer Flashe Champagner. Hat man den Draht abgebrochen das war die Kreisordnung und man schenkt den Wein nit ein, dann wird der Pfropfen ge- trieben, aber der' Wein läuft aus. IJIcch glaube, daß man nicht auf die treibende Kraft der Verhältnisse sich allein verlassen, foudern daß diese Kraft zur rihtigen Zeit verwendet werden muß, und diese Verwendung ist gerade jeßt eine absolut nothwendige. Sie liegt jeßt in der allgemeinen politischen Lage, in den Bedürfnissen nach einer durhgreifenden Ordnung der Geseßgebung auf fast allen Gebieten der Legislation, sie liegt in dem dringendsten und wärmsten Bedürfnissen des Staatslebens. Das glauben Sie nimmermehr, daß dadur, daß cin Geseß zwischen Herrenhaus und Abgeordnetenhaus hin und her geshoben wird, und endlich ein Verständniß über Punkte, die bisher streitig waren, herbeigeführt würde, das eine oder das an- dere Haus den Vorwurf der Shwäche auf sich laden könnte, oder wohl gar, wie man hier gesagt hat, daß es zu einer Ueberschäßung der Kräfte eines Hauses führen muß. Jh würde mich außer- ordentlih freuen, wenn dieser Zeitpunkt des voraussichtlichen Zustandekommens fo großartiger und durchschlagender Geseße wie diefer, zugleih d r Anfangspuunkt wäre zu einer willigeren Stellung der bei- den Häuser gegeneinander. Jch glaube, daß gerade der Moment dazu geeignet wäre, niht nur eine Stimmung, die persönlich und sgch- lih von dem äußersten Werthe für die staatlihe Fortbildung ift, zu nähren und groß zu ziehen, sondern au, daß er in deu Augen des ganzen Staates und der Bevölkerung durch ein solhes Vorgehen beide Häuser an Achtung vor ihrem Verständniß und ihrem Patriotismus gewinnen würden.

Ueber die Anträge des Abg. Miquel zu Abschnitt V. der Provinzialordnung (Provinzial- und Bezirks-Räthe) erklärte der Minister des Innern, Graf zu Eulenburg, nah dem Abg. Grafen Bethusy-Huc: / ; '

Meine Herren! Als die Anträge Miquel gedruckt vorlagen, ift das Staats-Ministerium zusammengetreten, um sich darüber \{lüssig

zu machen. ¿ L j S Wi j b, a Wir sind im Ganzen mit den Anträgen einverstanden und find

nur zwei Punkte, welche wir beschlossen haben zu. monireu, Jn Aus-

| führung dieses Beschlusses ergreife ich das Wort.

L DES Fd. e S |