1875 / 144 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Jun 1875 18:00:01 GMT) scan diff

büchsen 2c. hermetish vershlossene Fleish zu Nr. 2 p. 1. ge dre ; dagegen soll nah der Anmerkung a. a. O. das nur ge- ochte, geräucherte oder eingesalzene (eingepökelte) Fleish auch dann von dem niederen Zollsaße nit ausgeschlossen sein, wenn dasselbe in Blechbüchsen 2c. hermetish verschlossen eingeht. Die Königlich preußische Regierung hat zur Sprache gebracht, daß neuerdings wiederholt F leischkonserven (Rind- oder Känguruh- fleisch), hauptsählih aus Süd-Amerika und Australien her- rührend, zur Einfuhr gelangt L daß jedoch der weiteren Ver- breitung dieses nüglihen Nahrungsmittels, welhes nicht dem Luxus diene, sondern einen Ersaß für das theurere frische Fleish zu gewähren geeignet sei und in England bereits sehr ausgedehnte Verwendung finde, der nah den oben erwähnten Bestimmungen zu erhebende Zollsaß entgegenstehe. Ein großer Theil dieser Konserven, namentli die aus kleineren Stücken bestehenden, seien nämlich, zur besserèn Erhaltung, außer mit Salz auch mit Pfeffer gewürzt ; es müsse deshalb der Zollsay von 15 /6 zur Anwendung kom- men, welcher außer Verhältniß stehe zu dem Preise der Waare. Eine Erleichterung des Bezuges dieser Fleishkonserven werde sih umsomehr empfehlen, als Deutschland einen Theil seines Fleisch- bedarfs aus dem Auslande zu beziehen genöthigt ist. In den Jahren 1872, 1873 und 1874 find nämli an zubereitetem Fleisch (Nr. 25 g. 1 des Tarifs) eingeführt: resp. 474,825 Ctr., 732,456 Ctr., 317,634 Ctr. ; ausgeführt dagegen: resp. 73405 Cie, 65,02 Cir... .64,116.. Ctr. Zu. diesem Zweke dürfte alles zubereitete Fleish ohne Unterschied, auh in Blechbüchsen hermetish verschlossen, der Nr. 25 g. 1 des Tarifs, mithin dem Zollsaße von 1 / 50 „Z zuzu- weisen sein, wie es bezüglih des Fleischextraktes nah S. 73 des amtlihen Waarenverzeichnisses bereits geschehen ist. Es würde hiermit zugleich die Abfertigung erheblih erleichtert werden, da es jeßt einer Untersuchung bedarf, ob das in Blehbüchsen ein- gehende Fleish blos gekoht, geräuchert oder eingefalzen ift, oder ob es auch einen Zusaß von Gewürz erhalten hat.

Der Reichskanzler hat demgemäß bei dem Bundes- rath beantragt, zu beschließen, dem amtlihen Waarenverzeihniß unter dem Artikel „Fleish“ folgende Fassung zu geben: Fleisch, eingesalzenes, geräuchertes, gekohtes oder sonst zubereitetes, au in Blechbüchsen u. \. w. hermetish verschlossen, Schinken, Speck, Würste 25. g. 1. Fleish, ausgeschlahtetes, frisches, auch in Blechbüchsen u. \. w. hermetish verschlossen, großes Wild (er- legtes) 25. g. 2 (frei), (S. auch Geflügel und die Anmerkung zu Vieh), und den dritten Absatz des Artikels und die Anmer- fung zu streichen.

Die Reichstags-Kommissionzur Vorberathung der Entwürfe eines Gerichtsverfassungs-Gesetzes, einer Strafprozeß-Ordnung und einer Civilprozeß- Ordnung nebst Einführungsgeseßen fuhr in ihrer Sißzung vom 21. Juni zunächst in der Berathung über die F: 96—99 der Strafprozeß-Ordnung (die Durchsuhung betressend) fort. Zu 8. 96, welcher davon handelt, welchen - Personen die Befugniß zur Durchsuchung zusteht, lagen eine Reihe von Anträgen vor, welche bezweckten, in denjenigen Fällen, in welchen die Durch- suchung der Wohnung, der Geshäftsräume oder des befriedeten Besißthums ohne Beisein des Richters stattfindet, in höherem Maße \chühßende Formen zu gewähren, als der Entwurf. Schließlih wurden zwei Anträge der Abgg. Becker und Mar- quardsen angenommen, dahin gehend, die Vorschrift des Ent- wurfs, daß eine im Beisein eines Beamten der Staatsanwalt- \Haft stattfindende Durhsuhung ebenso zu behandeln sei, wie eine im Beisein des Richters stattfindende, zu streihen, und ferner die Zuziehung eines Gemeindebeamten oder zweier Mit- glieder der Gemeinde für unbedingt, und nicht blos nah dem Vorschlage des Entwurfs, „wenn dies mög- lih“, nothwendig zu erklären, sowie ein Antrag des Abg. Siruckmann, daß die zuzuziehenden Gemeinde- mitglieder keine Polizei- oder Sicherheitsbeamte sein dürfen. Außerdem fand ein Antrag des Abg. Dr. Gneist Annahme, daß die im §. 96 vorgesehenen beshränkenden Formen keine Anwen- dung finden sollen auf Wohnungen von Personen, welche unter Polizeiaufsiht stehen, sowie auf Räume, welhe zur Nachtzeit Jedermann zugänglich, oder der Polizei als Herbergen bestrafter Personen u. \. w. bekannt sind. Dagegen wurde ein weiter- gehender Antrag des Abg. Hauck abgelehnt, der u. A. die Be- stimmung enthielt, daß der Richter die von ihm angeordneten Duchsuchungen auch s\elb| leiten solle, und daß nur höhere Po- lizei: und Sicherheitsbeamte eine Durchsuhung vornehmen dürfen. §, 97 wurde mit einem Zusaßantrage des Abg. Bähr gutgeheißen, wonach dem Inhaber der zu durhsuhenden Räume, insofern derselbe niht \elb| als Thäter oder Theilnehmer einer ftrafbaren Handlung oder als Begünstiger oder Hehler ver- dächtig ist, der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn be- kannt zu machen, \o wie mit dem ferneren Zusaßzantrage des Abg. v. Forcade, daß Jedem, bei welhem Haussuchung gehalten, nachträglich der betreffende Beshluß mitzutheilen \ci. Auch wurde beschlossen, daß, wenn der Inhaber der zu durchsuhenden Räume abwesend sei, unbedingt nicht blos, wie der Ent- wurf vorschlägt, „wenn dies möglih“ sein Vertreter, ein er- wachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zugezogen werden solle. §. 98 fand, obwohl er von verschiedenen Seiten als entbehrlich, selbs als bedenklih bezeihnet wurde, die Zustimmung der Mehrheit. Bei §8. 99 entstand über die Frage, ob eine Durchsicht der Papiere des von der Durchsuhung Betroffenen nur dem Richter oder auch der Staatsanwaltschaft zustehen solle, eine lebhafte Debatte; die Kommission entschied \fich im ersteren Sinne, indem fie davon ausging, daß dieser Fall mit der Be- \{lagnahme eines Briefes auf der Poft auf gleicher Stufe stehe. Auch wurde auf Antrag des Abg. Dr. Grimm beschlo}sen, daß bei Uebertretungen eine Durchsuchung der Papiere überhaupt nicht ftattfinde. §. 100 fand unveränderte Annahme. Eine lebhafte Erörterung entspann fich \{ließlich über einen von dem Abg. v. Forcade beantragten §. 100 a.,, wonah Jeder, bei wel- chem ohne richterliche Anordnung durch die Polizeibehörde eine Haussuchung statigefunden hat, das Recht haben solle, eine rihterlihe Entscheidung darüber zu verlangen, ob nach Lage der Sache zur Zeit der Haussuhung hinreihender Verdacht zur Vornahme derselben vorgelegen habe. Der Antrag wurde jedoch vor der Abstimmung zurückgezogen.

Der Allerhöhste Erlaß vom 11. Februar d. I.,, nah welchem der Feldzug des Iahres 1866 denjenigen in den Civil- dder Militärdienst des Reiches eingetretenen Offizieren, Beamten und Mannschaften, welche bei Truppen der in jenem Jahre im Kriege befindlih gewesenen deutschen Staaten gestanden haben, als Kriegsjahr anzurechnen ist, sofern dieselben an einem Gefecht Theil genommen oder behufs Ausführung von Ope- rationen zu friegerishen Zwecken die Grenzen ihrer damaligen Heimathländer verlassen haben, is nah einem Cirkularreskript des Finanz-Ministers und des Ministers des Innern vom 17.

v. M. ohne Weiteres au für die Pensionirung preußi- \her Staatsbeamten maßgebend.

Der Kaiserlih rufsishe General - Adjutant Graf Lewaschoff, der Kaiserlihe Oberst Prinz Ferdinand zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg und der Kaiserlihe Flügel- Adjutant Fürst Nicolai Dolgorou i sind aus St. Petersburg resp. Wien hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen.

Der Kreisthierarzt Kotelmann zu Rybnik ift aus dem Kreise Rybnik in den Kreis Mohrungen verseßt worden.

In Brandenburg a. d. H. war gestern der branden- burgische Städtetag zusammengetreten, Ueber denselben ift uns folgender Bericht zugegangen: i |

Brandenburg a. H., 21, Juni. Der dritte Brandenburgische Städtetag trat heute Vormittag unter dem Vorsiß_ des hiesigen Ober- Bürgermeisters Reus ch er zu seiner diesjährigen Sißung in der Aula der Bürgerschule zusammen, die zu diesem Behufe mit Laubgewinden, Orangerien, dem lebensgroßen Bilde Königs Friedrih Wilhelm Il. und der lorbeergekrönten Büste Steins festlich dekorirt war. Vertre- ten waren von den 55 zum Bunde gehörigen Städten der Mark 34 mit 56 Stimmen; 81 Städte der Provinz stechen noch immer außer- halb des Bundes. Nachdem die Versammlung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König eröffnet worden, erstattete der Vorsißende Beritht über die Thätigkeit des Vorstandes seit der vorjährigen Sißung in Landsberg a. W. Wir erwähnen aus dem- selben, daß sich der Vorstand der Agitation des Ober-Bürgermeisters Selke von Königsberg i. Pr. für die Organisation eines allgemeinen preußischen Städtetages angeschlossen hat. Für das laufende Jahr ift für die Städtekasse, deren Bestand augenblicklih sich auf 304 4 62 beziffert, ein neuer Beitrag ausgeschrieben worden, der für die ein- zelnen Städte, je nah der Seclenzahl, zwischen 2 und 41 4 yvariirt. Auf der Tagesordnung stand zunähst das Referat des Syndikus Dullo- Brandenburg über die Bildung von Pensions- und Unterstüßungskalssen für die Hinterbliebenen der Gemeindebeamten. Der Referent bezeichnete es als eine unab- weisbare Pflicht der kommunalen Selbstverwaltung, die Beamten pekuniär so zu stellen, daß sie keine Bettler zu hinterlassen brauchen, worin die Pflicht der Kommune mit einbegriffen sei, für die Hinter- bliebenen des Beamten, wenn au unter Heranziehung des Ernährers bei Lebzeiten, zu sorgen. Zu diejem Behufe {lug Hr. Dullo vor, keinen Beamten anzustellen, der niht bei irgend einer Lebensversicherungsgesellshaft verfichert ist, und zwar mit einem entsprechenden Kapitale, da die versicherte Rente wohl die Wittwe vor Hunger \hüße, aber keineswegs für die gehörige Aus- bildung der Kinder bemessen sei. Durch die Kapitalversiherung werde ferner der Besiß in das Berufsbeamtenthum hineingetragen und so dasselbe in sittlicher und wirths{aftliher Beziehung gehoben. Zum Beweise dieser seiner Behauptung verwies der Referent auf die gün- stige Wirkung der zwishen der Gothaer Lebensversicherungs-Gesell- chäft und den Kommunen Königsberg i./Pr., Duisburg, Halle, Hers- feld, Lauban, Liegniß, Nordhausen, Offenbach, Sagan, Worms, den Regierungen von Potsdam, Erfurt und Merseburg, dem General-Bank- Direktorium und dem General-Postamte abgeschlossenen Verträge hin, wo- nach die betreffenden Verwaltungen eine bestimmte fortlaufende Prämie an die Gesellschaft zahlen und diese den zu versihernden Beamten ganz bedeutende Vortheile gewährt. Zum Schluß beantragte der Referent die Annahme nachstehender Resolution: „Der brandenbur- gische Städtetag empfiehlt jeder Stadt den Abschluß eines ähnlichen Vertrages, wie ihn der Magistrat zu Königsberg i. Pr. am 5. August 1868 mit der Lebensversicherungsgesellschaft in Gotha abgeschlossen hat.“ Seine Ausführungen fanden nur den Beifall des kleineren Theiles der Versammlung, Der Korreferent Bürgermeister Ger- hardt- Frankfurt verlangte die höchst nothwendige Regelung der An- gelegenheit nicht auf dem Wege der kommunalen Selbstverwaltung, sondern der Geseugebung, und bedhtunate die Annahme folgender Re- solutionen : „1) Dem dringenden Bedürfniß zur Fürsorge für die Hin- terbliebenen des Staatsbeamten * fann ih dur{greifender Weise! nur dann abgeholfen werden, wenn geseßlich die-Pflicht der Städte fest- gestellt wird, für die Hinterbliebenen ihrer Beamten zu sorgen. 2) BVe- qun Bildung, bez. Unterhaltunz von Fonds sind die Gemeinden für

erehtigt zu erklären, von ihren sämmtlichen Beamten entsprechende Beiträge zu erheben. 3) Der Vorstand des Städtetages wird beauf- tragt, dazu die geseßlihe Regelung bei der Staatsregierung zu bean- tragen. 4) Der Vorstand wird beauftragt, dem nächsten Städtetage eingehende Vorshläge zu machen für eine Einigung der märkischen Städte zur Organisation“ dieser Fonds,“ Nach dexr Diskussion gelangten die Resolutionen des Hrn. Gerhardt, unter Ablehnung des Antrags D ullo, zuc Annahme. Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildete das Referat des Vürgermeisters Nitschke - Templin über das Besteuerungsrecht der Ge- meinden. Redner bezeichnete den jeßigen Modus, wonach in allen Städten dieselben Steuerstufen im Anschluß an die Staatssteuern beizubehalten sind, als einen unbilligen, da beispielsweise die Steuer- skalen, welhe für Côln ganz vorzüglich find, auf Templin keine An- wendung finden könnten. Man müsse eben einen Unterschied zwischen großen und kleinen, reihen und armen Kommunen machen. Bürger- meister Gardemin - Spandau erörterte an den Verhältnissen seiner Stadt die Nothwendigkeit einer Reform. Ec beantragte, den Vorstand aufzufordern, do lege ferenda eine Petition an den Landtag zu richten, nach welcher in dem bald zu erwartenden neuen Kommunalbesteuerung8gescße die alten bewährten Grundsätze der Städteordnung mit einigen zeitgemäßen Abänderungen beibehalten werden. Bürgermeister Dr. Richter -Schwedt beantragte demgegenüber: Der Städtetag wolle gegen die Einführung des Normalsteuertarifs agitiren. Her Syndikus Dullo- Brandenburg f plaidirte für die Aufhebung aller Kommunalsteuer-Privilegien für Geistliche, Lehrer, Militäc und Beamte, und empfahl die Besteuerung im Anschluß an die gezahlten Miethen, wie dies in England {on lange der Fall sei, Eine vom Stadtverordneten- Vorsteher David - Templin vorgeschlagene Resolution, welche jede Gemeinde berechtigen soll, ihre Regulative zur Steuerveranlagung elbst festzustellen, fand niht die Zustimmung der Versammlung. Endlich beschloß die Versammlung, die Frage der Kommunalbesteue- rung auf die Tagesordnung des nä&sten Städtetages zu seßen und für den Fall, daß eine neue Städteordnung inzwischen dem Landta ge vorgclegt werden solle, eine außerordentliche Sißung des Städtetages einzuberufen, Als Siß des nächsten Städtetages wurde Guben erwählt und in den Vorstand deputint die Herren Fritsche- Guben, Reuscher-Brandenburg, Gerhardt- Frankfurt, Meydam- Lands- berg a. W. und Mildbrädt-Prenzlau.

Hannover, 21. JIuni. Se. Königliche Hoheit der Prinz Auguft von Württemberg ift vorgestern Nachmittag 4 Uhr nah Coblenz abgereist.

Sangerhausen, 19. Juni. Der 18. Juni, Gedenk- tag der Siege von Fehrbellin und Belle Alliance, ist von den im Kreise Sangerhausen noch lebenden Veteranen aus den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 in der Kreis- stadt Sangerhausen festlich begangen worden. Schon beim An- bruch des Tages ertönten die Weckrufe des Sangerhauser Alt- kriegervereins zur Reveille, und als ein weithin sihtbares Zeichen wehten von den Thürmen der Stadt, vom Rathhause und anderen öffentlihen Gebäuden Fahnen und Flaggen in den Landesfarben. Um die Miitagsftunde trafen von allen Seiten, auch aus weit entlegenen Ortschaften, die eingeladenen Veteranen auf dem neuen Markt, dem Sammelplaÿ, ein, und fand unter ihnen eine gegenseitige kameradschaftlihe Begrüßung statt. Schlag 12 Uhr lud feierlihes Glockengeläute zum Gottesdienst in der St. JIacobi-Kirhe ein. In die mit Maien geschmüdckte

Kirche gaben der Kreis-Landrath und Kreis-Kommissarius des

- Wildbad begeben,

Nationaldanks für Veteranen, von Dötinhem de Rande, der Bürger- meister der Stadt Sangerhausen Gottloeber, der alte und junge Kriegerverein in Verbindung mit der Schüßencompagnie den Veteranen das Geleit. Die vom Superintendentur - Vicar Kramphardt gehaltene Festpredigt hob die Verdienste, welche sih die Veteranen in den Jahren 1813 bis 1815 um das Bater- land erworben, hervor und wies auf den 18. Juni als einen wegen - der Siege von Fehrbellin und Belle Alliance für Preußen hochbedeutsamen Tag hin. Dem Gottesdienst \chloß fich eine mit militärischen Ehrenbezeugungen verbundene Parade auf dem alten Marît und eine Bewillkfommnung der Veteranen durch den Kreis-Landrath an. Unter den Klängen der Musik und Abfeuern von Böllerschüssen wurden demnächst die Veteranen zum Festmahl nah dem Schügßenhause und in dessen mit den Büsten des Kaisers, des Kronprinzen und kriegerischen Emblemen geschmückten Saal geleitet. Die gehobene patriotische Stimmung fand in verschiedenen Toasten ihren Ausdru, und ward insbesondere Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Sr. Kaiserlihen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen stellvertretenden Protektors des National-Danks für Veteranen, dex Veteranen aus den Befreiungskriegen, des Reichskanzlers Fürsten von Bismark, der Heerführer und des Heeres in be- geisterungsvollen Hochs gedaht. Die Feierlichkeit, vom besten Wetter begünstigt, erhielt ihren Abshluß durch ein vom Alts kriegerverein im Garten des Schüßenhauses veranstaltetes Kon- zert. Von den durhweg im höchsten Lebensalter stehenden 47 noch im Kreise Sangerhausen lebenden Veteranen haben sich 28 und darunter die meisten in voller Rüstigkeit an der Feier per- \sönlih betheiligen können.

Münster, 22. Juni. (W. T. B.) Wie die „Westfälische Provinzialzeitung“ meldet, haben gestern in Rheine anläßlich ultramontaner Demonstrationen Exzesse stattgefunden, bei denen Bürgermeister Sprickmann, als er den Gesezen Achtung ver- \haffen wollte, durch 5 Messerstihe hwer verwundet wurde.

Bayern. München, 20. Juni. Der Minister des Königlichen Hauses“ und des Aeußern v. Pfreyschner hat heute einen dreiwöchentlihen Urlaub angetreten und sih mit dem heutigen Morgenschnellzuge zum Kurgebrauhe vorläufig nah Staatsrath Dr. v. Daxenberger hat die Leitung des genannten Minifteriums bereits übernommen. Dem nächsten Landtage wird, dem „Corr. v. u. f. D.“ zufolge, auch ein Gesezentwurf über eine von Altdorf nach Feucht zu erbauende Vizinalbahn in Vorlage gebraht werden. Ebenso steht die Erbauung einer \solhen Bahn von Burglengenfeld zur Marhütte nächst Haidhof in Aussicht.

Sachsen. Dresden, 21. Iuni. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Therese von Bayern is gestern Nachmittag 6 Uhr 10 Minuten nah Leipzig abgereist. Eine Verordnung vom 12. Juni bestimmt zur Ausführung der Anordnung in §. 2 des Reichsgeseßes vom 30. April 1874, die Ausgabe von Reichskassenscheinen betreffend, daß sämmtliche noh im Umlaufe befindlihe Kassenbillets der Kreation vom Jahre 1867 in der Zeit von jeßt ab bis zu Ende dieses Jahres bei der Finanzhauptkasse in Dresden oder bei der Lotterie-Darlehnskasse zu Leipzig zur Einlösung zu bringen find, nahdem bereits ein Theil der auf Grund des Geseßes vom 2. März 1867 nah Höôße von 12 Millionen Thaler = 36 Millionen # ausgegebenen König- lih sähsishen Kassenbillets durch Innebehaltung bei einigen größeren Kassenstellen aus dem Verkehre zurückgezogen und ver- nihtet worden ist. Die gedahten Kassenbillets können jedoh bis Ende dieses Jahres nach wie vor zu Zahlungen an alle Staatskassen verwendet werden.

Württemberg. Stuttgart, 19. Juni. Se. Majestät der König hat fich heute Vormittag um 7 Uhr mittelst Extrazugs nach Ulm begeben, um eine Musterung der dort befindlichen Truppen abzuhalten. Im Gefolge Sr. Majestät befinden \ich der Oberststallmeister Graf v. Taubenheim, der kommandirende General des Königlichen Armee - Corps, General der Infanterie v. Schwarßtkoppen , der General-Adjutant General-Lieutenant Frhr. v. Spigzemberg, der Chef des Königlichen Kabinets Staats- rath v. Gärttner und die Königlichen Flügel - Adjutanten Major v. Baldinger, Rittmeister v. Sik und Hauptmann v. Schott, sowie als Gäfte Geheimer Rath Graf v. Leutrum und Hof- jägermeister Graf v. Uexküll. Von Ulm wird Se. Majestät fich heute Mittag zu längerem Aufenthalt nah Friedrichshafen begeben, wohin der König von dem General-Adjutanten Freiherrn v. Spizemberg, dem Geheimen Rath Grafen v. Leutrum, dem Hofjägermeister Grafen v. Uexküll, dem Kabinets-Chef v. Gärttner und den genannten Königlichen Flügel - Adjutanten beglei- tet wird. Die Kammer nahm in ihrer heutigen Sißung die von ihrer Geschäfts-Ordnungs-Kommission vorgelegte neue Ges \chäfts-Ordnung mit 57 gegen 19 Stimmen an.

« Hessen. Iugenheim, 20. Juni. Heute Abend verließen Se. Königliche Hoheit der Herzog Eugen von Württemberg und dessen Gemahlin Kaiserlihe Hoheit den Heiligenberg nah vierundzwanzigstündigem Besuche.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 21. Juni. Nach mehrwöchentlihem Aufenthalt in Gräfenberg kehrte am Sonn- abend Mittag Se. Königliche Hoheit der Großherzog hierher zurück. Die Freude über die Rückkehr des Landesherrn zeigte sh in dem Flaggenshmuck, den die Straßen angelegt hatten. Jhre Majeftät die Königin von Württemberg hat am Sonnabend, troß des wenig günstigen Wetters, die Umgebungen von Shwerin in Augenschein genommen; am Nachmittag fand Diner in Greenhouse statt, der Thee wurde am Abend in Stein- feld eingenommen. Gestern Morgen nahm Königin Olga mit der gesammten Großherzoglichen Familie am Gottesdienst im Dome Theil; am Nahniittage war das Diner in Steinfeld. Nach demselben kehrten die Allerhöhsten und Höchsten Herr- haften in das Großherzoglihe Schloß zurück, um später im Greenhouse zu \oupiren. Der Vorgarten von Greenhouse war glänzend illuminirt und das Müúsikcorps des Iäger-Bataillons Nr. 14 konzertirte, während außerhalb des Gartens eine dicht geshaarte Menge zuhörte. Heute Morgen hat die Königin Schwerin wieder verlassen und is zunächst nah Lübeck weiter- gereist.

Sachsen- Weimar- Eisenach, Weimar, 20. Juni. Das neuefte Regierungsblatt publizirt, wie bereits mitgetheilt, das mit dem 1. Oktober in Kraft tretende Ge\ über die Ein- führung von Friedensrichtern im Großherzogthum vom 9. März d. I. nebft der Ausführungsverordnung dazu. Nach demselben werden zur gütlihen Schlihtung bürgerlicher Rehts- angelegenheiten, sowie zur Sühneverhandlung über Beleidigungen in jeder Gemeinde Friedensrichter bestellt, welche aus der Zahl der Gemeindeglieder durch den Gemeinderath bezüglih die Ge» meindeversammlung gewählt werden und unter die nähfte Auf- sicht des Einzelgerichts gestellt sind, Die Verhandlungen der

Friedensrihter find bis auf die Verläge, Schreibe- und Botei- gebühren kostenfrei, und es kann auf Grund der vor denselben abgeschlossenen Vergleiche ohne Weiteres das Exekutionsverfahren bei dem ordentlichen Richter beantragt werden. Die Zahl der Friedensrihterbezirke ist auf 519 bestimmt. Zuverlässigen Mittheilungen zufolge wird Se. Majestät der Kaiser von N d A A Befe O den 26. d. M., zum Besuch des roßherzoglihen Hofes in Belvedere eintreffen und am d 28. Vormittags, wieder abreisen. N hd dh

Sachsen-Meiningen-Hildburghausen. Meiningen, 20. Juni. Heute wurde hier die Vorsynode für das Herzogthum durch den Geh. Staatsrath v. Uttenhoven in Gegenwart des Ministeriums und der Ober-Kirchenbehörde eröffnet, indem von demselben auf die Hindernisse, welche die {hon für 1870 bestimmte Einberufung unmöglih maten, sowie auf die durch wesentlihe Umgestaltung der Zeitverhältnisse weiter bedingte Nothwendigkeit einer \ynodalen Einrihtung unserer Landeskirhe hingewiesen wurde. Auf den Tish des Hauses waren drei Regierungsvorlagen niedergelegt: 1) Ent- wurf einer Kirhgemeinde- und Synodalordnung; 2) Ent- wurf eines Gesehes, betressend die Kirchgemeindelasten ; 3) vorläufige Geschäftsordnung für die Vorsynode. Als Alters-Präsident fungirte Kirhenrath Hölbe aus Pösaeck, welcher in seinem Begrüßungsworte dem Landesherrn, der Staats- regierung und dem Landtage den {huldigen Dank für die endliche Einberufung der Vorsynode aussprach und dann je zwei Mitglieder zur Prüfung der Wahlen deputirte, über deren Gültig- keit in der morgigen Sißung entschieden werden soll, Unter den 12 zur Vorsynode zusammengetretenen Herren sind 2 vom Landesherrn berufene, Kirhenrath Graf aus Schalkau und Schulrath Seminardirektor Schlaikier aus Hildburghausen; 2 dur den Landtag ernannte, Appellationsgerihts-Rath Diez aus Hildburghausen und Pfarrer Topf aus Exdorf; 8 aus freier Wahl hervorgegangene Mitglieder geistlihen und weltlichen Standes, Superintendent Shaubach aus Meiningen, Archi- diakonus Geldner aus Hildburghausen, Kirchenrath Hölbe aus Pösneck, Kirchen-Rath Köhler aus Kamburg; Justiz-Rath Ober- länder aus Meiningen, Appellationsgerihts-Rath Cronacher aus Hildburghausen, Landrath Ziller aus Sonneberg und Staats- anwalt Ortmann aus Saalfeld. Man hofft, die Vorlagen in 14 Tagen erledigen zu können.

Sachsen - Coburg - Gotha. Coburg, 20. Iuni. Gestern Nachmittag 2 Uhr hat die feierlihe Einweihung des neuen Realshulgebäudes Ernestinum in Gegenwart Sr. Hoheit des Herzogs, Ihrer Hoheit der Herzogin, der Herzoglichen und städtischen Behörden, der Geistlihkeit, der Lehrerkollegien, der betreffenden Bauhandwerker mit dem Baumeister, welcher den Bau geleitet, den Schülern der Anstalt, sowie vieler ge- ladener Gäfte stattgefunden. Morgen, als am Geburtstage Sr. Hoheit des Herzogs, wird durch einen Schulaktus das Ernestinum eröffnet werden, wozu Seitens der Anstalt öffentlich eingeladen worden is. Das Gebäude is auf einer Anhöhe in hiesiger Stadt in dem vormals v. Wangenheimschen Garten er- richtet. Die Grundsteinlegung ist am 19. Juni 1873 erfolgt. Se. Hoheit der Prinz August von Sachsen-Coburg- Gotha ist vorgestern Nachmittag mit dem Herzog Mar in Bayern zu einem mehrtägigen Besuch am Hofe hier einge- troffen und im kleinen Palais abgestiegen.

Anhalt. Dessau, 19. Juni. Der Prinz Wilhelm von Schaumburg ist am 17. von Bückeburg hier eingetroffen und wird heute Abend mit seiner Familie nah der Herrschaft Nachod sih wieder zurückbegeben.

__ WaldeÆck. Arolsen, 18. Iuni. Die Stände der Fürstenthümer Walde und Pyrmont sind zu einem außer- ordentlihen Landtage auf den 28, Juni d. I. nah Arolsen einberufen.

_ Lübe, 21. Juni. Ihre Majestät die Königin von Württemberg nebst Gefolge traf heute um 11 Uhr Vormit- tags mittelst Extrazuges von Schwerin hier ein, stieg im Hotel „Stadt Hamburg“ ab, nahm dort ein Frühstück ein und machte alódann, geleitet von dem Konsul Harms, eine Rundfahrt dur und um die Stadt zur Besichtigung der Sehenswürdigkeiten.

Großbritannien und Jrland. LonDon, 19. Juni. Jhre Majestät die Königin verließ gestern in Begleitung der Prinzessin Beatrice und ihres Hofstaates Balmoral, um nach Schloß Windsor zurückzukehren, wo sie heute früh um 9 Uhr im besten Wohlsein eintraf. Der Herzog und die Herzogin von Edinburgh werden nah den bis jezt getroffenen Dis- positionen am 30. d. ihre Reise nach Rußland antreten. Sie werden sh an Bord der Königlihen Yaht „Osborne“ direkt nach Kopenhagen einschiffen, wo sie zu einem Besuche des däni- hen Hofes bis zum 8. Juli verweilen und dann nah St. Petersburg reisen werden, wo ihre Ankunft am 11. Juli erwartet wird. Der Prinz und die Prinzessin von Wales beehrten gestern Abend den Ball beim russishen Botschafter, Grafen Schuwaloff, in Chesham House mit ihrer Gegenwart. Der Sultan von Zanzibar empfing vorgestern nah seiner Rückehr von Brighton im Alexandra-Hotel eine Deputation der central-afrikanishen Kommission, die ihm unter Führung des Bischofs von London eine Adresse sowie ein prächtiges Album mit Porträts der Königin sowie des Prinzen und der Prinzessin von Wales überreichte. In Erwiderung auf die Adresse \sprah der Sultan in Ausdrücken des Beifalls von den Arbeiten der Mission. Dann fuhr der Sultan nah Clarence- House, wo er von dem Herzoge und der Herzogin von Edinburgh empfangen wurde. Im Laufe des Tages nahm er die Pferdc- ausstelung im Alexandra-Palast in Augenschein, und am Abend war er bei einem Empfange zugegen, den Lord und Lady Derby ihm zu Ehren in ihrer Wohnung in St. Iames-Square gaben. Unter den Personen, die vorgestern Sr. Hoheit ihre Achtung bezeugten, befand sich auch der deutsche Botschafter Graf Münster. Gestern nahm der Sultan die Einrichtung des General- Postamts in Augenschein. Am Montag wicd er die italienishe Oper im Drurylane - Theater besuhen. Graf Beust gab vorgestern im österreihishen Botschafishotel ein Diner zu Ehren des Prinzen und der Prinzessin von Wales. Graf Münster kehrte vorgestern in Begleitung \ei- ner Tochter von Brighton, wo er die vergangene Woche hin- dur geweilt hatte, nah Prussia-House zurück. Die Königin hat Herrn William Iames Hertslet, bisherigen britischen Konsul in Königsberg, zum Konsul für die Provinzen Preu- ßen (Ost- und Westpreußen), Poscn und Schlefien mit dem Wohnsiß in Königsberg ernannt. Jhrer Majestät Schiff Bi fleman“ hat an der ostafrikanishen Küste neuerdings zwei Sklavenschiffe gekapert, die von dem Gericht in Zanzibar für geseßlihe Prisen erklärt wurden.

[ _ 21. Juni, (W. T, B.) - Unterhaus, - Der Unter- Staatsselretär des Auswärtigen, Bourke, beantworteie eine be- zügliche Anfrage Dilke's dahin, daß die einzige Infornation, ivelche die Regierung über die russi\sche Expedition nah Hissar erhalten habe, in einem Auszuge der Zeitung von Turkestan bestehe. Er werde denselben mittheilen. Es fei im Uebrigen sehr wahrscheinli, daß die Expedition von einer mili- tärischen Eskorte begleitet werde. Der Unter-Staatssekretär des Departements für Indien, Lord Hamilton, erklärte auf eine be- züglihe Anfrage Richards, daß die Regierung die Instruk- tionen für den englishen Abgesandten nah Birma, lic O ie a g könne, da die Veröffent- iung der Instruktionen den Erfo er Gesan i stellen könnte. ] h E U 22. Juni, (W. T. B.) Der Sultan von Zanzibar gs Pen Ihrer Majestät der Königin einen Besu ab- gestattet.

„Frankreich. Paris, 19. Juni. Das „Journal officiel“ veröffentliht: 1) eine zwishen Frankreih und dem Großherzogthum Luxemburg ausgetaushte Deklaration, dur welche \sih die beiderseitigen Regierungen verpflihten , einander alle über Unterthanen des einen Landes in dem andern auf- genommenen Civilstandsakte von Halbjahr zu Halbjahr mitzu- theilen; 2) die zwishen Frankreih und Italien abgeshlo}ene Konvention zur AbsteckEung der Grenze zwischen den beiden Län- dern in dem neuen Mont-Cenis-Tunnel; die Grenze is streng geognostish auf den Punkt verlegt, wo der Berg sich nah Nord und Süd trennt, d. i. etwa 150 Meter \üdlih von der aus dem Gipfel des Berges gelegten Senkvehten. Das amtlihe Blatt veröffentliht ferner folgende Note: „Artikel verschiedener Blätter und namentlih des „Paris Iournal“ und des „Soir® vom 18. d. M. legen der Regierung die Pflicht auf, der Presse die den \ouveränen Entschließungen der National- versammlung \{huldige Achtung in Erinnerung zu bringen. Bei allen Rücksihten auf die Rechte einer freien Diskussion und ohne den Ueberzeugungen, welche \sih vor dem Gesetze neigen, Eintrag thun zu wollen, muß die Regierung doch die bestehenden Insti- tutionen vor Angriffen und Schmähungen \{chüten. Diese An- griffe und diese Shmähungen zu ahnden, wird die Regierung kein Bedenken tragen, von allen ihr anvertrauten Gewalten Ge- brauch zu machen.“ 21. Juni. (W. T. B,) Von der Linken wird, wie in parlamentarischen Kreisen verlautet, für das Gesez über die Beziehungen der öffentlichen Gewalten bei der zweiten Lesung die Dringlichkeit beantragt werden, Der „Moniteur“ erfährt, daß die Linke beschlossen habe, die Geseze fefizustellen, welche die Nationalversammlung noch vor ihrer Auflösung zu berathen habe. Dasselbe Blatt fügt hinzu, daß die Regierung nicht ab- geneigt sei, sih diesem Vorschlage anzuschließen. Das Mini- sterium halte es zwar nicht für angezeigt, den Tag für die Auflösung der Nationalversammlung zu bestimmen, glaube aber, ohne die Rücksichten gegen die Nationalversammlung zu verleyen, an dieselbe das Ersuchen stellen zu dürfen, die Gesetze aufzuzählen, welche sie vor ihrer Auflösung erledigen wolle.

Versailles, 21. Juni: (W. T. B.) Die National- versammlung begann in ihrer heutigen Sizung, nachdem fie zuvor die Gesetzvorlage über verschiedene Eintragungsgebühren genehmigt hatte, die erste Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Beziehungen der öffentlichen Ge- walten. Louis Blánc und; andere Deputirte von der äußersten Linken bekämpften lebhaft den Geseßzentwurf, da derselbe den In- teressen der Republik zuwiderlaufe und dem Präsidenten der Re- publif Gewalten übertrage, welche die Souveränetät der Nation beeinträchtigten.

__ Spanten. Barcelona, 22. Juni. (W. T. B.) Mar- tinez Campos hat die Meldung hierher gelangen lassen, daß die im Fort Miravet eingeshlossenen Carlisten um Entsen- dung eines Parlamentärs nahgesucht haben, nahdem die Ar- tillerie cine große Bresche in das Fort gelegt hat. Weiterer Meldung zufolge ist das Schloß und Fort Flix in der Nähe von Miravet von den Regierungstruppen genommen worden, und hat die Divifion Montenegro den Truppen des Carlistenchefs Dorregaray eine Niederlage beigebracht.

Numänien. Bukarest, 22. Juni. (W. T. B.) Der Senat hat den Metropoliten zum Präsidenten gewählt. In der Deputirtenkammer ift eine Interpellation über den Zeitpunkt eingebraht worden, zu -welhem die Regierung den neuen Zolltarif einzuführen gedenke. Von der Regierung wurden derselben die Geseßentwürfe, betreffend die Konzessions- ertheilung zum Bau der Eisenbahnen Plojesti-Predeal und Adjud-Okna vorgelegt.

Nufßland und Polen. Am 17. Juni Vormittags ift Se. Königlihe Hoheit der Erbh- großherzog von Mecklenburg - Shwerin in Zarskoje- Ss\elo cingetroffen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 17. Iuni. Die „Post och Jnr. Tid.“ enthält die Mittheilung, daß der frühere Finanz-Minister Wärn bis auf Weiteres zum Präsi- denten des Commerz-Kollegiums ernannt worden ift. Die Staatsräthe de Geer, Lagerstrale und Weidenjhelm haben bis zum 4. Juli, Carlsf\on bis zum 4. August Urlaub erhalten. Das Mitglied des Höchstengerihts is zufolge einge- reihten Gesuches entlaffen und an seiner Stelle der Expeditions- Chef Hernmarck ernannt worden. Der Gesandte in Berkin, Freiherr Gillis Bildt is zum General - Lieutenant ernannt worden. Die Fregatte „Vanadis“ hat den Hafen Stock- holms geftern früh verlassen und wird Anfang nächsten Monats nebst der norwegischen Fregatte „St. Dlaf“ hier zurückerwartet, um den König Oskar nach Rußland zu führen. Das deutsche Kriegs\hi} „Niobe“, uit 200 Mann Besaßung, kam am Montag Abend hier an und ging vor Kastellholm vor Anker.

Dänemark, Kopenhagen, 18. Juni. Wie „Dags- telegrafen“ heute mittheilt, wird der König am 23. der Stadt Helsingör einen Besuch abstatten, um theils die Thierschau des landwirth\chaftlihen Vereins des Amtes Friedrihsburg auf dem Schlosse Kronburg, theils die auf dem Schlosse Marienlyst veranstaltete Industrie-Ausstelung in Augen\sŸYein zu nehmen. Dasselbe meldet, daß es jeßt bestimmt sei, daß die Königin, die Kronprinzessin und die Prinzessin Thyra mit dem König und dem Kronprinzen an der feierlihen Eröffnung der nordwestseeländishen Eisenbahn, den 29. d. M., theilnehmen werden, In der Stadt Kallundborg wird ein Festmahl fstatt- P nach dessen Beendigung der König und ‘der Kronprinz ih an Bord des Königlichen Dampfschiffes „Slesvig*" begebe" um nach Aarhuus, Viborg und Hald zu reisen, worav® zie Damen des Königlißen Hofes mit einem Extrazug b-xher zu-

rückehren,

St, Pelersburg, 19, Jui: |

21. Juni. (W. T. B.) Die Größfürsten Aklerts und Constantin find heu:2- hi-r eingetroffen A baber AS mit dem Kronvrinzen, welher sie empfangen hatte, sofort nah der Königlichen Sommerresidenz Bernstorf begeben.

_Afien. (A. A. Z.) Aus Hongkong wird die Nachricht bestätigt, daß ein cinesishes Kanonenboot auf den britischen Dampfer „Carisbrooke“ feuerte und ihn auf der Höhe der Küste von Hainan unter dem Verdacht, Schmuggelei getrieben zu haben, mit Beschlag belegte.

__ Anastralien. Die Regierung von Süd-Australien hat, wie aus Adelgaide gemeldet wird, eine Erklärung ihrer Politik abgegeben. Sie beabsichtigt, eine Anleihe von 2,000,000 Pfd. Sterl. für Eisenbahnen und Hafenwerke aufzunehmen und 100,000 Pfd. Sterl. für die Einwanderung auszugeben. Der Tarif soll derselbe sein, wie der in Sydney in Kraft bestehende.

Nr. 51 des „Amts -Blatts der Deutschen Rei y : ci #- Postverwaltung „hat folgenden Inhalt: Ser An 19. Juni 1875: Einzichung der Dreipfennigstücke; vom 17. Juni 1875: Einführung der Reihsmarkrehnung in Württemberg.

Statistische Nachrichten.

Nach der vorläufigen Feststellung des städtischen statifti Bureaus betrug in der ‘Woche vom 6. bis 12. Juni die Su pu Berlin Gestorbenen 708, darunter 388 männliche, 320 weibliche Personen; 342 unter, 265 über ein Jahr.

Der schwedischen Rangliste für das Fahr 1875 zue folge zähit die schwedische Armee: 2 Generäle (Se. Majestät bee Köuig von Dänemark und der frühere Kriegs-Minister S. M. Biörnstjerna), 5 General-Lieutenants (worunter Se. Königliche Hoheit der Kronprinz von Dänemark), 23 General-Majors, 35 Oberste, 91 Oberst-Lieutenants, 112 Majors 2c. Zur Disposition stehen: 11 Oberste, 22 Oberst-Lieutenants, 66 Majors, 94 Rittmeister und Kapitäns, 46 Lieutenants und 63 Unter-Lieutenants. Zum Dienst während eines Krieges disponibel sind: 1 General-Major, 5 Oberste, 6 Oberst-Lieutenants, 19 Majors, 43 Rittmeister und Kapitäns und 3 Unter-Lieutenants, Die ganze Armee zählt incl. des Generalstabes und der Nationalwehr Gothlands 45 verschiedene Regimenter und Corps. Von den nah den Stammrollen sich im Jahre 1874 in Schweden geftellen sollenden 34,962 Dienstpflichtigen gestell- ten sich wirklich 28,893, von denen 21,629 oder 76,17 4 zum Kriegs- dienst für tauglich, und 6764 oder 23,83% für untaugli erklärt wur- den. Von der Gesammtzahl konnten 49,4% mit guter Fertigkeit und 48,7% einigermaßen fertig lesen, den übrigen fehlte jede Kenntniß in diesem Unterrichtêgegenstande; \chreiben konnten 239 4% mit guter Fertigkeit, 61,5% waren einigermaßen geübt, und 14,6% konnten gar nit schreiben. /

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Am 27. und 28. d. M. findet in Kiel unter Leitung des rofessors Joachim das erste \{chleswig-holsteinische Musikfest statt, an welhem die Gesangvereine von Altona, Kiel, Plön, Eutin, Raßeburg, Rendsburg, Schleswig, Flensburg und Lübeck mit über 400 Söngern und Sängerinnen, fo wie die hervor- ragendsten deutshen Solisten sich betheiligen werden. Von größeren Ghorstücken kommen der Händelsche „Samson“ und Mendelssohns „Erste Walpurgisnacht“ zur Aufführung.

Das von Hrn. v, Nordheim im Auftrag der städtischen Behörden von Frankfurt a. M. auszearbeitete Modell zum Römerb erg-Brunnen ist vollendet und soll demnächst irm Kaijer- saal daselbst ausgestellt werden. l

Der norwegische Schriftfteller E ilert Sundt is am 13. d, M. verstorben. Der'elbe hat sih durch seine „Aufzeichnungen aus dem Volksleben“ bekannt gemaht. Der Sekretär der musika- lishen Akademie in Stockholm, Professor Cronhamn, ist eben- falls gestorben.

N i ZÆand- und Forstwirthschaft.

__Im Regierungsbezirk Cassel lauten die Berichte über den Stand der Feldfrüchte und der Futtergewächse durhweg günstig. Nur auf den höchsten Theilen des Rhöngebirges läßt der Graswuchs viel zu wünschen. Auch die Obsternte verspricht eine reichliche zu werden.

Gewerbe und Handel.

__Die Versicherungs-Gesellshaft „Thuringia“ in Erfurt bringt für das Geschäftsjahr 1874 einen Gewinn nit zur Vertheilung. An Uebershüssen wurden in der Feuerbranche 40,727 Thlr, in der Lebensbranche 57,897 Thlr. erzielt, Zinsen und andere Einnahmen betrugen 31,515 Thlr, das Gesammt-Erträgniß mithin 130,140 Thlr. Diesem stehen gegenüber Verlust in der Transport- branche 1835 Thlr., die Verwaltungskoften mit 94,865 Thir., so daß ein Gewinn von 33,438 Thlr. verbleibt, welher zu Abschreibungen verwandt ist. Dieses ungünstige Resultat findet seine Erklärung dem Geschäftsbericht zufolge darin, daß die Feuerbranhe in Folge des großen Brandes in Meiningen, welcher der Gesellschaft ca. 73,000 Thlr. für eigene Rechnung kostete, und die Transportbranche durch Verluste in dem jeßt aufgegebenen Hamburger Transport-Versicherungs- geschäft \cchlechter, als erwartet wurde, abgeschlossen haben.

Von der bedeutendsten Handelsmühle der Gegend bei Halle,

der im Besiße des Herrn Hildebrand befindlihen Bölberger Mühle, find am 18. die ODelmühle, die Wohn- und Wirthschaftsgebäude, die alte und die neue Mühle ‘abgebrannt. Der Schaden wird auf ca. 750,000 geschäßt. Verschort blieb nur das Lagerhaus. __ ‘München, 22. Juni, (W. T. B.) Die Handelskammer in Nürnberg hat durch ihren Vorstand hierorts darum nah- gesucht, daß eine Filiale der neu ins Leben tretenden Bayerischen Notenbank in Nürnberg errichtet werde.

London, 22. Juni. (W. T. B.) In Folge einer Herab- seßung der Löhne um 10 % ist unter den Kohlengrubenarbeitern in Dean-Forest (Grafschaft Lancaster) ein Strike aus- gebrochen.

Rio de Janeiro, 19, Juni. (W. T. B.) In der heutigen Versammlung der Kreditoren der Deutsh-BrafsilianishenBank wurde derselben einftimmig ein dreijähriges Moratorium bewilligt. Die gerichtlihe Entscheidung steht noch aus.

Verkeh:!:8:Anstalten:

Die Zahl der öffentlichen Fuhrwerke in Berlin, welche unter der Aufficht des Kommissariats für öffentlihes Fuhr« wesen stehen, belief fih ‘ultimo Mai d. J. auf 4867. Hierzu gehö ren 975 Droschken I. £elgsse, 3303 Droschken 11. Klasse, 151 Pferde- bahnwaggons (wovo”, 113 dexr Großen Berliner Pferde-Eisenbahn« Gesellschaft und 8 der Berlin-Charlottenburger Pferdebahn-Gefella haft g-hören) " nd” 186 Omnibusse, Von den Omnibussen wurden im Morat Mo’, 3 Stück für immer außer Betrieb gestellt. Ve- aen zu Vis Fuhrwerken gehörigen Pferden cle im E ock

ona SUN Gor 9 i n ein r d F l geseiit. Stück außer Betzieb und nur ein Pferd wieder Blirieb Die LWhne-Vienecnburger Strecke "t : Mit eilung der „Magd. Ztg.“, falls uicht unvor” wird nach einer nisse ch [ ] n „— yergesehene Hinder- 117. eintreten, bis zu Anfang des nâhsten S“. mesters c., resp. bis Van 1, Inli c, in ihrer ganzen Länge c-ôffne* sein. Jn Fol n Ï werckd«.n die Hannover-Altenbekener Attien U, Sey, für“ das geh essen mester c. keine Bauzinsen mehr erhalten, D. Fee os

In Newcastle wurde am 17 4; s e Tyne, mit Ausnahme der steinerge Pfeile: En

men. Die Brücke, die noch ni®; R t «,t ganz vollendet war, wurde vor 8 Jahren in Anguiff genomme“, s Sig g h:

Sterl. gekostet: i und hat bis jeßt ca, 260,000 Pfd.