1921 / 153 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Jul 1921 18:00:01 GMT) scan diff

grab. Das vorläufige Ergebnis der Untersuhung hat ja der Vor- redner son vorgetragen. Der Kohlenstaub 1st ein doppelter Feind des Bergmanns, er gefährdet die Augen und ist explosibel. Die Be- rieselungsanlagen sollen die Explojionen des Kohlenstaubes ver- hindern. Die Beamten sagen aus, auf Mont Cenis sei alles in Ordnung gewesen. Das ist aber niht der Fall, sonst hätte die Katastrophe nit so groß sein können. Jeßt suht man die Schuld wieder auf die Arbeiter zu wälzen. Die Bergarbeiter haben aber oft ps erklärt: was nüßen uns alle Vorschriften, wenn uns keine elegenheit gegeben wird, sie durchzuführen? Die Verwendung von Kriegsgefangenen hat aub zur Lockerung der Berieselungsvorschriften geführt, und das wirkt heute noch nah. Manche Arbeiter kennen au die Größe der Gefahr nicht. Auf Mont Cenis ist die Wetter- führung nicht in Ordnung gewesen, die „frischen Wetter“ wurden nichi genügend zugeleitet, sie gingen erft dur altes Gemäuer, ehe sie an die Arbeitsstelle kamen. Wäre man allem nahgekommen, was die Bergpolizei vorschreibt, dann durfte die Katastrophe nicht so groß werden. Das Grundübel ist die kapitalistische Wirtschaft, das Be- streben der Sicherung möglichst hohen Profits. Akkordarbeit ist Mordarbeit, das trifft im Bergbau besonders zu. Der Rgubbau an der menschlichen Gesundheit wird auch heute noch betrieben, Der Bergmann muß Kohlen schaffen, will er genügend Lohn haben. Ist die Wasserleitung ntcht in Ordnung, dann wird auch ohne Berie]e- lung geschossen. Das sogenannte „Leistungsgedinge“ ist eine Aus- beutung shlimmster Art. Der Arbeiter sucht seinen Lohn zu ege, allerdings auf Kosten seiner Sicherheit. Der Lohn auf Mont Cenis war no@ unter dem Durchschnittslohn des ganzen Nuhrreviers, erst im Mali ging er über die pier von 1920 hinaus. Die Lebens- haltung ist im Ruhrrevier besonders teuer. Der Bergmann wird früh invalide und sein Durchschnittsalter beträgt nur 42 Jahre. Zur Verhütung dient eine gute Wetterführung, aber auch während Des Betriebs muß geprüft werden, ob sich Schlagwetter zeigen. Der Kohlenstaub bedeutet eine erhöhte Krankenziffer und Lebensgefahr. Die Betriebsräte müssen mehr Nechte erhalten. Nach dem Geseh sollen sie auch die Interessen des Betriebs wahrnehmen, d. h. für möglichst hohen Profit sorgen, Jn einem Falle hat die Zechenver- maltung cinem Betriebsrat die Bezahlung sür eine tun der Erube abgelehnt. Die Betrieböräte sind nicht, was sie sein jollen und müssen, sie müssen berechtigt werden, für die Sicherheit des Betriebes mitzuwirken. Dazu muß ihnen Exekutivgewalt gegeben werden, sie müssen bergpolizeiliche Befugnisse erhalten, damit ste die Abstellung von Mißständen durseßen können. Die elektrische Lampe {äßt nicht vor der Entzündung von Stlagwettern; es müssen ge- nügend andere Sicherheitslampen vorhanden sein. Die Unfallver- hütungsvorschriften müssen weiter ausgebaut werden. Die N leute wollen Shuß und Sicherheit haben, sie Tagen die Gesellschaft an. Eine wirkliche Besserung der Verhältnisse auch im Bergbau wird nur möglich sein, wenn die tapitalistishe Mirtschaftsweise durch eine andere erseßt ist. (Beifall links.)

Reichs8arbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Die traurige Kunde von dem Unglück auf Zeche Mont Cenis hat unser gesamtes deutshes Volk aufs tiefste ershüttert. Wir sind in den leßten Fahren zwar an Leid und Tod gewöhnt, und der Bergbau hat au sonst zahlreiche Opfer gefordert. Aber so unerwartet mitten in fricdliher Arbeit über 80 blühende Menschenleben auf dem Felde der Arbeit fallen zu sehen, das ist doch eine furhtbare, eine ershütternde Katastrophe. (Sehr wahr!) Wir trauern über die Toten, die ihrem Beruf zum Opfer gefallen sind, wir bedauern aufs innigste die Hinterbliebenen und sprechen allen diesen Hartgeprüften unser herzlihstes Beileid aus.

Die Reihs- und Landesregierung glaubt im Sinne der Hinterbliebenen zu handeln, wenn sie von dieser Stelle aus öffent- lih vor dem ganzen Volk auch allen denen aufrihtigsten Dank aus- spricht, die sich- um die unglücklichen Opfer dieser Katastrophe be- müht haben. (Beifall.) Sie tut das in erster Linie gegenüber den Kameraden der Verunglückten, die sich mit eigener Leben3gefahr am Rettungswerk beteiligt haben. Das war in der Tat echte Bergmannstreue. (Sehr gut!) Auch allen anderen, die an den Leichen der Unglücklichen sowohl wie an den schwerbetroffenen Leidtragenden in aller Stille ihr Liebeswerck vollbrahten, gilt unser Dank. Jch, bin überzeugt, diese und so viele andere Be- weise bergmännishec Kameradschaft und opferwilliger Fürsorge werden niht wenig dazu beitragen, den ersten und herbsten Schmerz der Betroffenen zu lindern.

Nun ist die Reichsregierung über dieses Unglück interpelliert worden. Die beiden Jnterpellationen wünschen zunächst Auskunft über die Ursachen des Unglücks. Die tehnishe und berg- polizeiliße Prüfung des Unglücks ist nicht Sache des Reiches, sondern der preußischen Bergverwaltung. JFhr Vertreter wird nah mix die bisherigen genaueren Ergebnisse der Untersuchung Fhnen dartegen. Jch nehne an, daß außer den Fnterpellanten au viel- leiht noch andere Vertreter der vom Reichstag eingeseßten parla- mentarishen Untersuhungskommission sich zu der Sache äußern werden, und diesen Darlegungen möchte ih meinerseits niht vor- gretjen.

Allerdings ist auch das ReichsSarbeitsministerium mit Bergarbeiterfragen befaßt, die in einem gewissen Zusammen- hang mit der Unfallverhütung im Bergbau stehen. Wix haben aus volf3wirtschaftlichen Gründen mit der Steigerung der Beleg- schasten, insbesondere mit der Steigerung der Hauerzahl uns be- fassen müssen. Während des Krieges war die Zahl der aus- gebildeten eigentlichen Bergleute so erheblih gesunken, daß nah Weggang der Gefangenen und der Ausländer die noch übrig- bleibenden Hauer bei weitem nicht hinreihten, um die erforderliche Kohlenmenge zu fördecn. Dazu kam dann noch der Druck der Entente auf die bekannten großen Lieferungen. Wir mußten deshalb fast wahllos neue Leute in die Gruben bringen, auch solche, denen es noch an der nötigen Vorbildung mangelte. Es ist zwar jest in dieser Beziehung eine gewisse Besserung ein- getreten. Die absolut ungeeigneten Arbeitskräfte sind mittler- weile avscefhicden worben, und an der fachlihen Ausbildung der noch übrigen wird mit allem Nachhdruck gearbeitet. Der berg- tehnishe Ausshuß, den der Reichswirtschaftsrat eingeseßt hat, prüft alle Möglichkeiten, den Betrieb wieder auf die alte Höhe zu bringen. Die Einrichtung der Lehrkameradschaften, die dazu be- rufen ist, dem Mangel an ausgebildeten Bergleuten abzuhelfen, beginnt bereits ihre Früchte zu tragen, und der im Kriege ge- sunkene Prozentsaß der Hauer dürfte sich infolgedessen bald wieder heben. Auf Mont Cenis soll nuch den Angaben des Betriebsrats die Belegschaft weder einem starken Wechsel noh einem ungewöhn- lien Zuzug ungelernter Kräfte unterworfen gewesen sein. Fmmerhin sind noch nit alle nachteiligen Wirkungen des Krieges auf dex technishen Stand der Grube sowohl wie auf die Zu- sammensezung und die Selbstdisziplinierung der Belegschaft über- wunden. Der Anteil der ausgebildeten Hauer an der Gesamt- belegshaft hat die erforderliche Höhe immer noch nicht erreicht. Den neuen Hauern fehlt naturgemäß noch die wünschenswerte Erfahrung, die eben nur eine langjährige Arbeit unter Tage ver- mitteln fann. Die freiwillige Selbstdisziplinierung, auf die ih eben hinwies, kann im Bergbau naturgemäß wenger wie ander-

wärts entbehrt werden. Sie hat aus naheliegenden Gründen tn der Kriegs- und Revolutionszeit sehr gelitten, und sie läßt au heute noch zu wünschen übrig. (Zuruf bei der Deutschen Volks- partei: Viel zu wünschen übrig!) Fnsbesondere tritt hier und da ein gewisser Leichtsinn auch den wichtigsten Sicherheitsvorschriften gegenüber immex noch in die Ersheinung. (Zuruf bei den U. Soz.: Warum? Hört! Hört! bei den U. Soz.) -

Angesichts dieser Zusammenhänge ist zurzeit eine gewisse Er- höhung der Unfallgefahren leider nicht zu verkennen. Wiewäre ihr zu begegnen? Das ist die Frage. Man könnte ‘si vielleicht fragen, ob Vorschriften über die anteilige Zahl der Hauer an der Belegschaft odex auc der neuausgebildeten Hauer an der Gesamtzahl der Hauer und über deren Verteilung unter die Beleg- schaft erforderlih sind. Das zu entscheiden wäre aber auch nicht Sache der Reichsregierung, sondern Angelegenheit der Bergpolizei. Jedenfalls ist erfolgversprehender die rechte Ausbildung und Schulung der Bergleute, auf die der erste Fnterpellant mit Recht so großen Nachdruck gelegt hat. Dabei müßten :vor allem die einzelnen Gefahren des Bergbaus, ihre Gegentnaßregeln und die einschlägigen bergpolizeilihen Vorschriften eindringlich behandelt werden. Man ist nun eben jeßt daran, wie eben auch berterkt wurde, die Pflichtfortbildungsshule für junge Bergleute vom 15. bis zum vollendeten 17. Lebensjahre einzurihten. Wenn aber diese Fortbildungsshulen dem jungen Manne eine genügende Kenntnis vom Grubenbeétrieb und seinen Gefahren vermitteln wollen, dann wäre nach Meinung der Regierung unbedingt au eine gleichzeitige p raktische Arbeit unter Tage erforderli. Die aber seßt bekanntlich erst nah .dem vollendeten 16. Lebensjahre ein. Man würde deshalb einen weiteren Ausbau dieser Shulen ins Auge fassen müssen, soweit man mit ihrer Hilfe die hier exrwogene Bildungs- und Erziehungs8arbgit

leisten will. Uebrigens hat der Saarbergbau shon vor dem Kriege

ein verhältnismäßig weit ausgedehntes Fortbildungssystem besessen. Für die späteren Fahrgänge, die nicht mehr diese Fortbildungs- shulen besuchen, müssen die Lehrkameradschaften die hier geforderte Ausbildung leisten. Die Fortbildungsshulfrage liegt wiederum der JFnitiative der Länder ob. M

Die Rêéichsregierung ist weiterhin interessiert an Feststellungen über das Grubenunglück unter dem Gesichtspunkte der Be - triebsräte und ihrer Aufgaben. Diese Seite der Sache ist eben auch ausgiebig von den Fnterpellanten zur Sprache ge- braht worden. Ob die Betriebsratsmitglieder ihren einschtägigen Pflichten nachgekommen sind, das ist die eine Frage; und die andere ist die, ob die geseßlichen Bestimmungen auf diesem Ge- biete hinreihende Befugnisse geben.

Seitdem an die Stelle der Sicherheitsmänner durch das Betriebsrätegeses die Betriebsräte getreten sind, sollen die Grubenbaue von ihnen regelmäßig befahren und auf ihre Sicher- heit geprüft werden. Das geschieht heute. Auch die vom Unglück betroffene Abteilung ist noch zwei Tage vor der Katastrophe von dem zuständigen Betxiebsrat3mitglied befahren: worden. Dabei ist nichts Gefahrdrohendes von dieser Seite festgestellt. Die. Be- fämpfung der Unfallgefahren im Bergbau hat in den lezten Fahr-

zehnten beträhtlihe Fortschritte gemacht. Das wird man aner-

fennn müssen. --Es kömnt ungeheuer viel” aüf die gewissenhafte

Befolgung der bewährten Vorschriften sowohl durch Beamte. wie

durch Bergleute an. Gefährdet doch die leihtfertige Uebêrtretung folher wihtigen Vorschriften niht nur das eigene Leben, sondern auch das zahlreicher Kameraden. Es ist deshalb. auch eine über- aus wichtige Aufgabe der Betriebsräte, auf die Belegschaft in diesem Sinne erziehlihch einzuwirken und das Verantwortungsge- fühl jedes einzelnen Bergmanns zu wecken und zu stärken. Fm übrigen wünscht die Reichsregierung darin geht sie grundsäßlih durchaus eins mit den Jnterpellanten eine tatkräftige und wirkungsvolle Mitwirkung der Betriebs- râte. bei dex Unfaällverhütung. (Zuruf von den U. Soz.: Sie haben aber nichts zu sagen!) Sie glaubt allerdings nicht, daß das, was jeßt im Betriebsrätegesey steht, lediglih weiße Salbe wäre. Sie ist vielmehr der Ueberzeugung, daß die Be- triebsräte bei rihtiger Anwendung des Gesetzes sehr wohl auf dear Boden des geltenden Rechtes sich entsprehend gelten machen

- fönnne. (Sehr richtig! bei der Deutshen Volkspartei.)

Die Betriebsräte besien nach dem Betriebsrätegeseß sowohl gegenüber der Betriebsleitung wie auch gegenüber den Bergrevier- beamten wichtige Befugnisse hinsichtlich der Sicherheit des Be- triebes. Sie können von der Betriebsleitung gemäß § 71 des Ge- sches niht nur in bestimmten Einzelfällen, sondern auch hinsiht- lih des alljährlich aufzustellenden Betriebsplanes Auskunst ver- longen, soweit dadur die Sicherheit der Belegschaft gegen Unfall- gefahren betroffen wird. Scheinen die beabsichtigten Sicherheits- maßnahmen dem Betriebsrat niht ausreichend, so kann er auf Grund des §8 66 Ziffer 1 und 8 des Gesehes Aenderungen und Ergänzungen seinerseits in Vorschlag bringen. (Zuruf links: Fn Vorschlag bringen!) Fa. Geht die Betriebsleitung

hierauf nicht ein, so kann er nach Zisfer 8 bei dem Bergrevierbe-

amten die entsprechende Aenderung beantragen. (Abg. Winne- feld: Was sagen Sie nun, "meine Herren!)

Es ift durchaus wünschenswert und zu hoffen, daß sich zwischen den Betriebsvertretungen auf der einen Seite und den Bergrevier- beamten auf der anderen mehr und mehr ein ersprießlihes Zu- sammenarbeiten entwickelt. Was die Reichsregierung tun kann, um dies zu fördern, das ist sie gern zu tun bereit. Der preußische Herr Minister für Handel und Gewerbe hat. bereits zu Anfang dieses Jahres allgemein angeordnet, daß die Bergrevierbeamten sich vierteljährlich mit den Betriebsräten aller größeren Gruben über Maßnahmen zur Unfallverhütung in Verbindung seßen. Die Reichsregierung wird ihrerseits bei den Regierungen der Länder dafür eintreten, daß die Bergrevierbeamten angewieseu werden, vor Erlaß wichtiger Anordnungen hinsichtlih der Sicherheit der einzelnen Betriebe auch die Betriebsräte zur Erteilung von Rat- hlägen und Auskünften heranzuziehen. Die Reichsregierung wird ferner allgemein darauf hinwirken, daß auch die BVetriebs- leitungen bei Aufstellung des Betriebsplanes den Betriebsräten Gelegenheit zur Aeußerung in der angegebenen Richtung geben. Eine Erweiterung der Bestimmungen des Betriebs8rätegeseßes sheint uns hiernah nit erforderlich zu sein. (Hört! Hört! auf der äußersten Linken.) Die beschriebene Mitwirkung, die die Jnterpellanten gewünscht haben, ist auf dem Boden des geltenden

And, fo soll uns das zúr Mahnung diene, welch dornenvolle, gefahrvolle Arbeit dort unten im Schoße der Erde für das Ge- samtwohl geleislet. wird. Jch Hoffe, daß unser Volk deshalb au stets bereit sein wird, den Bergarbeitern gegenüber soziale Ge- rehtigkeit walten zu lassen. Die Bergleute, des bin ih ebenso gewiß, werden troy härtester Arbeit und Lebensgefahr, die nun cinmal ganz nie zu beseitigen sein wird, ihrerseits nicht “ver- fehlèn, in der Stunde ‘der Not auch der Volk3gemeinschaft des ihr \{chuldige Opfer zu bringen.

Preußisher Bergrat Habfeld: Auf der Zehe waren zwei Schächte vorhanden, der eine zur Förderung, der andere zur Wetter- abführung. Ut der fünften und len Sohle in 600 Meter Tiefe hat fih der Unfall ereignet. Die ¿tterführung war, sehr gut ent- widelt, jedes Flöz erhielt seinen Wetterstrom. Kohlenstaub war natürlih vorhanden. - Zu seiner Ün)chädlihmachung war die Be- rieselung vorgesehen. Die erforderliten Anlagen sind im großen und ganzen auh vorhanden und in Ordnung gewesen, an einer Stelle allerdings nit, aber das ist niht die Stelle, wo das Unglück geschehen E Nach den Zeugénausfagen, besonders cuch nah den Aussagen der

titglieder des Betöiebsausschusses, ist die Berieselung vorschrifts- mäßig ausgeführt worden. Das Betriebsratsmitglied, welches jede Woche einmal die Anlage befuhr, hat angegeben, f ihm Mängel nit bekannt geworden sind. Dieses das Bild der Unfallstätte. Von dem Unfall selbst, von der Explosion sind die beiden Schächte be- troffen worden, außerdem sind Nachshwaden durch eine Verbindung in eine Nachbarabteilung gelangt und haben dort den Tod von zwei Bergleuten verursacht. Im ganzen sind 82 Bergleute zu Tode ge- kommen, 79 verleßt worden. Die mechanishe Wirkung der Erplosion war außerordentlich stark, die Förderwagen find zusammengebrocen, ebenso ein Teil der querstchenden Balken. Ein zweifelsfreier Schluß auf die Ursache der Explosion ist zurzeit niht mögli, ob die weitere Untersuhung zu weiterer Aufhellung.. führen wird, steht dahin. In der Hauptsache hat bei der ganzen Explosion Kohlenstaub mitgewirkt. Ob die Cntzündung etwa durch Sch agwetter eingeleitet worden ist, ist eine schr unwahrscheinlihe Annahme. Man wird vielmehr an- nehmen müssen, daß es \ich um eine Kohlenstauberplosion handelt. Anders als durch einen Schuß konnte die Entzündung des Kohlen- staubes nit herbeigeführt werden. Die Schießarbeit darf nur durh Schießmeister ausgeführt werden; die beiden in Frage Tommenden Schießmeister, von denen der eine tot ist, der andere am Leben ge- blieben ist, haben si aber niht an der Stelle der Explosion befunden, von ihnen kann der Schuß niht abgegeben worden sein. Es muß also ein anderer den Schuß abgegeben haben. In einem der Querschläge wurden na der Explosion noch zwei Schüsse Oel Alles in allem muß also gesagt werden, daß: nah dem bisher vorliegenden Material zweifelsfrei überhaupt nichts festgestellt worden ist, daß aber Jndizien vorhanden sind, die darauf hinweisen, daß es sich um einen Dynamitschuß* Handelt.“ Es fragt fih nun weiter, wie die Explosion eine solhe. Ausdehnung gewinnen konnte, wenn die Be- riefelung ordnunasmäßig funktionierte. Nun ist dieses Vorbeugungs- mittel aber nur schr unvollkommen. Man darf si nit vorstellen, daß der Kohlenstaub durh die Berieselung für längere Zeit voll- fommen unshädlih gemacht wird. Er nimmt die Feuchtigkeit nur oberflächlich an, und unter dem Einfluß der Bewetterung trocknet der feuhte Kohlenstaub allmählich: wieder. ab. Natürlich ist es auch un- mögli, hinter jedem Kohlenhauer einen besonderen Berieselungs- meister oder ein Mitglied des Betriebsrats zu stellen, Bei cinem Un entsteht natürlich neuer Staub. Zur Durchführung wirkfamerer Ünschädlihmachung des Kohlenstaubes 14 das Steinstaub- verfahren in der Einführung Ita en Der Steinstaub wird mittels besonderer Apparate in die Abbaustrecken heine rie er gelangt auch dahin, wo die Berieselung nur sehr wenig hindringt, so in die Hohlräume, und er bleibt immer vorhanden, während das Wasser abtrocknet. Auf einer Réeibe von Werken ist dieses neue Verfahren versuchsweise durchgeführt, allgemein no. nicht, da. noch eine Reihe von Fragen vorweg-zu lösen...ist.- so auch’ die von dem ersten Inter- vellanten bereits berührte Frage: der Eiñwirkung des Gesteinstaubes auf den Organismus, . Bisher smd Schädigungen in diefer Richtung nicht festzustellen gewesen, es- wird daher die versuchsweise Durch- führung wohl etwas beschleunigt werden- können, Cine zweite Maß- nahme ist die Einführung der eleftrishen Grubenlampe. Für diele Einführung seßt sich die Bergbehörde ein, - Von allen Grubenunfällen sind 90 % Schlagwetterexplosionen, und von diesen ereignen e 9% dur die Sicherheitslampen. Nicht daß diese shadhaft oder ehlerhaft fein Seen sie sind eben niht vollkommen, und hinzu kommt, da hre Instandhaltung und die Ueberwachung derselben außerordentli \chwierig ist. Wenn in ciner Grube 3000 Mann Belegschaft sämtlich damit ausgerüstet find, ist es für die Aufsichtsbeamten einfach aus- geschlossen, jede einzelne Lampe nachzuschen. Gegen die Schlagwetter brauchen wir vor allem eine Sicherheitslampe. Dié Bedenken gegen die eleftrishe Lampe, daß sie keine Slagwetter anzeigt, sind gering. Im Revier Hamm sind grundsäßlich elektrishe Lampen eingeführt und dort hat seit 1909 nur in wenigen Fällen eine Crplosion_ ftatt- gefunden, und in keinem Fall ist ein Arbeiter erstickt, weil ein Schlag- wetter niht bemerkt wurde. Wenn man mit der Einführung der eleftrishen Lampe fo lange. warten wollte, bis ein Mittel gegen Stlagwettererplosion gefunden ist, so könnte man unendlich lange warten. Um die Verbesserung der technishen Einrichtungen im Berg- bau bemüht si die preußishe Bergverwaltung fortgeseßt, sie hat für alle Spezialfragen Sonderkommissionen eingeseßt, deren Vorschläge praktish durhaeführt und in Polizeiverordnungen durhgeseßt werden. Daß. ium praktischen Grubenbetriebe nicht alles fo ist, wie es sein sollte, leugnen wir nicht. Auch mit der Ausbildung der Bergleute sind wir vorgegangen. - Die Schießmeister werden auf der Strecke selbst ausgebildet. Im westfälishen Revier werden auch Filme bvor- geführt, die die vershiedenen Möglichkeiten von Unfällen und von Verhütung darstellen. Die uns von Versuchs\treken wird qleihfalls weiter betrieben. Der preußi| che Handelsminister hat die Revierbeamten bereits angewiesen, mit den Betriebsräten De- sprehungen über Unfallverhütung zu pflegen. Nachdem die Betriebs- räte eingeführt sind, entspricht es unserer Ansicht, daß diese Inslitution auch äu dem Gebiet der E ree t gemacht wird. Wir hoffen, daß si ein erträgliches Verhältnis zu den Betriebsräten an- bahnen wird. Der Handelsminister hat auch der Anregung, eine be- sondere Kommission, die man als Gruben-Sicherheitskommission be- zeichnen könnte, einzuseßen, durhaus zugestimmt. Aber wenn Preußen einé solche Kommission bildet, würde eine andere Kommission dur das Reich nit einzuseßen sein. Wir haben ein V peE daß das Unglück 2E aufgeklärt wird, aber es muß abei einheitli vorgegangen werden. L D

N uf Antrag des Abg. Pfei ffer-(Zentr.) findet die Besprechung der Interpellation statt. i h A J

Abg. K o ch - Düsseldorf (Dnat.): Die Entstehung des Unglücks ist noch völlig ungeklärt. Der Untersuchungsausshuß hat sich bemüht, die Ursachen festzustellen, er hätte aber ebensogut zu Hause bleiben können, denn er hat nichts anderes feststellen fönnen, als was die Bergbehörde und die Sachverständigen uns gesagt haben. “Dort waren Sachverständige am Plake und niht Politiker um objeftive Set atgen vorzunehmen, (Widerspru links.) Der Politiker, der aie ist, kann kein objektives Urteil fällen. Die Grenzen der Zu- t zwischen dem Neich und Preußen müssen geklärt werden.

ie Únglücsfälle entstehen durch die Gefährlihkeit des Berufs an sich, durch Mängel des Betriebes und durch die Schuld der BVe- Beteiligten. Eine besondere Gefährlichkeit über das Maß des Ge- wöhnlichen hinaus weist die Grube Mont Cenis nicht auf. (Zwischen- ruf links.) Sie, Herr Crispien, sind ja Sachverständiger auf allen Ge- bieten, das traue id mir nicht zu, und 1ch sprehe hier nit als Sachverständiger. Nach Aussage eines g links stehenden Mit- liedes des Betricbsrats und anderer Mitglieder waren die technischen Finrihtungen, Wetterführung, Berieselung usw. vollkommen in Ordnung. Auch Herr Imbusch hat das alles festgestellt. Auf einer Strecke haben allerdings Nohre der Berieselung gefehlt, aber. diese

A ch . f ú ibe 2 i Stre Ba Fa uur .. T S ‘5 A s L A m ° L : Rechts nach deu, was ih ében dargelegt habe, jehr wohl möglich. | g e U 2 (Entstehung des Unglücks nicht in Betracht. E L : j Gn | Worum sind also sofort nach dem - Unglück aus den Reihen der Meine Damen und Herren, wenn wir durch das Unglücck von F 7

Beleascafit Vorwürfe getommen? Die Zeugen sind in solchen Fällen

Mont Cenis erneut vor Massengräber bravec Bergleute gestellt / gewohnlih zurüclkhaltend, ein parlamentarischex Untersuchungsaus-

A 1324 fo geeignet wie ein Geriht, Zeugen zu vernehnien. (E S Moclihkeit einer Verschuldung dur nei Arbeiter. e t vor der Ewplosion festgestellt, cs fragt sich, ob andere SEB egmeister sih Sprengstoff verschafsen konnten, und diese der t ist zugegeben worden. Bei dieser Sachlage können wir galid) iliges Urteil fällen und müssen die Antersuaing der Bevg- f Verlassen. eben muß natürli die pt eprüst werden. Sache der Sachverständigen und der Berg- ilen 4 es, zu prijes wo gebessert werder kann. Auch auf die der Berga eiter zur pRs en Pflicht muß Wert gelegt ied eor politisches Kapital darf aus einem solchen Mossen- [7 nicht cefhlagen werden, ein solhes Unglüd ist Volksunglüdck C kt über der Parteipolitik. Damit würde man den Bergleuten L hefallen tun. (Beifall rets.) : i Pinnefeld (D. V.): Diese Besprehung hätte ei ent- hesser erst na dem vollständigen Abschluß der Untersuchung inden sollen, Die politishen Momente müssen hier voll- t usscheiden. der Stunde der Gefahr stellt der Berg- 19 1 Politik zurück. Der Abg. Pieper hat das sachliche Gebiet (esen und Weltanshauungösfragen behandelt. Das gesamte h Bolk ist durch dieses Unglück betroffen; der Beruf des Berg- d i vor allen anderen ge S ch bei anderen Massen- (iden im Bergbau, wie namentlih auf der Grube Radbod, wo ergleute verunglüdten, hat sich die ia nicht feststellen lassen. alles versuht werden, um die chlagwetterexplosionen zu indern, Leider finden bei allen giEen Gelegenheiten politische P ndersebungen statt. Die „Rote Fahne" schrieb: „Ver nus als Massenmörder“, Auch der Abg, Hue hat am imi ungeheuerliche Anklagen gegen die Bergbohörde erhoben “hre SuSpendierung e mas e jene wissen, daß n: m

orbeugung von

on Berggeseß wie na fallversicherungsgeses die E ja ie ausgeschaltet werden kann. Wie verheerend 4, Aeußerungen wirken, beweist u. a. ein Brief, den ih aus Herne und von dem ich Gebrau zu machen aufgefordert werde; täte 6 nicht, so droht der Briefschreiber, sih an einen ge An: Gnfen zu wenden. Dieser Brief erhebt zum Teil eben}olche An- n, Der Briefschreiber irrt sich, wenn er, meint, ih würde den f untecshlagen, ih bringe ihn gur öffentlichen Kenntnis. verliest den Brief.) Der Betriebsrat der Ze eton

Revier in bester Ordnung sei, dabei besteht er aue aus munisten (Hört, hört rechts). Ich habe mich se ja überzeugt, diese Kollegen tüchtige Hauer und gan anständige Arbeiter sind, ihre Pflichten nicht vernachlässigt en, Eine Schlagwetter- sson is nah meiner Ueberzeugung völlig ausgeschlossen. , mit dem Untersuchung8aus\{chuß die Grube befahren. Wetter- mnlungen konnten nit stattfinden, Schlagwetter von über p; snd von dem zuständigen Cinfahrer nur einige Male festgestellt den, Zwei Betriebsführer haben ih dahin ausgesprochen, da ch um eine Kohlenstaubexplosion handelt verursacht durch einen namithuß. Die beiden Betriebsführer kenne ih als gewissen- Beamte, denen ich selb jahrelang als Arbeiter unterstellt war. alen links gerihteten Blättern ist verlangt worden, daß bei der tersuhung auch die Arbeiter vernommen werden; aber an der rest- 1 Aufklärung durch die Arbeiter scheint nicht allen Teilen gelegen sen zu sein, denn es wurde beantragt, den Betriebsrat von der tersuhung auszuschließen, (Hört, höôrt)) Wenn überhaupt Ar- er zugezogen werden sollen, dann kann es doch nicht darauf an- ¡men S sie Kommunisten oder Deutschnationale sind. Wie steht in Virklihkeit mit der Handhabung und der Beobachtun der polizeilichen Vorschriften? Die Disziplin ist überall, auch tm rabau, sehr aelodert. Wir können uns nur schüßen, wenn alle se über die Verhütungsmaßnahmen im Vertrauen miteinander und ¡nander einverstanden sind und sie amvenden; die Verquickung mit erfshaftlihen und L pu Rücksichten ist vom Uebel. In seßten Jahren sind 120 000 afremde Männer angelegt worden. raus orflären sich die großen H denen der Betrieb jet geseht ist. Gs ist eine traurige Erscheinung, daß. bei joder GVe- enheit hauptsächlich von dew Mehrheitssozialisten der pre andpunkt L woe tit wird. Ih werde von ihnen ang riffen, [ id auf der Rechten siße. Auch auf der Rechten sißen Männer ) Frauen, die für das Volk dasselbe warme Empfinden haben wi Ne, Vir müssen u einer Grundlage zusammenstehen, die die mseitige perfönliche ung micht aus\{ ießt. Ueber die perjon- n Gegensäße hinweg qule wir für unsere Bergarbeiter wirken, nit sie in Zukunft vor so furchtbaren Katastrophen bewahrt werden ) die Arbeitsfreude behalten, die sie notwendig haben, um ihren eren Beruf auszufüllen. (Beifall rechts.)

Abg. Jansch ek fend Was nühen diese Auseinandersehungen

inem Jolchen Massenunglück. Diejenigen, welche den Arbeitern er ihre Begehrlichkeit vorhalten, sollten einmal die Szenen eines fen Unglüds mit ansehen, um zu begreifen, welhes Verbrechen an Arbeitern begangen wird. Die Unglücksfälle im Bergbau mit en ereignen fich in einem fort. Das sollte ein sogenannter Arbeiter- reler wie Herr Winnefeld bedenken. (Abgeordneter Beuermann: nd Sie denn Arbeiter?) Jch kann Ihnen den Kohlenstaub zeigen, auf meinem Körper in die Haut eingerißt ist, Sie nicht. Die ctistik gibt die Unfälle nie genau wieder, aber immer gibt man den citern die Schuld, während in Wahrheit die Betriebseinrichtungen ngelhaft sind. Es taucht pi wieder das alte System der „Soll- derung" auf; wenn die i Prämien mehr be-

je

S eiger aud keine ! men, so werden sie doch in anderer Weise belohnt, damit sie auf Arbeiter zur Steigerung der ft qu vern drücken. Herr Winne-

tut so, als ob solche Unfälle nicht zu vermeiden wären. Gewiß, ist Vergbau gefährlich, aber solche Massenunglücke brauchten 16 nicht ereignen, wenn die Verhütungsvorschriften beahtei würden und {t nur auf dem Papier \tünden. Auf Mont Cenis war durchaus t alles in Ordnuna, es haben ja teilweise Stillegungen statt- inden, weil es an Wasser fehlte. Wir haben ja bei der Unter- hung festgestellt, daß an einer Stelle die Berieselung nicht in dnung war, weil ein Stük Rohr fehlte. Die Strecken sollen doch ielt werden. Ein Mann hat einen verlangten Schlauch nicht ommen, und der Betriebsdirektor hat auf meine wiederholte Frage ht angeben können, ob genügend Schläuche vorhanden sind. Es ift sdweres Verbrechen, wenn man den Arbeitern nicht das Wasser h Berieseln liefert. Die Arbeiter rieseln allerdings nicht gern, [se dabei naß werden, aber darum muß man sie dazu anhalten, auf r Strecke sollte ein Rieselmeister für die Berieselu verantwort- } fin, Da besGuldigt man aber gewöhnli die Arbeiter, daß sie Strecken nicht berieselt hätten. Seit dem Oktober 1919 hat der hfabrer Junohans 34 mal Wetier, darunter au explosive, vor- den, aber im Wetterbuh steht nichts don, Da mußte man h für SicierHeit soraen. Wie kann ma da leugnen, daß die be wettergefährlih ist, Hue hat doh gerade die Bergarbeiter gerüttelt, vab sie die furchtbaren Gefa ren erkennen lernten, in jen sie stehen, das ist sein unveraänglihes Verdienst. Man hat int, der Untersuhungsaus\{uß hätte zu Hause bleiben können; i t dafür, daß er viel eher hätte da sein müssen. Das Oberberg- t müßte ständige Untersuhungsausschüsse einseßen. Die Berg- mten haben wir deshalb nit bei der Untersuchung haben wollen, il sie es sind, die eigentlih auf die Anklagebank gehörten, weil sie befangen a zulehnen waren; steht es doch fest, daß zwischen den imen der Aktionäre der Zechen und denen der Beamten eine auf- Kige Analogie vorhanden ist, so daß man ganz bon selbst auf die tmutung eines bEeR en Zusammenhanges kommt. Daß Arbeiter bossen haben, kann doch auch daran liegen, daß zu weni Scieß- ister vorhanden sind. Wir müssen dafür sorgen, daß diese furt- en Gefahren dem Beramanne ferngehalten werden, damik, wir pn nit selbs der Schuld an diesen Katastrophen geziehen

Preußischer Minister für Handel und Gewerbe Fischbeck: ‘tine Damen und Herren! Der Herr Kommissar der preußischen dierung Hat fich vorhin bemüht, in unparteiischer Weise das gebnis der amtlichen Untersuchung darzulegen, und wer ihn fôrt hat, wird die Ueberzeugung gewonnen haben, daß si die rgbehörde wirklich bemüht Hat, in dieser Untersuchung ohne

als am vorleßten . Montag das Unglück passiert war und am Dienstag morgen uns einigermaßen über die Größe dieses Un- glücks Bericht gegeben war, die Herren, die diese Fragen im preußischen Handelsministèrium bearbeiten, ersucht, sofort an Ort und Stelle zu fahren. Und als Sie, meine Damen und Herren, hier am Mittwoch vor 8 Tagen Jhre Beratung hielten und dabei gesagt wurde, bei solchen Untersuchungen müsse der Betriebsrat mitwirken, das seien die geeigneten Leute, die würden objektiv die Wahrheit feststellen, da waren meine Herren mit dem Bes triebs8rat längst unten in der Grube und untersuchten diese Sache. (Hört! Hört! rechts.) Uns ist es niemals eingefallen, die Betriebsräte au3zuschalten. Jm Gegenteil, solange das Betrieb3- rätegeseß besteht, habe ich mich bemüht, den Betriebsräten die ihnen gebührende Stellung zukommen zu lassen, und immer wieder die Herren meiner Verwaltung angewiesen, daß sie sih mit den VBetriebräten in Vexbindung zu seten, sie bei den Befahrungen der Grube heranzuziehen und zu hören haben, welhe Wünsche sie haben, und von ihnen die Anschauungen der Arbeiter kennen zu lernen. Und wenn .ich selber eine Zeche besuche oder in eine Grube einfahre, Sie können sih erkundigen, in welchem Verg- revier Sie wollen —, noch niemals ist es anders geschehen, als daß von dem Augenblicke an, wo ih auf die Zeche komme, der Vorsißende des Betriebsrats zur Stelle ist und er verläßt mich erst, wenn ich von der Grube weggehe.

Meine Herren, so sind wir auc bei dieser Gelegenheit ver- fahren. Jch habe es für meine Pflicht gehalten, selbst die Zeche aufzusuchen, um mih an Ort und Stelle über die Untersuchung zu unterrichten, und zu sehen, ob nach meinen Anweisungen verfahren wird. Ich habe selber den Betriebsrat gehört, ih habe mir au die Rettungsmannschaft vorstellen lassen, die in überaus loben3- werter Weise unter Einseßung ihres eigenen Lebens für die Kameraden eingetreten ist, (Bravo!) Jch habe dieser Rettungs- mannschaft meine Anerkennung und meinen Dank ausgesprochen und möcte diesen Dank der Regierung auch hier vor dem ganzen Lande wiederholen. Jch habe auch vor dieser Nettungsmannschaft meine Fragen gestellt und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich übér die Zustände in der Grube zu äußern. Es ift also nicht so, als ob wir die Arbeiter ausgeschaltet und irgend eiwas ver- tuscht hätten. | Í |

Da die Dinge so sind, werden Sie es mir nicht verdenken können, wenn ih mich dagegen verwahre, daß bei einer solchen Gelegenheit behauptet wird, die Bergbehörde sei diejenige, die auf die Anklagebank gehöre. (Sehr richtig! rechts3.) Manches von dem, was Herr Hue am Mittwoch vor 8 Tagen hier gesagt hat, würde vielleiht gang anders von ihm gesagt werden, wenn er an den Aus\chußberatungen teilgenommen und jeßt das objektive Er- fenntnis der Untersuchung vor si hätte. (Sehr richtig! rechts. Zuruf von den U. Sogz.: Sie ist noch nit abgeschlossen!) Um- somehr- war es fals, vor der Untersuhung schon die Berg- behörde anzuklagen (Sehr riGtig! rechts.) und die Bergbehörde für die Schuldige zu erklären. Da wartet man eben die Unter- suchung ab, ehe man so \chwere Beschuldigungen erhebt. (Sehr richtig! rechts. Zurufe links.) Es ist ja in der Presse und

- anderwärts gesagt worden: Ja, wenn ein ‘Lokomotivführer oder

doch der VBetreffende das Unglück nicht felbst. Ja, das ist doch eine logisch gang falsche Vorstellung. Jenen Lokomotivführer oder Bahnhofsvorsteher kann man vielleiht mit einem Direktor, Betriebsführer oder einem Steiger der betreffenden Zeche vers gleichen, aber ich habe noch nie gehört, daß man, wenn ein Eisens bahnunglüdck passiert ift, die Bahnpolizei von der Untersuchung ausgeschlossen hätte. (Sehr wahr! rets.) Jm Gegenteil, sie ist dazu da, die Untersuchung zu führen. Meine Herren, wir können nit darein willigen, daß die geordnete JInstariz und die Verg- behörde ist eben Polizeibehörde, der Revierbeamte ist der Hilf3- beamte der Staatsanwaltshaft, daß dieses behördlihe Organ bei der Untersuhung aus3gesclossen isi. Was ist denn der Berg- revierbeamte, im Grunde genommen? Er ist der Gewerbeauf- sihtsbeamte des Bergbaus. Ich habe aber noch nie gehört, daß, wenn in einem Fabrikbetriebe ein Unglück passiert, man des- wegen ohne weiteres den Gewerbeaufsihtsbeamten auf die An- flagebank geseßt hätte. (Sehr richtig! rechts, Zuruf von der U. Soz.) Jh muß deswegen dagegen protestieren, daß man un- bewiesenerweise gegen die Bergbehörde derartige Beschuldigungen erhebt. (Bravo! rets.) Herr Janschek hat gesagt: ja, der Ver- dacht liege vor, es seien Familienbeziehungen der Bergbeamten mit den Werksbesißecn vorhanden. Ob der Verdacht begründet sei oder nicht, wisse er allerdings nit, aber er sei da. Meine Herren, daß man vor dem Lande ohne Beweise einen folchen Ver- dacht, eine solche Beschuldigung ausspricht, daß man Beamte, die ihre Schuldigkeit gzu tun bemüht sind und dessen bin ich Zeuge, und ih lege Ihnen ja gerade dar, daß fie das zu tun bemüht sind —, in dieser Weise ohne Unterlage öffentlich anklagt; da- gegen muß ich mit aller Entschiedenheit Verwahrung einlegen.

(Zuruf von den D. Nat.)

Kiegler- Westfalen (Dem.): Die Erregung die sich an- Mrs Kata trophe auf Dien Cenis im ganzen Volk gezeigt hat, wirkt naturgemäß in diesem Hause nah. Wir haben aus den bis-

erigen Feststellungen daflénige zu ziehen, was zur Vorbeugung ähn- ber inte dienen kann, und wir haben uns zu bemühen, diese Fest- stellungen möglichst ruhig und leidenschaftslos zu mahen. Es if gefragt worden, ob die Einseßung des Unter uchungsauss\ usses richtig und zweckmäßig gewesen sei. Es stimmt schon: die Einseßung eines Untersuhungsausschusses für eine UURUIs Frage bedeutet etwas Neues; wierigkeiten mögen bestehen, aber als Mitleid des Aus- {hu es möchte ih sagen, daß seine Tätigkeit doch nit so ganz ergebnislos gewesen ist als der Redner der eutschnationalen Volks- partei es dargestellt haf. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen, wir wissen nicht, was noch alles- festgestellt werden kann, aber zu mandéerlei Schlüssen sind wir doch hon gekommen, und wir wollen auf die Verminderug der Gefahren des Bergbaues hinarbeiten. Unser Volk hat von jeher für den Beruf des Dergmanaut eine hohe Achtung aehabt (sehr wahr!), es hat bon den ulkindern angesichts des Bergmanninvaliden mit seinem künstlichen Bergwerk angefangen den Bergmann stets für eine höhergestellte Pérson gehalten. Auf Grund dieses hohen Interesses hat das Volk ein Recht daran, hier volle Wahrheit zu erbalten über die Dinge, die a bei einem solchen Unglück abspielen. Klarheit und Offenheit mu nah beiden Seiten bin obwalten. Liegt ein Verschulden der Unternehmer vor, so wird dies rücsihtslos bor fo pu ein, liegt andererseits ein Verschulden

Bahnhofsvorstehér ein ‘Unglück angerichtet hat, dann untersucht

it r vor, so muß auch da der Finger in die Wunde gelegt tons Nu auf die e Wetse können Mißstände abgestellt werden.

89 Tote, 75 Verleßte sind die ungeheuren Folgen dieser Katastrophe. Sie einigen uns zur eingehendsten Klarstellung. Bei dem jeßigen

ist notwendig, daß sür die tn ben Kohlengruben besGäftigten Arbeiter besondere Instruktionsstunden eingerichtet werden, in denen die Leute mit den Gefahren, besondecs des Schlagwetters, vertraut gemacht werden, und in denen sie auch in die Schubmaßnahmen eingeführt werden, um {were Folgen zu verhüten. Wenn die ganze Berg- arbeitershaft diese Gefahren kennt, dann werden auch die richtigen Kontrollmaßnahmen in Anwendung kommen. Die Möglichkeit Tee Kontrolle war auf Mont Cenis gegeben. Dem Betriebsrat wurdén keinerlei Schwierigkeiten gemacht. Das haben wir an Drt und Stelle feststellen konnen. Die Berieselung funktionierte, und Schwaden waren nit vorhanden. Die Zeche war im besten Zustande, so daß einer der Teilnehmer sich sogar fragte, ob wir auf der richtigen Zeche seien. Wie sih der Betriebsrat von Mont Genis politisch zusammen- letzt, steht nicht ganz fest. Einerseits wird behauptet, er sei kommu- nistis, andererseits, er sei unionistisch, Nach meinen Informationen hören die Betriebsratêmitglieder dort dem alten Gewerkverein, den ristlihen Gewerkschaften und den Unioniften an, aber allgemein wäre es bedauerlich, wenn die Betriebêräte nah politischen Gesichts- punkten gewählt würden, In die Betriebsräte müssen die Leute hineinkommen, die auf Grund longjähriger Tätigkeit auf der Zeche die meisten Fglaprungen haben (Sehr ritig!). Von einer \{lag- wetterarmen Grube fann man bei Mont Cenis allerdings nit sprechen. Mir cheint es notwendig zu sein, auf die Ausbildung der Schießmeister und Scießhauer größten Wert zu legen. Was helfen die besten Shußmaßnahmen, wenn der Schießmeister sie niht beachtet, Vor dem Unglück ift nah Ausfage der Schießmeister nicht ge- schossen worden. Somit erscheint ein verbotswidriger Schuß ab- gegeben worden zu sein. Die Zahl der Schießmeister muß un- bedingt vermehrt werden. Man kann \sich wohl vorstellen, daß, währen der Schießmeister an anderen Stellen zu tun hat, Ber

arbeiter an ihrem Betriebspunkte auf ihn warten und \{ließli

da sie doch Kohle fördern jollen und Geld verdienen wollen, sich serer zu verbotswidrigen Schüssen verleiten lassen. Alle Vor- chriften nüßen nihts, wenn sie nicht befolgt werdew können. Deshalb frage ich, ob die Zahl der Einfahrer groß fenug ist, Es heißt ja, daß die Einfahrer überlastet sind. Sind die Befugnisse der Einfahrer weit genug, fönnen fie selbständig Anordnungen treffen? Wir müssen endlih einmal von der Methode des Redens weg (Heiterkeit) und müssen handeln. Auf der Kohle beruht unsere Mint Gai, wix müssen deshalb den Bergarbeitern ihre Arbeit er- möglichen. Schuß der Bergarbeiter ist unsere Aufgabe. Die Be- hörde hâtte bei dem Unglück von Mont Cenis \chneller mit der unO eingreifen müssen Wie lange hat es gedauert, bis ie überhaupt Nachricht von dem Unglück erhielt? Die äußerst chwache Beseßung des Reichstags heute läßt wenig Fnteresse an dieser Sache erkengen; der. Reichstag muß bei solchen Dingen zur Stelle sein, wenn ér sein Ansehen wahren will. Es geht um die N unseres Volkes, da muß der Reich3tag mitarbeiten. (Bei all bei ven Demokraten.)

__ Abg. Bra ß S: Es ist allerdings bedauerlich, daß heute

der Reichstag nur eine so chwahe Beseßung aufweist. och 70

Bergleute liegen verleßt im Krankenhause. Der Zwang, zu

ördern, läßt den Bergmann. die Sicherheitsvorshriften nicht voll-

tändig beahten. Tagtäglih können L neue Unfälle ereignen, urzel des Syste

Y

eshalb müssen wir die Art an die ems gen. Von vielen Unfällen erfährt die Oeffentlichkeit gar nichts. ie Statistik zeigt ein Aufsteigen in der Zahl der Massenunglücke. Die Schuld liegt niht beim einzelnen Arbeiter oder Beamten, sondern beim System, das die Arbeiter zwingt, die Sicherheit außer aht zu lassen. Die Grube Mont Cenis ist niht ganz tadellos ein- Sl es fehlt an manchen Einrichtungen sür die Sicherheit.

hne den parlamentarishen Untersuhungsausschuß wäre manches niht aufgeklärt worden, was den Unfall mindestens mit veranlaßt hat. An einer Stelle fehlten 50 m Rohr, an einer anderen konnte nicht berieselt werden, weil die Absch ußventile fehlten. In der Grube herrshte ein starker Mangel an Rohren und an Bauholz. Auch die Bewetterung is nit vollständig in Ordnung gewesen. Der Wettermami hat niht Yeit genug gur Verfügung, um alle Strecken befahren und kontrollieren zu Tönnen. ie Grube f keineswegs als schlagwetterarm anzusehen; der Wettermeister &unghand hat 34 Schlagwetter bemerkt, ohne daß diese aus dem Wetterbuch ersihtlih sind. Es haben auch vorher dret kleinere Schlagwetterexplosionen stattgefunden. Daß sih noch weitere er- eignen, ist durchaus nicht aus8geshlossen. Die Zahl der Steiger reiht niht aus, um den ganzen Betrieb übersehen zu können; der Direktor hat die Notwendigkeit eines Hilfs\teigers anerkannt, aber erst der Untersuhung8ausshuß hat das feststellen müssen. Ein Steiger mehr kostet ja Geld. Was veranlaßte die Arbeiter, selb- ständig einen Schuß abzugeben, den nur der Scießmeister ab- geben darf? Doch nur der Zwang, Lohn zu verdienen, während der Schießmeistec nicht zur Stelle war. Die Bergleute haben eben keinen Lohn, der dem Existengminimum entspriht. Der Betriebs2- rat hat wiederholt Vorstellungen wegen Materialmangel8 gemat, aber die Betriebsräte erweisen sich, wie Hue sagt, wirklich nur als weiße Salbe. Sobald ein Betriebsrat tatsählich die _Juteressen der Belegschaft wirklih wahrzunehmen unternimmt, wird er ent- lassen A das ist auch auf der Zehe Mont Cenis praktiziert worden. Wix verlangen, daß unverzüglih die Arbeitszeit auf der Grube auf 6 Stunden herabgeseßt und der Krets der Setne der Be- trieb8räte auch nah der Seite der Exekutive, insbesondere bezüglih der Durchführung der Sicherheitsvorschriften, erweitert wird. Die Besserung des Loses der Bergarbeiter ist eine Förderung der All- gemeinheit; sie ist sofort zu erreihen, wenn die Arbeiter zusammen- stehen, um für sie zu kämpfen. Appellieren wix an die Geschlossen- heit der Arbeiterschaft, so ist dieser Forderung in zwei oder dret Wochen Erfüllung beschieden.

Oherberghauptmann Althans B auf die Unfallstatifstik der Bergleute näher ein, Die Unfallziffer ist heute geringer als vor dem- Kriege, webei zu bedenken ist, daß eine starke Vermehrung der Belegschaft durch ungelernte Arbeiter eingetreten ist. Auch die Nerwaltung it sich völlig bewußt, wie wichtig eine eingehende Be- sehrung der Beraleute über die Unfallgefahren ift; es sind aber angesihis der aroßen Zahl der Bergarbeiter in diesem Punkte

oße Schwierigkeiten zu überwinden. Vor einiger Zeit sind im Ruhraebiet bergmännisde Fortbildungs\hulen ins Leben gerufen worden, wo die tungen Leute über diese Gefahren aufgeklärt werden, Auch mit Filmvorträgen für Bergarbeiter haben wir begonnen und werden sie weiter ausbauen, da sie aroßen Anklang gefunden haben. Gbenso sind Kurse über das Sprengstoffgeseß und die Behandlung der Sprengstoffe veranstaltet worden. Die Berieselunasmeister baben aus\{ließlih mit der Berieseluna zu tun. (Lebhafter Wider- spruch links.) Ob die Zahl der Einfahrer vermehrt werden muß, soll eingehend geprüft werden. Zwei Schicßmeister auf 20 Arbeiter ist ein durhaus angemessenes Verhältnis. Die Beragpolizei hat sch in erster Linie von dem gesamten Sicherheitszustand der Gruben zu überzeugen, sie muß si aber dabei auf Stichproben beschränken und kain nicht für jedes fehlende Rohr, für iede Kleinigkeit ver- antworiliG gemaht werden. Sonst müßte man ja neben jeden Steiger nod einen anderen Beamten stellen, Die Steiger haben nit nuar auf die Wirtschaftlihkeit der Gruben zu achten, sondern au auf die Sicherheit, und sie werden deshalb von den Revier- beamten bejonders bestätigt.

Aba. Schwarzer (Bayer, Vp.): Ale Kreise der Bevölks- runa, ov sie nah oder weit vom Berawerk wohnen, empfinden herz- liches Mitleid aus Anlaß der Katastrophe. Jch babe Zuschriften bekommen, welche dies beweisen. Darin wird u. a. auch eine allge- meine Sammlung für die Bergarbeiter gefordert. Wir halten das Bergwerk, ob erze oder kohlenfördernd, für das arößte nationale Gut, bei dem der Schuß der Sachaüter mit dem des Lebens der Arbeiter aleihmäßia zu wahren ist. Wir halten deshalb dieses Unglück auch für ein nationales Unaglück, und es muß alles gesheben, was na menschlihem Ermessen dazu dient, solche Unfälle zu verhüten. Not- wendig ist eine ers{chöpfende Untersuchung und volle Aufklärung über den traurigen Fall. Manches hätte wohl {on vorber besser gemacht werden *önnen. Wir \ind bereit, für alle erforderlihen Norkeb-rungen jede geltlihe Unterstüßung zu gewähren, wir Hoffen, damit den Bergarbeitern und dem Volksganzen den besten Dienst

reingenommenheit zu wirken. (Sehr richtig! rechts.) Jch habe,

Stand der Untersuchung, glaube is müssen wir bezügli der esl

stellung der Dinge noch eine gewisse Zurückhaltung beobachten. Es

zu erweisen (Beifall.)