1921 / 156 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Jul 1921 18:00:01 GMT) scan diff

Jahren für die AbiviXlung des Krieges, für die Ausgaben zui und zum Wiederaufbau unserer dur den Krieg fo stark

Wiederaufbau der zerrütteten Volkskraft vornehmen mußten. Jm Kriege wurden ja nit nur die Summen verbraucht, welche in Form von Kriegsanleihen oder von s{webenden Schulden auf dem Papier verzeihnet waren, es wurden au riesige unsihtbare Kriegsanleihen aüfgenommen in Form von Raubbau am Verkehrswesen, Raubbau am Grund und Boden und an der übrigen Volkswirtschaft, vor allem in Form von Naubbau an der Menschenkraft. Die Wiedererseßung dieser verbrauhten Sachkapitalien und Kraftmengen konnte nit erfolgen, ohne daß das Reich helfend und \tüßend eingriff, was seiner- seits zu einer großen Schuldenvermehrung führte, die um so rapider werden mußte, als für jede verbrauhte Goldmark ein Vielfaches in Papiermark an neuen Swulden notwendig wurde.

Mit der Entwertung des Geldes ist der zweite Faktor gegeben, der unsere Finanzlage carakterisiert und sie bis zu einem gewissen Grade undurhsichtig gestaltet. Es ist- notwendig, daß unser gesamtes deutsches Volk sich jederzeit dieses ungeheuren Prozesses bewußt wird, der so gewaltige soziale und finanzielle Wirkungen ausübt. Die Zer- stôörung eines sehr großen Teiles unseres Realvermögens im Kriege, die Vernichtung von Goldwerten, wie sie ein halbes Menschenalter angestrengter Arbeit eines fleißigen 60-Millionen-Volkes geschaffen hatte, die Inanspruchnahme der deutshen Volkswirtschaft während des Krieges bis zur Erschöpfung, nebenbei die anderen Erscheinungen der Inflation, der Auslandsverschuldung im Kriege, des Kreditzusammen- bruchs, das alles ist in Verbindung zu seßen mit den großen politischen Umwälzungen, die wir alle mit erlebt haben. Und dann kam die von einer so starken Bewegung getragene Forderung der Annäherung der Inlandspreise an die Weltmarktspreise, jene Forderung, die zusammen- hing mit dem Uebergang zur Freiwirtshaft. Dur die Aufhebung der Preisbindung im Inland mußte auch der innere Geldwert immer tiefer gleiten. Jn der Gegenwart ist das Verhältnis etwa so, daß der innere Wert der Mark nur noch ein Zehntel der Friedensmark beträgt, während draußen auf dem Weltmarkt noch ein viel ungünstigeres Ver- hältnis herrscht und die Mark dauernden {weren Schwankunzen unterworfen wird.

Wir dürfen niemals vergessen, daß im Innern unseres Vater- landes die Goldmark nur eine Groschenmark is und auf dem Welt- markt noch viel weniger darstellt. Für die Finanzpolitik und die Vermögenss\truktur unseres Volkes ergeben sih aus dieser Entwick- lung des Geldes e 8 Folgen. Sozial und wirtschaftlih ist dadurch die kolossale Vershiebung zwishen dem Rentenbesiß und den Besißern von NRealwerten herbeigeführt worden; finanzpolitisch bat die Entwertung zur Folge, daß das Bild des Bedarfs des Reiches, der Länder und der Gemeinden in einer ungeheuren Ver- zerrung erscheint. Jede Milliarde neuer Schulden ist nichts anderes ál8 eine Summe von 100 Millionen Goldmark, eventuell noch weniger; jede Milliarde Ausgaben des ordentlichen Etats ist unter der Annahme des obigen inneren Entwertungsfaktors gegenwärtig nur eine Summe von 100 Millionen Goldmark. Ebenso und darauf lege ih besonderen Wert i jede Mark Steuer, die wir an das Reich bezahlen, nur ein Friedensgroshen. Selbstverständlih ist auch jede Mark Einkommen, die wir haben, nihts anderes als ein Groschen. (Sehr richtig!)

Aber während wir hinsihtlih unseres Einkommens diese ver- änderte Wertrelation sehr wohl zu würdigen wissen, taucht im UÜnterbewußlsein manches Steuerzahlers plößlih die Erinnerung an die versunkene Goldmark in dem Augenblick auf, wo es gilt, Leistungen für das Reih zu vollziehen. (Sehr richtig!) Wir müssen aber mit gleihen Größen rechnen, dürfen nicht inkommen- surable Größen miteinander vergleichen. Wenn wir uns beim Ein- fommen voll bewußt find, daß wir bloß Papiermark haben und das stellen manhe mit Bedauern fes —, dann müssen wir unser Bewußtsein in der gleihen Linie einstellen, sobald wir an die Steuerkasse treten, um unser Opfer für das Vaterland darzubringen. In breiten Schichten unseres Volkes wird diese einfahe, klare Tatsache immer noch nit zur Genüge gewürdigt. Das hat seinen Grund mit darin, daß bei gar manchen Vergleichen, die in der Oeffentlichkeit, auch in der Presse, angestellt werden zwischen dem Schuldenstand vor dem Kriege und dem gegenwärtigen Schulden- stand und zwishen der Schuldenvermehrung im Kriege und der Schuldenvermehrung nah dem Kriege, zwischen den Ausgaben des Reiches vor der großen Katastrophe und den Ausgaben der Gegen- wart, mit keinem Wort darauf hingewiesen wird, daß es sich um zwei vollkommen verschiedene Größen handelt, und daß man zum rihtigen Vergleiche mindestens die Division der Gegenwartsziffern durch 10 notwendig vornehmen muß. (Sehr rihtig!)

Unter diesem Gesichtswinkel will der gegenwärtige Etat gesehen sein, unter diesem Gesichtswinkel muß auch unsere Leistung an das Reich gesehen werden. Erst so entsteht Klarheit. Eine jede andere Nergleichung, die niht auf diese Unterschiede hinweist, bedeutet eine objektive Jrreführung des deutshen Volkes. (Sehr richtig!)

Wie sieht nun dieser Etat in der Gegenwart aus? Da ist zunächst der ordentliche Haushalt. Er weist 48,5 Milliarden Aus- gaben auf. Darunter find 35,8 Milliarden für die eigentlichen Reicbszweckte, 12,7 Milliarden fließen ab an Länder und Gemeinden. Der außerordentlibe Haushalt weist 1921 noch die Summe von 59 Milliarden auf, darunter 26,6 Milliarden für die Ausführung des Friedensvertrages und 18,9 Milliarden für die Zuschüsse an die Betriebsverwaltungen; die übrigen 14,2 Milliarden werden benötigt für Lebensmittelzushüsse, Erwerbslosenfürsorge und Wohnungsbau sowie für einige andere Zwede. Dieser außerordentlihe Etat das ist eine unserer Hauptaufgaben muß so rasch wie möglih abgebaut werden. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Sie können mir zurufen, meine Damen und Herren, warum ih viese Bemerkungen vorangeschickt habe. Sie sind notwendig. Nichts ist so wenig in Deutschland verbreitet wie die Kenritnis über unsere Etatsziffern. (Sehr richtig! bei den Deutshen Demokraten und bei den Sozialdemokraten.) Und in nihts wird mehr Unfug gemacht als in der Beurteilung dieser Ziffern. (Sehr wahr! bei den Deutschen Demokraten und bei den Sozialdemokraten.)

Ih kann mir nicht denken, daß wir Ihnen heute Steuerpläne etwa in dem Sinne vortragen könnten, daß es möglih wäre, auch nur im größten Teil den Bedarf des außerordentlihen Haushalts zu deten. Jh habe in Zeitungen da und dort gefunden, als ob wir nit nur die Verpflichtungen, die aus den Kontributionen, wie ih fie nenne, hervorgehen, deen müssen, sondern daß wir gleichzeitig &án Steuerprogramm machen müssen, um auch die Fehlbeträge des außerordentlichen Haushalts des Reichs zu deden. Ich wüßte nicht, wie man an diese Aufgabe herangehen sollte, eiwa die Aufgabe zu

Stüßung | lösen, für die nähsten Jahre die Fehlbeträge der Posk und Eisen- zerrütteten ! Volkswirtschaft und, worauf ih besonders aufmerksam mache, für den |

bahn aus allgemeinen Steuermitieln zu decken.

Meine Herren, ih bitte deëhalb streng zu {eiden zwischen Er- fordernissen des außerordentlichen Haushalts, die wir im einzelnen zu besprechen und zu kritisieren haben, und den Forderungen, die uns aus der Erfüllung des Ultimatums erwachsen. j

Ich sagte vorhin, daß dieser außerordentlihe Haushalt möglichst rash abgebaut werden muß. Was die 26,6 Milliarden für die Aus- führung des Friedensvertrags anlangt, so geht der größte Teil dieser Summe direkt über in den Etat der Kontributionen, der zu einem laufenden Etat gestaltet wird, der also einen Teil unseres ordentlichen Haushalts in der Zukunft ausmachen wird. Es ist da und dort vor- gekommen, daß dieser Betrag doppelt aufgetreten ist, für Erfülkung des Ultimatums und noch einmal innerhalb des außerordentlichen Haushalts. Nur soweit wir noch Entschädigungen zu leisten haben, sind diese als außerordentliche einmalige Ausgaben zu behandeln.

Der Etat ver Betriebsverwaltung muß in dem Augenbli in Ordnung gebraht werden, wo wir uns volkswirtschaftlih einstellen auf den allgemeinen Entwertungsfaktor, dessen Höhe natürlih noch festzuseßen ist. Die Betriebsverwaltungen müssen, gerade wenn sie nach fkaufmännishen Grundsäßen geführt werden sollen, ihre not- wendigen Ausgaben in ihre Preise kalkulieren können. Es geht nicht weiter an, daß die Unterstühung der Volkswirtschaft durch Zuschüsse des Reichs und dur eine reale Verbilligung gegenüber der lebten Friedenszeit bei der gegenwärtigen Finanzlage weiter getätigt wird.

Die übrigen 142 Milliarden sind gleichfalls begründet in der Vebergangswirtschaft vom Krieg zum Frieden. Jh erinnere Sie daran: unter diesen 14,2 Milliarden steten die mehr als 8 Milliarden für die LÆbensmittelzushüsse, insbesondere für die Getreideberbilli- gung. (Zuruf von den Unabhängigen Sozialdemokraten: Agrarier!) Es ist besonders darauf hinzuweisen, daß die Ausgaben des außer- ordentlihen Haushalts nit dem Kontributionsetat zusammen- gezählt werden dürfen als Dauerbelastung des Reichs, was sogar, wie ih hervorgehoben habe, in finanzpolitish gebildeten Kreisen hin und wieder geschieht.

Der dritte Teil des Haushalts und das interessiert uns heute besonders ist charakterisiert durch den Haushalt der Kontri- butionen. Dieser Kontributionsetat und darin liegt die Sorge für uns ist leider keine fire Größe. Er s{chwankt infolge zweier Unsicherheitsfaktoren, nämlih der Höhe der 26 prozentigen Abgabe und der Höhe des Entwertungsfaktors des deutschen Geldes. (Sehr rihtig! bei den Deutschen Demokraten und bei den Sozialdemo- kraten.)

Meine Damen und Herren! Es ist heute nicht die Aufgabe, das Reparationsproblem im allgemeinen in allen Einzelheiten zu er- örtern. Jch lasse also die tehnisch aber auch politisch bedeutsame Frage auf der Seite, wie wir die Goldmark beschaffen werden, die wir als Ultimatumsverpflichtung abliefern müssen. Aber darüber wird sch doch die Welt klar sein, daß jede Finanzpolitik und jede Steuerpolitik in einem Augenblick ad absurdum geführt wird, wo die deutsche Reichsmark dauernd dem Abgrund zustürzt. (Lebhafte Zustimmung.) Da ist jede Politik am Ende, da brauht man keinen Finanzminister, da braucht man nur einen Dirigenten, der uns irgendwie von einer Kommission geschickt wird, um dann noch die Druckerpresse in Bewegung zu seßen. ;

Besonders shwierig ist die Frage des Entwertungsfaktors, mit Rücksicht auf das Schwanken der deutshen Valuta, wie ih aus- führte. Darum können wir nur mit großen Vorbehalten die ent- sprechenden Aufstellungen machen. Die Reparationsleistungen sind gegenwärtig mit 3,3 Milliarden Goldmark zu werten, die Kosten der Besabung sind ein unsicherer Posten und deswegen für die deutsche Finanzwirtschaft eine außerordentlihe Belastung. Es {kind für das laufende Fahr rund 10 Milliarden in den Etat eingestellt ivorden. Wie hoh sich die Kosten tatsählich belaufen werden darin sind auch die Requisitionen, Neubauten, alles mögliche in den beseßten Gebieten eingestellt —, muß erst die Entwicklung zeigen. Eine Festsegung der Besaßungskosten auf eine erträgliche, fixe Höhe muß das Ziel sein, dem niht nur wir entgegenstreben, son- dern dem die Gegenseite entgegenstreben müßte. (Sehr richtig!)

Nach dieser Richtung hin hatten sich auch die Sachverständigen in Brüssel seinerzeit ausgesprochen. Man hat dort von der Gegen- seite anerkannt, daß die Besaßzungskosten einzushränken sind. Wir werden auf dieses Thema im Spätjahr eingehend einzugehen haben.

Nun kommt aber die Umrechnung des Kontributionsetats in Papiermark. Sie kann nur mit den größten Vorbehalten vorge- nommen werden. Für die Sachleistungen, die wir in Papiermark abzudecken haben, werden wir zurzeit wohl mit einer Umrehnung im Verhältnis von 1 zu 10 rechnen dürfen. Je höher sih dieser Teil der Reparationsleistung gestaltet Sie haben ja gehört, daß das Garantiekomitee darüber Besprechungen eingeleitet hat —, um so eher werden die Summen im Reichsetat verarbeitet werden können. Je geringer dagegen dieser Anteil an Sachleistungen ist, desto höher werden die Papiergeldsummen für die Gesamtleistung aus- fallen. Für die ersten Jahre wird man mit einer Papiergeld- belastung aus dem Ultimatum in Höhe von 42 Milliarden rechnen müssen. Dazu kommen dann die Kosten für die Besaßung.

Unter der Vorausseßung, doß der Geldwert im {FFnnern auf der gegenwärtigen Basis eine gewisse Stabilisierung erfahren würde, und daß im Laufe der Zeit der Außenwert des Geldes an den Fnnenwert heranwächst, würden sich die Leistungen in Papier- mark für 3,3 Milliarden Goldmark mit den Besabungskosten auf etwa 40 bis 45 Milliarden stellen.

Auf dem außerordentlichen Etat, von dem ih vorhin besonders gesprochen habe, verbleiben zur Erfüllung des Friedensvertrages noch 5 Milliarden. 21 Milliarden würden auf den ordentlihen Haushalt der Kontributionen übernommen. Fch hebe das noch ein- mal hervor, um ja nicht mehr diesen Frrtum aufkommen zu, lassen, als ob wir hier doppelt rechnen müssen.

Es fragt sich nun und das ist die Hauptfrage —, wie soll die Deckung gefunden werden? Sollen wir in ähnliher Weise wie im Kriege diese außerordentlichen Lasten durch Anleihen aufzu- bringen versuchen? Theoretisch ist das eine sehr schöne Frage, weil man sagen könnte, daß an sih eine Kriegskontribution eine anßer- gewöhnliche Leistung darstellt.

Wir wollen uns aber nicht in theoretishen Expektorationen er- gehen. Für uns hat sich die Lage so gestaltet, daß die laufenden Kontributionen durch laufende Einnahmen zu decken sind. Das ist das Ziel, dem wix zustreben müssen, und um dessentwillen wir auch vor s{hweren Steuern nicht zurückschrecken dürfen. Ob es sich gleih im Anfang erreichen läßt, ist zweifelhaft. Das ist niht nur eine Frage der steuerlihen Gestaltung, das ist eine Frage der Gestal-

kung unserer ganzen Bolk3wirtschaft und eine Frage der Gestyt der Weltwirtschaft. Uy

Immerhin soll die Gefepgebung im Herbst große neue 5 nahmequellen ershließen, aus denen die Reparationssummyy, deckt werden können. Wir stehen damit vor der zweiten Eten der deutshen Finanzreform. Der erste Abschnitt galt der Stain des Gleihgewihts im innern ordentlichen Etat. Er war deln! zeihnet in erfter Linie durh die Reform der direkten Besteuern.

Nun kommt die Sorge für den Reparationsetat. Be; did muß auch die indirekte Besteuerung systematisch durthgehy, werden. Aber da e383 fsich um eine sehr hohe Belastung unk ganzen Volkes handelt, so wird man mit allem Nachdruck ula müssen, die direkte Besteuerung an den Punkten noch zy verb, kfommnen, an denen sie noch ausbaufähig ist. Auf diese 5, muß dann ein möglichst gutes Gleihgewiht zwischen der din Besteuerung und der indirekten Besteuerung herbeigeführt wein damit der soziale Gesamtcharakter des deutshen Steueriwvey tragbar erscheint. i“

Man könnte daran denken, neue Wege in der Besteuerunz , gehen, wie sie teilweise in der Oeffentlichkeit, insbesondere in V Zeitungen, erörtert worden sind. Diese Erörterung halte iz i sehr wichtig, jedoh muß der praktische Steuerpolitiker bestrebt i möglichst rasch und ohne erhebliche Störung des Wirtschaftzl;5»y zu den nötigen Einnahmen zu kommen. Auch fehlen unz ß

Unterlagen wirtschaftsstatistisher Natur, um solch große Steuer

gedanken, wie sie z. B. in den „Steuergesellschaften“ vorges werden, auf ihre praktishe Durchführbarkeit zu prüfen. Y Steuerbehörden und wir werden gewiß diese neuen Gedanken jy Auge behalten, und ich bin mir klar, daß wir in kurzem w weiteren Erörterungen stehen werden. |

Aber gerade bei den Steuern ist eine gewisse Kontinuität wy ungeheurer Wichtigkeit. Deswegen wollen wir zunächst auf al Wegen vorwärts schreiten, um zum Ziele zu gelangen. Es ift y, reits in der Oeffentlichkeit bekannt, in welher Richtung si h Steuergeseßgebung der nächsten Zeit bewegen wird. Was j direkten Steuern oder die sogenannten Besißsteuern anlangt, handelt es sich um folgendes: wir müssen zunächst sehen, m unserer neugeschaffenen Einkommensteuer möglihst hohe Erttiy herauszuwirtshaften durch eine Verbesserung der Technik yy Steuererhebung und der Steuerkontrolle. Auf diese Weise km eine nicht unbeträhtliße Zahl von Milliarden Papiermark y wonnen werden.

Weiter ist geplant eine Veredelung des Reichsnotopfers, iy

Besteuerung der Nachkriegsgewinne im engeren Sinne und ein Yb bau der vorhandenen Besißsteuern. Dazu kommen als notwenty den Besißsteuern zuzuzählende Steuerarten hinzu: eine starke höhung der Körperschafts\teuer, eine Kapitalsverkehrssteuer, tin Aenderung der Besteuerung der Versicherungen und ein Au der Va auch eine Rennwettsteuer wird eingefüht werden. : Bei den indirekten Steuern und Abgaben handelt es fi im weserk lien um eine Erhöhung gewisser Zölle und um den Ausbau bv stehender Steuern. Hierzu gehören vor allem die Umsaßsteuer, ti Zutckersteuer,. die Tabaksteuer, die Biersteuer, der Ausbau des Bran weinmonopols, eine Mineralwassersteuer und einige kleinere Abgabt, wie die Leuchtmittelbesteuerung, die Aenderung der Zündwarensteut und die Schaffung eines Süßstoffmonopols.

Eine Veredelung des Reichsnotopfers ist unbedingt erforderlih, Auf diese Weise wird sich am einfachsten und sachgemäßesten di Besteuerung der Realwerte gestalten lassen. Als man das Reih notopfer einführte, war der Grundgedanke vorherrs{end und ab \{chlaggebend, daß der ganze Besiß ein Opfer bringen solle n Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit. Unterschiede in den verschiedene Erscheinungsformen des Besitßzes waren weder in der Als des Geseßtzgebers gelegen, noch waren sie sozial zu rechtfertigen, Duh die eingetretene Entwertung der Mark is der Grundgedauke Reichsnotopfers durchaus nit allenthalben erreiht worden. (Set richtig! links und bei den D. D.) Eine gewaltige Verschiebung it den Steuerlasten ist durch diese Geldentwertung herbeigefüht worden. Die Besitzer von Realvermögen sind bei weitem nicht | ho belastet wie die Besizer von Papiervermögen. (Lebhafte Zu stimmung links, bei den D. D. und im Zentrum.) Ein Ab gleich muß gefunden werden, und dieser Ausgleih i} wohl at besten zu erzielen, wenn der ursprüngliße Grundgedanke d Reichsnotopfers wieder hergestellt wird dadurch, daß ti neue Veranlagung des Neichsnotopfers unter Berücksichtigung dt eingetretenen Wertverschiebungen vorgenommen wird. Wenn schon dit ganze Volkswirtschaft mit einer entwerteten Mark rechnet, so nh das auch beim Reichsnotopfer in Erscheinung treten. Anderersäl! aber ist zu berücksichtigen, daß auch eine Steigerung des Geldwert in Frage kommen kann. Darum muß durch eine periodisch wied kehrende Veranlagung des Reichsnotopfers ein beweglicher Faktor 4 schaffen werden, der der Aenderung des Geldwertes Rechnung tüg und dadurch das Moment der ungleihmäßigen Behandlung der b schiedenen Besitzkategorien eliminiert. |

Ich darf über den Grundgedanken des Réichsnotopfers, wie wi ihn uns in der Veredelung denken, noch einige Sätze hinzufügt: Zunädst soll der beschleunigt zu erhehende Teil des Neichsnotopfet das sind 10 vom Hundert des abgabepflichtigen Vermögens, mindestet! aber ein Drittel der Abgabe, in den geseßlich vorgeschriebenen Teil beträgen gezahlt werden. Statt des verbleibenden Teils des Reidb notopfers wird von einem noch zu bestimmenden Termin ab at 10 Jahre eine jährlihe Vertnögensabgabe erhoben, die von d ! 3 Jahren neu zu veranlagen ist. Der Besitz soll damit die ihm au! erlegte Belastung statt in den 28 oder 45 Jahren des bestehende Gesetzes in 10 Jahren abzutragen haben. Hinsichtlich der subjektive und objektiven Steuerpfliht folgt der Gesetzentwurf im wesentli dem bestehenden Recht.

Die Veranlagung {ließt sich nicht mehr an einen einzigen

und das ist einer der Kernpunkte für die ganze Erhebungsdaltt maßgebenden Stichtag an, fondern kann sich den jeweiligen tatsäd lichen Verhältnissen anpassen und die seit Ende 1919 neugebildelet Vermögen einbeziehen. Bei der Bewertung des der Besteueruns zugrunde zu legenden Vermögens wird unter Abweichung von det Vorschriften des bisherigen Reichsnotopfers von dem jeweils fest stellenden Wert auszugehen sein. Damit kann der seit dem Nob opferstichtag eingetretenen Steigerung der Sachwerte genügend Rechnung getragen werden.

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(Fortsehung in der Zweiten Beilage.)

Zweite Beilage

um Deutschen Neichs anzeiger und Preußischen StaatsZanzeiger

r. 156.

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

Die Körperschaften, insbesondere die Erwerbsgesellschaften, follen mit Nücssicht darauf, daß fie nur mit einem Steuersaß von 10 Pro- ¡um Reichsnotopfer herangezogen worden sind, nochma!s für die

t P sten 10 Jahre herangezogen werden. Jhre Abgabe soll {ährlich

nädh ctwa 15 ; 7 c tragen. Für Kleinrentner und kinderreiße Familien find besondere

Bergünstigungen vorzusehen. Abgabepflichtige, die bereits mehr als die Sofortzahlung auf das Reichsnotapfer entrichtet haben, werden dur besondere Nebergangsbestimmüngen berüdsihtigt werden.

Nun kommt die Frage des Ertrags eines solchen Umbaus des Notopfers. Die Schäßzungen find außerordentlih schwer; fie werden erft geaeben werden, wenn der Notopfergefeßentwurf vorliegt. Jeden- {alls dürfen wir, wenn wir vorsichtig säßen, mindestens mit einem Ertrag von 7 bis 8 Milliarden Mark jährlich renen.

Meine Damen und Herren, vor eiuigen Monaten ist das groblem aufgetaußt der Beteiligung an den Sachwerten —. Dieser Gedanke unterliegt zurzeit in der Reichsregierung der Durch- “cheitung und weiteren Erörterung. Zunächst ist der Teilplan in

Angriff genommen worden, nämlich das Reich an den größeren Unter- | / und vorallem der Sorten stattfinden. Auf die leßte Weise allein scheint

Hrudteil ibres Ertrags und ihres Wertes zu beteiligen. Das Reich “uns die gebotene Nürksiht auf den Hausbrand möglich. Jch bin

| roll eine Art Genufßschein erbalten, der auf doppelte Weise, entweder | dur Einziehung der Dividende oder durch Verkauf und Verpfändung,

nehmungen, die an der Konjunktur vorwiegend teilhaben, zu einem

verwendet werden kann, der also an einem etwaigen Wertzusaß der Substanz selbst teilnimmt. Der offenbare Vorteil dieses Vorschlags liegt unter anderem darin, daß er den Unternehmen keine flüssigen Mittel entzieht. Sofern dieser Weg beschritten wird, müssen selbst- verständlih für die betreffenden Unternehmen und Objekte die anderen obengenannten Steuern entsprehend modifiziert werden. So- hald die Vorarbeiten, die ernsthaft dazu im Gange \ind, zu einem gewissen Abs{hluß kommen, werden wir Ihnen und ich hoffe An- fang September weitere Mitteilungen zugeben lassen können.

Meiter kommt in diesem Zusammenhang in Betracht die Frage der Besteuerung des Vermögenszuwachses. Der im Krieg entstandene Vermögenszuwachs ist dur die große Kriegsabgabe vom Vermögens- ¿uwads, deren Stichtag der 30. Juni 1919 war, erfaßt worden: Menn auch das seitdem gebildete Vermögen, soweit es zwischen dem 30. Juni und dem 31. Dezember 1919 entstanden ift, durch das Reichênotopfer, und soweit es nach dem 31. Dezember 1919 ent- standen ist, dur die Einkommensteuer erfaßt und weiter dur die Besibsteuern (Besihsteuergeseß vom 3. Juni 1913) getroffen wird, so erscheint es doch geboten, den feit dem 30, Juni 1919, oder wenigstens den seit dem 31. Dezember 1919 entstandenen Vermögenszuwah8, den sogenannten Nachkriegsgewinn, dur eine ein» malige große Abgabe zu erfassen, umsomehr, als die geltende Besibsteuer gering is, und die einmaligen Veräußerungs8gewinne, soweit sie nicht spekulativer Natur sind, na der Einkommensteuernovelle vom 24. März d, J. freigeblieben sind. Getroffen werden aber sollen grundfäßlich nur die großen Zuwachsfummen. Geschont werden foll der nur auf Ersparnis beruhende Vermögenszuwachs.

Meine Damen und Herren! Eine sehr bedeutende Vermehrung der Einnahmen aus der Besißbesteuerung erwartet aber, wie ich schon kurz gestreift habe, die Finanzverwaltung durch eine Verbesserung der Steuererhebungstechnik, indem die Frage der Buch- und Betriebs- prüfung mögli rasch einer Lösung entgegengeführt wird. Die Arbeiten dazu sind im Gange. Aus der Einkommensteuer erwartet man allein bei sorgfältiger Nahprüfung und verbesserter Veranlagungs= technik ein Mehraufkommen von etwa 8 Milliarden als im Vorjahre, was natürlih zur Voraussetzung hat, daß unser Wirtschaftsleben nit weiteren Störungen ausgeseßt wird, und daß keine größeren S\wankungen im Geldwert im Innern des Landes eintreten.

Wes nun den Ertrag der geplanten Reformen anbelangt, fo ist die Shäßzung desselben mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Es fönnen eben nur rohe Shätßzungen fein. Wir haben noch keine genügende Uebersicht über die Umgestaltungen in unserer Volkswirt- {haft durch die Verlagerungen infolge des Krieges und der Ent- wertung des Geldes. Die Schäßzungen des Einkommens sind deshalb ungeheuer {wer, und nit minder die Shäßzungen des Verbrauchs. Aber au bei vorsihtiger Shäßung darf von dem neuen Finanz- programm, soweit ih es bis jet sfizziert habe, und zwar ohne Berücksichtigung der* Frage etwaiger Beteiligung und nur bei ganz geringer Vermehrung der Kohlensteuer, etwa um 5 Prozent, an- nähernd ein Mehraufkommen gegenüber dem Etat 1921 von etwa 92 bis 36 Milliarden Mark gerechnet werden. Wir haben vor- sihtigerweise durch die zuständigen Berater Schäßzungen aufstellen lassen, Jch habe mich auch da und dort mit anderen Herren be- sprohen. Die Scßäßungen gehen um viele Milliarden auseinander. Die pessimistishste Shäßung war die über 30 Milliarden Mark. Dabei ist, um das noch einmal hervorzuheben, die Kohlensteuer nur mit einer sehr mäßigen Erhöhung angeseßt worden. Eine vorläufige Vebersiht über das im Finanzministerium ausgearbeitete Programm und seine finanzpolitishen Wirkungen ergibt, daß man bei Durch- führung der Steuergeseze bei vorsihtiger Schäßung auf etwa 90 Milliarden Gesamtfteuereinnahmen für das Reih renen kann. Ih habe s{chon betont, daß diese Shäßungen in sehr vorsichtiger Weise vorgenommen worden sind. Bei wiederholter Durhrechnung wre es vielleiht mögli, daß man auf einen erhöhten Ertrag ommt. Bevor jedoch nit die genauen Veranlagungsergebnisse der Einkommensteuer vorliegen, müssen die Schäßungen mit größter Vorsiht borgenommen werden. Der laufende Bedarf in den künftigen Jahren wird, wenn die Geldentwertung im Innern unge- ähr auf der Basis des gegenwärtigen Verhältnisses bleibt, noch erheblich über diese Summe hinausgehen und wird sich um die 100- Nilliardengrenze herum bewegen, wobei ih noch einmal darauf auf- merksam mache, daß das Problem des außerordentlichen Haushalts \nébesondere beahtet werden muß. Das sind, in Gold umgerechnet und den eben genannten inneren Entwertungsfaktor zugrunde gelegt, rund 10 Milliarden. Zwischen den Steuereinnahmen und dem Dauer-

der nächsten Fahre ergibt sich also eine nicht unwesent-

| wirtshaftsrat wiederholt und auch heute wieder hingewiesen.

vom Hundert des jeweiligen \steuerpflichtiger Vermögens be- | | \chwer herumkommen.

Berlin, Donnerstag, den 7. Fuli

lihe Spanne. Diese Spanne muß ausgefüllt werden, indem einer- seits die Kohle soweit als möglich nuybar gemacht wird für die Zwele des Reichs; andererseits die Frage der Exportabgabe, der Be- steuerung der Spannüimng zwischen Inlandswert und Auslandswert der deutshen Mark praktisch aufgerollt wird. Darauf habe ih im Reichs- Wir werden um eine entsprehende Lösung und Beantwortung dieser Frage

Es sind in leßter Zeit wiederholt Berehnungen aufgestellt worden, welche zeigen, daß ein gewisser Untershied zwischen Inlands- und Auslandskohlenpreis besteht. Das Wesentliche für mich ist, daß die rihtige Form gefunden wird, welche es gestattet, etwa diese Steuer- reserven für die Interessen des Staates auszunüyzen. Vor allem müssen wir Rücksiht nehmen auf den Hausbrand und die Ge- meinden.

Die Vorarbeiten über die verschiedenen Möglichkeiten auf dem Gebiete der Kohlenwirtshaft sind im Gange.

Dabei is grundsäßlich folgendes zu bemerken: Es soll ein Höchstmaß desjenigen Ertrages herausgeholt werden, der ohne Störung der Wirtschaft herausgeholt werden kann. Dabei foll ein zweckmäßiger Ausgleich zwischen der Belastungsfähigkeit der Reviere

mir sehr wohl klar darüber, daß über die Kohlenfrage, bevor die Weltwirtshaft in Kohle, insbesondere nach Abs{luß des Gruben- arbeiterstreikls in England, wieder zu einer gewissen Ruhe der Entwickelung gebraht worden ist, ein abshließendes Urteil über- haupt nit gefällt werden kann. Das beahten wir sehr wohl; es handelt sich also hier nur um eine grundsäßliche Stellungnahme, ob man ohne Berührung des Problems weiterfommen kann, oder ob wir au diesem Probleme entgegengehen müssen. Das leßtere ist zweifellos der Fall. Es ist weiter zu erwägen, Valutagewinne! sofern solche auf längere Fristen entstehen, bereits bei der Entstehung dieser Gewinne, nämlich bei der Abgabe der Brennstoffe, zu erfassen- nicht erst am leßten Ende, bei der Verwertung, insbesondere der Aus- fuhr der Fertigwaren.

Es schweben noch eingehende Erwägungen darüber, die Steuer künftig so zu gestalten, daß sie einen Anreiz zur Steigerung der Pro- E innerhalb der einzelnen Bergbaubetriebe und Bergbaubezirke

ildet.

® In diesem Zusammenhange ist wiederholt {on die Frage des Kohlenmonopols erörtert worden. Es muß nun die Frage auf- geworfen werden, wie wird nun in großen Umrissen nach Durch- führung dieses Steuerprogramms die \teuerlihe Belastung Deutsch- lands si gestalten, und welches Bild wird das Gesamtsteuersystem bieten ?

Na einer vorsihtigen und vorläufigen Shäßung ih unter- \treiche das Wort vorläufig —, die im Reichsfinanzministerium vor- genommen worden ist, und die mir vorliegt, werden sih die laufenden direkten Steuern insgesamt für die nächsten Jahre auf 404 Milliarden Mark belaufen. Dazu kommen noch die einmaligen Einnahmen in den folgenden Jahren mit 3 Milliarden aus der Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs und der Besteuerung der Nachkriegsgewinne. Daß man für die leßte Besteuerung bloß eine Milliarde Mark eingeseßt hat, dürfte zeigen, wie vorsichtig die Aufstellung gemaht worden ist.

Bei den indirekten Steuern sollen sih insgesamt 364 Milliarden ergeben.

Es würden demnach nach dem. vorliegenden Programm etwa 547 vH auf die direkte Besteuerung entfallen, 7 vH der Gefamt- belastung auf die Besteuerung entbehrliher Genußmittel und 38} vH auf alle übrigen Steuern.

Dabei mag bemerkt werden, daß die Belastung des Besißes durch die#zden Ländern und Gemeinden zufallenden Ertragssteuern noch besonders zu beachten ist. Es wird das vielfa übersehen; als ob der Besiß nur im Reiche getroffen sei, während in Wirklichkeit durch die in Arbeit befindlihen Ertragssteuern in den Lndern eine weitere nachträgliche Besteuerung durchgeführt wird. (Sehr richtig! bei den D. D. und links.) Es sind in dieser meiner Rechnung vier Milliarden eingeseßt. Es is wohl aber nit ausgeschlossen, daf: die Under und Gemeinden daraus erheblich höhere Gewinne erzielen werden. Diese Gegenüberstellung zeigt, daß die Finanzverwaltung alles daran seßt, die Lasten möglichst gleichmäßig zu verteilen.

Neben den sozialen Gesichtspunkten muß aber der Gesichtspunkt .

der volkswirtschaftlihen Tragfähigkeit stets berücksichtigt werden, weil sonst dur Schädigung der Wirtschaft und des wirtschaftlichen Lebens die Minderbemittelten selbs wieder am s{chwersten getroffen werden. (Sehr richtig! bei den D. D. und links.) Gelingt es, im Rahmen dieses Steuerplanes die großen Mehreinnahmen zu schaffen, so wird damit die Vorausseßung für eine dritte Etappe unferer Finanzreform gegeben sein, die aber erst in späteren Jahren in Angriff genommen werden kann, nämlich das Problem der endgültigen Stabilisierung unseres Geldwertes und eine Währungsreform. Jch brauche mi deshalb vorläufig nicht damit zu beschäftigen.

‘Das Programm \teht erst in großen Umrissen fest. Einzel- beratungen werden in den nähsten Wochen zeigen, wie weit die Vor- lagen bis zum Zusammentritt des Reichstags in gesetzgeberischen Ent- würfen Ihnen zuzuführen sind. Das Ziel ist gegeben, nämli daß wir au den Reparationsetat nah Kräften in Ordnung bringen, selbst wenn wir sehr große Steuersummen anfbringen müssen. Denn die Inflation is für die Volkswirtschast s{ädliher als selbst die \{wersten indirekten Steuern. Gerade die sozial {wachen Kreise der Bevölkerung leiden am shwersten unter der Geldentwertung. Wir haben den Willen und ich nehme an, alle Kreise des deutschen Volkes, die eine Rettung unseres Volkes und Staates ernsthaft ins Auge fassen, sind bereitwillig an die Arbeit gegangen durch Ausbau unseres Steuersystems in Reich, Lndern und Gemeinden Grundlagen zu schaffen für unser eigenes Dasein und für die Verpflichtungen, die uns auferlegt sind. Aber diese Arbeit muß getragen werden von ge- wissen Vorausseßungen. Ich sage ausdrücklih nicht Bedingungen, denn das Sprehen von Bedingungen wird vielfach mißverstanden- Lede Arbeit hat aber gewisse Vorausseßungen. Diese Voraus-

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seßungen liegen in einer pfleglichen Behandlung des deutshen Volkes als Staatswesen und der deutschen Wirtschaft als Grundlage seiner großen Verpflichtungen. (Lebhafte Zustimmung rechts.)

Die Garantiekommission hat uns vor wenigen Tagen eine Note überreicht, in der folgender bedeutungsvoller Saß enthalten ist: „Das Garantiekomitee erkennt die volle Bedeutung an, die einer Festigung der Valuta für die Ausführung der Verpflichtungen gegen die Alliierten innewohnt. Außer den wirtshaftlichen Verhältnissen gibt es einen doppelten Faktor zur Befestigung der Mark, der vor allem von der deutshen Regierung abhängt, nämlich das Gleichgewicht des Budgets und die Einstellung der Aus gabe von ungedeckten Banknoten. Die Festigung wird nicht möglih sein, folange die deutsche Regierung niht das Gleichs gewiht des Budgets hergestellt haben wird, sowohl durch strenge Einschränkung ihrer Ausgaben, als durch Vermehrung ihrer normalen Einnahmequellen. Das Garantiekomitee verkennt nicht die Schwierigz feiten, vor denen si die deutshe Negierung befindet, aber es ist der Ansicht, daß die Lage des Budgets eine noch durhgreifendere Reform erfordert als die mitgeteilten Pläne vorsehen. Es ist die Aufgabe der deutshen Regierung, die Mittel zur Durhführung dieser Neform zu finden, aber es ist augenscheinlih, daß die oben näher bezeichneten Bestimmungen abgeändert werden müßten, wenn ein dem Ernst der Lage entsprechendes Reformprogramm nicht zur Ausführung käme.“

Meine Damen und Herren, diese Worte enthalten eine eindeutige Warnung und eine Aufforderung an das deutsche Volk und seine Volksvertretung, größere, durhgreifendere Reformen als die mit- geteilten vorzunehmen. Meine Damen und Herren! Wir wollen die Ansicht der Garantiekommission durhaus beachten. Wir dürfen aber fragen, ob nun von der Seite, die die Garantiekommission vertritt, auch jene radikalen Neformen zur Durchführung kommen, ob der Abbau iener Pressionen kommt, die die großen Wunden in unsere Volkêwirts haft seit Monaten hineingerissen haben. (Lebhafter Beifall.) Ist es nicht geradezu geshichtlich merkwürdig, daß man uns große Neformen zuschiebt, während die Sanktionen am Rhein nennen wir sie dech Pressionen, statt dieses Wort zu gebrauhen (sehr richtig) den deutshen Volkskörper {chwächen, die das Loh im Westen wieder geöffnet haben für Tausende von Schieberwaren, die hineingeströmt sind? Wäre es nit notwendig, während man mit einer derartigen Note an uns herantritt, zunächst bestrebt zu sein bei einem Volks- körper, der derart Gigantisches leisten soll, die wirtshaftlihen Wunden zu {ließen? Wir wollen den Geist, der aus dieser Note spricht wohl beahten. Ich nehme auch an, daß dieselbe Garantiekommission auch den Alliierten gegenüber betont hat, daß die Behandlung, der wir unterworfen sein sollen, begleitet sein muß von der Einsicht der Alliierten, daß diese großen Wunden an unserm Volkskörper im Westen und Osten sich {ließen müssen.

Das deutsche Volk if gewillt, Reformen an seinem Budget vorzunehmen und s\teuerlihe Leistungen si aufzuerlegen von einer Größe, wie sie die Welt noch nit gesehen hat. Es muß aber auch dieses unser Streben begleitet sein von dem aufrichtigen Willen der Alliierten, die Pressionen von uns zunehmen, die wir als nichts anderes mehr ansehen, denn als armselige Quälereien an unserer Volkswirt- schaft. (Sehr richtig !)

Meine Damen und Herren! Wir verlangen von Jhnen zur Ers füllung der Verpflichtungen, zur Balancierung unseres Budgets heroishe Opfer; ohne diese Opfer von allen Seiten wird es nit gehen. Es wird und muß eine mittlere Linie gefunden werden im Spätjahr, wenn diese Fragen uns in Form von festen Geseßz- entwürfen vorliegen. Es muß eine mittlere Linie gefunden werden, der sich das ganze deutsche Volk einordnen kann. Aber für eine so gigantishe Aufgabe, für die Uebernahme der Ver- antwortung für eine solhe Riesenaufgabe bedarf es eines inneren íImpulses. Dieser Impuls und dieser Wille ist in unserem Volke vorhanden. Das aber sage ih frei vor aller Welt: Die Politik der Sanktionen der leßten Monate war geeignet, über jede Arbeits- freudigkeit geradezu einen Meltau der Ershlaffung und der Lähmung zu legen. (Lebhafter Beifall.) Will man die Befriedigung Europas, will man, daf das deutshe Volk sih an der Wiederaufrichtung der europäischen Wirtschaft nah seiner Leistungsfähigkeit beteiligt, dann gebe man ihm ehrlihes Spiel! Man gebe ihm freien Raum zur Betätigung seiner wirtschaftlichen und geistigen Kräfte! Wir haben den ehrlichen Willen, wir erwarten die Antwort von der Gegenseite, Es soll sein ebenfalls eine aufrihtige, aber auch eine rafche Antwort auf die großen schwebenden Fragen am Rhein und in Oberschlesien. (Æbhaftes Bravo und Händeklatschen.)

Abg. Trimborn (Zentr.): Wir sind dem Reichskanzler außerordenlich dankbar für seine Mitteilungen über die Steuex- pläne der Regierung. Wir stimmen den Ausführungen, mit denen er seine Mitteilungen soeben geschlossen hat, durchaus zu, die auf das Verderbliche und Unsinnige der Sanktionen und e Miß- handlungen in Oberschlesien hinwiesen. Wir sind der Meinung, daß wir zu diesen Steuerplänen heute noch keine Stellung nehmen können. Wir müssen abwarten, bis die Einzelgeseße vorliegen; eine

Stellungnahme vorher, H uns unmöglich, eine Debatte un-

zweckmäßig. Von der Geschäftslage des Hauses will ih gar nicht reden. Lediglih sachlihe Gründe sind für uns maßgebend. Jh bin von meinen Freunden beauftragt, in diesem Stadium mich auf diese Erklärungen zu beschränken.

Abg. Helfferi 2 (D. Nat.): Es wixd niemanden geben, der niht den leßten Worten des Reichskanzlers zugestimmt hätte. Es ist nicht nur eine S merkwürdige Situation, sondern es ist in der ganzen Weltgeshihte unerhört . . . (Stürmischer Lärm links, Schlußrufe auf der äußersten Linken. Glocke des Men, stürmishe Zurufe, minutenlanger Lärm.) Weitere

orte des Redners genen in einem tosenden Lärm unter, der auf der äußersten Linken entsteht und minutenlang anhält. Vize- prâsident Dr. Bell s{hwingt die Glocke und ersuht wiederholt vergeblich, den Redner aussprehen zu lassen, da die Herren ja naher Gelegenheit haben würden, ihm zu erwidern. Fede8- mal, so oft der Abgeordnete Helfferich fh anshickt, weiter- usprechen, erneuert sih der Lärm art der Linken. gei Fauibiat ih der Lärm und Abg. Helfferich fährt fort: Für den inneren Etat stehen uns zur Befriedigung unserer eigenen Bedürfnisse ohne Ausführung des Friedensvertrags 82 Milliarden auf dem Papier zu Gebote. Es is abo nur ein Einnahme» posten von 44 Milliarden vorhanden. Nah meiner Berehnung

würden wir an den Zahlungen zur Erfüllung des Ultimatums