1921 / 157 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Jul 1921 18:00:01 GMT) scan diff

Masse gehören. Vielfach wird es auf die Auslegung der Be- timmungen dur die Personen in den Behörden ankommen. Das teihswirtschaftsgeriht ist in manchen Fällen {hon über das hinausgegangen, was diese Geseße bestimmen. Fm Augenblick der großen Arbeitsnot müssen wir Geseße ablehnen, die einigen Besißenden große Entschädigungssummen in den Dios werfen. Viele Deutsche sind dur die elenden Zustände in Deutschland in das Ausland getrieben worden und haben beim Ausbruch des Krieges nicht rechtzeitig zurückommen können. Die Summen, die der Fndustrie gen werden, werden nicht zum Wiederaufbau der deutshen Wirtschaft, sondern zu persönliGen Profiten ver- wendet werden. Wir werden das Kolonialschädengeses ablehnen und das Verdrängungsschädengeses annehmen. ie Auslands- deutschen werden dur dieses Geseß nicht befriedigt werden, wenn sie sehen, daß es nur einigen wenigen Großen Nußen bringen wird. Den Auslandsdeutshen wird es niht dienen, wenn hier mit dem Säbel gerasselt wird. Eine Menge Menschen wird von Land zu Land getrieben, weil sie nur eine andere Sprache sprechen.

Abg. Fries (Komm.): Die Großindustrie ist mit hohen Summen entschädigt worden, und bei den Auslandsdeutschen hat uns das Reich8wirtschaftsgeriht gezeigt, wie es gemaht wird. Aber troß der Mängel werden wir dem Verdrängungsshädengeseß zustimmen. Aber beim Kolonialshäden- und Auslandsschäden- R werden nur die Besizenden bevorzugt werden. Wir werden dagegen stimmen. Der Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft mit Hilfe dex Entschädigungsmilliarden trifft nur in geringem Maße zu, denn die Arbeiter leiden nah wie vor Not. j

Damit {ließt die allgemeine Besprechung. Ohne weitere Erörterung wird das VerdrängungsschädengeseL nach den Ausshußbeschlüssen angenommen, jedoch mit einem Abänderungsantrag des Abg. Ledebour (U. Soz.), der mit geringer Mehrheit angenommen wird.

Jm § 24 ist bestimmt, daß eine Entschädigung zu versagen ist, wenn u. a. der Geschädigte wegen einer Strasftat flüchtig ewesen und rechtskräftig verurteilt worden ist, oder wenn etn solches Strafverfahren wegen Mangels an Beweisen nicht er- Ledebour fügt hier hinzu: oder wenn

olgen kann. Der Antra Is | rlaß einer Amnestie niht erfolgen

das Verfahren durch kann. i

Zu diesem Gese wird eine Entschließung des Abg. Dr. Fleischer (Zentr.) mit Unterstützung aller Parteien ange- nommen, wonach auch für Beschlagnahmungen 1m polnischen Korridox vorläufige Entschädigung aus Reichsmitteln mit der Maßnahme gewährt werden soll, daß sie im Falle der Ersaß- leistung dur die polnische Regierung an das Reich zurüEzu- zahlen ist. Ferner werden Entschließungen des Ausschusses angenommen wegen Vorlegung eines Planes über die Ent- \Fabigung der aus dem Saarland verdrängten Deutschen, wegen Erhaltung der Bezüge der deutschen Pensionâre und Rentenempfänger in den abgetretenen Ostgebieten und wegen Unterstüßung der VerFängten aus den abgetretenen Ostge- bieten, die durch Entwertung von Hypotheken, Sparguthaben, Wertpapieren u. dergl. in Not geraten sind.

Das Kolonialshädengeseßt und da38 Ausland 8- shädengesey werden unverändert angenommen, wobei der gleiche Antrag Ledebour zu beiden Geseßen diesmal gegen die Stimmen der drei sozialistishen Parteien abgelehnt wird, da inzwischen die Mitglieder der übrigen Parteien im Saale in größerer Anzahl anwesend sind.

Zum Auslandsschädengeseß wird eine Ent chließung der Rechten angenommen, worin die Regierung um Vor- schläge über den Ersaß derjenigen im Kriege an Ladungen der Seeschiffahrt entstandenen Schäden ersuht wird, die im Aus- lanbs\hädengeseß ihre Regelung nicht gefunden haben; sowie Entschließungen des Ausschusses, wonach die Verdrängten, Ko- lonial- und Auslandsdeutshen Schuldurkunden des Reichs zur Steuerzahlung verwenden dürfen, und ferner Unterstüßungen erhalten sollen, wenn sie dur die Valutaverhältnisse in Niet geraten sind.

Die Entschädigungsordnung wird nah den Auss{huß- beshlüssen angenommen, jegoh mit einer vom Abg. Dr. C u x - tius S V.) beantragten Aenderung, wonach nicht nur der Geschädigte, sondern auh sein Rechtsnachfolger auf Entschädi- gung antragen kann. Ferner werden Entschließungen des Ausschusses angenommen, wonach zur. Beschleunigung der Entschädigungen das Reichswirtschaftsgeriht verstärkt und mit den bestbefähigten Kräften beseßt werden soll, und wonach der Rechts\huy auf wirtschaftlichem Gebiet besser als bisher ge- sichert und der Rechtszug auf allen Rechtsgebieten, einshließ- lich Wirtschafts- und Verwaltungsrecht, vereinheitliht und vereinfaht werden soll.

Jn der sofort sich anschließenden dritten Beratung werden sämtliche vier Geseße ohne weitere Erörterung angenommen. Hierbei wird . der zum Verdrängungsschädengeseß ange- nommene Antrag Ledebour wieder beseitigt, und zwar, da bei der Abstimmung Probe und Gegenprobe zweifelhaft bleiben, durch Hammelsprung mit 137 gegen 126 Stimmen.

Nunmehx wird unter Ablehnung der inzwischen einge- brahien Anträge Agnes der Geseßentwurf über Wochenhilfe und Wochenfüxsorge in dritter Lesung angenommen.

Der Antrag Dr. Curtius (D. V.), der einen Gesey- entwurf über das Reichswirtschaftsgeriht enthält, wird dem Rechtsaus\huß überwiesen.

Es folgt der Bericht des Ausschusses für Volkswirtschaft über die Anträge betr. Erwerbslosenfürsorge.

Der Ausschuß (Berichterstatter Abg. Brande s) s{hlägt vor, zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu verfahren nah Grundsäßen der planmäßigen Umschihtung der Bevölkerung, der Arbeitsbeschaffuna, der Arbeitsvermittlung und allgemeiner volkswirtschaflliher Maßnahmen. Jm einzelnen ist zu er- wähnen neben der Anerkennung der Notwendigkeit finanzieller Unterstüßung die Empfehlung einer guten Siedlungspolitik, Anlernung städtischer Arbeiter für Landwirtschaft und Garten- bau, Förderung der Meliorationen, Moorkultur unter mög- lihster Berücksichtigung des Naturschußes; Förderung des Bau- gewerbes, Bekämpfung üngesund hoher Preise dec Baustoffe, Förderung von Kanal- und Talsperrenbauten und überhaupt sofortige Jnangriffnahme öffentliher Arbeiten im weitesten Umfang. Die Zahl der ausländischen Arbeiter ist nah Mög- lichkeit zu vermindern. Die in Aussicht stehende Verteuerung des Brotes, der Mieten und dec Kohlen sowie die neuen Steuerbelastungen erforderten den Uebergana zu einer ge- sunden Preis- und Gewinnpolitik und die Ablehnung unge- sund hoher Gewinne. Die Regierung soll Vorschläge zu fort- laufender Beobachtung des Gebarens der Kartelle in Industrie und Handel machen. Der Reichstag tritt der Regierungserklärung bei bezüglih erhöhter Unterstüßung der Kurzarbeiter und Erhöhung der Erwerbslosenunterstüßung in Höhe von 20—25 % der jeßigen Säße vom 1. August an.

Abg. Plettner (Komm.): Die Arbeitslosigkeit ist eine Folge des fapitalistishen Systems. Die hier vorgeshlagenen Maßnahmen werden feineswegs ausreichen zur Beseitigung des Notstandes. Die Krisis kann nur beseitigt werden, wenn das ganze System ge- ändert wixd. Der Kapitalismus braucht die Reserve der Arbeit3-

losen, um die Löhne drücken zu können. Dieser Reichstag, der für notleidende Agrarier und für allerhand kapitalistishe wee Milliarden verausgabt, hat für die Arbeitslosen nichts übrig. Sie Alles, was den Arbeitslosen versprochen wird, ist nur weiße Salbe. Die Schlihtungsausshüsse sind meist nur Stüßen des Kapitalismus, in dessen Betrieben zahlreiche Arbeiter aus nictigen Gründen auf die Straße geseßt werden. Sie (nah rechts) sind nur dazu da, um den Geldsack der Besizen- den noch mehr zu füllen, Sie arbeiten für den Prosit einer gewissen Klasse. Der Arbeiter soll aufs Knie gezwungen werden, um sich anz von den Kapitalisten beherrschen zu en. Die vom Aus- {hu empfohlene Gewinnkontrolle ist nur ein magerer Trost für die Arbeiter; wenn die Jndustriekonzerne erklären, sie brauchten 60 Prozent Gewinne zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft, dann wird sich die Kontrolle damit abfinden. iese Kontrolle ist nur eine Phrase und niht wirksam durhzuführen ohne Mitwirkung des Proletariats. Alle diese nihtssagenden Vorschläge werden nur gemacht, um die Erwerbs osen zu beruhigen. Wir fordern dem- egenüber das Proletariat zum Kampfe gegen das kforrupte fapita- istishe System auf. Die 10 Punkte, die die Gewerkschaften vor- geschlagen haben, sind vom Ausschuß nicht genügend beachtet worden. Das einzige Positive in den Vorschlägen des Ausschusses ist die Erhöhung der Erwerbslosenunterstüßung um 20 bis 25 Prozent. Es ist bemerkens3wert, daß die Mehrheitssozialdemokraten sih mit diesem Konglemerat von Nichts in den Ausschußvorschlägen be- gnügen wollen. Brot- und Kartoffelpreise werden so steigen, daß die Erwerbslosen auch mit den neuen Unterstüßungssäßen nicht auskommen fönnen; sie sollen der Armenpflege anheimfallen. Wenn die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften die zehn Grundforderungen, die die Gewerkschaften selbst aufgestellt haben, nicht vertreten wollen, müssen die Arbeiter einmütig übdr die Köpfe dieser Führer hinweggehen und den Kampf ohne diese ührer aufnehmen. (Lachen und Rufe rechts: Demagogen!) Meine Tecras auf der Rechten, Sie sind doch die abgefeimtesten Dema- gogen. (Präsident Löbe ruft den G Die kapitalistishe Gesellshaftsordnung muß unterstüßt werden.

Abg. Dißmann (U. Soz.): Bei der vorgerückten Stunde ist das R obtem niht mehr erschöpfend zu behandeln. Jch möchte aber die Aufmerksamkeit dex Regierung auf die Lage der Werst- arbeiter lenken. Die Reeder verwenden die Entschädigungssumme niht dazu, heimishe Werftarbeiter zu beschäftigen, sondern kaufen für die zwölf bewilligten Milliarden Schiffe im Ausland. Die Forderung der Arbeiter der Elbinger S ihauwerft nah Auf- besserung ihrer Hungerlöhne erfuhr eine glatte Ablehnung, und dann kam die Aussperung. Wenn die Kommunisten den Reichstag benußen wollen zur Shürung des Bruderzwists unter _Pro- letariern, dann folgen wir ihnen darin nicht. (Lärm bei den Kommunisten.) Sie (zu den Kommunisten) lachen über die Not der Arbeitslosen, um Jhr Parteisüppchen daran zu kochen. (Lärm bei den Kommunisten.) Draußen im Lande treffen wir uns wieder. Sie scheinen gar nichts für die Arbeitslosen tun zu wollen, wir aber erachten jeden Groshen mehr, den die Arbeits- losen erhalten, als einen Gewinn für diese. Mit Zustimmung u den Ausshußbeshlüssen geben wir nichts von unseren An- A frei. Der Vertreter der kommunistishen Fraktion hat Vie im Aus\s{uß C (Hört! Hört!) Wir blieben bei zwei

nträgen in der Minderheit, weil der Kommunist „nit zur Stelle war. (Hört! R Die Ausshußbeshlüsse berüksichtigen die Forderungen der erkschaften. Wenn wir die aht Millionen Arbeiter mobil machen, so tun wir es gegen ihre natürlichen Gegner, aber nicht um Gewerkschaftshäuser zu demolieren. Lassen Sie (zu den Kommunisten) ab von diesem wüsten Treiben, ver- suchen wir, uns näherzukommen, dann werden die Arbeiter triumphieren. (Beifall bei den U. Soz.)

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Der Herr Vorredner hat die Regierung gefragt, welche Stellung sie einnehme zu den neuesten Vorgängen auf der Schichau-Werft in Elbing.

Die Regierung bedauert mit dem Herrn Vorredner; daß der Schieds\pruhh von der Arbeitgeberseite nicht angenommen worden ift. Die Arbeitnehmer haben nun ihrerseits die Verbindlichkeitserklärung beantragt. Wir werden, wie das immer in solchen Fällen geschieht, ehe wir die Verbindlichkeitserklärung bes{chließen, nochmals mit den Parteien Fühlung nehmen und durch Rücksprache mit ihnen auf friedlihem Wege die ganze Sache zu erledigen suchen.

Sollte das nit gelingen, dann wäre allerdings zu prüfen, ob hier niht ein grundsäßliher Widerstand des Unternehmers gegen den im S{lichtungsverfahren verkörperten Einigungsgedanken “als solchen vorliegt. Einen solchen Widerstand mit allen geseßlichen Mitteln zu brechen, halte ich allerdings für meine Pflicht. (Sehr richtig! bei den Soz. und D. D.) Dabei würde insbesondere zu prüfen sein, ob nit \{on bei der Vergebung von Staatsaufträgen, wie sie auch die Sdchichauwerft in nicht unerheblidhem Umfange erhalten hat, ent- sprechende Sicherungen getroffen werden müssen. Die Regierung muß von Unternehmern, die Staatsaufträge erhalten, erwarten und nachdrücklich# verlangen, daß sie den auf geseßlichen Anordnungen beruhenden sozialen Einrichtungen keinen Widerstand entgegenstellen. (Zustimmung.)

Abg. Plettner E bestreitet die Richtigkeit der Dar- stellung Dißmanns von den Vorgängen im Aus\shuß. Warum iverden die Anträge nicht im Plenum wieder eingebraht? Wenn Sie, Herr Dißmann, niht nur Theaterreden halten wollen (große Der dann müssen Sie den Mut haben, auch draußen zur at zu shreiten, um die Massen zum Sturz des Kapitalismus aufzufordern. bg. Simon- Franken (U. Soz.) stellt fest, daß die Kommunisten sich in den Ausschußsizungen fast niemals hätten blicken lassen. Es sei ihm niht gelungen, die Herren zur Teil- nahme zu bewegen. Hier im Hauje wird die Arbeit zum Fenster hinaus geleistet. Wir stellen ebenso wie Sie unsere Sotberungen auf und suchen die Massen aufzuklären und zu gewinnen. Das ginge s{hneller, wenn Sie nicht den Bruderkampf führen würden. s ist falsch, daß wir Jhre Anträge abgelehnt hätten, einen Fhrer Ange haben wir durhgesebßt, ohne daß Sie dabei waren. bg. Eckardt (Komm.): Bei dieser überheßten Arbeit der leßten Tage konnten wir nicht in allen Ausschüssen anwesend sein. Die Aus\schußanträge werden angenommen.

Ein Antrag Sch ul § - Bromberg (D. Nat.), anstatt des ae eraSoA wonach bei öffentlichen Vergebungen der Unterne mergewinn auf ein angemessenes Höchstmaß zu be- grenzen ist, zu sagen, daß die Vergebungsstellen auf möglichst den Marktverhältnissen entsprechende Preise halten sollen, wird gegen die Stimmen der beiden Rechtsparteien abgelehnt. Ein Antrag Müller - Franken (Soz.), daß durch geseß- liche Bestimmungen den arbeitslos gewordenen Arbeitern und Angestellten der verlorengegangene Arbeitslohn von den Fn- dustriekartellen und Konventionen erseßt werden soll, die durch Verhängung der Materialsperre die Stillegung von Fabriken und Werkstätten herbeiführen, wird duxch Hammelsprung mit 129 gegen 108 der drei sozialistischen Parteien abgelehnt. Eine Reihe von Anträgen der Kommunisten, die weit über die Vorschläge des Ausschusses hinausgehen, wird gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt.

Die von allen Parteien beantragte Aenderung des Diätenaeseßes fürden Neichstag wird ohne Erörterung in allen drei Lesungen angenómmen. Danach er- halten die bgeordneten zur Auswandsentshädigung von mo- monatlich 1500 M einen euerungszuschlag von 10090 M, zum Tagegeld für Ausschußsizungen von 50 M einen Zuschlag von

duen weiter hungern.

Redner zur Ordnung.)

35 M. Bei den in Berlin wohnenden Abgeordneten beträgt der Zuschlag 500 bzw. 20 k. Auch der Abzug für Versäum- nisse wird entsprechend erhöht. Ein Antrag des Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.) auf Beseitigung der Differenzierung für die Berliner Abgeordneten ist vor der Abstimmung zurück- gezogen worden. Es folgen die geseß. . . . Abg. Mo rath (D. V.) gibt namens seiner Partei folgende Erklärung ab: Unter den Ausführungsbestimmungen befinden si solche, die dem Geseß durchaus zuwiderlausen, zu denen ver Finanz minister sich aber in Ausnahmefällen ermächtigt glaubt. Wir sind niht der Ansicht, daß er u _berechti t ist. Einzelne Beamten- kategorien werden {wer ge chädigt. Es wäre aber O, in diesem Augenblick noch Anträge zu stellen, zumal die Bestimmungen {hon in Kraft sind. Die Ausführungsbestimmungen werden nach den Be- \hlüssen des Ausschusses angenommen. i

Der Antrag auf Gleichstellung der Frauen in der Justiz, den der Ausschuß abgelehnt hat, wird auf Vorschlag der Be- richterstatterin Abg. Frau Wurm (U. Soz4.), der nah Rüt- sprache mit sämtlichen Parteien gemacht wird, von der Tages- ordnung abgeseßt. s ua d

Eine große Reihe von Petitionen wird ohne Er- örterung An bai Anträgen der verschiedenen Ausschüsse er-

ledigt.

Daß danach auf der Tagesordnung stehende Geseh über das Branntweinmonopol wird auf Vorschlag des Präsidenten von der Tagesordnung abgeseßt.

Für das endlih auf der Tagesordnung stehende Sh ul- gese zur Ausführung des Artikels 146, 2 der Reichsver- fassung schlägt der Präsident die Ueberweisung an den Bil-

dungsausschuß vor. e f

Abg. Ko (Dem.) wünscht dagegen die ehung von der Éalabobing, Loui nah dem Wiederzusammentritt des Reihs- tags vor der Ueberweisung an die Kommission eine erste Lesung E wird, um een Parteien zur grundsäglichen Stellung- nahme Gelegenheit zu geben. f:

: Abg. M U vin D, Nat.) erinnert daran, ie Geseß {hon einmal auf Wunsch der Demokraten von der Tagesordnung abgeseßt worden ist; die sofortige Ueberweisung an den Bildungs- ausshuß würde die Erledigung des Gesetzes fordern,

Nach weiterer kurzer Geschäftsordnungsdebatte erklärt jedo der Abg. S ch u l - Bromberg (D. Nat.), dem Wunsche der Demokraten entgegenkommen zu wollen.

Das Gesey wird demgemäß von der Tagesordnung abgeseßt.

Präsident be teilt mit, daß wee der Tagung vielleicht ein oie menen Stillegung der Kaliwerke notwendig sein fönnte, und der Reichstag ermächtigt den fünften Ausschuß, an der Erledigung eines solchen Gesetzes mitzuwirken. i

Präsident be: Der Aeltestenausshuß schlägt den Wieder- zusammentritt am Dienstag, den 6. September, nahmittags 3 Uhr, zur Beratung der Steuergeseße vor, bittet aber, falls die Steuer- geseße bis dahin niht vorliegen, den Tag ändern zu können und auch weitere Gegenstände auf die Tagesordnung seven zu dürfen, sowie den Präsidenten zu ermächtigen, auch früher den Reichstag zu berufen, wenn außenpolitishe oder innenpolitische Ereignisse es notwendig machen. F der Zeit der Vertagun wird vorau?- sichtlih die endlihe Entscheidung für das Schicksal Oberschlesiens fallen. Furchtbare Leiden haben unsere Landsleute dort durt-

emaht. Wir wünschen alle von Herzen, daß Del Leiden ein Ende gemacht wird. (Beifall.) Wir A daß diese Entscheidung fällt auf Grund des Rechts, das die oberschlesische Abstimmung vor aller Welt dargetan hat (die Mitglieder des Hauses erheben sih), und daß nah der völkerrehtlihen Selbstbestimmung der Völker Oberschlesien beim Deutshen Reiche bleibt. (Lebhafter Beifall.) Wir haben heute eine Anzahl Gesege angenommen, die die Wunden des Krieges heilen sollen. Wir wünschen, daß den vertriebenen, den geflüchteten, den aus8gewiesenen Landsleuten es möglih sein möge, sich eine neue Existenz zu gründen und daß ihre Arbeit der deutshen Volksgemeinschaft zugute kommen mge. (Lebhafter Beifall.) Damit sind unsere Arbeiten erledigt. _Jh schließe die Sihung und wünsche Jhnen gute Erholung. (Beifall)

Schluß 5 Uhr.

Ausführungsbestimmungen zum Besoldungs.

Preußischer Landtag. 33. Sizung vom 5. Juli 1921. Nachtrag.

Bei der zweiten Beratung über den Hauslhaltsplan für die Domänenverwaltung führte der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forfien Warmbold aus:

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir ein paar kurz? Bemerkungen zu verschiedenen Punkten, die im Laufe der Debatt! hier vorgetragen worden sind, zunächst zu der Frage der Paht- \{ußordnung. Der Herr Abgeordnete Dr. Kaufhold hat meine Herrn Amtsvorgänger einen Vorwurf daraus gemacht, daß er die grund- legende Verordnung vom 24. März 1921, die die Grundlage für dit Anwendung der Pahtschußordnung für die Domänen abgibt, in diese: Form hat hinausgehen lassen. Es is ein Gebot der Loyalität, went ih erkläre, daß die Grundzüge dieser Verordnung in der Dománet abteilung des Preußischen Landwirtschaftsministeriums ausgearbeitet und konzipiert und von der Domänenabteilung naher dem Herrn Minister Braun zur Unterschrift vorgelegt worden sind.

Der Herr Abgeordnete Kaufhold hat \sih dann weiter dagegen gewandt, daß in dieser Verfügung vom 24. März 1921 die Domänen“ pächter zu den vollen Säßen auch in den Fällen herangezogen werden sollen, in denen sie nah einer Verfügung aus dem Jahre 1920 mit besonderen Bauzinsen und Meliorationszinsen sozusagen vorbelastet seien. Diese Angabe des Herrn Abgeordneten Kaufhold beruht auf einem Irrtum. Jn der Verfügung vom 24. März 1921 ist gat ausdrücklich hervorgehoben worden, daß diejenigen Domänenpähiet, die durh Bauzinsen und Meliorationszinsen auf Grund der Vet fügung vom Juli 1920 vorbelastet sind, diese Vorbelastungen auf dit etwaigen Pachtzinserhöhungen zu zwei Dritteln angerechnet b“ fommen, die sih durch die Anwendung der Pachtschußordnung t“ geben, so daß sie also nur das lebte Drittel zu zahlen haben,

Der Herr Abgeordnete Kaufhold hat dann weiter bemängelt, dab von den Domänenpächtern ein Zuschlag verlangt worden ist für dit Zeit vom 1. April 1921 bis zum 1. April 1923, also für ¿w Fahre, während die Pachtshußordnung am 30, Mai 1922 auße: Kraft trete. Aus dem Umstande, daß die Pachtschußordnung zurzeit nur bis zum 30. Mai 1922 gilt, leitet der Herr Abgeordnete Kauf hold die Auffassung her, daß es unzulässig sei, über diesen Termit hinaus sŒon jeßt Zuschläge zu erheben. Jch glaube, es liegt aub hier ein Irrtum des Herrn Abgeordneten Kaufhold vor. Es ist

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(Fortseßung in der Zweiten Beilage.) .

Zweite Beilage

un Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Nr. 157.

(Fortseßung aus der Ersten Beilage.)

die Pachteinigungsämter nur bis zum 30. Mai 1922

tig, d : prüche fällen können, sie haben aber das Reht, Sprühhe mit Wir-

ch über die Geltungsdauer der Pachtshußordnung hinaus zu

fung al i . L len, Die Spruchpraxis der Einigungsämter geht schon heute

hin, unter Umständen für die ganze Dauer eines Pachtvertrages, |

ver unter Umständen wesentlich über den 30. Mai 1922 hinausreicht, 9adtzushläge festzuseßen.

* Nun noch eine kurze Bemerkung zu der Anwendung der Paht- (éuhordnung im allgemeinen. Die Säße, welche als Zuschläge zu den laufenden Pachtverträgen der Domänenpächhter und Parzellen-

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j hoh bezeichnet worden. Infolgedessen ist eine Rundfrage bei sämtlichen Regierungen darüber veranstaltet, in welcher Höhe die Pahteinigungsämter in den leßten sechs8 Monaten die Pachtsäße so- wohl für Parzellen wie für geschlossene Güter mit Gebäuden festgeseßt haben. Wir werden es von der Zusammenstellung dieses Materials nit abhängig machen, welche Stellung wir zu einer etwaigen Ver- ¿nderung der in Aussicht genommenen Zuschläge werden einnehmen tinnen. Ich kann heute eine bindende Erklärung hierzu noch nicht

abgeben.

Jh möchte dann ganz kurz auf einige Ausführungen des Herrn qhgeordneten Weber eingehen. Der Herr Abgeordnete Weber hat esonders bemängelt, daß bei Afterverpachtung von Domänen- land außerordentlih hohe Preise von den Domänenpächtern genommen worden sind. Die Domänenverwaltung hat es sih angelegen sein losen, auf ‘die Domänenpähter immer in dem Sinne einzuwirken, dh sie bei Afterverpahtung keine unangemessen hohen Preise nehmen. Nach den zahlreichen Nachrichten, die uns zugegangen N snd, sind die Domänenpächter in der Regel dieser Anregung gefolgt. lleber das, was angemessen ist, gehen die Meinungen hier und da auéeinander. Bei den Vergleichen, die zwischen den Preisen für after- terpachtetes Land und Domänenpachtzins angestellt werden, wird meistens außer aht gelassen, daß es sih bei Afterverpahtung um gedingtes und bearbeitetes Land handelt, daß außerdem die Gebäude- interhaltungskosten; die allgemeinen Abgaben, die Generalunkosten, die jeder Betrieb mit \ih bringt, vom Domänenpächter getragen werden müssen. Wenn man diese Beträge der Domänenpacht hinzu- ndnet, stellt sich das Bild ganz anders dar, als wenn man ohne eine folde Ueberlegung die Preise nebeneinanderstellt. Jch möchte darauf hinweisen, daß diejenigen Afterpächter, die meinen, daß sie zu viel bezahlen, jederzeit die Möglichkeit haben, sich an die Pachteinigungs- (mter zu wenden und von ihnen die Pacht anderweitig festseßen zu lisen. Nah unserer Kenntnis der Dinge ist das außerordentlich selten geschehen; das ist. wohl ein Hinweis darauf, daß die After- adt niht unangemessen hoh empfunden wird.

Was nun die Frage angeht, daß die Domänenverwaltung über diese Afterverpahtungen eine Kontrolle ausüben foll, so möchte ih dazu folgendes sagen. Nach den geltenden Bestimmungen der Pacht- berträge sind Domänenpächter befugt, ohne Genehmigung der Negie- tung und des Ministeriums bis zu 10 Prozent der beackderten Fläche (uó eigener Machtvollkommenheit unterzuverpahten. Wir sind nicht dne weiteres in der Lage, eine weitgehende Kontrolle auszuüben. Alerdings kann es in besonderen Fällen wünschenswert erscheinen, eine gewisse Kontrolle der Afterverpahtungen auszuüben. Deshalb ist bei der Neuredaktion der allgemeinen Pachtbestimmungen, die zurzeit in Vorbereitung ist, vorgesehen, in Zukunft den Regierungen das Ge- whmigungsrecht für alle Afterpachtungen vorzubehalten.

Sodann ist von verschiedenen Seiten über den Zustand Klage führt worden, in dem sich die Arbeiterwohnungen auf Domänen befinden sollen. Insbesondere haben zwei der Herren Vor- dner den Ausdruck gebraucht, daß ein erheblicher Teil oder gar alle Ubeiterwohnungen auf Domänen si in einem Zustande befänden, den man als menshenunwürdig bezeihnen müsse. Jh kann diese Vor- vürfe in dieser Verallgemeinerung hier niht unwidersprochen lassen. U muß darauf hinweisen, daß sih die Domänenverwaltung schon seit vArzehnten es hat angelegen fein lassen, nah Maßgabe der zur Ver- figung stehenden Mittel alles zu tun, um die Arbeiterwohnungen zu tbessern, Es ist zuzugeben, daß auf einer Reihe von Domänen die Vumlihen und die hygienishen Anforderungen, die man nah den heutigen Zeitauffassungen an Arbeiterwohnungen stellen muß, nicht in Uen Fällen erfüllt sind. Sobald die Mittel zur Verfügung stehen, vird die Domänenverwaltung alles tun, um den Rest der Arbeiter- nungen, der heute noch nit allen Anforderungen entspricht, in ten Zustand zu bringen, daß Klagen darüber niht mehr vorgetragen verden Eönnen.

Meine Damen und Herren, dann darf ih noch auf einen anderen Yunkt eingehen, der einen außerordentlih großen Umfang in der Aus- pra über den Domänenhaushalt eingenommen hat. Das ist die Le der Domänenpachtzinse und die Frage. ob es über- upt für den Staat ein zweckmäßiges und rentables Geschäft sei, Land U Domänen zu besißen. Insbesondere hat Herr Abgeordneter “1, Wendorff im Aus\schuß wie auch hier im Plenum dieser Frage ten breiten Raum gewidmet. Es scheint mir erforderlich, auf diese lage etwas näher einzugehen. Jh habe hon im Ausschuß darauf ‘ngewiesen, daß dem früheren preußishen Abgeordnetenhause auf inen Vunsch eine Zusammenstellung darüber vorgelegt ist, in welcher vibe die geschlossenen Domänenvorwerke das in ihnen steckende Kapital A die Pachten, und zwar dur die reinen Pachten, nah Abzug r Vewaltungsunkosten persönlicher und sähliher Art —, tat- siblih verzinsen, Diese Berechnungen, die in den Drucksachen des Uses vorliegen, haben ergeben es handelt sih um zwei ver-

¿Ster in Aussicht genommen sind, sind von verschiedenen Seiten als |

iedene Gutachten —, daß das Kapital der sämtlichen geschlossenen ‘mânenvorwerke aus den Pachten, nah Abzug aller {ächlichen und nien Verwaltungsunkosten, sih nah der einen Berechnung mit , 12,26 Prozent, nach der anderen Berechnung mit etwa 2,76 Prozent | ine, Das ift ein Prozentsaß, der zunächst niedrig erscheinen L er gibt aber kaum ein wirklihes Bild der Verzinsung durch ‘Pachtung, Wenn man sih die wirklihe Verzinsung klarmachen kd errehnen will, muß man den Wertzuwachs, den der Staat an

Verlin, Freitag, den 8. Zuli

1921

seinen Domänen erhält, und der in den Pachtpreisen ers nach und nach in Erscheinung tritt, hinzurehnen, Genaue Untersuchungen haben ergeben, daß aus dem Wertzuwachs seit der Veranlagung der Grundsteuer vom Jahre 1861 bis zum Jahre 1913 eine sozusagen stillshweigende Verzinsung von etwa 2,2 Prozent geflossen ist. So ergibt sih das Bild, daß die ges{lossenen Domänenvorwerke sich tat- sächlich mit etwa 414 bis 44 Prozent verzinst haben. Das ist bei einer so sicheren Anlage, die dem Staat überdies die Möglichkeit gibt, auf die Landeskultur günstig einzuwirken, eine Verzinsung, die als durchaus befriedigend angesehen werden muß.

Der Herr Abgeordnete Dr. Wendorff hat die Domänenpachtzinse bemängelt. Es ist dem Hohen Hause die Drucksahe Nr. 439 zu- gegangen. Darin sind alle die Domänen aufgeführt, die in den Jahren 1920 und 1921 pachtfrei geworden sind. Meine Damen und Herren, Domäânen, die im Jahre 1920 pachtfrei werden, werden aber im ordnungsmäßigen Geschäftsgang mindestens ein Jahr im voraus verpachtet, sind also spätestens 1919 verpachtet worden. Während des Krieges mußten die Domänen aber unter den damals vorliegenden besonderen Verhältnissen und Schwierigkeiten bis zu drei Jahren im voraus verpachtet werden. In dieser Nahweisung (Drucksache Nr. 439) über Domänen, die 1920 und 1921 pachtfrei werden, befinden sich nur drei Domänen ih habe das auh im Ausschuß ganz besonders betont —, die n a ch dem 1. Mai 1919 verpachtet sind. Alle anderen Domänen sind also während des Krieges und vor der Revolution ver- pachtet. Die Pachtpreise der Nahweisung Nr. 439 beruhen also auf dem damaligen Geldwert und der damaligen Konjunktur, das muß ausdrüdlih hervorgehoben werden. Damit entfällt sodann der Teil der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Wendorff, der Kritik an der gegenwärtigen Angemessenheit der Pachtzinse übte.

Es entfällt aber noch ein weiterer Teil der Ausstellungen des Herrn Abgeordneten Wendorff, die sih darauf bezogen, daß damals Domänen auf einen langen Zeitraum verpachtet sind. Er hat be- sonders die Domäne Trankwiß genannt. Das ist eine der dret Domänen, die nach dem 1. Mai 1919 freihändig-/ verpachtet worden sind. Aber wie lagen die Verhältnisse? Die Domäne lag damals im westpreußishen Abstimmungsgebiet, und niemand wußte, was mit diesem Gebiet werden würde. Diese Unsicherheit hatte natur- gemäß ein weniger günstiges Pachtangebot zur Folge, das die Ver- waltung annehmen mußte, da Selbstbewirtshaftung in einem folhen Gebiet niht in Frage kommen konnte.

Im vorigen Jahre ist bei der Beratung des Domänenhaushalts von verschiedenen Herren darüber Klage geführt, daß die Neu- verpahtung der Domänen des Jahres 1920 zu hohe Pachtzinsen ergeben hätten. Es ist der Domänenverwaltung sogar ein Vorwurf daraus gemaht worden, daß die Neuverpahtungen zum Teil so außerordentli hohe Pachtpreise ergaben. Daß dies in einigen Fällen zutrifft, möchte ih sogleih mit einigen Daten belegen. Die Domíänenverwaltung steht auf dem Standpunkt, daß sie alles tun muß, um einen angemessenen Pachtzins zu bekommen. Sie hat aber kein Interesse daran, Pachtzinse ¿u bekommen die die Existenz tüchtiger Pächter in Frage stellen. Die Verpachtungen haben in leßter Zeit etwa bis zum Siebenfahen des alten Pacht- zinses erbracht, zum Teil ist noch etwas mehr gezahlt. Nur in zwei Fällen, wo es sich um Objekte handelte, die zum Teil in Ueber- \chwemmungsgebieten großer Flüsse liegen, sind niedrigere Pacht- preise herausgekommen. Jch glaube, man wird niht behaupten fönnen, daß eine solhe Pachtpreissteigerung und eine solche Pacht pro Hektar, wie sie sih hier ergeben hat, unzureihend L S meine, daß diese Pahtpreise auch ausreichen, um Grund und Boden und Gebäuden den gestiegenen Werten entsprehend zu verzinsen.

Dann hat Herr Akgeordneter Wendorff ganz besonders auf die Domäne Burghasungen im Regierungsbezirk Cassel exempliziert, die niht, wie Herr Dr. Wendorff annahm, freihändig, sondern öffentlich meistbietend verpachtet ist. Bei der Domäne Burg- hasungen is der Zuschlag erteilt worden innerhalb der drei Höst- gebote. Es is ein alter Modus der Domänenverwaltung, der ih durdaus bewährt hat, daß bei öffentli meistbietender Verpachtung die Domänenverwaltung sh das Recht sichert, zwishen den drei Höchsibietenden zu wählen. Jn diesem Falle war der alte Pächter, der die Wirtschaft gut im Gang hatte, der Zweithöchstbietende, und die Domänenverwaltung hat diesem zu etwa Siebenfahem des alten Pachtzinses den Zuschlag gegeben. Der Domänenverwaltung kann wohl kaum e Vorwurf gemacht werden, sie habe das fiskalische Interesse niht genügend gewahrt.

Dann gestatten Sie mir noch eine kurze Bemerkung über die Frage der öffentlih-meistbietenden und freihändigen Verpachtung. Ih habe schon im Ausschuß bemerkt, daß die Domänenverwaltung grundsäßlih für die öffentlich-meistbietende Verpachtung eintritt, es sei denn, daß besondere Umstände ihr angezeigt ersheinen lassen, zur freihändigen Verpachtung zu schreiten. Im Falle der öffentlich- meistbietenden Verpachtung wird die Domänenverwaltung den alten Pächter, wenn er die Wirtschaft gut geführt hat, persönlihe Ein- wände irgendwelcher Art gegen ihn nicht vorliegen und sein Pact- angebot niht zu weit hinter dem Höchstbietenden zurückbleibt, in der Pacht zu halten bemüht sein. Daß unter besonderen Verhältnissen der Grundsaß öffentlih-meistbietender Verpachtung vorübergehend zurüfgestellt werden muß, ist im vorigen Jahre durch Annahme eines diesbezüglihen Antrages vom hohen Hause besonders aner- kannt worden.

Dann nur ein kurzes Wort zu dem Reichssiedlungs- geseh. Die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Wendorff über die Abgabe von Domänen für Siedlungszwecke erledigen sich zum Teil durch den Hinweis darauf, daß die Nahweisung Drucksache Nr. 439 Domänen enthält, über die hon verfügt war, als das Reichssiedlungsgeseß in Kraft trat. Der Herr Abgeordnete Wendorff {eint davon ausgegangen zu sein, daß die Domänenverweltung nohch imstande gewesen wäre, über die in diefer Nahhweisvno aufgeführten

| Domänen zu verfügen, als das Reichssiedlungsgeseß in Kraft trat.

Das is nicht der Fall. Mit Ausnahme von drei sind diese Domänen, was ih ausdrüdlih betone, vor dem 1. Mai 1919 verpahtet worden; die Domänenverwaltung konnte also über diese Domänen niht mehr

verfügen, als das Reichs\iedlungsgeseß in Kraft trat. Jh betone, daß

die Domänenverwaltung selbstverständlih bestrebt ist, in den Be- ¿irken, in denen sie einen besonders großen Besiß hat, und in denen auh die Grundbesißverteilung besonders ungünstig ist, Domänen in reihem Maße zur Verfügung zu stellen. Jh möchte gerade auf den Regierungsbezirk Stralsund hinweisen, der ja in Preußen die \{lechteste Grundbesißverteilung hat, da in ihm etwa 70 % des Grund und Bodens auf Güter über 100 Hektar Größe entfallen. Jn diesem Regierungsbezirk sind in leßter Zeit zwei Domänen zur Be- siedlung freigegeben worden, bei drei weiteren {weben die Verhand- lungen über die Freigabe und nur eine einzige Domäne, die für die Besiedlung nicht besonders günstig“ ist, ist für die Verpachtung in Aussicht genommen. Sie wollen daraus entnehmen, daß wir von sechs Domänen nur eine einzige für die Verpachtung in Aussicht nehmen, dagegen fünf für die Besiedlung, daß wir bestrebt sind, der dortigen ungünstigen Grundbesißverteilung in weitestem Umfange Rechnung zu tragen.

Was die Domäne Neudorf im Kreise Greifs- wald betrifft, von der hier die Rede war, so hat die Domänen- verwaltung {on im vorigen Jahre auf Grund von Klagen, die ihr zugegangen waren, eine Prüfung vorgenommen. Es hat sich damals keine Möglichkeit ergeben, dieses Objekt schon jebt für die Besiedlung freizumahen, Wir sind aber bereit, nochmals eine Prüfung vor- zunehmen, um zu sehen, ob sich jeßt niht ein günstigeres Ergebnis wird erzielen lassen.

Veber die Frage der Naturalverpahtungen habe ih {hon im Ausschuß einige Bemerkungen gemaht. Die Domänen- verwaltung hat die Erfahrung gemacht, daß die Verpachtung nah Naturalien, also nah einem beweglihen Pachtzinse, von den Pächtern zurzeit vorgezogen wird gegenüber der Verpachtung zu einem festen Geldzinse, weil die Pächter die Auffassung haben, daß dadurh dæs Risiko verringert wird. Ich bin deshalb gern bereit, derartigen Pacht- angeboten näher zu treten. Dieses Verfahren hat sih bisher durhaus bewährt, soweit ch bei der kurzen Zeit ein Urteil darüber abgeben läßt. Bei der Verpachtung nah Naturalien ist nach den bisherigen Erfahrungen die Einstellung auf Roggen und Weizen ausreichend, und es wird weiter danah verfahren werden. Ob das Verfahren der Ver- pachtung nah Naturalien allgemein zugrunde zu legen sein wird, muß von weiteren Erfahrungen abhängen.

Die Domänenverwaltung ist stch der Pflichten bewußt, die ihr durch das Reichssiedlungsgeseß erwahsen. Sie wird sich selbst- verständlich auch in Zukunft auf den Boden dieses Geseßes stellen, wie sie es bisher getan hat. (Zuruf des Abg. Dr. Wendorff.) Niemand denkt daran, das Reichsgeseß außer aht zu lassen oder nicht so an- zuwenden, wie es ursprünglih gedaht war. (Bravo! rets.)

Die Domáänenverwaltung steht aber weiter auf dem Standpunkt und hat diesen Standpunkt bei ihrem Vorgehen auch Rechnung ge- tragen, daß die Domänen, die im Staatsbesiße bleiben, vorbildlich bewirtshaslet werden sollen, Auf diesen Punkt darf ih besonders in dem Zusammenhange hinweisen, daß in diesem Hause Klagen darüber erhoben worden sind, daß die Domänenpächter {hlecht wirtschafteten, und zwar auch in den leßten Pachtjahren. Der Herr - Abgeordnete Weber hat darauf hingewiesen, daß viele Pächter in den leßten Jahren absihtlich den Zustand des Pachtobjektes vershlehterten, um eine billigere Pacht zu bekommen. Wir kontrollieren die Domänen auf ihren Zustand sehr häufig und sorgfältig, und zwar niht nur von den Regierungen aus, sondern neuerdings auch von der Zentral- instanz aus. Die Berichte darüber, die ih sämtliŸ persönlih ge- lesen habe, lassen mich aber zu der Ueberzeugung kommen, daß cs doch ein sehr kleiner Prozentsaß von Domänen ist, die sih nicht in einem Zustande der Bewirtschaftung befinden. Die Mehrzahl der Pächter wirtshaftet mustergültig und vorbildlih. Die Kontrollen des leßten Jahres haben gezeigt, daß viele Kriegsschäden, die auch auf Domänen vorhanden waren, {on fast vollständig ausgemerzt sind. J bin auch der Meinung, daß es für einen Domänenpätex, der ein tühtiger Landwirt ist, ein sehr {lechtes Geschäft ist, wenn er in den leßten Jahren seiner Bewirtschaftung {lecht wirtschaften wollte. (Sehr richtig! rechts.) Er würde dadur die Gewinne, die er vielleibt früher gemaht hat, zum großen Teil wieder aufs Spiel seßen (erneute Zustimmung“ rechts), und tüchtige Landwirte werde sich dieser Gefahr natürlich niht ausseßen. Man kann es ihnen au gar nit zutrauen. Ich glaube deshalb, daß die Domänen, die in den leßten Pachtjahren s{lecht bewirtschaftet sind, durGaus zu den Aus- nahmen gehören. / /

Die Domänenverwaltung ist aber bestrebt, die Anforderungen, die sie an die Domänenpächter hinsichtlich ihrer Wirtschaftsweise stellt, noch weiter zu erhöhen. Wir sind der Meinung, daß der Domänen- päcterstand als solher imstande ist, auch diesen höheren An- forderungen zu genügen. In den neuen Pachtverträgen wird bestimmt, daß Domänenpähter, die nah dem Urteil zweier Sachverständiger, die die Landwirtschaftskammer zu bezeichnen hat, im Klagefalle nicht mustergültig gewirtshaftet haben, der Vertrag gekündigt werde fann. Damit habe ih ein Mittel gegeben, auf eine tädellose und mustergültige Bewirtshaftung der Domänen :noch mehr ls bisher einzuwirken. Jm berechtigten Bewußtsein ihrer Tüchtigkeit -hat dieser neue Passus der Pachtverträge bei den Domänenpächtern zu Besorg- nissen keinerlei Anlaß gegeben. :

Auf einige der gestellten Anträge werde ich im Laufe der Debatte noch zurückommen. ' |

Auf Ausführungen des Abg. Jürgensen (Unabhäng. Soz.) erwiderte der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Warmbold:

Meine Damen und Herren, nur einige kurze Bemerkungen zu den Anträgen. Zunächst zu dem Antrage des Hauptausschusses in Kap. 1 der Einnahme, die Titel 3, 3a, 4, 4a und 4b ‘iys- gesamt um 10 Millionen Mark zu erhöhen. Jch habe fit {hon bei den Beratungen des Hauptaus\{chus}ses erlaubt, darauf /in- zuweisen, daß die Einnahmen von der Domänenverwaltung \o vet- anschlagt worden sind, wie es dem voraussichtlichen Aufkonfneii enispriht. Die Domänenverwaltung kann aber keine Gewähr ?afür übernehmen, daß die 10 Millionen, die nah dem Antrage des Fupt- aus\{chusses diesen Einnahmetiteln hinzugeseßt werden sollen auch