1921 / 164 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 16 Jul 1921 18:00:01 GMT) scan diff

Niederlande.

Die beiden Kammern haben laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ den Geseßentwurf über die Ratifikation des Statuts des Jnternationalen Gerichtshofs ge- neimigt. Die Königin hatte den Geseßentwurf am 30. Juni unterzeichnet. Die Ratifikation8urkunde wird demnächst beim Seïretariat des Völkerbundes in Genf niedergelegt werden.

Tschecho-Slowakei.

Im Abgeordnetenhause führte der Minister des Aeußern Dr. Benesch in Beantwortung einer dringlichen Jnterpellation über eine Reichstagsrede des früheren deutschen Reichsministers des Aeußern Dr. Simons, in der die JInterpellanten eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Tschecho-Slomakei erblicken, laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ u. a. aus:

Cr müsse vor allem féststellen, daß die Debatte im Deutschen NReickstag unmittelbar nach den Novemberkundgebungen in Prag statt- gefunden babe, über die insbesondere in Deutschland übertriebene Berichte verbreitet gewesen seien. In ten Reden der reichédeutschen Abgeordneten habe si stark die Stimmung widergespiegelt, die aus dem Eindruck hervorging, daß in der ts{checho-slowakishen Nepublik nicht bloß die nationalen Bundesgenossen, sondern auch die reichs- deutschen Staats8angehörigen bedroht seien. (Deutsche Nufe: Ist das ni&t wahr?) Auf die Ausführungen dieser Redner antwortete Minister Simons mit der Nede, die Gegenstand der Interpellation ist. Aus seinen Worten geht hervor, daß er beruhigend auf die erregte Stimmung der Abgeordneten wirken wollte, indem er insbesondere zum Scbluß die Ueberzeugung betonte, daß gerade die freien Ab- fommen bewirken werden, daß die nationalen Reibuagen vers{winden. Dr. Bene)\ch besprach hierauf zwei von der deutschen Gesandtschaft dem Minister des Aeußern bekanntgegebene Beschwerden über die Beleidigung eines Beamten der deutschen Gesandtschaft und über die Entfernung von Vorhängen im Hause des Neicbsdeutschen Vereins. Im ersteren Falle habe die polizetärztlibe Untersuchung ergeben, daß die angeblihen Symptome von Nervenstörung auf den neurasthenis{en Charakter des Untersuhten zurückzuführen sind. Im zweiten Falle handle es fih um das Herabreißen von Vorhängen im Hause des Ver- eins Kriegédenfmalfürforgestelle für reichsdeutidbe Kriegéteilnehmer und deren Familien in Böhmen. Die weggerissenen Vorhänge, die mit dem deutschen Adler ges{mückt waren, wurden den Demonstranten von der Polizei sofort abgenommen und im Deutschen Vereinshause dem Verein zur Verfügung gestellt. Die Täter wurden nit entdeckt. Der Nachrichtendienst über die Prager Kundgebungen bat tadellos gearbeitet, und es versteht sid von selbs, daß, wenn si iraendeine Einmischung in die inneren Angelegenbeiten unserer Republik zeigen würde, das Ministerium des Aeußern und die Regierung sie auf das nachdrücklichste zurückweifen würden.

Diüirketi.

Der frühere Minisite® des Jnnern Dschemal Bey, der zuleßt Wali von Adana war, ist zum Präfekten von Konstantinopel ernannt worden.

Griechenland.

Die Nationalversammlung hat ihre Sizungen wieder aufgenommen. Der Ministerpräsident Gunaris legte den Text des Vorschlags der Alliierten und die Antwort der hellenishen Regierung vor und erklärte, dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge, in längerer Rede:

Im naben Orient fei ein sicherer, dauerhafter Friede unmögli, solange die Türken die Herrschaft über fremde Völker behielten, Cin von den Großmächten und der Türkei selbst unterzeihneter Vertrag babe einen Teil der griehi\chen Bevölkerung von dieser Herrschait befreit. Griechenland müsse die Anerkennung des Vertrags erzwingen. Die Männer von Angora seien nur der Gewalt der Tatsachen zu- gängli. Es sei ausgeschlossen, daß der Friede durch Unterhandlungen mit Angora zustande komme.

Der Bericht des griechischen Generalstabes in Kleinasien vom 13. Juli besagt:

Der Vormarsch unserer Truppen in Nichtung Eski-Schehir und Futahia dauert ohne ernsten feindlichen Widerstand fort. Unsere Verluste find unbedeutend. Die Stadt Afiun—Karahissar wurde am 13. von unseren Truppen genommen.

Asien.

tach einer Reutermeldung aus Allahabad wird aus Teheran berichtet, daß die russischen Truppen Rescht wieder -beseßt haben. Die Verbindungen zwischen Teheran und Konstantinopel über Täbris und Batum sind wieder- hergestellt.

Während Japan den Vorschlag des Präsidenten Harding zu einer Konferenz über die Einschränkung der Nüistungen angenommen hat, hat es obiger Quelle zufolge mit Bezug auf die vorgeschlagene Erörterung der Pazifikfragen seitens der besonders beteiligten Mächte um genauere Angaben über die Fragen ersucht, die erörtert werden jollen.

Preußischer Landtag.

(Bericht des Nacbrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger *).) 41. Sißbung vom 15. Juli 1920, Vormittags 11 Uhr.

Zur zweiten Beratung steht der Gesetzentwurf, betreffend dieDelegaturfürden preußischen Anteil der Erzdiözese Gnesen-Posen. Für die deutsch verbliebenen Teile des Erzbistums ist seit dem 1. Dezember 1920 eine erzbischöflihe Delegatux errichtet worden, die nah dem Entwurf zu einer Körperschaft des öffentlihen Rechts erhoben werden soll. Die Delegatur wird ihren Siß zunächst in Tüß haben. Der Rechtsausschuß empfiehlt die Annahme der Vorlage und einer Entschließung, welche das Staatsministerium ersucht, auch für die evangelische Bevölterung der Grenzmark Posen-Westpreußen die Errich- tung eines Provinzialsynodalverbandes mit einem eigenen evangelischen Konsistorium in die Wege zu leiten.

Die Abgg. Brück ner (Soz.) und Kilian (Komm.) erfAarten fih gegen die Vorlage und gegen alle solche Ver- iuce, den „Gescheitelten und Geschorenen“ auf Staatskosten Liedeédienste zu erweisen.

Mit den Stimmen der bürgerlihen Parteien wird die Vorlageinzwetiter und sofort auch in dritter Lefung ebenso wie die Entshließung an- genommen.

Abg. Dr. Cohn (U. Soz.) erstattet den Bericht des Geschäfts- ordirungSausshusses über den Antrag der Schriftsteller Franz Lfonfert und Otto Rühle in Berlin-Wilmersdorf auf Genehmi- gung zur strafgerihtlihen Verfolgung des Abg. Scholem (Komm.) wegen Bekeidigung. Sollen: hat als Redakteur dex „Roten Fahne“ eine Mitteilung verantwortlih gezeihnet, nah der die beiden Ge- nanr?ten 60 000 Mark revolutionäre Gelder untershlagen haven

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdenck hervoraehobernen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergeg?beu fint

ollen. litischen Kampfe erfolgt und daher als politische gesehen und die Erteilung der Gerehm1igung abgelehnt.

Das Haus beschließt nah dem Antrage des T chusses, Ebenso wird auf den Antrag des Zes das Verfahren gegen den Abg. Rabold wegen E für die Dauer der Sihungsperiode aufzu-

eben.

Es folgt die zweite ns des Gesetent- wurfs, durch welchen dreihundert Millionen Mark zur Förderung der Ansiedlung zur Ny ga, gestellt werden. Von denSozialdemokratenistbeantragt, den Fonds auf fünfhundert Millionen Mark zu erhöhen. Dex Ausschuß für das Siedlungs3- und - Woh- nungswesen hat den Entwurf unverändert angenommen und folgende Entschließung beantragt: Das Staatsministerium zu ersuchen, noch in diesem Rechnungsjahre einen über die dreihundert. Millionen hinausgehenden Betrag, der den ri des Zwischen- kredits für Siedlungszwecke entspricht, anzufordern. Der An- trag der Demokraten wegen Erhöhung dec Mittel für Zwischenkredite zur Förderung der Bildung von Rentengütern soll durch die Beschlußfassung über den Entwurf als erledigt detcachtet werden.

Berichterstatter Abg. Dr. Wendorff} (Dem.) berichtet über die Verhandlungen des Ausschusses. :

Abg. Braun (Soz.) befürwortet den Antrag seinex Partei. ane Bedenken können in dieser Frage niht maßgebend sein.

as Ziel des Reichssiedlungsgesezes ist noch lange nicht erreiŸt.

Abg. Dallmer (D. Nat.): Wir stimmen zunächst für die dreihundert Millionen in der Erwägung, daß ja durh die Ent- \{liezung des Ausschusses in absehbarer Zeit mehr für Siedlungs- zwedcke verlangt wird.

Abg. Kil ian (Komm.): Wix lehnen diesen Entwurf ab. Das Problem der Ansiedlung wird am besten dadurch gelöst, daß man sich bemüht, dem wahren Sozialismus näherzukommen.

Graf zu S tolbe r g - Wernigerode (D. Vp.): Wir werden die Vorlage annehmen. Die Ablehnung durch die Kommunisten ist so reht bezeihnend für die Arbeiterfreundlihkeit dieser Partei.

Abg. Dr. Wendorff (Dem.): Auch wir sind der Meinung, daß für die Siedlung mehr getan werden muß.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Warmbold:

Meine Damen und Herren! Die Staatsregierung ist dem hohen Hause dankbar für die Freundlichkeit, mit der die Kreditvorlage zur Förderung der Siedlung aufgenommen ist. Fch möchte den Dank der Staatsregierung hiermit zum Ausdruck bringen.

Es ist der Antrag gestellt worden, die Fordecung der Re- gierung, die auf Bereitstellung von 300 Millionen lautet, auf 500 Millionen zu erhöhen. Jch darf mir erlauben, darauf hinzu- weisen, daß‘ der Plan, nah dem die Siedlung in nächster Zeit be- trieben werden soll, nach allen Seiten hin auf das sorgfältigste er- wogen worden ist. Die finanzielle Auswirkung dieses Planes hat thren Niederschlag gefunden in der Vorlage, die dem hohen Hause zugegangen ist. Wir sind der Ueberzeugung, daß nah den Plänen, wie sie heute aufgestellt sind und im Aus\s{huß eingehend besprochèn worden sind, ein Betrag von 300 Millionen für die nächste Zeit ausreicht, um alle diese Pläne durchzuführen. Ein Mehr. würde in der nächsten Zeit niht verwendet werden können; ih darf weiter darauf hinweisen, daß unsere Vorlage eine Kreditvorlage ist. Sie ist daher niht wie ein Etatgesey zeitlich begrenzt. Wenn nah dem Antrag des Ausschusses eine Entschließung angenommen wird, daß, sobald die Mittel der Ershöpfung entgegengehen, eine neue Vor- lage dem hohen Hause unterbreitet werden solle, und wenn diese Vorlage ebenso freundlich aufgenommen wird wie die gegen- wärtige, fo ist ja allen Möglichkeiten der Ausbreitung des Siedlungs- wesens Rechnung getragen. Jch bitte deshalb, es vorläufig bei der Bewilligung von 300 Millionen zu belassen. Es können damit alle Möglichkeiten, die sih auf dem Gebiete der Siedlung ergeben, vollkommen erfüllt werden. (Beifall.)

__ Abg. Braun (Soz.): Bei dem großen Bedarf an Neu- siedlungen können wir uns niht auf dreihundert Millionen be-

shränken. Zur Förderung der Ansiedlungen wérden wir die größte Jnitiative entwidckeln.

Der Antrag der Sozialdemokraten wird gegen die Stimmen der Antragsteller und der Unabhängigen abgelehnt. Die Vorlage wird in der Regie- crungsfassung angenommen. Auh die Ent- schließung des Ausschusses wird angenom- men und der demokratishe Antrag für erledigt erklärt. Die Vorlage wird auch in dritter Lesung angenommen.

In zwetter und dritter Beratung wird ein Gesehentwurf wegen Uebernahme von Verpflihtungen des Saavrbrücker Knapp- schaftsvereins in Saarbrüdcken gegenüber dem Knappschaftlichen Rükversiherungsverband in Charlottenburg durch den preußishen Staat ohne Erörterung ange - nommen.

Darauf wird die Besprechung über den Not- etat für 1921 fortgeseßt.

Minister des Jnnern Dominicus: Meine Damen und Herren, ih habe zunächst zu antworten auf die große Anfrage Nr. 47 der Herren Abgg. Dr. Meyer (Ostpreußen) und Genossen. Diese Anfrage geht dahin, ob der Herr Polizeipräsident von Berlin am Sonntag, den 12. Funi 1921, ohne jeden gesetz- lihen Grund Plakate und Flugblätter hätte beschlag- nahmen lassen. Am 12. Funi ist auf Grund einer Anzeige eine Haussuchung nah Plakaten abgehalten worden. Sie hat nah dem Urteil des Herrn Polizeipräsidenten ergeben, daß eine Zuwider- handlung gegen § 23 des Reichspressegeseßes und die §8 110 und 130 des Strafgesehbuches vorliegt. Jufolgedessen hat der Herr Polizeipräsident die Beschlagnahme verfügt; er hat ferner in dem Berliner Sekretariat der Vereinigten Kommunistishen Partei eine Anzahl von Flugblättern beshlagnahmen lassen und bei der zu- ständigen Staatsanwaltschaft die gerihtlihe Bestätigung dieser polizeilihen Maßnahme beantragt. Die zuständige Abteilung des Amtsgerichts Berlin-Mitte hat diese Bestätigung daraufhin wegen Verstoßes gegen §8 6 des Reichspressegeseßes und gegen die 88 110, 111, 130 des Reichsstrafgeseßbuhes ausgesprochen, die Handlungs- weise des Polizeipräsidiums also gebilligt.

Wenn die Große Anfrage Nr. 47 der Herren Abgg. Dr. Meyer

Der Ausschuß hat einstimmig diese Peleidiaung ei? im Strastat an-

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| und Genossen s{ließlich fragt, ob das Staatsministerium das

Berhalten des rechtssozialistishen Berliner Polizeipräsidenten in diesex Angelegenheit billigt, so beantworte ih diese Frage mit Fa.

C R beschlossen,"

Der Herr Abg. Geschke hat daraufhin gestern weiter einen Erlaß fritisiert, der angeblih von mir ausgegangen sein soll unter dem Datum des 6. Juni d. J. und der dahin ging, da nicht angemeldete Versammlungen unbedingt aufzulösen find Jch, wäre dem, Horn Abgeordneten Geschke ganz außerordentlih denkbar, wenn er mir diesen Erlaß verschaffen könnte. J hate mir die größte Mühe gegeben, in meinem Ministerium der E nachzugehen; .niemand hat diesen. Erlaß bisher ausfindig maten können. (Heiterkeit.)

Der Herr Abgeordnete Geschke hat dann meinen Erlaß kriti. siert, der die Bestätigung von Kommunisten zu lei, tenden Aemtern in den Kommunalverwaltuy. gen ausschließt. Jch brauche niht noch einmal zu bestätigen daß der Erlaß nicht ohne weiteres für alle Fälle die Bestätigung von Kommunisten zu Stadträten und Beigeordneten ausschließt: ih habe das absichtlich unterlassen, weil ih ‘aus meiner eigenen Tätigkeit hier im Magistrat der Stadt Berlin die Erfahrung ges \{öpft habe, daß es durchaus nüßlih ist, wenn Kommunisten unter Umständen Gelegenheit haben, den Widerspruch zwischen ihcen theoretishen Moximen und der rauhen Wirklichkeit in dèx verantwortlihen Praxis zu erleben. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten und rechts. Hört! Hört! bei den U. Soz.) Jch muß aber sagen: auf der andern Seite war es nah den Erfahrungen, nach den traurigen Erfahrungen, die die Verwaltung in Mitteldeutshland leider hat machen müssen, für uns un- möglih, den Zustand länger zu dulden und mit -anzusehen, daß Amtsvorsteher und Gemeindevorsteher ernannt, bestätigt und im Amte blieben, die der Kommunistishen Partei angehören, die dann ihr Amt im wesentlihen nah den Prinzipien dieser Partei be- handelt haben und die ihr Amt în einem Zustand hinterlassen haben, daß ihre Amtsnachfolger, die durchaus ‘nicht auf einem umgekehrten politischen «Standpunkt gestanden haben, die aller- größte Mühe hatten, die Geschäfte wieder einigermaßen in Ord- nung zu bringen (Hört! Hört! bei den D. Dem. Und rets, Zurufe bei den Komm.: Wo ist das geshehen?) Und wenn Herr Geshke eine Ahnung hätte, in welhem Umfange mir Zustim mungskundgebungen zu diesem Erlaß gerade aus diesen Gebieten zu Ohren gekommen sind, würde er vielleicht sein Urteil etwas

ändern.

Zu Herrn Abgeordneten Heilmann darf ih mi zunächst mit ècm Punkte wenden, der die Frage der Aufhebung des Belagerungszustandes betrifft. Da hat der Herr Ab- geordnete Heilmann die kühne Theorie aufgestellt seine Rhetorik war in dieser Beziehung ja überhaupt gestern, glaube ih, ziemlich reihhaltig —, meine Politik und die Politik der preußishen Staatsregierung verleßten die Reichsinteressen, “ih triebe in dieser Sache direkt eine Außenpolitik. Fch darf zunädst einmal feststellen, daß im Einverständnis mit uns und auf unsern Antrag das Reichskabinett die Aufhebung des Belagerungs- zustandes in den Regierungsbezirken Magdeburg und Erfurt und in einem Teile des Regierungsbezirks Merseburg verfügt hat, daß dagegen im Einverständnis wiederum mit uns der Belagerungs- zustand in Ostpreußen zurzeit noch aufrecht erhalten worden ist. Niemand von uns im preußishen Staatsministerium betrahtet diesen Zustand der Aufrechterhaltung des Au3nahmezustandes als das Jdeal. Jh versichere dem Herrn Abg. Heilmann sehr ‘gern,

daß ih der ‘erste sein würde, der sich freuen würde, wenn wir in.

der Lage wären, den Antrag auf Aufhebung dieses Ausnahme- zustandes zu stellen. Fh gehe au noch weiter und erkläre sehr gern und in, voller Uebereinstimmung mit dem Herrn Reiths- kanzler, daß wir dauernd die Verhältnisse in Ostpreußen beobachten werden in dex Hoffnung, möglichst bald dazu kommen zu können, den Antrag auf Aufhebung zu stellen. Zurgeit aber {heint uns dex Moment hierfür noch nicht gekommen zu sein. Jh habe bereits in dem Auss{huß darauf aufmerksam gemacht, die Entfestigung in Ostpreußen, die gleichzeitige völlige Entwasfnung, wie ferner der Umstand, daß die Polen eine große Zahl ihrer Divisionen unstreitig mobil erhalten, wie endlih der Umstand des Einfalls von polnishen Soldaten um mi einmal so auszudrüden in Oberschlesien geeignet sind, die Bevölkerung von Ostpreußen in hohem Maße zu beunruhigen. Unter diesen Umständen et- ahtet es der zuständige Oberpräsident als ein Gebot der Vorsiht, daß wir diejenigen Maßgaben den Behörden geben und in der Hand belassen, die eine innerparteilihe HZerklüftung der Ve- völkerung zu verhindern in der Lage sind. (Hört, hört! links Abg. Heilmann (Berlin): Die Stadtverordnetenversammlung hat einstimmig die Aufhebung gefordert!) Gewiß, das mag der Fall sein; ih kann nur sagen, ih halte mih an den Bericht des ver antwortlichen politishen Verwaltungsbeamten und der ist dieset Auffassung! Dieser Anschauung hat sich das preußische Staats- ministerium, wie gesagt, angeschlossen. Wir würden es aber außerordentli begrüßen, wenn vor allen Dingen Polen durŸ sein Vorgehen mit der Demobilmachung wie durch sein Verhalten gegenüber Oberschlesien uns, die . Staätsregierung, mit deut absoluten Zutrauen erfüllte, das dann auch die Beruhigung N der Provinz Ostpreußen zur Folge haben würde. (Sehr rihtig. rets.)

Der Herr Abg. Heilmann ist dann auf die Frage de! Konzentrationslager eingegangen und hat auh do gemeint, daß diese Politik dem Reiche“ und Preußen wen Freunde zu gewinnen geeignet wäre. Jh stelle zunächst einmal mit Befriedigung fest, daß der Herx Abg. Heilmann in diesen Zusammenhang gesagt hat, auch er wolle, daß Preußen seine Grenzen möglichst geschlossen hielte. J stelle das mit große! Befriedigung insbesondere au deswegen fest, weil mir noh heute durch das Reichsministerium des FJnnern eine Eingabe des Deutschen Städtetages übermittelt worden ist, von der ih n! erlauben werde, dem hohen Hause ein. paar Säße mitzuteilen:

Aus den größeren Mitgliedschaften des Deutschen Städte tages wird vielfach darüber. geklagt, daß gegenüber den W bürgerungsanträgen von reichsausländischen Zuwanderern al dem Osten, insbesondere àus Polen, Rußland, Deutsh-Oeste rei, der Tshecho-Slowakei und Ungarn ein Entgegentommen Wu cine Nachgiebigkeit an den Tag gelegt werde, die mit den au den tatsählihen Verhältnissen sih ergebenden schweren Bedenken nit in Einklang zu bringen seien. Die Einsprüche und D nungen der zuständigen Stadtverwältungen des' Niederlassung orts würden von den“Staatsbehörden häufig übergangen.

Die Städte erblicken in der Aufnahme nicht einwandfreitr ausländischer Elemente in den Staats- und Reichsverband:-48

as städtische Leben, sondern für das gesamte deutsche etlihe Leben, soziale und politishe Gefaßren, poli- als sih infolge der zahlreichen Einbürgerungen Großstädten u. U. Kolonien ausländischer Bevölkerung®- e bilden föónnen, die troß der Einbürgerung nicht inner- « mit unserem Volke verwachsen und mögliczerweise deutsh- ih Gihen Bestrebungen huldigen werden, wirtschaftliche und E Befürchtungen insofern, al3 dieser Bevölkerungszuwachs s dh Ausland auf den ohnehin außerordentli angespannten E t und Arbeitsmarkt drückt. ai Erklärung des Deutschen Städtetages ist mir, wie gesagt, 4 heute von dem Herrn Mp ter Ms Innern zur Be- vÉtuag übermittelt worden. (Hört! Hört! bei den Deutschen e mir über die Entstehung8geshihte des Konzentra- „nilagers in Stargard einige Bemerkungen erlauben. Durch Er- Hre T errn Amtsvorgängers vom 28. Februar d. J. ist sest- 1 “iotét, daß für die Unterbringung derjenigen fremdstäm- legt Ausländer, die zwar ausgewiesen sind oder der Ausweisung aber niht abgeshoben werden können, das Lager ard zur Verfügung steht. Es handelt sich also nur um solche ide: die ausgewiesen sind oder der Ausweisung unterliegen, uit abgeschoben werden können. Für diese Leute mußte i der damaligen Auffassung der Reichs- und Staatsregierung ne soldhe Fnternierung8möglichkeit geschaffen werden, weil sie sih h der polizeilihen Beobachtung entzogen. (Sehr richtig! rechts.) | L Herr Abgeordnete Heilmann hat darauf hingewiesen, daß dieser Beschluß im Staatsministerium gegen die Meinung meines errn Amtsvorgängers gefaßt worden ist. Jh muß nun zugeben, j niht jeden einzelnen Minister dafür verantwortlich daj man A ; ; : nahen fan, daß er bei einem Dissense mit der Meinung der Mehrheit genötigt sein solle, sein Amt niederzulegen; das muß 113 in jeder Sißung dein asser, aber es ist doch nur zu- lássig bei minder wihtigen Angelegenheiten. Wenn aber die An- gelegenheit dann von Herrn Abgeordneten Heilmann so behandelt nit, als ob sie geeignet ware, die Politik des Reiches zu durh- hauen und im Auslande außerordentliche Feindschaft zu erregen, vin muß ih do sagen, daß der zuständige Ressortminister diesen (rvägungen auch zugängig sein und entweder sagen muß, die ahe wird gemacht, aber ohne mich, oder die Sache wird nicht mat. (Sehr gut! recht3.) Diese Erwägung bestand aber da- nl augensheinlih nit.

Nun gebe ih Herrn Abgeordneten Heilmann ohne weiteres zu, j in der Art der Durchführung dieser Fnterniecung Mißstände jorgelommen sind, die ih auf das lebhafteste bedaure und die ih m ersten Tage, wo ih davon gehört habe, mit aller Energie be- linpft und abgestellt habe. Jch darf in dieser Beziehung darauf jinweisen, daß ih die betreffenden Beamten, die ihre Pflicht der Fwahung dort vernachlässigt haben, sofort rücksichtslos aus dem Jenst entlassen habe. :

Herr Abgeordneter Heilmann hatte ja auch hon die Freund- lihfeit, anzuerkennen, daß ih auf Grund der weiteren Berhand- lungen hier im Haushalt3ausschuß einen Erlaß nachträglih her- uégegeben habe, der versuht, weiteren ähnlihen Unannehmlih- likn für die Zukunft entgegenzutreten. Herr Abgeordneter Heil- unn hat diesen Erlaß zitiert, und ih freue mich, daß er in der lige war, dies zu tun. Leiïder- war dieses Zitat aber unrichtig, (heiterkeit.) Der Erlaß hat ihm anscheinend nicht ganz vorgelegen, denn sonst würden die Konsequenzen, die er da gezogen hat, nicht berstanden werden.

Jh darf zunächst darauf aufmerksam machen, daß ich in diesem Classe vom 25. Juni d. J. erklärt habe:

Nah den Nunderlassen meines Herrn Amtsvorgängers sollen fremdstämmige Ausländer. usw. dort untergebracht werden, bis ihre Entfernung aus dem, Jnlande möglich ist. Diese Maßnahme ist indessen nit mit irgendwie unnötiger Schärfe durhzuführen, ins- besondere sollen derartige Ausländer, die hon vor dem 1. Januar 1918 im Inlande festen Fuß gefaßt und Beschäftigung gefunden haben, hiervon nit vertrieben werden, ohne daß sie sich eiwa strafbar oder einer strafbaren Handlung dringend verdächtig gemacht haben, Es is au angängig, ausländische Arbeiter auf ihren [hon früher innegchabten Arbeitsstellen zu belassen, wenn für diese inländische Arbeitskräfte nicht zur Verfügung stehen oder in Frage fommen. Jh weise ferner nahdrücklich darauf hin, daß auch jeder Anschein vermieden werden muß, als ob Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Anlaß zu den hier in Frage stehenden Maßnahmen gegeben hätten. ld nun fährt der Erlaß so fort, wie Herr Abgeordneter Heilmann hn zitiert hat:

Inzwischen is übrigens der Friedensvertrag Quruf des Abgeordneten Heilmann, Berlin.) Das ist der Erlaß n 2%, Juni d. J.; bitte, nehmen Sie ihn gur Hand und lesen Tie ihn mit, es ist Abs. 3 des Erlasses.

Jazwischen ist übrigens der Friedensvertrag zwischen Polen und Rußland ratifiziert worden, so daß der Kriegszustand ¿wischen den beiden Ländern sein Ende erreicht hat. Damit sind auc die nh Völkerrecht sich ergebenden besonderen Rechte und Pflichten in Fortfall gekommen, und es stehen somit zur Abschiebung bon Angehörigen dieser beiden Länder, selbst wenn sie militärpflihtig snd, vôlkerrechtlihe Bedenken niht mehr entgegen. In vielen Fällen wird daher ein Anlaß zur Unterbringung : Quruf) ganz ret, ih komme bloß auf die Schlußfolgerung, die sert Kollege Heilmann ' daraus gezogen hat in dem Lager zu Stargard nicht mehr vorliegen :

Herr Kollege Heilmann war der Meinung, daß dieser Erlaß die wylüdlihen Refraktäre und Deserteure der Bestrafung der Polen Wlieferte, Er meinte, daß das eine Art von Barbarei darstellte 1d daß wir in der preußishen Regierung dem Auslande Henkers- venste leisteten, Das war ein Mißverständnis, verehrter Herr Kollege Heilmann. Jch gebe zu, daß dieser leßte Saß vielleicht so nißverstanden werden konnte, (Na also! bei den Sozialdemokraten.) Jh war aber auch, verehrter Herr Kollege Heilmann, con früher au der Veberzeugung gekommen, daß ein solches Mißverständnis vielleicht wolid wäre, und infolgedessen ist durch einen weiteren Erlaß vom L Juli, der Jhnen bodauerlicherweise noch nicht bekannt zu sein eint, verehrter Herr Kollege Heilmann (große Heiterkeit), die Sache weiler geklärt worden. Jch darf diesen Erlaß vorlesen Sie fimen ja nicht alle Erlasse des Ministeriums haben, Herr Kollege

ilmann (Heiterkeit):

ür d n polkzwirtchai fishe insofern,

in den element

migen unterliegen,

Nachbarstaaken angehören, über die Grenze in den meisten Fällen dur{führbar ist. Die Grundlage, auf der die Erlasse meiner Amts- vorgänger ergangen sind, hat somit eine gewisse Aenderung er- fahren. Jch ersuche daher, künftig lästige Ausländer niht alsbald dem Internierungslager zuzuführen, sondern zunächst die Möglich- Feit ihrer unmittelbaren Abschiebung mit den Regierungspräsidenten der östlihen Grenzbezirke zu erörtern.

Nun fährt der Erlaß fort:

Nur in Fällen, in denen die Abschiebung si als niht durchführbar

erweist, wird fünftighin eine Internierung gemäß meinen er-

wähnten Eclassen in Frage kommen. Eine Abschiebung gegen den

Willen der Betroffenen is bis auf weiteres dann niht möglich,

wenn es sich um polnische Deserteure oder um Refraktäre, das sind

Wehrpflichtige, die sich einer Einberufung zum Heeresdienst, be-

vor solche an sie ergangen war, entzogen haben, handelt.

(Hört, hört!) Solche Leute sollen also nicht darunter, und in voller

Vebereinstimmung mit der Reichsregierung werden auf solhe Leute

irgendwelche Druckmaßregeln niht ausgeübt. Der Vorwurf der

Barbarei der Auslieferung zu Henkersdiensten cheint mir hiernah

nicht ganz begründet zu sein. (Lebhafte Zustimmung rechts und in der

Mitte.

t auch in den Zahlenangaben hat Herr Kollege Heilmann

einige Ausführungen gemacht, die mit dem Akteninhalt doch nicht so ganz übereinstimmen. Er hat gestern hier dem Hause vorgetragen, insgesamt seien nur 50 Leute bisher auf diese Weise abgeschoben worden, 600000 4M hätte dieses Vergnügen den preußishen Staat bisher gekostet, ungefähr 100 000 H pro Mann. Die Zahlen sind im Gégensaß dazu: 450 Personen, so daß auf den einzelnen nit 100 000 4, sondern 1500 4 entfallen. (Hört, hört! rechtis und in der Mitte und große Heiterkeit.) |

Meine Damen und Herren, ih stehe durhaus nicht an, Ihnen zu sagen, daß diese ganze Einrichtung des Internierungslagers meinem Geschmack außerordentlih wenig entspricht, und ih glaube, durh diesen Erlaß bewiesen zu haben, daß ih mich bemüht habe, alle irgende wie unnötigen Härten dabei zu beseitigen. Jch bedauere aber, sagen zu müssen, daß die Staatsregierung zurzeit nicht in der Lage ist, völlig auf diese Einrichtung zu verzichten. Sie werden mir vielleicht sagen: was bedeuten diese 450 Leute, die auf diese Weise abgeschoben worden find. Meine zuständigen Berater sind aber der Meinung, daß diese Einrichtung indirekt ein Vielfaches von dem bewirkt, was sie tatsäch- [ich bewirkt. Durch das bloße Bestehen dieser Einrichtung wird eine große Menge von Ausländern auf die Idee gebracht, wirklich nunmehr auszuwandeen und den Befehlen der Polizeiverwaltungen zu ent- sprechen. Solange das der Fall ist, solange auf der anderen Seite diese dringlichen Vorstellungen auch des Deutschen Städtetages immer wieder an uns heranklingen, solange bedauere ih zu meinem lebhaften Leidwesen, die völlige Aufhebung dieses Lagers Ihnen nicht in Aus- sicht stellen zu können. Aber dahin gehen vor allen Dingen auch meine Wünsche, daß die Leute nicht zu einem arbeitslosen Herum- [ungern verdammt werden, sondern man ihnen eine Arbeitsgelegen- heit eröffnet; sonst tritt eine Demoralisation ein, die ih im nteresse der Internierten selbst und im Interesse des Staat3ganzen außer- ordentlich bedauern würde.

Sm Zusammenhang mit diesem Lager darf ich kurz die An- gelegenheit des anderen JInternierungslagers Sielow bei Cottbus besprehen und feststellen, daß die Internierung dort nicht auf Veranlassung und Weisung der preußischen E Os erfolgt ist, sondern daß die Leute im Abstimmungsgebiet in E \{lesien, wo wir keine territoriale Hoheit haben, verhaftet el L sind, daß die Leute von dort zu ihrem eigenen Schuß wegtrans8portier worden sind, weil sie sich nah Ansicht unserer deutschen l Bevölkerung verdächtig gemacht haben und infolgedessen ihres Lebens gar nicht mehr sicher waren. Jch erkenne an, daß auf diesem M port von Oberschlesien nah dem Lager Mißstände vorgekommen sind, die aber nicht auf das Konto der preußischen E seßen sind. Jch bitte, auf der andern Seite feststellen zu dürfen, daß von dem Moment, wo mir hier durch Abgeordnete dieses N A Klagen weitere Kenntnis gegeben worden ift, ih sofort meine le er- einstimmung mit der Entsendung eines i: interparlamentarischen Untersuhungsaus\chusses in dieses Lager erklärt habe, N N Abgeordneten aller Fraktionen. Ich darf feststellen, daß dieser a fuhungsaus\chuß, genau wie die Vertreter der Interalliierten om- mission, in dem Lager selbst im wesentlichen keine irgendwie schweren Mißstände gefunden haben. Ich darf weiter feststellen, daß der eine Beamte der Schußpolizei, der ih leider in dem Lager gegenüber A Gefangenen Mißgriffe hat zuschulden kommen lassen, von mir E am nächsten Tage telegraphisch seines Dienstes enthoben worden ist. Fc darf endlich feststellen, daß dieses Lager inzwischen P geräumt ist, und ich glaube, daß sich infolgedessen die weitere Gr- örterung dieses Kapitels erübrigt. i Non der Frage der Unterbringung dieser Oberschlesier M N ergibt sih der Uebergang auf die oberschlesishe h überhaupt. Auch hier hat der Herr Kollege Heilmann mir Bor- würfe maden zu können geglaubt, daß die Politik di d A Ministeriums des Innern mit der Politik der Reichsregierung nich übereinstimmte. Ich bedaure, diesen Vorwurf chrehnen zu müssen. Ich muß feststellen, daß in ständigen gemeinsamen Sißzungen des Neichskabinetts und des preußischen Staatsministeriums eine einheit- liche Linie in dieser Politik in Oberschlesien festgeseßt und e worden st. Ich darf insbesondere den verchrten Herzn Kollegen Hei s mann darauf aufmerksam maden, wie si dieses N zwischen preußischem Staat und deutschem Reich daraus ergibt, daß wir die Schußpolizei dort dem Reiche zur Verfügung gestellt haben. Menn wir das nit getan hätten, e ja 2 ganzen Maßnahmen ies überhaupt nit durchführbar gewejen. L U Beet e den Selbst\chußb in Oberschlesien! Fn dieser Beziehung freue ih mi, eine weitgehende Ueberein- stimmung mit dem Herrn Abgeordneten Heilmann feststellen zu fönnen. Er hat zunächst festgestellt: wir anerkennen den Deutschen in Dbers- {lesien das Recht des Selbstshußes. Er hat ferner gesagt: wir sagen aber auch: denen, die thnen helfen wollen aus dem Reiche, wollen wir au das nicht verbieten. Einverstanden, verehrter Herr Kollege Heilmann! Andererseits gebe ih durchaus zu, daß in diesen Bildungen von Freikorps Elemente mit untergelaufen sind, die der Neichs- und Staatsregierung von Anfang an {were Sorgen gemacht haben, Jch bin neulich selbst mit dem Herrn Reichskanzler in Breslau gewesen und habe dort gehört, wie das ja natürlich ist, daß in folhem Zusammenlaufen von Tausenden von Leuten Elemente darunter sind, die aus irgendwelden Gründen, die nit ehrenhaft und

Mir is z. B. glaubhafk versichert worden, daß fb darunter einzelna

Personen befunden haben, die z. B. noch Ende März geglaubt haben,

auf der Seiie der Kommunisten in Mitteldeutshland ihre Freikorp3-

absihten betätigen zu sollen. (Hört, hört!) Daß die deutshe

Regierung das größte Interesse gehabt hat, solhe Leute daraus zu

beseitigen, das werden die Herren mir ohne weiteres zugeben. Also

auf der einen Seite Auswüchse zuzugeben, die vorgekommen sind, ing

besondere leider auch bei der Auflösung, Auswüchse, wie z. B. cin

gänzlich unmotivierter Angriff auf jüdische Mitbürger, Auswütbss

au, wie sie teilweise auf dem Hauptbahnhof in Breslau vors

gekommen sind, wo Leute gezwungen worden sind, „Heil dir im

Siegerkranz“ zu singen ein Lied, das meiner Meinung nah heute in

Deutschland zu singen kein Mensch eine Veranlafsung haben sollte —,

wenn wir solhe Auswüchse auch zugeben und m#billigen und auf& \{ärfste dagegen einschreiten, so hindert uns das anderseits nit,

namens des preußishen Staatsministeriums hiermit zu erklären, daß

die große Menge dieser Leute, die im \{lefishen Selbftshuß waren,

eine im vaterländishen Interesse und zum Schuße unserer deutschen

Bevölkerung in Oberschlesien höchst verdienstvolle Tätigkeit entfaltet

haben. (Bravo!) Ich meine, es ist doch eine Pflicht der Gerechtig-

keit, daß man einmal au sagt, daß z. B. die Angehörigen des viel«

berufenen Korps Oberland in diesem Kampfe ihr Leben in eines

mustergültigen Weife eingeseßt haben. (Bravo! Zurufe bei den

Kommunisten.) Mir ist es z. B. persönlih nahegegangen, wie der

verdiente Vorsißende des Zwölferaus\husses in Oppeln, der Reichs-

tagsabgeordnete Pfarrer Ulißka, mir vor einigen Tagen von dem

Sturm auf den Annaberg erzählt hat, wie da fünf junge OFiziere

aus diesem Selbstshuß weit vorausgestürmt und sämtlich das Opfèr

ihres Mutes und ihrer Hingebung geworden sind. (Hört, hört!)

Wenn Herr Abgeordneter Heilmann gestern mit einer spöttischen

Geste von meiner Vorliebe für Leutnants gesprohen hat, so nehms

ih keinen Anstand, zu erklären, daß solhe Leutnants allerdings voll

meine Billigung und Zustimmung finden. (Bravo!)

Herr Abgeordneter Heilmann hat dann davon gesprochen, wie

dringend es notwendig wäre, rechtzeitig für eine geordnete Verwaltung

Oberschlesiens, wenn es uns zugeteilt wird, durch das Reich und

Preußen Vorsorge zu treffen. Jh stimme ihm voll zu und sehe drin

eine der wichtigsten Aufgaben der Reichs- und Staatsregierung für dis

fommenden Wochen. Ob es möglich sein wird, dabei der Hilfe des

Selbstschußes völlig zu entraten, das weiß ih niht; ich weiß heuia noch nicht, ob ih darin dem Abgeordneten Heilmann zustimmen kann. Ich kann ihm nur sagen: seine Freunde in Schlesien sind in dieser Frage vielfa anderer Meinung. (Sehr richtig! Hött, hört!) Jch verweise in dieser Beziehung z. B. auf den Herrn mehr}

heitsfozialistishen Vertreter in dem Zwölferausshuß in Oppeln, den Herrn Cyrus, einen Mann, der wegen seiner unbedinat deutschen Gesinnung. wegen seiner tadellosen vaterländishen Betätigung jeßt allen möglichen Angriffen ausgesekt ist (hört, hört !), und dem ich auch hier von dieser Stelle aus den Dank des Staatsministeriums für seine Tätigkeit hiermit aussprechen möchte. (Bravo!) Jch verweise Herrn Abgeordneten Heilmann aber auch darauf, daß eine Reihe von prominenten Angehörigen seiner Partei mir neulich in Schlesien ihre Auffassung in einem umgekehrten Sinne ausgesprochen haben, wie Herr Abgeordneter Heilmann es soeben gesagt hat. (Hört, hört! rechts.) Im übrigen darf ih die Aufmerksamkeit des Hauses darauf lenken, daß jeßt dieses Plebiszitkommissaviat, das bei der Abstimmung tätig gewesen ist, fh in Kattowiß unter dem Vorsit und der Leitung des Landrats Dr. Lukascheck neugebildet hat. Dieses Plebiszitkommif- fariat ist an die Reichs- und Staatsregierung herangetreten mit der Bitte, es anzuerkennen als die einheitlihe Vertretung der oberslesi- schen deutshen Bevölkerung. Es hat einen Anspruch auf diese An- erkennung; denn es stellt zu meiner Freude darf ih das hier sagen— wirkli die Zusammenfassung aller Parteien, aller Gewerkschaften, aller Arbeitervertreter in Oberschlesien dar, und infolgzedessen hat die Staatsregierung auch nicht gezögert, diesem Wunsche des Prlebiszit- kommissariats zu entsprechen. Wir erhoffen von diesem Plebiszit- fommissariat und seiner tatkräftigen Leitung durch Dr. Lukascheck eine erfolgreiche Vertretung der deutschen obershlesishen Bevölkerung gegen- über der Interalliierten Kommission bis zu dem hoffentlich nahe bevorstehenden Moment, wo die deutsche und preußische Verwaltung in ordnungsgemäßer Weise wieder Besiß von dem oberschlesischen Lande ergreifen kann. (Bravo! rechts und im Zentrum.)

Herr Heilmann ist eingegangen auf die Frage der Selbstschuß- organisationen und hat meinen Erlaß vom 26. Juni d. I. kritisiert. Wenn ih mihch schon vorhin über diese Kritik «an meinem Erlaß gewundert habe, so muß ich dieser Verwunderung jeßt noch einmal einen verstärkten Ausdruck geben; denn die sozialdemokratische Fraktion dieses hohen Hauses hat meinen Erlaß vom 26. Juni dahin vers standen, daß sie ihn den Erlaß betreffend die Zulassung der Selbstschuß- organisationen nennt. Wie liegt es tatsächlih? Am 24, Juni hat die Reichsregierung eine Bekanntmachung veröffentlicht, in der die Organisation Escherih innerhalb des Deutschen Reiches für aufa gelöst erklärt wird. Am 26. Juni, zwei Tage später s Sie werden mich in der Beziehung einer Nachlässigkeit wegen dieses Termins faum beschuldigen können habe ih die Ausführungsverfügung zu diesem Erlaß der Reichsregierung herausgegeben, Dieser Ausführungs- erlaß hat folgenden Wortlaut ih lasse die beiden Gingangssäße fort, mit Jhrer gütigen Erlaubnis, Herr Kollege Heilmann, und werde nur das Folgende zitieren —:

Von der Auflösung betroffen ist die Organisation Escherih in allen ihren Teilen, der HZentralverband, die Land-, Pros=- vinzial-, Orts- und sonstigen Gruppen, Jeder künftigen Be- tätigung dieser Gruppen ist mit aller Schärfe entgegenzutreten. Gegen alle Mitglieder dieser Organisation, die die Auflösung3- verfügung außer acht lassen, ist unnachsihtlich die Einleitung eines Strafverfahrens zu veranlassen. Jch weise darauf hin, daß auch Vereine, welche sich korporativ der Organisation ange- chlossen hatten, mit dieser Auflösung aus der Verbindung gelöst sind und daß die verantwortlichen Vorstand8mitglieder solcher selbst von der Auflösung niht betroffenen Vereine sich strafbar machen, wenn sie für den Verein die Verbindung aufrechtzuerhalien suchen.

Dieser leßte Saß hat Anlaß zu dem Mißverständnis gegeben, welchen die sozialdemokratishe Fraktion dieses Hauses mir ver« fallen zu sein scheint. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Jh mache nur aufmerksam auf das Folgende: Jn dem ersten Teil des Erlasses wird in Verfolgung der Bekanntmachung der Reich8s regierung die Auflösung der Organisation Escherish verfügt und er- flärt, daß si das bezieht nicht nur auf die Zentralorganisation, sondern auf die Provinzial-, Orts- und sonstigen Gruppen. Und in dem

Die Verhältnisse an den deutschen Ostgrenzen haben sich soweit eflärt, daß die Abschiebung lästiger Ausländer, die den östlichen

nit vaterländisch gedacht sind, sich dort zusammengefunden haben.