1899 / 267 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 10 Nov 1899 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: die von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin voll: zogenen Wahlen des ordentlichen Aren an der Friedrih- Wilhelms-Universität daselbst Dr. Paul Scheffer-Boichorst und des bisherigen korrespondierenden Mitgliedes der Akademie, ordentlichen Professors an derselben Universität, Geheimen Regie- rungsraths Dr. Ulrich von M No P E R zu ordentlichen Mitgliedern ihrer philosophisch-historishen Klasse zu bestätigen.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Der Bildhauer Albert Werner-Schwarzburg ist zum ordentlichen Lehrer an der Königlichen Kunst- und Kunst- gewerbeshule in Breslau ernannt worden.

Ministerium des Jnnern.

Der Ober-Präsidialrath von Werder is dem Ober- Präsidenten der Provinz Ostpreußen zugetheilt worden.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird eine neue, vom 1. Januar 1900 ab gültige Anweisung über das Verfahren, be- treffend die postamtlihe Bestellung von Schreiben mit Zustellungsurkunde, veröffentlicht.

Zichtamtliges. Deutsches Neicdcch. Preußen. Berlin, den 10. November.

Seine Majestät der Kaiser und König haben Sich mit Seiner Königlichèn Hoheit dem Kronprinzen von Schweden und Norwegen gestern Nachmittaa 31/4 Uhr mittels Sonderzuges vom Bahnhof Wildpark nah Letlingen begeben und sind am Abend um 7 Uhr dort eingetroffen.

Die vere:nigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sigzung.

Der Kolonialrath hat, wie „W. T. B.“ meldet, in seiner gestrigen Sißung anläßlich der Erwerbung der Haupt- inseln von Samoa für das Deutsche Reich die nachfolgenden Telegramme an Seine Majestät den Kaiser und König und an den Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Grafen von Bülow gerichtet. i;

Das Telegramm an Seine Majestät den Kaiser und König lautet:

„Eure Kaiserliche und Königliße Majestät wollen die unter- thänigste Huldigung und den tiefgefüblten Dank des heute zusammen- getretenen Kolonialraths Allergnädigst entgegeanebhmen, nachdem es Eurer Majestät zielbewußter und fraftvoller Regierung troy aller entgegenstehenden Schwierigkeiten, die fas unüberwindliß schienen, gelungen ift, die Hauptinfseln der Samoa-Grupve Upolu und Savaii iür Deuts&land zu erwerben und damit den langwierigen Samoastreit ¿zu Eurer Majestät unvergänglihem Ruhm und zur Ehre der deutschen Nation zu beenden. ;

Ist do der Name Samoa unauflöëlich mit den ersten Anfängen der deuten Kelonialbewegung verknüpft. Dort war es, wo deutsche Großfaufleute mit kühnem Unternehmungsgeist dem nationalen Handel und unserer Schiffahrt die weiten Gebiete des Großen Ozeans er- schlossen haben, die heute bereits einen Mittelpunkt des kolonialen Interesses und übersecishen Verkehrs bilden. Aber nit allein deutsche Pionierarbeit und deutsher Fleiß haben diese fernen Inseln uns zu eigen gemacht, das deutshe Blut unserer braven Seeleute, das dort für Kaiser und Reih geflossen ift, ließ im deutschen Volk den Gedanken an ein Aufgeben Samoas nicht aufkommen. Nun Ren die tapferen, dort gefallenen Männer nicht in fremder Erde zu rohen.

Der deuts%e Kolonialrath aber darf es nihi unterlassen, Eurer Kaiserlichen und Könialichen Vajeslät seine unterthänigsten Glück- wünsche zu diefer glänzenden neuen kolonialen Erwerbung auézusprechezn und in tiefster Ehrerbietung Eure Majestät zu bitten, die Versiherung des unershüiterlihen Vertrauens zu Eurer Majestät weiser Regierung buTdvollft entgegennehmen zu wollen.

Im Auftrage der Mitglieder des Kolonialraths

Wilhelm Fücst zu Wied.“

Das Telegramm an den Staatésekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Grafen von Bülow hat folgenden Wortlaut:

„Hccherfreut über die Kunde von der alücklickin Erwerbung der beiden Samoa-Inseln Upolu und Savaii für Deutschland, kann der beute hier versammelte Kolonial'ath nit unterlafsen, Eure Excellenz, als den bewährten Leiter der autwärtigen Reichspolitik, für dicszn glänzenden kolonialpolitisWen Erfolg, der sid zuglei als eine eht volksthümlihe That darftellt, auf das wärmste zu beglückwünsh:r.

Eure Excellenz wollen gestatten, daß der Kolonialrath ange\sidts der überaus großen Schwierigkeiten, welche die deutsche Diplomatie bei der Durchführurg der Erwerbung der Samoa-Inseln zu Üüber- winden hatte, von neuem versihert, daß Eure Excellenz das volle und ungetheilte Vertrauen aller kolonialen Kreise unseres Vaterlands

besitzen. Im Auftrage der Mitalieder des Kolonialraths

Wilhelm Fürst zu Wied.“

Jm Monat September d. J. sind auf deutschen Eisenbahnen ausschließlih der bayerishen 13 Ent- gleisungen auf freier Bahn (davon 4 bei Meconend gen 14 Entgleisungen in Stationen (davon 5 bei Persfonenzügen), 8 Zusammenstöße auf freier Bahn (sämmtlich bei Güterzügen), 15 Zusammenstöße in Stationen (davon 3 bei Pen) vorgekommen. Dabei wurden 3 Reisende und 13 Bahn- bedienstete verleßt.

Der Kaiserlich und Königlich österreichish-ungarishe Bot- schafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe, von Szögyény- Marich is vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder übernommen.

Der Regierungs - Assessor von Stumpfeldt zu Guben

ist bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Stolp, Re-

ierungsbezirk Köslin, zur Hilfeleistung in den landräthlichen eschäften zugetheilt worden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M.S. „Loreley“, Kommandant : Kapitänleutnant von Leveßow, am 8. No- vember in Genua angekommen.

S. M. S. „Hansa“, Kommandant: Fregatten-Kapitän Pohl, mit dem Zweiten Admiral des Kreuzergeshwaders, Kontreadmiral Friße an Bord, beabsichtigt, am 11. November von Amoy nach Woosung in See zu gehen.

Vayern.

Die Kammer der Abgeordneten seßte gestern die Berathung über die Politik der bayerischen Regierung fort. Der Finanz-Minister Dr., Freiherr von Riedel führte, wie „W. T. B.“ berichtet, gegenüber dem Abg. von Vollmar aus: Er stelle sich cine Ns Ene reform derart vor, daß die Einzelstaaten von der Besorgniß befreit würden, möglicherweise Millionen an die Reichs- kasse als Matrikularbeiträge abführen zu müssen. Jeßt müsse die Finanzgebahrung der Einzelstaaten wegen der Rücksicht auf das Reich sehr vorsichtig sein. Der Finanz-Minister erklärte weiter, es sei nicht beabsichtigt, das Budgetreht des Reichstages einzuschränken. Die Einführung von direkten Reichs- steuern würde Kolisionen mit der Landesbesteuerung her- beiführen und die Autonomie der Einzelstaaten sowie der ge- seßgeberishen Faktoren wesentlih beeinträhtigen. Uebrigens hätten sämmtlihe Einzelstaaten auch indirekte Steuern. Der Finanz-Minister wies ferner die Vorwürfe, betreffend die Uebershüßwirthshaft sowie betreffend die Bevor- zugung protestantisher Hhöh-rer Beamten, zurück. Der Abg. Wirth (liberal) vertheidigte den Protestantismus gegen die in den lezten Tagen von Rednern des Zentrums vorgebrachten Angriffe, worauf der Abg. Gerstenberger (Zenir.) erwiderte. Der Abg. Prieger erklärte, die Mit- lieder des Bauernbundes hätten keinerlei Jnteresse an dem Bereiigelbagena konfessionellen Streit.

Württemberg. Seine Majestät der König ist gestern von Wernigerode in Stuttgart wieder eingetroffen. Hamburg. Die Hamburgishe Handelskammer hat, wie der

„Hamb. Korresp.“ meldet, gestern an Seine Majestät den

Kaiser folgendes Dank-Telegramm gerichtet :

„Eure Majestät haben durch Erwerburg der Samoa - Inseln wiederum mit weitscauendem Blick die idealen Güter wie die prak- tischen Ziele des deutsch:n Volks mächtig gefördert und Deutschlands S einteressen einen neuen, ?râftigen Stüßpunkt gegeben. Hamburgs Kaufmannschaft gestattet sib, in danktarer Verehrung dem Mehrer des Reichs die ehrerbietigsten Glückwünsche auszusprechen.

Die Handelskammer. Woermann.*

Darauf is}, wie „W. T. B.“ berihtet, von Seiner Majestät folgende Antwort eingegangen: „Leblingen, Schloß. Das Glöckwuns{.Telrgramm der Handelékammer zur Erwerbung der Samoa-IFnseln hat Mich mit großer Freude erfüllt. Von fo berufener Stelle Verständniß und Dank für Meine Thätigkeit zur Befestigung und Mehrung unseres Kolonialbesißes zu finden, gereicht Mir zu hoher Befriedigung und gewährt Mir die Zuversicht, daß au in den weitesten Kreisen des Vaterlands das glücklich errungene Ziel ia seiner Bedeutung sür die Wohlfahrt des Reichs richtig er- fannt werden wird. Der Handeltkammer aber sprehe Ih Meinen berzlihen Dank für die freundlihe Kundgebung aus. Wilhelm, I. R.*

Destéerreich-Ungarn.

Der ungarishe Minister-Präsident von Szell, der ungarishe Finanz-Minister von Lufkacs und die Mitglieder der ungarischen Quotendeputation sind gestern in Wien eingetroffen. Die öósterreihishe Quotendsputation hielt gestern eine Sißung ab und seßte ein Siebener-Comité ein, welhes mit dem Siebener-Comité der ungarischen Quoten- deputation zwecks Entgegennahme der ungarischen Vorschläge in Verbindung treten soll.

Das österreihishe Abgeordnetenhaus sehte gestern die Debatte über die Antwort des Ministers des Jnnern von Körber auf die Jnterpellation über die Vorgänge in Mähren fort. Der Abg. Berner (Sozialdemokrat) führte in längerer Rede aus, daß die Ursache der Kundgebungen die Empörung des mährischen Volkes über seine Ausbeutung dur die Juden sei; die Kundgebungen hätten keinen politischen, sondern einen antisemitishen Charakter gehabt. Nach dem Abg. Berner sprach der Abg. Tuerk, welcher gleichfalls bestritt, daß die Unruhen in Mähren einen politischen oder nationalen Charafier getragen hätten, sie seien anti- semitisher Natur gewesen. Seine Partei werde sich mit den Czehen niemals versöhnen: die Deutschen könnten nur das erreichen, was sie sich erkämpften; die Deulsch- Nadikalen würden nie Opportunitätspolitik treiben. Die Debatte wurde sodann abgebrochen. Jn der gestrigen Abend- fibung wurde die Nothstandsvorlage in der vom Aus- \chusse beshlossenen Fassung nebst allen dazu gestellten Resolu- lionen unverändert angenommen.

Großbritannien und JFrland.

Dem gestrigen Lordmayors-Bankett in der Guild- hall zu London wohnten untec Anderen der Premier-Minister Lord Salisbury, der Staatssekretär für Jndien Lord Hamilton, der Präsident des Handelsamts Ritchie und der Oberbefehlshaber der Armee, Feldmarschall Lord W olseley bei. Lord Salisbury hielt eine Rede, in welcher er nach einem Bericht des „W. T. B.“ zunächst für den ihm C ite Empfang seinen Dank aussprah und dann Folgendes ausführte :

„Niemals zuvor habe ich auf einen Trinkspruch in diesem Saal unter Umständen geantwortet, welhe mich kterehtigen, so vertrauens- voll an Ihre Sympathie zu appellieren, als bei dem gegenwärtigen Stande dec öffentlihen Angelegenheiten.“ Lord Salisbury ging dann auf eine Bemerkung des Lordmayors über Süd-Afrika ein und sagte: „Bevor ih diesen Punkt berühre, der in der That der einzige

ist, über den etwas zu bôren Ihnen sehr am Herzen liegt, ist eg

meine Pflicht, zu sagen, daß dies der E S Punkt in unseren Be, L

ziebungea zu anderen Nationen ist, auf den irgend ein Ausdruck der Befürchtung oder des Zweifeïs Anwendung finden kann. Seit einigen Jahren sind unsere Beziehungen und berzliden Gefühle gegenüber den Vettera auf der anderen Seite des Atlantischen Dzeans beständig an Stärke gewachsen, und obgleih weder wir uns in die Angelegenheiten ihres Kontinents einmischen, noch sie f in die Angelegenheiten des unsrigen,

Sympathie und billiges Gehör bei Jenen erwarten, die mit uns folch eine große Mission für den Fortschritt der Mensch, beit tbeilen. Doch vielleiht werden Sie denken, daß ih zu zuver- sihtlih bin, wenn ih sage, daß wir auf dem europätshen Kontinent keine Feindf?ligkeit zu fürchten haben.“ Lord Salisbury nahm dann Bezug auf die Heftigkeit des Tons der auswärtigen Prefse und sagte er glaube nit, daß diese Beurtheilung die Bevölkerungen der auswärtigen Staaten beeinflußt habe, und es sei ganz sicher, daß sie deren Regierungen nicht beeinflusse. Redner verzeihnete sodann als ein erfreulites Symptom der jeßigen Zeit die glücklichGen Beziebungen zu den Vereinigten Staaten und die Sympathie, mit der Großbritannien deren Herantreten an einige große Probleme beobahte, die es selb zu lösen habe. Zugleih fühle er (Lord Salisbury) die Gre Sympathie für Amerikas jüngsten Gegner, die \panische onarhie, und er hoffe, daß aus diesem Kriege Segen erwachsen und ein reiches Aufblühen der Gesittung und Kultur in diesem alten, hoch\ interessanten Nech erfolgen möge. Lord Salisbury gedachte aledann des Uebereinkommens, welches foeben mit Deuts&land abgeschlossen sei, mit welhem England wie mit anderen Mächten viele Jahre hindur sympathische und freundschaftlihe Beziehungen unterhalten habe, Samoa sei niht um seiaer selbst willen, führte dec Redner aus, eine fehr wichtige Angelegenheit, sondern fei darum von Bedeutung, weil es einen Gegenstand des Streits zwischen Großbritannien und einer Nation au8gemaht babe, deren Wohlwollen Großbritannien sehr hoh [chäge, „Wir waren sehr froh, Mittel zu finden, durch welhe wir, obne im geringsten von den Nechten oder Vortheilen Großbritanniens abzu- geben, .im stande waren, Anschauungen und Gefühlen in Deutschland in Bezug auf Samoa entgegenzukommen. Das Uebereinkommen is ein komplizieites. Jh würde €s gewiß nicht verstäntliher machen, wenn ih auf Details einginge; aber im Ganzen mag gefagt sein, daß die Deutschen große Interessen an diefen Inseln hatten, weil sie große Summen zu ihrer Erschiießung angelegt und einen großen Handel begründet haben, auf den fie stolz waren ; die Jnsein batten deshalb für sie einen großen Werth." Der Redner hob fodann den Verzicht Deutsch- lands auf die Ansprüche auf Tonga hervor, woselbst ein guter Hafen sei. Diese Lage zeige, daß die Beziehungen Großbritanniens zu Deutschland im gegenwärtigen Zeitpunkt so seien, wie man fie nur wünschen könne. Lord Salisbury berihtete sodann über die glänzenden Thaten ven Heroismus und Tüchtigkeit im süh- afrifanisen Kriege, auf die aber dur so viele Verluste ein Schatten falle. Wenn er verfuhen wollte, in die Zu- kunft zu schauen, so würde er fi auf Prophezeiungen verlegen müßen; er wolle es ablehnen, in Gegenwart Lord Wolseley's über die jüngsten militäischen Ereignisse zu sprehen; aber er mißbillige die Kritiken und unbegründeten Behauptungen und weise die Anklagen hinsicht- lich ungenügender militärisher Vorbereitungen seitens der britischen Regierung zurück. Die Behauptung, daß eine starke Nation eine schwache angegriffen habe, sei unrichtig; aber da ein Zeitraum von 5 oder 6 Wochen seit Beginn des Kriegs dazwischen gelegen habe, ehe der Hauptiheil der britischen Streitkräfte auf den Krieg8shauplag kam, so würde es richtiger sein, zu fagen, Großbritannien sei die schwache Nation, die mit einer starken kämpfe. Der Krieg sei niht durh irgend eine Forderung Großbritanniens veranlaßt worden, welches seine: Forderungen zurückgezogen hatte, als das Ultimatum seitens Tranévaals gestellt ward. Wenn Großbritannien seine Truppen früher verstärkt hätte, würde das Ultimatum früher ge- stellt worden sein. Das Uebel datiere von den un- seligen Uebereinkommen der Jahre 1881 und 1884, dur welche Großbritannien einem ihm offenbar feindfeligen Gemeinwesen gestattet habe, das uneingeshränkte Hecht zu genießen, Kriegsvorräthe gegen Großbritannien anzubäufen. Lord Salisbury kam sodann auf die günstige Beurtheilung zu sprechen, welche Großbritannien bei den auéwärtigen Nationen wegen seiner Ruhe gefunden habe, mit der es die Nachricht von gelegentlichen Schlägen aufgenommen habe, und betonte, es set zu erwarten, daß die Engländer bis zum Eintreffen von Ver- stärkungen sih aus ibren Stellungen in Natal würden zurückzuztehen baktea. Er wolle nihts über die Zukunft voraus8sagen ; aber sein Ver- trauen zu den britischen Soldaten sei unbeshränkt. Der Redner lehnte jede Aeußerung über die Zukunft ab, wandte sich aber gegen hier und da aufgetretene Behauptungen in der festländishen Presse und spottete über den Einfall, daß der Zweck des Kriegs die Befriedigung der Gelüste habgieriger Leute sei, die das Gold und die Diamanten Transvaals begebrten. Großbritannien als Ganzes würde keinen Vortheil von dem Besiy der Gold- minen haben, ausgenommen insofern, als die Regierung durch Grofß- britannien cine gute Regierung für die in jener Industrie Thätigen sein würde. Großbritannien suche keine Goldfelder, kein Gebiet, sondern es wünsche gleihe Rechte für alle Rassen, Sicherheit für die britishen Unterthanen und das Reih. Sodann spra der Premier- Minister von den Hinweisen auf eine fremdländische Einmischung und sagte, er wolle niemanden bei dem Glauben laffen, daß der Konflikli in diefer Weise abgeschloffen werden könne; Groß- britannien werde ihn selbst durhzuführen haben, und oie Eins mishung von irgend jemand anders werde keine Wirkung ausüben, da Großbritannien eine Einmis(ung niht annehmen würde. Er fei überzeugt, daß von feiner Regierung in der Welt eine derartige Ab- sicht gehegt werde. Der Redner nahm auf die großen Kriege der neuesten Zeit Bezug, wobei er darauf hinwies, daß in feinem der- selben eine tritte Macht es auf sich genommen habe, sich einzu- mischen, Die dritten Mächte beanspruhten dieses Neht nicht, weil sie es nah tem internationalen Rechte niht besäßen. Wenn Grofs- britannien siegreih sein werde, werde es seine ausgedehnte: Interessen und Pflichten zu Rathe ziehen und die Ueberlieferung seiner Kolonial- verwaltung sowie Mäßigung und gleihe Gerechtigkeit für alle Nafsen im Auge behalten. Der Premier-Minister {loß tit der Versicherung, er zweifle niht daran, taß Großbritannien dafür forgen werde, daß der Auégang dieses Kampfs dem Gebiete, wo derselbe wüthe, eine gute Regierung bringen und die Sicherheit gegen die Wiederkehr irgend- welher Gefahren eines Konflikts sowie für die Wiederherstellung des Friedens und der Gesittung in Süd-Afrika s{affen werde.

Jn Beantwortung eines Toastes auf die Armee erklärte Lord Wolseley, die irregulären Streitkräfte in Süd-Afrika Bn sich würdig erwiesen, den Play neben der regulären

rmee bei der Vertheidigung des Reichs einzunehmen, und fügte hinzu, es sei der Befehl ergangen, eine weitere Armee Division zu mobilisieren; die Verwaltung sei im stande, nöthigenfalls ein zweites Armee-Korps mobil zu machen.

Die heute erschienenen Londoner Zeitungen melden, daß in Woolwich und Davenport Befehle zur sofortigen Mobi- lisierung eines Belagerungsparks eingelaufen seien.

Frankreich,

Jn Tae wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern die Sißung des Staatsgerichtshofes eröffnet, nahdem der Vorsitzende Fallières in Begleitung der Staatsanwälte 11 den Sißzungssaal eingetreten war. Der Vorsißende Fallières ließ dann die Angeklagten in den Saal führen. Dieselben ershienen unter Bedeckung von Soldaten der Garde Républicaine. Hierauf wurde zum Caen der Senatoren geschritten, auf welhen 15 Senatoren ni t ant worteten. Dann rief Fallières die 14 Angeklagten auf. Als D éroulède nach seinem Stand gefragt wurde, erwiderte l-

können wir R

er sei Vertheidiger der Rechte d:8 Volks. Der Gerichtsschreiber N Le die Verfügung, durch welche die Angeklagten vor den Staatsgerichtshof vèrwiesen werden, und hierauf die Anklageakte. Mehrere Rehtsanwälte brachten sodann Anträge ein, in denen sie verlangten, daß die Senatoren, die in der am 18. September abgehaltenen Sißung des Staatsgerichtshofes nicht anwesend n raf auch an den gegenwärtigen Verhandlungen nicht theilnehmen könnten. Der General - Staatsanwalt be- merkte, er überlasse die Entscheidung dieser Frage dem Staatsgerichtshofe. Der Vorsißende erklärte, der Gerichtshof werde hierüber sofort berathen, und vertagte alsdann die öffent- liche Sißung auf heute. Jn geheimer Berathung wurden die Anträge der Advokaten mit 180 gegen 60 Stimmen angenommen. Der Vorsizende hatte fich gegen dieselben aus-

gesprochen. Amerika.

Aus Carácas berichtet das „Reuter'she Bureau“, daß die Stadt Puerto Cabello sih gegen den General Castro erhoben habe. Heute werde das Bombardement auf die Stadt eröffnet werden.

Afrika.

Amtlich wird aus Ladysmith vom 7. d. M. gemeldet: Am Sonntag und Montag war alles ruhig. Der Feind hat das Bombardement am Dienstag wieder aufgenommen ; einen Schaden hat dasselbe niht angerichtet.

Der „Times“ wird vom 6. d. M. aus Pietermariß- burg berichtet, die durch Eilboten dorthin gelangten Nach- rihten über die Gefechte bei Ladysmith vom Donnerstag und Freitag sowie der amtlihe Bericht modifizierten die früheren Nachrihten von bedeutenden Erfolgen der Engländer. Ein weiteres Vorrücken der Buren werde noch durch die britishe Streitmacht bei Ladysmith verhindert; die Eisenbahn- verbindung sei noch abgeschnitten.

Die gestern mitgethcille Meldung des „Reuter schen Bureaus“ aus Esicourt vom 5. d. M., daß es einem von dort abgelassenen Panzerzuge gelungen sei, vier Wagenladungen mit Gcschossen, Lebensmitteln und sonstigen Vorräthen nach Colenso hineinzubringen, ist nachträglich dahin berichtigt worden, daß diese vier Wagenladungen von Colenso nach Estcourt gebraht worden seien. Vom 6. d. M. wird dem „Reuter’shen Bureau“ dann weiter berihtei, daß einer in Estcourt eingetroffenen Meldung” zufolge Colenso im Besiß der Buren sei.

Aus Orange-River wird demselben Bureau vom 6. d. M. gemeldet, daß die Kimberley belagernden ib Truppen um 2000 Mann verstärkt worden seien, sodaß die gesammte Streitkraft der Buren vor Kimberley sich jeßt auf fast 6000 Mann belaufe.

Der „Times“ wird aus Queenstown berichtet, daß die Konzentration der Engländer an der Grenze bei De Aar und Queenstown vollkommen durchgeführt sei. Aus Nauwpoort erfährt das genannte Blatt ebenfalls vom 6. d. M., die Buren hätten die Eisenbahnbrücke bei Vanzyl, sieben Meilen südlich von Norvals Pont, zerstört, seien jedoch nicht weiter auf Coles- berg vorgedrungen. Jn Nauwpoort herrsche vollkommene Ruhe.

Der Dampfer „Roslin Castle“ ist mit zwei Bataillonen Infanterie und einer Abtheilung Offizieren gestern in Kapstadt eingetroffen.

Nach einer in London eingegangenen Meldung aus St. Vincent (Cap Verdische* Jnseln) ist der Transportdampfer „Persia“ mit einer Shwadron Jnniskillings-Dragoner für Süd-Afrika dort eingebraht worden. Derselbe war in der Nähe eines Felsens mit gebrohener Welle und anderem Schaden angetroffen worden. ‘Die an Bord befindlichen Truppen sollen auf den am 14. November von Southampton abgehenden Dampfer „Goth“ gebracht „werden.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der gestern im 3. \{chleswig-holsteinshen Wah [l- kreise (Flensburg Stadt und Land) vorgeyommenen Ersa ß- wahl zum Hause der Abgeordneten wurde, wie dem „V. T. B.“ amtlich gemeldet wird, der Professor Metger (nl) mit 155 Stimmen gewählt. Der Bürgermeister Bunzen (freikons.) erhielt 148 Stimmen.

Nr. 45 der „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Ge- sundheitsamts" vom 8. November hat folgenden Inhalt! perjonal- Nachrichten. Gesundheitsstand und Gang der Bolks- rankheiten. Sterbefälle im September. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. Desgl. gegen Gelbfieber. Gesetzgebung u. |. w. (Deutsches Reich.) Pest. (Preußen.) Syphilis. (Berkin.) Hundefänger. (Reg.-Bez. Düsseldorf.) Fleishbeshauer. (ODester- reih.) Schüler gewerbliher Lehranstalten. (Steiermark.) Amtéärte als gerihtlihe Sachverständige. (Tirol und Vorarl- berg) Hebammen. (Großbritannien.) Nahrungsmittel 2c. Gang der Thierseuchen im Deutschen Reiche, 31. Oktober. Desgl. in Großbritannien, 3. Vierteljahr. Zeitweilige Maßregeln gegen Thierseuhen. (Preußen, Berlin, Reg.-Bezirke Gumbinnen, Danzig, Köslin, Oppeln, Trier; Bayern, Oesterrei, Schweden.) Verhand- lungen von gefeßgebenden Körperschaften. (Belgien.) Heilkunde. Geschenkliste. Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, September, Desgl. in größeren Städten des Auslands. Wochentabelle über die Sterbe- fälle in deutshen Orien mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslands. Erkrankungen in Krankenhäusern deuts{her Großstädte. Desgl. in deutshen Stadt- und Landbezirken. Witterung. Beilage: Gerichtliße Entschei- Fle zum Nahrungsmittelgeseß (Zusay beanstandeter Stoffe zum

eis).

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Desipverbältnisse ‘der umgewandelten früher vier- prozentigen preußischen konsolidierten Staats-Anleihe.

Eine im neuesten Viecteljahrsheft der „Zeitschrift des Königlich preußishen Statistishen Bureaus" veröffentlichte Abhandlung giebt interefsante Aufschlüsse darüber, in welhem Maße bei der im Jahre

umgewandelten 4 prozentigen preußischen konsolidierten Staats- Anleihe das Ausland und das Jaland und im Inlande die juristischen physishen Personen zu den Gläubigern gehörten,

weihen Posten die einzelnen Gläubiger betheiligt

Bei der Einreichung der Schuldverschreibungen war nämlich

von seiten des Inhabers derselben eine Uebergabe- rklärung auszu- üllen, in welcher er unter Angabe seines Namens und Standes, seines Monorts und seiner Wohnung sowie unter Beifügung etnes op nmernverzeini es auch darüber Auskunft zu ertheilen hatte, er als Eigenthümer oder als Beauftragter eines einzelnen

Eigenthümers oder mehrerer Eigenthümer handelte. War leh- teres der Fall, gehörte die eingelieferte Summe mehreren Eigen- tbümern, fo follten vom Einlieferer behufs Berehnung der Reichsftempelabgabe Einlagebogen der Uebergabe-Erklärung beigefügt werden, in denen anzugeben war, welhe Summe des fue aat s auf die einzelnen Eigenthümer enifiel, und welche Posten Ausländern oder inländischen Korporationen gehörten. Außerdem war noch auf der Uebergabe-Erklärung selbst für Staatsbeßörden die Bestimmung vorgefeben, daß diejenigen Summen, welhe Eizenthum des preußischen Staats waren, als solhe ausdrücklich bezcihnei werden sollten, da sie der Neichéstempelabgabe nit unterlagen.

Im Ganzzu betrug nun am 31. März 1897 die früher 4prozen- tige konfolidierze Staatsanleihe 3 588 650 650 e Hiervon war:n seitens 22 früherer Staatsgläubiger nah dem Umwandlungêgeseße 92 200 Æ ¡ur Rüchzablung gekündigt ; außerdem sind durch Umschreibung im Staats|chuldbuhe oder Neueintragung in dasselbe 742081 050 #4 umgewandelt, sodaß ich der Theil der Staats-Anleihe, welcher der Abstempelung unterlag und bei der statistisGen Bearbeitung vornehmlich in Betraht kam, auf 2846 516890 # stellt. Nach- gewiesen sind in der Statistik im Ganzen 2842 425 250 4, fodaß 4 091 550 Æ oder nach Mittheilungen der Hauptverwaltung der Staatsschulden 12028 Stück Schuldveishreibungen unberücksichtigt geblieben sind. Die Abstempelung dieses geringsügizen Restbetrags war bis Endz November 1898 noch nit erfolgt.

Der Gesammtbetrag von 2842 425 250 4 an abgestempelten

Schuldverschreibungen vertbeilt sh auf 275 226 Eigenthümer, sodaß auf den einzelnen Eigentbümer durchschnittilit 10 327,60 4 kommen würden. Der durch Umschreibung oder Neueintragung im Staats- shuldbuch umgewandelte Anleihetkeil im Gefsammtbeirage von 742 081 050 A ift im Vesiße von 11533 Gläubigern gewesen, sodaß bei ihm auf einen Gläubiger durch\chnitili) 64 344,15 Æ entfallen würden. Für den ersteren, im freien Verkehre befindlihen Anlethbe- theil stellt fi demnach cine verbältnißmäßig hohe Gläubigerzabl heraus. Rechnet man die beiden angegebenen Theilbeträge der früher 4 9/oigen Anleibe und die Gläubigerzahlen zusammen und fügt man noh die von 22 Staatsgläubigern gekündigten 52200 M hinzu, fo gelangt man, abgesehen von dem Abstempelungecückstande von 4 091 550 6, zu dem Ergebniß, daß die gesammte früher 4°/gige Staatsanleihe im Betrage von 3584558 500 im Besiße von 286 781 Personen geroesfen ift, d. h. mit einem Durhschniitsbetrage von 12 499,29 Æ für den Gläubiger. __ Betratet man die Vertheilung des Gesammibetrags der abge- stempelten SHuldverschreibungen und der Gesammtzahl ihrer Besißer auf die einzelnen Provinzen Preußens und deutschen Bundesstaaten, so wird dur die hohe auf Berlin entfallente Verk ältnißzahl 43,41 9/9 des Gesammtbetirags und 37,94 9/6 der Gesammtgläubigerzahl ersibtli%, in weichem Maße ih Berlin zum Mittelpunkte des Kapitalverkehrs gematt hat. Eine Vergleichung der auf die östlihen Provinzen entfallenden Ziffern mit denjenigen der westlichen erweist auch hier die ungleih stärkere Kapitalkraft der leßteren. Außer ber Provinz Sachsen mit 260103250 ÆA oder 9,15 % des Gesammtbetrags und 11,33 % der Gesammtaläubigerzahi, der Rheinprovinz mit 221305650 oder 7,79 9% des erfteren und Hessen- Nâässau mit 1738432550 %# odir 628 % fallèn be- sonders die hohen Zahlen für das Königreichß Sachsen auf, das mit mehr als 258 Mill. Mark oder 9,09 9%/ am Gesamunt- betrage betheiligt ist, sowie für Hamburg mit 3,44 9/9 jenes Be- trags, in welchem Artheilsaß indeß jedenfalls auch größere Summen aus den benahbarten preußischen Provinzen wmitenthalten find. Selbst unter Berücksichtigung einer Abgabe von Anleibekapitalien an Ham- burg bei der Einlieferung zur Abstempelung sind die Antheilzablen für die Provinzen Hannover, Westfalen und Schleswig - Holstein außerordentli nicdrig und stehen mit der Wohblhabenheit der Be- völkerung nicht im Einklang. In Elsaß-Lothringen wurden 18 663 550 6 oder 0,66 9/0 des Gesammtbetrags als in der Hand von 4743 Perfonen oder 1,72 9% dec gesammten Gläubigerzahl befindlih ermittelt.

Von dem im freien Verkehr befindlichen und abgestempelten Gesammtbetrage sind im Besitze von 1375 ausländischen Gläubigern 73436250 # oder 2,58 %o ermittelt worden. Der für Ausländer im Staatsschuldbue eingetragene Besiß an 4 0°/giger Anleibe betrug dagegen nur 8202200 #4 für 116 Gläubiger oder 1,11 9% des gesammten fraglihen Schuidbuchbeirages bei 1,01 %/% der dort eingetragenen Gläubiger, während von dem am 31. März 1897 im Staats\{uldbuGße überhaupt eingetragenen Konsolbestande von 1 158586 500 4 auf Ausländer 28 880 750 46 entfielen, von den am 34. März 1898 im Siaatsshuldbuhe er- \ceinenden 21 569 Konsfolseignern aber 261 Personen im Auslande wohnten. Hiernah beläust sid der der Abstempelung unterworfene Durchschnittsbetrag für einen der autländishen Gläubiger auf 53 408,18 MÆ, der im Schuldbuhe umges{riebene durhschnittliche Anleibetbeil dagegen auf 70708,62 A Stellt man aus beiden Ermittelungen die Gejarmmtbeträge zusammen der gesammten Anleihe gegenüber, so ergeben ih noch nit 2,3 9/ der leßteren für den ausländishen Besiy, In der Hauptsahe kommen bierbei England, Frankrei, Vestecreilh, Belgien und Holland in Betracht. Die für die ctinzelnen Abstempelungsstellen ermittelten Beträge lassea sih etwa sür England auf rund 594 Mill. Mark, für Frankrei auf 12,7 Mill, für Oesterreich auf 3/7, fz Belgien und Holland auf 5,07 Mill. Mark in Ansay bringen. In Beträgen von je über 1 Mill. Mark erschienen seitens der auéländishen Besißer 14 Einzeleinreichungen im Ge’ammtbetrage von 94 424750 A mit dem bôsten Einzelbetrage von 5 014750 M Inwieweit bier wirklihes Einzeleigentbum vorliegt, entzieht fih der Beurtheilung. Infolge von mancherlei Mängein des statistischen Materials sind indeß die bier mitgetbeiltin Zahlen sowohl dem Ge- sammtbetrage der auf Ausländer entfallenden Schuldvershreibungen, wie avch namentli der GläubigerzaLIl nach viel zu nie»rig und haben nur als Mindestzahlen einigen Werth.

Wie don eingangs mitgeibeilt if, bat man auch festzustellen gesuht, welher Antheil an dem Gesammtbetrage der umgewandelten 49/oigen preußischen Staats-Anleibe juristischenPersonen dstes In- landes gehörte. Als solche sind. bei der ftatistis@en Bearbeitung des Materials der Staat, die Provinzen, die Kreise, die Gemeinden und andere Kommunalverbände, Korporationen sonstiger Ari, Kirchengesellshaften, Anstalten, Stiftungen , Berggewerkschaften, Aktien» und Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesfell- \hafien mit beshränkter Haftung, Genoffenschaften, Vereine mit juristisher Persönlichkeit und obne folche angesehes worden, während als natürliche (physische) Personen, außer den Einzelperfonen Einzelfirmen, offene HandelsgesellGaften und Kommanditgesellshaften angesprohen wurden. Voa dem im freien Verkehr befiadlichen (niht im Staatsshuldbu eingetragenen), also für die Abstempelung in Betracht gekommenen Anleibetbeile sind im Ganzen 694 495 400 #4 oder 24,43 9/0 im Besiß von 16 592 juristisen Personen, die 6,03 % der Konsolseigner auözmathten, ermittelt wordes. Von dem um- geshriebenen SchuldbuWhbetrage entfielen 390 446 300 A oder 52,62 9%) auf 4130 „juristische Personen“ oder 3%,81 %% der eingetragenen Gläubiger, darunter 123 227 700 # auf 9032 Vermögenêmassen ohne juristische Persönlichkeit, wie Stiftungen, Anstalten, Familienfideikommifse, deren Verwaltung von einer öffent- lihen Behörde oder unter deren Aufficht geführt wird. Abgesehen von dem Abstempelungsrückstande und dem geringen gekündigten Be- trage, waren demuach an der Gefammtanleibe 20 722 inländische „juristishe Personen“ mit 1084941 700 „#6 oder rund 30 % des Ge» sammtbetrages, die physischen Perfonen des Inlandes dagegen mit 67 9/9 der Gesammtanleibe betbeiligt, und zwar sind von dem im freien Verkehr befindlichen, abgeftempelten Anleihetheile 2074433 600 4 Schuldverschreibungen oder 72,98 ®/g irn Besitz von 24 259 vbysischen Personen, durch\chnittlich also §064 ia der Hand etred Gläubigers, von dem umgescriedenen Schuldbuchbetrag 343 432550 H oder 46,28 9/0 im Besiß von 7287 ptpsischen Personen oder 63,19 9/o der eingetragenen Gläubiger, dur!@uiutli somit 47 129 auf einen Gläubiger ermittelt. Jnögesammt find demna in der Hand von

964 546 inländiscken phbysishen Personen 2 417 926 150 oder ein Durcbschnittsbetrag von 9140 4 für einen Gläubiger festgeftellt.

Bei Zerlegung der Einzelkonten der Gläubiger nah dem Betrage ihrer Konsols in 14 einzelne Besitßgrupven vertheilt sih die ge- fammte VUeat bei dem im freien Verkehr befindlichen, ab- gestempelten Anleihetheile, wie folgt. Es entfielen :

auf die Besißgruppe

bis zu 309 M ein\schI. 43 667 Perf. od. 15,87 9% d. Gesaniumtz. von 00 O S2 G04. 2 500— 1000, 42 927 15,60 1000— 2000, 39 823 „14,47 2000— 83000 , 24 988 9,08 3 000— 5000 27 430 9,97 5 000— 10 000 02792 11,99 10 000— 50 000 36 849 13,39 « 59 000—100 000 5 148 1,87 100 000—200 000 2 059 0,75 200 0900—5C0 000 952 0,35 500 000— 1 Mill. 230 0,08 1 Mill.—10 , 121 0,04 R O A L O0 L

Bei der Vertheilung fällt zunähst die verhältnißmäßig geringe Betbeiligung der beiden untersten Besißgruppen, also in den Einzel- beträgen bis zu 500 M einschlich{lich, auf, eine Ersheinung, welWe darin ihren Grund bat, daß das ganz kleine Kapital hauptsächlich dur die Sparkassen in Preußen angezogen wird und erft von einem gewissen Kapitalsbetrage ab sich zur Beschaffung von Werthpapieren entsließt. Erfreulich ist die starke Gläubigerzahl in den Gruppen von 10€0 bis 50000 4, namentli in derjenigen von 10000 M an. In Uebereinstimmung mit dem in § 19 Abs. 2 des Er- gänzungßésteuergeseßes vom 14. Juli 1893 zum Ausdcuck g-langten Gedanken, daß Besißer von Vermögen bis zu 52000 4 durch besonders ungünstige Verhältnisse in ihrer wirtbschaftlißen Leistungs- fähigkeit erbeblih beeinträhtigt werden können, wird man nicht fehl- gehen, die Besißgruppen bis zu 50000 Æ einschl. im Großen und Ganzen als zum Wittelstande gehörig aufzufassen. Es entzieht sih allerdings der Beurtheilung, ob und in welhem Maße die einzelnen Konsolseigner noch anderweitig angelegien Kapital- oder sonstigen Vermögensbefiß haben. Im allgemeinen wird dies aber bet den Gläubigern mit Konten über 50000 4 in ftärkerem Maße der Fall sein als bei den Gläubigern der unteren Gruppen. Von diesem Gesichtt punkte aus vertheilt fh die Gesammtgläubigerzahl zu 96,91 9/6 mit 266712 Einzelpersonen auf die unteren Klassen mit Konten bis zu 50000 # und zu 3,090%/9 mit 8514 Personen auf die oberen Klasszn. In der Hand der Gläubiger mit Konten bis zu 5) 0009 M einsdlielih werden ungefähr 500%, des abgestempelten Anleihetheils fein; die höchste Summe weist die Gruppe der Kontenbesißzer von 10 000—50 000 Æ auf, ein Zeichen, mit wel? erheblihen Beträgen gerade der Mittelstand Besißer der Siaats- anleiben it. Bei Vertheilung der Gläubiger des im Staatsshuld- buche umgeshrievenen Anleibetheils nah dem Betrage ihrer Buch- forderungen auf die einzelnen Besißzgruppen begegnet man der Thatsache, daß sid des Shuldbuhes in hervorragendem Maße nur der größere Kapitalbesitß bedient, Betragen hier doch die Gläubiger- ziffern in den Besißgruppen bis zu 59009 4 einschl. nur 83,43 der Gesammtbeit der eingetragenen Gläubiger, diejenigen mit Konten über 50000 M dagegen 16,57%, während die gleichen Ziffern für den im freien Verkehr befindlihen Anleihetbeil sich auf 96,91 be:w. 3,09 9/6 stellten. Ein irgendwie erhebliher Verkehr macht sih beim

Staats\cchuldbuche erst bei Konten von mehr als 10 000 Æ geltend.

Ermittelt man die auf die einzelnen Besißgruppen entfallenden Beträge der ge\ammten umgewandelten 4 9/gigen preußishen Staats- Anleihe, also der im freien Verkehr befind!izen, abgestempelten Schuldverschreibungen und des im Schuldbuh eingetragenen und umgeschriebenen Anleißhetheils, so gestaltet fch die Gruppentheilung, wie folgt. Es betrugen

die Anleihe-

theilbeträge

T. 2 A... Q U. E e E. n S A S

E h. 4 P: V m 2ER U Q L E ch0 E

E e n E E E E S T 2TR Q P

die Gläubigerzahlen in den Besißgruppen in in 9% in % absoluter d. Gesammt- d.Gesammts- Zahl zahl summen 44 071 15,37 0,27 18 497 6,45 0,20 43 472 15,16 0,88 40 714 14,20 1,66 25 772 8,99 1,75 28 540 9,95 3,10 34 624 12,07 7,05 40 644 14,17 27,57 6 102 213 11,59 2515 0,88 9,55 1 263 0,44 10,28 Mill.—10 905 0/07 o 1 Mill.— ¿ 205 0, über 10 - 9 0/0031 19,82 Auf die Besitg:uppzn bis zu 59000 #4 einschl. würden hiernach 96,36 2/6 der Gesammtaläubtigerzahl und etwa 42,48 9/6 der Gesammt- Anleibe entfallen. Sind dieje Ziffern, namentlich in den beiden Besitze gruppen von 5000 bis 50000 4 einschl. mit 26,24 9/0 der Gläubiger und 34,61 9% der Gefammt-Anleihe, auch günstige, fo lassen do die außerordentlich starken Anleibetheilbeträge in den beiden Besißgruppen von über 1 Million Mark 19,82 9/o der Gesammtanleihe in der Hand von nur 0,073 % der Gläubiger an fih unangenehmen Nüdckshlüssen auf die großkapitaliftishe Entwikelung unserer Staatsanleihen freie Bahn; allein man darf nicht aus dem Auge lassen, daß die_ ganz großen Konten in der Hauptsache im Besiße des Reichs, des Staats und sonstiger sffentlichen Verbände find.

Kunft und Wissenschaft.

In der Gesammtsißzung der Akademie der Wissen- schaften vom 26. Oktober (vorsizender Sekretar: Herr Waldeyer) las Herr von Wilamowiß-Möllendorf „über Platon’'s „Gorgias“ und die Nede des Polykrates gegen Sofrates“. Der Vortragende gelangte zu folgendem Grgebniß: Es ist niht erlaubt, die Form des Pindar- Verses, welhe în Platon?’s „Gorgias“, 484b, überliefert is, zu ändern, obwohl sie unriwtig ist. Die Mißdeutung des Verfes hat Polykrates dem Soîtrates zum Vorwurf gemaht, wie Libanius? Apologie § 70 zeigt. Also hat der Sophist den Gorgias angegriffen, was durch den Inhalt seiner Schcift bestätizt wird. Da nun Polykrates zwischen 594 und 390 geschrieben hat, fo rückt der Gorgias unwidersprehlich in die este Zeit nach Sokcates? Tode. Herr Kösnigéberger, korrespondierendes Mitglied der physikalis-mathermatishen Klasse, sandte eine Mittheilung ein „über die Irceduktibilität algebraischßzer Differentialgleihungen.*“ Die in einer früheren Mittheilung (in den „Sihungsberihten“ vom 20. Juli 1899) entwickelten Resultate bezüglich der linearen Differential- gleihungen werden weiter ausgeführt und auf nicht lineare algebraische Differentialgleihungen ausgedehnt. Herr Dr. Fr. Jonas hier- selbst überreihte der Akademie einen Brief von F. W. Bessel an Professor Lehnert in Königsberg vom 22.

1837 für ihre Sammlung der Bessel’schen Korrespondenz.

Akademie hat ihrem Mitgliede Herrn Harnack zur Fortführung der Arbeiten an der Geschichte der Akademie 2600 4 bewilligt. Die physikalish-mathezatiihe Klasse hat bewilligt: Herrn Professor Dr. Hugo GConwenyß in Danzig zu Untersuchungen über das Vor- kommen der Eive in der Gegenwart und Vergangenheit 1900 M; Herrn Professor Dr, Bernhard Weinstein in Berlin zur Veröffentlihung der Ergebnisse sciner Beobad;tungen über Erdströme und zer Gedbidte an

bis 300 A einfch!. von 200—— 000 5090— 1000, 1000— 2000 , 2000— 83000, 3000— 5000 , 5 090— 10000 , 10 000— 50000 , 50 000—109 000 , 109 000—200 000 ,„ 200 000—509 000 , 500 000— 1 Mill. ,

800 A Die Wahlen des ordentlichen Professors ver Ge|cichte an der hiesigen Universität Dr. Paul Scheffer-Boichorst und des bisherigen korrespondierenden Mitgliedes dec Afademte, ordentlihen Professors der klassishen Philotogie an berselben Universität, Geheimen Regies rungöraths Dr. Ulrih von Wilamowiß-Mölendorff zu. ordentlichen Mitgliedera der philosophisch-historishen Klasse der Akademie sind