1899 / 277 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Nov 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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werden als vollcs Kilogramm gerechnet zu streihen“*, wenn ih ret weiß, zu- gestimmt Haben. Dieses giebt eine weitere Ermäßigung der Einnahmen von etwa 100 000 bis 150 000 A4 Dieser Ausfall läßt sich allerdings nur annähernd \{hägen, weil wir zur Zeit niht genau das Gewicht der einzelnen Zeitungen kennen. Die Reichs-Postverwaltung glaubte, nah dem uen Zeitungs- tarife 1250000 A mehr als bisher beanspruchen zu müssen. Die Kommission hat davon nur 300 000 bewilligt. Durch die Beschlüsse

in der zweiten Lesung haben die Herren diesen leßteren Betrag noch

weiter gemindert, um 410000 A und 150 000, 4 zusammen um 560 000 A Es fehlen uns demnach rund 260 000 M in Zukunft, und das, was die Budgetkommission eigentlich wollte, daß bei den Einnahmen aus dem Zeitungsvertrieb entsprehend den Zahlen, die ich vorhin an- führte 400 Miklionen Drucksahen und 15 Millionen Mark Ein- nabmen, 1 Milliarde Postzeitungsnummern und nur eine Einnahme von 5 Millionen Mark me hr herauskommen sollte, das ist nicht erreiht worden.

Fch komme nun zu den Anträgen des Herrn Abg. Dasbach und der Herren des Zentrums. Zunächst muß ich immer wieder hervorheben, daß meines Erachtens der Zonentarif kein Fort- schritt is, sondern ein Nückschritt. Speziell das, was Sie uns in dem Zonentarif verheißen, wird nicht eintreten, denn, wenn Sie für die großen Zeitungen, gegen die diese Maßregel gerichtet ist, eine solde Vertheuerung herbeiführen und die tritt thatsählick ein was ift dann die Folge? Die großen Zeitungen werden sich, da ihnen der Tarif zu theuer ift, ihre eigenen Speditionen einrihten. Der Herr Abg. Das- bah stellt uns da eine Summe ein, die wir aber nicht bekommen werden; dieser Wechsel wird niht honoriert. Ich kann auch nit unterlassen, die Herren erneut darauf hinzuweisen, daß wenigstens die Majorität der Kommission ganz unbedingt der Ansicht war, daß einer gewissen Prefse, die nur mit der Shere arbeitet und ihre Einnahmen lediglich auf die Inserate basiert, kein Vorschub geleistet werden sollte, und man glaubte, sie aub durh diesen neuen Tarif im Besonderen zu treffen, indem eben nicht mehr die Abonnementsgebühr maßgebend sein soll für die Gebühren, die an die Poft zu entrichten sind. Ih habe mir aus Anlaß der neu- lichen Diskussion noch einmal Zusammenstellungen machen lassen, und da ergaben \sih ganz etgenartige Zahlen für die sogenannte General- anzeigerpresse. Im Königreich Sachsen würden nah unseren jeßigen Aufzeihnungen 31 000 Exemplare in der ersten Zone und nur 5000 in der zweiten Zone sein (hört! hört! rechts), Previnz Sachsen : 96000 in der ersten, 2000 in der zweiten Zone; Ostpreußen: 6600 in der ersten, 1300 in der zweiten; Provinz Pommern: 6600 in der erften, 700 in ber zweiten ; Hamburg-Schlestoig- Holstein : 93 000 in dexr ersten, 4000 in der zweiten Zone; Rheir provinz: 27 000 und nur 2000 in der zweiten Zone. Also, meine Herren, gerade diese Zusammenstellung follte doch sehr zu bedenken geben ! durh den Zonentarif gerade dem Thür und Thor, was die Hercen haben beseitigen wollen, und worüber die Majorität der Kommission einig war. Ih kann in dem Zonentarif außerdem auch nur eine Erschwerniß für die Verwaltung sehen, ganz abgesehen davon, daß wir einen Zukunftswehsel erhalten, dessen Ein- lösung, glaube ih, auch der Herr Abg. Dasbach uns nidt wird garans- tieren können und wollen. Wenn er nun hierbei auf meine weiteren

Bedenken wegen des Reichs-Rechnurgs8hofes eingegangen ist, fo glaube î Ich habe nur naturgemäß, daß ecurhch. die verschiedene î

id), hat er mich neulich nicht richtig verstanden. gesagt, es if ganz Tarifierung der einzelnen Zeitungen

zunähst der Reichs-Poft-

verwaltung eine Summe von Mehrarbeiten erwahsen wird, und daß j r

diese Mehrarbeit uns Beamte kostet. Auf der anderen Seite wird aber die Aufstellung der Rehaungen sowohl uns erheblihe Mehr- arbeiten machen als auch, was ih besonders hervorgehoben habe, dem

ih, die Thätigkeit dieser hohen Reichébehörde, die bis in das Einzelne bincindringt. Auch hter im hohen Hause werden vershiedene Mit- glieder wohl {on erfahren haben, daß sie nah Jahren haben zuzahlen müssen, ebenso wie auch der Rehnungshof Verfügungen e:lafsen hat, manchmal um ein paar Pfennige, die wir irgend jemand wieder heraus- zahlen müssen. Es ist sehr gut für die Verwaltung, daß fie einer derartigen Kontrole untersteht, aber der Herr Abgeordnete Dasbach wird mir indessen zugeben müssen, daß wit einem komplizirten Tarif zweifellos für die Verwaltung als auch für den Reichsrehnungshof die Arbeiten zunehmen müssen. Fch kann nur wiederholen, für die Verwaltung selbst {eint mir der springende Punkt zu sein, wenn sih das hohe Haus entsckließen würde, auf den Kommissionsbeshluß nah dieser Richtung bin zurückzukommen, d. h. die 3 Pfennige wieder cinzuseßzen. Ich erachte es für viel \chwieriger un» in die Verhältnisse der Verleger eingreifender, später wieder eine Erhöhung um 1 Pfennig eintreten zu lassen, als jeßt den höheren Betrag festzuseßen. Sie werden mir zugeben müßen, dieser eine Pfennig, der heute für die Zeitung herauskommt, mag eine Einnahme im ersten und vielleicht auch im zweiten Jahre sein. Dann kommt aber gewöhnlich die Konkurrenz, und diese drückt die Preife herunter und die 12 Pfennige pro Jahr sind nicht eine Erleichterung für die Zeitungen, sondern sie werden infolge der Konkurrenz von den Abonnenten aufgegessen werden. Das is meine Meinung.

Was nun den zweiten Antrag der Herren Dasbah und Genossen anlangt, so is es meines Erchtens der Sinn der Verhandlungen gewesen, daß nur für die Zeitungen, die der Post zur Beförderung übergeben werden, eine Bezahlung, beansprucht wird. von der Gebührenerhebung bleiben selbstverständlih alle Zeitungs- nummern, die ohne die Vermittelung ker Post vertrieben werden. Bedenken Sie aber die Folgen, wenn dieser Antrag angenommen würde! Es giebt verschiedene Zeitungen, dic in der Lage sind, mehrere Nummern zu gleicher Zeit bei der Post aufzuliefern, und zwar kommt hierbei die Zahl der für die Versendung der Zeitungen si darbietenden Beförderungsgelegenheiten in Betracht.

Wenn z. B. eine dreimal täglich erscheinende Zeitung nach einem Orte 2c. vertrieben werden soll, der nur eine tägliche Postverbindung hat, sowücde der Verleger alle drei täglichen Nummern aufeinmal aufliefern können und somit nur den dritten Theil der Postgebühr zu entrichten haben. Es würde fh also die Eizenthümlichkeit ergeben, daß für eine Zeitung unter Umständen verschtedene Gebühren gezahlt werden. Ich glaube, das ist nicht in dem Sinne der Herren gewesen, sondern Sie haben daran festhalten wollen, daß für jede einzelne Nummer gezahlt wird. Aber wie der Antrag hier vorliegt, würden Sie sogar noh die Orte verschieden tarifieren. Sie werden mir zugeben, daß wir dur die vorgeschlagene Fassung das Eatgegengeseßte erreichen

i die Folge sein.

* wudchert werden Tann.

Aus3ges{lofsen !

von dem, was die Herren erreiGen wollen. Ih möchte daher das hohe Haus noÿmals bitten, doch auf die Be- s{lüsse der Kommission zurückzugehen, nicht um einec fiskälishen Ver- waltung willen das ist die Postverwaltung nicht und soll es nit sein, soweit ih meine Kraft dafür einseßen kann —, aber die Zukunft müssen wir immer in Rechnung ziehen, und in Zukunft werden Sie eine Erhöhung der Gebühr nit herbeiführen können, wenigstens nur unter {weren Eingriffen in den Zeitungsverlag.

Zur Zeit entsprechen die 3 H den Verhältnissen. Kann die Reichs- Postverwaltung nit im allgemeinen zu den Neichseinnahmen beitragen, so werden wir keine Unterstüßung mehr für die Reformen finden, die meiner Ansicht nah nothroendig sind. Ich bin der festen Ueberzeugung,

daß dieser eine Pfennig, also 12 H pro Jahr, die eben eine folhe_

enorme Summe ausmachen, in dem allgemeinen Verkehr verschwinden werden, statt daß sie den Reichseinnahmen und damit der Allgemeinheit zu Gute kommen. j

Fch bitte daher das hohe Haus, auf die Kommissionsbeschlüsse wteder zurückommen zu wollen.

Abg. Dr. Oertel - Sachsen (d. kons.): Die Parallele zwischen den Drucksachen und Zeitungen stimmt doch nicht so ganz; es ist bei den Beitungen das Bestellgeld niht mitgerechnet. Der Ausfall, der aus der Nichtabrundung entsteht, dürfte auch niht 100 000 M er- reihen. Andererseits muß der Postverwaltung eine Einnahme garan- tiert werden, die ihr die Selbstkosten sichert. Viele meiner Freunde werden sh deshalb auch heute für den Antrag Hasse aus- sprehen. Die klcine Prcfse hat sih besonders gegen die Bezugs- gebühr gesträubt; bat der Reichstag hier in zweiter Lesung eine Ermäßigung beschlossen , D meinerseits nit dasür, diese in dritier Lesung wieder rückgängig zu machen. Den Antrag auf Ersezung tes Wortes „Erscheinen“ dur „Auflieferung“ sollten die Herren nah den Ausführungen des Staats- sekretärs zurückziehen, Wir werden jedenfalls gegen den Antrag stimmen. Ueber zen Zonentarif lasse ih mich heute niht nohmals näher aus. Er erhöht zwar die Einnahmen der Verwaltung etwas, sonst aber spricht alles dagegen. Die Tragweite des Antrags ist nah keiner Richtung zu überblicken. Schädigen muß er die große, ernste, nicht auf Anzeigen basierte Presse, außerordentlih förderlih aber wird er für die sogenannte Anzeigerpresse sein. Die kleine Provinzpresse will man s{chüßen, aber die größte Konkurrentin dieser Presse wird dur den Zonentarif begünstigt. So \ympathisch der Gedanke an h ist, muß ih Sie do bitten, den Antrag abzulehnen.

Abg. Dr. Hasse: Wir haben stets den lebhaften Wunsch gehabt, das Verhältniß zu ändern, daß der Postvertrieb der Zeitungen, welcher der Verwaltung eine so große Arbeit macht, in den Ein- nahmen hinter den Selbstkosten zurückbleibt. Die Kommissions- beshlü}se ließen der Verwaltung immer no% eine be {heidene Mehreinnahme; wie wir jeßt hören, würde diese nach den legten Beschlüssen verschwinden, ja selbt Mindererträgnisse Wir können nicht toollen, daß dies der Ab- {luß unserer Bemühungen auf dief:m Gebiet sei. Meine Anträge sollen das Gleichgewicht wiederherftellen. Die Mehrheit der

Deutsch-Konservativen erkennt ja die Nothwendigkeit an, die Bezugs- Sie df ; gebühr ven 2 wieder auf 3 S hinaufzusegen. Dem Artrag Marcour- ie óffnen |

Dasbach wegen der Erseßung des „Erscheinens“ dur „Auflieferung“ können wir aus finanziellen Erwägungen unfere Zuitimmung nit geben. Die Abrundurg der Kilogramm-Bruchtheile muß aus den- jclben Gründen wieder aufgenommen werden.

Abg. Singer (Soz.): Nach unserer Meinung müßte der Post- zeitungstarif nah dem Gesichtépunkt reformiert werden, daß die ernste politische Presse niht durch die großen billigen Insferatenblätter über- Diesem Gesichtépunkt trägt aber der Antrag Marcour in keiner Weise Nehnung. Aus demselben Grunde müssen wir au ter Wirderheraufsezung des monätlichen Bezugépreises ent- gegentreten. Der Ausfall des einen Pfennigs wird b öchstens 300 000 M betragen und fann bet der großen Reform, die doch vor ich gehen soll, keine Rolle spielen. Reformen zur Verbilligung und Erleichterung des Verkehrs, zur Verbesserung der Lage der Angestellten werden überhaupt nit durch die Erhöhung der Eit- nahmen auégeglihen werden fönnen, etwas wird denn doch zugelegt werden müssen. Auch den Antrag Hasse wegen der Abrundung der Kilogramm-Bruchtheile lehnen wir ab; eine solhe Kleinigkeit kann doch wahrhaftig bei den großen Zahlen, in denen sich diese Postreform

¡ bewegt, niht erasthaft in Betracht gezogen werden. Die Beschlüsse

Reichs-Rechnungshof. Der Herr Abégeordnete Dasbach untershäßt, glaube i zweiter Lesung treffen auch in Bezug auf „Erscheinen“ oder „Auf-

lieferung“ das Richtige. Der Zonentarif, so bestehend er erscheinen mag, ist für uns auh, nahdem wir ihn genauer geprüft haben, un- annehmbar.

Abo. Richter (fr. Volksp.): Nachdem das Haus in zweiter Lefung den Zonentarif mit Dreiviertel-Mehrheit verworfen hat, kann er jeßt niht auf Annahme renen. Ich äußere mi daher nur über die Bezugsgebühr. Die Herabsezung kommt unzweifelhaft den mittleren und kleinen Blättern zu gute. Was die Ausfälle für die NVerwaltung betrifft, ïo darf wohl auf den neuen Etat hingewiesen werden, wona . die Post wiederum eiren um 4 Millionen Mark böberen Uebershuß gegen das laufende Jahr herauérechnet, Es wäre daher unangebracht, wenn man nach den Beschlüssen zweiter Lesung jeßt zu den 3 4 zurückfehren wollte.

Der Abg. Dasbach zieht nah den Erklärungen des Staatssekretärs den Antrag, welcher „Erscheinen“ durh „Auf- lieferung“ ersezen wollte, zurü.

Jn der Abstimmung werden nah Ablehnung aller An- träge die Beschlüsse zweiter Lesung aufrechterhalten.

Nach Artikel 3 soll der Betrieb von Privat-Postanstalten vom 1. April verboten werden. Nach einem auf Antrag der Sozialdemokraten in zweiter Lesung beschlossenen Zusagte ist, abgesehen von den bezeichneten Anstalten, die gewerbsmäßige oder nihtgewerbsmäßige Beförderung von unverschlossenen politischen ti innerhalb der Gemeindegrenzen eines Ortes, “insbesondere au, wenn sie dur die Post dorthin be- fördert werden, Jedermann gestattet.

Die Abgg. Dr. Marcour und Genossen wollen in diesem Wortlaut hinter „durch die Post“ die Worte „oder durch Expreßboten“ eingeschaltet wissen. Die Sozialdemo- fraten beantragen, dem Absaß folgenden Zusaß zu geben: „auch an Sonn- und Feiertagen während der Stunden, in denen die Kaiserliche Post bestellt“.

Abg. Singer erklärt sih für den Antrag Marcour und bittet um Annahme des Zufayantrags seiner Freunde, der nichts weitec als die Berechtigung zum Austragen von politisch:n Zeitungen an Sonntagen während derselben Zeit wolle, in roelher auch die Poft felbst bestelle. é;

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Meine Herren! Gegen die Faffung, tote sie hier seitens des Herrn Abg. Dr. Marcour vorgeshlagen ift, liegen meinerseits keine Bedenken vor. Ih meine, wir wollen eben allseitig, wie auch der Herr Abg. Büsing neuli gesagt hat, nur eine Klarstellung, damit nah dieser Richtung hin nicht irgend welhe Winkelzüge gemacht werden können.

Dagegen muß ih doch erheblihe Bedenken, fo harmlos auch der Antrag des Herrn Abg. Albre%t erscheint, gegen den Antrag unter Nr. 434 der Drucksachen erheben. Es handelt sih hier Sie sehen ja bercits, daß seitens einer Bundesregierung Bestimmungen getroffen worden sind um die Hèzilighaltung des Soantags. Meine Herren! Wir dürfen nicht in die Bundesgeseßgebung eingreifen. So harmlos,

: wie der Antrag im ersten Moment erscheint, so habe ih gegen ihn

do infofern {were Bedenken, als er bezweckt, in die Bundesgesezs gebung einzugreifen, und nah dieser Richtung hin, muß ich erklären, würde er für uns fast unannehmbar sein. (Sehr richtig! rets.)

Abg. Dr Marcour: Unser Antrag foll nur jede Unklarheit beseitigen. Gegen den Antrag der Sozialdemokraten führt der Staatssekretär das shwere Geshüß des Wortes „unannehmbar“ auf; fo s{chlimm wird es wohl damit doch nicht stehen.

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski:

Ich möchte dem Herrn Abgeordneten Dr. Marcour gegenüber gerade hervorheben, baß cs immer mein Bestreben gewesen ist, mit allen Kräften für die Heilighaltung des Sonn- und Feiertages, wie au für die Ferienmahung der Beamten zu sorgen. Hier liegt nun ein ansheinend ganz harmloser Antrag vor, aber ih befürchte, und deshalb habe ih auch den Ausdruck gewählt, ih erahte ihn für fast unannehmbar, weil er ein Eingriff in die Landesgeseßgebung ift, das ist ja ganz zweifellos. Ich würde, wenn heute eine Regierung das thut, von meiner Seite keinen Widerspruch erheben. Ich glaube, auf dem Wege einer Postnovelle können wir aber nicht in die Lande8gesetßgebung eingreifen.

Abg Büsing (nl.): Gegen das, was der sozialdemokratische Antrag erstrebt, hâtte ih an sih nihts einzuwenden, aber dieses Ziel is nur zu erreichen dur eine Abänderung der Gewerbeordnung, nicht in dieser Postnovelle.

Abg. Singer: Der heutige Standpunkt des Herrn E, steht doch zu dem gestrigen in Widerspruch; gestern wollte Herr Büsing die Vorlage zum Schuß der Arbeitswilligen um einen Passus be- reihern, welher die Vereinsgeseßgebung betraf. Sind die Expreß- boten der Postverwaltung gleichgestellt, so müssen sie es auch in dem von uns beantragten Punkt sein. Ich glaube nit, daß der Staats- sekre‘är im Bundesrath für das Scheitern dec ganzen Vorlage plädiecen wird, wenn dieser Antrag angenommen wird, noch daß der Bundesrath sie daran scheitern läßt.

Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Niemand kann Eingriffen der Neichs- geseßzgebung in die Landesgeseße abgeneigter sein als unsere programm- mäßig föderative Partei. Aber hier liegt eine offenbare Ungerechtigkeit seitens einer besonderen Landesgefetzzebung vor, die aud Herr Büsin am 16. November ausdrücklich anerkannt hat. Herr Büsing hat aud selbst anheimgestellt, den Versuh zu machen, den betreffenden An- trag für die dritte Lesung zu verbessern. Dieser Versuch liegt nun vor. Am liebsten wäre es mir, wenn die Reichs- regierung die mecklenburgische Landesregierung aufforderte, den gleihen Rechtszustand für Alle wiederherzustellen. Das geht aber nit. Wenn man indessen immerfort von einem Eingriff der Reich8gesetgebung in die Landesgefeßgebung spricht, so ist das do schon mehr Göpendienst. Täglich greitt die NReichsgeseßgebung in die einzelnen Landesgeseßze ein. Da hier im Postgesez die Bestellungs- frage geregelt wird, so steht der Aufnahme der Bestimmung in dieses Speztalgeseß nichts entgegen. Es bleibt auch nah Lage der Dinge im Augenblick nichts übrig, um gleiches Reht zu schaffen, als die privaten Betriebe genau fo zu stellen, wie wir die Reichs- Postverwal- tung stellen; warten wir ruhig ab, ov die verbündeten Regierungen diesen Beschluß wirkli für unannehmkar erklären.

Abg. Nettich (d. kons.): Die Annabme des sozialdemokratischen Antrags Albrecht saft die Thatsache niht aus der Welt, daß, #o- lange die Gewerbeordnung nit abgeändert ist, dieser Antrag einen flagranten Eingriff in die Rechte der mecklenburgishen Landesgeseßz- gebung darstellt. Wollen Sie das Geseß gefährden, so nehmen Sie den Antrag an. Die mecklenburgishe Regierung muß von den anderen Regizrungen fo viel KoUegialität erwarten, daß sie gegen diesen An- {rag Stellung nehmen. Woll-n Sie etwas erreichen, dann ändern Sie die Geroerbeorbnung. A

Abg. Büsing verwahrt sh gegen die ihn betreffenden Aus- führungen des Abg. Dr. Lieber. Er halte es nah wie vor für nicht rihtig, bei dieser Gelegenheit den IAnträg anzunehmen. In dem gestrigen Falle“ habe es {ih um eine Ergänzung des § 152 gehandelt, ker von den Vereinen auédrücklih sprehe. Hier aber bestehe ein Zu- sammenhang zwishen dem Postgeseß und dem Gewerbebetrieb an Sonntagen nicht.

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. von Woedtke: Meine Herren! Ih möchte im Anschluß an das eben Gehörte au dringend empfehlen, den Antrag hier abzulehnen und die Sache zu erörtern und zur Beschlußfassung zu bringen bei Ihrer demnächhstigen Be- rathung über die Gewerbeordnungsnovelle. Es fann doch wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die Sache prinzipiell nicht sowohl hier in das Postgesez hingehört, sondern vielmehr in dicjenigen Bestimmungen, die allgemein mit dem Gewerbebetrieb \ih beschäftigen. Wenn nun überdies von seitzn des Herrn Staatssekretärs des Reichs-Postamts Fhnen entgegengehalten worden ift, daß die Aufnahme dieser Be- stimmung in das Reichs-Postgeseß unter Umständen das Scheitern dieses Gesczes zur Folge haben könnte, was ih natürlich nit beurtheilen kann, so glaube ih, liegt für Sie die Sache doch einfa so: sollen wir eine Bestimmung, die wir gern in ein Gefeß hineingeschrieben haben wollen, in dies Postgesey hineinbringen und es dadurch möglicher- weise zum Scheitern bringen, oder sollen wir damit warten, bis wir in den nähsten Tagen zu dem anderen Gesetzentwurf kommen, wo sie an sich hingehört und wo wir sie mögliherweise hineinnehmen können, ohne in dieses Dilemma zu kommen? Ih meine, die Wahl bei dieser Alternative kann nit sebr {wer fallen. Ich kann also nur empteblen, die Sache bier abzulehnen und bei der Gewerbeordnung darauf zurückzukommen.

Mecklenburgisher Gesandter von Dergen: Meine Herren! Es bantelt ih um ein mecklenburgisches Gefeß, die Verordnung vom 3. Februar d. J,, betreffend die Heiligung der Sopyn- und Feitectage, welhe das Austragen von Druckschristen durch Privatpersonen an Soan- und Feiertagen verbietet. Der Herr Abg. Büsing hat {hon bei Gelegenheit der zweiten Berathung des Postgeseßes erschöpfend ausgeführt, daß die mecklenburgischen Regierungen vollständig berechtigt waren, dies Gesez zu erlassen. Das Geseg is nicht, wie kei der zwetten Lesung der Postgeseße den mecklenburgishen Regierungen vor- geworfen wurke, erlassen, um Reichsgeseße zu umgehen, fondern der Grund des Gesetzes war der, einem in größerem Umfange überhand- nehmenden Unfug der Entheiligung der Sonn- und Feiertage durch Kolportaze zu begegnen. Zu diesem Geseg waren die mecklenburgishen Regierungen vollständig berehtigr, und muß namens derselben hier Verwahrung dagegen einlegen, daß Sie einen Beschluß{herbeiführen, der geeignet ift, dieje Bestimmung zu beseitigen. sage: der Grund zum Eclaß des Geseßes war der, einem Unfug in der Kolportage von Druckschriften zu begegnen. Wenn dies vorwiegend Sozialdemokcaten getroffen hat, fo thut mir das aufrichtig leid. Ob es der Fall ist, weiß ich nicht; follte es aber der Fall sein, dann erkläre ih es mir damit, daß der Hang zu dem erwähnten Unfug bei den Herren Sozialdemokraten ausgeprägter ift als bei anderen Personen. Aber ich möchte es noh einmal wicder- holen: die mecklenburgishen Regierungen umgehen keine Reichsgeseße, sie achen ihren geraden, offfenen Weg, den Weg, den sie na gewissenhafter Ueberzeugung als den zutresfenden erachten; das Ziel vor Augen, welches ihnen die Ehre des Vaterlandes und die Wohl- fahrt der Bevölterung vorgezeihnet haben. y

Abg. Singer erklärt, gegen diese Behauptungen Protest ein- legen zu müssen. In Mecklenburg scheine etwas als grober Unfug angesehen zu werden, wenn es von einer Zeitung geschehe, als hôd moralish bagegen, wenn es von anderen Zeitungen geshehe. Der Hinweis auf die Gewerbeordnung hätte bloß den Grfolg, etwaë, was die große Mehrheit des Hauses wolle, wieder ins Wasser fallen zu lasen. Der Reichstag habe jeyt und vielleicht nie wieder die Gelegenheit, ein 1a Mecklenburg geshehenes Unrecht aus der Welt zu schaffen. Wo fei man hingekommen mit. dem Vertrauen auf die Aufhebung des Ver- bindungsverbots für Vereine? Man habe gestern gehört, daß es ni@! eber aufgehoben werden solle, als bis das Koalitionsreht na dem Wunsche dek preußishen Regierung geändert fei.

Mecklenburgis@er Gesandter von Dergen: “Die von T Ginger mir im Anfang seiiner Rede in den Mund gelegte Behauy- tung habe ih nicht ausgesprochen. Ich habe gesagt : Wenn durch die awähnte mecklenburgishe Verordnung die Sozialdemokraten besonders etroffen werden, so würde mir das leid thun; ob sie damit that- fiblich getroffen worden seien, wüßte ih nit; follte es aber der Fall sein, so würde ih mir das damit erklären fönnen, daß der Hang ju dem erwähnten Unfug bei den Sozialdemokraten ausgeprägter páre als bei Anderen. Ich weise die Vorhaltungen des Herrn Singer als unbegründet zurü.

Abg. Rickert (fr. Vgg.): Auf die Gewerbeordnung lassen wir uns nicht verweisen; der Vorgang wit dem Verbindungsverbot spricht eine zu warnende Sprache. Die Aufhebung desselben sollte noch vor dem 1. Januar 1900 erfolgt sein; der 1. Januar steht vor der Thür, und wir wissen ziemlih genau, daß die Angelegenheit nicht erledigt werden t Nehmer Sie den Antrag an; Reichsgeseß geht über Unde8ge eb, à

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. von Woedtke: Der

Herr Abg. Singer hat vorhin gesagt, ver Herr Graf von Posadowsly habe bei der gestrigen Debatte erklärt, das Koalitionsrecht der Arbeiter müsse zunächst in der Weise beschränkt werden, wte angeblich die gestrige Vorlage es bezweckte, ehe das Verbot der Verbindung ver- shiedener Vereine aufgehoben werden könnte. Jch habe niht den Cindruck, daß der Herr Graf von Posadowsky diefe Wendung gestern ‘braucht hat. Er hat vielmehr das Stenogramm liegt mir im ugenblick nicht vor -— ungefähr Folgendes gesagt: Die Position der verbündeten Regierungen wäre an sich durchaus haltbar, áne Pesition, die dahin ging, daß Arbeitervereinigungen, die das gewähite Koalitionsre@t mißbraucten, zunächst an diesem Mißbrauch gebindert werden müßten, ehe daran gedacht werden könne, ienen weitere Rechte einzuräumen und etwa das Verbindungsverbot für Vercine aufzuheben. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Das ift ganz etwas Anderes, verehrter Herr Abg. Singer. Herr Graf von Posadowsky hat also gesagt, die Position der Regierung wäre sehr wohl und vollständig zu halten, wenn sie in dieser Weise vorgehe. Er hat dann aber gleichzeitig au hinzugefügt, und das ist die Haupt- ahe: wenn man in dieser Beziehung anderer Meinung sei, so lasse ch darüber reden, und {on zur näheren Erörterung hierüber sei es geboten, die Sache an eine Kommission zu verweisen. Da die Herren dieser Anregung niht Folge gegeben haben und eine Kommissions- kerathung nicht beliebt haben, fo ift infolgedessen natiilih über diese Frage niht mehr zu reden.

Abg. Dr. Lieber: Jch erinnere den Abg. Büsing daran, daß der hatige Antrag der Sozialdemokraten lange niht so weit geht wie dujinige der zweiten Lesung, in dem es hieß: „Die Anwendung der Undesgeseße über die Sonntagöruhe an Sonne und Feiertagen findet idt statt.“ Der Gang der Debatte belehrt uns darüber, és ist fogar untlih festgestellt worden, daß die mecklenburgishe Ver ordnung wirk- sam ift gegen die Sozialdemokraten. Da stelle ih mich auf den Stantyunkt: j2 srüher diese Ungleichheit aus der Welt geschaft wird, desto besser. Gebranntes Kind scheut das Feuer. Sleiches Recht zu hafen, ist bier doppelt nothweadig, weil es |\ch um die Gleich- hercht:gung gegenüber der Kaiserlihen Postverwaltung handelt, weile ebenso ein gewlnnbringender Betrieb ift wie die Privatbetciebe.

Jn der Abstimmung wird der zweite Absaß des Artikels 3 in der von dem Abg. Dr. Marcour vorgeschlagenen Fassung und darauf auh mit beträchtlicher Mehrheit der Antrag Albrecht angenommen; dafür stimmt außer der Linken und dem Zentrum auch der größte Theil der Nationalliberalen.

Zu den Artikeln 4 und 5, welhe über die Entschädigung der Privatbeförderungsanstalten und das Verfahren dabei Be- stimmungen treffen, hat der Abg. Shmidt-Warburg (Zentr.) wiederum seinen Antrag eingebracht, den Jnhabern der Anstalten alternativ den Klageweg oder die außergerichiliche A des Schadens zu gestatten. Ein Antrag der Abgg. Dr. Marcour und Da sb a ch verlangt, daß die Postbehörde die Feststellung des Schadens den Interessenten mittels motivierten Bescheides bekannt gebe, und will ferner, daß im Rechtswege auf eine geringere als die im Bescheide festge)eßte Entschädigung nicht solle erkannt werden dürfen. Der Abg. Ki r\ch (Zentr.) will die Sechs- monatsfrist für die Anmeldung des Anspruhs nicht mit dem Inkrafttreten des Geseßes, sondern mit dem 1. April 1900 be- ginnen lassen. Der Abg. Dr. Hasse will den Rechtsweg wieder ausgeschlossen D Die Abgg. Dr. Müller-Sagan und Genossen (fr. Volksp.) haben den Antra g wieder aufge- nommen, auch das af Geschäftsjahr bis 1. April 1899 für die Berechnung des durch\chnittlichen Reingewinns mit in Betracht f ziehen; den in den Postdienst übernommenen E a olle eine Dienststelle „von mindestens ihren bisherigen Bezügen gleihkommendem Gehalt“ garantiert werden.

Abg. Bassermann (nl.) tritt für das \chiedsrichterlide Ver- fahren und gegen den Recbtsweg ein. i

Abg. Singer erkläit, er stehe auf demselben Standpunkt und erwarte von dem Beschreiten des Redtêweges nur eine Vershleppung der Erledigung der Sache, wie verselbe au ledigli ein ungereht- fertigtes, weiteres Entgegenkommen gegenüber den Aktionären bedeuten würde, Daß die Erhöhung des Maximums der Entschädigung nicht nôthig gewesen sei, beweise am besten die Thatsache, daß die Börse am Tage nah den betreffenden Beschlüssen des Hauses eine Kurs- steigerung der Aktien dieser Beförderungsanstalten habe eintreten lassen. Den zweiten Theil des Antrages Dasbah bezeihnet Redner als ganz unverständlih; wenn man den Rechtsweg wolle, müsse man {h auch den Konfequenzen unterwerfen. Die Feststellung cines Minimums der Entschädigung habe ja der Reichstag în der zweiten Lesung ausdrücklich abgelehnt. j

bg. Dr. Marc our empfiehlt die von ihm gestellten Anträge.

Abg. Dr. Oert el- Sachsen plädiert für Ablehnung des ersten Antrags Müller, für den er mit seinen Freunden. fonst Sympathie habe, der aber von der Verwaltung fo nachbrücklich b:kämpft worden sei, Für den zweiten Antrag Müller könne er sich dagegen erklären Den Rechtsroeg zuzulassen, könne si seine Fraltion nicht entschließen. Anders wäre es gewesen, wenn der Abg. Schmidt-Warburg in seinen ntrag das Limit des Zebnfachen vom jährlihen Reingewinn mit- aufgenommen hätte, Bezüglih tes schiedsrihterlihen Verfahrens slehe seine Partci auf dem Boden des Antrags Hasse, der die Kom- mi\sionsbes{lü}: wiederherstellen wolle, wonoh das Schiedszericht aus dret Mitgliedern des Reichsgerichts bestehen folle.

Abg. Smidt - Warburg hält die Einbringung seines Antrags, obwohl der Rechtsweg in zweiter Lesung beschlossen set, doch niht für überflüsiz, da er den Betheiligten die Möglichkeit außer- #erihtlicher Feststellung des Schadens nicht vershränken wolle.

di, Abg. Dr. Müller- Sagan faßt nochmals die Gründe zusammen, ie dafür sprächen, insbesondere die kleineren, nit vier Jahre be- stehenden, sowie die nit auf den Packetbetrieb ausgedehnten Anstalten unter Einrechnung au des lehten Geschäftsjahres zu entschädigen. Redner erklärt ih auch für den Antrag Schmidt-Warburg. Gndlich mpfiehlt er den Antrag, der den Angestellten bei der Uebernahme in en Reichspostdienst mintestens ihr bisheriges Gehalt garantieren solle. d Abg. Ri ert erkäit, er köune die Auffassung nicht theil:n, daß 2 shiedsrichterlie Verfahren zu Gunsten ber Betroffenen zu apfehlen sei. Wenn man ein Schicdsgeriht haben wolle, set er wi ei, aber dann seße man auch ein wirkliches Schiedsgericht etn, eobei jeder Theil einen der Sachverständigen wähle, nit aber ein pndergericht. Die Kurebewegung der Börse könne für die Geseß- n vid nit entiheitend sein. Im Antrage Schmidt-Warburg sei da rh ob vorweg eine Vorentscheidung der Postbehörde ergangen e,

Staatssekretär des Reichs-Postamts von Podbielski: Ih möchte zunächst dem Herrn Abgeordneten Rikert erwidetn-

Er vergißt, daß dieses Gesey nicht bloß für die Reihs-Poftverwaltung,

sondern auh für die Postverwaltungen der Königreiche Bayern und Württemberg gelten fol. Infolge dessen handelt es sh hier nicht um ein Sondergericht, sondern wir haben gerade versucht, ein einheit- lies Gericht. nah langen Verhandlungen zu konstituieren. (Zuruf links.) Gewiß, meine Herren. Jch meine, auch dieses Schieds- geriht beim Reichsgeriht if vollständig unabhängig.

Bon einer Seite ist angeregt worden, und ih glaube, seitens der Postverwaltung is dagegen nihts einzuwenden, daß statt drei hinein- gesezt werden fünf Richter. Jh kann aber Herrn Rickert do ent- gegenhalten: nah dem, was die Herren Bassermann und Singer aus- geführt haben und was au von der rechten Seite hervorgehoben ift, kommen wir hier in der That das können Sie nicht bestreiten auf den Prozeßweg. Die Sache vershleppt ih auf Jahre, während die Reichs-Postverwaltung den Wunsch haben muß, sie fo bald als möglih abzuklären. Wir haben mit dem Inkrafttreten des neuen bürgerlihen Geseßbuchs überhaupt nur 4 °/ Verzugszinsen. Die Leute könnten aber mit dem Gelde viel weiter kommen, wenn sie es neu anlegen könnten, als wenn sie auf Jahre hinaus mit 4 9/0 zufrieden sein müßten. Wie gesagt, hier kommt alles darauf an, die Sache shnell abzuwickeln, aber nicht durch langwierige Prozesse auf Jahre hinauszuschieben.

Und die Anträge des Herrn Dr. Marcour, wozu führen fie? Ich stehe ja bei voller Wahrung des fiskalishen Standpunkts hier nicht als feindlicher Faktor da, sondern' als einer, der gerechte Abfindung haben will. Durch alle diese Bestimmungen abîr machen Sie mich zur feindlichen Partei, die möglihst günstig bei der Sache abschneiden will. Ich meine, das \chiedsrihterlihe Verfahren erledigt die Sacen gerecht und {nell.

Sie müssen daran festhalten, die drei Richter, nehmen Sie auh

meinetwegen fünf, des Reichsgerihts hängen mit mir gar nicht zu-

sammen, wenn Sie mi als die Verwaltung ansehen wollen, Mir wäre es viel bequemer, die Sache in langwierigen Prozessen hinzu- ziehen und gar nihts mit ihc zu thun zu haben. Sie werden von mir nit erwarten können, daß ich von dem Moment an, wo Sie den Weg beschreiten, nicht das Minimum anbiete, namentlich wenn dur Beschluß festgesetzt wird: unter das, was ih angeboten, darf der Richter nit heruntergehen. Da müßte ich von vornherein von unten an- fangen. Es ist ein großer Unterschied, ob es sih um die Enteignung eines Grundslücks z. B. handelt oder um eine Sache, die einer ge- wissen Arbitrage unterliegt. Das möchte ich auch dem Herrn Abg. Schmidt (Warburg) antworten, ohne Anerbieten nah oben fällt die Sache ins Dunkle hinein. Darin liegt, was ich {on neulich hervor- gehoben habe, das Bedenkliche seines Antrags, daß er auf den Vor- \ck&lag des. Herrn Abg. Oertel nit eingehen will, daß wenigstens als Vordersay das Limit des Antrags Marcour gilt, d. h., niht mehr als das Zehnfahe. Damit würde die Sache ein wesentlich anderes Gesicht belo-mmen.

Ih kann mich immer fiur dahin zusammenfassen, es hantelt sch hier nicht um einen Vorschlag der Negie- rung, - sondern um einen Vorshlag der Kommission, bleiben Sie bei den Beschlüssen und lassen Sie das schiedsrichterliche Verfahren, welches ih meines Erachtens auch in diesem Falle be- währen wird, bestehen.

Was nun den Antrag wegen des Geschäftsjahres bis 1. April 1899 anbelangt, so habe ih mi neulich bereits gegen den Antrag Dr. Müller (Sagan), der jeßt wieder aufgenommen ift, ausgesprochen. Fch möchte den Herrn Abg. Dr. Müller (Sagan) einmal auf einen Fall verweisen, auf eine Anstalt von draußen ih habe neulich bei meinen Ausführungen niht Berlin im Auge gehabt —, fondern eine Anstalt in ciner größeren Provinzstadt. Die betreffende Anstalt hat ihren Beamten vom 1. April 1898 ab keine Röde mehr gegeben, sondern nur Müßen. Nehmen Sie an, daß die Röôke, die sie den Leuten niht mehr gegeben haben, nur je 20 oder 30 Mark kosten. Solche Praktiken werden gerade von den kleinen Anstalten viel mehr angewendet, als in großen Verkehrsunternehmungen einer Aktiengesell- schaft. Ich muß mich daher nohmals ganz entschieden gegen das Fahr 1899 aus den verschiedensten Gründen erklären. Was nun Artikel 4 b Absatz b Zeile 4 anbetrifft, so würde meines Erachtens fein Bedenken dagegen vorliegen, ih erachtete das niht für noths wendig, weil es selbstverständlih ist, wie auch der Herr Abg, Singer neulich angeführt hat. Aber, meine Herren, wenn Sie den Beschluß aufnehmen wollen, müssen Sie niht „gleihkommendes Ge- halt“, sondern „gleihkommende Dienstbezüge“ sagen, denn cs kommen noch Wohnungsgeldzushuß und dergl. hinzu; das müssen Sie noch mit aufnehmen.

Was nun den Antrag des Herrn Abg. Kirsh anlangt, so, meine ih, hatte derselLe nur eine Bedeutung, wenn Sie das Jahr 1899 annehmen, das der Reichstag aber mit großer Majorität bereits in zweiter Lesung abgelehnt hat. Aber von dem Moment an, wo Sie den 1. April 1899 einsehen, is meines Erahtens nah dieser Richtung kein Bedenken. Ob aber die Frist mit dem jeßigen Moment oder mit dem 1. April 1900 eintritt, möchte ich ganz Ihrer Ent- scheidung überlasjen.

Abg. Kir ch erklärt, er habe seinen Antrag nur eingebraht, um jeden Zweifel in dem Punkte der Berechnung der Aus\chlußfrist zu beseitigen. In der Frage des Verfahrens sprehe er sich für den Antraa Schmidt aus.

Der Antrag Schmidt-Warburg wird abgelehnt, desgleichen der erste Une Müller-Sagan; der zweite Antrag dagegen, in dem die Äntragsteller das Wort „Gehalt“ in „DVienst- bezüge“/ verändert haben, gelangt mit großer Mehrheit zur An- nahme. Mit dieser Modifikation wird der Artikel 4 angenommen. Zu Artikel 5 nimmt das Haus die Anträge Kirsch und Hasse an, sodaß der in zweiter Lesung beschlossene Rechtsweg wieder ausgeschlossen ist und das schiedsrichterlihe Verfahren an dessen Stelle tritt. l

Der Rest des Gesehes wird nah den Beschlüssen zweiter Lesung angenommen. Die Selm mung wird aus- geseßt, bis die Zusammenstellung der Beschlüsse gedrukt vorliegt.

És folgt die dritte Berathung des Entwurfs einer Fernsprechgebührenordnung.

Das Haus tritt sofort in die Spezialdebatte ein.

Nach § 8a. soll für Anschlüsse, welhe nur während eines Theiles des Jahres benußt werden, für jede angefangene Woche der 50. Theil der Bauschgebühr, für jede Woche der übrigen Zeit des Jahres der 50. Theil der Grundgebühr er- hoben werden.

Auf Antrag des Abg. Dr. Arendt (Np.), für welchen sich auch der Direktor im RNeichs-Postamt Sydow ausspricht, wird beschlossen, statt der Worte „welche nur während eines

Theiles des Jahres benußt werden“ zu segen: „welhe nah vorheriger Ankündigung während mindestens acht auf einander folgender Wochen niht benußt werden“. Jm übrigen bleibt der Entwurf unverändert und wird sofort auch im Ganzen endgültig angenommer#

Darauf wird die Vertagung beschlossen.

Abg. Rickert kündigt an, daß er in den näthsten Tagen beantragen werde, außerhalb der Reihenfolge der Jnitiativanträge den Antrag der Nationalliberalen auf Aufhebung des Koalitions- verbots für Vereine auf die Tagesordnung zu seßen, und fragt den Nen welchen Tag er eventuell für den geeigneten halten wurde.

Präsident Graf von Ballestrem: Wenn Herr Rickert seiner. Turouns eine praktishe Folge geben wird, werde ih dazu Stellung neymen.

Schluß nach 5 Uhr. Nächste A Donnerstag 1 Uhr (Gesammtabstimmnng über das Postgeseß ; Gewerbe- ordnungsnovelle).

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 21. d. M. gestellt 16515, nit reht- z¿cttig gefteUt keine Wagen.

__ In Oberschlesien sind am 21. d, M. geftellt 6238, nit reht- zeitig gestellt keine Wagen.

_ Berlin, 21. November. Marktpreise nah Ermittelungen des Königlichen Polizet-Präsidiums. (Höchste und niedrigste Preise.) Per Doppel-Ztr. für: *Weizen 15,00 4; 13,90 4 *Roggen 14,40 Æ; 13,50 “Futtergerste 14,00 4; 13,00 ( Hafer, gute Sorté 15,20 M; 14,50 (A Mittel-Sorte 1440 M; 13,70 M geringe Sorte 13,60 4; 13,00 A Mos 4,00 M; 3,66 M Heu 7,00, M1; 4,20 M **Erbsen, gelbe, zum Kochen 40,00 6; 25,00 M. **Speisebohnen, wee 50,00 M; 25,00 A6 infen 70,00 4; 30,00 4 Kartoffeln 7,00 M; 5,00 M. ‘Rindfleish von der Keule 1 kg 1,60 4; 1,20 dito Bauchfleisch i kz 1,20 4; 1,00 M -—- Schweinefle 1d 1 kg 1,60 A; 1,10 A Ralbfleish 1 kg 1,80 1; 1,00 4 Hammelfleish 1 kg 1,60 4; 1.00. A Butter 1 kg 2,80 4; 2,00 6 Eier 60 Stüd 5,60 M6; 2,80 A6 Sai 1 kg 2,20 M; 1,20 M Aale 1 kg 2,80 M; 1,20 M Zander 1 kg 2,50 6; 1,00 M Hechte 1 Ir 1,80 M; 1,00 6 Barsche 1 kg 1,60 4; 0,80 A Shlete i kg 2,80 M; 1,20 M Bleie 1 kg 1,20 4; 0,80 M Krebfe 60 Stück 12,00 4; 3,00 M

* (Ermittelt pro Tonne von der Zentralstelle der preußischen Lands wirthsGaftskammern Notierungsstelle und umgerehnet vom Pu Be für den Doppelzentner,

** Sreinhandelsyreise.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Shlahtviehmarkt vom 21. November. Zum Verkauf standen : 152 Rinder, 1528 Kälber, 628 Schafe, 8858 Schweine. Markt- preise nah den Ermittelungen der Preisfestse lnge-Femm os: Bezahlt wurden für 100 Pfund oder 50 kg Schla tgewiht in Mark (bezw. für 1 L brte S Bl20h Für R inder: Ofen: 1) vollfleishig, ausgemästet, höchsten Schla twerths, höchstens 7 Jahre alt, bis —; 9) junge fleischige, niht ausgemästete und ältere ausgemästete bis —; 3) mäßig genährte junge und gut genährte ältere —' bis —; 4) gering genährte jedes Alters bis —. Bullen: 1) voll- Fa ige, höchsten Schlachtwerths bis —; 2) mäßig genährte üngere und gut genährte ältere bis —; 3) gering genährte 50 bis 53. Färsen und Kühe: 1) a. vollfleishige, ausgemästete Färsen höchsten Schlahtwerths bis —; bþ, vollfleishige, aus8- gemästete Kühe höchsten Schlachtwerths, böstens 7. JUbre alk bis —; 9) ältere ausgemästete Kühe und weniger gut ents widelte jüngere bis —; 3) mäßig genährte Färsen und Kühe 51 bis 53; 4) gering genährte Färsen und Kühe 48 bis 50. Kälber: 1) feinste Mastkälber (Vollmilchmast) und beste Saugkälber 80 bis 82; 2 mittlere Mastkälber und gute Saugkälber 74 bis 78; 3) geringe

augkälber 60 bis 66 ; 4) ältere gering genährte Kälber (Prefser) 46 bis 48. Schafe: 1) Mastlämmer und jüngere Masthamme 62 bis 65; 2) ältere Bens 54 bis 58; 3) mäßig genährte

ammel und Schafe (Merzschafe) 46 bis 52; 4) Holsteiner 2 iederungs8- chafe bis —, auch pro 100 Pfund Lebendgewiht bis Schweine: Man zahlte für 100 Pfund lebend (oder 50 K mit 20 °/6 Tara-Abzug: 1) vollfleischige, kernige Schweine feinerer Nafsen und deren Kreuzungen, höchstens 14 Jahr alt: a. bis 50; b. (Käser) his —; 2) fleishige Schweine 48 bis 49; gering entwidelte 45 bis 47; Sauen 44 bis 45 M

Spiritu3marki in Berlin am 21. November. Spiritus Toko ohne Fa5 bei 70 A Abgade wurde, der „Berl, Börf.-Ztg.“ zufolge, von der Ke-amaklern zu 47,3 4, bei 50 4 Abgabe zu —,— e gehandelt. Umsay 10 000 1.

Für das am 31. August d. J. zu Ende gegangene 19. Betriebs- jahr der Frankfurter Bierbrauerei-Gesellscaft (vorm. Heinrih Henninger u. Söhne) zu Frankfurt a. M., wird im Ge- \chäftsberiht ein Reingewinn von 466 341,84 A nachgewiesen und vorgeschlagen, 24 9% weitere Dividende mit 77 500 # auf das ganze Aktienkapital zu vertheilen.

Königsberg i. Pr., 21. November. (W.T. B.) Getreidemarkt. Weizen unverändert, E unverändert, do. loko pr. 2000 Pfd. Zoll- gewiht —,—. Gerste, kleine inländishe böher. Hafer unverändert, do. loko pr. 2000 Pfd. Zollgewiht 112—124,00. Weiße Erbsen pr. 2000 Pfd. Zollgerwiht 125,00, Spiritus pr. 100 1 100 9%% loko notizlos.

Danzig, 21. November. (W. T. B.) Getreidemarkt. Weizen lofo unverändert. Umsay 300 #. do. inländischer bochbunt und wei 135—148, do. inländ. hellbunt 135,00, do. Transit hohbunt und weiß 112,00, do. bellbunt 108,00, do. Termin zu freiem Verkehr pr. Sept. —,—, do. Transit pr. August —, Regulierungspreis zu freiem Verkehr —,—. Roggen loko unverändert, inländ. 136 50, do. russischer und polniser zum Transit 102,00, do. Termin pr. Auguft —,—, do. Termin Transit pr. August —, do. Regulierungsprets zum freien Ver- kehr —,—. Gerste, große (660—700 g) 119—132. Gerste, kleine (6825—660 g) 116,00. Hafer, inländisher 115—116. Erbsen, inländ. 123,00. Sviritus loko kontingentiert —,—, nicht kontingentiert

Breslau, 21. November. (W. T. B.) S&luß-Kurse. S@lef. 34 0/0 L.-Pfdhr. Litt. À. 9,75, Breslauer Ditfontobank 118,15, Breslauer Wechslerbank 107,00, Swhlesisher Bankvercin 145,00, Bretlauer Spritfabrik 173,50, Dounersmark 221,25, Kattowiger 218,60, Obers(lef. Eis. 126,75, Caro Hegenscheidt Aft, 178,50 Oberibles. Koks 167,25. Oberjchles. P.-Z. 183,50, Opp. Zeme 190,25, Stesel Zem. 186 50, L.-Ind. Kramfta 160,29, Schle}. Zement 238,50, S1. Zinkh.-A. 342,00, Laurahütte 252,90, Bresl. ODelfadr. 84 00, Fofks-Obligat. 98,75, Niederihles. elektr. und Kleindahn« etelidaft 80,50, Gellutoje Feldmühle Kosel 169,50, Shleßisde Elettrizitäts- und Ga8geselisaft —,—, Oberschlesische Bankaktien 116,03, Emaillierwerke „Silesia“ 154,50,

Magdeburg, 21. November. (W, T, B.) ZutTerdericht. Kornzucker erkl. 8809/9 Rendement 9,95—10,05. Nachprodutte exkl. 7609/0 MRenbvement 8,10—8,25. Ruhig. Brotraffinade 1. 23,50, Brotraffinade 11. 23,256 Gem. Raffinade mit Fa 23,37§— 24,00. Feu, Melis 1. init Faß 22,623. Ruhig. Mohbzucker I. Produkt Transito f. a. B. Hawburg vr. November 9,124 Gd., 9,15 Br., r Dezember 9,174 Gd,, 9,20 Br., pr. Januar-März 9,374 Gd., 424 Br., yr. März 9,45 Gd., 9,50 Br.,, pr, Mai 9,574 dezs

9,60 Br. Nuhiger.