1899 / 278 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Nov 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Nachrichten

über den Stand der Herbstsaaten um die Mitte des Monats November 1899,

Zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt.

Um die Mitte des Monats November war der Stand der Staaten Saaten Nr. 1 sehr gut, Nr. 2 gut, Nr. 3 mittelgut, Nr. 4 \{lecht, Nr. 5 sehr hlecht.

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Landestheil Winter-

Weizen. Spelz.

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Um die Mitte des Monats November war der Stand der

Saaten Nr. 1 sehr gut, Nr. 2 gut, Nr. 3 mittelgut, Nr, 4 \{lecht, Nr. 5 sehr {hleckcht.

Winter- Weizen. Spelz.

Junger Klee. Noggen.

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Die verhältnißmäßig warme Witterung in den leßten Tagen des Oktober und in der ersten Hälfte des November mit hin und wieder, namentlich gegen Ende der Berichtsperiode, erfolgten Niedershlägen ließ die Bestellung der Felder gut von statten gehn. Bei dem warmen und hinreichend feuchten Wetter sind tie Saaten shnell aufgegangen und haben #sich gut entwickelt, und zwar niht nur die frühen, sondern auch die späten Saaten.

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Roggen und Spelz baben ihre Note gegen den Vormonat etwas verbessert, Weizen die seine behauptet. Doch werden in den Berichten öfter bei Roggen als bei Weizen Klagen laut über Mäuseschaden, Schneckenfraß, dünnes Aufgehen. Die Mäuseplage zeigt si vereinzelt überall, in \örender Weise in einer sehr großen Aazahl von Bezirken,

Deutscher Reichstag. 107. Sißung vom 23. November 1899, 1 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung.

Ueber den Anfang der Sitzung wurde in der gestrigen Nummer des Blattes berichtet.

Ein Antrag der Abgg. Bebel und Genossen (Soz.) will dem § 33 der Gewerbeordnung folgende Zusäße gegeben wissen:

„Gast- und Scankwirthe, die an tinem und demselben Orte ibr Gewerbe betreiben, dürfen in Bezug auf die Veranstaltung von öffentlichen Lustbarkeiten (Tanzvergnügen) niht ungleih behandelt werden.“

„Wird füc den Betrieb des Gast- und Schankgewerbes eine Polizeistunde festgeseyt, so muß dieselbe für sämmtliche Gast- und Schankwirthschaften desselben Ortes die gleiche sein.“

Abg. Pfannkuch (Soz.) behauptet, man wolle der sozial- demokratishen Agitation entgegentreten, intem man ten Gaftwirthen, welche ibre Lokalitäten für Versammlungen der Sozialdemokraten bergäben, die Erlaubniß zur Abhaltung von Tanzlustbarkeiten entziehe oder versage, oder iodem man sie auf Polizeiftunde seße, sie alfo im Konkurrenzkampf direkt zu s{hädigen suche. Eire neue Form der Drangsalierung sei die, daß man den Schluß der Versammlungen in sol&en Lokalen er,winge, fobald die für das Lokal als Schankwirthschaît festgeseßte Polizeistunde eirgetreten sei Diese Zustände zu beseitigen, sei der Zweck des Antrags, der in der Kom- mission leider feine Gegenliebe gefunden habe. Man habe in der Kommission geltend gemacht, daß die lokalen Bedürfnisse absolut nicht auf diesem Wege der shablonenhaften Gleihwacerei befriedigt werden könnten. Das geständen die Sozialdemokraten gerne zu, wollten aber, daß die Gleihheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz

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in größerem Umfang mit beträ&tlihem Schaden besonders in den beiden Mecklenburg und den Regierungsbezirken Stralsund und Hildes- heim. Der Stand des Spelzes wird in denjeniçcen Gebieten, in denen sein Anbau eine größere Rolle spielt, sehr günstig beurtheilt.

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__ Mebr noh als der Winterfruht schaden die Mäuße dem jungen Klee. Vielerorts bat auch durch die anhaltende Dürre im Sommer oder später durch Lagerfrucht der Klee gelitten. Mehrfah sind deß- balb {hon Kleeshläzge umgebrohen worden und werden siher noch viele umgeadckert werden müssen. Für nidt weniger als 22 der in der Tabelle aufgezählten Staaten und Landestheile li-gen die Noten zwischen mittel und {chlecht, für zwei, für den Negierungsbezirk Stral- sund und für Mecklenburg- Shwerin sogar zwischen s{hlecht und fehr

auch hier dur&geführt werde und die sozialdemokratishen Gastwirthe niht von der Willkür der Polizeibehörden abbängig sein soliten.

Abg. Dr. Müller -Sagan (fr. Volksp.) spriht fih ¡um erften Tbeil des Antrags zustimmend aus, hat aber gegen den zweiten e gewisse Bedenken, besonders wegen der fogenannten Animier- neipen,

Abg. Jacobskötter (d. kons): Die Kommission hat sich auf das Eingebendste mit diesen Arträgen beschäftigt, konnte si aber nicht überzeugen, daß die von den Antragstellern hervorgebobenen Uebelstände auf diesem Wege zu beseitigen sind. Es bestebt dech unter den Lokalen selbst ein ganz gewaltiger Unterschied, ter die gleich mäßige Polizeistunde ohne weiteres ausschließt Es läßt si im öffentlichen Interesse gewissen Lokalen nicht dieselbe Freiheit gestatten, wie den anderen. Die hervorgetretenen Mißstände sind auh rit erbeblih.

Abg. Bebel (Soz.): weist auf die Verbandlzngen des im leyten Juni stattgehabten Gastwirthetages ¡u Dreéden hin, wo allseitig das Verhalten der Polizeibebörten scharf tritisiert worden fei, Gegen den Unfug in den Animierkneipen habe die Polizei Handhaben genug, namentlich au ausdem § 53, we|cher von der Zu1 ücknahme der Erlaubniß handele. In den Arbeitervierteln werde für die kleinen Wirthschaften, in welchen die Arbeiter verkebrten, besorders in Berlin, eine viel Uhbere Polizeistunde turchgeführt, als in ten anderen Theilen der

tadt.

Aba. Zubeil (Soz.) bittet, unter Hinweis auf einen Fall in Adlerthof, wo ein Gastwirth in 4 Jahren 35 Anklagen bekommen habe, um Annahme des Antrags.

Aba. von Salisch (d. kons.): Ich lasse ganz dabingestellt, ob folhe Fâle ungered ter Behandlurg ih beweisen laffen. Die An- nabme des Antrags aber würde eine allgemeine Hinauéschiebung der Polizeistunde sein, und das könren wir nicht wünschen. Das Be- dürfniß läßt sih béchstens für einige große Städte rechtfertigen, aber nit für die Allgemeinbeit. Daher i auch ti: Berufung auf die Meittelstandépolitifk hinfällig.

Abg. Dr. Hitze (Zentr.): Herr Bebel eint sich die Kon- sequenzen feines Antrags nicht klar gemacht zu haben. Sollen auhch

\chlecht. Mittel- und Süddeutschland, mit Auênahme Württembergs, weisen einen Stand zwischen mittel und gut auf. Die Note für das Reich hat sih gegen den Vormonat noch etwas verschlechtert.

In der nebenstehenden Tabelle bedeutet ein Strich (—), daß die betreFende Frut garnicht oder nur wenig angebaut ift, ein Punkt (.), daß Angaben fehlen oder nicht vollständig gemacht find. Ä

Die Saatenstandsnoten sind bei jeder Fruchtart unter Berüdck- sichtigung der Anbauflähe und des Ertrags berehnet worden.

Berlin, den 24. November 1899,

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Bahnhofsrestaurationen der Polizeistunde unterworfen fin ? Zu einer allgemeinen Zurücrückung der Pclizeistunde können wir uns racht enk- ließen. |

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vag.): So sympathisch uns die Ten- denz des Antrags ist, wir können ihm in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Es herrschen ja theilweise in diesen Punkten bedenkliche Zustände. Daß in eincm kleinen Dorf mit zwei Krügen der zweile Krüger am Sonntagnachmittag auch die Tanzerlaubniß haben soll, wenn der erste sie hat, ist hon deswegen nicht zu billigen, weil für diese doppelte Tanzlustbarkeit das Merschermaterial dort garnidt genügt. Die Gefahr mit den Arimierkneipen ist ebensowenig il! unte:shäten. Sie würden \{ließlich mit Ihrem Antrag den Gaft- wirthsverkehr den Hotelbesitzern zuführen. Mindestens müßte bis zur dritten Lesung eine andere Form für den Antrag gefunden werden.

Geheimer Regierunesrath im Reichs-Amt des Innern Werner: Die Ausführungen des Abg. Pfannkuch bezieben sich auf Mißstände, welche dur die Annabme des Antrags nit beseitigt werden. Sf wollen Gleihheit der Bedingungen für die Grlaubniß von 22 luftbarkeiten und für die Polizeistunde. Wenn ein Wirtb einen arosen Festsaal gebaut hat, so liegt die Sache doch anders als für einen Wirtd, der bloß eirige Kneipzimmer hat. Ih will mi bloß gegen t1Æ mißverständlihe Auffassung des Antrags verwahren. Sie gier gerchte Behandlung der Goast- und Schankwirtb? : d : brauchen wir aber nicht ins Geseg zu s{reiben. Die Polizei hat fee Paschafunktionen, sie hat vorgeseyte Instanzen, die vorgekommen? if gerecktigfeiten wieder abftellen. Die Gleichheit der Polizeistunde L praktis undurchfühtbar. Daß in Berlin in den eri Vierteln verschiedene Polizeistunden herrschen, finde ich dur u berechtigt Die Viertel stellen eben in si abgeschlc}: ne G dar. Der Arbeiter is gewohnt, sehr früh aufzustehen ; De 6 Vhr an im Training; soweit er sih die Freuden wirthshaft bereiten will, besucht er sie {on frü sich früh die nôthige Nachtruhe verschbaffen, Ih will

wirkliÞ harmloscs Beispiel anführen. „Siegfried* in der Oper hört und erst um 12 Uhr (98

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kommt, muß er auch Gelegenheit baben, si zu reftzurieren. (Zuruf des Abg. Stadthagen: Aker auh auf dem Gesundbrunnen wohnen Magner-Freunde!) Deswegen brauchen auf dem Gesundbrunnen die Lokale nicht ofen zu sein, denn der Gesundbrunnenmann wird fich dann in der Friedrichstadt stärken können.

Abg. Szmula (Zentr.) spriht sih mit besonderer Bezugnahme auf oberslesishe Verbältnisse und die Gefabr der Zunahme der Trunksucht gegen den Antrag aus; die Polizeiflunde müsse thunlichst beshränkt werden. | 2

Abg. Zubeil: In der Lindenstraße befänden \ih z, B. neben- einander zwei Lokale, von denen das eine zwei Stunden länger ofen halten dürfe als “das andere. Der Regierungsvertreter follte ein- mal diesen Dingen nachgeben, dann würde er zu anderen An- shauungen kommen. Nicht nur das wirth\schaftlihe Fortkommen der Gastwirthe, sondern auch das Versammlungêreckcht der Arbeiter werde dadurch verkümmert. In den Vororten Berlins sei jeßt allgemein eir dem 1. Oktober die Polizeistunde auf 10 Uhr festgeseßt. Die Trunksüchtigen rekrutierten fi®& nviht in der e aus den Arbeiterkreisen. Die Gastwirthe hätten ja den Reichstag selbst Jahr aus Jahr ein mit Petitionen überhäuft, weil dic Willkür der Polizei- stunde ibnen selbst die größten Unannebmlichkeiten bereite, ihre Kund- schaft möge politis gefärbt sein wie sie wolle.

Geheimer Regierungsrath Werner: Ich bin nicht so inforwiert über die Polizeistunde der einzelnen Lokale in der Stadt wie der Vor- redner. Wenn zwei nebeneinanvber liegende Lokale in der Lindenstraße ver- schiedene Polizeistunde baben, so kann ich uur annehmen, daß ge- wihtige Gründe für die Polizei für diese Differenzierung vorliegen. Wie foll darüber Le werden, daß nicht ungleitz verfahren wird?

Abg. Stadthagen (Soz.): In einem Falle, wo einem Gast- wirth die Polizeistunde gekürzt worden sei, weil eine Parteiversamm- lung bei ihm fstattzefunden habe, babe das Dberverwaltungsögeriht ausdrücklich erklärt, daß diese3 Verfahren den preußischen Verfassungs- grundsaß von der Gleichheit aller vor dem Gesetz verleßze. Der Abg. Pachnike seine dieses ganz übersehen zu haben. Aller- dings müsse man verlangen, daß die Eastwirthe gerecht behandelt würden. Was ter Abg. Pachnike von_ den beiden Krügern in dem kleinen Dorfe ausgeführt habe, treffe die Sache niht; man sollte sih doch hiec aus Tolchen Scheingründen nicht ver- jeiten lassen, die Gleihheit aller vor dem Geseß faktisch aus der Welt zu \chafffen. Der Kommissar verweise auf die höheren Instanzen, welde Ungerechtigkeiten wieder bescitigten. Was nüye es aber, daß der überwachende Beamte nachher refkiifiziert werde, wenn die Ver- sammlung vorher aufg-lö| sei? Deshalb verlangten die Sozial- demokraten die gleiche Festsevung für alle Lokale.

Abg. Dr. Müller-Sagan: Auch unsere Parteiversammlungen, namentlich auf dem Lande, haben unausgesezt darunter zun leiden, daß uns die Lokale durch polizeiliche Beeinflussungen abgetrieben werden. Aber auch vom Gesichtépunkt der Gerechtigkeit gegen die verschiedenen Kreise der Bevölkerung ist es nit angebracht, mit ver- shiedenem Maß zu messen. Den Kasinos, den privaten Vereinigungen und Veranstaltungen wird k-ine Schranke aufgelegt, den Arbeitern gegenüber rihtet man eine Polizeishranke nah der anderen auf, sodaß sie thatsählih unter ein Ausnahmegefey gestellt sind. Wir werden in der zweiten Lesung für den Antrag stimmen unter dem Vorbehalt, daß sich bis zur dritten Lesurg eine gceignetere Form finden wird.

Abz. Dr. Pachnicke: Wir können, wie ih wiederhole, in der gegenwärtigen Fassung für den Antrag nit stimmen. Der Wider- spruch, in dem wir uns mit der preußish?en Verfafsung b-fiaden sollen, besteht niht. Wo verschiedene Verhältnisse vorliegen, müssen fie verschieden geregelt werden. Die Fassung des ersten Theils ist Miß- verständnissen unterworfen. E3 kommt alles auf die Ausführung der Geseze, viel weniger auf die Gefeye selbst an.

Abg. Pfannkuch: Das Lokal in der Lindenstraße 108, welches bloß bis 11 Uhr Polizeistunde hatte, betrieb bis zum 1. Oftober d. J. unser Kollege Zubeil; das Lokal nebenan hat bis 1 Uhr ausgedehnte Polizeistunde. Auch Herr Pachnick: hat zugegeben, daß die Ueber- wahung der Konzession schr willkürlih ist. Wir werden mitwirken an dem Versuch, bis zur dritten Lesung“ eine bessere Fassung zu finden.

Abg. Sch midt - Warburg (Zentr.): Wir sind auc der Vetinung, daß aus politishen Gründen weder die Tanzerlaubniß zu versagen, noh die Polizeistunde zu verkürzen ist; wenn das im Antrage stände, würden wir für ihn stimmen können, aber eine folche Ergänzung möchte doch wohl nur Heiterkeit erregen. In der allgemeinen Fassung, wie er vorliegt, können wir ihn niht annehmen.

Der Antrag wird abgelehnt. Dafür stimmen die Sozial- demokraten und die anwesenden Mitglieder der beiden frei- innigen Parteien mit Ausnahme des Abg. Dr. Pachnicke.

Nach Artikel 2 sollen die Absäße 2 und 3 des Z 23 folgende neue Fassung erhalten: :

Absag 2: „Der Landesgeseßzebung bleibt vorbehalten, die fernere Benutzung best-bender und die Anlage neuer Privat- \chlächtereren in solben Orten, für welche ôöffentlich? Schlachthäuser in genügendem Maße vorhantea sind oder errichtet werden, zu untersagen“. ÄAbsay 3: „Soweit durh landetrehtlihe Vor- schriften Bestimmungen getroffen werden, wonach gewisse Anlagen oder gewisse Arten von Anlagen in einzelnen Ortstheilen garnicht oder nur unter besonderen Beschränkungen zugelaffen sind, finden dieje Bestimmurgzn auch auf Anlagen der im § 16 erwähnten Art (gewerblihe Anlagen) Anwendung“.

Auch dieser Artikel ist von der Kommission einstimmig angenommen. Das Haus acceptiert die Aenderung ohne Debatte. i E L

Artikel 3 bezweckt die Einführung der Konzessions- pflicht für Gesindevermiether und Stellenvermittler; die S8 34, 35, 38, 53, 75 sollen entsprechend abge- ändert werden. Der Eingang des Artikels 34 soll nach der Vorlage lauten: „Wer das G: schäft eines Pfandleihers, Ge- sindevermiethers oder Stellenvermittlers betreiben will, bedarf dazu der Erlaubniß.“ Ein Antrag, die Konzessionierung auch B von der Bedürfnißfrage abhängig zu machen, hat die ju timmung der Kommission nicht gefunden; ein weiterer Antrag, die Erlaubniß auch dann zu versagen, wenn That- sachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nahsuchenden oder der mit ihm in häusliher Gemeinschaft lebenden Per- sonen in Bezug auf den Gewerbebetrieb darthun, ist in der ersien Lesung der Kommission ang: nommen, in der zweiten aber wieder beseitigt worden.

Abg. Fischbeck (fr. Volksp.): Der politishe Zweck dieser Vor- {läge ift eingestandenermaßen der, zur Beseitigung der Leutenoth in Ostelbien beizutragen ; das haben die Vertreter der preußishen Nezie- rung bei den bezüglichen Verbandlungen im preußisden Abgeordneten- hause ofen auszesprohen. Was wir j-t ina den Motiven finden, be- rührt diesen Gesichtspunkt garnicht; wir fönnen aber überzeuat sein, daß der Wunsch, den Herren Agrariern wieder eirmal ein gutes Stück entgegen zu kommen, ausshlaggebend gewesen is. Wir fkönren unferecseits niht dafür sein, auf einem Umweg und durch eine Hintertbür solche Bestimmungen zum Gefey zu erheben, welche bloß etne Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeiter bezwecken. Man will mit diesem Mittel nur die Arbeitér verhindern, sihch bessere Arbeits- und Lebensbe- dingungen aufzusuchen; dafüc sind wir niht zu haben, und fo be- antragen wir die Streichung dieser neuen Bestimmungen. i

Abg. Bebel: Aus denselben Gründen find auz wir gegen diese Ausdehnung der Konzessionsx flit. Mißbräute sind unleugbar vor-

anden, und wir wollen gern an deren Beseitigung mitwirken, aber der vorgeshlagene Weg behagt uns riht Schon in der Kommission

von uns geltend gemacht worden, daß diese neue Bestimmung auch au?gedebnt werden fönnte auf gem-innüßige Arbeitsnahweise, welche von gewerkshaftlichen Genossenschaften eingerihtet werden und in denen befoldete Beamte fungieren, Auf die beruhigende Erklärvng u Buntesrathsvortreter hat die Kommission unsern bezüglichen An- rag abgelehnt. Diese Erklärung wird hoffentlih wiederholt werden.

Abg. Bassermann (nl.): Die Kommission war einstimmig der Ansicht, daß solhe niht auf Erwerb ztelende Arbeitsnachweise niht von dieser Bestimmung sollten getroffen werden. Die Kom- mission hat sih niht aus Rücksiht auf die Leutenoth, sondern aus den in der Vorlage entwickelten Motiven von der Nothwendigkeit dieser Maßregel überzeugt, und meine Fraktion \teht auf demselben Standpunkte. Wird die Zahl der Stellenvermittler vermindert, so würde do die JInanspruhnahme der Arbeitsnahweise wasen, und das müßte doch auch Herrn Bebel angenehm sein. Es ist uns nachge- wiesen, daß die gewerbsmäßige Stellenvermittlung den Stellung- suhenden weit weniger als den Stellenvermittlern zum Vortheil ge- reiht, namentli soweit es fich um weiblihe Stellungsuchende handelt. Auch der Prozentsaß der Bestrafung der Stellenvermittler ift ein unverbältnißmäßig bober. Aus diesen Gründen empfehlen wir die Einführung der Konzessionspflicht.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Um die Debatte abzukürzen, erkläre ih hiermit ausdrücklich, daß selbft besoldete Beamte von Berufsvereinen, Gewerbe- vereinen u. \. w., die den Arbeitsnahweis für solhe Vereine zu ver- walten hätten, nicht unter diese Bestimmung fallen könnten, soweit sie nicht unter die Gewerbeordnung überhaupt fallen; ich werde dafür sorgen, daß in der Ausführungsverordnung zu der Novelle diese meine Erklärung für die Handhabung seitens der Behörden vollkommen zum Ausdruck kommt, (Bravo! rechts.)

Abg. Hod (Soz.) spricht si gegen die Bestimmungen aus.

Abg. Roesticke - Dessau (b. k. F.) hält den Vorschlag der Vor- lage ebenfalls für unberechtigt und fpriht sih für die Streichung nah dem Antrag Fishbeck aus. Redner verbreitet fich dann über die Arbeitsnahweise, sowie über seinen Jnittativantrag, betreffend die Organisation der Arbeitsvermitteluyg, und hofft, daß auf dem Wege der Verallgemeinerung der paritätishen Arbeitsrachweise ein Fortschritt in der Richtung ersprießliher Förderung der Arbeitóvermittelung und Beseiti- pa der gewerbêsmäßigen Stellentermittelung werde gemacht werden,

pricht aber sein Bedauern darüber aus, daß nicht übzrall von den Behörden die bezüglichen ministeriellen Verfügungen beachtet würden. So habe, wie Redner behauptet, im Kreise Glogau der Landrath von einer solhen paritätishen Gestaltung nihts wissen wollen.

Abg. Dr. Hie: Die Mißstände in der bisherigen ODcdnung dieser Angelegenheit sind fo {rof hervorgetreten und so oft erörtert worden, daß man darauf niht zurückzukommen braucht. Im Gast- wirths-, im Schlächtergewerbe und in anderen Betrieben ist die gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung vielfa auêsgeartet. Die Kommission glauvte gerade in diesem Punkt ein gutes Stück Arbeit gethan zu haben, indem sie den Vorschlag der verbündeten Regierungen annahm.

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Es sei ja mehrfach nachgewiesen worden, daß Arbeitsuhende von den Stellenvermittlern aufs sck{am- loseste ausgebeutet worden seien, dagegen aber biete die Konzessionierung niht den allergeringsten Shuß. Nach den Ausführungen des preußt- en Landwirthschaîts-Ministers solle es sih doch thatsächlich um eine Maßregel zur Abhilfe der Leutenoth handeln. Hier solle also nicht das Wobl der Arbeiter gefördert, sondern den Agrartern erleichtert werden, fh biliges Arbeitermatertal zu verschaffen.

Abg. von Salisch: Mit folhen Argumenten kann man jede sozialpolitishe Maßnahme, jeden gesunden Fortschritt als verfehlt bekämpfen. Hat nicht der Arbeitec das allergrößte Interesse daran, daß er in eine Stelle gelangt, die ex auch auszufüllen vermag? Die vorgeshlagene Maßregel liegt mithin weit mehr im Interesse der Arbeitnehmer.

Abg. Molkenbuhr: Die Motive führten vor, daß zahlreiche Stellenvermittler die Konzession nicht erhalten haben würden, wenn die Konzessionspfliht son bestände. Es sei aber nicht nahgewiesen worden, daß es gerade diese seien, welhe durch ihr Geshäftsgebahren die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer besonders geshädigt hätten. Schon vor Jabr und Tag habe man dcch ofen im preußischen Land- tage erklärt, daß man dur die Konzessionierung der Stellenvermittler die ländlichen Arbeiter mehr auf dem Lande zurückzuhalten hoffe.

_Untec Ablehnung des Antrags Fishbeck wird § 834, Absay 1 in der neuen Fassung mit großer Mehrheit an- O Mit der Minderheit stimmen auch einige National- liberale.

Jn § 34 soll außerdem nach der Vorlage der play 2 folgende Fassung erhalten: „Die Bestimmungen über das Pfandleihgewerbe gelten auch für den gewerbsmäßigen Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rükkaufsrehts sowie für die gewerbsmäßige Pfandvermittelung.““ Diese Bestim- mung wird unverändert angenommen, nahdem auf Anfrage des Aba. Pfannkuch der Geheime Regierungsrath Werner erklärt hat, daß „Boten“ unter die leßtgenannte Bestimmung nicht fallen. : : :

S 35 zählt die Gewerbebetriebe auf, welhe zwar keiner Konzession bedürfen, aber untersagt werden können, „wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbe- treibenden in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb darthun“. Die Gesindevermiether und Stellenvermittler unterstanden bisher ebenfalls di: ser Bestimmung; beide Kategorien scheiden hier jeßt aus. Die Kommission hat in diesen Paragraphen die Auskunfteien und die Privatdetektios neu aufgenommen.

Abg. Bebel wünshr eine Klarsteluna darüber, ob auch die Auskunftsertheilung über rehtliche Verhä!tnisse, wie sie von Zeitungen und von Arbeiter-Sekretariaten geübt werde, unter diese neue Be- stimmung falle oder nit.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Gegenüber den leßten Ausführungen mödte ih bemerken, daß selbstverständlih so!che Auskunfteien nur daun unter die Vorschriften der Novelle fallen würden, wenn si: aewerbsmäßtg bitrieben werden; find sie das nicht, werden sie n iht unter die Vor- schrift der Novelle fallen. Aber das werden Sie zugeben, daß folche Avskunfteien, wenn sie gewerbsmäßiz betrieben werden, geseßlih mit einer gewissen Vorsicht zu behandein sind; dern werden solche Aus- kfunfteten gewerbêsmäßig betrieben von Personen, die vielleiht unlautere Nebenzwecke damit verfolgen, so liegt allerdings eine fol emtnente Gefahr vor für diejenigen Personen, über die gebeime Auskunft ertheilt wird und welche von di:ser Autkunft nihts erfahren, daß wir gut thun diese Betriete ebenso zu behandeln wie die sogenannten Detektiv- institute.

Abg. Bebel: Diese Auékunft befriedigt mih keineswegs, macht mich vielmehr noch bedenklicher. Es ift einem Parteigerossen in Nürnberg vorgekommen, daß er vom Gericht, wo er eine Vertretung für einen Arbeiter übernommen hatte, zurückgewiesen würde aus dem Grunde, weil er die Sache gewerbsmäßig betreibe.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner:

Meine Herren! Was wir treffen wollen, darüber ist, glaube i, im ganzen Haus kein Zweifel. Der Herr Abg. Bebel unterscheidet zwei wichtige Begriffe niht: es kann etwas gefchäftsmäßig be- trieben werden, es brauht aber deshalb nicht gewerbsmäßig be- trieben zu werden; leßteres seht die Absiht voraus, damit einen Gewinn zu erzielen (sehr ricktig) und auch für den einzelnen Fall entlohnt zu werden. Nur diesen Fall wollen wir treffen. Wenn aber jemand geshästsmäßig aus humaritären, aus soztalpolitischen Gründen sol%e Auskunft ertheilt, fällt er nicht unter die Be-

stimmungen der Gewerbeordnung. Diese Auékanft ift, glaube ih, ebenso fonzis wie klar, sodaß Herr Abg. Bebel beruhigt sein kanvo.

Abg. Roesicke- Defsau ist aus den vom Abg. Bebel entwidckelten Beladen e ‘as Streichung der gewerbsmäßigen Auskunftsertheilung aus dem è

Atg. Dr. Higte vertheidigt den Kommissionsbeschluß.

Abg. Dr. Müller - Sagan: Den Auskunfteien kann es dohch passiren, daß sie auch beim beften Willen unrihtig- Auskünfte geben. Soll ihnen dann sofort der Gewerbetrieb entzogen werden ? Wir Fönnen uns angesihts folher Unklarheitzn nicht für diesen Kom- missionsbeschluß erklären.

Gebeimer Regierungsrath Werner: Diese Besorgniß ist unbegründet In jedem derartigen Falle wird die Behörde genau zu prüfen baben,. wie weit Verschulden oder Fah: lässigkeit vorliegt, oder aber ob die Sache aus anderen Gesichtspunkten zu beurtheilen ift.

Abg. Bebel: Ich hebe hervor, daß diese neue Vorschrift sich in der Vorlage überhaupt niht befindet. Einem Parteigenossen in Oberschlesien ift durch die Behörde auf diefem Gebiet sehr Übel mit- gespielt worden.

Die neue Fassung des § 35, Absay 3 wird mit großer Mehrheit unverändert angenommen.

Der bestehende § 38 statuiert die Befugniß der Landes- Q, über die Rechte und Pflichten und über den

eshäftsbetrieb der konzessionspflihtigen Gewerbe Vorschriften zu erlassen. Diese Befugniß soll auch gegenüber den Gesinde- vermittlern und Stellenvermittlern, sowie gegenüber den Aufktionatoren Plaß greifen. Die Kommission hat dem zu- estimmt und außerdem folgenden Zusaß beschlossen: „Jns- esondere kann den Gesindevermittlern und Stellenvermittlern die Ausübung des Gewerbes im Umherziehen, sowie die gleich- zeitige Ausübung des Gast- und Schankwirthschaftsgewerbes beshränkt oder ganz untersagt werden.“

Abg Fischbeck beantragt, die Woite „die Ausübung des Gewerbebetriebs im Umherziehen, sowie“ zu streihen. Es liege bier ein rein agrarisches Motiv zu Grunde. Wenn der Stellenvermittler auf dem Lande von seinem Gewerbe als seßhaftem Betrieb nicht leben könne, müsse er ih dazu entschließen, es im Umherziehen zu betreiben. Es möge ja für den Arbeitgeber unangenehm sein, wenn ein \olher Gesindevermiether in ein Dorf komme und das Gesinde wisse, daß es Gelegenheit habe, sh jeßt anderweit zu rermiethen; aber man mathe die Geseze doh niht nur für den Axbeitgeber, sondern auh für den Arbeiter. Das für letztere so wichtig? Recht der Freizügigkeit würde dur die Bestimmung auf diesem Gebiet einfach außer Kraft geseßt werden.

Abg. Dr. Oertel» Sachsen (d. kons.): Die Herren von der Linken und äußerstea Linken führen heute wiederholt das Argument vor, daß gewisse Bestimmungen erst von der Kommission aufgenommen und dethalb nickcht ernst zu nehmen seien. Ich bestreite, daß der in Rede stehende Zusaß di? Arbeitgeber einseitig begünstige. Die Leute- noth ist kein agrari\ches Phantom, das werden auch die freisinnigen Landwiithe, soweit es solhe noh giebt, Herrn Fischbeck bestätigen. Es wird auch für die länblihen Arbeiter sein Gutes haben, wenn unzuverlässige Elemente von der Stell-nvermittlung auf diefem Wege ferngehalten werdin. Nedner führt ein die Nothwendigkeit der Be- stimmung drastish illustrierendes Beispiel an und bittet um Annahme des Zusatzes.

Abg. Fischbeck: Ich hakte keineswegs davon gesprohen, daß dieser Zusaß nicht ernst zu nehmen sei, weil er von der Kommiision berrühre. Ich hab? auf die Erklärung im preußischen Abgeordneten- hause bingewtesen und von dieser hat Herr Oertel nichts hinweg diëpu- tieren fönnen.

Abg. von Kardorff (Rv.): Ih gehöre niht zu den Gegnern des Hauskiergewerbes; dieses ift eine Nothwendigkeit für das platte Land. Aber hir sichtlih des Stellenvermittelungshausierens liegt die Sade anders. Nicht der Großgrundbesizer, sondern die bäuerliche Bevölkerung will diesen Haußerbetrieb nicht. Es wird ein unglaub- liher Unfog mit diesem Hausiergewerbe getrieben; den Arbeitern werden die lügnerishsten Vorspiegelungen gemacht, und diese tragen allerdings sehr zur Verschärfung der Leutenoth bei.

Aby. Dr. Oertel- Sachsen: Herr Hiße war der Erste, der fie beantragt hat, aber ein Agrarier ist er gewiß nit.

Abga. Dr. Hie: Ich beantragte dies in erster Linie nit aus agrarischem Interesse, sondern im Interesse der armen Arbeiter. Tas gute Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitern darf dur solche ¡weifelhaften Subjekte, die nur an ihren Geldsack denken, nit ver- bittert werden.

Der § 38 wird ‘in der von der Kommission beschlossenen Fassung unter Ablehnung des Antrags Fischbeck unverändert angenommen. : i O

Nach der neuen Fassung des § 53, Absag 3 soll für die bereits bestehenden Gewerbebetriebe von Gesindevermiethern und Stellenvermittlern die bisherige Rechtslage unverändert

bleiben. : F | S Der neue § 7öa hat in folgender Fassung die Zustim- mung der Kommission gefunden:

„Die Gesindevermiether und Stellenvermittler sind verpflichtet, das Verzeibniß der von ihnen für gewerblihe Leistangen auf- gestellten Taxen der Orts-Polizeibehörde einzureichen und in ihren Geschäftsräumen an einer in die Augen fallenden Stelle anzu- sdblaaen. Sie siad ferner verpflihtet, dem Stellesuhenden vor Ab- {luß des Vermi1t:-lung8geschäftes die für ibn zur Anwendung kommende Taxe mitzutheilen. Diese Taxen dücfen zwac jede?zeit abgeändert werden, bleiben aber so lange in Kraft, bis die ‘L6v- änderung der Polizeibehörde angezeigt und das abgeänderte Ver- zeichniß: in den Geschäftsräumen angeschlagen ift.“

Diese Bestimmungen werden ohne Debatte angenommen.

Dem Artikel 4a soll ein § 41b eingeschaltet werden, wo- nah auf Antrag von mindestens ?/; der betheiligten Geschäfts- inhaber für cine Gemeinde oder mehrere ortszusammenhängende Gemeinden durch die höhere Verwaltungsbehörde bestimmt werden kann, daß in Barbier- und Friseurgeshäften an Sonn- und Festtagen cin Geschäftsbetrieb nur so weit stattfinden darf, als eine Beschäftigung von Gesellen und Lehrlingen ge- stattet ist.

Abg. Bebel beantragt, statt dessen hinter § 41 a einzus{alten : „In Barbier- und Friseurgeschäften darf an Soan- un» Fefttagen ein Geschäftsbetrieb nur insoweit stattfinden, als eine Besbäftigung von Gehilfen und Lehrlingen gestattet ift.“

Aba. Dr. Hitze erklärt sih gegen diesen Antrag.

Gebeimer Regierungsrath Werner: Eine Durhbrehung des Prinzips der Sonntagsrube an einem Punkte hat scine großen Bedenken. És wäre besser, generel für alle Gewerbe eine solhe Bestimmung zu erlassen, wie sie di: Kommission vorshlägt. Cin Bedürfniß, die Barbier- und Friseurgeshäfte auszunehmen, liegt niht vor. Jch habe selbst eine Eaquête in Berlin veranstaltet und gefunden, daß von 50 48 Ges&täfte am Sonntag geschlossen habèn. Hier handelt es sih nur um KonkurrenzrücksiŸhten, und diesen follten wir niht allzu sehr Vorschub leisten. -

Abg. Bassermann tritt für die Kommissionsfafsung und gegen den Antrag Bebel ein. Der Kommissar habe n'cht nahzewiesen, daß die Bestimmung der Kommission Schaden anrichten würde.

Gehetmer Regierungsrath Werner: Die Vorschrist würde in die Bestimmungen der Gewerbeordnung etnen Keil cinshlagen und dafür ist kein Bedürfniß nachgewiesen.

Abg. von Sali bestreitet dies; wo so viel geschrieen werde, müsse wohl ein Schub fein, der drücke, das bewiesen die Petitionen.

Abg. Bebel: Die Ermittelungen des Kommissars beweisen

lediglih die Berechtigung der Wünsche der Barbierinnungen.