1899 / 283 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Nov 1899 18:00:01 GMT) scan diff

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Nth z Q [4-2 i J sichert, daß seitens der Rechten bevdiis Acne an-dek Abg...

Funke als Obmann der Obmänner-Konserenz der Linken “eine Einladung zur Konferenz ergangen sei, deren Zusammentritt unmittelbar bevorstehe. Wie das „Fremdenblatt““ weiter meldet, erfolgte die Aktion mit Wissen und unter vollständiger Zustimmung des Ministeriums. Die Konferenz soll unter hät E eines hervorragenden Mitglieds des Polenklubs thätig sein. j

Das ungarische Unterhaus rahm'gestern eine Vor- lage, betteffend dié der ‘heimischen Jnduslrie zu gewährenden staatlichen Vergünstigungen, ‘an.

Großbritannièn und Frlaud.

Die Königin besichtigte, wie „W. T. B.“ meldet, gestern in Windsor das Erste Garde-Grenadier-Regiment und richtete dabei den Obersten des Reaiments eine Anspraché. Allerhöchst} dieselbe gab darin: ihrer Bewunderung der glänzenden Hal- tuna der Garde-Brigade in Süd-Afrika und ihrer tiefen Trauer über vie Verluste, welhe die Brigade erlitten habe, Auzdruk. Spät:r besuchte die Königin ‘die Frauen und Familien von Leib-Gardisten und Reservisten, die sih bei den Truppen in

* Süd-Afrika bcfinden, und drückte denselben ihre Sympathie aus.

Der Staatssekretär für die Kolonien Chamberlain hielt gestern in Leicester eine Rede, in welcher er ausführte :

Der Krieg mit der Südafrikanischen Republik sei der größte, den die j:uige Generation erlebe. Großbritonnien habe tirekt vom Kriege n:Gts zu aeroinnen. W?nn der Unton Jak morgen über Transvaal und dem Oranje-Freistaat wehte, dann würde das einzige Ergebniß sein daß dort gute Verwaltung, Gerechtigkeit und Gedeihen herrsten, woran Sroßbritannten mit der ganzen zivilisierten Welt theilnehmen würde. Die au?wärtigen Kritiken, die von einem Kriege der Habsucht und der Naubgaier sprächen, kennten weder Großbritannien noch dess:n Grundsay, niemals v:funiäre Wohlthaten von seinen Kolonien zu verlangen, Groß- britannicn fämpfe für G:rechtigkeit. Freiheit, für die Achtung feierli abgeslcsener Konventionen und {ließlih, um cinem Angriff gegen die Oberhecrschast der Königin Widerstand zu leisten und um seine Stammcsangehörigen aegen Unbill und Ungerechtigkeit zu s{üßen. Man yreche von Transvaal als einem schwaBen Staat; im Auge: 6!ick, als der Krieg ausgebrochen, sei Tranévaal aber der mäâchti-ste Stzat Süd-Afrikas aecwesen. Großbritannien müsse seine Truppen 6000 eilen zur Se und dann 'noch 1500 Meilen? zu Lande befördern. Unter diefen Umständen müsse man den Kriegs8ereignissen mit Gleihmuth folgen und bereit fein, Niederlagen hinzunehmen ; Siege dürfe man nicht übertreiben, und mit festem Vertraueg müs}? man das Ende des Krieges abwarten. Die Armee in Süd-Afrika werde binnen fur:er Zeit auf 80 000, vielleicht 90 000 Mann cebrat werden. Der Redner chloß, nachdem er die Haltung und die Politik der Regierung im Eitn:clnen vertheidigt hatte: „Was die Zukunft betrifft, so werden gewisse, niht fkleinlihe Grundsäße die Haltung der Regierung be- stimmen. Die Buren haben dur ihr eigenes Vorgehen eine ganz neue Laçe geschaffen. die Xonvertionen zerrissen und uns ein un- beschrieb:nes Blatt in die Hand gegeben, auf das wir niedershreiben fönnei, was wir wollen. Jede Regierung, welhe es nochmals irt die Macht der Republiken legte, ihre Intriguen gegen die Vormacht zu erneuern, würde die Reichsinteressen verrathen. Auf beiden Stellen, im Sudan und in Süd-Afrika, hoffe ich, wird die Zukunft die Opfer rehtfertigen, welche wir bringen müssen.“

Frankreich,

Der Minister der Kolonien Decrais hat, wie „W, T. B.“ berichtet, von dem Gouverneur des französischen West-Afcika eine Depesche- erhalten, in welcher gemeldet wird, daß nah Mittheilungen von Eingeborenen, die aus Sokota gekommen seien, die Expedition Faureau-Lamy sich nah Bezini südwestlich von Aîr begebe.

In der gestrigen Sißung des Staatsgericht8ho fes wurden die Venstergitter und die mit Eisen beschlagenen F-nsterläden des „Fort Chabrol“ in den Sißungssaal ge- braht. Guérin wies darauf hir, daß dieselben nicht cine Befestigung bildeten. Der Sachverständige erkannte dies an. Der Volizei-Inspektor sagte aus, als er vor dem „Fort Chabrol“ postiert aewesen, habe ihn Guérin mit einem Kara- biner bedroht. Während der Aussage dieses Zeugen wur- den auf der Tribüne für das Publikum Protestrufe laut, worauf der Vorsißende Fallières die Tribüne räumen li: }Þ.

‘Der Angeklagte Barillier rief: „Das ist schmahvoll!“ Der

“Staatsanwalt beantragte, Barillier wegen Beleidigung zu béstrafen. Der Gerichtshof zog sich zur Berathung zurück, die öffentlihe Sißung wurde unterbrochen. Nachdem dieselbe wieder aufgenommen war, verlas der Vorsißende den in geheimer Sitzung gefaßten Beschluß, wonach der Angeklagte Barillier wegen seiner beleidigenden Aeußerung zu einem Monat Gefängniß verurtheilt wird. Dann sehte der Polizei-Jnspektor seine durh den Zwischenfall unterbrochene Zeugenaussage fort. Nach ihm wurde ein anderer Polizeibeamter vernommen, welcher aussagte, er habe ebenfalls gesehen, wie Guérin im „Fort Chabrol“ éinen Karabiner geladen habe. Nachdem Guérin hierüber weitere Erklärungen dbgegcben hatte, wurde die Sißzung geschlossen. Ftalien.

Der Bürgermeister von Rom, Senator Fürst Rus poli

ist, dem „W. T. B.“ zufolge, gestern Abend gestorbeu.,

Türkei. Der französische Admiral Fournier is, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Nachmittag an Bord der „Cosmao“ in Konstantinopel eingetroffen. C j

Serbien.

Die „Politische Correspondenz“ meldet aus Belgrad: Die Verhandlungen zwischen Serbien und der Turkei, be- treffend die Sicherung der serbish-türkishen Grenze, hätten zu cinem Uebereinkommen geführt, dessen Hauptpunkte eine beständige Ueberwachung der Grenzlinien durch gemischte A sowie die Ausrodung der Waldungen in den

renzmarken bildeten. Auf serbischer Seite sei damit bereits begonnen worden.

Afrika.

Eine Depesche des Generals Sir Redvers Buller an das Kriegsamt besagt: Lord Methuen berichtet in einem Telegramm aus Modder River vom 28, d. M., daß seine Streitmacht an diesem Tage um 5 Uhr früh vor den Stellungen des Feindes angelangt sei. Die Buren seien am Modder River stark vershanzt und hinter Vertheidigungswerken gedeckt gewesen. Da der Fluß hoch ging, sei es niht möglich gewesen, ihre Stellung zu umgehen. Der Kampf habe um 61/2 Uhr mit dem Vorrücken der Artillerie, der berittenen Jnfanterie und der Kavallerie begonnen; die Garde-Jnfanterie habe -rechts, die 9. Brigade links von der feindlihen Stellung - geftanden. Um 61/2 Uhr habe der allgemeine Angriff in weit ausgedehnter Formation mit Unterftüßung urs die Artillerie seinen Anfang ge- nommen. Die gesammte Streitzzaht der Buren in der Stärke yon 8000 Mann habe an dem Gefeht mit zwei

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Kampf sei sehr erbittert gewesen und habe zehn Stunden ge- währt. Die britishen Truppen hätten ohne Wasser und ohne Nahrung in der Sonnenhiße gekämpft und den Feind ge- wungen, seine Stellung Een, Dem General Carew ti es gelungen, eine kleine Abtheilung den Fluß überschreiten zu lassen. Lord Methuen spende allen an dem Gefecht be- theiligten Truppen und namentlich der Artillerie warmes Lob.

Das Kriegsamt veröffentliht ferner folgende Depesche des ‘„Reutershen Bureaus“ aus Pretoria, den 27. d. M.: Der General Dutoit berichte: Die Engländer hätten am : Sóönnabend“ früh einer Ausfall aus Kimb-rley ‘gemacht und in der Dunkelheit Geshüß- und Gewehrfeuer auf die Buren abgegeben, und zwar an der Stelle, wo 300 Mann des Kom- mandos von Bloemhof aufgesiëlli gewesen seien. Dec General Dutoit, der 9 Mellen entfernt gestanden habe, sei mit 100 Mann dem Kommando zu Hilfe gceilt, 9 Buren seien ge- tödtet und 17 verwundet worden;- einige würden vermißt. Dié Engländer hätten einen Gemeinen Und einen Sergeanten todt auf dem Kampfplagz zurügelassen: “Es heiße, die Engländer versuchten, Kimberlcy aüf“ der Ostseite zu verlassen, um die von Belmont heranrückenden Truppen zu unterstüßen.

Eine'weitére) aus Loure#co Märques dâtierte Depesche des „Neuter’shen Bureaus“, we.che das Kriegsamt veröffentlicht, besagt: der Kommandant Lubbe sei leiht verwundet worden. Die Engländer hätten die Eisenbahn ausgebessert. Die Frei- staatbaren seien durch - das -numerishe Uebergewicht der Gegner überwöäliigt worden. Nachdem sie bis Nachmittag waer Stand gehalten, hätten fie in eine. andere Stellung auf der anderen Seite der Eisenbahn gehen müssen. Der General -Delarey sage, es sei ihm nicht mög- lih, die Zahl der getödtetea und verwundeten Buren anzugeben, der Verlust fei aber jedenfalls niht groß. Die Buren hätten nur 4 Geschüße gegen 24 der Engländer gchabt. Wie der General Delarey hinzufüge, seien die Freistaatburen voll guten Muths. - (Das „Reuter’she Bureau“ bemerkt hierzu, diese Depesche beziche sich augenscheinlich auf den Kampf bei Belmont oder Graspan.)

Nach ‘einer weiteren offiziellen Verl ustliste betragen die britishen Verluste be: Belmont'im Ganzen: 4 Offiziere todt, 22 verwundet, 46 Mann todt und 225 verwundet.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sizung des Reichs- tages befindet sih in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (113.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. Graf von Posadowsky beiwohnte, wurde zunächst der schleunige Antrag der Abgg. Albrecht und Genossen (Ed betreffend die Einstellung des gegen den Abg. Thiele (Soz.) bei dem Amtégericht Halle s{chwebenden Privatklage- verfahrens für die Dauer der Session, ohne Debatte ange- nommen.

Darauf wurde die zweite Berathung des Gesetzent- wurfs, betreffend die Abänderung der Gewerbe- ordnung, bei dem 8 139e und dem von der Kommission N 8 139ee, welhe den Ladenschluß betreffen, ortge}est. | Sn der Debatte über diese Paragraphen, zu welchen die Abgg. Freiherr von Stumm (Rp.), Bebel, Albrecht und Genossen (Soz.) Abänderungsanträge agcstellt haben, bethei- ligten sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg, Blell (fr. Voiksp.), von Tiedemann (Np.), Münch-Ferber (nl.), Cahensly (Zentr.) und Bebel (Soz.).

Nr. 48 dec „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Ge- sundbeitzamts*“ vom 29.- Nosember hat folgenden Inhalt: Gesundheitsfiand und Gang der Volkskrankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen Pest. | Desgl. gegen Cholera. —“ Desgl. ges Pocken. Medizinal. statistishe Mittheilungen aus Baden, 1897. Desgl. aus Kopenhagen, 1898. SBesetzevung u. f. w. (Deutsches Reich.) Gewerblihe Anlagen. (Preußen. FKeg.-Bez. Oppeln.) Biehbzfördezung_ auf _Eiscubakaeu, _—_ {Neg.-B?z. Wiesbaden.) Arzneimittel. (S{warzburg- Sondershausen.) Schlachtvieb- Versicherungsanstalt. (Lübeck.) Metizinalordnung. (Oester- rei. Galizien) Fnfektiontkrankheitzn. (Ungarm) Apo- tbefer-Tarif. (Schweiz. Kanton Zürich) FIrrenvaipflezung. (Großbritannien.) Hundeeinfuhr. Sang der Thierseuhen in Dänemark, 3. Vierteljahr. Ziitweilige Maßregeln gegen Thier- seuhen. (Deutsch2s Reih, Preuß. R2g.-Gezikke Gumbinnen, Brom- berg, Arhalt, Egypten.) Vermischtes. (Deutsh28 Reich.) Kranken- versicherung, 1892/97. Volkébäder. (Bayezrn.) Tuberkulin- impfungen, 1898. (Naßlard, Kicrw.) Sanitäts-Kommission, 1898. Bevölkerukgsvorgänge in deutshen Orten mit'15000 und mehr Einwohnern, 18928. Geschenkliste. Wochzntabelle über die Sterbefälle in deutschen Orien mit 49 090 und mehr Einwohnern. Desgl. in größerzn Städten des Auslandes. Erfranfungen in Krankenhäusern deutsher Großstädte. Desgl. in deuts@Wen Stadt- und Landbezirk.n. Witterung.

Statiftik und Volkswirthschaft.

Im Ersatzjahr 1898/99 wurden für das Landheer und die Marin? im Berei der preußischen Monarchie infgesammt 151 648 Mannschaften ausgehoben. Von diesen hatten Schul- bildung in der deutshen Spraihe 151 529, nur in einer nichideutsch:n Muttersprahe 119, während 134 oder 09,99% (gegen 2,37% im Gtatéjahre 1880/81) ohne Schultildung waren.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Porzellan- und Glasmaler Berlins haben, der „Volks-Ztg.* zufolge, an die Arbeitgeber folgente Forderungen geftellt: 1) Einführung eines Minimallohns von 27 A undder 9itündigen Arbeits- zeit für alle Bötriebe : 2) für Ueberstunden im Lohn 309/95 Aufschlag, bei Accord 20 § Azëofihlag þro Stutde; 3) Abschaffung der Accord- arbeit, soweit sie ih mit der Natur des Betriebes vereinbaren läßt. Dazu kommen noch einige kleinere Forderungen, - Nach den Fest- stellungen der Lohakommission beträgt der Lohn- für Gla8- und Galanteriemaler im Durchschnitt pro Weche 20—36 4, bei den F elagmale 12,50—2) A und bei den weiblihen Hilfskräften

15. A

Aus Köln berichtet die „Frankf. Zta.“, daß der Formstecher- verband die Auésperrung der Formftecher mit der Erklärung auf- gehoben hat, die Ausgesperrten zu den früheren Bedingungen wieder zuzulassen. Dieselben lehnten jedoch das Anerbieten ab und beschlossen,

im Ausstande zu verharren (vergl. Nr. 264 d. Bl.),

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E velsb er g (Reg.-Bez. Arnsberg) ift, wie die „Rhein.- wei g.“ Mea Former-Ausstand beendet. Die Arbriter haben die Arbeit bedingungslos wieder aufgenommen.

In Rheydt (Reg.-Bez. Oüfeldo:f) ma&t sih, wie dasselbe Blatt weiter meldet, eine größere Arbeiterbewegung bemerkbar. In einer Reibe von doffcntlicen Versammlungen beschlossen zunächst die Maurer und Handwerker, sih zu organisieren und einen Stunden- lohn von 45 A zu verlangen.

Wie aus Gent be-rihiet wird, haben sch die Vertreter der -belgishen Bqumwollweber versammelt und-verlangen im Namen ibrer Auftraggeber. bon-den Fabrikanteu. die’ Festseßung eines Nocmaliarifs für sämmtliche Bauinwollwebereien des ‘Landes. Die erungen follen in den nägstea Tagen noch genauer festgestellt werden.

Den bei der Leipziger elekirishen Straßenbahn beschäftigten Führecn und Schaffnern 2c. hat, der „Lpi;. Ztg.“ zufolge, dis Direk- tion, wenigstens zu einem Theil, aus eigener Initiative die Forde- rungen ‘béwilligt, derentwegen unlängst ‘der ergebnißlose Ausstand ftatt- gefunden hat (vergl. Nr. 257 d. B.). “Es wurde ihnen eröffnet, daß der neuz Dierstplan fertig" sei, wona die * tägliche Dienstzeit der Anzestellten um “durchschäittli®) eine Stunde verkürzt werde ; ferner, daß jeder ate Tag als Nuhetag gelte und ¡war fo, daß nit, wie früher, die Angestellten au ihren freien Tagen zum Dierfte heran- gezogen werden können. Jeder achte frete T2g soll auf einen Sonntag fali-n. Die Gehbaltsfrage aber hat folgende Regelung erfahren: die Füßrec erhalten als Anfanz8gekalt monatlich 80 , nah ¿jähriger Dienstzeit -90- 4, na 2jähriger Dienstzeit 92.46 und. nah Zéjähriger Dienstzeit 100 A Die entiprehenden Zatlen stellen sich für die Scaffner auf 70, 75, 80 und 85 A Im Weiteren soll dann tas Gebalt von 3 zu 3 Jahren um je 5 pro Monat bis zum Höchstg-halt von 120 M für die Führer, vou 105 Æ für. die Schaffaer steigen, fodaß das Hohitzehalt bei beiden Bramtenkategorien nach 18 Jahren eintritt. D'e'e Regelung der, Dienst- und Getaltsverhälinifse foll mit dem 1, J-_nuar 1900 in Kraft treten „und rückwirkende Geltung infofern haben, als die zu diescm Termin beceits abgeleistete Dienstzeit »ans gerzchnet werden soll.

Kunft und Wissenschaft,

Die von der Deutschen Orientgesellshaft unter der Leitung. Dr. Koldewey's nach Babylon entsendete Erpedition hat während dec leßtvergangenen Monate in dem Trümmerhügel Kasr, und zwar an der Nordostecke der Hauptburg, zwei bedeutsame Funde gemacht.

Am 22. August warde eine vollständig erhaltene Stele aus Dolerit voa 1,28 m Höhe und 0,53 m Breite gefunden, welche auf der flahea Vorder}eite das Bildniß eines hettitishen Gottes trägt. Die vom Regierungs-Bauführer Andrä, einem Mitglied der Expedition, gezeihneté Sfigge zeigt den bärtigen Gott in nach rechts shreitender Haltung. Die beiden Vördetärme sind echoben, die linke Faust hält den Dreiza, die rehte den wuchtigen Hammer, während ein Schwert die linke Seite umgürtet. Vom Ropje, der mit einer phrygishen Müße bedeckt ist, wallt ein langer Zopf bis auf den Nüen, das mit Fransen beseßte Gewand reiht nur bis oberhalb der Kniee, die Füße sind mit Schnabelschuhen bekleidet. Lassen schon Haartracht und Gesicht, Kopf- und. Fußbekleidung, Schwertgriff und Hammec keinen Zweifel daran, daß das Relief einen Hettitergott, wohl den hettitishen Donnergott, darstellt, so wird diès, wenn möglich, noch untrügliher dadurch bewiesen, daß die Nüséite dèr Stele eine hettitishe Jnschrift trägt von eiwas mehr als sechs Zeilen Länge. Obwohl! bereits früher eine Schale in Babylon ge- funden worden ist, welche ebenfalls hettitishe Schristzeichen umrahmen, so war doch kaum zu erwarten, daß gerade ein hettitisher Gott und eine hettitishe Jnjchrist den ersten Fund in Nebukadnezar's Palgststadt bilden würde, noch dazu ein hettitisher Gott, wie er ih fast genau so, vom Kopf bis zu den Zehen, E Jahren im Berliner Museum befindet: stellt doch eines ‘der 1888 in Sendschirli gefundenen Reliefs, welhe als Wand- verkleidung eines Thorgebäudes dienten, ganz den nämlihen Gott dar, in der gleichen äußeren Erscheinung und mit den gleichen Attributen ein werthvoller Hin- weis auf das Ländergebiet, aus welchem das aufgefundene Relief wohl als Beutestü nah Babylon vershleppt worden ijt. Mit Spannung darf der von Koldewey für demnächst in Aussiht gestellten Abzeihnung der Jnschrift entgegengesehen werden, welhe der Entziffcerung der hettitishen Hieroglyphen einen neuen und nachhaltigen Anstoß zu geben berufen sein dürfte.

Der ziveite Fund wurde am 14. September gemacht, etwa zehn Meter westlich von der Hettiterstele, bestchend in einer Kalksteinplatte von 1,33 m Länge, 121 m Höge. Auch sie trägt ein Relief, welches fein und sorgfältig ausgeführt ist. Auf Andrä's Zeichnung sieht mañ links zuerst die Göttin Jstar, welche, nach reh1s gewendet, die Rehte emporhebt und mit der Linken den Bogen auf dié Ecde stemmt. ‘Vor ihr steht ein größerer Gott, gleichfalls nah rechts hin gekehrt: es ist der Gott BOgd oder Ramman mit je zwei Bligen in jeder Hand.

or ihm und die rechte Hand anbetend zu ihm erhoben steht ein viel kleinerer Mann und hinter diesem eine dritte, an Größe dem Gott Ramman gleihkommende, lief nur unvollständig erhaltene Gottheit. Kurze, diese Relief- darstellungen begleitende Beischristen unterrichten vollkommen üßer das Wesen der betrcffenden Personen: „Bildniß der Götin Fstar“, „Bildniß des Gottes Hadad“, uno über dem anbetenden Mann: „Bildniß des Samas - saknu, des Mannes der Länder Suhu und Maru“. Zwischen dem Mann aber und dem Gott Hadad stehen die Worte: „Ein Maß Mehl, 1 Maß Wein Fixum habe “ih durch diese Steintafel fest- gesezt: wer den Palast bewacht, soll es genießen!“ Links vom Relief und unterhalb desselben befinden si _fünf neubabylonische Schriftkolumnen, in welhen Samas-jaknu nch Dr. Meißner's Umschrift und Ueberseßung alles aufzählt, was er für die Sicherheit und Wohlfahrt seines Landes gethan. Eines seiner Hauptwerke war, daß er den Kanal des Landes Suchu wieder herstellte, von Rohren säuberte und 22 Ellen breit machte. Er legte ferner Wehre an, sowie Palmenpflanzungen, diese insonderheit bei dem Palast seiner Hauptfladt Gabbarini und den Palästen der übrigen größeren Städte seines Landes. Zum Schlusse rühmt er sih, daß er einen besonders kostbaren Baum aus dem Gebirge etwa beim heutigen Diarbekr in das Land Suhu verpflanzt habe. Dieses Land lag, wie vor ‘allein die Denk- máâler des assyrishen Königs Asurnazirpal lehren, an beiden Ufern des Euphrat, stromaufwärts vom eigentlichen Babylonien, ‘es wat das Babylonien nächstbenahbarte Land nach Mesfopotamien zu und stand von altersher ganz unter babylonishem Einfluß. Schon um 880 v. Chr. lesen wir von- Statthaltern mit :babylonischen Namen und unterstüßt von den Truppen des Körigs von Babylon. Welches das 13. Jahr des Samas-saknu gewesen, aus welchem die Inschrift datiert ist, läßt sich zunächst nicht feststellen, ebenso wenig, wie die Steinplatte nach Babel gekommen sein mag. Aber die Inschrift ist wichtig wegen der vielen geographischen

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Neuheiten, die sie enthält, und interessant überdics dadurch, daß sie dem Land entstammt, welches , auh im. g Hiob gane sein - dürfte als die Heimath. von Hiob's Freund ildadii t S 3 i : __“Vauwesen.

Die neu begründete „Schiffbautechnishe Gesellschaft“, ¿ren Protektorat Séine Majestät | dec Kaiser huldvollsff übernommen hat, wird am 5. und 6, Dezember in der Aulà der Ttchnishea Hoch: \chule zu Charlottenburg thre erste ordentlihe Häuptversamm- [lung abhalten, Auf der Tagesordnung stehen folgende Vorträge: Geheimer Megierungsrath, Professor Busl:y: „Die modernen Unterseeboote“ ; Geheimer Regierungsrath, Professor Dr. Slaby: Die Anwendung “der Funkèntelegraphie tin der Marine“; Technish-r Direktor des Germanishen Acyd Middendorf: „Die Steuervorrihtungen der Seeschiffe, insbesondere der neueren ‘großen Dampfer“. Am zweiten Tage findet zunächst eine g-\{chäftlihe Sizung statt. Dann folgen Vorträge des G-eheimen Marine. Bauraths Rudloff über „die Entwickelung des beutigen Linienschiffes“ und des Dr. G. Bauer, Ingenieurs des Stettiner „Vulkan“: „Unter- suhungen über die- periodischen Schwankungen in der Umdrehungçs- gesckwindigkeit der, Wellen - von Sciff8maschinen“. Am Nachmittag finden tehaishe Ausflüge - zur Besichtigung der Werke der Allge- meinen . Elektrizitäts-Gesellshaft in Nieder-Shdöaeweide sowie in der B'unuen- und Ackerstraße ftatt, ferner die Vorführung dec- Nernst- lamye im Saale der Berliner Elektrizitätswerke, Luisenstraße 35, und eine Besihtizung der Zentrale daselbit.

Verkehr8-Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln hat die zweite englische Post von London über Ostende vom 29. November in Köln den Anschluß an Zug 31 nah Berlin über Hiidesheim wegen Nebels auf See nicht erce icht.

Bremen, 29, November. (W.T. B.) Norddeutscher Lloytz Damvfer „Kaiser Wilhelm der Große“ 28. Nov. v. New York n. Bremen abgeg. „Dresden“ 28. Nov., v. Baltimore kommend, in Bremerhaven A:

—- 30. November. (W. T. B.) Damvfer „Bayern“, y. Osft- Asien fonmend, 28. Nov. in Suez, „Aller“ 29. Nov. in New York angek. „Karlêruhe*“ 29. Nov. Reise v. Genua n. Neavel, „Trier“ 29. Nov. Meise v. Rotterdam n. Antwerpen fortges. „Saale“. v. New York kommend, 29. Nov. in Southampton angek. und Reise n. Bremen fortges. Der Dampfer überbringt 170 Passagiere und volle Ladung. „Trave“ 29. Nov. Reise v. Southampton n. New York foctgeseßt.

Hamburg, 29. November. (W. T. B.) Hamvuarg-Amerika- Linie. Dampfer „Phoenicia* 28. Nov. auf der Elbe angek. „Graf Waldersee“, v. New York n. Hamburg, 29. Nov. Dover pass. „Bulgaria“ 28. Nov. in New York angek. „Palatia“, v. Hamburg n. New York. 28. Nov. v. Boulogne sur mer, „Rhenania“, v. Hamburg n. Westtadien, 27. Nov. v. Havre, „Allemannia“, y. West- indien n. Hamburg, 28. Nov. v. Havre abgeg. „Francia“ 28. Nov. in Colon angek. „Bengalia“ 2. Nov. v. Baltimore n... Hamburg abgeg. „Sictlia“, v. Buenos Aires: n. Genua, 28. Nov. Gibraltar pass. „Westphalia“, v. Hamburg n. Westindien, 28 Nov. v. Ant- werpen, „Andalusia“ 29. Nov. v. Shanghai n. Amoy abgegangen.

London, 29. November (W. T. B.) Castle-Linie. Dampfer „Norham Caftle“ beute auf Ausreise Madeira 2A ert.

Rotterdam, 29. November, (W. T. B.) Hokland-Amerika- linie. Dampfer „Statendam“ v. New York heute in Rotterdam angekommen.

Theater und Musik,

Königliches Opernhaus.

Die gestrige Aufführung von Verdi's Oper „NRigoletto* gewann dur die Mitwirkung zweier Gäste ein erhöhtes Interesse. In der Titelrolle stellte si der bier wohlbekannte und beliebte Herr d? Andrade nah längerer Abwesenheit wieder vor. Mit welcher Birtuosität der Künstler gerade die tragishe Gestalt dieses Hofnarren in Ton, Miene und Bewegung zu veranshaulihen weiß, bedarf Tum von neuem der Bestätigung, da er {hon fo oft diese Aufgabe vor dem Berliner Publikum gelöft hat. Seine Leistung bleibt sich immer völlig gleich und übte au gestern wieder ihre fesselnde Wirkung auf die Zuschauer und Zuhörer aus. Weniger konnte man sich mit der Darstellung und dem Gefange des Herrn Marconi einverstanden erklären, welher ebenfalls in italienisher Sprahe den Herzo gab. Seiner Stimme fehlte die erforderlihe Frische, fie klang namentli in der höheren Lage acquält und durch das foriwährende Tremolo, dessen sih der Sänger befleißtgte, im Ganjen üns{chön. Seinem Spiel mangelte die Eleganz und Gewandtheit, welhe zur Ve rkörperung des den Frauen gefährlien Herzogs unerläßlich erscheint. Vorzügliches boten dagegen unsere einheimishen Künstler, namentli* Frau Herzog, welcher die {chwierige Partie der Gilda anvertraut war, sowie Fräu- lein Rothauser (Maddalena) und Herr Mödlinger (Sparafucile).

Theater des Westens.

Eine Aufführung der kl'omishen Oper „Fra Diavolo" von A uber fand am Montag in neuer Eng Ba und mit theilweise veränderter Nollenbeseßzung statt. Die auf die Einübung des Werks verwendete Sorgfalt machte fih überall bemerkbar und war wohl in erster Linie Herrn Kapellmeister Do:bber als Verdieust anzurehaen. Fretlih wollte es troß seiner gewaändten Leitung bei den Chören immer noch nit recht stimmen. Das übrige Gnfenible war jedoch tadellos zu- fammengefügt. Herr Braun fang die Titelpartie durchaus zufrieden- stellend, hätte aber das Wesen des galanten Räubers |\hauspielerisch noch etivas mehr ausgestalten fönnen. Das neuverpflihtete Fräulein Gros; fang bie Partie der Zerline mit Temperament und entwickelte im Spiel viel Anmuth. Auch die anderen Mitwirkenden boten be- friedigende Leistungen und ‘ernteten mit den Genannten von seiten des zahlreih erschienenen Publikums wohlverdienten Beifall.

Residenz-Theatec.

Thilo von Trotha’s einaktige Komòddie „Die Richtige“ und der Schwank in dret Akten: „Busch und Neichenbach“ von H. Lee und Wilhelm Meyér-Förster wurden gestern vor aus- verkauftem Hause zum ersten Male aufgeführt. Es war außer- ordentlich interessant, auch einmal zu sehen, wie deutsche. Autoren den innerlich gleihen Stoff ausgestaltet hatten, der bisher meist nur in französisher Bearbeitung an dieser Bühne zur Dar- stellung gelangt war. Der Vergleih fiel nicht zu Ungunsten der erstgenanrten aus. Beide Stücke waren nah altem NRezept ver- faßt. Im Einakter erfährt der Maler Ferrter (Herr Brandt), der feine Freundin: Rosa (Fräulein von Gordon) lo8werden will, an sich die alte Wahrheit: „Wer Andern eine Grube gräbt,“ fäüt selbs hinein.“ Das Werkhen ist tro mancher Unwakhr- \ceinlihkeit in einem so harmlos lustigen Plauderton ge- halten - ‘und bietet eine solche Fülle feiner Komik," daß es dei dur&shlagenden Erfolg, der ihm zu theil wurde, vollauf yer- diente, Die Darsteller spielten ganz im Stile des Stückes mit außerordentlicher Gewandtheit. Die darauf folgende Aufführung des Schwanks „Busch und NReichenbah“ hatte zwar gleihen Grfolg, erreihte denfelbén abec durch weit gewaltsamere Mittel. Das dezente Gewand, in- tvelhem sih der Stoff präsentterte, engte die allzu zwanglose Verwerthung desselben in wohlthuender Weise ein. Es war das Thema: Schwiegervater und Schwiegersohn werden durch die plöBlihe Rückkehr ihrer Gattinnen von der Badereise un- angenebm überrasht. Der Schwiegervater Busch (Herr Pansa) weiß j \{ließli4 nur dadur vor dem Zorn seiner ergrimmten Frau

uguste (Frau Beer) ju“ retten, daß er seine während threr Abwesenheit begangenen Extravaganzen mit einer plöglih ausgebrohenen Nervenkrankheit des Schwiegersohns Reichenbach et Alexander) zu erklären suht, was dann die Aufnahme des eßteren in eine Kaltwasserheilanstalt zur Folge hat. Hier erreicht

nun ‘die draftischè Situationskomik ihren eigentli@en Ausgangs- und ‘Höhepunkt und zieht }ch in ‘ihren Folgen bis zum: ‘älles wieder ausgleihenden befriedigenden luß ‘hin. Ehe dieser aber eintritt, hat der unfteiwillige Patient “zur ‘allgemeinen Erheiterung des“ Publikums noch alle die Mattern zü*ecrdulden, die der fanatifche Kaltwaßser - Arzt zu ersinnen vermochte, und" geräth in die. läherlichsten Lagen! So grobkörntg diese auch bisweilen gestaltet sind, fo halten sie si - doch \tets- in foldén Grenzen, daß sie nie verlèzend, sondern nur komisch wirken. S! wax denn auch der Heiterkeit kein 'Ende. Die Darsteller wie die“ Autoren wurden wtéderholt nach allen Akt\#lü}en hervorgerufen. Mit diesem durschlagenden Erfolg hat die Bühne in der Blumenstraße die Sharte wieder auëgeweßzt, welche durch ‘den mißlutigenen Versu der Aufführung eines ernsten Stücks am Todtensonntag entstanden war. Das Werk betitelte sh" „Die ‘Sch{hlüßrechnung“ und hatte Pierre Newsky, den * Autor des vor “einigen Jahren aunftig aufgenommeren Schauspiels „Die Danischeffs*, zum Verfasser. &s schilderte, wie ein polnischer Rebell, welcher dur den ‘Verrath seinèr Gattin, die si seiner entledigei wollte, in die Ver- bannung ges{ickt wird, bald aber wieder begnadigt zurückfehrt und die

Untreve feines Weibes blutig rächt. Das Schauspiel mächte dén Ein-

druck cines ohne jeden Sinn für die dramatifhe Wirküng tin Dialog- form gebrahten Romans, Fräulein von Gordon fowie die Dien Rickelt, Burg und Martini gäben sich vergebens Mühe, es dur ihre Darstellung zu beleben.

Konzerte.

Das vierte Philharmonishe Konzert, das. am Montag unter Herrn Arthur Niki#\ch?s Leitung stattfand, bot ein zwar sehr mannigfah geartetes, aber doch im hohen Grade! anmuthendes Pro- gramm, darunter zwei Neuheiten, die hier noch niht zu Gehör gebracht worden find. Die eine von diesen bestand - in zwei Orchesterstücken von Alexander Riiter, „Charfreitag®* und „Fronleihnam“ hetitelt, die zwar thematisch mit eindnder garnihts gemein hatten, aber in tihcem- Grundcharakter wie in threr musikalisch-vichterishen Ausdrucksform eng veibunden erschienen: im ersten tiefer Shmerz und dumpfe Traueraccorde, im zweiten beseligende Freude und die Klänge eines ernst-feierlihen Reigens. Beide Werke brachten in klarer Ein- fahheit des Tondichters Empfindungen deutlich zur Arschauung und ‘wurden seitens der Zuhörer mit großer Wärme und reihem Beifäll aufgenommen. Die ondere Neuheit, die von H. Esser für Orchester übertragene V-dur-Toccata von Sebastian Bach, würde besser dem Instrument zugewiesen geblieben sein, fär das sie komponiert ift, der Orgel ;' jedenfalls ruft fi: in der orhestralen Uebertrazung keinen nachaltigen Eindruck hervor, auch wenn sie noch jo vortrefflich, wie es am Montag der Fall war, vorgetragen wird. Der Mittel- und Glanzpunkt des Abends war die: meisterhafte, temperamentvolle Wiedergabe des Mendelsfohn'schen Klavierfonzjerts dur den solistisch mitwirkenden Herrn Frit Kreisler, die von der Zubörerschaft dur geradezu begeistert: n Betfall belohnt wurde. Die Etnleitung des Konzerts. bildete die „Faust“-Duverture von R. Wagner, den Schluß die ‘bekannte „Symphonie pathétique“ Nr. 6 in H-moll (op. 74) von Sschaifowsky, die infolge der fetnsinnigen, geistvollen Auffässung des Dirigenten und dec künstlerischen Ausführung seitens des Orcesters einen Kunïlgenuß gewährte, wie er selten geboten wird. Wohl nicht ganz; ohne Absicht schien dieses Werk gewählt zu sein, um einen Vergleich mit der Mascagni’shen Auf- fassung anstellen zu können. Der anhaltende und stürmische Beifall, welcher dieser Glanzleistung des Occhesters folgte, ließ die gehobene Slimmung der Zuhörer am besten erkennen.

Ein Nathtragsbericht über einige Konzerte der vergangenen Woche sei hier angefügt. Einen genußreihen Abend bot der Königlich \ähsishe Kammersänger Herr Carl Scheidemantel am Donners- tag im Beethoven-Saal. An-diesem, seinem ersten diesjährigen Lieder-Abend brachte der Sänger nur Schubert'she Kompcsitionen zu Gehör, in ‘denen sein {chônes Organ! vortrefflih. zur Geltung kam. Namentlich verstand er es, mit der Kopfstimme reizvolle Effelte zu erzielen. Die Intonation blieb stets rein, und der Vortrag: war echt fünftlerisch-maßvoll, niemals übertrieben. Am Klavier wirkte Dr. Göhler aus Leipzig, leider niht immer disk. genug. In der Philharmonie gab zur selben Zeit die Königlihz Kammer- fängerin Frau. Lili Lehmann ihren zweiten Liedecabend. Sie brahte lediglich Franz’sche Gesänge zum Vortrag: eine ebenso inter- effsante wie dankenswerthe Aufgabe, die die Künstlerin, welche vorzüglich bei Stimme wär, mit ihrec gewohnten Meistershaft löste. Am Klavter“ befand sih au diesmäl Herr Wilhelm Berger, der die Begleitung feinfühlig burhführte.

Herr Edouard Riséler, der în Berlin rühmlihst bekannte

Pianist, gab im Saal Bechstein am Freitag den ersten seiner drei angekündigten Beethoven- Abende. Er brate zunächst die Fis-dur- Sonatch (op. 78), sowie „Les Adieux“ x. (op. 8la) zum Vortrag, die ja an das Verständuiß des großen Publikums nicht allzu hohe Anforderungen stellen. Ein? umfangreiche und s{chwierige Auf- gabe hatte si der junge Künstler dagegen mit der großen Hammer- flavier-Sonate in B-dur (op. 106) geftellt und sie in überraschend ge- lungener Weise gelöst. Freilih wird es dem Laien fast unmöglich sein, dieses Wunderwerk zu verstehen ‘und rihtig zu würdigen; aber eine Ahnung von der Größe des Tonwerks wird wohl Jeden an diesem Abend erfaßt haben, da es nur wenige Pianisten giebt, die eine \folhe Aufgabe in so glänzender Weise zu lösen vermöchten, wie Herr Nisler. In seinem zweiten Konzert, welches am Freitag in der Sing-Akademie stattfand, brahtë der Geiger Herr Henry Verbrugghen außer drei Soli vsn Paganini, Wientawski und Lauterbach, zwei Konzerte für die Violine von Bruch und Vieuxtemps mit Begleitung des Philharmonischen Orchesters zu Gehör. Der Künstler gebietet, wie bereits an dieser Stelle erwäbnt wurde, über etne vorzüglihe Technik; die {chwierigsten Doppelgriffz, Trtiller, Tonleliterpassagen gelingea thm scheinbar mühelos, felbst bis in die höchsten Reaionen der Flageolettöne hinein. Sein allerdings nit allzu großer Ton ist weih und immer ¡chlackenfrei. Was Herrn Berbrugghen „aber noch fehlt, ist Temperament und Tiefe der Gmpfindung ; das machte Ls besonders bei dem Adagio des Bruch’schen Konzerts fühlbar. Im Saale der Philharmonie gab die Berliner Liedertafel (Chormeistec : A. Zander) zu gleicher Zeit eines threr Konzerte, für decen Beliebtheit der gänzlich gefüllte Saal wieder beredtes Zeugniß ablegte. Der Avend wac für die Freunde des Vereins ein besonders aiiregender, ‘da sämmtlihe Chorlieder zum etsten Mal zur Aufführung gebracht wurden, darunter foihe von Pembaur, Fuchs, Goldmark und Zänder, sowie der dur den Gesang» wetistreit in Cassel“ populär gewordene „Choral von Leuthen“ von Meinhold ‘Becker. Den solistischen Theil des Konzetts führte die Königliche Hofopernsängerin Frau Emilie Herzog aus, welche für eine Reihe in bekannter vortreffliher Weise gesungener Lieder ebenfalls reihen Beifall erntete. Die am Sonntag veranftaltéte Aufführung zweier Kantaten von Bach und des Requiem (As-dur) von Friedrich Kiel durch den Chor der Sing-Akademie hatte wieder eine große ‘Schar än- dächttger Zuhörer versammelt und nah im allgämeinen einen durchaus Den Verlauf. Die Chöôre waren sorgsam eingeübt, wurden fiher Uünd feinfühlig geleitet und exakt vorgesührt. Namentlich es die Sopranstimmen durch Klangfülle und sicheren Einsaß angenehm auf. Besonders fchôn und “er- zréifend wurde der Choral „Dann woll’st Du « bei mir bleiben“ ge- ungen. Die Insttümental, Begleitung paßte sih zwar fonst dem Gesang verständnißboll an, hätte. jedoch bei den Sopran-Soli etwas diekreter sein können. Die ausführende Sängertn drang mit ibrer nur kleinen Stimme auch bet dem . begleitenden Chor {hon zu wentg“ durch; doch gelan ihr dafür manches Andere ganz vortrefflih. Die Tenor- und Alt-Solisten ‘genügteu durh- weg. ie Baß - Soli“ waren vornehmli în dem „Bestelle Dein Haus" in" Bach's „Actus'tragicus“ außerordentlich wirkungövoll. err Musikdirektor Kawerau, der stellvertretend die Ausführung eitete, kann mit Befriedigung “auf den Grfolg seiner für die Eine \tudierung aufgewandten Mühe zurückblicken.

E

; Im Königlichen Opernhause geht. morgen zum erften Male „Die Grille", Oper in.-dret Aufzügen unter, Benußung einer Srund- idee der George Sand von Erich Speth, Mußk von Iohannes

Doebber, Baller von Emil Graeb, ‘in Scene, Die Beseßung

lautet: Balbo: Herr Wittekovf; Frau Balbo: Fräulein, Kopka ; Landry: Herr Berger; Mutter Fadet: Frau Goetze; Franziska Fadet, ihre Enkelin, genannt „Die Grille“: Frau Herzog; Jeanet, thr Bruder, g?nannt „Grashüpfer*":: Fräulein Rothaufer; Kalljo: Herr Stammer;

, Madelon, seine Tochter: Fräulein Krainz ; der Pfarrer: Herr Krasa; der

Schneider : Herr Lieban;. der. Schmied: Herr Grün. Ort der Hand- lung: Elsaß, Zeit: die Sagenmasl, Im 11, Akt (Erntetanz) triit Fräulcin dell’Era auf. Dirigent ist Kapellmeister Schalk. Das Weik ist vom Dber-Regifseur Tehlaf in Scene gesetzt, die dekorative Einrichtung hat der Ober-Inspektor Brandt besorgt, Dex Tenorist Herr Marconi wurde, ‘wie er der General-Jutendantur mittheilen läft, in den ersten Akten von „Nigoletto“ yon einer plößg- lichen Heiserkeit befallen, die den Künstler erst im vierten Akte verließ. Herr Marconi, der direkt aus Rom hiechergekommen ift, wird am Montag anläßlih des ersten Auftretens der Frau Velba in „Lucia von Lammermoor* dea Edgardo singen und hont, bis dahin sih an den jähen Wechsel des Klimas gewöhnt zu haben.

Im Köntglichen Schauspielhause gelanzt morgen „Die Geiétr - Wally“, Schauspiel in 5 Auszügen und einem Vorspiel: „Die Klöße von Rosen“ von Wilhelmine pon Hillern, nach ihrem Roman gleihen Namens, zur Auf- führung. Die Besegung. is folgende: Wallburga Stro- minger: Fräulein Poppe; Bären-Joseph: Herr Nesper; Klettenmater : O Pohl; Gellner: Herr Arndt; dec Vorfälteste: Herr Winter;

enedikt Klog: Herr Keßler; Marianne Gestrein: Frau Stoll- berg; der Pfarrer: Herr Gihholz; der Lammwirth: Herr Krüger; die Lammwirthin: Frau Pagay a. G.; Afra: Fräulcin Sperr; Nikodemus Kloh: Herr Hübener; Leander: Herr Herter; Strominger : Herr Oberlaender. _ Hzrr Charles Lamoureux, der Leiter des ersten der im Neuen Köntglihen Opern-Theater stattfindenden Sub - \kriptions-Konzerte (4. Dezember), ist aus Paris hier ein- getroffen und hat das Orchester von Herrn Kapellmeisters Robert Erbez, der die Vorproben leitete, übernommen,

Im Shiller- Theater beginnt am Montag die Ausgabe der seit cinigen Jahren mit E:folg eingeführten Weihnachts-Abonnements, Diese Abonnements werden jeyt in zwei Serien ausgegeben, die erste wird nur Billets für Abendvorstellungen enthali:n, die andere nur Billets fük die Ende Dezember beginnenden, an Wochentagen Nach- mittags stattfindenden Schülervorstellungen.

Der hiesige Verein „Nedoerland en Oranje“ veranstaltet am Sonntag, Mittags 12 Uhr, im Beethoven-Saal ein Woßhl- thätigkeits?-Konzert zum Besten der Invaliden und der Hinter- bliebenen seiner in Süd-Afrika kämpfenden bezw. gefallenen Stammes- genossen. Mitwirkende sind; das Symphonie - Orchester, die Damen Tilly Koenen, Anna Corvex und W. Arendts (Gesang), Frau van Lier-Coen (Klaviec), Herr van der Becck (Gejang) und das Holländische Trio der Herrcn C. V. Bos, van Veen und van Lier.

Jagd.

Morgen, Freitag, findet Königliche Parforce-Jagd statt. Stelldichein: 12/4 Uhr am Jagdshloß Grunewald, 11/4 Uhr am Saugarten.

Maunigfaltiges.

Berlin, den 30. November 1899.

Das Königliche Polizei-Präsidium giebt bekannt, daß an Stelle der Potlizeiverordnung vom 11. März 1896, betreffend die An - gabe des Namens dezr Geschäftsinhaber auf den Laden- schildern, am ‘1. Januar 1990 laut Artikel 9 des Einführungs- aeießes zum Handelsgeseßbuch vom 10. Mai 1897 die folgenden S8 15a und 148 Nr. 14 der Reihs-Gewerbeordnung treten :

8 15a. Gewerbetreibende, die einen offenen Laden haben oder Gast- oder Schankwirthschaft betreiben, sind verpflichtet, ibren Fa- miliennamen mit mindestens einem auêëgeshriebenen Vornamen an der Außenseite oder am Eingange des Ladens oder der Wirtbschaft in deutlih lesbarer Schrift anzubringen. Kaufleute, die eine Handels- firma führen, Haben zugleich die Firma in der bezeichneten Weise an dem Laden oder der Wirthschaft anzubringen; is aus der Firma der Familienname des Geschäftsinhabers mit dem ausgeshriebenen Vor- namen zu ersehen, so genügt die Anbringung der Firma. Auf off¿ne Handelsgesellshaften, Kommanditgesellhaften und Kommandit- gesellshaften auf Aktien finden diese WBocschriften mit der Maßgabe Anwendung, daß für die Namen der persönlich haftenden Gesellschafter gilt, was in Betreff der Namen der Gewerbetreibenden bestimmt ift. Sind mehr als zwei Bctheiligte vorhanden, deren Namen biernach in der Aufschrift anzugeben wären, fo genügt es, wenn die Namen von ¡iweien mit einem das Vorhandensein weiterer Betbeiligter andeutenden Zusay aufgenommen werden. Die Polizeibehörde kann im einzelnen Falle die Angabe der Namen aller Betheiligten anordnen.

& 148 Nr. 14. Mit Geldstrafe bis zu einbundertundfünzig Mark und im Unvermögenssall mit Haft bis zu vier Woden wiro bestraft, wer den Vo schriften des § 153 zuwider bandelt. Gewerbe- treibende, - welche einen ofcnen Laden baben, ‘und diejenigen, welche Gast- oder Schankwirthschaft betreiben, weiden aufgefordert, die hier- nah erforderlichen Aenderungen in der Aufschrift ihrer Ladenfchilder zur Vermeidung der Bestrafung rehtzeitig vorzunehmen.

Á. F. —- „Die volks8wirthschaftlihe und foziäle Be- deutung einer starfen Flotte für Deutshlaund“ debandelte Professor Dr. Schmollet am Mittrooh Abend im Oberlichtfaal der Philkarmonie vor einer zahlreihen Zubörershaft. Den Zuasammen- ang zwischen Wirtbschafts-, Handele- und Kolonialpolitik einerseits und den großen Fragen der Bevölkerungszunabrnen andererscits na- zuweisen, erklärte der Redner für die Aufgabe feines Vortrags. Ein großer deutsher Nationalökonom und sharfer Denker, Moriz Wagner, hat în einem gewissen Gegenfaß zu Darwin die Entitchang der Rassen in Beziebung geseyzt zu den Wanderungen der Bedölkerungea. Nad ibm ist das Wandergesez das Srundgeseß der Weltzeschtedte, und Wagner GBebält nah Meinung des Vortragenden Ret mit dieser Arsicht, wenn man seiaen weiteren Aussührangen des Gedanken2 folgt, wona \sih in dem Wanderprazes - drei große Cpochen untersheiden laffen, cine. - jede dom ents&ecidendîten Ginfluß auf die EGntwickelung der Measchheit. Die ite: Grothe umfaßt die großen Stammetwanderangen zu Lande, als deren leßter Accord die Völkerwanderung aubTingt. Dann folct eiae Gpohe von überwiegendem Stiilstand, die ibren Höhepunkt ia dér: Zeit von 1300 bis 1700 fiadet. Sie wird adgelöü von der Beit der großen Wasserwanderungen, in der wir mitteninne stthen. Vatiert diese jüngfte EpoGße au@ weiter zur dur die Enideckung des Seewegs nah Ostindien und: Amerikas empfing, so waren ihre Lebensäaßerungen do în den ersten zwei Jahrhunderten noch verdältnißwäßtg gering. Die Zadl der dis 1700 aus Europa Ausgewanderten is mit È bis 1 MiUion dod veranlagt. Gist mit den grofien Erfindungen der Tochaik dezann die Spotde der Wasserwanderungen großen Stils. „Mit idnen im engsten Zasammon» hang steht das Wachsthum der BevölUerungen, das in dea Uhten 200 Jahren einen Umfang angenommen dat, wie rat zuvor in‘ det GEntwickelung der Measchdeit. Za Luthers Zeiten Lak ganz Europa kaum mehr als 60—70 Milltoacn Einwobnzr, sodid ria wie bei der Geburt Christi, nur in anderer Vertdeilang als damals, Bis 1700 khbaitze sich diese Bevölkerung auf 100, bis 1800 auf 180 Millionea permehrt, im Jahre 1900 wird dîèr cinprstfone Bevölkerung Europas 350—380 Milltonen detragen. Seit pur Zeit? det Paten Blütde des römisckden Reids detand 1h! Uw nähernd tine Dichtigkeit der Bevölkerung wie deute aaf dom alräthon Gebiet. et Orbis torrarum des Aagultes var foblmnal ropa alo Deutschland, und wie bevorzugt dard Kima and Vodrnteshäfats

heit! Tropdem überstieg seine Bevdlderang ntt 50—80 Millidnek,