1898 / 60 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Mar 1898 18:00:01 GMT) scan diff

Ql

“L E MTEO I e E

Fraukreich, Der chitiesishe Gesanvie in Paris Tsching- Tschang ift, dem V T. B.“ zufolge, gestern von dem Hünites des

Aeußern Hanotaux empfargen worden.

Die Deputirtenkammer nahm gestern bei der weiteren Berathung der Börscnreformvorlage das Amendement des sozialistishen Deputirten Viwiani an, wonach die Börsen- makler alljährlih ihre Rechtungen und Bücher dem Rehnungs- hofe unterbreiten müssen, ebenso ein weiteres Amendement Viviani's des Jnhalts, daß die Genossenschaften der Makler auch in der Provinz für alle Delikie solidarisch haftbar fein sollen.

Eine gestern abgehaltene Versammlung von etwa 200 Deputirten aller Parteien hat sich für den zwei- jährigen Militärdienst ausgesprochen und eine Resolution angenommen, in welcher die Regierung ersucht wird, einen Gesegentwurf auf der Grundlage dieses Prinzips vorzubereiten.

Nußlaud.,

Nah einem heute veröffentlichten Bulletin nähert sih der Gesundheitszustand der Kaiserin Alexandra Feodorowna dem normalen; der Schlaf und das Wohlbefinden sind durh- aus gut; Temperatur 36,79, Puls 75.

Wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, ist ein Kaiserliher Ukas an den Finanz-Minister ergangen, in welchem diesem anbefohlen wird, da es nothwendig erscheine, die Kriegsflotte zu verstärken, unabhängig von der bereits er- folgten Erhöhung der Anweisungen für die ordentlichen Ausgaben des Marine-Ministeriums in den Jahren 1898 bis 1904, gegen- wärtig aus den freien Baarbeständen der Reichsrentei 90 Millionen Rubel für Schiffsbauten N lassen, unter Registrierung dieser Summe als überbudgetäre Ausgabe in dem Abschnitt „Außer- ordentliche Ausgaben“ des Reichsbudgets für das laufende

Jahr. Außerdem veröffentlicht der „Negierungsbote“ ein Kaiserlihes Handschreiben an den Finanz - Minister von Witte, welhes besagt: da am Schlusse des

Jahres 1897 sich in den Staatskassen cin UV-bershuß von 200 Millionen Rubel befunden habe, von denen 106 Millionen zur Deckung außekordentlicher Ausgaben pro 1898/99 übernommen worden seien, bleibe ein genügender Nest zur Deckung der zur Flottenverstärkurg bereit zu stellenden außerordentlichen Ausgabe von 90 Millionen Rubel. Das Handschreiben s{chließt mit der Anerkennung der Thätigkeit von Witte's und dem Ausdruck des ferneren Kaiserlichen Wohlwollens. ' Amerika.

Der Senat hat, wie „W.T.B.“ aus Washington meldet, gestern einstimmig und ohne Debatte den Geseßentwurf, be-

treffend die Bewilligung von 50 Millionen Dollars für die-

Landesveriheidigung, angenommen. Der Geseßentwurf ist darauf alsbald von dem Präsidenten Mc Kinley unter- zeichnet worden. : Der amerikanishe Kreuzer „Montgomery“ ift gestern in Havanna eingetroffen. Asien,

In Bombay ist es, dem „NReuter'shen Bureau“ zufolge, in dem dortigen Eingeborenen-Viertel zu ernsten Unruhen gekommen, bei denen mehrere Personen getödtet und ver- wundet wurden. Truppen mußten zur Wiederherstellung der Ruhe entsandt werden. Veranlaßt wurden die Un- ruhen durch den Versuch der Sanitätsbeamten, den Grund der Krankheit ciner Mohamedanerin zu er- ahren, welhe- in Nipon-Noad wohnte. Es wurde ihnen er Zutritt zu dem betreffenden Hause verweigert. Als- bald sammelte sich eine große Menschenmenge an, welche nah den Beamten mit Steinen warf, sodaß sih diese nah dem Revierbureau des Polizeidistrikts zurückzogen, um sich Unterstüßung zu holen. Bewaffnete Polizisten begleiteten nunmehr die Beamten nach dem Hause zurück. Es wurde jedoch der erneuten Aufforderung, - die Kranke auszuliefern, nicht stattgegeben. Ein parsisher Beamter forderte die Menge auf, auseinanderzugchen, und gab, als man nah ihm shlug, der Polizei den Befehl zum Angriff. Viec Mohamedaner wurden etödtet- und mehrere verwundet. Die s verbreitete ls nun mit großer Geschwindigkeit weiter; die Hindus shlossen ih den Mohamedanern ‘an. Kein Christ, welcher Nationalität

er auch war, kam unbéehelligt davon, wenn er in ihre Hände

erieth. Viele wurden thätlich angegriffen, zwei europäische Soldaten sollen beinahe getödtet worden sein. Jn der Vorstadt Byculla griff der Pöbel die Victoria-Gebäude an. Die Bewohner verbarrikadierten die Häuser und gaben von den Fenstern aus blinde Schüsse ab. Die Truppen der Garnison mußten mit zwei elgelbgen zum Entsaß einschreiten. i _ Nah einer weiteren Meldung desselben Bureaus hat sich die Unruhe theilweise gelegt, doch werde die Lage immer noch für sehr ernst gehalten. Ès sei Kavallerie von Poona herbei- geren worden, um sih an dem Patrouillendienst in den traßen zu betheiligen; auch Freiwillige seien dazu auf- L worden. Die Stadt sei jezt in den Händen des ilitärs. Zwei britische Soldaten seien getödtet worden. Die Menge habe versucht, die Hospitäler in Brand zu stccken, sei aber zurückgetrieben worden. Der gesammte Verlust der Auf- rührer sei noch nit genau bekannt.

„Einer Meldung aus Hongkong zufolge find die russischen Kriegsschiffe „Sissoi Weliki“ und „Navarin“ dort eingetroffen. Es ist noch unbestimmt, wohin dieselben von dort weiter gehen werden.

Afrika.

__ Aus Pretoria meldet das „Reuter’she Bureau“, daß die Regierung heute den Volksraad um die Ermächtigung zur Aufnahme ciner Anleihe von sechs Millionen Pfund Sterling ersuchen werde.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sißungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordneten be- finden sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (59.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. Graf von Posadowsky-Wehner, der JustizMinister Schönstedt, der Staatssekretär des Reichs-Justizamts Dr. Nieberding und der Staatssekretär des Reichs - Postamts von Podbielski beiwohnten, wurde ‘zunächst auf Grund eines s{chleunigen Antrages der Abgg. Zimmermann A und Genossen die Einstellung des gegen den lbg. Müller-Waldeck schwebenden Privatklageverfahrens für die Dauer der gegenwärtigen Reichstagssession beschlossen.

Darauf wurde die dritte Berathung des Geseßentwurfs über N eaen der freiwilligen Gerichts- ortgeseßt. E Ha Seraibung war die Vorlage ohne Debatte en bloc angenommen worden. Jeht licgen mehrere Ab- änderungsanträge der Abgg. Auer und Genossen Soz.) vor. / l ‘tin Antrag zu § 10, wonach die Vormundschaftssachen auh während der Ferien bearbeitet werden sollen, wird nah dem Widerspruch des Abg. Günther (nl.) abgelehnt.

Ebenso wird ein sozialdemokratisher Antrag zu 8 11, wonach eine Erklärung, die an eine bestimmte Frist gebunden ist, gültig abgegeben sein soll, wenn sie innerhalb der Frist zu Protokoll irgend eines Gerichtsshreibers, niht nur des» jenigen des zuständigen Gerichts, S ist, nachdem sich der Abg. Wel lstein (Zentr.) und der Geheime Ober-Regierungs Rath im Reichs-Justizamt Dr. Struckmann dagegen und der Abg. von Strombeck (Zenir.) dafür ausgesprochen

aben, abgelehnt. Í L:

i Beüclig der Vormundschafts\achen beantragen die Sozial- demokraten zu Ï 32, in gewissen Fällen zu den Entscheidungen der Vormundschaftsgerichte zwei Schöffen hinzuzuziehen.

An der dur diesen Antrag hervorgerufcnen Debatte betheiligen sich bis zum Schluß des Blattes die Abgg. Stiadt- hagen (Soz.), Günther (nl.), Wellstein, Dr. Rintelen (Zentr.), Dr. von Cuny (nl.) und der Geheime Ober-Ne- gierungs-Rath Dr. Struckmann.

Im Hause der Abgeordneten gelangte in der heutigen (43.) Sißung, welcher der Vize-Präsident des Staats- Ministeriums, Finanz - Minister Dr oon Miguel Der Minister der geißtlichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse, der Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein und der Minister des Jnnern Freiherr von der Recke bei- wohnten, zunähst der Gesehentwurf, betreffend die Be- willigung von Staatsmitteln zur Beseitigung der

durch die Hochwasser des Sommers 1897 herbei- geführten Beschädigungen, zur dritten E Nach § 1 der Beschlüsse zweiter Lesung wird der Staats-

regierung ein Betrag von 5 l gestellt, der im Bedürfnißfall bis zu 1 Mark erhöht werden kann. :

Abg. Letocha 2 und O beantragen, die gesperrt gedruckten Worte in § 1 zu |streihen und dafür folgende Resolution anzunchmen:

„in Erwägung einerscits, daß nach den Verhandlungen der zweiten Lesung das Geseß gefährdet erscheint, wenn der zum § 1 gefaßte Beschluß, betreffend die Gchöhung der Beitragssumme „bis zu 10 Millionen Mark“, in der dritten Lesung aufrecht erhalten bleibt, andererseits aber, daß durch die zum § 1 Abs. 2 beschlossenen Abänderungen eine Erweiterung der Verwocndung3zwecke vorgenommen ist, daß die zu Grunde gelegte Schäßung der Schäden hinter dem wirk- lichen Bedürfniß in vielen Fällen zurückbleibt, und daß Bezirke hinzu- treten, sür welche nach der Begründungdes GeseßesGntschädigungen nicht in Aussicht genommen waren, hiernach also die in der Negierungs- vorlage vorgesehene staatlicze Beitragssumme von 5 Miliienen Mark voraueficzilih nit ausreihen wird, an bie Königliche Staatsregierung nunmehr die Aufforderung zu riten, den über den Betrag von 5 Miliionen Mark nothwendig werdenden Bedarf aus bereitstebenden Staatsmittieln ohne Verzug zu entnehmen.“

Abg. Letocha wit darauf hin, daß der Finanz-Minister aus Budgetgründen in ¿weiter Lesung fi entschieden gegen die Erhöhung der Entschädigungsfumme ausze}prohen habe, fomit keine Auésit sci, die Vorlage mit dieser Erweiterung durchzubringen. Das Abgeordneten- haus dürfe erwarten, daß seine Wünsche auch in dieser, von Mit- liedern aller Parteiea unterftüßten Form zum Besten der geshädigten Landestheile berüdsihtigt werden würden.

Vize - Präsident des Staats - Ministeriums, Bn - Minister Dr, von Miquel: Obwohl ih die Fassung der Resolution etwas anders gewünscht häite, habe i doch gegen dieselbe scitens der Staats- regierung keine Bedenken zu erheben, weil fie sahlich das ausdrüdt, was die Staatsregierung felbst beabsiditigt.

8 1 wird einstimmig mit dem Antrage Letocha ange- nommen, ebenso einstimmig der Rest des Geseßes und darauf endgültig das Gefeß im Ganzen sowie die Resolution Letocha unter dem Beifall des Hauscs. Zwei Petitionen aus Schlesien werden der Staatsregierung als Material überwiesen.

Hierauf folgt bie driite Berathung der Novelle zum Ansiedel ungsgesey für Westpreußen und Posen.

Jn der Generaldiskussion erklärt

Abg. Motty (Pole): Meine Freunde und ich haben \sich an der ersten und zweiten Berathung des Gesetzentwurfs nicht betheiligt und haben bei Beginn der zwetten Berathung den Saal verlassen. In dem jeßigen Stadium der Verhandlungen erachten wir es für unsere Pflicht, zwar niht an der Berathung theilzunéhmen gemäß unserer früheren Haltung, wobl aber an der Abstimmung. Deshalb werden wir den Saal nicht verlassen, aber an der Berathung nicht theilnehmen.

Abg. von Staudy (konf.) stellt den von dem Abg. Rickert in zweiter Lefung behaupteten Fall richtig, daß ein deutsher Gutsbesißer in Posen von der Arsiedelungskommission weit über den Werth des Grundstücks ausgekauft worden sei. Die Ansiedelungéskommission fei in diesem wie in andern Fällen ganz korrekt und ohne Ansehen der Person vorgegangen. Es sei falsch, daß das Gut von poluischen Sequestratoren verwaltet worden sei. Die Kommission mache deéhalb kein größeres Geschäft, weil sie hauptsächlich {let bewirthshaftete Güter auffaufe und darauf Deutsche ansiedle. Der Abg. JIaeckel, fährt Redner fort, hat einen großen Theil der Deutschen in den Ostmarken {wer angegriffen, und ih bin gebeten worden, diese Angriffe zurückzuweisen. Ih thue das um so lieber, als nach Herrn Jaeckel nur noch Herr _Scer gesproen hat. Jch will Herrn Jaekel seine deutshe Qualität nicht absprechen, aber ich mae ihm den - Vorwurf, - daß ex in diesem Hause als Deutscher Deutsche nur deshalb angeklagt hat, weil sie ihre Nationalität hochhalten. So etwas hat ein Pole noch nit gethan. Herrn Jaecktel’)s Vorgehen beruht auf ein- seitiger Parteipolitik. Jh gehöre dem H. K. T. - Verein nicht an habe aber seine Wirksamkeit verfolgt und gefunden, daß er ledigli) zur Abwehr polnisher Aspirationen ins Leben gerufen ist. Mit der Broschüre des Redakteurs Fink hat die Vereins- leitung absolut nichts zu thun, ebenso wenig mit einer ganzen Reibe ‘anderer Schriften. Herr Jaekel hat die ypol- nishen Bestrebungen nicht mit einem Wort erwähnt. Jenèm Vereine gehören die hervorragendsten Männer an, und doh behauptet er, daß er von vornherein Mißtrauen gegen ihn gehabt hat, weil er selbstsühtige Zwecke verfolge. Als A von Tiedemann-Bomst bereits auf der Bahre lag, hat jemand ge]|agt: Ih habe manhen Strauß mit ihm gehabt, aber meine Achtung habe ih ihm nicht versagen wollen, Wir Deutsche wollen den Frieden.

Abg, Gerlich (fr. konf.): Herr Jaeckel hat einen deutschen Namen, aber kein deutshes Herz. Man hat gesagt: wie kann ein Mann im Abgeordnetenhause sigen, der so sein Deutshthum ver- leugnet! Die Antwort wird. ihm auch bei den Wahlen gegeben werden. Jch hätte ewünsht, daß der Antrag Sieg dahin abe gea „würde, daß Restgüter niht nur in Ausnahmefällen ondern überhaupt gebildet werden; der Minifter sollte seinen Einfluß dahin geltend machen, daß auch größere Güter reserviert werden; die kleinen sind Nullen, vor die eine Eins gehört. Die Ansiedelungskommission sollte auch einmal den Versuch magen,

illionen Mark gur Verfügung Millionen

größere Etablissements ¿2 gründen und mit einer eleftrischen Anlage zu versehen. Herr von Czarlinéki hat mich auf Grund von Zeitungs- nachrichten hier heftig angegriffen, Als ich ihn darüber zur Rede stellte, nahm er seine Akteu unter den Arm, va er nah dem Reichs- tage gehen mußte, Nach dem Stenogramm seiner Rede soll in einer Gerichtésißung ein Brief von mir verlesen worden scin. Das ist fals, wie mir ein Rechtéanwalt mittheilt; der Brief ist dur die Indiskretion eines Polen zur Kenntniß der polnischen Partei und dann in die Akten gelangt. Mit solhen Waffen kämpft man! Wer ein Bischen Gefühl für Anstand hat, rerschmäht solche Weffeu!

S von Kröcher ruft den Redner wegen dieses ugrifs gegen den Abg. von Czarlinsfi zur Ordnung.) Mein Angriff richtet fi) gegen die polnische Partci. Der Minister

warnte neulih tie Polen: Spielen Sie nit mit dem Feuêèr. Jh sage: Wehe einer Partei, dic Lo soldjer Waffcn bedient, wehe einer Nation, die nit mehr unterscheiden kann, was anständig und was nicht anständig ist! Jhre Angriffe sind nit ehrlihes Feuer, sondern shleihendes Gift des Verraths. :

Präsident von Kröcher: Ih nehrie an, daß Sie nicht von ciner Partei im Hause gesprochen haben.

Abg. Gerlich verneint dies. E Z

Abg. Im Walke (Zentr.) spricht sh in Konsequenz der früheren Haltung des Zentrums auch gegen dieses Gefeß aus. Es sei verfassungswidrig und durchbrehe das Budgetrecht ; es führe ein Aeternat ein, da es die Verwendung des Fonds der Einwirkung des Landtages entziehe, Da eine Verfassungsänderung vorliege, \o beantrage er cine abermalige Abstimmung nah 21 Tagen.

Dieser Anirag wird genügend unterstüßt, jedoch nur von

dem Zentrum und den Polen. : Abg. Dr. Stephan (Zentr.): Der Lanbwirihschafts-Ministec

hat uns die Vorlegung einer Statistik über die Verschiebung des Grundbesites zu Ungunsten des Deutshthums versprohen. Ich bin auf diese Statiftik neugierig. Die Katholiken sind bei der Ansiedelung nur in - dem Verhältniß von 1:6 berücksihtigi worden. In dec Diözese Kulm befindet sch eine ganze Menge deutscher Geistlicher, sodaß die Kommission dort sehr wohl national gesinnte katholische Deutsche ansicdeln könnte. Auch der Erzbischof hat sich bereit erklärt, eine genügende Zahl von Geistlichen für vie Ansiedelungen herzugeben. Der Finanz - Minister hat sich bereit erklärt, dahin zu wirken, daß Katholiken bei der Ansiedelung mehr berücksichtigt werden. Hoffentlih wird dagegen aus dem Hause kein Wider- spru) erhoben. Im Jahre 1886 hat auch der nationalliberale. Abg. von Benda si gegen ein Aeternat erklärt, Ih würde die Zurückweisung der Vorlage an die Budgetkommission beantragen, wenn S Im Walle niht die nochmalige Abstimmung- wegen ‘der Verfassungsbedenken beantragt hätte. Wenn wir gegen das Geseh stimmen, so müssen wir dagegen protestieren, daß uns deutshe Ge- sinnung abgefprohen wird. E :

__ Hierauf nimmt der S des Staats-Ministeriums, S Dr. von Miquel und sodann der Zustiz-

inister Schönstedt das Wort, deren Reden morgen im Wortlaut mitgetheilt werden.

(Schluß des Blattes.)

Statiftik und Volkswirthschaft,

Zur Arbeiterbewegung.

. In Stuttgart fand am Sonnabend eine Versammlung der in den städtischen Betrieben beshäftigten Arbeiter statt, in welcher, wie der „Württb. St.-A.* berichtet, „Stellungnahme zu der Er- ringung der zehnstündigen Arbeitszeit“ auf der Tagesordnung ftand. Eine auf die Verkürzung der Arbeitszeit und auf die Scheffung einer eigenen Organisation hinzielendve Resolution fand einstimmige An- nahme; es wurde eine aus 14 städtischen Arbeitern beftchende Kom- mission gewählt, welche in Verbindung mit den Vereinigten Gewerk- schaften die weiteren Schritte einleiten soll.

Aus Berlin berichtet die Bexrlin:-r „Volks-Ztg.“ zum A us- stande der Shuhfabrikarbeiter, daß dex Verband der Schuh- und Schäfte-Fabrikanten das Anerbieten des Ausschusses der Berliner Gewerkshaftskommission, die Vermittelung zwischen ihm und den aus- ständigen Arbeitern zu übernehmen, abgelehnt habe. Der Verband erklärte in feinem Antwortschreiben, angesihts der augenblicklichen E sih in keinerlei Unterhandlungen einzulafsen, während erx vor Ausbruhch des Ausstandes gern zu Verhandlungen mit der Ge- werkshaftskommission bereit gewesen wäre.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Dem ernsten Charakter des patriotischen Gedenktages * ent- spreelde brachte die Direktion des Berliner Theaters gestern ein Draa zur ersten Aufführung, das dazu bestimmt ist, den Segen der nationalen S A preisen. „Alarih, König der Westgothen“ betitelt G das fünfaktige Drama, welches den ehemaligen preußischen Kriegs - Minifter I. von Verdy du Vernois zum Verfasser hat, und welches bereits mehrfah außerhalb Berlins seine Bühnenwirksamkeit erprobte. Der Verfasser hat sich nicht darauf beshränkt, die Geschichte, wie sie überliefert ist, einfa zu dramatisieren, er hat vielmehr den blonden Recken Alarih zu einer symbolishen Figur gestaltet, welhe Deutschland personifizieren foll. „Ich an Lied aus ferner, ferner Zeit (Ein mahnend Lied an deutsche Einigkeit“ lautet das dem Stück wvorangeseßte Motto; zur Einigkeit mahnen auch die leßten Worte des \terbenden Alarich, der nicht im Kampfe fällt, jondern, von s{leihender Krankhcit verzehrt, in seiner Blüthe dahinsieht gewissermaßen auch den Tod symbolisierend, den ein unciniges Deutschland fterben müßte. Ueber seinem Leichnam aber verbinden sich die einander ent- fremdeten Gethenstämme- zu neuer Verbrüderurg. Innerhalb der an- edeuteten Grundlinien hat der Verfasser in feftrivex, von Wort- {wall freier Verssprache eine Handlung aufgebaut, die einen sicheren Instinkt für bühnenwirksame Scenen und die Fähigkeit bekundet, die Charaktere psychologisch aus¿ugestalten, die fehr angenehm Pcibbeit Neben dem Helden Alarich, der mit der Kraft auch dic Weichheit des Germanen verbindet, hat er als Hauptfigur diejenige dec ehrgeizigen Severa, der Wittwe des ‘ehemaligen oströmischen Ministers Nufinus, gestellt, welhe als der Typus jener Frauen Welschlands gelten darf, welche, wie Scheffel treffend sagt, „so falsch und fo {öón* find und von jeher den Germanen gefährlich waren. Mit ihrer Hilfe erobert Alarih Rom, dur ihre Rahe wird er später vecrathen. Die Aufführung war sorgfältig vorbereitet und errang einen vollen Erfolg. Die Rolle des Alarich lag in den Händen des Herrn Pittschau, defien imponierende Persönlichkeit vorzügli für den Gothenkönig paßte: die Severa spielte Frau Potpischil, deren temperamentvolle Lei tung mehrfach bei offener Scene lauten Beifall erweckte. Von den übrigen zahlreiden Milwirkenden sind die Damen Dafsow, Wulf und Vely sowie die Herren Wehrlin, Jessen und Graal hervorzuheben. Der Verfasser, welcher in einer Loge der Aufführung beiwohute, dankte von seinem Playe aus für den starken und aufrichtig gespendeten

Beifall. Schiller-Theater Eduard Jacobson's alte Posse „Ei : fing auf dieser Bühne gestern Abend zum erster Mel Ge vei A E Darstellung mit f önem Erfolge in Scene. Der bebäbige erliner Wiß, welcher s in dieser Posse den Geldstolz des rei

gewordenen Schlähtermeisters Pasewalk i gestein ebenso wie vor Dos ‘viele E 2 erfasser hat es eben verstanden, den volkthümlißee Ton sowohl

im Dialog wie in den eingefügten Kuplets aen so gut zu treffen, daß darüber die Dürfti eit ber Daeblad em Zuschauer kaum zum Bewußtsein kommt. Zu diesem Erfolge

trägt naturgemäß die Darstellung der versi i dur gesidte \hauspielerishe Kräfte sche v L Here Shicopen