1875 / 153 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Jul 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Fällen handelt, in welchen eine Voruntersuchung nothwendig und zulässig ist. Zu demselben lagen Anträge der Abgg. Gneist und

truckmann, Becker, Schwarze, Herz Kloß Eysoldt und Marqguardsen von Puttkamer vor, welche sämmtlich in der Ten- denz übereinstimmten, die Fälle der obligatorishen Vorunter- suchung zu erweitern. Nach lebhafter Debatte wurde beshlossen, daß die gerichtlihe Voruntersuhung stattfinden solle in allen Strafsachen, welche zur Zuständigkeit des Reichsgerichts und der Schwurgerichte gehören, ferner, wenn die Staatsanwaltschaft die- selbe beantragt, wenn der Beschuldigte erheblihe Gründe geltend macht, aus denen eine gerihtlihe Voruntersuhung zur Vorbe- reitung seiner Vertheidigung erforderlih erscheint, wenn der Be- \huldigte verhaftet ist und c wenn der Staatsanwalt auf Beschwerde des Gerichts zur Erhebung der Anklage angewie- sen wird.

—- Nach einer im Reihs-Eisenbahn-Amte aufge- ftellten Nachweisung sind ‘in dem Halbjahre vom 1. Oktober 1874 bis zum leßten März 1875 im Ganzen 327 Prozesse aus dem Transportwesen - gegen die Eisenbahnverwaltungen Deutschlands (mit! Ausnahme der bayerischen). bei den Gerichten anhängig gemacht worden. Hiervon komen 25 pCt. auf Nicht- ablieferung, 44 pCt. auf Manco und Beschädigung, 17 pCt. auf verspätete Lieferung von Gütern, während 2 pCt. Fracht- rückerstattung und 12 pCt. verschiedene sonstige Gegenstände be- treffen.

h Von sämmtlichen in besagtem ‘Zeitraume anhängig gewor- denen Rechtsstreiten sind 35 pCt. zur Zeit noch \{chwebend, 65 pCt. dagegen definitiv erledigt und zwar von leßteren 47 pCt. durch Abweisung oder freiwillige Zurücknahme der Klage, 25 pCt. durch Verurtheilung der Eisenbahnverwaltung und 28 pCt. im Wege des Vergleiches.

Die Königlihe Akademie der Wissenschaften hielt gestern Nachmittag 5 Uhr eine öffentlihe Sizung, der Seitens- des Ministeriums der geistlihen 2c. Angelegenheiten der Ministerial-Direktor. Greiff und die Geheimen Regierungs-Räthe Dr. Göppert und Dr. Schöne beiwohnten. Die Gedächtnißrede auf Leibniz hielt der Professor Dr. Kummer, welcher speziell den philosophishen Bildungsgang des - Gelehrten , er- läuterte. Alsdann hielten, altem Herkommen gemäß, die drei neu aufgenommenen Mitglieder, die Professoren Dr. Vahlen, Dr. Bruns und Dr. Websky ihre Antrittsreden, auf welche die Profes}sscen Dr. Curtius, Dr. Mommsen und Dr. Dubois-Rey- mond erwiderten. Zum Schluß \prach Professor Dr. Kirhhoff noch über das Leben und Wirken von Moriz: Haupt.

Die Nichtermittelung der Namen der ständi- gen Mitglieder eines Vereins is, nah einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 11. Juni d. I, für die strafge-

gliche Verfolgung des leitenden Vereinsvorstehers wegen Ver- ung der Vereinsgesetze bedeutungslos.

Dem Ermessen des Richters is es, nach einem Erkennt- niß des Ober-Tribunals vom 9. Juni d. I., überlassen, ob ge Prüfung von technishen Fragen, deren Beantwortung für

en Rechtsfall entscheidend is, Sachverständige zuzuziehen sind. In keinem Falle aber ist der Richter an die Ansicht der zugezogenen Sachversiändigen gebunden.

Der General-Intendant v. Hülsen ift von seiner Reife nach Paris zurückgekehrt und weilt zur Zeit am Rhein.

Der Thierarzt Thölke, zur Zeit Repetent an der Thier- arzneishule zu Hannover, is zum kommissarischen Kreisthierarzt des Kreises Regenwalde ernannt worden.

Kiel, 1. Juli. (W. T. B.) Das amerikani\sche Ge- \chwader, bestehend aus der Fregatte , Franklin“ und“ der Korvette „Alaska“, ist heute Mittags Uhr nah Stockholm in See gegangen.

Wayern. München, 30. Juni. Der oberste Shul- rath wird, wie wir vernehmen, in der nähsten Woche in die Schlußberathung des Entwurfs der Reorganisation der Gewerbeshulen in Bayern eintreten, und es besteht die Hoffnung, daß dieselbe mit dem Beginne des nähsten Schul- jahres wird in Wirksamkeit treten können. Der Königliche Staats-Minister des Innern, v. Pfeufer, wird sich morgen in Urlaub nah Bad Kreuth begeben, und if für die Dauer seiner Abwesenheit Hr. Staats-Rath v. Schubert mit der Leitung des ‘Ministeriums betraut. Der Finanz-Minister v. Berr is von seinem dreiwöchentlihen Urlaub, den er im bayerishen Hoch- gebirge zubrachte, gestern hierher zurückgekehrt und hat die Lei- tung des Finanz-Ministeriums, womit der Staats-Rath v. Fischer während seiner Abwesenheit betraut worden war, heute wieder übernommen. In einer am 27. d. M. hier abgehaltenen Versammlung von Delegirten der Notare in den sieben diesrheinishen Regierungsbezirken wurden mehrfache Abänderungen des Statuts des Wittwen- und Waisenpensionsvereins der Notare berathen und beschlossen, \o insbesondere die Einführung der Markrehnung, die Erhöhung der Pensionen der Wittwven von 100 Fl. auf 250 M und dem entsprehend auch Erhöhung der- Beiträge, ferner die Centralisirung des Kassenwesens behufs Vereinfachung desselben u. a. Das abgeänderte Statut unterliegt nun der Genehmigung des Königlihen Staats-Ministeriums

der Justiz.

1. Juli. (W. T. B.) Wie die „Süddeutsche Presse“ heute mittheilt, hatten mehrere Geistlihe der Erzdiözese München-Freising vor Erlaß des leßten Hirtenbriefes an den Erzbischof eine ebenso ehrfurhtsvolle wie eindringlihe Vor- stellung gegen den Erlaß einés solhen auf die bevorstehenden Wahlen ih beziehenden Hirtenbriefes gerihtet. Die „Süd- deutsche Presse“ wird das bezüglihe Schreiben der Geistlichen selbst morgen veröffentlichen.

Württemberg. Stuttgart, 30. Juni.

Ihre Majeftät die Königin wurde heute bei Ihrer Ankunft auf dem Bahnhof in Friedrihshafen von Sr. Majestät dem König und \ämmt- lihen Herren seiner Umgebung ewpfangen. Durch das Gese vom 18. Juni werden zur Fortsezung des Baues

der durch das Gesez vom 19, Juni 1874, betreffend den Bau von Eisenbahnen in der Finanzperiode 1873/75, theils zum Ausbau, theils zur Inangriffnahme bestimmten Eisenbahn- linien und zur Deckung des durh ein besonderes Geseh geneh- migten Aufwands für die weitere Ausbildung des Telegraphen- neyes für das Finanzjahr 1875/76 13,500,000 M, sodann zu Verbesserungen und Erweiterungen an älteren Bahnlinien 900,000 M bestimmt. Diese vierzehn Millionen Mark sind, \o- weit fie nicht aus verfügbaren Mitteln der Staatskasse bestritten werden können, unter möglichs günstigen Bedingungen als Staatsanlehen aufzunehmen. Heute Mittag 12} Uhr wurde die Ständeversammlung nach Beendigung ihrer Arbeiten vertagt. Zum fünften deutshen Bundes\chießen sind bis jeßt 180 Ehrengaben gespendet im Werth von etwa 40,000 M

Baden. Karlsruhe, 30. Juni. Wie die „Karlsr. Ztg.“ meldet, wird Se. Königlihe Hoheit der Erb-Groß- herzog im nächsten Frühjahr die Universität Heidelberg beziehen und dort seinen Wohnsiß nehmen.

Sessen. Darmstadt, 1. Juli. Se. Königliche Hoheit der Großherx0g is heute Vormittag in Begleitung der Herren Oberst-Siallmeister Freiherr von der Capellen, Hofmarschall, Oberst-Lieutenant v. Küchler, und des General- und Leibarztes Dr. Göring zu längerem Aufenthalt nah Friedberg abgereist.

Meelenburg-Scchchwerin. Schwerin, 1. Iuli. Der „G. 3.“ zufolge, ist am Montag die in der leßten Delegirten- versammlung déêr mecklenburgishen Kriegervereine er- nannte Deputation des mecklenburgishen Kriegerbundes von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog empfangen. Die Kom- mission war beauftragt, Se. Königl. Hoheit um die Uebernahme des Protektorats über den mecklenburgishen Kriegerbund ehrfurchtsvoll zu bitten. In der längeren Audienz erklärte ih Se. Königl. Hoheit zu dieser Uebernahme unter der Bedingung bereit, daß sih alle mécklenburgishen Vereine dem Kriégerbunde anschließen würden. j

Elsaß-Lothringen. Straßburg, 1. Iuli. (W. T. B.) Der König von Sachsen hat im Laufe des Nachmittags den Münster besucht, das Fort bei Lingolsheim und die Kaserne des Königkih \ächsischen Infanterie-Regiments Nr. 105 besichtigt und is heute - Abend 6 Uhr nach Baden-Baden zurückgereist. Bei der Abfahrt von dem festlih geschmückten Bahnhofe waren die Generalität, der Ober-Präsident, das Offizier-Corps und eine große Zuschauermenge anwesend.

Die den Mitgliedern des Landesaus\chusses zu- gestellten gedruckten Vorlagen umfassen folgende 10 Aktenstücke : 1) Verordnung, betreffend die Stempelgebühren von den Steuer- und Octroibezettelungen und Quittungen, sowie die Abstufungen der proportionellen* GEnregistrementsgebühren , 2) Verordnung, betreffend die Amtsbefugnisse der Kreis-Direktionen, 3) Entwurf einer Käiserlihen Verordnung, betreffend die Ausführung des Impfgeseßes, 4) Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Errich- tung von Marksteinen, 5) Denkschrift , betreffend die Kontrole der Steuer- und Gemeindekassen, 6) Entwurf eines Gesetzes, betrefsend die Gebühren der Advokaten und Anwälte in Elsaß- Lothriugen, 7) Gesezentwurf,-betreffend Abänderungen. der Geseß-

gebung hinsihtlih des Wasserrehts, 8) Entwurf eines Gesetzes, -

betreffend die Kosten der Unterbringung verurtheilter Personen in- ein Arbeitshaus, 9) Geseßentwurf , betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Elsaß-Lothringen, 10) Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Landeshaushalts-Ctats von Elsaß- Lothringen für das Jahr 1876. Dieser Entwurf stellt den Etat für das Jahr 1876 fest in Ausgabe auf 43,915,298 M 85 (nämlih 28,737,721 4637 F an fortdauernden und 15,177,577 U, 48 .Z an einmaligen und außerordentlihen Ausgaben), in Einnahine auf 43,915,298 M 85 _3.

Meg, 27, Juni. Gestern Abend um 6 Uhr 37 Min. kam der Erzherzog Albrecht von Oesterreich, von Ems kom- mend und auf der Reise in das Seebad Trouville begriffen, hier an und stieg im Hotel de l'Europe_ ab. Heute früh um 8 Ühr fuhr Se. Kaiserliche Hoheit mit seinen Begleitern, unter welhen fih Feldmarschall-Lieutenant Frhr. v. Piret befindet, nah Grave- lotte, um die Schlachtfelder daselb in Augenschein zu nehmen. Morgen soll die Weiterreise des Grzherzogs-Feldmarschalls nah dem genannten Seebade erfolgen.

Desterreich-Ungarn. Wien, 30. Juni. Die „Wiener Abendpost“ widmet dem Kaiser Ferdinand an der Spitze fol- genden Aru N e exshütternde Trauerkunde von dem Ab- leben Sr. Majestät des Kaisers Ferdînand 1. hat in den Herzen der Völker Oesterreihs einen \{chmerzlihen Wiederhall gefunden. An der Spigze der Leidtragenden steht unser Ällergnädigster Kaiser Franz Joseph und mit Ihm empfinden alle Oesterreicher, dem Kaiserhause immerdar in Liebe, Ehrfurht und Treue erge- ben, den \{merzlihen Verlust, welher die Kaiserlihe Familie und mit ihr die Völker Oesterreihs getroffen hat. Mit Kaiser Ferdinand starb der Monar, unter dessen Regierung in Oester- reihs Geschichte der Wendepunkt einer neuen Zeit eintrat. Als ftürmishe Tage über Oesterreih hereinbrahen und \sich während derselben“ das edle Herz des Kaisers und Sein milder, nur auf das GlückX Seiner Völker gerichteter Sinn im \{chönsten Lichte zeigte, da gab Ihm der Volksmund den Beinamen, welher Jhm au in den Annalen der Geschichte bleibend beigelegt werden wird : den Beinamen des „Gütigen“. Und diesen Namen bewährte Er au, nahdem Er die Zügel der Regierung, gegenüber den neuen Verhältnissen einer neuen Zeit, der jugendlih-kräftigen Hand Seines erhabenen Neffen übergeben hatte, während Seiner stillen Zurückgezogenheit in der Königsburg zu Prag. Auch hier war Kaiser Ferdinand: „der Gütige“ immerdar, ein unermüdlicher Wohlthäter, bei welchem jeder Arme, jeder Hilfesuchende die milde, stets ofene Hand zu finden sicher sein konnte, welche nicht aufhörte, zu spenden, zu helfen, Thränen zu trocknen und alle guten und edlen Ziele zu fördern. Wenn in den leßten Lebens- jahren des Kaisers Seine wohlthätige Nähe zunächst in Seiner Umgebung «ihren Segen verbreitete, so streute Seine milde Hand do über alle Gauen des Vaterlandes Wohlthaten und {lug Sein Herz niht weniger warm für Alles, was der ganzen großen Monarchie Wohl und Wehe betraf. Die Geschihte Oesterreichs wird dem Dahingeschiedenen ein \segnendes, unvergängliches An- denken bewahren und den Namen des gütigen Ferdinand mit ihrem Griffel in unauslöshlihen Zügen in ihre Annalen ein- zeichnen!“

Der F-ldmarschall-Lieutenant Ignaz v. Fratricsevics, derzeitiger Kommandant der 15. Infanterietruppen-Division, ist zum Kapitän der Königlich ungarischen Leibgarde ernannt und demselben gleichzeitig die Würde eines Geheimen Rathes mit Nachsicht der Taxen verliehen worden.

Der Prinz Aloys zu Liechtenstein, österreichischer Militär- bevollmächtigter in Berlin, ist" zum Besuche seiner Familie in Laibach eingetroffen.

Das Reichsgeseßblatt enthält das Gesey vom 1. April 1875, betreffend die Organisirung der Börsen; das Gese vom 4. April 1875, betreffend die Händelsmäkler oder Semtale: die Verordnung der Ministerien der Finanzen, des Handels und der Justiz vom 19. April 1875, betreffend die Be- stimmung einer Frist für die Börsen in Wien, Triest und Prag zur Aenderung ihrér Einrichtungen im Sinne des Gesezes vom 1, April 1875 über die Organisirung der Börsen.

Prag, 1. Juli.” (Prag. Abendbl.) Der Kaiser Franz Josef is heute Morgens 6 Uhr anläßlih des Hintrittes des Kaisers Ferdinand von Ischl in Prag angelangt. Auf dem Bahnhofe hielt der Bürgermeister von Prag, Hr. pee eine Ansprahe ‘an den Kaiser, auf G s erselbe erwiderte: Es freue Ihn, daß die Bevölkerung Prags an freu-

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digen wie an traurigen Ereignissen, welhe Sein Haus beträfen, 5

den wärmsten Antheil nehme. Er wisse sehr wohl, daß dur den Hintritt des Kaisers Ferdinand besonders die Armuth einen \{chweren Verlust erlitten. werde der Gegenstand * Allerhöchstseiner Fürsorge sein, daß den Armen dieser Verlust möglichst ersezt werde.

Um 93/4 Uhr begab der Kaiser sich in den Salon, in welchem die Leiche weiland des Kaisers Ferdinand aufgebahrt ist, und verrichtete dort ein Gebet,

Die Abreise des Kaisers nach Wien wird heute um 1 Uhr 25 Min. Nachmittags mit dem Courierzuge der Franz-Josefs- bahn erfolgen. ;

Das Traueramt, welches der Kardinal am 3. d. Mts, in der Hofburg-Kapelle Vormittags. Um 10 Uhr wird die Kapelle geschlossen. In Prag findet die Exposition der irdishen Hülle weiland Kaisers Ferdinand am Freitag, in Wien am Montag statt. Das Leichen- begängniß wird in der Reichshauptstadt nah den bisherigen Anordnungen am Dienstag abgehalten.

Pest, 12::IUlk-:: (Wr T. B) Bei den Députirten- wahlen für den Reichstag, welche gestern in Budapest be- gonnen haben, wurde im Innern der Stadt Deak durch Akkla- mation gewählt; in der Vorstadt Leopoldstadt wurde Wahr-

mann, in der Vorstadt JIosefstadt Moriß Jokai, in den beiden!

Wahlbezirken von Ofen Pauler und Hazmann gewählt. In der Vorstadt Franzenstadt waren für Czernatory bis gegen 6 Uhr Abends 8 Stimmen mehr abgegeben, als für seinen Gegenkandi- daten. In Comorn wurde Ghyczy einstimmig gewählt. Außer- dem liegen bis jeßt die Wahlresultäte aus 14 Wahlbezirken vor, in welhen sämmtlich die liberalen Kandidaten gesiegt habén.

Veber die Wahlen liegen folgende weitere Meldungen vor:

2. Juli, Vormittags. (W. T. B.) Ueber den Ausfall der Deputirtenwahl für den Reichsrath wird weiter gemeldet In der Vorstadt Theresienstadt von Budapest ist Falk von der Kandidatur zurückgetreten und Horn alsdann zum Abgeordneten gewählt worden. In der Vorstadt Franzenstadt hat Czernatory gesiegt. In drei Wahlkreisen der Hauptstadt sind demnach die früheren Mitglieder des Centrums gegen die Liberalen dur gedrungen. Im Debrecziner Wahlbezirke wurde Koloma Tisza gewählt.

_— 2. Juli, Mittags. (W. T. B.) Von 43 weiter be kannt gewordenen Deputirtenwahlen für den Reichstag entfalle 32 auf die Kandidaten der Liberalen, 5 auf die der Rechte und 6 auf diejenigen der äußersten Linken. Unter den ge wählten Liberalen befinden sch Graf Somssih, Baron Pod manizky, Ferdinand Eber, Baron Kemeny, Johann Bartol und Graf Paul Szechenyi.

Schweiz. Bern, 1. Iuli. (W. T. B.) Der Stände rath ist dem Beschlusse des Nationalrathes, betreffend die de Berner Regierung für die Wiederzulassung der ausgewiese nen jurassishen Geistlichen bis zur Mitte November d. I zu gewährende Frist, mit 24 gegen 16 Stimmen beigetreten.

Großbritannien und Jrland. London, 30. Juni Ihre Majestät die Königin stattete geftern in Begleitung de Prinzessin Beatrice der leidenden Herzogin von Cambridge it Kew einen Besuch ab. Professor Max Müller aus Oxfor fam am Montag im Windforschlosse an und wurde zur König lihen Tafel gezogen. \schiedete, hatte er die Ehre, ihr den 6. und leßten Band seine Edition des „Rig-Veda“ oder heiligen Buches der Bramine zu überreihen. Der Sultan von Zanzibar begab fis gestern mit seinem Gefolge und seinen englishen Begleiter! nach Woolwih, um das dortige Arsenal in Augenschein z1 nehmen. Dort wurde er mit militärischen Ehren empfange und durhch sämmtlihe Werkstätten geleitet. In der Geschü

‘gießerei wohnte er dem Prozesse der Vetwandlung einer riesige]

Eisenstange in einen der Cylinder, welche einé 838 Tonne \{chwere Kanone bilden, bei. Am Abend \peiste der Sultan b( Lord I dem Minister für Indien.

2. Juli. Unterhauses beantwortete der Präsident des Handelsamtes Adderley, die von Lord Eslington bereits am Montag angs kündigte Interpellation darüber, ob die Agenten der aus ländischen Rheder in London, Liverpool, Leith, Newcastle un Cardiff gegen den Artikel 6 des Geseßentwurfs über di Kauffahrteischiffahrt, welcher die Nationalität der Schiff betrifft, Protest erhoben hätten, dahin, daß bei dem Handels amte kein Protest gegen Artikel 6 des genannten Gesezentwurf eingegangen sei. Der betreffende Artikel fei übrigens nicht gege die ausländishen Schiffe gerichtet, sondern bezwecke nur, die u rechtmäßige Uebertragung englisher Fahrzeuge in ausländi Schiffsregister zu verhindern. Der Artikel entsprehe in dies Hinsicht den von dem größten Theile der \eefahrenden Natione gestellten Anforderungen.

Frankreih. Paris, 1. Juli. (W. T. B.) Das vie fah verbreitete Gerücht, daß die Regierung wegen Auflösun der Nationalversammlung Entschließungen gefaßt hab wird regierungsseitig mit dem Hinzufügen für unbegründ erklärt, daß die Regierung die Auflösungsfraage als ganz un aus\chließlich zur Kompetenz der Nationalversammlung gehö betrachte.

Versailles, 1. Juli. (W. T. B.) Nationalversamn lung. Die Berathung der Eisenbahngesezvorlage gedi auch heute noch nicht zu Ende, sondern wurde auf morgen ve tagt. Mehrere der zu der Vorlage gestellten Amendeme wurden abgelehnt.

Spanien. Madrid, 1. Juli. (W. T. B.) Na Meldung der amtlihen „Gaceta“ find die Städte und Or \chaften: Santa Barbara, Villatuerte, Estella, Cironq Maneru, Artazu in Navarra von den Regierungstruppen hef beschossen worden. Bei Maneru wurde die carlistische 2 tillerie zum Rückzug gezwungen; Estella wurde aus 16-Ce timeter-Geshüßen beschossen. General Martinez Campos ta! am 28. v. Mts. in Morella. Die starken Positionen d Carlisten in der Provinz Castellon waren von der Divisid Montenegro genommen worden, die @©arlisten hatten \sich in gr ßer Unordnung zurückgezogen. Durhch Königliche Ve ordnung ist die Detachirung der Coupons der konf lidirten Shuld für den 1. d. M. angeordnet; die Pre für die Tabaksforten sind erhöht worden. Durch min sterielle Verfügung is angeordnet, daß von jeyt ab «a in Spanien Reisenden beim Ueberschreiten der Grenze sowo bei der Ankunft, wie bei der Rückreise ihren Paß wieder v zeigen müssen. '

2. Juli, (W. T. B.) Einer der Regierung zugega genen Depesche zufolge hat der General Jovellar dem C4 listenhef Dorregaray in der Nähe von Vistabella eine Nied! lage beigebraht. Die Carlisten hatten einen großen Verlust ( Todten, unter denen sich auch Vilalain befinden foll.

Se. Majestät versicherte sodann, es!

abhalten wird, beginnt um 9 Uhr}

die Anarchie eingebürgert werden

Ehe er sich von der Königin verab|

(W. T. B.) In der gestrigen Sizung deF'

Griechenland. Der „Agence Havas“ geht aus Athen vom 1. Juli die Nachricht zu, daß der König niht im Ent- ferntesten „an eine Abreise denke, daß kein ausländishes Ge- \chwader in den griehishen Gewässern -kreuze und daß in der inneren Verwaltung Alles in normalmäßiger Weise verlaufe. Die Vorbereitungen zu den Neuwahlen zur Deputirten- kammer seien in vollklommenster Ruhe getroffen, die aufgestellten Kandidaten seien bis jest wenig bekannt, die Regierung erkläre,

daß sie sich jeder Wahlbeeinflussung enthalten werde.

Türkei. Konstantinopel, 1. Iuli. (W. T. B.) Der Sultan hat heute den österreichishe1 Botschafter, Grafen Zichy, welcher morgen einen zweimonatlihen Urlaub antritt, in einer Abschi-dsaudienz empfangen und demselben den Groß- kFordon des Osmanie-Ordens mit dem Stern und Brillanten Üüberreiht. Der russishe Botschafter, General - Lieutenant Ignatieff, tritt am Sonnabend eine Urlaubsreise nah Deuisch- [land an, um daselbst die Aerzte wegen einer Augenkrankheit, an der er seit sech8 Monaten leidet, zu konsultiren.

Nuféiland und Polen. St. Petersburg, 30. Iuni. Ueber den Gesundheitszustand Sr. Kaiserlichen Hoheit des Prin- zen Peter von Oldenburg veröffentlicht der gestrige „Grash: danin“ recht betrübende Nachrihten. Der Prinz, welcher \fich in Wildbad befindet, soll nah einander zwei Schlaganfälle gehabt haben, welche ernstlih für den Hohen Patienten befürhten lassen. Der Prinz Alexander ist zu dem Vater gereist.

Ueber die revolutionäre Propaganda unter der russischen Schuljugend hat der Minister der Volksaufklärung am 24. Mai ein Cirkular an die Kuratoren der Lehrbezirke er- Lassen, welhes nah der „St. Pet. Ztg.“ lautet :

Im Dezember 1874 sandte ich Ew. Ercellenz cin Verzeichniß von Vüchern und Broschüren revolutionären Inhalts mit dem Zweck, die Direktoren und Inspektoren der Volféschulen bei ihrer Schul- aufsicht damit bekannt zu mahen. Gegenwärtig hat mir dec Justiz- Minister ein gedrucktes Memorial über die verbrecherishe Propaganda, welche in einigen Gegenden des Reichs aufgedeckt worden ift, über- mittelt. Indem ih Jhnen hierbei cin Exemplar diescs Memorials Übersende, bitte ih Sie, bei persönlichen Erörterungen mit den Schul- vorständen diesen über die enthaltenen vollständig glaubwürdigen An- gaben Mittheilung zu machen.

Es erweist sih, daß die Revolutionäre sih das, was jedem

Lhrenhaften und aufgeklärten Menschen ein Gegenstand besonderer

Fürsorge und Beschüßung is, die Jugend und die Schule nämlich, zum Werkzeug ihrer shändlichen Propaganda gewählt haben. Und Das ist begreiflih; ihre kommunisti\chen Lehren, die sih zur Mieder- werfung aller gesellshaftlihen Organisation neigen, an deren Stelle

e: l foll, find bis zu dem Grade aber- wißig und 10h, daß sie höchstens bei Kindern, unreifen Jünglingen und unentwickelten Leuten aus dem gemeinen Volk Erfolg finden können. Leider finden aber diese Kinder und Jünglinge, statt in ihrer Umgebung und in ihren Familien auf Widerstand gegen die

an siè herantretenden Aufreizungen und politischen Phantasien zu treffen,

Pisweilen im Gegentheil Ermuthigung nnd Unterstüßung. Nur dadurch läßt fih auch die Verbreitung sozialistisher Theorien, welche durch die gejunde Wiffenschaft {hon längst verurtheilt worden, in 37 Gouver- nements erklären. Wie die gerichtliche Untersuchung ans Lcht ge- ogen, haben einige Väter und Mütter ihre Kinder zu folchen

heorien verführt. Diese Erscheinung is in meinen Augen trauriger, als die Propaganda selbst. Sie zeigt, bis zu welchem Grade ober- ächlih und, ih sage es, unwissend ein gewisser Theil unserer Ge- ellschast ist. Sie befestigt mich noch mehr in meiner Ueberzeugung, E bei uns häufig nicht die Familie die Schule unterstüßt, sondern daß bei uns die Schule auch die Familie erziehen muß, was in keinem andern europäischen Staat vorkommt. Der Justiz-Minister charafterisirt die Lage fehr richtig mit folgenden Worten: „Die raschen Erfolge der Propaganda müssen sowohl dem i zugeschriecen weiden, daß die Propaganda feinen genügend starken und lauten Tadel Seitens der Gesellschaft fand, welche, ohne sich über die Bedeutung und den Zwcck dieser verbrecherishen Bestrebungen völlig klare Rechenschaft zu geben, fich mit Apathie, Gleichgültigk.it, bisweilen sogar mit Sympathie zu ihnen verhielt, als auch insbe» fondere dem Umstände, daß die Jugend, aus der das Hauptkontingent der fih mit der Propaganda beschäftigenden Personen hervorgeht, in der Umgebung, in welcher sie aufwächst und sich eutwickelt, keinen Widerstand gegen die verderblichen ' nd z:rseßenden Lehren findet.“ Mögen die Lehrer in diesem Fall die Eltern ersetzen, es ist das ihr direkter Beruf, mögen sie bei Gelegenheit und wenn es ihrer Meinung nah nöthig ist, den erwachseneren und verständigeren Schülern erzähl:n, daß die unglü@Ælichen politischen Fanatiker, unfer- tige Jünglinge, im Schilde führen, ihre falshen Phantasien ins Volk zu verpflanzen, wobei fie, wie ebenfalls durch die Untersuchung fest- gestellt worden, weder vor Diebstahl noch vor Raub, nicht einmal vor Mord zurückscheuen, und daß sie die Absicht haben, ge- rade sie, die Schüler, zu ihrem Werkzeug zu machen, Das wird für eine ehrenhafte Schulijugend, welche * jeßt immer mehr und mehr arbeitet, um mit der Zeit nüßlihe Staats- bürger zu werden, hinreichend sein. Die Wahrheit, fürchtet das Licht nicht, darum finde ih nicht nur keinen Grund, diese traurige Er- scheinung in unserem gesellschaftlichen Leben vor den Lehrern der

Jugend zu verbergen, sondern im Gegentheil, ih beauftrage Ew.

Excellenz, in meinem Namen den Schulvyorständen zu übermitteln, daß ich Sie bevollmächtige, den Lehrern und Erziehern davon zu sagen, Se. Majestät der Kaÿer geruht, so viel hohherzige Fürsorge für die Befestigung und Entwickelung unserer vaterländischen Aufklärung zu tragen, daß es niht nur unsere direkte Pflicht ist, sondern daß uns auch unser Gewissen dazu verpflichtet, für den Dienst Sr. Majestät und des Land:s Leute zu erziehen, die nicht nur dem Namen nach treue Unterthanen sind, sondern auch in Wirksamkeit genügend auf- geklärt sind, um mit Bewußtsein die staatlihe Ordnung aufrecht zu erhalten und in klarer Erkenntniß allen thörihten Lehren, von wo fie auch herrühren, entgegen zu wirken.

__ Schweden und Norwegen. Stockholm, 28. Juni. Die verwittwete Königin ist am Sonnabend laut Tele- gramm der „Post och Inr. Tid.“ in Mailand angekommen, nachdem Ihre Majestät fast alle Hauptpunkte Italiens besucht hat. Der \{chwedisch-norwegishe Gesandte am Hofe in “Berlin, Freiherr v. Bildt, wird mit seiner Familie eine längere Urlaubsreise nah Stockholm antreten; während seiner Abwesenheit wird der Legations - Sekretär Gardie als chargé d’affaires die Geschäfte übernehmen. Der \{chwedis{ch - norwegishe Minister in Rom, Freiherr von Essen, hat einen zweimonatlihen Urlaub erhalten, und wird während dieser Zeit der Cxpeditions-Sekretär Hr. Cederstrale als Chargé d’affaires fungiren. Staatsrath Carlson is nah Wiesbaden abgereist, um daselbs den größten Theil seines Ur- laubs zu verbringen. Am 13. Juli werden in Vesteras 23 General- stabs-Dffiziere eintreffen, um an den Feldmessungsübungen, welche bis Köping ausgedehnt werden sfollen, Theil zu nehmen. Zu Anfang August wird ein aus demDa mpfschifffe „Aeger“ und neun Kanonenbooten bestehendes Geshwader eine \sechs- wöchentliche Uebungsfahrt nach der Nordsee antreten. Chef des Ge- \hwaders is der Commandeur-Kapitän H. J. Müller.

Amerika. New-York, 1. -Juli,...(W. T. B.) Die Staatsschuld der Vereinigten Staaten hat fich laut amtliher Bekanntmahung im Monat Iuni d. I, um 1,431,000 Doll. vermindert. Jm Staats\haye befanden \ih

Graf de la

am 30. Juni c. 79,854,000 Dol. in Gold und 3,973,000 Doll. Papiergeld.

Mexiko. Aus San Francisco wird dem „New-York Herald“ vom 18. Juni telegraphirt :

„Der Dampfer „Newburn“, der in diesem Hafen vom californi- \{hen Meerbusen angekommen ist, berichtet, daß La Paz, die Haupt- stadt von Unter-Californien, sh am 2. Juni erfolgreih gegen die Regierung des Präsidenten Lerdo de Tesada empört hat. Señor Emiliana y Bara leitet den Aufstand gegen die Republik, Der Militärgouverneur und sämmtliche mexikanishe Beamten wur- den zu Gefangenen gemacht, und die in San, Antonio stationirten Bundestruppen fielen vor den Insurgenten zurü. Señor Bara, der Führer der Revolution, verlangt die Ernennung eines neuen Militärgouverneurs sowie eine Veränderung in dem ge- genwärtigen System dec Exekutivbehändlung des Volkes durch die föderirten Mexikaner. Der Dampfer „Newburn“ legte auf seiner Reise nah San Francisco infolge des Aufstandes in La Paz nicht an. General Davais wurde von JIbarra verhaftet. Die Magazine wurden geschlossen, und viele Kaufleute flüchteten nah Mazatlan. Alle Handelsverbindungen wurden suspendirt. Der „Newburn® konnte weder Güter noch Kontanten erlangen.“

Aus Südamerika meldet die „A A. C.“ vom 28. Juni Folgendes :

Aus Valparaiso wird vom 17. Mai berichtet, daß Don Alfonso zum chilenishen bevollmächtigten Minister zur Unterhand- lung eines Postvertrages mit Frankreich ernannt wurde. Don Ben- amin Vicuna Mac Kenna, der populärste Kandidat in den südlichen

rovinzen für die näbste Präsidentschaft von Chili, hat eine Adresse an seine Wähler veröffentlicht. Er verspricht darin, Religionsfreiheit im vollsten Sinne des Wortes befürworten zu wollen. Ferner ver- spricht er eine Reform der Nationalgarde im A Sinne, Ciyilebe, vollständige Besitnahme von Aranco durch Eisenbahnen und den Pflug; die Aufschließung der Flüsse und Seen der Provinzen Valdivia, Chilon und Blanquihue; die Herstellung von Eisenbahnen Über die Anden; die Bildung eines Ministeriums für Ackerbau, öffent- liche Arbejten und Einwanderung; Lokal-Autonomie für die neuen Pro- vinzen Illapal, Rancaqua und Lebu ; die Bildung von Marine-Gerichten, ländlicher Polizei und Gemeindesculen; die Abschaffung der Regie- rungs-Monopole sowie des fiskalishen Schaßes; die Einführung des Freihandels und von Geschworenen-Gerichten, sowie praktischer land- wirthß\chaftliher Studien auf von dem Staate subsidiirten Seminarien und endlich Wahlfreiheit.

Nach Berichten aus Callao vom 27. Mai hat der von der legislativen Körperschaft angenommene Salpeter-Geseßentwurf jeßt den Senat passirt. Die Erekutive soll die Salpeter-Fabriken und Ländereien èxpropriiren und eine Anleihe mit der- Garantie auf- nehmen, daß die Erträge der Axvleihe zur Zahlung des erwähnten Eigenthums verwendet werden und 3,000,000 Pfd. Sterl. für die Vollendung von Eisenbahnen liefern solle. Die Regierung hat in der

erson des Don Emilio. Althans und des Dr. Francis Rosas, früheren Ministers des Innern, zwei Spezial-Kommissare ernannt, die sich nach London und Paris begeben sollen, um diese Anleihe zu negociiren.

Asien. China. Ein in der „Times“ veröffentlichtes Privat- telegramm aus Peking via Shanghai meldet: „China bereitet die Bildung von Legationen und Konsulaten im Auslande vor. Neunzig chinesishe Beamte sind bereits für diése Posten defignirt. Der Generalgouverneur in Hankow, Bruder des großen Leh, hat Befehl erhalten, sich als Spezial-Kommissar nach Yunnan (zur Untersuhung der Ermordung des Engländers Margary) zu begeben.“

Kalkutta, 1. Juli, (W. T. B.) / Die Meldung, daß der König von Birma den englishen Truppen den Durchzug dur sein Gebiet verweigert hätte, bestätigt sich.

Afrika. Briefe aus Zanzibax vom 4. Juni von dem Korrespondenten der „Western Morning News“ melden die Wegnahme eines großen Sklavenschiffes durch I. M. S. „Flying Fish“ an der Küste von Madagaskar. Da die Mannschaft Flucht unmögli fand, ließ sie das Schiff auf den Strand laufen. Die Sflaven waren von Arabern geraubt, nach der Küste hinunter getrieben und dort eingeschifft worden. Der „Flying Fish“ brachte auch ein die französische Flagge füh- rendes Sklavenschif} auf, das demna den französishen Behörden ausgeliefert werden mußte und freigegeben wurde.

Auftralien. Aus Tahiti wird der Tod des jüngsten Sohnes der Königin Pomare gemeldet. Es war ein junger Mann von 28 Iahren, der in Frankreih seine Erziehung ge- nossen hatte. Er erlag am- 9. April der Shwindsuht nah mehrmonatlihem Krankenlager.

Die Nr. 13 des Armee-Verordnungs-Blattes (heraus- gegeben vom Kriegs-Ministerium) hat folgenden Inhalt: Verord- nung über den Urlaub der Reichsbeamten und deren Stellvertretung vom 2. Novembec 1874. Dislokation der 3, Eskadron 2. Bran- denburgischen Ulanen-Regiments Nr. 11 von Wusterhausen nah Perleberg. Kompetenz an Lagerstroh für Lieutenänts, welche als Kompagnie-, Eskadrone- oder Batterie-Führer fungiren. Eisen- bahn-Kommissariate. Regelung der Friedens-Eisenbahn-Transporte. Reglement für das Marketenderwesen.. vom 7. Mai 1875. Mittheilungen der Orispolizei-Behörden über den Ausbruch der Rotz- franktheit. Strafvollstreckungs-Kosten für Gefangene der Marine. Abänderung des Reitzeugs, sowie der Geschirre des Truppen- und Administrations-Trains. Einreihung der Waffen-Rapporte. Abänderung der Listenführung in den Lazarethen. Unerlaubte Anfertigung cines Dienftsieg-ls. Abänderung einer Vorschrift. Berichtigung der Nachrichten in Betreff des freiwilligen Eintritts in die Schiffsjungen- Abtheilung. Eröffnung der Eiseubahnstrecke Lünen-Dülmen. Eröffnung der Eisenbahn Berlin-Dresden über

Elsterwerda. Ermittelung der Entfernung nah resp, von dem

Bahnhofe, behufs Gewährung besonderer Reisekosten. Extra- ordinäre Verpflegungszuschüsse pro 3. Quartal 1875, Vergütungs- säße für Brod und Fourage und. Vergütungspreis für den aus preußishen Magazinen an Kadetten-Anstalten verabreihten Roggen pro IL. Semester 1875, Todtenshein, welher wegen Unvoll- ständigkeit. resp. Ungenauigkeit der Angabeu niht ausgehändigt werden konnte.

Nr. 12 des „Marine-Verordnungs-Blatts* hat folgens deu Inhalt: eschäften der Marine-Ersaßz- Kommissionen fommandirtcn Marine- aunschaften und Offizierburschen. Benennung des Lootsendampfers für die Jade. Anrechnung der Dauer der Reise S. M. S. „Eli- sabeth“ in den Jahren 1872 bis 1875 als doppelte pensionsfähige Dienstzeit. Halten der Justrumente Seitens der Offiziere und Seekadetten. Vergütung für Naturalverpflegung. Zum Gesetze Über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden. Das Ankern von Kriegsschiffen bei Kopenhagen. Geldbeschaffun g durch S. M. Schiffe und Fahrzeuge im Auslande. Kommandirung zur Marine-Akademie. Bestimmungen in Bezug auf die Jäger- büse m./71 (Stempelung von Reservetheil- und Patronenbüchsen, Ge- wehrstützen.) Verpflegungszuschuß für das 3, Quartal 1875.

Die Nr. 27 des „Fuüftiz-Ministerialblatts*“ für die Preußische Geseßgebung und Rechtspflege, herausgegeben in Bureau des Justiz-Ministeriums, enthält: Allgemeine Verfügung vom 29. Juni 1875, betreffénd den Geschäftsverkehr der Gerichte und der Beamten der Staatsanwaltschaft mit den Vertretern fremder Staaten am diesseitigen Hofe, Allgemeine Verfügung vom 30. Juni 1875, be- treffend den Umtaush von Münzen bezw. die Einlösung und Prä- flufion des Staatspapiergeldes.

Verpflegungézuschuß für die zu den Schreib- und Meß- [

Vereinswesen.

Nach dem vor Kurzem erschienenen Jahresberiht der Deut- schen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger ift im verflossenen Jahre die Zahl der ordentlichen Mitglieder von 24,264 auf 26,319, die der ordentlichen Jahresbeiträge von 85,390 ( auf 94,963 Æ gewachsen. Die Gesammtsumme der außerordentlichen (Stiftungs-) Beitxäge belief sich auf 13,832 A Im vergangenen Iabre find 12 Stat!ionen theils ganz neu gegründet, theils erheblich vervollständigt worden, wofür 41,630 #. ausgegeben werden mußten. Die sonstigen Ausgaben für Betrieb und Unterhaltung der Statio- nen, Verwaltungskosten, Jnspektionen, Versuche, Prämien für die Rettungen und Lebensversicherungsprämien für die Rettungsmann- schaften beliefen sich auf 72,660 4 Durch Abschr ibung hat sich der Werth des Eigenthums der Gesellshaft um rund 70,000 # vermin- dert; im Ganzen hat also das Vermögen der Gesellschaft, troß des Zuwachses an Mitgliedern vnd der Jabresbeiträge, um rund 20,000 abgenommen. Die Gesellschaft besteht zur Zeit aus 45 Bezirksvereinen, von denen 21 an den Küsten und 24 im Binnenlande sich befinden, und 69 Vertreterschaften. Die Zahl der im Betriebe befindlihen MRettungsstationen der Deutschen Gesellshaft von der Insel Borkum bis Nimmer- satt an der preußisch-russishen Grenze beträgt 69. Im Jahr 1874 find durch 9 Stationen der Gesell]|chaft 63 Personen gerettet, und b1s zum 1. Januar 1875 waren 766 Personen, bis zum 29. Mai 1875, dem zehnjährigen Stiftungstag derselben, über 800 Personen durch die Apparate der Gesellschaft dem Tod in den Wellen entrissen worden, An Prämi-:n sind den Rettungsmannschaften im vergangenen Jahre 2353 #. ausbezahlt worden. Der Jahresberiht enthält ein vollständiges Verzeichniß der Vorsteher der Vezirksvereine und Vertre- terschaften, ein Verzeic“ niß der Rettungsstationen und deren geogra- phische und örtliche Lage, sowie die Namen der 1064 Stifter der Ge- sellschaft. Nach dem Protokoll über die Jahresversammlung am 29, Mai d. J. soll die Zahl der Stationen abermals vermehrt werden. Der bisherige Vorstand is wiedergewählt, und hiernach S auf die nächsten drei Jahre abermals Vorort der Gesellschaft gebliebeu.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Zu dem am Sonntag, den 4. Juli cr, in Neustadt- Eberswalde stattfindenden Gesangfeste des Märkischen Sängerbundes werdén Extrazüge um 6 Uhr 10. Minuten und um 7 Uhr 30 Minuten früh vom Stettiner Bahnhof aus abgelassen.

Jn ver am 24. Juni gehaltenen Sißung des Vereins für G e- \chichte und Alterthumsfunde in Frankfurt a. M. berichtete Hr. Inspektor Prof. Dr. Jakcb Becker über einen von ihm und dem Lehrer Dr. Kirschbaum mit einer Klasse der Selekten- \hule am 17. Juni auf das Rômerkastell Saalburg bei Homburg vor der Höhe gemachten Ausflug und die daselbst unter Leitung des Hrn. Baumeisters Jacobi theils vorher, theils während ihres Aufenthalts gemachten neuen Funde. Dieselben bestehen: 1) aus Münzen (Trojan, Faustina, Gemahlin des Antoninus Pius); 2) beschriebenen Steinurkuäden, nämlich a. Legionsziegeln, mit der Angabe theilweise neuer Firmen; b. Am- horen, die mit einzelnen Buchstaben bezeichnet find; c. Töpfer- tempeln; d. den Trümmern von verschiedenen Genien gew-ihten Votivaltärcen, deren gewaltsame Zerstörung die ganze Wuth der Ale- mannen verräth ; besonders zu beklagen ist die Verstümmelung einer Inschrift, welche offenbar ein Datum enthielt 3) Email- Arbeiten, welche bei der im chemaligen Bundespalast dahier zu veranstaltenden Kunstindustrie - Ausstellung zur Ansicht kom- men dücften; 4) Glaswaaren, worunter ein angeblihes Fragment eines Spiegels, welches den Vortragenden zu éinem interessanten Exkurs über die Frage veranlaßte, zu welcher Zeit die Alten von den Metallspiegeln zu Glassp1egeln übergegangen seien; auch 1871 ift schon cin Stück Glas mit Metallbelag auf der Saalburg gefunden worden ; 5) Thonwaaren und Meiallgeräthe, wohin ein höch\ merk- würdiger, während der Anwesenheit der Frankfurter Touristen gemachter Fund gehört. Beim Fällen einer jungen Eiche fand sich unter derselben ein eiserner Eimer mit verschie- denen eisernen Geräthen und Waffenstücken, . alles zu einer Masse inkrustirt, angefüllt, und darum gruppirt neun Stück wohlerhaltener Thongefäße (Krüge, Teller, Schüsseln) mit Blatt- Ornamenten; wie Prof. Becker meint, die Habe eines römischen Soldaten, welche derselbe vor- der Flucht in die Erde geborgen.

Diese Gegenstände bilden eine neue Zierde des so reihen und in- ecressanten Homburger Museums von Alterthümern.

Die Profefforen der Philosophie Dr. Max Heinze zu Königs- berg und Dr. Wilhelm Wundt zu Zürich sind zu ordertli{hen Pro- fessoren der Philosophie an der Universität Leipzig ernannt worden.

-- Der 70. Géburtsôtag des Altmeisters der Karlsruher Künstler, Professor Adolf Schroedter, wurde am 28. Juni in Karlsruhe festlich begangen.

Der Großherzoglich badische Hof-Astronom Dec. Eduard Schönfeld in Mannheim hat von dem Großherzog von Baden das Ritterkreuz erster Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen erhalten.

Zu den interessanten Neubauten und Renovationen alter Baudenkmäler, welche in leßterer Zeit in Lüneburg in An- griff genommen und auégeführt werden, zählt in erster Reihe die in diejen Tagen ihrer - Vollendung entgegengehende Restauration des nordöstlichen alten und imposanten Hauptgiebels des archäologisch ungewöhnlich interessanten Rathhauses. Diesem aus der ersten Hâlfte des fünfzelznten Jahrhunderts stammenden, nahe an 100 Fuß hohen Treppengiebel in verziertem und buntem Backsteinhau drohte in seinen oberen Theilen der Einsturz und wurde gerade abgetragen, als die Mitglieder hansishen Geschichtsvereins vor Kurzem dort ihren Besuch machten. Bei dieser Gelegenheit wurde vielfah die Befürchtung ausgesprochen, daß der s{ôöne Bau durch die Restauration seines ur- sprünglichen Charakters beraubt und entstellt werden möchte. Diesen Vefürchtungeu gegenüber wird jeßt in der „Neuen Hann, Ztg.“ kon- statirt, daß die Restauration mit sorgfältigster Schonung der alten JIdole in ten Nischen in ganz vortrefflicher Weise ausgeführt ist, und daß jeder neu eingefügte Stein durchaus seinem morsh gewordenen Vorgänger entspricht. j

Zum 403. Jahrestage der Stiftung der Ludwig- Marximilians-Universität München fand am 26. v. M. in der großen Aula des Universitätsgebäudes die übliche Feierlichkeit statt. Die Festrede hielt der derzeitige Rektor Dr. Hecker über das Thema: „Albrecht v. Haller und seine Bedeutung, besonders für die medizi- nische Wissenschaft“. Nach Schluß der Rede gab der Rektor eine kurze statistishe Uebersicht Über die Frequenz der Hochschule, wobei er als bemerkenswerth hervorhob, daß die Zahl der bayerischen Rechts- kandidäten stark im Abnehmen, die der nichtbayerishen im Steigen sei. Zuleßt wurde das Resultat der vorjährigen Preisaufgaben be- kannt gemacht.

Der Kaschauer Dom hat durch den Orkan, der in der Nacht vom 20, auf den 21. Juni gewüthet, an feinen Ornamenten und sonstigen vorspringenden Baubestandtheilen namhaften Schaden gelitten. Sechs Thürmchen, zahlreiche Rosetten und der größere Theil des farbigen Ziegeldaches wurden zerstört, Auch die an der südlichen Döômseite stehende Sanct - Michaelis - Kapelle hat sehr- gelitten; die \{hönsten Statuen liegen verstümmelt um die Kirche herum.

Die Mitglieder der russischen Expedition nach Hissar und der diplomatische Agent Hr. Weinberg find nach der „Turkest. Ztg.“ am 29. April in Karsch i eingetroffen und Tags darauf fehr höôflich vom Emir empfangen worden. Gleichzeitig mit dem Emir hält sich einer seiner, jüngeren Söhne, sein Liebling, der Beg der Stadt Kermine, in Karschi auf. Am 5. Mai wollte Hr, Weinberg nah Buchara aufbrechen, während die Mitglieder der Expedition einen oder zwei Tage” früher sich aus Karshi nach Gusar aufmachen wollten, um die sehr wichtige Straße, welche aus Buchara über Karschi nah Baissun und von dort einerseits nah Schirowat zum Amu-Darja, andererseits nach Hissar, Dinau, Regar und in anderÈ