1875 / 159 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 09 Jul 1875 18:00:01 GMT) scan diff

In Konsequenz dieses Beschlusses wurden auch §. 168 Absaß 2 und §. 169 gestrihen. §. 170 faud unveränderte Annahme, . 171 mit einem vom Abg. Struckmann beantragten Zus- aße, wonach, wenn der Beschuldigte abwesend oder nah der That in Geisteskrankheit verfallen ift, das Gericht auhch die Einstellung des Verfahrens beschließen kann. Bej S. 172 wurde auf Antrag des Abg. Struckmann beshlofsen, dem G-- rihte niht blos nach ftattgehabter Voruntersuhung, sondern au, wenn nur ein staatsanwaltschaftlihes Vorverfahren vor- ausgegangen, bei realer Konkurrenz mehrerer Straffälle die Bes fugniß zu ertheilen, auf Antrag der Staatsanwaltschaft, in Ansehung der für die Strafzumessung niht erheblichen Fâlle die vorläufige Einstellung zu verfügen. Zugleich wurde ein Zusaßantrag der Abgg. Dr. Shwarze und H ange- nommen, wonach die Wiederaufnahme nur innerhalb dreier Monate seit der Rechtskraft des freisprehenden Erkenntnisses erfolgen darf. Die §8. 173 und 174 fanden unveränderte Annahme, §. 175 mit einem vom Abg. Hauck beantragten Zu- saße, daß es in Uebertretungsfällen keiner \hriftlihen Anklage bedürfe. In der Sizung vom 8, Juli wurde der die Vorbereitung der Hauptverhandlung betreffende fünfte Abschnitt (§8. 176— 188) erledigt. Die F; 176—178 wurden ohne Debatte an- genommen. Bei §. 179 fand ein Antrag des Abg. Struckmann Annahme, wonach die in dem Entwurf für ‘die Ladung zur Hauptverhandlung obligatorisch vorgeschriebene Warnung,“ daß der Beschuldigte im Falle seines unent\chuldigten Ausbleibens seine Verhaftung oder Vorführung zu gewärtigen habe, in den- jenigen leichteren Siraffällen, in welchen die Verhandlung auch in Abwesenheit des Beschuldigten vor sih gehen darf, unterbleiben

kann, indem man von der Erwägung ausging, daß es in diesen

&ällen nit unbedingt nothwendig sei, für eine alsbaldige Gestellung des Beschuldigten Sorge zu tragen. Bei §. 180 erhielt ein Antrag des Abg. Beer, eine Verkürzung der Frist mit ausdrücklicher Zustimmung des Beschuldigten zuzulassen, niht aber einen ftill- \{hweigenden Verzicht auf die Verkürzung zu gestatten, die Zu- ftimmung der Kommission. F. 181 wurde nicht beanftandet. Bei §. 182 entstand eine längere Erörterung darüber, ob über die Anträge des Angeklagten auf Ladung von Zeugén und Sachverständigen zur Hauptverhandlung der Vorfißende des Gerichts, wie der Entwurf will, oder das Gericht selbst ent- heiden soll. Die erstere Ansicht behielt die Oberhand, und

. 182 fand unveränderte Annahme. 2 183 führte in Folge des Antrags Dr, Wolff\fon : „Ergiebt \ih in der Hauptverhand- lung, daß die Vernehmung der unmittelbar geladenen Personen zur Aufklärung ‘der Sache dienlih war, fo hat das Gericht auf Antrag zu entscheiden, daß dic gescßlihe Entschädigung den- selben aus Staatsmitteln zu gewähren oder dem Ange- klagten zurückzuecstatten sei“, zu einer lebhaften Erörterung über die Frage: in wie weit den von dem Angeklagten geladenen Zeugen oder Sachverständigen eine Gewährung aus Staatsmitteln gebühre. Fast von allen Seiten wurde es anerkannt, daß die Gerechtigkeit es erheishe, die Vergütung \olcher von dem Beschul- digten unmittelbar geladenen Zeugen, welche in der Sigung ver- nommen find und daselbft etwas zur Aufklärung Dienliches ausgesagt haben, auf die Staatskasse zu übernehmen, und wurde der . Antrag Wolfson mit Ausnahme des Sages „oder. zurückzu- erstatten sei“ mit großer Mehrheit angenommen. Die S8. 184 bis 188 wurden unverändert angenommen, ein Antrag, êen Abs. 2 des §8. 186, welcher die eidliche g ung eines Zeugen oder Sachverständigen dur einen beauftragten odér ersuhten Richter wegen großer Entfernung des Wohn- oder Aufenthaltsorts ge: stattet, zu streichen, abgelehnt. Endlich erledigte die Kommission ohne wesentlihe Aenderungen die S8. 189—200 des 6. Ab- \hnittes, der die Hauptverhandlung umfaßt.

Die von dem Reichskanzler berufene, aus neun Mitgliedern bestehende Eisenbahn -Enquete- Kommission hat unter dem Vorfiße des Präsidenten des deutshen Landwirthschaftg- Rath, Rittershafts - Direktors von Wedell-Malchow, den erften Theil dieser Aufgabe, die Vernehmung von 42 Sah- verständigen aus dem Stande der Landwirthschaft, der In- dustrie, des Handels und der Eisenbahn-Fahmänner im Laufe des vergangenen Monats beendigt. Es wurden hierbei folgende Sachverständige einzeln vernommen: a. Aus dem Stande. der Landwirthschaft : die Herren Administrator Eisbein - Köningen (Rheinprovinz), Gutsbefißer Kreiß - Grünwehr (Ostpreußen), Dekonomie-Rath v. Laer - Münster, General - Sekretär Adam Müller-München, Frhr. v. Nordeck zur Rabenau - Friedehausen

(Oberhessen), Gutsbefiger Pasquay -= Wasselnheim (Elsaß), Professor Richter - Tharand (Sachsen), Ober - Kammer- Rath Rüder - Oldenburg, Oekonomie - Rath Schoffer-

Kirchberg (Württemberg), Graf von Wingzingerode-Bodenstein bei Worbis, Graf v. Zedliß-Trüßschler-Großenbohrau (Shhlesien). b, Aus dem Stande der Industriellen: die Herren Direktor BVertelsmann „in Bielefeld, Kommerzien-Rath Funke-Hagen, Fa- brikbesizer Herren\hmidt-Straßburg i. E., Geh. Kommerzien-Rath Haniel-Ruhrort, Direktor Servas-Laar, Direktor Dr. Seyferth- Braunschweig, Fabrikbesizer Schlumberger-Gebweiler (Elsaß), Fabrikbefizer Fr. Websky-Wüste-Waltersdorf (Schlesien) und Fa- brikbesiger Wiede in Plauen. c. Aus dem Handelsstande: die Herren Kommerzien-Rath Buresh-Hannover, Geheime Kommer- gien-Rath Dietrih-Berlin, Kaufmann Gehe-Dresden, Kaufmann Grunwald-Breslau,. Kaufmann Huber-Stuttgart, Kaufmann Hummel-Mannheim, Kommerzien-Rath Jaffé-Posen, General- Konsul Matthies-Hamburg, Dr. Perrot-Roftock und- Ban- quier Weigert - München. 4. Eisenbahn - Fahmänner: Die Herren Direktor Büchtemann-Berlin, Regierungs-Rath Jonas- Berlin, Ober-Inspektor Lavale-Ludwigshafen, die Geheimen Re- gierungs-Räthe Lengze-Breslau und Rennen-Cöln, Obor-Güter- Inspektor Muschmann-Mainz, Direktions-Mitglied Reizenstein- Berlin , Regierungs-Asse}sor Rummwel-Braunschweig , Direktor

Dr. Schulz-Straßburg, Geheime Regierungs-Rath Simon-Berlin, -

Bahnhofs-Inspektor tadlinger-Stuttgart und Ober-Controleur Teubner in Dresden. ‘Mit der Ausarbeitung des Referats auf Grund der stenographischen Berichte, welche gedruckt vor- liegen, ist der Handelskammer-Sekretär Dr. jur. Embden aus Hamburg betraut worden. Die S{hlußberathung der Kommisfion wird am 6. September beginnen und wird voraussihtlih \päter das Resultat der Arbeiten dem Publikum durch den Druck öugänglih gemacht werden.

Mit dem 1. Zuli d. J. ist für die Entwickelung der Bank- und Münzverhältnisse ein wihtiger Abschnitt ein- getreten, indem von diesem Zeitpunkt ab allen Notenbanken durch das Tegel untersagt i, Noten von 50 # und darunter auszugeben, oder die bei ihnen eingehenden kleinen Noten fremder Banken anders als zur Zahlung oder Einlösung bei den lehteren zu verwenden. Es handelt fich hierbei um Banknoten im Gesammtbetrage von 157 Millionen l. Der Ersaß derselben “im döffentlihen Verkehr ‘wiîrd aber, da

N m PRT e pri T

gleichzeitig eine Verminderung des umlaufenden Staatspapier- geldes und der Silbermünzen eintritt, zum großen Theile dur Goldmünzen erfolgen müssen, welche damit in erhebliherem Um- fange als bisher in Umlauf gelangen werden.

Es ift ferner, wie die „Prov.-Corr.* bemerkt, ein glücklihes Zusammentreffen, daß in demselben Augenblicke, wo die Be- dürfnisse unserer Banken hiernah das Festhalten der Gold- münzen dringend wünschenswerth machen, au die Verhältnisse des europäishen Geldmarktes, welche bisher den Abfluß deutscher Goldmünzen nah dem Auslande begünstigten, fich wesentlih verändert haben. Während die Ausfuhr unserer Münzen nah Frankreih und Belgien hon seit einiger Zeit mit Verlust verknüpft war, ist jezt auch in England ein Preis des Goldes eingetreten, bei welchem die Verwendung deutscher Goldmünzen zu Zahlungen in London keinen Vortheil mehr bietet. : :

Inzwischen hat die Münzreform au insofern weiteren ent- schiedenen Fortgang gefunden, als die Reichsmarkrechnung nun- mehr in ganz Deutschland, mit alleiniger Ausnahme von Bayern,

| bereits eingeführt ift, in Bayern aber die Einführung zum 1. Ja- nuar 1876 bevorsteht, Bis zu diesem Zeitpunkte werden ferner

au die Banknoten bis zu 100 Mark durchweg einzuziehen und der Ersaß derselben im Betrage von nahezu 200 Millionen Mark wesentlih in Goldmünzen zu finden sein.

Nach dem Allen wird, wie die „Prov.-Corr.“ bestimmt an- nimmt, der e Uebergang zur Reichsgoldwährung zum 1. Jauuar 1876 kei erhebliche Schwierigkeit mehr darbieten und die Anordnungen behufs Durchführung dieses entsheiden- den Schrittes werdèn rechtzeitig und zuversichtlih getroffen werden Tonnen, :

2 Unter den organisatorifchen Fragen, deren Regelung die Aufgabe des in Ausficht genommenen allgemeinen Unterrichts» geseßes bilden wird, is die Frage, welchen korporativèn Verbänden die Verpflichtung zux Unterhaltung der ösfentlihen Volks\chulen aufzulegen sei, eine der \{chwie- rigsten.

Die eingehenden Berathungen, welhe über diese Frage im Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten gepflogen worden find, haben nah einem Cirkularreskript vom 22. April d. I. bisher nur zu Einem Resultate geführt, nämlich zu dem wesentlih negativen, odaß die Durchführung derjenigen Bestimmungen, welche die Verfassungs - Urkunde vom 31. Januar 1850 behufs Lösung der Frage aufstellt, in voller Unbeschränktheit und Unbedingtheit nicht wird erfolgen können. Der Artikel 25 a. a. O. \hreibt vor: „Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der öffentlihen Volks\{chule werden von den Gemeinden, und im Falle des nachgewiesenen Unvermögens, ergänzungs- weise vôm Staate aufgebraht. Die auf besonderen Rechts-

titeln beruhenden Verpflihtungen Dritter bleiben bestehen. Der Staat gewährleistet demnach den _ Volks\chullehrern ein festes, den Loktalverhältnissen angemessenes Einkommen.

In der öffentlihen Volksschule wird der Unterricht unentgeltlih ertheilt." Einen Begriff der Volks\chule ftellt die Verfassungs urkunde selb| nicht auf. Niemand kann auch verkennen, daß derselbe verschieden begrenzt werden kann. Je nah seiner Be- grenzung wird die Unterhaltungspfliht größer oder geringer, werden die Substrate derselben weiter oder enger zu bestimmen sein, Ausgeschlo}sen sind, abgesehen von den Lehranftalten für u vollfinnigs: Kinder, *{édenfalls nur F'dlelenigen Unterrichts- anstalten, welche, wie die ymnasien, diè Realschulen, die Pro« vinzial-Gewerbe- und die speziellen Fachshulen, dazu bestimmt sind, der Jugend eine folhe Bildung * zu gewähren, daß die Zöglinge, welche \olhe Anstalt mit dem Zeugniß der Reife ver- lassen, zu selbständiger geistiger Fortbildung auf den Gebieten der Wissenschaft, der Kunst oder des Getwverbfleißes voll befähigt find.

Dagegen werden als Volks\hulen nit nur“ 1) diejenigen in das Auge zu fassen sein, über deren Einrichtung, Aufgabe und Ziel die allgemeine Verfügung vom 15. Oktober 1872 B,

2311 Besiimmung getroffen hat, sondern auch 2) die in der Verfügung von demselben Tage B. 2312 hbe- geihneten Mittelshulen gleihviel, ob fie unter diesem

oder einem anderen Namen bestehen, sowie, ob fie nur die Mini- mal-Klafsenzahl haben oder in mehr als sechs Klassen volstän= dig eingerichtet find, und die sogenannten Fortbildungs\culen, deren Grundzüge in der Verfügung vom 17. Juni 1874 aufgestellt worden find.

Geht man aber auch davon aus, daß die Verfassungs- Urkunde in dem gedachten Artikel 25 nur díe ad 1 bezeihneten Volks\ulen habe treffen wollen, so pi die Erfahrung do bereits unwiderleglih herausgestellt, daß der Grundsaß: lediglich und ausnahmslos die politishe Ortsgemeinde und im Fall ihres nahgewiesenen Unvermögens den Staat als zu ihrer Unterhal- tung verpflichtet hinzustellen, zu den allerbedenklihsten Resul- taten führt. Der Grundgedanke dieser Verfassungsbestim- mung war offenbar ein doppelter; nach der einen Seite sollte die Unterhaltungspflicht nicht durch die Zugehörig- keit der Pflichtigen zu einex bestimmten Konfesfion oder einem be- stimmten Stande bedingt sein, nah der andern Seite aber follte und mußte der Pflichtige der Regel nah auch fähig sein, der ihm auferlegten Verpflichtung voll ändig und auf die Dauer zu genü- gen. Dies trifft entschieden bei einer großen Zahl politischer Orts- gemeinden nicht zu. Man hat fi in dieser Beziehung zu vergegen- wärtigen, was Alles die Unterhaltung einer Schule umfaßt. Es gehören dazu die Beschaffung, Unterhaltung und Erweiterung der für die Schule und die Lehrer erforderlichen Gebäude, freien Plägze, Gärten und Dienftländereien, fowie der Lehr- und Lernmittel, \o weit leztere nicht von den Eltern zu beschaffen, die Beschaf- fung der Ls und Pensionen für Lehrer und Lehrerinnen,

er Umzugs- und inführungskosten für dieselben, der Wittwen-

kassenbeiträge nach dem Geseh vom 21. Dezember 1869 und aller sonstigen für die Erfüllung des Schulzwecks erforderlichen Aufwendungen.

Dazu kommt, daß für die oben unter 1 bezeihneten Schulen das jeßt noch vielfach bestehende Schulgeld nicht wird Aa ean werden können Art. 25 a. a, V. \chließt es ausdrücklich aus und die Landesvertretung würde \{chwerlich zu einer Verfassungs- änderung in dieser Richtung ihre Zustimmung geben —, vor Allem âber; daß, abgesehen von den armen adckerbautreibenden Gegenden, linie die Rel veränderten Gewerbs- und Ver- kehrs-Verhältnisse der Neuzeit, insbesondere in den Fabrikdistrikten, viele Ortsgemeinden éntstanden find und no forigeseht entstehen werden, die neben den übrigen Kommunalbe ürfn herein zu den Shul- wie zu den kirhlihen Bedürfnissen das aus- reichende Quantuin fiher nit beizutragen vermögen. Soll der Staat in allen diesen einzelnen Fällen sofort herangezogen wer- den, so führt dies niht nur, wie die Erfahrung bestätigt, zu so zeitraubenden und weitläufigen Erörterungen über den Nahweis

des Unvermögens jeder spezicll in Frage kommenden Gemeinde,

Tg E R oe

fen von vorn-

daß die Sache selb, nämlich die Schule, und zwar die Freudi;

keit und Wirksamkeit der Lehrer, ebenso wie der Fleiß, die Zu und die Ordnung der Schüler darunter [eiden, sondern es kan au bei größter Sorgsamkeit und Gewissenhastigkeit aller mi wirkenden Organe keine Gewähr für absolut gerechte Verwen dung der vom Staate verfügbar gemachten Mittel erzielt wej dei, weil es fih nicht umgehen läßt, dieselbe zu niht geringe; Theile auf die subjektive Beurtheilung der unteren Verwaltung organe über die Leistungsfähigkeit der Gemeinden zu ftügen, | deren Folge um #\o erheblichere Abweichungen entstehen werdey je größer der Kreis und je verschiedenartiger die konkreten Ve hältnisse find, durch welhe das Urtheil beeinflußt wird, De Staate aber werden dadurch Laften aufgèébürdet, welche er jj erfter Linie niht übernehmen darf, wenn die richtige Förderun der geistigen Interessen der Nation nicht geradezu Schaden leide) soll, Die ganze gescihtlihe Entwickelung des Volks\hulwesen wie die Natur der Sache weisen darauf hin, daß daselbe ny dann gehörig gedeihen kann, wenn derjenige prästationsfähig korporative Verband die Lasten trägt, der das nächste Interess daran hat, daß das in ihm heranwahsende Geshlecht eine sol Ausbildung in Kenntnissen und Fertigkeiten, „Und eine sol religiöse und sittlihe Entwickelung empfängt, wie sie die Jugen| befähigt, einst nüglihe und wirksame Glieder des Staats un der in ihm geordneten Gemeinschaften zu werden.

In manchen Fällen, z. B. in einer Reihe von Städte auch wenn dieselben einen besonderen Kreis nicht bilden, wi dies ohne Zweifel auch heut noch die politishe Ortsgemeind sein, Sie wird deshalb hier auch Trägerin der Unterhaltungs psliht für die öffentlihen Volks\hulen bleiben können... J vielen anderen Fällen, insbesondere bei mannigfahen ländlihe Gemeinden und in Gutsbezirken, in denen jedenfalls die Sonder pfliht des Gutsherrn als \olchen aufzuhören haben würde, wir! dies sicher niht mehr zutreffen,“ 7

Wird hiernach das negative Resultat der Erörterunge kaum einem Bedenken unterliegen können, so nimmt der Minist: andererseits doch Anstand, bestimmte positive Vorschläge für di Legislative eher- festzustellen, als derselbe die dabei zu beachten den konkreten Verhältnisse in den einzelnen Landestheilen voll

ständig übersieht, und die gutachtliche Aeußerung 0 Bei

hörden erhalten hat, welche diesen Verhältnissen näher ste en un! die in Betracht kommenden Gesichtspunkte unter Berükfichtigun der von ihnen gewonnenen praktischen Erfahrungen richtig z beurtheilen vermögen. E

Deshalb hat der Minister die Ober-Präsidenten ersu nah. Anhörung der Königlichen Regierungen und einzelner vor gugsweise dazu geeigneten Landräthe ihn über einzelne Frage mit einer motivirten gutachtlichen Aeußerung zu versehen, nad dem eine statistische Feststellung der bestehenden Zustände fta gefunden hat.

Die vertragsmäßige Annahme eines Vikars Seiten eines Geistlichen, welhe vor Emanation der Maigesezze erfolg ift, deren bis{chöflihe Approbation jedoch erst- nah Emanatio der Maigesege hinzutrat, unterliegt, nah einem Erkenntniß de Ober-Tribunals vom 18. Juni d. I,, den maigesegzliche Vorschriften. „Wenn der §. 510, Tit. 11, Thl. I. Allgen

L. R. den katholishen Pfarrern gestattet, unter Approbation de! i

vorgeseßten Konsistoriums, beständige Amtsgehülfen anzunehme und der §. 513 hinzufügt, daß die Vertheilung der Geschäft die Dauer der Vertretung u. \. w. durch den unter Approbatio

der geistlihen Oberen geshlossenen Vertrag bestimmt werde,

kann es keinem Bedenken unterliegen, daß das wiederholt hervorÆ

gehobene Erforderniß der Approbation eine wesentlihe Bedin gung der Wirksamkeit des Vertrages darstellt und in der Er theilung derselben die Uebertragung der Vertretung gefunden werden muß.“

Eine drohende Zwangsvollstreckung im Sinn des Strafgesehbuches (8.288) ift, nach einem Erkenntniß des Ober-Tribunals vom 17. Iuni d. I. bereits dann vor handen, wenn die von einem Gläubiger eingeleiteten gerichtliche Schritte eine Verurtheilung des Schuldners und in deren weiterer Verfolgung eine ZwangsvollftreŒung gegen den leßteren in nahe Ausficht stellen. Dagegen ist es für die strafrehtlid Verfolgung eines Schuldners , welcher Bestandtheile seines Ver- mögens bei Seite \{ha}t, nit nothwendig, daß bereits ein exe kutorisher Titel exiftire und bestimmte Gegenstände für den Erxe- kutor ins Auge gefaßt seien.

Der Königlih \{chwedische Kabinets-Kammerherr Graf Axel von Wachtmeister, traf gestern früh mit Familie aus Marienbad hier ein und reiste Nahumittags über Stralsund nah Stockholm weiter.

Danzig, 9. Juli. (W. T. B.) Der Minister der land- wirthschaftliden Angelegenheiten, Dr. Fried enthal, if gestern Abend von Elbing über Tigenhof und Stutthof hier eingetrof- fen. Der Minister wird heute einer Sizung der Regierung beiwohnen und Nachmittags an einem Diner im Franziskaner- kloster theilnehmen, welches die Mitglieder der landwirthshaft- lichen Vereine veranstalten. Morgen gedenkt der Minister die R ieselfelder zu befihtigen und später mit einem Dampfer nah Hela und Zoppot zu fahren. Am Sonntag früh erfolgt die Rückreise nah Berlin.

Münster, 8. Juli. (W. T. B.) Der Königliche Gerichts-

of für fkirhlihe C hat, wie der „Westfälische

erkur“ erfährt, beschlossen, gegen den Bischof Brinkmann

hier das Verfahren auf Amtsentsezung einzuleiten, Mit der

Voruntersuhung sfoll der Kreisgerihts-Rath Müller betraut und

der Termin zux verantwörtlichen Vernehmung des Bischofs be- reits auf den 10. Juli anberaumt sein.

Vayeru. München, 7. Iuli. Wie die „Allg. Ztg. vernimmt, wird Se. Majestät der nig am 9. d. M. gleich wie im Vorjahr cinen mehrwöchigen Aufenthalt in Hohen- shwangau nehmen. Der zur Vorlage an den nächsten Land- ag im Landtagsabschied in Ausficht gestellte Gef eßentwurf als der ‘von den Kammern beantragten Revision der geseß- lihen Vorschriften über Schußzwaldungen is vom Mini- sterium den Kreisregierungen zur Begutachtung zugestellt wor- den, Zur Berathung dieses Gutachtens ift unter dem Vorsiß des Präfidenten der Regierung von Oberbayern, v. Zwehl, eine aus Beamten der Kreisregierung und hierzu einberufenen Be- zirksamtsmännern- und Forstbeamten bestehende Kommission: zu- sammengetreten, das gleiche dürfte auch Seitens der andern Kreis- regierungen gesehen. :

8, Juli. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Kron- prinz Humbert von Italien ist von Wien aus hier einge- troffen und hat mit dem um 7 Uhr Abends abgegangenen Zuge seine. Reise nah Cöln fortgeseßt.

Augsburg, 8. Iulf, ¿ Abendzeitung“ {reibt : Sicherem Vernehmen nah beabsichtigt die

(W. T, B.) Die „Augsburger f

Staatsregierung, in der zweiten Hälfte des August den Land- tag einzuberufen und denselben je nah dem Ausfall der Wahlen entweder nah wenigen Wochen bis zum Ende des Oktober zu vertagen oder aber aufzulösen und in diesem Falle neue Wahlen anzuordnen. s

Württemberg. Stuttgart, 7. Juli. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich if gestern Vormittag zum Besuche der Königlichen Familie in Sriedrihshafen eingetroffen und hat fich Abends nah Seefeld zurückbegeben. Die gestern ausgegebene Nummer 24 des Regierungsblattes publizirt das Gesetz, betreffend Abänderungen und Ergänzungen des Gefegzes vom 24. Juli 1871, betreffend die Errichtung einer Noten- bank, vom 27. Zuni 1875. Wie aúùs Brackenheim ge- meldet wird, find am 6. d. M. auf ihrem Math ins Lager nah Griesheim bei Darmstadt, der 8 Tage in Anspruch nimmt, die 5. und 7. Batterie des 2. Geldartillerie - Regiments mit je 4 Geschüßen von Ludwigsburg daselbst eingerückt zu eintägigem Quartier. Am 7. sollte der Marsh nah Ricbhen fortgeseßt wer- den. Die Dauer der Schießübungen in Griesheim, das an Stelle von Gmünd getreten if, beträgt 6 Wochen, In Griesheim wird die gesammte württembergische Artillerie vereinigt.

Baden. Karlsruhe, 8. Juli. Zur Theilnahme an den Hoffestlichkeiten sind Heute Nachmittag Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Ludwig von Hessen hier eingetroffen. Ueber die Festlichkeiten der nächsten Tage vernimmt die „Karlsr. Ztg.“ daß am Donnerstag Abend die vereinigten Gesangvereine und Militärkapellen hinter dem Schlosse eine Serenade bringen werden, Am Freitag Vormittag werden rößere Truppen- übungen auf dem Exercirplatze abgehalten werden. Nachmittags wird die Schuljugend dem Erbgroßherzog ihre Huldigung dar- bringen und später im Sallenwäldhen ein Musikfest stattfinden. Abends werden das Rathhaus, das alte Lyceum und das Vier- ordts-Bad illuminirt. Um 9 Uhr Abends wird von den Mit- gliedern der Militärvereine von Karlsruhe und Umgebung ein GFadelzug veranstaltet werden, der bereits die Allerhöchste Genehmigung erhalten hat. Das Ministerium des Innern hat unterm 2. d. Mts. die altkatholishe Gemeinde Durlach in den halben Genuß des örtlichen Kirchenvermögens eingewiesen. Der frühere Theater-Direktor Dr. Köberle ift vorgestern nah eintägiger Verhandlung vom Schwurgericht wegen mehrfacher Beleidigung des Landesherrn zt dreimonatliher Festungsstrafe verurtheilt worden. Die Squldfrage wegen Er- pressung wurde von den Geschworenen verneint.

Hessen. Darmstadt, 7. Juli. Dem Großherzoglichen Polizeiamt Darmstadt ist die Summe von 1716 A im Namen Sr. Májestät des Kaisers von Rußland durh die Kaiser- lih russishe Gesandtschaft zur Vertheilung unter hülfsbedürftige Angehörige des Großherzogthums übermittelt worden.

Nah Artikel 1 des seit dem 1. Zuli in Kraft getretenen Geseßes über die Vorbildung und Anftellung der Geistlichen kann ein Kirchenamt nur cinem solhen Geiftlihen übertragen werden, welcher neben den allgemeinen Voraus- sezungen nicht von der Regierung als ihr in bürgerlicher resp. staatsbürgerlicher Beziehung mißfällig erklärt worden ift, Diese Bestimmung soll regelmäßig Anwendung finden, einerlei, ob nur Stellvertretung oder Aushülfeleistung stattfindet. Außer- dem hat jeder Geiftliche vor Uebernahme des Kirchenamtes den Verfassungseid abzuleiften. Die Verwaltungsbehörden find angewiesen worden, sich bei Diensteinweisungen von Geistlichen resp. Einweisung in die Pfründe oder ein Vikariat genau zu ver- gewissern, ob obige Vorausseßungen erfüllt find, und ist der be- treffende Geistlihe, sobald er seinen Dienst antreten will, zur Ableistung des Verfassungseides vorzuladen, falls dieser Akt niht {on früher stattgefunden haben sollte. 2

Sachsen - Weimar- Eisenach. Weimar, 7. Juli. In den [leßten Tagen haben wiederum Verhandlungen über die Neugestaltung der thürin gischen Gerihhtsbehörden stattgefunden.

Oldenburg. Oldenb urg, 6. Juli. Auf Anregung der Landwirthschafts-Gesellshaft hat das Staats-Ministerium sih bereit erklärt, zur Unterftüßung der erweiterten Volks - odér Mittelschulen, die ‘in ziemliher Anzahl auf dem platten Lande, namentlich in den Marschen entstanden sind, staatliche Zuschüsse in Ausficht zu nehmen. Die Vorbereitungen für die Neuwahlen sum Landtage werden, der „Wes.-Ztg. zufolge, bereits getroffen. Die Gemeindevorsteher sind zur Auf- stellung der Urwäßlerlisten aufgefordert und wird -nach Aus- [legung derselben die Wahl der Wahlmänner und Abgeordneten um Mitte August stattfinden, #o daß die Einberufung des Land- tages im Oktober erfolgen kann. Der Wahlmodus ift bekanntlich Die Eintheilung der Urwähler in drei Klassen ist durh das Wahlgeseß von 1868 abgeschafft. Jeder s\elbstän- dige Staatsbürger, der das 25. Lébensjahr überschritten hat, ist stimmberechtigt uud wählbar zum Wahlmanne und Abgeordneten. Die stimmberechtigten Wähler eines Wahlbezirkes, deren jeder ih an- die politishe Gemeinde anschließt, wählen auf je 500 Ein- wohner einen Wahlmann und sämmtlihe Wahlmänner eines Wahlkreises auf je 10,000 Einwohner einen Abgeordneten. Der Es des Großherzogthums besteht hiernah aus 31 Abgeord- neten.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 7. Zuli. (Wien. Ztg.) Bei Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin fand gestern in der kleinen Galerie in Schönbrunn ein Familiendiner statt, welhem beiwohnten: Ihre Kaiserlihen und Köni lichen Hoheiten der Durchlauchtigste Herr Erzherzog Kronprinz udolf und die Durhhlauchtigsten Herren Erzherzoge und Frauen Erz- herzoginnen Karl Ludwig, Marie Therese, Ludwig Victor, Johann, Friedrih, Wilhelm, Ioseph, Leopold, Sigismund, Rainer, Marie, Heinrih, Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit Friedrich, Wilhelm , Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Thronfolger Alexander von Rußland, e; e Hoheit der Kronprinz umbert von Italien, Se. Königliche Hoheit Prinz Luitpold von ayern, Se. Königliche Hoheit Prinz Wilgelm von Württem- berg, Se. Königliche Hoheit Herzog Nikolaus von Württemberg, Se. Königliche Hoheit Dom Miguel de Braganza, Se. Groß- herzoglihe Hoheit Prinz Karl von Baden, Se. Hoheit Herzog Wilhelm .von Braunschweig, Se, R Herzog Wilhelm. von Mecklenburg, Se. Hoheit Prinz Gustav zu Sachsen-Weimar, Se. Durchlaucht Prinz Wilhelm zu Lippe-Schaumburg. Gleichzeitig war im Ceremoniensaale eine Marschallstafel, Heute Nachmittags um 5 Uhr wurde in der Hofburg-Pfarr- kirhe in Anwesenheit Ihrer Majestäten für weiland Se. Maje- stät Kaiser Ferdinand die Vigil abgehalten. Morgen, den 9.)

und Freitag, den 9, d. Mts., werden um 104 Uhr, Sonnabend, den 10.,, um 11 Uhr in der Hofburg-Pfarrkirhe Seelenämter für weiland Se. Majestät Kaiser Ferdinand abgehalten werden,

Se. Kaiserlihe Hoheit derx Großfürst - Thronfolger von Rußland, Alexander Czesarewitsch, Se. Königliche Hoheit der Kronprinz Humbert von Italien und Se. Königliche Ho- heit der Prinz Wilhelm von Württemberg haben heute Vor- mitiags Wien verlassen.

8, Juli, (W.'T. B): / Na Meldung der „Wiener Abendpost*“ wurde Kaiser Franz Iosef noch im Laufe der vergangenen Nacht von dem Eisénbahnunfall benahrihtigt, den der von Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen des Deutschen Reichs und von Preußen benußte Zug erlitten hatte. Der Kaiser \endete sofort auf telegraphishem Wege den Ausdruck des wärmsten Bedauerns an den Kronptinzen mit dem herzlichsten Glückwunsch über seine Rettung aus Lebensgefahr. Nach Mittheilung der Direktion der Westbahn trifft die Schuld des Unfalls den Wächter und den dienstthuenden Beamten, der nah einer erf jüngst wieder einge- \chärften Vorschrift vor dem Einfahren des Personenzugs die Weichenstellung überwachen sollte. Der Handels - Minister hat den General - Direktor der Westbahn zu fi berufen und die strengste Untersuchung und Ahndung angeordnet. Das näm- lihe Blatt bestätigt, daß der Kronprinz Rudolf an Vari- ellen erkrankt sei, daß indeß die Krankheit normal verlaufe, auch keine Fieberersheinungen vorhanden seien. Ge Ee

e E A Bezüglich der nah Auswärts ge- meldeten Nachricht von dem Sheitern. der Verhandlungen zwischen Ungarn und Oesterrei über Erneuerung des

österreihish-ungarischen Handelsbündnisses wird unterrichteter-

Seits hervorgehoben, daß ein offizieller Beginn der bezüglichen Verhandlungen bis jetzt nicht stattgefunden haben und daß des- halb au von einem Scheitern derselben keine Rede sein könne.

Prag, 8. Juli. Ihre Majestät die Königin von Shwe- den ift geftern Abends auf der Westbahn hier angelangt, und ret heute Abends ¿um Kurgebrauche nah Wartenberg ab.

Velgien. Brüssel, 9. Juli. (W.T. B.) Der „Moni- teur“ publizirt das Ges eß, betreffend die Strafbestimmungen gegen das Anerbieten zur Begehung gewisser Verbrechen (Gesetz Duchesne).

Großbritannien und Irland. London, 7., Juli. Ihre Majestät die Königin inspizirte gestern in Windsor das 2. Bataillon der Grenadiergarde. Nachmittags empfing Ihre Majestät den Besuch des Großherzogs und der Großherzogin von Mecklenburg - Strelizg. Der Marquis von Hertford (Oberst - Kämmerer), Earl Beauchamp und Lord Henry Somerset überreihten Ihrer Majestät eine gemein- same Adresse beider Häuser des Parlaments, worin die Ernennung einer Königlichen Kommission zur Untersuhung der Wahlumtriebe in Norwich nahgesucht wird. Den bis jeßt getroffenen Dispositionen zufolge fiedelt der Hof am 13. ds. nach Osborne, Insel Wight, über. Die Königin der Nie- derlande kehrt nah den bisherigen Dispositionen am Sonn- abend nah dem Haag zurück. Der Sultan von Zans zibar, der in Liverpool weilt, nahm gestern an Bord “eines Lustdampfers auf der Mersey die Dos, Werften und andere Etablissements der See- und Handelsftadt in Augenschein. Am Abend war der Sultan der Gast des Bürgermeisters bei cinem Bankett im Rathhause. E 4 i

8. Juli. (W." T. B.) Unterhaus. Der Premier Dig- raeli zeigte an, daß der Besuch des Prinzen von Wales in Indien 6 Monate dauern werde und daß die Abreise des- selben auf Mitte Oktober d. J. festgeseßt sei. Die Kosten für die Seereise betrügen 52,000 Pfd., die Kosten für den Aufent- halt in Indien, wo der Prinz Gast des Vize-Königs sein werde, seien auf 30,000 Pfd. angeschlagen - und würden aus dem indis hen Staatsschaßze bezahlt. Er {lage vor, daß dem Prinzen außerdem noch460,000 Pfd. zu persönlihen Ausgaben bewilligt würden. Alf eine Anfrage Duffs erwiderte der Unterstaats- sekretär im Departement für Indien, Lord Hamilton, er habe Grund zu glauben, daß Sir Douglas Forsyth wegen der Differenzen mit der Regierung von Birma zu einem befriedigenden Ab- tommen gelangt sei; aber die nah der Ermordung Margary's erfolgte kordiale Aufnahme cines chinesishen Generals durch den König von Birma habe es nothwendig erscheinen lassen, vom König von Birma zu verlangen, daß er der voñ England ge- suhten Genugthuung keinerlei Hindernisse in den Weg lege. Der König hábe jedoch den Durchmarsch englischer Truppen durh Birma verweigert. Er hoffe indeß, der König werde der gerechten Forderung Englands nachgeben und England jeden Zusammenstoß vermeiden, Die Verhandlungen seien noch in der Schwebe, eine Mittheilung der bezüglichen Schriftstücke sei niht opportun. Disraeli beantwortete die Anfrage Wady's, be- treffend den Prozeß O'Keef gegen Kardinal Cullen,.und theilt mit, daß das Erkenntniß in dieser Rechts\ache noch nicht erfolgt sci, und daß es demzufolge unthunlich ersheine, eine Erklä- rung über das Verhalten des Richters bei der leßten Ver- handlung zu verlangen. Wenn fich indessen aus hin- reichenden Zeugenauss\agen herausstellen sollte, daß Eingriffe des Papstes oder irgend einer andern auswärtigen Macht in - die Rechtspflege oder in die Befugnisse öffentliher Beamten oder in die Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten Englands erfolgt seien, so würde dies eine Angelegenheit sein, welche in ernsteste Erwägung gezogen werden würde.

Am 5. Oktober d, I. foll in Glasgow eine große antipäpftlihe Versammlung stattfinden, in welcher der Earl of Galloway den Vorsiy führen wird.

Bedford, 8. Juli. (W. T. B.) Bei der heute statt- gehabten Eröffnung der landwirth\schaftlihen Aus- stellung waren der deutshe Botschafter Graf Münster, Lord

Arthur Ruf}ell und der französische Minister des Ackerbaues und k

O Vicomte de Meaux, zugegen. Der Marquis von vistock, brachte einen Toast auf den deutschen Botschafter aus,

welchen dieser dankend erwiderte, indem er die guten Beziehungen

wischen England und dem Deutschen Reiche hervorhob.

Frankreich. Versailles, 8. Iuli. (W.T. B.) National- versammlung. Bei der heutigen dritten Berathung des Ge- seßes über den höheren Unterriht wurde der 'erste Ar- tikel mit 515 gegen 117 Stimmen angenommen und erfolgte hierauf auch die Annahme von drei Paragraphen des zweiten Artikels. Die Weiterberathung des Gesehes wurde dann auf morgen vertagt. -

Spanien. Madrid, 8. Juli. (W. T. B.) Dorre- garay ift bei Barbastro zurückgeschlagen worden und in die Sierra de Guara entflohen. Er wird von den Regierungs- truppen lebhaft verfolgt. Die Einnahme von Cantavieja und dem dortigen Fort durch General JIovellar wird amtlih be- stätigt, die gesammte, aus 2000 Mann bestehende Besazung und

“d. i. 4

der Regierungstruppen gefallen. Nach Mittheilungen, welhe der Regierung zugehen, sind bei der Einnahme von Cantavieja außer 2000 Ge- fangenen auch eine große Anzahl von Waffen, zahlreiche Munition und Kriegsvorräthe den alfonsistishen Gene= ralen in die Hände gefallen, Vor Beginn des Bombarde- ments war den in Cantavieja befindlihen Frauen, Kin- dern und Greisen gestattet worden, die Städt zu ver- lassen. General JIovellar ist um 3 Uhr Morgens aufge- brochen und hat die Richtung nah dem Ebro hin eingeschlagen, um Dorregaray anzugreifen, Die vor Junquera stehenden Car=- liften sind von der Besaßung energisch zurückgewiesen worden. General Guerada hat die Carlisten bei Nanclares geschlagen, deren Positionen genommen und die Verbindung mit Vittoria hergestellt. Die Regierung wird, gutem Vernehmen nah, dem- nächst eine Note an die auswärtigen Regierungen richten, durch welche die Handelsverträge mit dem Auslande gekün- digt werden, um eine Revision derselben im näâhsten Jahre zu er- zielen.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 7. Iuli. Se, Majestät der Kaiser ist am 4. d. M. Abends wohl= behalten in Grodno eingetroffen, hat am folgenden Morgen über die daselbst zusammengezogenen Truppen eine Revue ab- gehalten, um 11 Uhr die Weiterreise angetreten und ist um 2 Uhr 30 Minuten Nachmittags in Wilna angekommen. Se. Majestät besuchte sogleich die griehishe Kathedrale daselbs und hielt dann eine Reoue über die Truppen ab. Ihre Majestät die Kaiserin ift am 4. Juli Abends mit Ihren Kaiserlichen Hoheiten den Großfürsten Ssergei und Paul Alexandrowitsch von Zarskoje-Sfelo nah Peterhof übergesiedelt. Wie die russishe „St. P. Ztg.“ hört, ift die Moskauer Kauf- mannschaft zuftändigen Orts mit der Bitte ein- gekommen, es möhte eines der Garde - Regimenter hbe- ständig in Moskau garnisonirt werden, damit die aus den Reihen der genannten Kaufmannschaft ausgehobenen jungen Leute ihrer Militärpflicht in diesem, keinem Garnifonswehsel unter- worfenen Regiment genügen könnten. Dabei macht sich die Kaufmannschaft anheishig, während der ersten drei Jahre nah Ueberführung des Regiments alle'Kosten für Unterhaltung dessel= ben aus eigenen Mitteln zu bestreiten. In der Nacht vom 12. zum 13. Juni ift Aftrahan dur einen großen Feuer - \chaden betroffen, der sich nah einer ungefähren Schäßung auf 14 Millionen Rubel beziffern wird. Es sind allein 70,000 Sack Brodkorn und Mehl verbrannt, deren Werth mit 350,000 R. nicht zu hoh angegeben is. Dem „Odessaer Boten“ wird geshrieben, daß man in Balaklawa demnähft aus Marseille die Maschinen erwartet, mit denen man die dort gesunkenen englischen Kriegs\chiffe zu heben gedenkt. Eines dieser Schiffe führte au eine beträchtliche Summe in Gold.

Riga, 8. Juli. (W. T. B.) Se. Majestät der König von Schweden, welcher gestern Abend 10 Uhr auf der hie- tsigen Rhede angekommen war, hat heute Vormittag die Sehens- würdigkeiten der Stadt besihtigt und ist um 1 Uhr Nachmit- ags mittelst Extrazugs nah Moskau weitergereist.

Schweden und Norwegen. ®tockholm, 5. Iuli, Se. Majestät der König Oscar reist, \{wedischen Blättern zufolge, morgen (Dienstag) auf der Fregatte „Vanadisg“ nah Riga und wird am Donnerstag Morgen dort ankommen. (Vgl. die Nachricht unter Rußland.) Hier wird Se. Majestät vom General-Gouverneur und anderen Notabilitäten empfangen. Donnerstag Nachmittag wird mittelst Extrazuges die Reise über Smolensk nach Moskau angetreten, woselbst der König Freitag Abend eintreffen wird. Nachdem er die Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein genommen und vielleiht auch eine Aus- flucht nah Nischnei-Nowgorod gemaht, reist der König den 13. d, M. von Moskau nach St. Petersburg, wo die Ankunft den 14. stattfindet, und wo Se. Majestät vom Kaiser Alexander, der Tags zuvor von seiner Reise nah Deutschland zurückfehrt, empfangen wird... Am 19. oder 20. wird der König bei Kron- ftadt einer Revue über die russishe Ostseeflotte beiwohnen und kehrt unmittelbar darauf nah Schweden Mitre Ihre Majestät die Königin wird nah beendeter Brunnenkur in Marienbad, am 7. d., nah dem Bade Wartenberg bei Turnagu in Böhmen abreisen.

Dänemark. Kopenhagen, 6. Juli, Bei der in Ver- anlassung des Schlufses der Landmaännsversammlung in Viborg stattgehabten Festmahlzeit brachte der Vize-Präsident, Minister des Innern, Skeel, einen Toast auf den König und das Königliche Haus aus und theilte ebenfalls nit, daß im Ganzen 3065 Mitglieder an der Versammlung theilgenommen hätten; außerdem seien 18,000 Eintrittsbillets gelöst worden ; die Einnahmen hätten die Ausgaben, obgleih au diese bedeutend größer als erwartet gewesen seien, um 50—100 « überstiegen. Als ein Glanzpunkt des Ganzen wird die von ca. 200 Mit= gliedern der Versammlung unternommene Cxcursion nah den Gütern des Grafen Frijs-Frijsenborg bezeihnet, wo ihnen viele Aufmerksamkeiten zu Theil wurden. In den „Times“ hat Hr. E. Magnusson mitgetheilt, daß Londons Lord Mayor sih bereit erklärt hat, Beiträge für die durch die vulkanischen Ausbrüche geshädigten Jsländer entgegenzunehmen. Es besteht die Abficht, falls hinlänglihe Geldmittel beigetragen werden, ein Dampfschi zu frachten, um darauf nah den heimgesuhten Ge- genden Vorräthe von Lebensmitteln und Futter für das Vich zu befördern. Der österreichish-ungarishe Gesandte am dänischen Hofe, Graf Kalnoky, ist in diesen Tagen auf Urlaub ver= reist Während seiner Abwesenheit übernimmt der Legations=- Sekretär, Graf Lippe-Weißenfeld, als interimistisher chargé d’af- faires, die Gesandtschaftsgeschäfte.

die Artillerie ist in die Hände

Statistische Nachrichten.

Das ‘englische Schiffbruchsregister für das am 30. Juni 1874 beendete Jahr giebt die Schiffbrücbe, die während des ge- uannten Jahres an den britishen Küsten stattgefunden, auf 1803 an,

91 weniger als im Jahre vorher. Von dieien 1803 Schiff- brücken waren 381 Kollisionen und 1422 Scifféunfälle anderer Art, und 346 derselben gingen gänzlih zu Grunde. Der Lokalität nah ereigneten fih 716 Schiffbrüche an der Ostküste, 421 an der Süd- füste, 545 an d-r Westküste, 66 an der Nord- und Westküste von Schottland, 213 an der irischen Küste, 7 auf der Insel May, 5 auf der Lundy Insel und 10 auf den Scilly-Juseln. Die Zahl der bei den Schiffbrüchen umgekommenen Menschen beläuft sich auf 506, von denen 293 mit dem Auswandererschifffe »Northfleet“ anfangs des Jahres 1873 zu Grunde gingen. Weiteren Statistiken des Schiffs- bruchsregisters zufolge litten im Jahre 1873/74 3094 britische Fahr- zeuge im Auslande Schiffbruch, wodurch 4013 Menschenleben verloren gingen. Diese Totalfumme \{wellte besonders an der Verlust von 821 Leben auf dem Schiffe „Asia“ und von 420 auf dem Schiffe „Indus“, welche beide Fahrzcuze Kulis transvortirten. Hundertand- runszig britinhe Schiffe sino nah ihrer Avfah-ct veischolUen und mit