1875 / 164 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Jul 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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lande und Ihrer Königlichen Hoheit der Herzogin von Hamilton,

geb. Prinzesfin von Baden.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl traf gestern Vormittag von Glinike hier ein und gedenkt heut Abend dort-

hin zurückzukehren.

Se. Königlihe Hoheit der Prinz Friedrich Carl ift, wie der „Kieler Ztg.“ gemeldet wird, am 13. d. M.,, Nachmittags, an Bord der Korvette „Medusa“ vor Bülk ange- Fommen. Höchstderselbe hat Sih zu Boot in Begleitung Seines Adjutanten und 2 Offizieren der Korvette nah Bellevue begeben und dort Nachtquartier genommen. Gestern früh gedachte Se. Königliche Hoheit Sich wieder an Bord der „Medusa“ einzu- \chiffen und das vor der Eckernförder Bucht liegende Panzer- geshwader zu besichtigen, welhes am 20. Juli wieder im Kieler Hafen erwartet wird.

Ueber die bereits gemeldete Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers und Königs am 10. Juli in Krauchenwies

entnehmen wir dem „Schw. Merk.“ noch Folgendes: Obgleich -

die Kunde von dem Besuh Sr. Majeftät nur in der näheren Umgebung fih verbreiten konnte, da die Anmeldung erst vor- gestern Abend hier bekannt wurde, so war doch eine große Menge Menschen nicht blos aus dem benachbarten hohenzollern- schen Gebiete, sondern auch aus Württemberg und Baden zusammen- adligen um dem Kaiser ihre Lof batte darzubringen. Auf em freien Play vor dem Bahnhof hatten \sih die Militär- und Gesangvereine aufgestellt, ihnen reihte fich die Schuljugend an und bildete bis nahe an den Eingang des Fürstlihen Parks Spalier. Die drohenden Wolken hatten fich verzogen und ein heiterer Himmel ließ die festlihe Freude ungestört zum Aus- druck kommen. Zur festgeseßten Stunde traf der Extrazug mit dem pen Gaste unseres Fürstenhauses hier ein, wurde am Bahnhof von den Fürstlichen Herrschaften und dem Regierungs- Präsidenten empfangen und fuhr, allseitig mit herzlihem Jubel- ruf begrüßt, durch die freudig bewegte Menge zum Fürst- lien Landhause, wo zunächst die ershienenen Veréine defilirten und dem am Fenster ershienenen Kaiser mit anhaltendem Hoh wiederholt ihre Huldigung darbrahten. Während des nun be- ginnenden Diners \pielte die Musik des 121. Regiments (Kaisea Wilhelm), welhe von Weingarten hierher beschieden war. Nach S an machten die Herrschaften eine Rundfahrt durch den

ark.

Das Gesetz, betreffend Shußzwaldungen und Waldgenossenschaften, is unterm 6. d. M. Allerhöchst vollzogen worden und wird in den nähsten Tagen durch die Geseß-Sammlung publizirt werden.

Den Protokollen der vom Bundesrath veranlaßten Enquete über Mustershuy entnehmen wir aus den Verhandlungen, betr. den Schuß der Werke der bildenden Künste bezüglih der Frage, was unter „Werken der bildenden Kunst“ zu verstehen sei, noch Nachstehendes: Im Wesentlichen ist von der Auffassung des Entwurfs von 1870 aus- gegangen, und find daher ‘als „Werke der bildenden Kunst“ im “Sinne der Fragestellung nur jene Produkte menshlicher Thätigkeiten zu verstehen, welhe entweder aus\chließend, oder doch vorwiegend dem Zwecke der äfstheti- \hen Darstellung im Gegensaßze zu industriellen Zwecken dienen. Wenn hiernach das entscheidende Gewiht weder auf die für die eine oder andere Art üblihen Darstellungsweisen, nochch auf die Absicht der Vervielfältigung oder Mafsenproduktion, noch auf das Material und den Stoff, und selbst niht unbedingt auf die Möglichkeit des Gebrauches, sondern lediglich auf den Hauptzweck gelegt wird, so dürfte die Beftimmung der Grenzlinie zwishen Werken der Kunst einer- und Erzeugnissen der Industrie andererseits wohl nur in seltenen Fällen erheb- liheren Schwierigkeiten begegnen. Da die Nachahmung von Werken der bildenden Künste in Erzeugnissen der Industrie in einzelnen deutshen Gesehen ausdrücklich als niht unter die Vor- \{riften über das Urheberrecht fallend erklärt, andere Geseß- gebungen dagegen entweder eine derartige Benußzung positiv ge- statten oder gar keine direkten Vorschriften hierüber enthalten, wird der fraglihe Gegenstand wiederholter Erwägung unterstellt werden, und dies um so mehr, als, wenn auch den Werken der bildenden Künsteim Allgemeinen ein Schuß gegen Nachbildung in Er- zeugnifsen der Industrie eingeräumt werden muß, sih doch verschiedene Verhältnisse denken lassen, durch welhe Ausnahmen von der Regel begründet werden könnten. Abgesehen nämlich von der Frage, inwiefern die ohne Absicht der Vervielfältigung und Veräuße- rung stattfindende Benußung zur Herstellung eines lediglich dem Privatgebrauche des Nachbildners gewidmeten Erzeugnisses, dann die Nachahmung eines Werkes der zeichhnenden Kunst in plasti- \her Form und umgekehrt zu gestatten fei, könnte auch auf die größere oder geringere Selbftthätigkeit, welhe der Nachbildner zu entfalten hat, auf die spezifishe Beschaffenheit und Zweck- bestimmung des Originales wie des nachgebildeten Industrie- Grzeugnisses u. dgl. schon bei der Frage der Gewährung eines Schutzes überhaupt Gewicht gelegt werden. Ueberhaupt kann der Umstand, daß - die Verwendung eines Werkes der bildenden Künste als Muster für YJndustrie - Erzeugnisse offenbar außerhalb des Hauptzwekes des ersteren liegt, \sowie endlich die Rücksiht auf die Wirkungen eines Ver- botes, welches in die industrielle und gewerbliche Thätigkeit nach verschiedenen Richtungen hin eingreift, zu der Ermägung leiten, ob nicht mindestens bezüglih der formellen Vorausseßungen für den Eintritt des Schuyanspruches, sowie bezüglich der Dauer der Schußfrist die für das Urheberreht an Kunsterzeugnijsen gültigen allgemeinen Regeln in Bezug auf Nachahmungen im Gebiete der Industrie zu modifiziren wären. Für den Fall, daß der Anspruch auf Schug niht ohne weitere Formalitäten eintreten \oll, läßt fich z. B. das Erforderniß der Eintragung in eine amtlihe Rolle denken, sowie die öffentliche Bekanntmachung oder spezielle Markirung, daß der Urheber fi das Recht der Nachbildung in Industrie-Erzeugnissen äusdrülich vorbehalten habe.

Durch die auf Grund des Reihs-Impfgeseßes vom 8. April 1874 angeordneten regelmäßigen öffentlichen Jmpfungen werden die sogenannten Nothimpfungen nicht berührt, welhe in denjenigen Häusern vorgenommen werden müssen, in denen die Pocken ausgebrochen sind und für welche die Instruktion vom 6. Februar 1868 nach wie vor in voller Kraft stehen bleibt. Jn einer jüngst ergangenen Verfügung des hiefigen Polizei-Präsidiums wird besonders darauf hingewiesen, daß, wenn solche Nothimpfungen in einzelnen Häusern im Laufe des Sommers erforderlih werden, während das allgemeine Impf- geshäft im Gange is, es ganz unzulässig sein würde, unter Vernachlässigung der Vorschriften der genannten Instruktion die

aus den Häusern, in denen die PoXen ausgebrothen find, zur Vollziehung der Impfung zu den öffentlihen Terminen des ent- \prehenden Impfbezirkes zu gestellen, vielmehr find diese Noth- impfungen der Instruktion gemäß in den infizirten Häusern selbs auszuführen.

In der bekannten strafgerihtlihen Untersuhung, betref- fend die Ermittelung des Geistlihen, durch welhen in der Kirche zu Kwilcz am 11. April d. I. die Exkommunikation des Pfarrers Kick in Kahme verkündet worden, hatte am 2. Juli d. I. der Strafsenat des Ober-Tribunals über die zeugen- eidlihe Vernehmung des Rittergutsbesißers Napoleon von Man- kowski Beshluß zu fassen. Der Rittergutsbesißer von Man- kowski erhielt am 10. April einen Brief ohne Unterschrift, in welhem er aufgefordert wurde, einen Herrn über Nacht aufzunehmen und demnähst nah Kwi!cz weiter zu bez fördern. Dieser Fremde war, wie \sch aus der später eingeleiteten gerihtlihen Untersuhung ergab, mit dem Geistlichen, welher am folgenden Tage in der Kirche von Kwilcz die Exkommunikation des Pfarrers Kick verkündete, identisch und Herr von Mankowski wurde, da bei einer Haus\suchung -das an ihn gerichtete Schreiben gefunden wurde, von dem Untersuchungs- rihter als. Zeuge in der Kwilczshen Sache vorgeladen und be- fragt, von wem er einen Brief erhalten habe, durch den er auf- gefordert worden is, einen Herrn über Naht aufzunehmen und demnächst nah Kwilcz weiter zu befördern. Herr von Mankowski [lehnte die Beantwortung dieser Frage ab und erklärte nur: es habe ihm geschienen, als ob ihm die Handschrift des Briefes bekannt sei; wer aber den Brief geschrieben, wisse er niht; er habe allerdings eine bestimmte Persönlichkeit im Sinne gehabt und angenommen, daß der Brief von einem Bekannten herrühre, weigere sih aber, diese Persönlichkeit zu nennen. Das Appellationsgeriht zu Posen ordnete hierauf in einem Beschlusse vom 22. Mai 1875 die zeugeneidlihe, nöthigenfalls durch Zwangsmaßregeln herbeizufüh- rende Vernehmung des Rittergutsbesißers von Mankowski über die Frage an, und Herr von Mankowski- erhob gegen diesen Be- {luß Beschwerde. Das Ober-Tribunal wies jedo diese Be- \{chwerde zurück, indem es erwog, „daß das Appellationsgericht zu Posen mit Recht davon ausgeht, daß aus dem von dem Zeugen angegebenen FJnhalte des an ihr gelangten Briefes, insbesondere aus der Form der Anrede, die nähere Bekanntschaft des Zeugen mit dem Verfasser des Briefes klar hervorgehe, daß Handschrift und Fassung des Briefes bei dem Zeugen thatsählih den Eindruck und die Schlußfolgerung über eine bestimmte Person des Briefverfassers hervorgerufen habe, und eine Vernehmung über diesen thatsählihen E.ndruck und diese Shlußfolgerung durhaus statthaft sei.

Die vom hydrographishen Bureau der Kaiserlichen Admiralität herausgegebenen „Hydrographishen Mitthe i- lungen“ erscheinen seit April ‘d. J. in monatliher Ausgabe unter dem Titel: „Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie“ mit entsprehend vermehrtem Inhalte, und werden nunmehr zugleih als Organ der neu errihteten deutshen Seewarte dienen.

Die deutshe Seewarte in Hamburg, unter Leitung eines Direktors, zerfällt in drei Abtheilungen, welcher jeder ein Ab- theilungschef vorsteht.

Die erste Abtheilung ist für die Arbeiten über maritime Meteorologie und Oceanographie in ihrer Anwéndung auf die praktishe . Seefahrt bestimmt. Es gehört daher in dieselbe das Ausgeben von - Wetterbüchhern und die Anleitung zum Führen derselben, sowie die Samm- lung und Verwerthung 7 ‘des hierdurh gewonnenen Mas- èrials. Einen nicht unwesentlichen Theil ?'der TOates dieser Abtheilung bildet noch der unmittelbare und ununlerbrochene persönliche Verkehr mit dem nautishen Publikum. Eine möôg- lihst vollständige Sammlung von Segelhandbüchern und Karten- werken, Theile der Bibliothek des Instituts, sind darauf berechnet und theilweise mit Rückfiht darauf angelegt, eingehende Be- \sprehungen von Reiserouten in wirksamster Weise zu unterstüßen und Rathêttheilung rücksihtlich derselben zu ermöglichen.

Die zweite Abtheilung umfaßt die literarishen Arbeiten der deutshen Seervarte, die Abfassung von Berichten, Herausgabe einzelner Werke, Verfassung kleinerer Arbeiten für die „Annalen der Hydrographie“, Veröffentlihung literarisher Erzeugnisse der Küstenmeteorologie und des Sturmwarnungswesens, wofür die gedahten Annalen das Organ der Besprehung bilden werden. Eine weitere wichtige Funktion dieser Abtheilung besteht in der Prüfung der bei den meteorologishen Beobachtungen zur Ver- wendung kommenden Instrumente, als: Barometer, Aneroide, Thermometer u. \. w. und in der wissenschaftlihen Buchführung über dieselben. Sowohl Kapitänen, wie: Mechanikern wird in den betreffenden Einrichtungen der deutshen Seewarte, wozu auch eine Sammlung von Modellen und Apparaten gehört, eine Gelegenheit geboten werden, diese wihtigen Instrumente der Navigation im Allgemeinen zu studiren, für besondere Fälle deren Fehler und fonstruktive Mängel zu untersuchen und Ab- hülfe zu finden.

Die dritte Abtheilung der deutschen Seewarte if der-Küsten- meteorologie, der Wettertelegraphie und dem Sturmwarnungs- wesen gewidmet und es umfaßt diese Organisation die deutschen Küsten von Memel bis Borkum, auf welcher Strecke eine An- zahl von meteorologishen Beobachtungsstationen und Signal- stellen cingerihtet werden, die mit der Centralstelle in telegra- phischer Verbindung stechen. Außer der Einrihtung und Ver- waltung dieser Stationen fällt der dritten Abtheilung auch die Unterhaltung eines regen Verkehrs mit den meteorologishen In- stituten in Rußland, Schweden, Norwegen, Dänemark, Niederlande und England zu, sowie die Bearbeitung des von den meteoro- logishen Systemén von Deutschland, Frankreih, Oesterreich 2c. alltäglih einlaufenden Materials über den Zustand der Atmosphäre. Aus dieser Bearbeitung ergeben sh zusammenfassende Witterungs- berihte, \ynoptishe Karten, und darauf gegründet die Schlüsse für die Wetterprognose.

Der gxoßbritannishe Botschafter, Lord Odo Russell, hat für den Sommer mit seiner Familie eine Villa beim Neuen Garten in Potsdam bezogen.

Der General der Infanterie von Ollech, Direktor der Kriegs-Akademie, hat \sich mit mehrwöchentlihem Urlaub nah Bayern begeben.

Der General-Intendant der Königlichen Schauspiele von Hülsen ist vom Rhein hierher zurückgekehrt.

Der Hofmarschall Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Carl, Graf Dönhoff, hat fich auf einige Zeit nah seinen bei Flatow belegenen Güteru begeben.

Königlichen. Gast mit lautem Hurrah.

Bau begriffene und für die Jade bestimmte Lootsendanipfer hat den Namen „Wilhelmshaven“ erhalten.

lauf der Reise Jhrer Majestäten des Königs und der Köni- gin erfährt das „Dresd. Journ.“, daß dieselben von Friedrichs- hafen sich zunächst nach Krauchenwies zu einem Besuche Jhrer Königlichen Hoheiten des Fürsten und der Fürstin- von Hohen: zollern begeben haben und von dort über Schaffhausen und Zürich nah Luzern weiter gereist find. Den neuesten Nachrichten zufolge sind Ihre Majestäten über den Rigi und Andermatt auf der Gotthardftraße in Locarno eingetroffen. Von hier aus ge- dachten dieselben fich nach Stresa zu einem Besuche Ihrer Königlihen Hoheit der Herzogin von Genua zu begeben und über Turin und den Mont Cenis nah Genf weiter zu reisen, Am 17, d, M. beabsichtigt der König daselb|st die Rückreise an- zutreten, während die Königin noch einige Zeit am Genfer See fih aufhalten wird.

Württemberg. Stuttgart, 13. Juli. Der Minister der Justiz und der auswärtigen Angelegenheiten von Mittnacht hat geftern Nachmittag . eine Erholungsreise nach Bayern und Oesfterreih angetreten. Derselbe gedenkt am 31. d. M. hieher wieder zurückzukehren.

Anhalt. Dessau, 12. Juli. Die Herzogliche Fa- milie traf heute Morgen von Wörliß hier ein, um \ih zu einem kurzen Besuche des im Bade Wittekind zu einer Kur \ih aufhaltenden Prinzen Eduard nah Halle zu begeben. Die Vollendung des großen neuen Behördenhauses. steht jegzt bevor. Die für den Mittelbau bestimmte, vom Hofbildhauer Schubert gefertigte kolofsale Figurengruppe i} jet zur Ansicht im Hofe ausgestelt und wird demnähft an ihre Stelle ge- \cha}t werden.

Oesterreich: Ungarn. Wien, 14. Juli. Der Kaiser hat sih vorgestern Abends nah Ischl begenen.

Das Befinden des Kronprinzen Erzherzogs Rudolf is fortdauernd ein befriedigendes.

Schweiz. Genf, 914. Juli. (W. T. B.) General Dufour ist heute Vormittag in einem Alter von 88 Jahren gestorben.

Großbritannien und Jrland. London, 13. Juli. Der Sultan von Zanzibar besuchte gestern mit seinem Ge- folge die Guildhall, wo ihm in einer Spezialsißung des Gemeinde- raths der City eine Willkommen - Adresse der Koktporation von London unter entsprechender Feierlichkeit überreiht wurde. Der Feier {chloß fi ein Dejeuner beim Lordmayor im Mansion- House an. Morgen und übermorgen empfängt der Sultan ver- \chiedene Deputationen, und am Freitag verläßt derselbe England, um sih nah Paris zu begeben.

Frankreich. Paris, 14. Iuli. (W. T. B.) Die Re- gierung hat auf Ersuchen des spanishen Gesandten Trup - pen an die Grenze geschickt.

Vérsailles, 14. Juli. (W.T. B.) In der heutigen Sißung der Nationalversammlung verlangte der Deputirte Haentjens (Bonapartift) für den gestern von Rouher gestellten Antrag, die Wähler des Nièvre-Departements binnen 20 Tagen zusam- menzuberufen, die Dringlichkeit. Gambetta erklärte, daß die Linke gegen die Dringlichkeit ftimmen werde. Die Linke behalte sih dagegen vor, entweder einen Antrag auf Zusammenberufung der Wählerschaften aller erledigten Wahlsiße einzubringen, oder einen Antrag auf Auflösung der Nationalversammlung zu stellen. Der Antrag Haentjens auf Annahmé der Dringlichkeit wurde darauf mit 333 gegen 286 Stimmen abgelehnt. Sodann wurde die gestern begonnene Diskussion über die Interpellation, betreffend das Comité des „Appel an peuple“ wieder aufgenommen. Der Deputirte Duval (Bonapartist) erklärte \sih gegen die Un- nahme der einfachen Tagesordnung, welhe von der Regierung befürwortet wird, und brachte folgende Tagesordnung ein: „Die Nationalversammlung, ausgehend von dem Wunsche, einem Akte richterlicher Macht fern zu bleiben, geht zur Tagesordnung über.“ Rouher wandte sich in längerer Rede gegen die in dem Be- richte Savary's enthaltenen Angaben und vertheidigte die Bonapartisten gegen die wider fie erhobenen Beschuldigungen. Die Berathung wurde \odann auf morgen vertagt. Savary wird morgen die Auslaffungen Rouhers beantworten.

Spanten. Verluste, welche die Carlisten in der Shlacht bei Vittoria erlitten haben, belaufen sich auf mehr als 1000 Mann. Der General Martinez Campos hai sich mit der Division Weyler in R geseht und i} alsdann zur Verfolgung Dorre- garay's aufgebrohen. Nachhdèém nunmehr die Ruhe auf dem rechten Ufer des Ebro wiederhergestellt ift, Hat General J o- vellar heute den Ebro überschritten, um sich gegen die Carlisten in Catalonien zu wenèen.

Einer Mittheilung des „Soir“ vom 14. d. M. zufolge hätte die französische Regierung Nachricht erhalten, daß mehrere Tausend carlistischer Truppen in der Nähe der französi- \chen Grenze ftehen. Man wisse noch nicht, ob fie von den König- lihen Truppen gegen die Grenze gedrängt worden seien, oder ob fie eine Offenfivbewegung vorbereiten.

Italien. Rom, 14. Juli. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser von Oesterreih hat, anläßlih seines jüngsten Besuches in Venedig, dem Vize-Präsidenten des Senats Serra und dem Präsidenten der Deputirtenkammer Biancheri das Großkreuz des Leopold-Ordens verliehen.

Numäánien. Bukarest, 15. Juli. (W. T. B.) Der Senat hat die Handelskonvention mit Desterreich- Ungarn mit großer Majorität angenommen. Die Depu- tirtenkammer nahm das Anleihegesey behufs Rückkaufs eines Theiles der rumänischen Eisenbahn an.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 13. Juli. Ueber den: Aufenthalt Sr. Majestät des Königs von Schwe- den in Moskau meldet die „M. Z.“ Folgendes: : Am 27, Juni/9. Juli um 9 Uhr Abends kam der König in einem Extrazuge der Ssmolensker Bahn an ‘und wurde auf dem Bahnhofe vom General - Gouverneur und den Spitzen der Behörden begrüßt. Bei der Plattform, an welcher der Zug hielt, war eine Ehrenwache von dem Borodinoschen Leib-Garde-Regiment Sr. Maje- ät des Kaisers mit der Fahne aufgestellt, Der König schritt die Front der Ehrenwache ab und nahm den Rapport entgegen. Nach den üblichen Vorstellungen begab sich der König in Begleitung des General-Gouverneurs in den Kreml. Auf dem Plaß vor dem Ssmo- lensker Bahnhof, wo die Spuren des letzten Feuerschadens dur auf- geftellte Birken verdeckt waren, empfing eine zahllose Volksmenge den ie fahnengeschmückten

Kiel, 14. Iuli. (Kieler Ztg.) Der für die Kriegsmarine

zu impfenden Kinder resp. die wieder zu impfenden Ecwachsenen

auf der Werft der Aktiengesellschaft „Weser“ zu Bremen im

Straßen, durch die der König seinen Weg nähm, waren gedrängt vo Menschen, deren freudige Zurufe kein Ende nahmen. Von der Terrasse

Sachsen. Dresden, 14. Juli. Ueber den weiteren Ver-.

Madrid, 13. Zuli. (W. T. B) Die

reml herab ergößte sich der König, wieder von lautem Hurrah- f P längere Zeit an dem Panorama der alten Czarenstadt, welches starken Eindruck auf ihn zu machen sien.

Der 28. Juni/10. Juli wurde der Besichtignng der Moskauschen Denkwürdigkeiten gewidmet. Der König begann mit dem Kreml- palais, besuchte verschiedene Kirchen und Kapellen, die Ar hive des auswärtigen Ministeriums, das Haus der Bojaren Romanow, das Rumjanzowshe Museum. Zum Diner um 6 Uhr waren die Spißen der Militär- und Civilbehörden geladen. Der Thee wurde in Alexandria eingenommen, worauf Sr. Majestät im Neskutschnisgarten einen Spaziergang machte.

Nach dem Programm für den 29. sollten um 9 Uhr Morgens

| die Vertreter der Stadt dem König Brod und Salz überbringen,

Darauf solle ein Besuch der lutherischen Kirche, des Marien-Asyls für Kinder nach Sibirien verschickter Verbrecher, der Heilandskirche, des Findelhaujes und des polytechnischen Museums erfolgen, Nach

| dem Diner im Peter-Palais, welches in kleinem Cercle stattfinden

sollte, war der Besuch des großen Theaters projektirt, um das Ballet Konek-Gorbunok“ aufführen zu sehen. :

Montag, den 30. Juni/11. Juli, follte der König {hon um 10 Uhr am orgen in. das berühmte Ssergijewsche Dreifaltigkeits- Kloster aufbrehen, von wo er um 4 Uhr zurückehren und bei dem General-Gouverneur diniren sollte. E l

Die Nachrichten des „Grashdanin“ über den Gesund- heitszustand Sr. Kaiserlihen Hoheit des Prinzen Peter von Oldenburg bedürfen der Berichtigung. Wie der

St. Peterb. Ztg.“ aus Wildbad mitgetheilt wird, ift nicht richtig, daß Wildbald, welches von Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Prinzen seit 25 Jahren als ein Lieblingsaufenthalt, ohne seit {hon mehreren Jahren von den Bädern Gebrauch zu machen, bésucht

| wurde, in diesem Jahre für Se. Kaiserliche Hoheit \chädlich ge-

wesen sei. Wie bekannt, war die Gesundheit des Prinzen im vergangenen Winter in St. Petersburg durch einen {weren Katarrh erschüttert worden. Venedig wurde zur Erholung ge- eignet befunden, worauf der Aufenthalt in Wildbad folgen sollte. Der Prinz wurde jedoch {hon auf der Reise von Venedig nah Wildbad, in München, von einem Schlaganfalle heimgesucht. In Wildbad erholte sich der Prinz anscheinend bald wieder, mabte wie früher seine gewohnten Spaziergänge und nahm mit Interesse an den Orchester- Produktionen _und Theater - Vorstellungen Antheil. Da folgten leider zwei weitere Scchlaganfälle, durh welhe der Prinz besonders an der rechten Seite und am rechten Arme gelähmt wurde. Außer dem Prinzen Alexander is jeyt noch dessen Gemahlin die Prinzessin Eugenie von Oldenburg, mit ihren Kindern nah Wildbad zu dem Hohen ‘Kranken geeilt. (Au die Königin der Niederlande ist von London daselbst eingetroffen.) Obwohl gegen- wärtig der Zustand des Prinzen noch sehr gefahrvoll ist, so kann derselbe doch keineswegs hoffnnngslos genannt werden. Der Prinz beginnt mit dem gelähmten Arme bereits Bewegungen zu machen und kann, wenn die Schlaganfälle sih nicht wiederholen, auf eine Herstellung des hohen Kranken gehofft werden. Die Fregatte „Sfwetlana“ unter Kommando Sr. Kaiser- lihen Hoheit des Großfürsten Alexej Alexandrowit\ch ist am 24. Juni von Gravesend nah Brest in See gegangen. Die besondere Kommission bei dem Ministerium des Innern, welche über die Einführung einer neuen Stadtverfassung in den Oftseeprovinzen zu berathen hat, ist über die An- gelegenheit noch nit {lüssig geworden und hat ihre Arbeiten bis zum Herbfi vertagt.

Amerika. (A. A. C.) In Lawrence, Massachusetts, hat am 192. ds. ein Krawall zwischen irischen Katholiken und Orangisten stattgefunden, in welchem die ersteren die Angreifer waren. Der Kampf: der flreitenden Parteien dauerte zwei Stun- den und die Polizei mußte sich zur Unterdrückung desselben ihrer Schußwaffe bedienen. Zwanzig Personen wurden ver- wundet. - Ein Telegramm aus Montevideo meldet die vollendéte Legung des Kabels ziwishen dieser Stadt und Chuy, nahe der brasilianishen Grenze. Dadurch ist nit allein ein direkter telegraphischer Verkehr ‘zwischen England und der La Plata-Region, sondern auh durch den Oberlanddraht mit Chili eröffnet.

Neichstags - Angelegenheiten. In Kolge d-es Todes des Reichstagsabgecrdneten v. Savigny findet im Wahlkreise Coblenz-St. Goar am 9. August die Ersabz- wahl statt.

Vereinswesen.

Die für den 26. und 27. d. M. nach Weimar auêgesckbciebene Generalversammlung des Deutschen Fröbelverbandes wird exst am 27. und 28. September stattfinden.

Statistische Nachrichten.

Die Frequenz sämmtlicher Berliner Schulen ftellt fich für das verflossene Jahr auf 103,158, wovon 95,099 Schüler im Alter unter 14 Jahren. Es sind sonach in Berlin nur 8059 Kinder weiblichen und männlichen Geschlechts vorhanden, welché in einem Alter von über 14 Jahren uoch die Schule besuchen. Diese Zahl kann einigermaßen überraschen, wenn“ man fie vergleicht sowohl mit der Bevölkerungsziffer von nahezu einer Million, als auh mit der Zahl der die höheren Unterrichtsanstalten besuhenden Kinder. Diese betrug 15,670, also fast das Doppelte, und ist sonach das Streben nah höherer wissenschaftliher oder teni- {er Bildung eben nicht allzu groß. Die obeli- gedachte Gesammtzahl von O vertheilt fi auf 230 Schulen und 2278 Schulklassen. Die Durchschnittszahl für eine jede Klasse beträgt demna 45. Was das Verhältniß der Geschlechter betrifft, so waren von der Gesammtzahl 54,066 männlichen und 49,092 weib- lihen Geshlechts. Letzteres is also hier in einer Minorität von 4974, was zum Theil unzweifelhaft daher fommt, daß die Mädchen überwiegend mit dem 14. Jahre die Schule verlassen. Bei sämmt- lichen 32 höheren Töchtersculen betrug die Zahl der Schülerinnen über 14 Jahre nur 1699, bei einer Gesammtzahl von 9922 Schülerinnen. Die Ge- jammtzahl der Schulen betrug 230 und zwar 10 Gymnasien, 10 Real- und êffentliche höhere Schulen, 4 öffentliche höhere Töchterschulen, 95 Mittel- und Elemeatarschulen inkl. der Vorschulen, 17 Schulen unter spezieller Aufficht von Instituten, Kirchen 2c., 2 jüdishe Schulen und 92 Privatschulen. Für Knaben find vorhanden 1133, für Mädchen 1141 und außerdem 4 gemischte Klassen. Die 10 Gymnasien mit 140 Klassen wurden besucht von 5179 Schülern, die 10 Real- und öffentliche höhere Schulen mit 131 Kiassen von 5789 Schülern. Die Realschüler überwiegen also mit 610 Schülern, haben dagegen 9 Klassen weniger. Die 4 öffentlichen höheren Töchtershulen unterrichteten in 56 Klassen 2647 Schülerinnen. Die (inkl, der jüdischen) 94 Privatschulen mit 228 Knaben- und 507 Mädcheuklassen wurden von 10,613 Knaben und 16,885 Mädchen besucht. Es feblt also noch sehr viel daran, daß die Stadt und die Behörden von Berlin den Jugend- ünterricht selbst besorgen. Denn wenn wir auch von den Mädchen gänzlih abschen, so gehören von den gedahten 10,613 Knaben noch circa 7000 den Miíttel- und Elementar-Knabenshulen an, Summa: 230 Schulen, 1133 Knaben- und 1141 Mädchenklafsen, 4 gemischte e 54,066 Schüler, 49,692 Schülerinnen; über 14 Jahre nur 1831 «

Die Preußishe Renten-Versicherungs-Anstalt zu 7 Berlin hat soeben thren sechsunddreißigsten Rechenschafüsbericht (für das Jahr 1874) herausgegeben. Nach demselben beträgt die Zahl der gegenwärtig noch bestehenden Einlagen 204,092, darunter 67,106 vollständige und 136,986 unyvollständige; seit Beginn der Anstalt find im Ganzen bereits 68,525 Einlager abgegangen, dagegen 1874 hiazu- getreten 2166 und ergänzt 2873. Die Summe des an der Renten- Ausmessung theilnehmenden Kapitals eins{ließlich der Nachtragszah- lungen und Renten-Gutschreibungen beträgt 33,733,623 „#6, die Summe des Rentenkapitals felbst 37,308,325 Æ An Renten für das Jahr 1875 find vom 2. Januar 1876 ab auszuzahlen auf die vollständigen Einlagen 1,223,400 4, gutzuschreiben und zu kapitalisiren auf unvollständige Einlagen“ 658,466 4, zusammen also 1,881,866 h, Von den im Jahre 1874, wie erwähnt, hinzugetretenen 2166 GŒinlazen (166 vollständig und 2000 unvollständig) sind im Laufe des Jahres noch ausgeschieden 24 unvollständige, dagegen durch Nachtragszahlung vervollständigt worden 27, so daß für die 36. aus 5 Klassen bestehende Jahresgesellschaft (1874) 193 vollständige und 1949 unvollständige Einlagen verbleiben -mit einem . Kapital von 153,321 M, einschließli 5624 Æ Nathtragszahlungen. Da von dieser Snmme indeß 16,656 # für den Reservefonds abgehen, bleibt Bestand an Rentenkapital für die Jahresgesellschaft 1874 nur 136,664 46; den nächstgeringsten Betrag weist 1873 mit 150,737 und 1866 mit 154,343 4 auf; unter 200,000 4 haben ferner 1870, 1871 und 1872. Zwischen 200 und 300,000 A s{chwanken 1868, 1867, 1869, 1865, 1848, 1859 und 1864, zwisben-300 und 400,000 1858, 1863, 1857, 1862, 1861 und 1860, zwishen 400 und 500,00) M 1849, 1856, 1855, 1854 und 1851, zwischen 500 und 600,000 4 1850, 1852 und 1853; der Beftand für 1846 beträgt 723,038, für 1847: 820,125, für 1845: 959,807, für 1844: 1,609,649, für 1843: 2,615,219, für 1842: 4,384,184, für 1839: 5,116,243, für 1840: 5,949,246, sür 1841 endlich 6,369,625 A4 Die höchste zulässige Rente von 450 MÆ. beziehen sämmtliche noch vorhandene Mitglieder der VI. Klasse von einer jeden der für sie bestehenden Einlagen; und zwar .die Jahres- gesellshaften 1841 und 1842 seit 1869, 1840 seit 1871, 1543 seit 1872; diese Rente beziehen dieselben nit allein bis zu ihrem Tode, sonderu wird sie auch noch einmal ihren Erben für das Abgangsjahr als Rückgewähr bezahlt. Im Uebrigen \{wanken die Renten bei der V. Klasse von 248 (1839) bis 13 M (1874), bei der IV. Klosse von 43 (1839) bis 12 Æ (1874), IIL Klasse 23 (1839), bis 11 4 (1874), IL. Klasse 17,70 (1839), 17 (1840 und 42) bis 10 4 (1874) und I. Klasse 15 M (1839) bis 10 A (1874). Die Benußung des Gesammt- Rentenkapitals der Jahresgesellshaften 1839 bis einschliezlih 1873 beträgt 5,0391499 % ; den gewöhnlichen Zinsfuß von 5 % übersteigt die für 1875 zu zahlende Rente bei allen Einlagen der über ein Jahr bestehenden Jahretgesellshaften in den Klassen VI., V. und IV,, bei den meisten in Klasse 111. und einem großen Theil in Klasse II. Am erheblihsten sind die Renten für 1875 gestiegen in Klasse V. von 1839 um 51,45 4, von 1840 um 40,90 #, 1843 um 36,85 M, 1843 um 16,40 4, 1842 um 13,90 4 und 1841 um 11,50 4 Der Ver- mögensbestand belief fih am Jahres\clusse auf 39,878,413 M, hier- von fallen auf das Rentenkapital 37,308,325 4, den Rentenfonds 1,146,346 M, den Reservefonds 1,165,186 4 und den Depositenfonds 258,553 M.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Unter den neueren Gaben, welche für das märkishe Pro- vinzialmuseum eingegangèn sind, befindet fi auch die werthvolle fulturhistorishe Sammlung des Gymnasiums zu Kottbus, welche 300 Objekte aller Zeityerioden zumeist aus dem Kreise Kottbus umfaßt. Dieselbe ist vom Magistrate zu Kottbus unter Cigenthumsvor behalt überwiesen worden. J :

Am 11. d. M. vexstarb in Halle der Geheime Medizinal- Rath Professor Dr. Ernft Blasius. E L

„Rübezahl“, der Schlesischen Provinzialblätter 79. Jahrgang, der Neuen Folge 14. Jahrgang, enthält im 5. (Mai-) Hefte 1875, außer dem Nekrologe seines bisherigen Herausgebers, Th. Oelsner, mehrere bisher noch nicht gedruckte Briefe von Hoff- mann vou Fallersleben; ferner Beiträge zur Familien- und Wappen- funde Schlesiens und zwar zur Geschichte der Grafen und Hcrren von Kospoth ; sodann geographische -und- geschichtliche Nachrichten über den österreichishen Antheil des Bisthums Breslau. Daran schließen sich statistishe Mittheilungen über Schlefien und zwar 1) aus dem 32. Hefte von Schlözers Briefwechsel, Staatsnachrichten von Scblesien vom Jahre 1777, 2) Mittheilungen aus einem Breslauer Haushals tungsbuche vom Jahre 1752. Den übrigen Theil des Heftes füllen Berichte über das fünfzigjährige Stiftungsfest der Breslauer Sing- akademie im Jahre 1875; über die Theater und die Kunstausste"lung in Breslau; über die politischen und tagesgeschichtlichen Vorgänge im April; über die schlefishe Tageéliteratur, bildende und Baukunst, über Alterthümerfunde; über Universität, Kirche und Schule; über Geseße, Verfügungen und Entscheidungen; über Gemeinde- und Kreisange- legenheiten, über Handel, Gewerbe, Landwirthschaft und Verkehr; über Vereine; über Naturer-ignisse und Naturmerkwürdigkeiten; über Vermächtnisse, Geschenke, Stiftungen; über Ernennungen, Beförde- rungen; über Jubiläen, Todesfälle u. A. f

Heft VII, und VIII. von Petcrmanns Geographischen Mittheilungen (Gotha, Justus Perthes) bringen u. A. fol- gende Aufsäße: Die ‘plastishe Gliederung Vorder-Asicns. Begleit- worte zu Petermanns Schichtenkarte von Klein-Asien, von Frh. v. Schweiger-Lerhénfeld. Die Eisverhältnisse im aiktischen Polar- meere und ihre periodischen Veränderungen, von Dr. Josef Chavanne (Wien, April 1875), mit Jlluftrationen. Dar För, die neue ägyp- tische Provinz, und Dr. Nächtigals Forshuügen zwichen Kuka und Chartum, von Dr. G. Nacdtigal, nebst Originalkarte Statistische Uebersicht dec Steinkchlengewinnung in der nordamerikanischen Union, von Alb. S. Gatschet in New-York, mit Karte. Ueber das Binnenland Gröulands und die Möglichkeit, selbiges zu bereisen, von H. Rink. Reisen in Hoh-Armenien, ausgeführt im Sommer 1874 von Dr. G. Radde und Dr. G. Sievers (vorläbfiger Bericht, Fortseßung). Das Nivellement zwischen dem Aralsee und dem Caspischen Meere. Deutsche Entdeckungen am Südpool. ;

Der vor Kurzem erschienene Jahrgang 1873 der „Zei t- \chrift des historischen Vereins für Niedersachsen“ ent- bält theils selbständige Arbeiten, theils Abdrücke von chronifalischen Aufzeichnungen, Aktenstücken und memoirenartigen Niederschriften_ zur Aufhellung der Lokalgesichte von Niedersachsen. Den Anfang macht cin „Beitrag zur Geschichte der geselligen Verhältnisse, inte besondere der Familienfeste in der Stadt Hannover“, vom Stadt- sekretär Jugler. Ueber die Erbämter im vormaligen Hostifte Hildesheim spriht Kanzlei-Rath Meese. Viele neue Details enthält der aus den Akten des Staatsarchivs zu Hannover geschöpfte Auf- saß: „Die Gefangennahme des französischen Marschall Duc de Belloisle nebs Gefolge in Elbingerode am 21. Dezember 1745“. Dber- Amtsrichter Sostmann giebt eine Geschichte des bei Eldegsen ge- legenen, um 1236 begründeten Klosters Wülfinghausen (bis 1592), sowie cine Beschreibung des alten Amtes Calenberg. Studien-Rath Müller berihtet über Ausgrabungen in der Provinz Hannover und die dabei gefundenen vorchristlihen Alterthümer, Ober-Amtsörichter L giebt eine Abhandlung über die jeßt wüsten Ortschaften

ilgen, Soersen, Holzheimer, Ankersen und Pawelshmehr. Das historische Quellenmaterial, das der vorstehende Band der Zeitschrift enthält, erstreckt sich sowohl auf das Mittelalter, als auch und haupt- fächlich auf die Neuzeit. Geheimer Archiv-Rath Grotefend giebt einen Abdruck der dem Ende des 15. und dem Anfang des 16. Jahr- hunderts angehörenden Chronif des Stifts 88, Maunricii et Simeonis zu Minden; Graf von Oeynhausen Excerpte aus Leßners Beschrei- bung der Bischöfe von Hildesheim (bis 1573); Archivar Janidcke Beiträge zur Geschichte des 30 jährigen Krieges.

Dem „Schw. M.* schreibt man über eine Erdtrombe, welche sid în der Richtung von Bersbach gegen Pfahlheim, bei ll» wangen, cinem am 8. d. M. stattgehabten G?witter anreihte: Der

veränderlich. Jn dec nordöstlichen Gegend waren zuerst zwei weißlih graue Säulen zu sehen, die, je näher sie herankamen, in eine ver- einigt wurden, und mit furchtbarem Ranschen und Getöse, staubend, rauchend von s{hweflichem Dunst, an dem östlichen Flügel des Pfarrorts Pfahlheim wirbelud in einer Breite von 50 bis mehr denn 200 Fuß dahin brausten. Alles, was dieser Gcdtrombe in den Weg kam, wurde _ mehr oder weniger be- \chädigt, zerstört und theils mit fortgefüßxt. Gegen 16 Wohn- bäuser und Scheunen an den Dächern und Fenstern {wer be- \hädigt. Ein massives, vor wenigen Jahren neu gebautes Dekonomie- gebäude wurde total eingerissen, Zäune und Bäume umgerissen, ab- geknickt und entwurzelt, Felder, Gärten und Aecker grausenhazft ver- wüftet, Bleichtücher, Wäsche, Kleidungsstücke, Geflügel wurden mit fortgenommen. Ein Bienenshwarm mit Korb und Schranne, auf auf welcher derselbe stand, sind rein verschwunden. Von einem vor dem Ort gelegenen Weiher wurde das Wasser trompetenförmig anze- zogen. Das Prafseln der Dächer und Krachen der Hölzer und Bäume machte auf die Bewohner des Orts einen e:s{Üütternden Eindruk. Am größten ist aber die Verwüstung in dem benahrarten Fürftlich MWallersteinschen Laubwald „Nonnenholz“, wo dieses Naturspiel sein Ende nahm. Die größten Eichen sind wie die kleinsten Bäume nm- gerissen, abgeknickt, zerfeßt und der Schaden unberehenbar. Von all den benachbarten VDrtschaften- wurde btiese Naturerscheinung gegen 20 Minuten lang gesehen.

LWand- und Forstwirthschaft.

Aus dem Kreise Niederbarnim, 12, Juli. (B. u. H Z) Die Mittheilung einzelner Blätter, daß die Roggenernte im Nie- derbarnimer Kreise {on vor einigen Tagen be onnen habe, war ver- früht. Nur auf dem kiesigen Sandboden in der näheren Umgebung von Berlin ift man hier und da mit dem Schnitt {on vorgegangen. Doch wird bei diesem frühreifen Roggen mehr nur auf das Stroh, als auf einen Körnerertrag gerechnet. Der wirkliche Roggenschnitt wird hier erst Mitte dieser Wyche beginnen und dann bis Ende der nächsten Woche fortgeseßt werden. Wo nur leidliher Roggenboden ist, wird der Ertrag überall ein guter sein; auch hat das Insekt, über welches von anderswo berichtet wurde, hier keinen Schaden gethan. Die zweite allgemeine Volksnahrnnqsfrucht, die Kartoffeln, stehen in voller und prächtiger Blüthe und kommt diesen der in den leßten Tagen der vergangenen Woche mit starkem Niederschlag ge- fallene Regen noch sehr zu statten, indem derselbe das Wachethum des jungen Fruchtan!'aßtzes fördert. Bis in die nächste Umgebung von Berlin, wo der Kartoffelbau insbesondere auch von kleinen und armen Leuten noch betrieben wird, wie weiterhin im Kreise, kann man auf eine felten reihe Kartoffelernte rechnen, nur darf das Regenwetter auch für diese Feldfrüchte nicht zu anhaltend sich wiederholen. i

Pleschen, 10. Juli. Auf den größeren Gütern in hiesiger Ge- gend hat bereits seit einigen Tagen die Roggenernte begonnen.

Von der Mosel wird dem „Fr. J.“ u. d. 12. Juli geschrieben : Die Aut sichten für den 1875er Wein find bis heute in jeder Be- ziehung sehr gut. Im wWeingeshäfte herrscht, wie gewöhnlich um diese Zeit, Flauheit. Die Preise, welche seither für 1874er angelezt wurdev, waren übrigens hoh. Bei boffentlich andauernder günstigec Witterung indessen wird es nicht ausbleiben, daß ein Weichen der Ansäte eintritt. Schon heute zeigen sich die meijten Eigner verkäuf- licher, ohne jedoch von einem nennenswerthen Zurückgehen in den For- derungen noch etwas wissen zu wollen. Sind wir indessen mit der Zeit so weit vorangeschritten, daß der Au?fall des 1875ers festfteht, dann dü: ften wohl die Preise wieder normaler werden, als sie sich in Folge der zahlreichen Mißernten und der knappen Kellervcrräthe im Frübjahre gestaltet haben. Dasselbe darf auch von den Saar-Wei- nen behauptet werden. Gleich günstige Be ichte über deu Stand der Weinberge sind dem genannten Blatte aus der bayerischen Nhein-Pfalz, vom Main, aus dem Elsaß, aus Baden und Württemberg zugegangen. t S

Das österreichische Ackerbau-Ministerium hat in Klofter- neuburg einen Kurs über die P hylloxera vastratix eingerichtet. Zweck desselben ift, diejenigen Persönlichkeiten, wlhe sih für den Gegenstand interessiren, einestheils mit der Natur des Jnsektes, anderntheils mit den Mitteln, weiche zur Vertilgung desselben an- gewendet werden könuen, vertraut zu machen und auf dieje Art zu- gleich auch die Heranbildung - von Sachverständigen im Sinne des Gefeßes vom 3. April d. J. zu fördern, Der Kurs beginnt am 26. Zuli und wird mit dem 31. Jali 1875 ges{lossen. Der Vesuch des Kursus ift unentgeltlich,

Die Ernteaussichten in Ungarn sind nah dem „Oesterr. landw. Wocenbl.* folgendermaßen: Die Weizen-rnte giebt im All- gemcinen nur auf eie bescheidene Mittelernte Auésicht, da in der leßten Zeit der Rost in vielen Gegenden aufgetaucht ist, namentlich in einzelnen Gegenden der' Theiß, Baranayer und Somogyer Komitate und auch in Unterungarn. Beim Roggen kann man nur auf eine \{chlechte Mittelernte oder auf eine ganz s{chlechte Ernte rechnen. Wie anderwärts hat diese Getreidegattung auch dort shou im Winter am meisten gelitten, Von der Gerste kann man kaum “auf eine bessere Ernte rechnen, als vom Weizen; der Hafer aber wird sih nicht cinmal zu diejem Niveau erheben. Der Mais (Kukuruz) ist in der Entwickctuag in vielen Gegenden sehr zurückgeblieben; die Trockenheit hat ihm viel geschadet, so daß man eine gute Ernte fih au) hier nicht mehr versprechen fann. Die Heu Ernte war dagegen überall gut oder wenigstens befriedigend. Die Rüben stehen ebenfalls an den meisten Orten ziemlich gut.

Die Ernteaussicchten in Jtalien stellen sich folgender- maßen: Die Weizenernte wird, obschon hinter den erst genährten Hoffnungen zurückbleibend, doch im Allgemeinen in ganz Jtalien gut sein, Mais und Reis, denen die leßtwöchentlichen, ab und zu von heißer Sonnengluth unterbrochenen Regen fehr vortheilhaft ge- wesen sind, versprechen äußerst gut zu gerathen. Der Wein- tock steht überall prächtig und es it eine wirklih außer- ordentliche, überreiche Weinernte in Ausficht. Hagelschläge und Woiltenbrüche haben wohl im Bres8cianischen, in der Valtellina und an einigen anderen Orten Unheil angerichtet, aver diete Schäden sind leicht und vereinzelt und werden sich hoffentlich nicht in größerem Maß- stabe wiederholen. Nachrichten aus den verschiedenen Provinzen Pie- monts zufolge ist man dortselbst eifrig mit dem Schneiden des Weizens beschäftigt, so daß an manchen Ortez Mangel an Schnittern herrscht, obschon sie einen ziemlih hohen Tagelohn erhalten. Im Alessandrini- schen ist ter Schnitt größtentheils bercits vorüber und die Frucht be- findet sich in gutem Zustande, obschon die stürmischen Gewitterreaen der leßten Zeit ernstliche Befürchtungen hervorgerufen hatten. Die Ernte ist hierbei zwar nicht überreich, aber die Qualität des Weizens läßt nichts zu wünschen übrig. Augenbliklich, wo die Frucht geïchnit- ten wird, wäre heiteres, {chônes Wetter erwünscht, und es müßte Schaden bringen, wenn das Regenwetter anhielte. Der Buchweizen ver\priht eine ausgezeichnet gute Ernte, er profverirt aller Orten und ist in einer erstaunlihen Entwicklung begriffen. Die Hülsen. früchte, denen die R-gen sehr gut thaten, stchen sehr |chön und vielversprehend. Was den Wein anbelangt, so hat derselbe im Piemontesischen an einzelnen Ort:n durch die jüngsten Unwetter ge- litten und vornehmlich in den höher gelegenen Oertlichkeiten ist er durch den Wind zu Schaden gekommen, ja man befürchtet auch, daß die Feuchtigkeit die Entwicklung des M-hlthauses (oïdium) nach sich ziehen werde. Indessen haben die S1ôcke eine solche Menge von Trauben angesetzt, daß, selbst wenn zwel Fünftel derselben zu „Grunde gehen sollten, die Ernte noch immer reichlich ausfallen würde.

Gewerbe und Handel.

Ueber die Fabrikation und den Vertrieb von Manufakturwaaren entnehmen wir dem Bericht der Aeltesten der Berliner Kaufmann\chaft das Folgende. Eswirdzunächst mit Genugthuung die Rührigkeit der Berliner Fabrikation anerkannt, welche troß der mißlihen Umstände, troß des stockenden (Exports einzelne lebhafie Perioden auswies, jo daß es an Nachfr1geu nah beliebten Gcspinnsten nicht gebrah. Es wurden in Berlin 68,000

Himmel war dicht umwölkt, die Luft meist ruhig und der Wind

Centner Streichgarne umgescßt. Die Kammgarn-Spinnerei blicbh in