1875 / 165 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 Jul 1875 18:00:01 GMT) scan diff

‘Nichtamtliches.

Deutsches Nei ch

Preußen. Berlin, 16. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König find gestern Nachmittag 2+ Uhr mit Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich, Allerhöhftwelche Sr. Majestät bis Strobl entgegengefahren waren, in Ischl ein- getroffen. / : E i Als die sechs\pännige Hofequipage, in welcher Se. Majestät der Deutshe Kaiser Sih befanden, vor dem Pofthause in Strobl vorfuhr, erwarteten Se. Majestät der Kaiser von Oester- reih bereits Ihren Kaiserlichen Gast daselbs. Se. Majejzät der Deutsche Kaifer eilten, sobald der Wagen hielt, auf Se. Majestät den Kaiser von Oesterreich zu und Beide Monarchen umarmtcn und küßten Sih wiederholt auf das Herzlichfte. Se. -Majestät der Deutsche Kaiser trugen die Uniform Ihres österreihishen, Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich die Ihres preußishen Regiments. Der Deutsche Kaiser nahmen hierauf im Wagen des Kaisers von Oesterreih Play: und Beide Monarchen seßten die Reise nah Ischl gemeinsam fort, wo Allerhöchstdieselben in dem festlih geschmüdckten Hotel Elisabeth abstiegen und von dem Großherzog: von Toskana, dem Fürsten Hohenlohe, dem Baron Nopcsa und vielen anwesenden preußi- hen Gästen und einem zahlreihen Publikum enthufiastish empfangen wurden. i

Um 3 Uhr Nachmittags holten Se. Majestät der Kaiser Franz Josef Se. Majestät den Kaiser Wilhelm zu einem Diner in der Kaiserlichen Villa ab. Ihre Majestät die Kaiserin von Oester- reih erwartete Ihren Hohen Gast auf der Terrasse und bewill- fommnete Se. Majestät auf das Herzlihste. An dem Diner nahmen außer den Allerhöchsten Herrschaften Theil: der Groß- herzog von Toskana mit seinem Adjutanten, der General - Ad- jutant Sr. Majestät des Deutschen Kaisers Graf von der Golz, die Flügel-Adjutanten Graf von Lehndorff und von Win- terfeld, der Leibarzt Dr. v. Lauer, der Geheime Hofrath Bork, ferner der General-Adjutant Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef, Baron Mondel, der Flügel-Adjutant Major Nemethy und der Lehrer Ihrer Kaiserlihen Hoheit der Erzherzogin Marie Valerie, Bischof Ronay.

Nach dem Diner kehrten Se. Majestät der Kaiser Wilhelm in das Hotel Elisabeth zurück und machten Abends 62 Uhr mit Sr. Majestät dem Kaiser Franz Iosef eine Spazierfahrt nah Laufen. Um 84 Uhr nahmen die Allerhöchsten Herrschaften in der Kaiserlichen Villa den Thee ein. Abends 10 Uhr fuhren Se. Majestät der Kaiser Wilhelm in das Hotel zurü.

Heute Vormittags haben Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser im Hotel Elisabeth einen längeren- Besuch abgestattet. Se. Majestät der Kaiser Milhelm besuchten Se. Kaiserlihe Hoheit den Großherzog von Toskana und mehrere fich in Js{chl aufhaltende Mitglieder des hohen öfterrcihishen Adels.

Die Abreise Sr. Majestät ist auf heute Nachmittag 4 Uhr festgesezt. Der Kaiser wird die neue Bahn von Salzburg bis Lend benugzen.

Zu unseren gestrigen Nachrichten über die Reise Sr. Majeftät des Kaisers und Königs durch Bayern if zu bemerken, daß die irrihümlicherweise auch von hiefigen Blättern als bevorstehend gemeldete Begegnung Allerhöchstdesselben mit Sr. Majestät dem Könige Ludwig bei der diesjährigen Reise des Kaisers überhaupt von keiner Seite in Ausficht genommen war, Se. Majestät vielmehr von vornherein das {strengste In- kognito zu bewahren gewünscht hatten.

Se. Königlihe Hoheit der Prinz Friedrich Carl hat Sih am 14. d. M. Vormittags in der Nähe von Friedrihsort um 113/, Uhr von der „Medusa“ aus- und an Bord des Avisos „Falke“ eingeschifft, um an Bord desselben Sih zu dem Panzer- ge\{wader vor Eckernförde zu begeben. Die / „Medusa“ ging am 14, d. M. kurz vor 1 Uhr im Kieler Hafen vor Anker.

Se. Hoheit der Herzog Georg von Meckenbur g- Streliß, Kaiserlih russisher General-Adjutant und General der Artillerie, traf gestern Nachmittag in Begleitung Sr. Königlihen Hoheit des Erbgroßherzogs Adolf Friedrih aus Remplin hier ein, nahm im Hotel Royal das Diner cin und reiste Abends nah Frankfurt a. M. weiter. Der Erbgroßherzog gedenkt einige Tage hier zu verweilen.

Das Geseg über das Kostenwesen in Ausein- anderseßungssahen hat unterm 24. Juni 1875, das Gesetz, betreffend eine Ergänzung des Gesetzes über die Auflösung des Lehnsverbandes in Alt-, Vor- und Hinterpommern vom 4. März 1867 unterm 27. Juni 1875, die Vormundschaftsordnung unterm 5. Juli 1875 die Allerhöchste Bestätigung erhalten.

Einzelne Gerichte im Geltungsbereihe- des Gerihtskosten- geseßes vom 10. Mai 1851 haben dem deutshen Reichsfiskus einen Anspruh auf Kostenfreiheit abgesprohen. Indessen ist bereits bei einer früher gegebenen Veranlassung die Frage, ob und beziehungsweise in welchenmt Umfangé dem Deutschen Reiche die Befreiung von Kosten und Stempeln zustehe, Gegen- fiand der Erörterung gewesen und hierbei von dem Iustiz- Minister im Einverständnisse mit dem Finanz-Minister die \ub- jektive Kosten- und Stempelfreiheit des Fiskus des Deutschen Reichs, in demselben Umfange, wie solhe dem Fiskus des“ preu- ßishen Staats zustcht, anerkannt worden. Es find deshalb vom deutshen Reichsfislus im Geltungsbereihe des Kostengesezes vom 10. Mai 1851 an Gerichtskosten nur baare Auslagen im Sinne des §. 6 dieses Gesetzes zu erstatten.

Nach dem im amtlichen Theile unter der Rubrik „Justiz- Ministerium“ veröffentlichten Allerhöchsten Erlaß vom 12. April 1875 und den ebendaselbst abgedruckten Bestimmungen über die Ermittelung von Militäraäanwärtern zur Besezung erledigter, denselben vorbehaltener Stellen hat der Kriegs - Minister die Veröffentlihung der Vakanzen- liste zu veranlassen. Mit Bezug hierauf und die All- gemeine Verfügung des Iustiz-Ministers vom 5. Juli d. J. theilen wir vorläufig mit, daß die Vakanzenliste der dur Militäranwärter zu beseßenden Stellen von Freitag, den 6. Auguft d. I. an allwöchentlich von der Redaktion des Deutshen Reihs- und Königlih Preußishen Staats- Anzeigers herausgegeben wird. Eine auszugsweise Zusammen- stellung dieser Wochenübersicht wird regelmäßig im Deutschen Reichs-Anzeiger (Central - Handelsregister - Beilage) veröffentlicht werden, Das Weitere behalten wir einer besonderen Bekaunt- machung vor.

Die zu den Personen des Soldatenstandes gehörenden ZeugfelDdwebel, Zeugsergeanten (resp. Depot-Vize-Feld- webel) und Wallmeister erlangen, sofern sie niht als Inva- liden versorgungsberetigt find, in Gemäßheit des §8. 10 des Geseßes vom 4. April 1874, gleich allen übrigen Unteroffizieren der Armee durh zwölfjährigen aktiven Dienst bei fortgeseßter guter Führung den Anspruch auf den Civilversorgungs- \chein. Alle, dem entgegenstehenden älteren Bestimmungen find als aufgehoben zu betraten.

An den in diesem Jahre bei Konitz stattfindenden Uebungen einer aus Kavallerie-Regimentern des 1. und Il. Armee- Corps fombinirten Kavallerie-Division wird, statt des 1. Leib - Husaren - Regiments Nr. 1, das Dragoner - Regiment Prinz Albrehi von Preußen (Litthauisches) Nr. 1 theilnehmen.

Die Hülfele.istung bei einem unbefugt betrie- benen Hausirgewerbe wird nach einem Erkenntniß des Ober- Tribunals vom 22. Juni d. I., nah der allgemeinen Strafbestimmung über die Beihülfe zu einem- Vergehen (S. 49 Str. G. B.) beftraft.

Der russishe Botschafter v. Oubril is von hier nach Bad Norderney abgereist.

Der Hof-Marshall Sr. Majestät des Kaisers und Kö- nigs, General-Major Graf v. Perponcher, ift von seinem Urlaube aus der Provinz Preußen hier wieder eingetroffen.

Der General-Major von Tilly, Direktor des Depar- tements für das Invalidenwesen, hat fich mit Urlaub nach Süd- deutschland und der Schweiz begeben,

Bromberg, 10. Iuli. Das heutige Kreisblatt enthäl eine amtlihe Bekanntmahung vom 9. d. M., wona dur Allerhöchste Kabinetsordre vom 18. Mai d. J. genehmigt ift, daß die Stadt Bromberg aus dem Verbande des bis- herigen Kreises Bromberg aus\heide und fortan einen besonderen Stadtkreis bilde, sowie daß der nah Ausschei- dung der Stadt Bromberg verbleibende Theil des seitherigen Kreises Bromberg als selbständiger Landkreis mit der Kreisftadt Bromberg fortbestehe. Der Zeitpunkt des Ausscheidens is auf den 1. Juli d. I. festgeseßt und find von da ab die Kreis- verwaltungsgeshäfte in dem neugebildeten Stadtkreise den hierzu bestimmten Organen beziehungsweise den städtishen Behörden übertragen worden.

C öln, 15. Juli. Ihre Majestät die Königin der Nieder- lande traf heute Vormittag um 9 Uhr 20 Minuten von Co- blenz kommend hier ein und fuhr um 9 Uhr 30 Minuten auf der Côln-Mindener Bahn nah dem Haag weiter.

Bayern. München, 14. Juli. _Se. Königliche Hoheit der Prinz Leopold wird fich mit seiner Gemahlin, der Erzherzogin Gisela, am 16. d. M. nah I\chl begeben ‘und dort einen vierzehntägigen Aufenthalt nehmen. Sicherem Ver- nehmen. der „Allg. Ztg.“ nach wird im Budget für die XII, Finanzperiode, das dem nächsten Landtag vorzulegen ift, der Gehalt der Beamten, indem der Gulden in 1 Mark 80 Pfennige umgerechnet wird, um 1 Zwanzigstel oder 5 Proz. und die Theuerungszulage der Beamten aller Kategorien um 210 Mark erhöht. Der Königlih württem- bergishe Staats - Minister v. Mittnacht is von Stutt- gart hier eingetroffen und im „Bayerischen Hof“ abgestiegen. Nach der neuen Instruktion für die Brandversiherungs- Fu \péktoren kann jeder Brandversichèrungs-Jnspektor bei der

randversiherunäskammer“ die Bewilligung ständiger Gehülfen beantragen, welche der Zahl der Bauverftändigen zu ‘entnehmen, gleih diefen zu verpflichten find und ihre Funktion unter Auf- fiht und Leitung des Brandverfiherungs-Inspektors vorzunehmen haben. Jene Gehülfen, welche die Vorbedingungen zum Dienste eines Brandversihherungs-Inspektors erfüllt haben, führen den Titel „Asfiftenten®, - Die Assistenten werden von der Brand- versiherungskammer, - die übrigen Gehülfen von den Brand- versiherungs-Inspektoren aufgestellt. Auf die Assistenten finden die Bestimmungen über Verehelihung der Staatsdienftaspiran- ten und der widerruflich im öffentlihen Dienste verwendeten Personen, sowie bezüglih der Uebernahme von Nebengeschäften Anwendung ; insbesondere dürfen dieselben weder als Bau- meister, Bauauffeher, Bauunternehmer Geschäfte führen noch Privatdienste besorgen. Vorbehaltlih der einshlägigen-Besftim- mungen erhalten die Assistenten einen Funktionsbezug von monat- lih 200 M, die übrigen Gehülfen einen solchen von 170 Æ, denselben wird jedoch eine weitere Vergütung aus den einzu- hebenden Reisekosten und Schäßgebühren nur in besonderen Fällen gewährt. Der Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern, v. Pfrebschner, ist am 12. Abends aus Urlaub von Wildbad und Würzburg hier eingetroffen, und übernahm gestern die Leitung genannten Ministeriums von dem Staatsrath Dr, v. Daxenberger.

Ueber die Wahlen liegen folgende Telegramme des „W. T. B.“ aus München vor:

15. Juli, Nachmittags. Bei den heute stattgehabten Ur-

Velen für die Abgeordnetenkammer find von den 284 hier zu wählenden Wahlmännern, soviel bis jeßt bekannt, 220 Kandi- didaten der liberalen Partei gewählt; von einigen Wahlbezirken stehen die Resultate noch aus. Nah den bis jeßt hier vorliegen- den Nachrichten sind in Fürth, Erlangen und den benachbarten Ortschaften sämmtliche von der bayerischen Fortschrittspartei auf- gestellte Wahlmänner gewählt worden, - ebenso in Starnberg, Paffau und Günzburg. __ 15. Juli, Abends. Nah den nunmehr vollständig vor- liegenden Resultaten der hiesigen Urwahlen für die Abgeord- netenkammer find 228 der liberalen und 56 der ultramontanen Partei angehörige Wahlmänner gewählt worden. s __ 16. Juli, Morgens. Nach weiteren hier eingetroffenen Nach- rihten sind in Kaufbeuern (R Nne 10 von der liberalen Partei meen Wahlmänner mit bedeutender Majorität ge- wählt worden. In Regensburg find nah heftigem Wahlkampfe sämmtliche im 3., 4, 5., 6, und 7. Wahlbezirke vorgeschlagenen liberalen Wahlmänner gewählt worden. - Daselbst ist somit der liberalen Partei von den aufzustellenden 58 Wahlmännern eine Majorität von 30 gefichert. In Augsburg wurden nur libérale Kandidaten gewählt.

Baden. Karlsruhe, 14. Juli. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat dem Königlich sächfischen Ober-Stallmeister Senfft v. Pilsah das Großkreuz, dem Obersten Frhrn. v. Welck, Flügel - Adjutanten Sr. Majestät des Königs von Sachsen und Commandeur des sächsischen Kadetten-Corps, sowie dem sähsishen Kammerherrn und Ceremonienmeister v. Helldorff das Commandeur- kreuz 2. Klässe des Ordens vom Zähringer Löwen verliehen, Der Großherzogli badishe Ober-Stallmeister v. Holzing, der Ober- Hofmarschall Frhr. v. Gemmingez und der Ober - Hofmeister: Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin, Frhr. v. Edels-

heim, haben den Königlich \ähfishen Albrehtsorden erhalten. Ihre Großherzogliche Hoheit die Fürstin von Leiningen hat heute nach mehrtägigem Aufenthalte Bauschlott verlassen und fi nah Amorbach begeben. Der Bürgermeister Weine in Mal} ch, welcher die durch Minifterial-Verordnung verbotene bewaffnete Begleitung von Prozessionen durch den Militärverein niht zu verhindern gewußt hat, ist seines Amtes entsezt worden. Der Vorstand des Veteranenvereins wurde mit 6 Tagen, die R Mitglieder des Verwaltungsraths mit je 2 Tagen Arrest bestraft.

Hessen. Darmstadt, 14. Juli. Zur Beseitigung von Mißbräuchen und irrigen Ansichten über die Verbindlichkcit von Schulkindern und Lehrern zur Theilnahme an kirhlihen Feierlihkeiten hat fich das Ministerium veranlaßt gesehen, zu bestimmen, daß, abgesehen von den Sonntagen und den geseßlihen Feiertagen, der Volks\shul= unterriht um kirhchliher Zwecke willen niht unterbrochen oder ausgeseßt werden darf. Abgesehen von den geseßlichen Feierz tagen findet weiter eine Verpflichtung der Schulkinder beziehungs- weise der Lehrer behufs Ueberwahung der Kinder zur Theilnazme an sonstigem Gottesdienste oder anderen kirchlihen Feierlichkeiten nit“ statt und können die Schulkinder gegen den Willen ihrer Eltern nit angehalten werden, einer Leiche zu folgen oder an einem Bittgange, einer Prozession 2c. Theil zu nehmen. Hat ein Lehrer zugleih als Organist, Kantor u. f. w. kirhchlihe Dienste

zu verrichten, so sind selbstverständlih diese Funktionen nah Ano -

ordnung der betreffenden kirchlihen Behörden zu besorgen. Sollte jedoch hierdurch der Schuldienst Noth leiden und ein Benehmen mit den Kirchenbehörden nicht Abhülfe verschaffen, so if die Trennung der kirhlihen Funktionen vom Schuldienste herbeizu- führen. Das Gesetz über die Ausführung des Bauplanes für die Erweiterung der Stadt Mainz in Folge des

- zwischen dem Königlich preußishen Festungs-Gouvernement und

der Stadt Mainz abgeschlossenen Vertrages ist in den leßten Tagen publizirt worden.

Desterreich-Ungarn. Wien, 14. Juli. Ihre Majestät die Kaiserin wird am 29. d. M. die Reise nah Sassetot an= treten.

Das Befinden des Kronprinzen, Erzherzogs Rudolf, is fortdauernd \o befriedigend, daß derselbe heut {on das Bett verlassen wird.

Salzburg, 16. Iuli. (W. T. B.) Der Redacteur des „Bayerischen Vaterland“, Dr. Sigl, is heute behufs seiner Auslieferung unter Gensd'armerie-Begleitung von hier nach München abgeführt worden.

Großbritannien und Jrland. London, 14. Juli. Ihre Majestät die Königin verließ gestern mit dem Prinzen Leopold und der Prinzessin Beatrice Windsor, um sich nah Ds- borne auf der Insel Wight zu begeben, wo Ihre Majestät bis gegen Mitte August verweilen wird, um dann direkt nah Bal= moral zu übersiedeln. Der Kronprinz von Italien empfing gestern in Claridge's Hotel den rusfischen Botschafter Grafen Schumwaloff, sowie die Gesandten der Niederlande, der Vereinigten Staaten, Persiens und Spaniens und viele andere Mitglieder des diplomatishen Corps.

16. Juli. (W. T. B.) In der gestrigen Sißung des Unters- hauses wurde der Antrag des Deputirten Fawcett, keinen Theil der Koften der Reise des Prinzen von Wales nach Indien auf das indishe Budget zu übernehmen, mit 379 gegen 67 Stimmen abgelehnt. Nachdem hierauf verschiedene Redner und unter diesen namentlich Macdonald, gegen die Bewilligung der für die Reise des Prinzen von Wales erforderlißen Summen und mehrere Andere dafür gesprochen hatten, wurde für die persönlihen Ausgaben des Prinzen die Summe von 60,000 Pfd. Sterl. mit 350 gegen 16 Stimmen, und für die Seereise die Summe von 52,000 Pfd. Sterl. mit 255 gegen 12 Stimmen bewilligt.

Frankreich. Versailles, 15. Iuli. (W. T. B) Nationalversammlung. Fortsezung der Interpel= lation über das Comité des „Appel au peuple“, Nachdem Savary die gestrigen Behauptungen Rouhers widerlegt hatte, \prach Haentjens in längerer Rede gegen die Ausführungen _Savarys. Der Minister des Innern, Buffet, wies die Anschuldigungen gegen den Polizei= präfekten zurück, dessen persönliche Notizen nur in Folge eines Versehens in die Oeffentlichkeit gelangt seien ; der Minister stellte in Abrede, daß die Regierung die Bonapartiften verfolge. Am Schlusse seiner Rede wies Buffet auf die Umtriebe der radikalen Partei hin und hob hervor, daß von dieser Seite die Haupt- gefahr drohe; die Regierung werde indessen auf ihrer Hut sein. Der Minifter Dufaure nahm ebenfalls den Polizeipräfeïten Und - den Generalprokurator in Schuß, welhe beide nur ißre Pflht gethan hätten; er würde niht in der Lage sein, im Ministeriunr zu verbleiben, wenn nicht die Regierung gegenüber den von den Parteiumtrieben drohenden Gefahren volle Wachsamkeit entfalte. Nach Dufaure's Rede ergriff Gambetta das Wort. Er wandte sich gegen die Ausführungen Buffets, sprach; fich dagegen zustimmend über die Rede Dufaure's aus. Er bemerkte im Verlaufe seiner Rede, der Cynismus und die Kühnheit der Bonapartisten überftiegen alle Grenzen. Er warf sodann Buffet vor, daß er die bonapartiftishen Beamten erhalten wolle und protestirte gegen die Behauptung, die republikanishe Partei sei die revolutionäre. Buffet erwiderte auf diese Angriffe Gam- betta's, es würde gefährlich sein, nur die bonapartistishe Partei zu überwachen “und nit zugleich auch die radikale. Er prote= stirte sodann gegen die Taktik der Linken, welche den Glauben zu érwecken suche, es herrsche im Ministerium selber Zwiespalt. Er habe sich mit dem Minister Dufaure stets in Uebereinstimmung befunden. Weiter vertheidigte der Minister die bonapartistishen Beamten und betonte, daß man, wenn man unter dem Kaiser- reih Jemanden habe angreifen wollen, ihn beschuldigt habe, Orleanift zu sein; während man, wenn man heute die Behörden vertheidigte, beschuldigt würde, Bonaparktist zu sein. Der Redner

_\chloß mit der Erklärung, er habe immer dem Geseze Achtung

bewiesen. Er wolle keine Zweideutigkeit, da Gambetta erklärt. habe, die Geduld sei nun ershöpft, so möge er eine loyale Tagesordnung einbringen, bei welcher es direkt auf das Mini- sterium angesehen sei. Gambetta trat dieser Aufforderung, eine Tagesordnung einzubringen, die gegen das Ministerium erihtet sei, entgegen. Buffet erklärt darauf, die Frage habe jeßt eine ganz andere Gestalt angenommen, troß des- üdckzuges Gambetta's. Er könne die Lage einer nur; gedul=- deten Regierung niht annehmen, er stelle daher den An= trag, die Nationalversammlung möge die von Baragnon (Legitimift) vorgeschlagene Tagesordnung annehmen. Dieselbe lautet: „Die Nationalversammlung geht im Vertrauen auf die von der Regierung abgegebenen Erklärungen, zur Tagesordnung

über.“

Buffet \{chloß, er würde die Annahme einer einfachen Tagesordnung als ein Mißtrauensvotum aufnehmen. Bocher (rechtes Centrum) erklärte, daß er die Erklärungen der Minister Buffet und Dufaure billige und für die Tagesordnung Baragnons stimmen werde. Albert Grévy von der Linken verlangte die An- nahme der einfahen Tagesordnung. Bei der nunmehr erfolgen- den Abstimmung wurde die einfahe Tagesordnung mit 424 gegen 272 Stimmen abgelehnt. Hierauf erklärte Dufaure: „Der Minifter Buffet und ich, wir haben unsere Gefinnungen und unsere Entschließungen dargelegt und haben Nichts mehr hinzuzu- fügen; wir sind,Beide für die einfahe Tagesorènung Baragnons.“ Diese Erklärung des Ministers wurde von der Rechten sehr bei- fällig aufgenommen. Bei der darauf folgenden Abstimmung wurde- die Tagesordnung Baragnons mit 483 gegen 3 Stimmen angenommen. Die Linke hatte fich der Abstimmung enthalten.

Türkei. Belgrad, 14. Juli. Durch Fürfilihes Dekret wird die Skups\cchtina für den-27. August nah Kragujewacz einberufen. :

Numänien. Bukarest, 16. Iuli. (W. T. B.) Der Senat nahm das bereits von der Deputirtenkammer angenom-

, mene Gesetz, betreffend den Rückauf eines Theiles der

rumänischen Eisenbahn, ebenfalls an.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 14. Juli. Am 11. d. M. hatte der außerordentlihe Gesandte und bevoll- mächtigte Minifter Japans, Vize-Admiral- Takeaki-Eno- moto die Ehre, von Sr. Majestät dem- Kaiser in Audienz empfangen zu werden. An demselben Tage wurde der von Neuem in der Eigenschaft eines außerordentlihen Gesandten und bevollmähtigten Ministers Sr. Majestät des Königs der Niederlande am hiesigen Hofe akkreditirte Herr van der Hoeven von Sr. Majestät dem. Kaiser in Audienz empfangen, um Sr. Majestät die Beglaubigungss\chreiben zu überreihen. Die fremdländischen Delegirten zur internationalen Tele- graphen-Konferenz sind gestern Nahmittags um 1 Uhr ins Ausland abgereist.

Ueber den Aufenthalt des Königs von Schweden in Moskau bringt die „Mosk. Ztg.“ nachstehende, den gestrigen Bericht ergänzende Nachrichten :

Am 29. Juni empfing Se. Majestät Oscar IT. eine vom Stadt- haupt geführte Deputation der Stadt Moskau, welche ihm Salz und Brod auf einer vergoldeten Silbers{hüssel überreihte. Die Schüssel trug die eingravirte Inschrift: , Moskau, den 11. Juli 1875. Det König nahm die Gabe gnädig auf und dankte freundlich. Darauf

. übergab eine Deputation in Moskau wohnhafter Schweden ihrem

Monarchen cin Album mit Malachitdecken, Ansichten von Moéfkau und russische Kostüm-Zeichnungen enthaltend. Es folgte dann programm- mäßig die eingehende Besichtignng von Kirchen und Anstalten. Jm Marien- Asyl für die Kinder nah Sibirien verschickter Verbrecher, wo die Arbeiten der Kinder die Aufmerksamkeit des Königs besonders fesselten, wurde dem hohen Besucher die Stiftungsurkunde eines Stipendiums üÜber- reiht, durch welches das Andenken an den Besuch des Königs ver- ewigt werden soll. Nach dem Frühstück, zu welchem der König in den Kreml zurückehrte, besuhte er das polytechnis{che Museum und des Strastny-Kloster. Im leßtéren erfreute er sich an dem {önen Ge- sang der Nonnen und bestieg den Gleckenthurm, von—wo aus er sich an dem herrlihen Rundblick von Moskau in hellster Sonnenbeleu(tung ergößte. Nah dem Diner, welches in klei- nem Kreise auserwählter Gäste im Peterpalais eingenommen wurde, besuchte der Köuig den Hippodrom, wo ein Traberrennen und ein Wettrennen von Dreigespannen stattfand. Die raschen Dreigespanne erweckten insbesondere das Interesse Sr. Majestät. Am Abend be- suchte der König das Ballet, Kaum hatte er die Loge“ betreten, so spielte das Orwester die \{wedische Nationalhymne, wobei das Publikum fich achtungsvoll von den Sißen erhob. Noch waren die leßten Klänge der {wedishen Hymne nit verhallt, als der König si an das Orchester wandte und den Vortrag der russischen National- hymne verlangte. Das Publikum wurde dadurch in Enthusiasmus verseßt und brach in laute Hurrahrufe aus. s 4 16. Juli: (W. T. B.) Se. Majestät der König von Schweden hielt sih gestern hier von Krasnoje:Selo kom- mend, kurze Zeit auf und kehrte Nahmittags nah Krasnoje-Selo zurück. Abends fand dort eine große Umfahrt um das Lager

und ein Zapfenstreih stait. Heute wird eine Revue über sämmt-.

lihe im Lager befindlihe Truppen abgenommen. Bei dem Großfürsten-Thronfolger findet alsdann das Diner ftatt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 12. Juli. „Dalpilen“ zufolge gedenken Ihre Majestäten der König und die Königin, begleitet von dem Kronprinzen und möglicher- weise einigen Fürstlihen Gästen aus Deutschland, in der Mitte nächsten Monats eine Reise durh Dalekarlien vorzunehmen.

Christiania, 12. Juli. Am Mittwoh Vormittag wurde der Grundstein zum Carl-Iohanns-Monument hierselbst gelegt. Die Enthüllung dieses Monuments ift auf den 7. Sep- tember, den 57. Jahrestag seiner Krönung in Drontheim, fest- gesezt. Man erwartet, daß dann eine größere. Truppenmenge (etwa 6000 Mann)- in Christiania versammelt sein wird, da die Feldmanöver in Smaalenene den 6. September beendigt werden, und man nimmt an, daß außer dem König, der Königin und den: Königlichen Kindern auch die Königin-Wittwe, die Kron- prinzesfin von Dänemark, die Fürstin von Wied und vielleicht noch mehr Fürstliche Personen der Festlihkeit beiwohnen werden. Der Plah des Monuments if laut Storthingsbeshluß- der Schloßplay. Dort legten am Mittwoh die Mitglieder des Comités nnd der Bildhauer einen kupfernen Cylinder, enthaltend die auf ‘Pergament geschriebene Geschichte des Monuments, im Fundament niedér. '

Dänemark. Kopenhagen, 13. Iuli. Die Prinzessin Louise von Glücksburg, Schwester des Königs und Aceb- tissin des adligen Fräuleinkloñters zu Ihehoe, welhe sih einige Zeit auf Schloß Friedensburg zum Besuch bei der Königlichen Familie aufgehalten hat, ist gestern Abend über Korsör in ihre Heimath zurückgekehrt. Ueber die bevorstehende Reise des Königs nach Jütland meldet die in der Stadt Varde er- \{heinende Zeitung, daß dort großartige Vorbereitungen zum Empfange des Königs getroffen werden. Der italienif che Gesandte am dänischen Hofe, Marquis Spinola, ist dieser Tage auf Urlaub verreist, und werden die Gesandtschaftsgeschäfte bis auf Weiteres vón dem Legationssekretär Minghetti als bevollmächtigtem Geschäftsträger geleitet. Unterm 25. Juni ist folgende Königliche Verordnung, betreffend die Bedingungen, unter welchen Frauen das akademishe Bürgerrecht auf der Kopenhagener Universität erwerben können, erlassen worden: ,

8. 1, Es wird den Frauen erlaubt, auf der Kopenhagener U.i- versität das akademishe Bürgerrecht zu erwerben.

8, 2, Die Frauen, welche auf der Universität eingeschrieben zu werden wünschen, haben, ebenso wie die männlichen Studenten, die durch Privatunterricht vorbereitet sind, in Uebereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften fich dem Abgangêexamen für Studenten zu unterwerfen entweder bei einer öffentlichen, gelehrten Schule oder bei

einer Privats{chule, welche die Erlaubniß, Abgang3examen abzu- halten, hat.

8, 3. Die auf ded Universität eingeschriebenen weiblihen Studen- ten haben gleichen Zutritt wie die übrigen Studenten zum Studium der von ibnen erwähiten Fächer und zu den auf der Universität an- geordneten allgemeinen Prüfungen uad akademischen Graden fi ein- zustellen, wenn fie in jeder Hinsicht dieselben Forderungen erfüllen, welche an die männlichen Studenten mit Rücksicht sowohl auf die vorhergehenden Prüfungen und das vorbereitende Studium, als auf die absließenden Fzkultätsprüfungen und Disputationen selbft gestellt werden. Tedoch sollen weiblihe theologische Studenten keine Be- rechtigung haben, sich zu dem theologishen Amtéeramen einzustellen oder bei der theo!ogischen Fafultät akademische Grade zu erwerben, sondern werden ihre Studien dur eine befondere Religionéprüfung, deren Juhalt und Beschaffenheit vom Ministerium für das Kirchen- und Unterrichtswesen festgeseßt wird, abgeschlossen. Weibliche theologishe Studenten sollen die Berechtigung, die Kanzel zu besteigen, welche durch Geseß den männlichen theologischen Stu- denten verliehen ift, niht haben. Durch die abschließenden Fakultäts- yrüfungen oder afademischen Grade soll eine Berechtigung für Frauen zu öffentlicher Dienstanstellung nicht erworben sein.

& 4. Ducch die Erwerbung des afkademishen Bürgerrechts er- langen die weiblichen Studenten keine Berechtigung zu den bisherigen akademischen Benefizien und Unterstüßungen.

Asien. Indien. Aus Simla wird vom 14. ds. tele- graphirt: Die heutige amtliche, Gazette“ enthält eine Resolution des Vizée-Königs, welhe den Schluß der BVirmanischen Mission anzeigt. Mit Bezug auf die Weigerung des Königs von Birma, einer britischen Eskorte den Durhmarsh durch sein Gebiet zu gestatten, \priht der Vize-König die Zuversicht aus, daß die nun gemachten\neuen Vorschläge den gewünshten Zweck erzielen und die Freundschaft zwishen Großbritannien und Birma erhalten werden. Aus Calcutta wird gemeldet, daß die Eisenbahnbrücke über den Ganges in Cawnpore ihre Probe befriedigend bestanden hat und am 15. ds. dem öffentlihen Ver- kehrc übergeben werden wird.

Japan. Aus Yok ohama wird vom 13. Juni gemeldet:

Kido, Mitglied des Reichsraths, ist zum Vorsißenden der Ver- sammlung der l rena Lo rger welche am 20. Juni in Yeddo zum ersten Male zusammentritt, ernannt worden. Seit dem leßten Cenfus im Jahre 1873 hat die Bevölkerung Japans um 150,000 zuge- nommen. Der frühere Daimio von Kin-Sin hat 30,000 Dollars zur Errichtung einer Volksschule in jedem Dorfe seiner frühen Pro- vinz angewiesen. Auf Grund einer fkürzlichen Untersuchung ver- theilen sid die fremden Missionen in Japan wie folgt: Griechi sche Kirche: Eine Mission, 3000 Konvertiten; Römisch-Katholish: 40 Mi]- fionen, 20,000 Koñvertiten; Protestantisch: 70. Missionen, 200,000 Konvertiten. Am 17. Mai ift ein Verkrag zwischen Japan und Peru ratifizirt worden. Elmira, dec peruanishe Geschäftsträgèr, ist nach Peking gereist, um den Vertrag mir China zu unterzeichnen. Man geht mit der Absicht um, die Operationen der japanischen Dampferlinie, welhe zwischen Shanghai und San Francisco fährt, auszudehnen. Ein Dekret verfügt, daß kein Schiff von mehr als 74 Tonnen von nun an und auf 250 Jahre hinaus nach auslân- dischen Modellen gebaut werden darf.

Die Nr. 14 des Armee-Verordnungs-Blattes (heraus- gegeben vom Kriegs-Ministerium) hat folgenden Inhalt : Bestim- mungen über Bewaffnung der Kavallerie. Verordnung, betreffend die Tagegelder, die Fuhrkosten und die Umzugskosten der Reichs- beamten. Vom 21. Juni 1875. Aenderung der Zusammenseßung der kombinirten Kavallerie-Division, welche in diesem Jahre bei Koniß üben soll. Kompletirung der Unteroffiziere der Militär- Schießshule. Anspruch der nicht invaliden Zeugfeldwebel, Zeug- scrgeantea (resp: Depot-Vize-Feldwebel) und Wallmeister auf den CGivil-Versorgungsschein. Einlöfung und Präklusion des Staats- Papiergeldes. Einziehung- der Doppelthaler deutshen Gepräges, der Dreieinhalbguldenstücke süddeutsWer Währung und der, auf der Zwölftheilung des Groschens beruhenden Dreipfennigstücke deutschen Bepräges. Kosten der Vertretung beurlaubter Offiziere. Be- zeihnung der Mündungsdeckel. Aenderungen zu der Instruktion, betreffend die Jägerbüchje M/71 nebst zugehöriger Munition, Berlin 1874. Verrechnung der Krankenpflegekosten für die Uebungen des Beurlaubtenstaudes im Jahre 1875. Wagen für Geistliche bei Leichenbegängnissen. Befkleidungs-Etat für die in den Garnison- Lazarethen auëzubildenden militärishen Krankenwärter. Kosten- und Stempelfreiheit des Deutshen Reichs. Eröffaung der Eisen- bahnstrecken Wolfsgcfährt-Greiz und Greiz-Weischliß. Servis- Kompetenz der zu Licutenants beförderten kasernirten Portepecfähnriche. Vervollständigung der Vorschrift über den Geschäftêgang bei Ueber- weisung der Bedürfnisie zu den Schießübungen 2c. Eröffnung der Eisenbahn Oels-Gnesen und der Eisenbahnstrecke Glaßz-Habelschwerdt.

Nr. 29 des Justiz-M inisterial-Blatts für die Preußische Geseßgebung und Rechtépflege, herausgegeben im Bureau des Justiz-Ministeriums, enthält: Allerhöchste Ordre vom 12. April- 1875 und Allgemeine Verfügung vom 5. Juli 1875, betreffend das Verfahren zur Ermittelung von Militär-Anwärtern für vakante Civildienststellen.

Statistische Nachrichten.

Das städtische statistische Bureau Berlins if in dieser Woche in die gemietheten Räumlichkeiten im Heiligen Geist- Hospitale verlegt worden. Das städtische ffatiftishe Bureau wird nun seine Aufgabe, die statistishen Verhältniffe der Hauptstadt nach allen wih- tigen Richtungen zu erörtern, gewiß erfüllen, dafür bietet der neue Boríte- ber des Bureaus, Regierungs-Rath a. D. Boeckh, der sih bereits durch seine Schriften „Geschichtlihe Entwicelung der amtlichen Statiftick des preußischen Staats, die statiftische Bedeutung der Volksfprache als Kennzeichen der Nationalität, der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet, Oritschaftsstatistik des Reg.-Bez. Potsdam und der Stadt Berlin“, auf dem Gebiete der Statistik rühmlich bekannt gemacht hat, die Gewähr. Menn die statistishen Bureaus der größeren Städte, wie fie hier, in Bres- lau, Magdeburg, Frankfurt a. M , Hamburg, Leipzig u. A. bestehen, mit einander zusammen wirken möchten, so muß es ihm gelingen, die Mißstände, die durch das Zusammengedrängisein der Bevölkerung in den großen Städten hervortreten und auf die auch bereits in diejem Bl. in einer Reihe von Artikeln , Stadt und Land“ aufmetksam gemacht ist, auf ein unschädliches Maß zurüzuführen,

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Bei John Murray in London ist unter dem KLitei: „Insec- tiyorous Plants“ ein neues Werk von Charles Darwin über fleishfressende Pflanzen ershienen. Es weist nach daß die Blätter des Sounenthaues und der amerikanishen Fliegenfalle, welche fi bei jeder Reizung. durh Berührung von Insekten zusammenziehen und die gefangenen Insekten umschließen, diese auch wirklich verzehren und verdauen. Dies geschieht mittelst eines, mit dem Magensaft. große Achnlichkeit zeigenden pepfinartigen Saftes, der die animalischen Stoffe dem Pflanzenorganiêmus assimilixt. Diese Entdeckung ist von großer Bedeutung für die Kenntniß der Grenzen des Thier- und Pflanzenreihes und wird vorauesihtlich zu weiteren Beobachtungen anregen.

William Bragge in Sheffield hat einen Katalog der seit mehreren Jahren vou ihm gesammelten Schriften zur Tabafk-Lit e- ratur herausgegeben. Dieser Katalog enthält 163 ausführliche Titel in lateinischer, italienisher-fpanischer, französischer, holländischer und deutscher Sprache, von 1547—1872; davon kommen auf Deutich-.

L land nur deutsche und lateinische Werke.

Da dieser Katalog im Buchhandel niht zu haben ift, und der Herausgebec in der Vorrede als den Hauptzweck der Veröffentlichung desselben angiebt, seine seltene Sammlung von Tabakspfeifen und an- deren Rau werkzeusen dadurch bekannt zu machen und die Lücken der- selben ausfüllen zu fönnen, so hat fich O. Vorlage hierdurch bestimmen lassen, im 4. Hefte von Pebholdts Neuem Anzeiger für Bibliographie (1875), unter dem Titel: „Zur Tabaksliteratur“ zunächst die Titek der von Bragge angeführten 15 deutschen und lateinischen Schriften furz anzugeben, und diesen alsdann 11! Titel von deutschen oder Deutschland und in der Schweiz gedruckten Büchern über Tabak, die bei Bragge sämmtlich fehlen, folgen zu lassen. Dieselben reihen von 1616— 1810 und sind größtentheils in deutscher Sprache, 22 in latei- nischer und 1 in französisher Sprache abgefaßt. 18 derselben gehören dem 17. Jahrhundert, 24 dem 19, alle übrigen dem 18. Jahrhunderk an. Die älteste deutshe Schrift über Tabak is vom Jahre 1616, hat einen Joh. Jak. Ziegler zum Verfasser und ist in Zürich in 49 („Tabak ; von dem gar heilsamen Wunderkraute Nicotiana“) erschienen.

Ueber einen im Württembergishen am 12. - Juli verspürten Erdstoß liegen der „Köln, Ztg.“ folgende Berichte vor: Ohmen- hausen bei Reutlingen, 13. Juli. Nachdem gestern Abend-auf ab- weselude Reaen ein Gewitter ausgebrochen war, bemerkte man diesen Morgen, 10 Minuten vor 5 Uhr, eine von West nah Ost gehende Erschütterung, welhe mehrere Sekunden andauerte. Die Möbel flangen zusammen, namentlich war es im Zimmer des Bericht- erstatters, als ob der Ofen zusammengeworfen werden follte. Männer, welche auf dem Felde waren, behaupteu, ein {weres Rollen, wie langanhaltender Donner, mehrere Minuten lang gehört zu haben. Leichtere Häuser, wie Scheunen, zitterten, als ob sie einfallen wollten.

erner aus Balingen, 13. Juli: Nahdem wir gestern hefligen

turm und Sonnenschein mit Regengüssen wechselnd hatten, erf: lgte hier heute früh 4 Minuten nach halb 5 Uhr cin ziemlich heftiger Erdftoß von Nordost nah Südwest verlaufend, der ein Klirren dex Fenster, Schwanken von Bilderrahmen und anderer Gegenftände ver- anlaßte und sich namentlich in den höheren Stockwerken bemerklich machte. Die Luft war durhaus ruhig, gleihwohl war mit dem faum eine Secunde andauernden Stoß ein Gebrause verbunden, wie wir dies bei den heftigen Windftößen der leßten Tage wiederholt ver- \pürt hatten. Der Stoß verlief genau in der Richtung des Streichens unserer Gebirgsschichte und mag fi insbesondere dadurch bemerklih gemacht haben, daß das von dem Sthreiber dieser Zeilen bewohnte Haus befonders tief und auf den Kalkbänken des unteren Lias fun- dirt ist, wogegen der Stoß an Gebäuden, die nur im Gerölle fißen, weniger fühlbar war.

Auf die Stürme in den oberösterreihischen und steie- rischen Alpen folgte in den leßten Tagen ein ftarkes Sinken der Sup erne auf dem Dachstein liegt bis ziemli tief herab frischer

nee.

Aus Melbourne wird gemeldet, daß die Witterung in Australien in Aubetracht der gegenwärtigen Jahreszeit un- gewöhnlich kalt sei.

Laud- und Forstwirthschaft.

Bei den in diesen Tagen ftattgehabten großen Hamburger Rennen liefen im Ganzen 123 Pferde, und betrugen die Preise, Einsäße und Reugelder 82,245 M außer verschiedenen silbernen Vasen, Pokalen 2c. Wie die „H. N.“ melden, waren wohl noch nie fo viele Fremde zu einem Rennen in Hamburg versammelt, wie dieses Mal ; auch dürfte der Besuch des Publikums früher kaum größer ge- wesen sein.

Ueber die Ernteaussichten inDänemark schreibt man dem „Dagstelegrafen“ aus dem westlichen Fühnen, daß der Stand der Saaten ohne Ausnahme ein ausgezeichneter sei, daß man die beste Posnung auf eine außergewöhnlie Ernte festhalte, uad die einzige

orge aus dem Mangel an hinreichender Arbeitskraft hervorgehe. Dasselbe gilt, dem genannten Blatte zufolge, wahrscheinlih für alle Gegenden des Landes.

Gewerbe und Handel.

In der gestrigen außerordentlichen Generalversammlu1g der Aktionä1e der Preußischen Bankanstalt, Henckel Lange, bei der 2856 Aktien mit 99 Stimmen vertreten waren, wurde der einzige Gegenstand der Tagesortnung: Antrag auf Abänderung des §. 5 des Gesellschaftsstatuts, betreffend die Reduktion des Aktienkapitals um 800,000 Thir. abgelehnt, so daß also das bisherige Aktienkapital von 9,000,000 Æ unverändert bleibt.)

In der Generalversammlung der Naumburger Braun - kohlen-Aktien-Gesellshaft wurde der Betriebsberiht ent- gegengenommen und hierauf Decharge ertheilt. Der Vorschlag der Berwaltung, von dem etwas über 16% betragenden Gewinn eine Dividende von 7% zu vertheilen, fand die Zustimmung der Ver- sammlung. Zu Abschreibungen werden 37,823 A verwendet. Sdlie lich wurde noch die Genehmigung zur Aufnuhme einer Hypothek bis zu 15,000 Thlr. ertheilt. Der im vergangenen Jahre in Höhe von 77,087 A. erzielte Gewinn refultirt aus dem Verkauf von 567,405 Hektolitern Kohle und 10,164,810 Stück Dampfpreßsteinen.

Pest, 16. Juli. (W. T. B.) Die Gruppe Rothschild hat die Option auf den Rest der unverkauften Sekundo-Prio- ritäten der Ostbahn im Betrage von etwas übec 5 Millionen Fl. ausgeübt. S

Die „New - Yorker Handels - Zeitung“ schreibt in ihrem vom 2. Juli datirten Wochenbericht: Die Gesammt-Si- tuation hat in dieser Berihtswoche eine erfreulihe Wendung zum Besseren genommen, insofern sich in vielen Exportartikeln lebhafte Thâtigkeit zu meistens steigenden Preisen entwickelte. Jn der Import- Branche war es der Jahreszeit angemessen mit wenigen Ausnahmen till, immerhin hat sich aber eine bessere Stimmung Bahn gebrochen. Die per Kabel aus London gemeldeten weiteren Fallifse- ments bleiben auf den hiesigen Markt, der davon nicht direkt berührt wurde, ohne Einfluß. Jm dieswöchentlichea Geld - marfte mar dieselbe Abundanz vorherrschend, wie wir selbe während der leßten Monate fo oft zu schildern gehabt, denn weder die Anforderungen des Geschäfts noch die der Börse waren auch nur im Entferntesten genügend, um eine Aenderung der Situation zu veranlassen. Durschnittsraten für -call loans gegen Depot gemischter Sccuritäten stellten sich auf 2—3% und gegen Hinterlegung von Bundes-Obligationen 1% niedriger. Am Goldmarkt, welcher sich im Uebrigen durch Mangel an jeder Spekulation charakterisirte, w@r die Tendenz etwas matter. Das Agio, welches am vergangenen Sonnabend à 174 eröffnet hatte, fiel graduell bis 165, erholte fich jedoch hente bis Schluß auf 17#, in Folge des größeren Kontanten-

ngagements für die morgen abgehenden Dampfer. Der Gesfammt- werth des leßtwöchentlichen Waaren- und Produkten-Imports weist eine Zunahme von 2,250,705 Doll. gegen die Vorwoche auf und stellt sich im Ganzen auf 6,934,666 Doll. Der Waaren- und R E repräsentirt im Gesammtwerth von 5,218,653

oll. eine Abnahme von 478,366 Doll. gegen die Vorwoche und von 1,972,991 Doll. gegen -die Parallelwoche des Vorjahres.

Verkehrs-Anstalten.

Aus Cöln’, 12,- Juli, wird gemeldet: Heute fand das leßte weiteste Brieftauben-Wettfliegen der „Columbia“ ftatt, und diese Preis- Tour ift als eine beachtenswerthe zu bezeichnen, da die Tauben etwa 45 Stunden hinter Paris, zu St. Maur, aufgelässen wurden. Um 5 Uhr am Morgen wurden die Tauben in Freiheit ge- ebt, und troß des stets umwölkten Himmels und troß des Gewitters im Rheinland traf die erste Taube 11 Minuten nah 2 Uhr hier ein, 33 Minuten später die zweite Taube desselben Besißers, um 7 Uhr waren {on 14 Tauben hier. Man hat fonstatirt, daß die Tauben an Paris vocbeifliegen, nach den open, und dann ihre Tour der Mojel entlang nehmen zum Rhein hal; denn bei dem vorleßten Fliegen fing man in D O Gölner Tauben, und in Thionville wurden zwei von einem Jäger ges{ossen. Von den am Sonntag vor aht Tagen ron dem Brieftauben-Bund in Paris aufg-lassenen 120 Tauben, welche von dem Gewitter betroffen wurden, sind bis jetzt

* erst etwa 50 in Côln eingetroffen.